Zusammenfassung 5 Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wurde das physiologische Verhalten des schadstoffabbauenden Bakteriums Cupriavidus necator JMP134 bei dessen Konfrontation mit dem toxischen Modellsubstrat Phenol untersucht. Es wurden Strategien und Mechanismen, die der Stressbewältigung und Adaptation an zunehmende Phenolkonzentrationen dienen, auf Populations- und individueller Ebene identifiziert. Dazu wurde eine Methode etabliert, mit der Zellen anhand ihrer physiologischen Eigenschaften separiert und deren metabolische Fähigkeiten mit Hilfe der Proteomanalyse näher charakterisiert werden konnten. Metabolische und molekulare Untersuchungen der Gesamtpopulation zeigten, dass der produktive Abbau, als aktiver Mechanismus, eine wichtige Funktion bei der Adaptation an zunehmende Phenolkonzentrationen einnimmt. Das Phenol, welches dem Bakterium als alleinige Energie- und Kohlenstoffquelle dient, wird hierbei in Abhängigkeit des Abbauweges zum einen in Biomasse und zum anderen in Polyhydroxybutyrat (PHB) metabolisiert. Im ortho-Weg wird, auf Grund eines metabolischen Flaschenhalses, Phenol sowohl für die Synthese von PHB, als auch für Wachstum und Vermehrung genutzt. Somit führt die Synthese von PHB während dieser Wachstumsphase ebenfalls zur Erhöhung der Überlebensfähigkeit, da mit dieser die Konzentration des für die Zellen toxischen Substrats verringert wird. Mit der Induktion des meta-Weges wird Phenol zunehmend nur für Wachstum und Vermehrung genutzt. Die Untersuchungen auf molekularer Ebene haben gezeigt, dass neben der Induktion des meta-Weges zusätzliche Monooxygenasen, die an der Oxidation des Phenols beteiligt sind, exprimiert werden. Die Gründe dafür werden zum einem in einer konzentrationsabhängigen Hemmung der bereits aktiven Phenolhydroxylasen, und zum anderen in einer unspezifischen, durch die hohe Substratkonzentration ausgelösten Induktion vermutet. Die verstärkte Expression periplasmatischer Proteine mit Chaperon– und Proteasefunktion, wie DegQ und SurA, weisen darauf hin, dass die Membranen der Zelle primäres Target des lipophilen Phenols sind, und dass in C. necator JMP134 neben aktiven auch passive Mechanismen induziert werden, um die Wirkung toxischer Verbindungen einzuschränken. 105 Zusammenfassung Mit Hilfe flowzytometrischer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Zellen innerhalb einer Population unterschiedlich auf zunehmende Phenolkonzentrationen reagieren. So wurde bei einer Substratrestkonzentration cR ≥ 1,7 mM eine neue DNASubpopulation (C1) detektiert. Die Zellen in dieser Subpopulation waren gekennzeichnet durch einen geringeren DNA- und PHB-Gehalt. Sie sind wahrscheinlich das Ergebnis eines Abbaus von DNA und nicht einer Zellteilung. Eine molekulare Analyse dieser Zellen unterstützt die durch Rekultivierungsversuche gewonnene Annahme, dass es sich bei diesen um dormante Zellen handelt, welche mit Abnahme der Phenolrestkonzentration in der Lage sind, in einen aktiven Zustand zurückzukehren. Im Proteinmuster von Zellen der C1-Subpopulation konnte neben reprimierten Enzymen des Metabolismuses und Transportes auch die verstärkte Expression von Proteinen der Translation (RspA, TufA) detektiert werden. Diese weisen darauf hin, dass die Zellen versuchen ihre Proteinsynthese-Maschinerie erneut zu aktivieren. Dadurch können sie bei verbesserten Wachstumsbedingungen umgehend mit der Zellsynthese und der Replikation, und damit der Sicherung der genetischen Informationen, starten. Sie erfüllen dadurch die Voraussetzung, dass eine individuelle Mindestbiomasse notwendig ist, bevor eine Induktion der Replikation der DNA erfolgen kann. Die dafür benötigte Energie und erforderlichen Zellbausteine werden durch den Abbau von PHB und der DNA bereitgestellt. Durch die erstmalige Kombination von Flowzytometrie, Zellsortierung und Proteomanalyse von Subpopulationen mit verschiedener Eigenschaften wurde eine Methode für die Mikrobiologie erschlossen, mit der sich, unabhängig von der Kultivierbarkeit, die Funktion von Zellen innerhalb einer Population oder Gemeinschaft näher untersuchen lässt. Die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse gewähren einen Einblick in die Adaptationsmechanismen von Individuen innerhalb einer Population bei der Konfrontation mit dem Schadstoff Phenol. Während ein Teil der Population Wachstum und Vermehrung aufrechterhält, nimmt ein anderer Teil der Population einen dormanten Zustand ein und sichert so Leben und Überleben der Gesamtpopulation für den Fall einer weiteren Zunahme der Stresssituation. Die Kenntnis solcher Überlebensstrategien und die Möglichkeit, bestimmte metabolische Leistungen mit definierten Zellzuständen in Verbindung zu bringen, weisen den Weg für die Entwicklung subtiler Lösungsansätze, um Leistungsgrenzen von Mikroorganismen rechtzeitig zu erkennen bzw. Zellstatus-bedingte Leistungsspitzen gezielt zu nutzen. 106