1 Weihnachtsbotschaft für die Journalisten – 18. Dezember 2013 Liebe Freunde und Gläubige des Heiligen Landes, die Weihnachtsfeierlichkeiten lassen die ganze Welt nach Bethlehem blicken. Gerade von hier aus, inmitten von Konflikt und Gewalt, die unseren Nahen Osten bedrohen, verbreitet sich die zärtliche Botschaft des Mysteriums der Heiligen Nacht. In dieser Zeit kann unser Herz die Bewohner Syriens und unter ihnen, die Flüchtlinge in den Nachbarländern, nicht vergessen; und es kann auch all diejenigen nicht vergessen, die mit Körper und Geist leiden. Ich denke hier vor allem an die philippinischen Migranten in unserer Diözese, in Jordanien und Israel, die von dem schrecklichen Taifun, der viele Opfer gefordert hat, betroffen sind. Liebe Journalisten, wir sind Ihnen dankbar und schätzen Ihre Bereitschaft zur Verbreitung von Nachrichten über die Aktualität des Heiligen Landes, damit dieses nicht vergessen wird. Auch wenn sich die weltweite Aufmerksamkeit nicht mehr auf das Heilige Land konzentriert, sondern auf die Tragödie in Syrien, so müssen wir doch feststellen, dass der israelisch-palästinensische Konflikt in der Region ein großes Hindernis für die Stabilität im Nahen Osten darstellt. In diesem Zusammenhang möchte ich am Ende dieses Jahres unter Einbezug einiger glücklicher aber auch einiger schwieriger Ereignisse Bilanz ziehen. Auf dieser Grundlage kann man das nächste Jahr vorbereiten. 1. Der Heilige Stuhl Seit der Amtseinführungsmesse von Papst Franziskus am 19. März in Rom hatte ich mehrfach die Gelegenheit, den Heiligen Vater zu treffen. Das Heilige Land und der Nahe Osten liegen ihm am Herzen. Seine Aussagen belegen, dass der Heilige Stuhl auch weiterhin die gleiche Linie in Bezug auf unsere Region einhalten wird. Vor den Patriarchen und Bischöfe der katholischen Ost-Kirchen, die sich am 21. November in Rom versammelt hatten, drückte Papst Franziskus seine "große Sorge" für uns aus und forderte uns gleichzeitig dazu auf, uns „nicht mit einem Orient ohne Christen abzufinden." Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Vereinbarungen, die zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl geschlossen werden, möchte ich betonen, dass sowohl das Osmanische Reich, als auch die Briten, Jordanien und Israel, für mehr als zwanzig Jahre, den Status Quo der Steuerbefreiungen für die Kirchen respektiert haben. Aber heute will Israel Änderungen vornehmen. Ob man nun ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger zahlt, ist nicht entscheidend, entscheidend ist vielmehr, dass Ost-Jerusalem nicht angefasst wird; diese Angelegenheit liegt immer noch auf dem Verhandlungstisch. Wir wollen auf keinen Fall, dass diese Verträge eine politische Implikation herbeiführen, die den Status des seit 1967 besetzten Ostjerusalem ändert. 2. Das Leben der Mutterkirche Unsere Diözese hat das Jahr des Glaubens am 17. November in Nazareth mit einer Feier, an der 7.000 Gläubige und Pliger abgeschlossen. Dieser Moment erinnerte uns daran, dass es eine sehr wichtige Beziehung zwischen dem Leben des Glaubens, der Solidarität und dem Frieden gibt. Wir danken dem israelischen Ministerium für Tourismus, das die Einbeziehung der gesamten Infrastruktur sichergestellt und so zum Erfolg dieser Veranstaltung beigetragen hat. 2 Und im Sommer konnten wir mit Freude auf 120 Jugendliche aus dem Heiligen Land blicken, die zum WJT nach Rio de Janeiro aufgebrochen sind. 3. Die politische Situation Die Situation im Nahen Osten wird immer komplizierter und dramatischer. Die Szenarien, die wir in Syrien und im Irak gesehen haben, können sich anderswo wiederholen - wie in Ägypten und in Libyen bereits geschehen. Die Instabilität trifft alle, einschließlich der Christen, die versucht sind, auszuwandern. Ich rufe auch wiederum den Gaza-Streifen ins Gedächtnis, wo die Bewohner unter den Auswirkungen der israelischen Blockade und auch der Ägyptens leiden. Um zu verhindern, dass sich der Konflikt wie ein Flächenbrand in der gesamten Region ausbreitet, müsste es einen sofortigen "nachhaltigen" Waffenstillstand in Syrien geben und verhindert werden, dass Waffen von außen ins Land geraten. Angesichts der Tatsache, dass das syrische Problem nicht mit Waffen gelöst werden kann, fordern wir die politischen Führer unserer Region und die westliche Welt dazu auf, ihrer Verantwortung, eine einvernehmliche politische Lösung zu finden, der sinnlosen Gewalt ein Ende zu setzen und die Würde des Menschen zu achten, gerecht zu werden. Sie alle sind direkte Zeugen der Leiden der Opfer und der syrischen Flüchtlinge vor allem im kalten Winter. Das Lateinische Patriarchat dankt der Caritas-Jordanien und den anderen humanitären Einrichtungen für ihren Einsatz im Dienst am Nächsten und der Solidarität. Die israelisch-palästinensischen Verhandlungen wurden Ende Juli, nach einer dreijährigen Unterbrechung wieder aufgenommen. Aber alle Bemühungen werden durch die israelische Kolonisation behindert. Bis dieses Problem gelöst ist, werden die Völker unserer Region weiterhin leiden. Das Urteil im Cremisan-Prozess, das im April 2013 die Fortsetzung des Baus der Trennmauer sowie den Abriss eines Hauses des Lateinischen Patriarchats in Ost-Jerusalem vor einigen Wochen genehmigte, sind Anzeichen für eine Verschlimmerung der Situation und tragen in keinster Weise zum Friedensprozess bei. Eine durch Gewalt geschaffene Tatsache kann keine Quelle für ein neues Gesetz sein. Andererseits haben die europäischen Außenminister am 16. Dezember eine noch “nie da gewesene” Unterstützung hinsichtlich der politischen und wirtschaftlichen Situation und hinsichtlich der Sicherheit der Israelis und der Palästinenser versprochen, wenn die beiden Parteien es schaffen, die Friedensverträge abzuschließen. Dies gibt Anlass zu Hoffnung. 4. Die Ökumene und der interreligiöse Dialog Die Katholiken im Heiligen Land haben (außer einige Ausnahmen) am 5. Mai Ostern zusammen mit den Orthodoxen gefeiert. Das Osterfest zusammenzulegen ist nicht einfach, aber es ist ein erster Schritt zur kompletten Einigkeit und erfordert die Anstrengungen aller. Der internationale Kongress mit dem Titel "Die Herausforderungen der arabischen Christen", der am 3. und 4. September in Amman unter der Schirmherrschaft des Königs von Jordanien stattgefunden und mehr als 70 Patriarchen und Führer christlicher Gemeinden in der Region zusammengeführt hat, analysierte die interreligiösen Auswirkungen des arabischen Frühlings. Zudem wurden mutig über die erforderlichen Änderungen der Verfassung in den arabischen Ländern gesprochen, damit sich die Christen zu Hause fühlen können, wie alle anderen Bürger mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten (einschließlich der Religionsfreiheit), und Zugang zu den relevanten Medien haben können. Wir verurteilen jede Form des religiösen Fundamentalismus. Wir müssen außerdem feststellen, dass es dieses Jahr in unserer Diözese zu einer Zunahme von Vandalismus gekommen ist, der 20 Heilige Stätten oder Orte der Anbetung betrafen, die von Extremisten gezielt angegriffen wurden. 3 5. Prioritäten und Projekte des Patriarchats Um Frieden schaffen zu können und extremistischen Strömungen mit einem prophetischen Geist entgegen zu treten, betreibt die katholische Kirche 58 Schulen in Palästina, 20 in Israel und 40 in Jordanien, neben Universitäten. Am 30. Mai fand die feierliche Einweihung der amerikanischen Universität von Madaba in Anwesenheit des Königs von Jordanien, Mitgliedern der Regierung und des Präfekten der Kongregation für die orientalischen Kirchen, Kardinal Sandri, statt. In den Monaten Februar und März wurden an die jeweiligen Bewohner die Schlüssel für 72 Wohnungen in der neuen Wohnanlage von Beit Safafa übergeben. Dieses Wohnprojekt soll die Palästinenser ermutigen, gemeinsame Projekte zu starten, um sich der Herausforderung der Wohnungssituation in Jerusalem stellen zu können. 6. Agenda 2014 Wir erinnern an die Termine für das nächste Jahr: - Der Papstbesuch im Heiligen Land, der für den Mai vorgesehen ist, zuerst in Jordanien, dann in Israel/Palästina - Der Besuch unserer in der Diaspora in Amerika lebenden Christen im Juli 2014; - Die außerordentliche Familien-Synode zum Thema “Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung”, die vom 5. bis zum 19. Oktober 2014 in Rom stattfinden wird 7. Abschluss Abschließend erhebe ich zusammen mit meinen Vikaren, den Priestern und Gläubigen im Heiligen Land mein Gebet zu Gott, damit Christen, Juden und Muslime in ihrem spirituellen Erbe Bereiche der Zusammenarbeit finden mögen, um Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Unwissenheit und allen Gewalttaten, die das von Gott an uns Geschenkte - die Würde des Menschen - zerstören, ein Ende zu setzen. Möge das Jesuskind mit diesem Fest den Völkern dieser Region Frieden schenken. Frohe Weihnachten. Vielen Dank. + Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem