Detail: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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Kein Freihandelsabkommen mit den USA
Rede von Ulla Lötzer, 06. Juni 2013
Nachdem es auf WTO-Ebene keine Fortschritte bei den Verhandlungen über die Liberalisierung des
Welthandels gibt, setzt die EU seit Jahren verstärkt auf bilaterale Freihandelsabkommen. Die EU
unterstreicht zwar das fortbestehende Interesse Europas am WTO-Multilateralismus, zugleich findet
aber eine offene Verschiebung hin zum Bilateralismus statt.
Seit der globalen Finanzkrise und der weltweiten Rezession ab 2007 werden einige der
traditionellen Exportmärkte v.a. Deutschlands durch die strenge Austeritätspolitik kaputtgespart .
Schwellenländer mit großen Binnenmärkten wie Indien, China, Brasilien und Indonesien bieten sich
daher ebenso als Kompensation an, wie der verstärkte Freihandel mit den USA.
Das Mandat für Verhandlungen mit den USA geht weit über Zollabbau, Marktöffnungen für
Investitionen, Dienstleistungen und die öffentliche Beschaffung hinaus. Im Zentrum des Mandats
steht die Beseitigung „unnötiger Regulierungsschranken“.
Doch was sind denn „Regulierungsschranken“? Es sind vor allem die Gesetze und Vorschriften, die
zum Nutzen der Gesellschaft, zum Nutzen von Mensch und Umwelt aufgestellt worden sind. Sicher,
die Regulierungen sind in den jeweiligen Ländern verschieden. Das hat politische und kulturelle
Hintergründe. Doch eines ist klar: Wenn die Regeln angeglichen werden, dann niemals nach oben.
Es geht immer um die Beseitigung von Regulierungen zugunsten der Konzerne und zum Schaden
von Mensch und Umwelt.
Als Beispiel sei auf der einen Seite die Zulassung von Arzneimitteln genannt. Die Zulassungsregeln
sind in den USA rigider. Klar, dass die europäischen Pharamakonzerne die Hürden für den Eintritt in
den amerikanischen Markt senken wollen. Umgekehrt drängen die US-amerikanischen
Lebensmittelkonzerne mit gentechnisch veränderten Pflanzen, Chlorhähnchen oder Hormonfleisch
auf den europäischen Markt.
Es geht aber nicht nur um den gegeseitigen Zugang zu den vorhandenen Märkten sondern auch um
die Zurückdrängung des Staates auf beiden Seiten des Atlantiks, um weitere Deregulierungen und
Privatisierungen. Was die GATS-Verhandlungen und die Kommission nicht schaffen, soll dieses
Abkommen bringen: Den Abbau jeglichen Schutzes des Dienstleistungssektors vor dem Profitstreben
privater Unternehmen. Das betrifft die Kultur und audiovisuelle Dienstleistungen, die die SPD mit
ihrem Antrag herausnehmen lassen will, aber auch das Gesundheitswesen und andere Bereiche.
Nun ist das Credo von Bundesregierung und EU-Kommission, dass Freihandel Wachstum und
Beschäftigung schaffen würde. Für bestimmte Sektoren wird das stimmen. Doch bei einem faiern
Freihandel, also bei einer ausgeglichenen Handeslbilanz, geht es eher um ein Nullsummenspiel. Der
Freihandel wird ja z.B. nicht dazu führen, dass die Menschen mehr Medikamente zu sich nehmen.
Sie kommen nur von einem anderen Konzern. Das heißt, auf beiden Seiten des Atlantiks wird es
Gewinner, aber eben auch Verlierer geben, mit dementsprechenden negativen Auswirkungen auf die
Beschäftigten in dieser Branche. Es sei denn, man schafft sich durch den Abbau und die
Angleichung von Regeln einen gemeinsamen Wettbewerbsvorteil gegenüber China, Japan und
andere Regionen der Welt. Dann gibt es Wachstum in der EU-USA-Zone – zum Nachteil des Rests
der Welt.
Während soziale und ökologische Regulierungen beiderseits des Atlantik abgebaut werden, sollen im
Gegenzug die Rechte der Konzerne durch ungehinderter Niederlassungsfreiheit und umfangreichem
Investitionsschutz gestärkt werden. Wohin solche Investitionsschutzabkommen führen, kann man
am Beispiel Vattenfall sehen. Vattenfall hat die Bundesregierung vor dem Internationalen Zentrum
zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten wegen der gesetzliche Stilllegung von Brunsbüttel und
Krümmel verklagt. Ein Schiedsspruch aus Washington würde Vattenfall die Vollstreckung in allen
158 ICSID-Vertragsstaaten eröffnen. Der Schiedsspruch selbst ist einer Überprüfung durch
nationale Stellen entzogen. So werden demokratisch gewählte Parlamente ihrer
Gesetzgebungsgewalt beraubt.
Wir lehnen ein solches Abkommen zulasten von Mensch und Umwelt ab. Wir unterstützen den
Antrag der Grünen, dass der Deutsche Bundestag von seinem Recht zur Stellungnahme Gebrauch
machen wird. Wir unterstützen auch das Anliegen des SPD-Antrages, audiovisuelle und kulturelle
Dienstleistungen keiner weiteren Liberlaisiserungspflicht zu unterwerfen. Leider, meine Damen und
Herren von der SPD, ist Ihr Antrag ansonsten blind gegenüber den anderen Gefahren und negativen
Folgen dieses Verhandlungsmandates, weswegen wir uns zu diesem Antrag enthalten werden.
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