Julie Scheffler SS 2009 Universität Stuttgart - Campusführer Stuttgart-Mitte Objekt H - Institut für Zeitmesstechnik, Fein- und Mikrotechnik Hahn-Schickard-Institut für Feinwerk- und Zeitmesstechnik Ehemaliges Institutsgebäude 70174 Stuttgart, Breitscheidstraße 2B Konzept, Planung und Realisierung Ende der 1920er Jahre wurde beim Verband der deutschen Uhrenindustrie und der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie der Wunsch nach einem Fachgebiet für Uhrentechnik und Feinmechanik an einer Hochschule laut. Der Schwarzwald ist bekannt für seine Uhrenherstellung, besonders die Uhrmacherschule in Furtwangen. Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse sollten nun endlich durch wissenschaftliche Forschung erweitert werden. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden diese Gedanken wieder aufgenommen, da auch die Kriegsindustrie Interesse an Feinmechanik hatte. 1942 allerdings erst wurden die Vorraussetzungen an der Technischen Hochschule Stuttgart für ein Uhreninstitut geschaffen, dieses sollte zur Fakultät Maschinenwesen, Abteilung Maschinenbau gehören. Am 15. Dezember 1944 wurde schließlich Oberregierungsrat Prof. Dr. Wilhelm Keil aus Berlin zum „1. ordentlichen Professor für Zeitmeßkunde und Uhrentechnik an der Technischen Hochschule Stuttgart“ ernannt. Nach Stuttgart kam dieser allerdings erst ein halbes Jahr später im August 1945. Durch einen Fliegerangriff wurden sämtliche Gebäude der TH Stuttgart zerstört, bei dem auch das Hauptgebäude Maschinenbau, Keplerstr. 10, und das Elektrotechnische Institut betroffen waren. Nach 13-monatiger Schließung wurde die Technische Hochschule im Februar 1946 wiedereröffnet, so dass Prof. Dr. Keil seine Arbeit aufnehmen konnte. Behindert wurde dies jedoch durch die katastrophale Raumsituation. Durch Firmenspenden und Beihilfen vom Bundeswirtschaftsministerium konnte immerhin der dringendste Bedarf an Labor- und Messgeräten sowie Werkzeugmaschinen gedeckt werden. Auch dank Initiativen aus dem Verband deutscher Uhrenindustrie und der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie wurde am 19.11.1955 endlich der Neubau eines eigenen Institutsgebäudes beschlossen. Das Institutsgebäude Gebäudedaten Geschichte Bauherr Land Baden-Württemberg Forschungsgesellschaft für Uhrentechnik und Feinmechanik Entwurf / Planung / Bauleitung Die staatliche Hochbauverwaltung in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Wilhelm Keil und seinen Assistenten Flächen NF 1-6 1.134 qm NF 7 69 qm NF ges. 1.203 qm BGF BRI 2.062 qm 8.059 kbm Bauzeit April 1957 – Mai 1959 Richtfest:: 21.3.1958 Einweihung: 3.6.1959 Baukosten 1 Mio. DM Hälftig getragen jeweils vom Land BadenWürttemberg und der Forschungsgesellschaft Der Bau des Instituts vollzieht sich nicht ohne Schwierigkeiten. Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels muss ein Teil des Untergeschosses als wasserdichte Wanne ausgeführt werden. Wegen der besonderen Anforderungen bezüglich der sensiblen Messungen umgibt das gesamte Gebäude eine Schotterpackung. 1959 wurde es endlich bezogen. In der Stuttgarter Zeitung wird es gelobt als Gebäude mit technischen, architektonischen und statischen Raffinessen. 1963 wird Dr. phil. G. Glaser Nachfolger von Prof. Dr. Keil. Das Institut wächst und bereits 1966 müssen einige Bereiche ausgelagert werden, hierzu werden eine Baracke und der Studienbau des Maschinenbaus genutzt. Durch eine Unwetterkatastrophe im Jahr 1972 werden die Kellerräume überflutet, wertvolle Maschinen, Geräte und Forschungsunterlagen im Wert von 1 Million DM werden vernichtet. Das Hahn-Schickard-Institut geht 1979 einen Kooperationsvertrag mit dem HochschulInstitut ein, welches 1986 seinen Namen ändert in „Institut für Zeitmesstechnik, Feinund Mikrotechnik“. 1 Baukonstruktion Das Institutsgebäude ist zweigeschossig und hat zusätzlich ein Untergeschoss. Als Konstruktion wurde Stahlbeton gewählt, der als Sichtbeton ausgeführt ist. Das Kupferdach ist flach geneigt. Die Treppenhalle teilt den Institutsbereich vom Hörsaalbereich. Grundriss Erdgeschoss, o.M. Die Fassade ist sehr stark vertikal gegliedert, was ein typisches Merkmal für diese Zeit ist. Sichtbetonfassadenstützen stehen im Wechsel zu nicht tragenden Kunststeinstützen. Auch raumseitig gibt es Sichtbetonstützen, zudem natürlich die notwendigen Installationsschächte für Heizung, Dachwasser und teilweise auch Elektroinstallation. Die gemauerten Flurwände sind tragend. Die Decken im Institutsbereich sind überwiegend Betonrippendecken, unterseitig als Rabbitzdecken verputzt. Einige Deckenbereiche mussten als massive Flachbetondecken ausgeführt werden, da diese die hohe Last der schweren Maschinen aufnehmen müssen. Das Institut Nutzung / Funktion / Aufgaben Organigramm des Instituts Als Ausgangssituation der Institutsgründung kann man den Technologiewandel von der Mechanik zur Elektronik festhalten. Durch die Zusammenführung des Forschungsinstituts der Forschungsgesellschaft und des Hochschulinstituts kommt es zu einer Aufgabenverteilung. Das Forschungsinstitut konzentriert sich auf die angewandte Forschung, während sich das Hochschulinstitut auf die Grundlagenforschung und –lehre festlegt. Die Mitarbeiter kommen aus den Bereichen des Maschinenbaus, der Elektronik und der Physik. Vorrangiges Ziel der Forschung ist die Bearbeitung von Problemen der uhrentechnischen Fertigung und besonders der Massenfertigung bei dennoch qualitativ hochwertigen Uhrwerken. Es treten auch Fragen zu Normen und Qualitätsstandards im Austauschbau auf, die behandelt werden. Im Laufe der Zeit wird die Miniaturisierung der Systeme immer bedeutender. Der wissenschaftliche Gedankenaustausch hat gute Kontakte zur französischen und der schweizerischen Chronometriegesellschaft geschaffen. Jährlich stattfindende Kongresse festigen dies. Dennoch ist das Stuttgarter Institut in seiner Art lange Zeit einzigartig. Die institutseigene Quarzuhr ist bis in die sechziger Jahre die modernste weltweit, lediglich eine Atomuhr maß genauer. Diese Uhr gibt das Signal in diversen Rundfunkanstalten, bis sie der Unwetterkatastrophe 1972 zum Opfer fällt. Ab Mitte der 60er Jahre tritt die elektronische Uhr in den Vordergrund, was dazu führt, dass sich das Institut auf Steuer- und Antriebsschaltungen konzentriert. 1972 gibt es erste Arbeiten über Funkuhren. Zudem verdrängen Polymerwerkstoffe die metallischen Werkstoffe. Ab 1980 dominiert die Quarzuhr den Markt, nun geht es um Verringerung der Herstellungskosten und Automatisierung der Herstellungsprozesse. Die Miniaturisierung tritt nun endgültig in den Vordergrund. Deshalb wird das Hauptfach von „Uhrentechnik“ zu „Fein- und Mikrotechnik“. 2 Über all die Jahre hat sich das Institut einen sehr guten Ruf im In- und Ausland erarbeitet. Die Zukunft des Gebäudes Da das Institut für Zeitmesstechnik, Fein- und Mikrotechnik, kurz IZFM und das Hahn-SchickardInstitut, kurz HSG-IMAT im Jahr 2007 ihren Neubau in Vaihingen – Allmandring bezogen haben, hat das Gebäude seine ursprüngliche Funktion verloren. In Zukunft sollen hier zum einen die Zentralen Betriebswerkstätten untergebracht werden, für die einige Umbaumaßnahmen vorgenommen werden. Zum anderen wird ein Bereich Instituts für Innenarchitektur der Hochschule für Technik untergebracht. Quellen Literatur - Institut für Uhrentechnik und Feinmechanik der Universität Stuttgart, Forschungsinstitut der Forschungsgesellschaft für Uhren- und Feingerätetechnik Stuttgart Hrsg. Forschungsgesellschaft für Uhren- und Feingerätetechnik e.V. , 1977 Ansicht des Instituts vom Stadtgarten aus (Universität Stuttgart, kurz nach der Eröffnung) -Festschrift anlässlich des 50-jährigen Bestehens des IZFM Hrsg. Und Verlag: IZFM, 1994 -Universität Stuttgart nach 1945 Hrsg. Universität Stuttgart, Thorbecke Verlag, 2004 Zeitungsartikel - Stuttgarter Zeitung, 6.6.1959 : Beginn Neubau - Stuttgarter Zeitung, 17.3.1961: Ehrung Dr.-Ing.h.c. Helmuth Junghans - Allgemeine Zeitung, 10.01.1962: Quarzuhr im Institut Sonstige Quellen - Archiv des Universitätsbauamt Stuttgart - Archiv der Universität Stuttgart 3