Torsten Liem Praxis der Kraniosakralen

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Torsten Liem
Praxis der Kraniosakralen Osteopathie. Lehrbuch
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Praxis der Kraniosakralen Osteopathie. Lehrbuch
of Torsten Liem
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56
4
Os ethmoidale
Das unpaarige Os ethmoidale ist mitbeteiligt an der Bildung der Schädelbasis, der
mittleren Schädelgrube, der Nasenhöhlen und der Orbita sowie der mit diesen
Strukturen assoziierten Funktionen. Es ist Anheftungspunkt der anterioren Falx
cerebri und die zentrale Stelle für die Anlagerung des Gesichtsschädels. Aufgrund
seiner Verbindungsstellen zum Os frontale, Os sphenoidale, Maxilla usw. ist es bei
Dysfunktionen in diesen Bereichen von besonderer Bedeutung.
Die Atemluft wird durch die Nasenmuscheln des Os ethmoidale in die Riechregion und in die Atemwege geführt. Bei Affektionen der Nasennebenhöhlen
sollen sich nach Sutherland die Nasenmuscheln und die frontoethmoidalen Verbindungen in Expansion befinden [1].
Dysfunktionen
●
●
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●
●
Primäre Dysfunktionen
Sekundäre Dysfunktionen
Ossäre Dysfunktionen
Dysfunktionen an der Falx cerebri
Störungen der Nerven und Hirnanteile
Vaskuläre Störungen
Diagnostik
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Anamnese
Palpation des PRM-Rhythmus
Palpation der Flexions- und Extensionsbewegung
Palpation der Außen- und Innenrotationsbewegung
Mobilitätstest
Behandlung
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●
●
Intraossale Dysfunktionen
Flexionsdysfunktionen
Extensionsdysfunktionen
AR/IR-Dysfunktionen
Lamina cribrosa
Lamina perpendicularis
Massa lateralis
Drainage der Cellulae ethmoidales
Weitere Techniken
4.1
Lokalisation, Entstehung und Klinik osteopathischer Dysfunktionen am Os ethmoidale
● Primäre Dysfunktionen
▶ Intraossal: Das Siebbein besteht bei der Geburt aus zwei Massae laterales
und einer Lamina perpendicularis. Die Lamina perpendicularis verschmilzt
mit der Lamina cribrosa und vereinigt sich im 2. Lebensjahr mit den Siebbeinzellen. Bei intrauterinen Entwicklungsstörungen zwischen dem Präund Postsphenoid oder bei Ossifikationsstörungen zwischen dem KorpusAlae-minores-Komplex und den Alae-majores-Processus-pterygoideusKomplexen (Verknöcherung etwa 7. Lebensmonat) können Spannungen
auf die intraossale Organisation des Siebbeins übertragen werden.
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
4.1 Lokalisation, Entstehung und Klinik osteopathischer Dysfunktionen am Os ethmoidale 57
▶ Primär traumatisch: Ebenso können sich Geburtstraumata, Stürze, Schläge
oder andere Krafteinwirkungen insbesondere in früher Kindheit auf das
Siebbein auswirken. Dadurch kann es an den Suturen insbesondere zu einoder beidseitigen posterioren Verschiebungen der Incisura ethmoidalis
kommen. Die Folge ist eine Bewegungseinschränkung des Os ethmoidale
und Spannungen an der Falx cerebri.
● Sekundäre Dysfunktionen: Durch Dysfunktion des Os sphenoidale (bei SSBDysfunktionen), des Os frontale und der Maxilla, des Os zygomaticum oder
durch Spannungsübertragung über die Falx cerebri kann eine sekundäre
Bewegungseinschränkung des Os ethmoidale entstehen.
4.1.1
Ossäre Dysfunktionen
Entstehung. Insbesondere bei Dysfunktionen des Os sphenoidale, des Os
Sutura frontoethmoidalis
frontale und der Maxilla: Sutura sphenoethmoidalis, Sutura vomeroethmoidalis, Sutura ethmoidomaxillaris.
Ein Sturz median auf das Stirnbein verursacht Flexions- oder Extensionsdysfunktionen des Stirn- und Siebbeins. Einseitige Stürze auf das Stirnbein
führen hingegen zu Seitneigungs-Rotations-Dysfunktionen oder Lateralstrain-Dysfunktionen. Bei einer Seitneigungs-Rotations-Dysfunktion kommt
es auf der Seite der Konkavität zu einer Kompression der Schädelknochen.
Besonders anfällig für Dysfunktionen ist der Bereich, in dem die Lamina cribrosa
des Siebbeins mit der Incisura ethmoidalis des Stirnbeins artikuliert.
Weiter empfindliche Stellen. Sutura ethmoidonasalis, Sutura palatoethmoidalis, Sutura lacrimoethmoidalis, Sutura ethmoidoseptalis, Sutura ethmoidoconchalis
4.1.2
Dysfunktion an der Falx cerebri
Entstehung. Bei Dysfunktionen des Os ethmoidale (Crista galli), insbesondere
in Verbindung mit dem Os frontale (Sutura frontoethmoidalis)
Klinik/hypothetische Pathologie. Stauung im vorderen Teil des Sinus sagittalis superior mit Funktionsstörungen in den entsprechenden Hirnbereichen,
Schmerzen im homolateralen Auge
4.1.3
Nn. olfactorii
Störungen der Nerven und Hirnanteile
Entstehung. Bei Dysfunktionen des Os frontale und des Os ethmoidale, insbesondere in dem Bereich, in dem die Lamina cribrosa des Siebbeins mit der
Incisura ethmoidalis des Stirnbeins artikuliert
Klinik. Riechstörungen
N. ethmoidalis anterior und posterior
(beides Äste des
N. nasociliaris des
N. ophthalmicus V/1)
Entstehung. Siehe Nn. olfactorii
Klinik. Sensibilitätsstörung und Schmerzen der Schleimhaut und Haut der Nase
sowie der Schleimhaut der Keilbeinhöhle und der hinteren Siebbeinzellen
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
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4 Os ethmoidale
4.1.4
Vaskuläre Störungen
A. ethmoidalis anterior und posterior
Entstehung. Siehe Nn. olfactorii, S. 57
Klinik. Sinusitis, Rhinitis, allergische Rhinitis, Erkältung
A. ethmoidalis
anterior
Störungen der Schleimhaut der Siebbeinzellen und der Stirnhöhle sowie
Störungen der Nasenhöhle
A. ethmoidalis
posterior
Störungen der Schleimhaut der Siebbeinzellen und der Nasenhöhle
4.2
Diagnostik
Anamnese
Sinusitis, Rhinitis, allergische Rhinitis, Riechstörungen, gerötete Augen. Stets
vorhergegangene Traumata berücksichtigen
Palpation des PRM-Rhythmus
Biomechanisch, Inspirationsphase
● Das Siebbein bewegt sich in Flexion um eine transversale Achse unterhalb der
Lamina cribrosa, in der Mitte der Lamina perpendicularis.
● Der vordere Teil der Crista galli bewegt sich zusammen mit der Falx cerebri
nach superior, posterior.
● Der hintere Teil der Lamina cribrosa bewegt sich mit dem Keilbein nach
inferior.
● Der hintere Teil der Lamina perpendicularis bewegt sich mit dem Keilbein-
körper nach inferior, der vordere Teil nach superior.
● Der untere Teil der Siebbeinvorderfläche bewegt sich nach anterior.
● Der hintere Anteil der Siebbeinzellen bewegt sich vom Stirnbein und Ober-
kiefer kontrolliert nach lateral in die Außenrotation, wodurch sich die Nasenhöhlen öffnen.
Entwicklungsdynamisch, Inspirationsphase. Nach vorn und unten gerichtete Kraft
Wird durch die Palpation eine Bewegungseinschränkung entdeckt, kann der
Therapeut einen Impuls in die eingeschränkte Bewegungsrichtung induzieren.
Dadurch wird die Einschränkung deutlicher. Der Therapeut ist so leichter in der
Lage zu erfühlen, von welcher Struktur die Bewegungseinschränkung ihren
Ursprung nimmt.
Palpation der Flexions- und Extensionsbewegung (biomechanisch)
Die Beweglichkeit des Siebbeins in die Fexions- und Extensionsbewegung wird
über das Stirnbein und über die Nasenbeine getestet und behandelt (Abb. 4.1).
Patient
Therapeut
Handposition
In Rückenlage.
Er befindet sich seitlich am Kopfende des Patienten.
● Kraniale Hand: Der Mittel- oder Zeigefinger und der Daumen umfassen die
Alae majores.
● Kaudale Hand: Der Mittelfinger befindet sich unterhalb von Nasion (medialer Punkt der Sutura frontonasalis) auf der Sutura internasalis. Der Zeigefinger liegt auf der Glabella (zwischen den Augenbrauenbogen).
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
4.2 Diagnostik 59
E Abb. 4.1 Palpation der
Flexion und Extension des
Os ethmoidale.
Flexion
AR
E Abb. 4.2
AR
PRM-Inspirationsphase/biomechanisch.
Inspirationsphase des PRM, Norm (Abb. 4.2)
● Posterior (und superior) gerichtete Bewegung an der Glabella (Zeigefinger)
● Anterior gerichtete Bewegung an der Sutura internasalis (Mittelfinger)
Exspirationsphase des PRM, Norm
● Anterior (und inferior) gerichtete Bewegung an der Glabella (Zeigefinger)
● Posterior gerichtete Bewegung an der Sutura internasalis (Mittelfinger)
Der Therapeut vergleicht die Amplitude, die Kraft, die Leichtigkeit und die
Symmetrie der Siebbeinbewegungen. Es können während der Flexions-/Extensionsbewegung u. U. auch andere Arten von Siebbeinbewegungen auftreten:
Torsionen, laterale Verschiebungen, Seitneigungen. Diese geben einen Hinweis
auf weitere Dysfunktionen des Siebbeins.
Mobilitätstest
Handposition
Wie beschrieben (s. S. 58)
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
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4 Os ethmoidale
E Abb. 4.3
PRM-Inspirationsphase/entwicklungsdynamisch.
Wachstumsrichtung
der Nasenscheidewand: Vomer, Os
ethmoidale etc.
Synchondrosis
sphenobasilaris
E Abb. 4.4 Palpation der
Außen- und Innenrotation
des Os ethmoidale.
Ausführung
Während der Inspirationsphase des PRM
● Zu Beginn der Inspirationsphase gibt der Zeigefinger auf der Glabella einen
leichten Impuls nach posterior und kranial.
● Der Mittelfinger auf der Sutura internasalis erspürt als Reaktion auf diesen
Druck eine minimale Bewegung nach anterior (Flexionsbewegung des Siebbeins).
Während der Exspirationsphase des PRM
● Zu Beginn der Exspirationsphase gibt der Mittelfinger auf der Sutura inter-
nasalis einen leichten Impuls nach posterior.
● Der Zeigefinger auf der Glabella erspürt als Reaktion auf diesen Druck eine
minimale Bewegung nach anterior (Extensionsbewegung des Siebbeins).
Der Therapeut vergleicht die Amplitude und die Leichtigkeit der Bewegungen
bzw. die Kraft, die nötig ist, um eine Bewegung auszulösen.
Palpation der Außen- und Innenrotationsbewegung (biomechanisch)
Therapeut
Handposition
Die Beweglichkeit des Siebbeins in die Außen- und Innenrotation ist von der
Beweglichkeit des Stirnbeins und des Oberkieferknochens in die Außen- und
Innenrotation abhängig (Abb. 4.4). So kann die freie Beweglichkeit der Massae
laterales durch eine Innenrotations-Dysfunktion des Oberkieferknochens vermindert werden. Aus diesem Grund wird das Siebbein über das Stirnbein und
den Oberkieferknochen getestet und behandelt.
Er befindet sich am Kopfende des Patienten.
Die Hände sind nach kaudal gerichtet. Sie liegen beidseitig auf Stirnbein und
Oberkiefer.
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
4.3 Behandlung des Os ethmoidale 61
Ausführung
(Abb. 4.4)
● In der Inspirationsphase wird die Außenrotationsbewegung von Stirnbein
und Oberkieferknochen palpiert.
● In der Exspirationsphase wird die Innenrotationsbewegung von Stirnbein
und Oberkieferknochen palpiert.
● Die Aufmerksamkeit ist auf das Siebbein gerichtet.
Mobilitätstest
Der Unterschied zur Palpation des PRM-Rhythmus besteht nur darin, dass jetzt
die Außen- und Innenrotation von Stirnbein und Oberkieferknochen aktiv vom
Therapeuten induziert wird.
Der Therapeut vergleicht die Amplitude und die Leichtigkeit der Bewegungen
sowie die Kraft, die nötig ist, um eine Bewegung auszulösen.
Palpation des PRM-Rhythmus (entwicklungsdynamisch)
Therapeut und Handposition (s. S. 58)
Inspirationsphase des PRM, Norm (Abb. 4.3). Nach vorn und unten gerichtete Kraft
Exspirationsphase des PRM, Norm. Nach hinten und oben gerichtete Kraft
4.3
Behandlung des Os ethmoidale
Es sollten außerdem die SSB, das Stirnbein und der Oberkiefer untersucht und
ggf. behandelt werden.
4.3.1
Intraossale Dysfunktionen
Für den Erfolg intraossaler Techniken ist wichtig, dass alle suturalen Verbindungen des Siebbeins frei beweglich sind. Dazu dient die folgende Technik.
Dekompression der Schädelbasis
Therapeut
Handposition
Ausführung
(Abb. 4.5)
Er befindet sich am Kopfende des Patienten.
Frontookzipitale Schädelhaltung:
● Die obere Hand umfasst das Stirnbein, die Finger zeigen nach kaudal.
● Die untere Hand umgreift das Hinterhaupt, Finger zeigen nach kaudal.
● Die obere Hand übt am Stirnbein während der Inspirationsphase einen
sanften Impuls nach anterior aus, indem der Ellenbogen einen Druck in die
Liege ausführt.
E Abb. 4.5 Dekompression der Schädelbasis.
aus: Liem, Praxis der Kraniosakralen Osteopathie (ISBN 9783830473862) © 2010 Karl F. Haug Verlag
Torsten Liem
Praxis der Kraniosakralen Osteopathie.
Lehrbuch
617 pages, hb
publication 2010
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