KFO: Forschung, Lehre, Weiterbildung

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BZB Dezember 10
Politik
BLZK
KFO: Forschung, Lehre, Weiterbildung
Interview mit Prof. Dr. Dr. Peter Proff, Universitätsklinikum Regensburg
Seit 1. Oktober 2009 ist Prof. Dr. Dr. Peter Proff
Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie des
Universitätsklinikums Regensburg. Im Interview
berichtet er über Herausforderungen und Entwicklungen seiner Klinik und der KFO sowie über seine
positiven Erfahrungen mit dem „Bayerischen Weg“
des KFO-Curriculums.
BZB: Die deutschen Hochschulen unterliegen extremen
Sparzwängen. Wie macht sich dies für Sie in der KFO
bemerkbar?
Prof. Dr. Dr. Peter Proff: Die Sparzwänge machen
sich in allen Bereichen bemerkbar. Bei der Patientenversorgung spielen betriebswirtschaftliche Überlegungen eine weit größere Rolle als noch vor einigen Jahren. Aber auch die Forschung leidet darunter. Anspruchsvolle und kostenintensive Forschungsprojekte, die insbesondere der technologischen Weiterentwicklung der Kieferorthopädie dienen können, sind ohne Drittmittelförderung kaum
zu realisieren. Durch entsprechenden persönlichen
Foto: privat
BZB: Worin sehen Sie derzeit Ihre größten Herausforderungen in Ihrer Position als Direktor?
Prof. Dr. Dr. Peter Proff: Die Regensburger Poliklinik für Kieferorthopädie konnte sich nach ihrer
Gründung 1983 unter Professor Ulrich-Georg Tammoscheit rasch einen guten Namen hinsichtlich
Patientenversorgung, Lehre und Forschung erwerben. Nach dem Weggang von Professor Dieter Müßig war der Lehrstuhl vakant beziehungsweise nur
kommissarisch besetzt. Solche Umstände sind für
eine Kontinuität der Arbeit und die Entwicklung
der räumlichen Ausstattung einer Abteilung nicht
sehr förderlich. Daher geht es jetzt darum, in den
Bereichen Patientenversorgung und Lehre neue Impulse zu setzen und auch in der Kooperation mit
anderen Fachabteilungen das eigenständige Forschungsprofil Regensburgs zu stärken. Beispielsweise werden bis Ende dieses Jahres ein Zellkulturlabor sowie ein Biomechaniklabor für die Bearbeitung entsprechender wissenschaftlicher Fragestellungen fertiggestellt. Im Bereich der Lehre sind wir
beim Aufbau multimedialer, online nutzbarer Ausbildungsformen engagiert.
Einsatz sowie tüchtige,
engagierte und idealistische Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter lassen
sich dennoch viele Dinge realisieren.
BZB: Die Kieferorthopädie gilt als „klassische
Frauendomäne“. Können
Sie dies für Ihre Klinik beProf. Dr. Dr. Peter Proff
stätigen?
Prof. Dr. Dr. Peter Proff: Zweifellos ist der Frauenanteil in der Kieferorthopädie deutlich höher als in
den anderen zahnärztlichen Disziplinen. An anderen Universitäten sieht die Verteilung ähnlich aus.
Der hohe Frauenanteil gilt nicht nur für die niedergelassenen Kolleginnen und Assistenzzahnärztinnen in Weiterbildung, sondern auch für die Lehrstühle. So bin ich als einziger Mann auf einem
bayerischen Lehrstuhl für Kieferorthopädie sozusagen ein Minderheitenvertreter. Der hohe Frauenanteil hängt sicherlich mit der Vorstellung zusammen, dass die Kieferorthopädie unter den zahnärztlichen Fächern eher als „weiches“, sanftes Fach
gilt und wegen des hohen Kinderanteils unter den
Patienten Kieferorthopädinnen aufgrund einer höheren sozial-integrativen Kompetenz im Vorteil
seien. Hier schlagen sich möglicherweise noch traditionelle Geschlechtsrollenbilder nieder. Ich kann
mir aber vorstellen, dass langfristig der Frauenanteil in der Zahnmedizin und Medizin weiter steigt
und sich in den einzelnen Fachdisziplinen eher angleicht.
BZB: Die BLZK und die bayerischen Universitäten bieten ein berufsbegleitendes Curriculum in der KFO an.
Dieser „Bayerische Weg“ in der Weiterbildung hat als
liberales Modell einen sehr guten Ruf. Teilen Sie diese
Einschätzung?
Prof. Dr. Dr. Peter Proff: Ja, unbedingt. Seit das sogenannte Klinikjahr in der Kieferorthopädie durch
ein sehr gut strukturiertes Curriculum ersetzt wurde und die Weiterbildungsassistentinnen und Weiterbildungsassistenten zeitgleich zum Curriculum
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Vita Prof. Dr. Dr. Peter Proff
· Jahrgang 1971
Ausbildung und beruflicher Werdegang
· Studium der Medizin und Zahnmedizin an den Universitäten Frankfurt am Main und Würzburg
· 1999 bis 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
Klinik und Poliklinik für Herz-, Thoraxchirurgie der Universität Würzburg
· 2007 Habilitation und Leitender Oberarzt an der Poliklinik für Kieferorthopädie und Kinderzahnheilkunde
der Universität Greifswald
· 2008 Kommissarischer Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität Regensburg
· Seit 2009 Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie
der Universität Regensburg
Klinische Schwerpunkte
· Kieferorthopädische Kinder- und Erwachsenenbehandlung
· Interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit komplexen Kiefer- und Gesichtsfehlbildungen
Wissenschaftliche Schwerpunkte
· Orale Strukturbiologie und Biomechanik
· 3-D-Bildgebung unter besonderer Berücksichtigung
der Magnetresonanztechnologie
· Effizienzoptimierung von herausnehmbaren und festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen
in ermächtigten Praxen die volle Weiterbildungszeit ableisten können, haben begleitende Evaluationen gezeigt, dass Weiterbilder, Weiterbildungsassistenten und Universitäten gleichermaßen von
diesem Modell profitieren. Dabei kommt die wissenschaftliche Verankerung der praxisbezogenen
Ausbildung keineswegs zu kurz. Dies wird durch
die starke Einbindung der vier bayerischen Universitäten gewährleistet, die jeweils ihre Arbeitsschwerpunkte in die curriculare Weiterbildung einbringen
können. Von besonderer Wichtigkeit ist meines
Erachtens, dass dieser „Bayerische Weg“ nicht zu
einer quantitativen Steigerung der Zahl an ausgebildeten Fachzahnärzten führen darf, sondern zu
einer qualitativen Steigerung der Ausbildung.
BZB: Der wissenschaftliche Fortschritt in der Zahnmedizin ist rasant. Wo sind für Sie derzeit die spannendsten Entwicklungen auf dem Gebiet der KFO?
Prof. Dr. Dr. Peter Proff: Wie in den anderen zahnärztlichen Fächern auch, nehmen Materialforschung und Biomechanik wegen der relativ unmit-
telbaren Auswirkungen auf die Patientenbehandlung natürlich stets großen Raum ein. In den letzten Jahren haben sich allerdings weitere Perspektiven eröffnet, die aus wissenschaftlicher Sicht noch
weitaus spannender sind. Wir verdanken sie insbesondere den Fortschritten der Genetik sowie der
Molekular- und Zellbiologie. Sie versprechen in
Zukunft einerseits die Entstehung dentofazialer
Anomalien besser zu verstehen, indem auch nichtMendelsche beziehungsweise epigenetische Mechanismen berücksichtigt werden. Andererseits hilft
ein besseres Verständnis der gewebespezifischen
Anpassungsprozesse, die durch mechanische Einflüsse auf die molekularen Signale induziert werden, bei der Optimierung von Biomaterialien und
Behandlungsstrategien. Beispielhaft sei hier die Erforschung des sogenannten RUNX2-Gens genannt,
die seit Jahren einen Arbeitsschwerpunkt der Regensburger Kieferorthopädie bildet.
Schließlich sollen auch die dreidimensionalen
bildgebenden Verfahren nicht unberücksichtigt
bleiben. Insbesondere die Magnetresonanztechnologie wird künftig eine intensivierte kieferorthopädische und zahnärztliche Diagnostik ohne ionisierende Strahlenbelastung für den Patienten ermöglichen. Hier bestehen vielversprechende Möglichkeiten, eine kieferorthopädische Diagnostik ohne
ionisierende Strahlenbelastung insbesondere für
unsere jungen Patienten zu realisieren. Leider ist
es dahin wegen der hohen Entwicklungskosten und
derzeit hohen laufenden Kosten noch ein weiter
Weg.
BZB: Herr Professor Proff, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Isolde M. Th. Kohl.
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