5. Zusammenfassung 5. Zusammenfassung Räumlich-zeitliche Kalziumsignale wie Ca2+-Oszillationen und -Wellen sind in zahlreichen Zelltypen essentiell für eine reguläre Funktion und daher Gegenstand intensiver Forschung. Die Entstehung beider Phänomene beruht auf der Freisetzung von Kalziumionen aus intrazellulären Speichern (z.B. ER und SR) und ihrem Rücktransport mittels energieverbrauchender Ionenpumpen. Gegenstand unserer Untersuchungen waren Kardiomyozyten, die sich aus ES-Zellen differenziert haben (Maus, Zellinie R1). Sie entwickeln sich als Cluster innerhalb sogenannter „Embryoid Bodies“. Die Cluster von Herzzellen wurden mit einem Skalpell unter dem Lichtmikroskop herausgeschnitten und durch das Enzym Collagenase in einzelne Zellen isoliert, um anschließend physiologischen Analysen zur Verfügung zu stehen. Nach Sichtbarmachung der Kalziumionen mittels Fluoreszenzindikatoren wurden die Zellen unter dem konfokalen Laser-ScanningMikroskop betrachtet und mithilfe eines Videobandes aufgezeichnet, um späteren Auswertungen zur Verfügung zu stehen. Die wesentlichen Fragestellungen dieser Arbeit bezogen sich auf die Charakterisierung von Kalziumsignalen wie Ca2+-Oszillationen,-Wellen und -Sparks, die in den Zellen auftraten. Darüberhinaus wurde untersucht, ob die Mitochondrien als Bestandteile der Zelle Einfluss auf die Signalentstehung haben und ob die Ca2+-Oszillationen durch extrazelluläre Faktoren beeinflussbar sind. Nach Unterteilung der Zellen in sechs Morphotypen wurde die Frequenz der Ca2+Oszillationen in Abhängigkeit vom Alter untersucht. Es kam, abhängig vom Morphotyp, zu einer unterschiedlich starken Zunahme der Frequenz. Für eine sichere Identifikation des Phänotyps der Zellen wären Patch-Clamp-Analysen nötig gewesen, was aber nicht Gegenstand dieser Arbeit war. Lässt man die Morphologie außer Acht und teilt die Zellen nur in Altersgruppen ein, so stellt man fest, dass die Frequenz der Ca2+-Oszillationen mit zunehmendem Alter statistisch signifikant zunimmt. Durch die relativ hohe extrazelluläre Kalziumkonzentration (3,6 mmol/l) ist mit spontaner Kalziumfreisetzung, Ca2+Oszillationen und der Ausbreitung von Ca2+-Wellen eher zu rechnen als unter Normalbedingungen. Eine Ca2+-Oszillation muss nicht unbedingt eine Kontraktion nach sich ziehen. Relative Fluoreszenzintensitäten in allen Altersgruppen nahmen statistisch signifikant ab, was vermutlich durch schnellere Aufnahme der Kalziumionen in die Speicher des SR sowie eine effektiver arbeitende SERCA-Pumpe verursacht wird. 58 5. Zusammenfassung Die Atmungskette, welche der ATP-Bereitstellung dient, ist in den Mitochondrien lokalisiert. Ein Hemmstoff des Elektronentransportes am Komplex III der Atmungskette, Antimycin A, wurde in einer Konzentration von 60 µmol/l appliziert. Die in der 1. Altersgruppe bei 100% der Zellen aufgetretene Hemmung der Ca2+-Oszillationsfrequenzen wurde durch Messung der spezifischen Aktivität des Komplex III und des Leitenzyms der Glycolyse (PHI) näher untersucht. Der Quotient aus Komplex III und PHI (dargestellt in %) lag deutlich über dem der 2. und 3. Altersgruppe. Deshalb wird vermutet, dass die Mitochondrien in der 1. Altersgruppe eine dominante Rolle bei der Ca2+Oszillationsentstehung spielen. Wahrscheinlich übernehmen sie einen großen Teil der Kalziumspeicherfunktion und somit der Oszillationsentstehung, weil das SR noch nicht voll ausgereift ist. Die Entleerung der mitochondrialen Kalziumspeicher und die durch Hemmung des Elektronentransportes reduzierte ATP-Synthese ziehen eine abnehmende Oszillationsfrequenz nach sich. Der Hemmeffekt lässt mit zunehmendem Alter der Zellen nach. Die relativen Fluoreszenzintensitäten nahmen nach Antimycinapplikation in allen Altergruppen statistisch signifikant ab. Ursächlich könnte die Entleerung der mitochondrialen Speicher und somit eine verminderte Kalziumausschüttung der Mitochondrien sein. Der Cholinester Carbachol ruft an Herzzellen vom Schrittmachertyp einen negativ chronotropen Effekt hervor. Es sollte herausgefunden werden, ob die Ca2+-Oszillationen von extrazellulär beeinflussbar sind oder aber völlig autonom in der Zelle entstehen. Aus der Applikation von Carbachol (1 µmol/l) resultierte in der 2. Altersgruppe im Gegensatz zur 1. und 3. eine statistisch signifikante Abnahme der Oszillationsfrequenz. Der fehlende Effekt in der 3. Altersgruppe geht mit den Quellenangaben (Carbacholeffekt nur nach vorausgegangener β-adrenerger Stimulation) konform. Der Strom If bestimmt die Frequenz von Schrittmacherzellen. Er lässt sich in aus ESZellen differenzierten Kardiomyozyten durch Applikation von CsCl (2 mmol/l) blockieren. Wenn man von einem Auftreten des If–Stromes in allen drei Altersgruppen ausgeht (zur 1. Gruppe wurden in der Literatur gegensätzliche Angaben gemacht), dann unterliegt If einer extrazellulären Modulation durch CsCl. Es kam in den drei Altersgruppen zu statistisch signifikanter Abnahme der Frequenz von Ca2+-Oszillationen. Es kann davon ausgegangen werden, dass zufällig sehr viele Schrittmacherzellen auf Videoband aufgenommen wurden, weil der prozentuale Anteil der gehemmten Zellen deutlich über dem in der Literatur angegebenen Prozentsatz an Zellen lag, in denen der If-Strom gemessen wurde. 59 5. Zusammenfassung Neben dem Auftreten von Ca2+-Oszillationen wurden Kardiomyozyten beobachtet, deren Kerne stärker oder schwächer fluoreszierten als das umgebende Zytosol. Eine wesentliche Aufgabe des Kernkalziums besteht u.a. in der Steuerung der Transkription. Ein anderes interessantes Phänomen ist das Auftreten von Kalziumsparks sowohl im Zytosol als auch im Kern. Es konnte eine Zunahme der Sparkaktivität mit fortschreitendem Alter der Zellen beobachtet werden, was mit anderen Quellenangaben übereinstimmt. Die Entstehung der Sparks beruht auf der spontanen Öffnung eines oder mehrerer RyRs. Vermutlich erklärt eine zunehmende Dichte der RyRs und die stärkere Beladung des SR mit Kalzium das sich stetig vermehrende Auftreten von Sparks. Sparks können schließlich auch eine Ca2+-Welle initiieren. Am Ursprung der Welle tritt ein sogenannter Makrospark auf, welcher durch eine besonders hohe intrazelluläre Kalziumkonzentration gekennzeichnet ist. Ein weiteres Phänomen ist das Auftreten lange andauernder Ca2+-Oszillationen hauptsächlich in Zellen der mittleren Altersgruppe. Ca2+-Wellen sind in Kardiomyozyten der Maus, die sich aus ES-Zellen differenziert haben, ein selten zu beobachtendes Ereignis. Abortive Wellen sind hingegen häufiger zu finden. Ca2+-Wellen treten in Zusammenhang mit Kontraktionen auf. Sie rühren von koordinierter Aktivität intrazellulärer Kalziumkanäle her. Kalziumionen werden aus dem SR über RyRs freigesetzt, diffundieren zwischen den Clustern von RyRs und werden anschließend durch die SERCA zurückgepumpt. Kalziumwellen mit Geschwindigkeiten zwischen 3 und 100 µm/s wurden auch in nicht erregbaren Zellen gefunden (z.B. Oozyten, Hepatozyten, Fibroblasten). Die Kalziumfreisetzung erfolgt dabei über die IP3-Kaskade aus dem ER. Eine Ca2+-Wellenentstehung in isolierten Zellorganellen wurde auch beschrieben. Die experimentellen Ergebnisse indizieren eine Ähnlichkeit von solch einem in vitro-System mit einem erregbaren Medium. Wenn die Experimente fortgeführt würden, so wäre es zweckmäßig Patch-Clamp-Analysen durchzuführen, um die Morphotypen den Phänotypen exakt zuzuordnen. Dann könnten die Hemmstoffe gezielt an den Phänotypen getestet werden. Darüberhinaus wären weiterführende Untersuchungen über die Funktion der Mitochondrien in den drei Altersgruppen, besonders aber in der ersten Gruppe, interessant. 60