Kern- und Teilchenphysik I — SS 2007 — Prof. F. Pauss — Serie 4 3. Tiefinelastische Streuung am HERA-Speicherring Lösungen a) Die Schwerpunktsenergie der Elektron-Proton-Kollision ergibt sich mit 1. Wirkungsquerschnitt Einfallende Rate Fläche des Strahls Einfallender Fluss Avogadro-Konstante Molmasse des Targets Länge des Targets Masse der Targetteilchen Anzahl der Targetteilchen Wirkungsquerschnitt Reaktionsrate Anteil gestreuter Protonen s = (pp c + pe c)2 = m2p c4 + m2e c4 + 2(Ep Ee − pp pe c2 ) ≈ 4Ep Ee : Ṅa = Na /t :A : Φa = Ṅa /A : NAvo = 6.0 · 1023 Mol−1 : mm,T = 2.0 · 10−3 kg Mol−1 : l = 0.45m : V ̺ = Al̺ : Nb = 2Al̺NAvo /mm,T :σ : Ṅ = Φa Nb σ = Ṅa 2NAvo l̺σ/mm,T : ps = ps = Ṅ Ṅa zu 2·6.0·1023 M ol−1 ·0.45m·70kg m−3 ·40mb·10−31 m2 mb−1 2·10−3 kg M ol−1 s = 314 GeV, wenn man die Massen von Proton und Elektron vernachlässigt. Für ein stationäres Protontarget (Ep = mp c2 ; pp = 0) berechnet sich die Schwerpunktsenergie der Elektron-ProtonKollision zu s ≈ 2Ee mp c2 . Damit müsste der Elektronstrahl die Energie Ee = 2msp c2 = 52.5 TeV besitzen, um eine √ Schwerpunktsenergie von s = 314 GeV aufzubringen. 2NAvo l̺σ mm,T = √ b) Wir betrachten die elementare Elektron-Quark-Streureaktion = 0.076 = 7.6% e(Ee ) + q(xEp ) −→ e(Ee′ ) + q(Eq′ ), wobei die Grössen in Klammern die Teilchenenergien angeben. Aus Energie- und Impulserhaltung ergeben sich die folgenden drei Relationen: 2. Formfaktoren G2E (Q2 ) + τ G2M (Q2 ) (dσ/dΩ) + 2τ G2M (Q2 ) tan2 θ/2 = (dσ/dΩ)M ott 1+τ 2 = A + B tan θ/2 ⇒ ( G2E = (1 + τ )A − τ G2M B G2M = 2τ Q2 = 2.92GeV 2 mp = 0.938GeV /c2 Q2 2.92(GeV /c)2 τ = = = 0.83 2 2 4mp c 4 · 0.9382 (GeV /c2 )2 c2 A = 2/3 · 0.01 = 0.0066 B = (0.028 − 0.0066)/(1.0 − 0) = 0.021 0.021 = 0.0127 ⇒ GM = 0.112 2 · 0.83 = (1 + 0.83) · 0.0066 − 0.83 · 0.0127 = 1.54 · 10−3 ⇒ GE = 0.039 Ee + xEp = Ee′ + Eq′ Gesamtenergie ′ ′ Ee sin Θ/c = Eq sin φ/c Transversalimpuls (xEp − Ee )/c = (Eq′ cos φ − Ee′ cos Θ)/c Longitudinalimpuls Mit den Elektronvariablen Ee , Ee′ und Θ berechnet sich Q2 zu Q2 = 2Ee Ee′ (1 − cos Θ)/c2 . Aus der Gesamtenergieerhaltung folgt Ee′ = Ee + xEp − Eq′ . Gleichung (2) nach Eq′ und Gleichung (3) nach xEp aufgelöst und eingesetzt: G2M = G2E (1) (2) (3) Ee′ = 2Ee + Eq′ cos φ − Ee′ cos Θ − Ee′ sin Θ sin φ und nach erneuter Verwendung von (2): Eq′ = Ee′ sin Θ/ sin φ ergibt sich daraus 2Ee ⇒ Ee′ sin Θ sin Θ cos φ − = Ee′ 1 + cos Θ + sin φ sin φ 2Ee sin φ = sin φ + cos Θ sin φ + sin Θ − sin Θ cos φ 2Ee sin φ = sin Θ + sin φ − sin(Θ − φ) und damit Q2 = 4Ee2 sin φ(1 − cos Θ) [sin Θ + sin φ − sin(Θ − φ)]c2 Experimentell kann man den Streuwinkel φ des gestreuten Quarks durch den mittleren, mit der Energie gewichteten Winkel der erzeugten Hadronen bestimmen, cosφ = P Ei iP cos φi . i Ei c) Der maximale Wert für Q2 beträgt Q2max = s/c2 . Er tritt bei Streuung des Elektrons um Θ = 180◦ (Rückstreuung) und vollständigem Energieübertrag vom Proton auf das Elektron, Ee′ = Ep auf. Bei HERA ist damit Q2max = 98400 GeV2 /c2 . Die Auflösung wird durch die de Broglie-Länge bestimmt: λ = h̄/Q. Damit ergibt sich für den Collider ein Auflösungsvermögen von 0.63 · 10−3 fm und für das Fix-Target-Experiment, wobei 300 GeV einem Q2 von ca. 562.8 GeV2 /c2 entspricht, 8.32 · 10−3 fm. Das entspricht ungefähr einem Tausendstel bzw. einem Hundertstel des Protonradius. Messungen sind in der Praxis wegen des mit Q2 stark abfallenden Wirkungsquerschnittes in der Regel nur bis Q2max /2 möglich. 4. Entdeckung des Antiprotons a) Minimale kinetische Energie des Proton Strahls: q Mit E1 = p21 + m2p = Ekin + mp , P P 2 ECM > 4mp und ECM = ( Ei )2 − ( Pi )2 da P2 = 0 vereinfacht sich die Gleichung zu 14m2p = E12 + m2p + 2E1 mp − P12 und 7mp < E1 also gilt Ekin > 6mp = 5.63 GeV. b) Welche Detektortypen wurden benutzt? Szintillationszähler zur Flugzeitmessung und “threshold” Cherenkov Zähler. Siehe Skript Seite 22 zur dE/dx Messung. Sehr grosse Unterschiede beobachtet man für Impulse unterhalb von 500 MeV. c) Signal für einen “annihilation process” Bei der Annihilation eines Antiprotons (in Ruhe) mit einem Proton (oder Neutron) wird eine Energie von 2mp , knapp 2 GeV, freigesetzt und auf einige geladene und neutral Pionen wieder verteilt. Man würde also eine Art Stern von Teilchen am Ende der Antiproton Flugbahn erwarten. Eine andere Möglichkeit wäre eine dE/dx Messung beim Abbremsen in einer Emulsion oder Blasenkammer. Man würde entsprechend eine sehr grosse Dichte von “Blasen” am Ende der Spur beobachten. d) Warum können negativ geladen Kaonen (und Hyperonen) als Quelle des Signals ausgeschlossen werden? Sie werden viel seltener als Pionen erzeugt, geben etwa das gleiche Signal und die Lebensdauer ist kurz! (K± haben cτ = 370.9 cm). Bei einem Impuls von etwa 1 GeV sind bei einem Abstand von 12 m schon etwa 90% der Kaonen zerfallen. Zum Beispiel sind nach 7 m (βγcτ ≈ 7.4 m) nur noch etwa 1/e der ursprünglichen Kaonen übrig. Mit β = P/E = 0.98 ist die Flugzeit von Pionen und Kaonen aber praktisch gleich und das Signal in den Cherenkov Zählern auch.