Therapie des Knochenmarködems

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Konservative Therapie und Rehabilitation
Therapie des
Knochenmarködems
Sind Mikronährstoffe angezeigt? Ein Erfahrungsbericht
Das Knochenmarködem wurde erstmals
1988 als krankhafte Veränderung im Sinne
einer vermehrten Flüssigkeitsansammlung
im Knochen genannt. Dr. Hans-Joachim
Patzak fasst seine Therapie-Erfahrungen mit
dem gezielten Einsatz von Mikronährstoffen
in diesem Artikel zusammen.
Mittlerweile sind viele Sonderformen des Kno­
chenmarködems (KMÖ) beschrieben, wie z. B.
auch der Morbus Sudeck (CRPS) (2). Allen
­gemeinsam ist eine ischämische Komponente,
die für die späteren Behandlungsvorschläge
wichtig ist. Die Diagnostik gelingt nur mit dem
MRT sicher. Notwendige Verlaufskontrollen
60-jähriger Patient
nach Renovierungsarbeiten ohne
wesentlichen Unfall
1a
können auch nur mit dieser Diagnostik durch­
geführt werden. Als Folgen können eine Osteo­
chondrosis dissecans, eine Osteonekrose und
Sonderformen wie ein Morbus Sudeck (CRPS)
auftreten (10).
Klinik und Verlauf
Neben Unfällen und Überlastungen sind chro­
nische gelenknahe Beschwerden der MRT-Di­
agnostik zuzuführen, um ein Knochenmark­
ödem nicht zu übersehen. Es können chronische
Belastungs-, aber auch Ruheschmerzen auftre­
1b
1 a: Bild vom
02.05.14, Knochen­
ödem mit Verdacht
auf Osteonekrose
in der Tragezone
medialer
­Femurcondylus
1 b: Bild vom
12.09.14, vollständig
rückläufiger Befund,
keine Osteo­­n­ekrosen
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sportärztezeitung 04/2016
ten. Durch Schonhaltungen sind Muskelminderungen,
eventuell Gelenkkontrakturen und Koordinationsstörun­
gen zu beachten und für die Nachbehandlung wichtig.
Meistens sind die Verläufe sehr langwierig und können
bei ungünstigem Verlauf zu chronischen Dauerschmer­
zen führen, insbesondere können zunächst relativ blande
Geschehen in chronische Verläufe übergehen und zu den
oben genannten Komplikationsmöglichkeiten führen.
Besonders sportaktive Menschen sind gefährdet, da lang­
wierige Verläufe nur ungern akzeptiert werden.
Therapie
Die vorgeschlagenen Therapien sind in der R
­ egel Entlas­
tung, Schmerztherapie, antiphlogistische Therapie, Bis­
phosphonate oder operative Drainagebohrungen (1, 3, 4,
9, 11). Bisher wurden Mikronährstoffe nicht wesentlich
berücksichtigt. Wegen der ischämischen Komponente
der Knochenmarködeme und der ­damit zu erwartenden
reduzierten Versorgungslage wurde folgende Therapie
durchgeführt:
• Jedwede Überlastung muss strikt ­vermieden werden.
Unter Umständen ist eine Entlastung mit Gehstützen
notwendig. Auf alle Fälle sind sportliche Betätigungen
mit Sprüngen, Zweikämpfen, aber auch Joggen und
schnelles, intensives Walken nicht erlaubt. Eventuell
sind abschwellende Maßnahmen und Schmerzthera­
pie erforderlich (Kühlen, Antiphlogistika, Analgetika).
• Geführte Bewegungen wie Pendelübungen,
­Theraband, leichtes Fahrradfahren auf einem
­Standfahrrad sind zur Durchblutungsförderung
intensiv, wenn möglich mehrfach am Tag
­durchzuführen. Schwimmen ist erlaubt.
• Eine gezielte Zufuhr von Mikronährstoffen zur
Beschleunigung der Abheilung erscheint sinnvoll. ­
Die zentralen Knochennährstoffe Kalzium und
Vitamin D3 sollten in leitliniengerechter Dosis von
600 mg bzw. 800 l.E. verabreicht werden. Die Vitamine
C und B6 sind an der Quervernetzung der Typ-IKollagenfasern im Knochen beteiligt. Vitamin K in
einer ausreichend hohen Dosis (200 µg) vermindert
Knochenverluste und fördert den Knochenaufbau (7).
Zwei wichtige Proteine des Knochens (Matrix-­
Gla-Protein [MGP] und Osteocalcin) sind von einer
ausreichenden Versorgung mit Vitamin K abhängig.
Osteocalcin macht ca. 20 Prozent aller Knochen­
proteine aus. Es bestehen eindeutige Zusammenhänge
zwischen der Vitamin-K-Versorgung und dem
Auftreten einer Osteoporose (5, 6, 7, 8).
www.thesportgroup.de
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Konservative Therapie und Rehabilitation
Je höher die Aufnahme von Vitamin K,
desto seltener trat eine Osteoporose auf
und desto höher war die Knochendichte.
Dem Kaliumcitrat (entsprechend 30 mEq
neutralisierender basischer Potenz)
kommt wegen des sauren Stoffwechsel­
milieus möglicherweise eine wesentliche
Bedeutung zu, da es bei einem Knochen­
marködem offenbar zu einem durch
Osteoklasten erzeugten umschriebenen
sauren Milieu kommt, wobei proinflamma­
torische Zytokine ausgeschüttet werden (2).
• Vor einer Wiederaufnahme sportspezifi­
scher Tätig­keiten müssen Muskelminde­
rungen, Kraft, Ausdauer und Koordinati­
onsdefizite ausgeglichen werden.
Erfahrungswerte aus eigenem Patientengut
Dr. med.
Hans-Joachim Patzak
ist Facharzt für Chirurgie
und Unfallchirurgie sowie
für physikalische und
rehabilitative Medizin.
Er ist zugelassen als
Durchgangsarzt (D-Arzt)
mit den Zusatzbezeich­
nungen Notfallmedizin,
Sportmedizin, Homöo­
pathie, Ernährungsmedi­
zin und ist Mitinhaber der
orthopädisch-chirurgi­
schen Gemeinschafts­
praxis im Sportpark Bad
Nauheim.
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Eine retrospektive Untersuchung am eigenen
Krankengut erfolgte bei 115 Patienten. 68 waren
männlich mit einem Durchschnittsalter von 46
Jahren (9 bis 77), 47 waren weiblich mit einem
Durchschnittsalter von 52 Jahren (12 bis 73).
Eine routinemäßige MRT-Kontrolle erfolgte
nach einem Vierteljahr, bei Restbeschwerden
nochmals nach einem weiteren Vierteljahr.
Nicht zur routinemäßigen vierteljährlichen
Kontrolle kamen 38 Patienten. 77 wurden
nach­untersucht, 69 Patienten gaben bei der
Kontrolle nach einem Vierteljahr eine Besse­
rung bis Beschwerdefreiheit an. Bei 17 trat Be­
schwerdefreiheit erst nach einem halben Jahr
auf, dies insbesondere bei Patienten, die Mehr­
fachödeme hatten, z. B. Talus/Fußwurzel oder
Femur/Tibia. In 9 Fällen trat eine Teilverbesse­
rung auf, die erst nach einem halben Jahr in
Beschwerdefreiheit endete. Erstaunlich war die
Rückbildung bei Verdacht auf beginnende Ne­
krose, die in 20 Fällen beschrieben wurde, hier
bereits nach einem Vierteljahr 9 völlige Rück­
bildungen (Abb. 1), nach einem weiteren Vier­
teljahr weitere 3 Rückbildungen, bei 8 Patien­
ten lag keine Verbesserung vor.
waren 2 Patienten mit bereits bestehender
­Osteonekrose am Hüftkopf. Die ungünstigsten
Ergebnisse wurden bei multiplen Knochen­
marksödemen am Talus und in den Fußwur­
zelbereichen erzielt, wenn zusätzlich der Ver­
dacht auf eine Osteochondrosis dissecans ge­äußert wurde. Hier ist mit dem Behandlungs­
vorschlag „Entlastung, Bewegungsübungen und
Mikronährstoffe“ eher Vorsicht angebracht.
Fazit
Durch konsequente Anwendung dieser Thera­
pie war in der Mehrzahl der Fälle eine schnelle
Reduktion der Knochenmarksödeme zu erzie­
len. Sogar Osteonekrosen konnten teilweise
verhindert und in Einzelfällen zurückgeführt
werden. Operative Maßnahmen kamen selten
zur Anwendung. Kritisch waren bestehende
Osteonekrosen, insbesondere auch eine Osteo­
chondrosis dissecans. Der Vergleich mit ande­
ren Therapien, z. B. Bisphosphonate, die im
Übrigen noch „off Label“ sind, zeigt durchaus
gleichwertige Ergebnisse. Die häufig langwie­
rigen chronischen Verläufe konnten überzeu­
gend verkürzt werden.
Eine echte Studienlage besteht nicht. Verglei­
chende Untersuchungen mit den gängigen The­
rapien liegen nicht vor. Eine Ausweitung der
Behandlung mit Mikronährstoffen bei Morbus
Sudeck, bei Osteoporose und auch bei schlecht
heilenden oder komplexen Frakturen erscheint
sinnvoll.
Eine Literaturliste können Sie unter
[email protected] anfordern.
Problematisch waren die Patienten mit Ver­
dacht auf Osteochondrosis dissecans, möglicher­
weise auch durch vorbestehende Schäden. Bei
insgesamt 18 Patienten konnte keine wesent­
liche Verbesserung erzielt werden. Darunter
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