HEFT 1–2/2016 TIEF­ GREIFENDER WANDEL DER ­ONKO­LO­GISCHEN RADIOLOGIE INNOVATIONEN IM BEREICH DER NUKLEARMEDIZIN SEITE IV DIE PATHOLOGIE WURDE NEU ­DEFINIERT SEITE III SEITE II KEINE GROSSEN DURCH­ BRÜCHE BEI DEN HIRN­ TUMOREN SEITE VI IMMER ­PRÄZISERE STRAHLEN­ THERAPIE SEITE V NEUE GUIDELINES BEIM ­MAMMA­KARZINOM SEITE VII ZAHLREICHE NEUERUNGEN BEIM LUNGENKARZINOM SEITE VIII BAHNBRECHENDE FORTSCHRITTE IN DER MELANOMTHERAPIE SEITE XI Der große Jahresrückblick DIE DREI WICHTIGSTEN STUDIEN BEI ­SD-KARZINOM UND NET SEITE XV EINZUG DES ROBOTERS IN DIE ­ONKOLOGISCHE VISZERAL­ CHIRURGIE SEITE XIV PANKREASCHIRURGIE: RECHTZEITIG UND WENIGER INVASIV SEITE XVI NEUE GUIDELINES BEIM RCC SEITE XIX HIGHLIGHT (AUCH) DIESES JAHRES: DIE ­IMMUNTHERAPIE SEITE VIII MEDIKAMENTÖSE THERAPIE DES KOLOREKTALKARZINOMS SEITE XVIII GYN-ONKOUPDATE SEITE XVII HÄMATO­ ONKOLOGIE 2015 SEITE XX JAHRESRÜCKBLICK 2015 Pankreaschirurgie: rechtzeitig und weniger invasiv VON UNIV.-PROF. DR. MARTIN SCHINDL ver Bilder wurde zu einer wesentlichen Säule der modernen Pankreaschirurgie. Im Bereich der zystischen Neoplasien der Bauchspeicheldrüse wurden im vergangenen Jahr wesentliche Fortschritte erzielt, die den medizinischen Umgang mit “Pankreaszysten” beeinflusst Multimodale Therapiekonzepte und die Indikationen für Pankreasoperationen beträchtlich ausDie gegenwärtige Entwicklung multimodaler, neoadjuvanter geweitet haben. Es wurden verschiedene Formen der intradukTherapiekonzepte, neuer Substanzgruppen und bestrahlungsartal papillär muzinösen Neoplasie (IPMN) beschrieben, und ten, gibt Hoffnung, dass zukünftig bei einer wachsenden Zahl ihre Gefährlichkeit anhand klinisch-pathologischer Studien bevon PatientInnen mit zunächst nicht resektablem Bauchspeilegt. Die Veränderungen können sowohl den Hauptausführungscheldrüsenkrebs, in einem zweiten Behandlungsschritt eine ragang (Hauptast-IPMN), die zahlreichen Seitengänge (Seitenastdikale Tumorentfernung möglich ist. IPMN) oder beide Gangformen (IPMN vom gemischten Typ) betreffen. IPMN vom Hauptast und gemischten Typ gehen in Chirurgische Techniken mehr als 60 Prozent der Fälle im Verlauf von fünf Jahren in ein Die chirurgischen Techniken zur Bauchspeicheldrüsenresektion invasives Karzinom über und stellen daher eine absolute Operahaben sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Es wurtionsindikation dar. Das Risiko von Seitenast-IPMN ist etwas den Operationskonzepte entwickelt, die die kritischen Bereiche niedriger, falls aber beunruhigende Veränderungen (sog. „worrium die großen Gefäße („Gefäßgrube“) und dorsal in das Peritosome features“) wie Größenwachstum, Unregelmäßigkeit der neum (Mesopankreas) besonders berücksichtigen. Heute werden Zystenwand und andere Kriterien vorliegen, besteht auch dafür diese Zonen durch Gefrierschnitt-Untersuchungen bereits wäheine Operationsindikation. rend der Operation mikroskopisch untersucht und es wird auf Mit Hilfe moderner, hochauflösender MRT und Endosonoausreichende Radikalität geachtet. Der Ablauf chirurgischer Prägrafie können verschiedene Arten zystischer Neoplasien unterparationsschritte während einer Operation wurde dahingehend schieden und risikoadaptiert behandelt werden. Durch das wachverbessert, dass Regionen um arterielle Gefäße möglichst früh sende Wissen um zystische Neoplasien und die Möglichkeit der während einer Operation auf die Machbarkeit der Resektion besicheren Diagnose mittels hochauflösender Bildgebung ist es urteilen werden (sog. „artery first approach“) und der weitere erstmals möglich, Vorstufen Operationsverlauf gegebenenoder Frühformen bestimmter falls adaptiert werden kann. DaArten von Bauchspeicheldrübei ist die Einbeziehung venösenkrebs rechtzeitig zu operieser Gefäße in das Tumorwachsren. Bei dieser Tumorart geht es tum kein Ausschlussgrund für prinzipiell darum, jene Patieneine Resektion. Abhängig vom tinnen und Patienten herauszuAusmaß der Gefäßinvasion erfinden, die von einer chirurgifolgt bei ausgedehntem Wachsschen Behandlung profitieren, tum die Operation nach neoadund jenen eine chirurgische juvanter Therapie. Exploration zu „ersparen“, deren Erkrankung nicht radikal Laparoskopische behandelt werden kann. Je we­Operationen niger zusätzliche InterventioDie Gewebedurchtrennung nen vor einer geplanten Operaund Blutstillung erfolgt gegention durchgeführt werden, dewärtig mit Geräten, die das sto günstiger wirkt sich das auf blutgefäßreiche Gewebe in aufden Gesamtverlauf aus. Die einanderfolgenden Schritten korrekte Beurteilung der Re- Darstellung des Pankreasganges und einer zystischen Neoplasie im Cazunächst durch Kompression sektabilität anhand präoperati- put in der MR-Cholangiopankreatikographie und Koagulation verschließen XVI krebs:hilfe! 1–2/2016 FOTO: SCHINDL/CCC VIENNA Zystische Neoplasien und anschließend durchtrennen. Dazu werden Instrumente mit computergesteuertem bipolaren Koagulationsstrom verwendet. Andere Geräte verwenden hochfrequente Ultraschallenergie zum gleichzeitigen Schneiden und Verschließen des Gewebes. Die neuen Dissektionsmethoden haben für die Pankreaschirurgie die Welt der minimalinvasiven, laparoskopischen Operationen eröffnet. So wird heute eine wachsende Zahl an Operationen bereits laparoskopisch durchgeführt. Vor allem Pankreaslinksresektionen ohne Notwendigkeit einer Rekonstruktion des bilio- pankreatischen Abflusses sind für minimalinvasive Eingriffe geeignet. Die laparoskopische Pankreasresektion eignet sich besonders für sogenannte Vorläuferläsionen, wie der intraduktal papillär-muzinösen Neoplasie (IPMN) oder muzinös zystischen Neoplasie (MCN), weil dabei keine ausgedehnte Präparation in das umgebende, retroperitoneale krebs:hilfe! 1–2/2016 Gewebe und die Nierengefäße notwendig ist. Aktuell werden Anstrengungen unternommen, auch Pankreaskopfresektionen laparoskopisch durchzuführen. Die Balance zwischen Nutzen für die PatientInnen und Aufwand bzw. Risiko ist dabei noch nicht zweifelsfrei definiert. Darüber hinaus wurde in den vergangenen Jahren die RoboterChirurgie für die Bauchspeicheldrüse entdeckt. Solche Eingriffe werden bislang nur an wenigen, hoch spezialisierten Zentren gemacht. Der zukünftige Stellenwert und mögliche Vorteile für die Patientinnen und Patienten werden sehr kontroversiell diskutiert. < Univ.-Prof. Dr. Martin Schindl Universitätsklinik für Chirurgie, Pancreatic Cancer Unit, Comprehensive Cancer Center Wien XVII