14.05.2004 12:48 Uhr Seite 209 Die Institute 209_214_path.qxd Institut für Pathologie Institute of Pathology Neuherberg (Direktor / Director: Prof. Dr. Heinz Hoefler) ie Forschungsaktivitäten des Institutes konzentrieren sich auf die Entwicklung molekular-biologischer Verfahren und ihren Einsatz in Diagnostik und Prädiktion der Therapieresponse von Tumoren. Schwerpunkt dieser Forschungsarbeit ist weiterhin die Identifizierung neuer Marker und die Beziehung zwischen ihrer Expression und den histopathologischen Parametern. Da das Institut einerseits Zugang zu definierten Tumorkollektiven hat, andererseits ,high-throughput’ genomische Assays wie Expressions-Mikroarrays, Q-RT-PCR, FISH, CGH sowie Proteomic-Arrays und Immunohistochemie einsetzen kann, konzentrieren wir uns nun auf die Entwicklung diagnostischer Tools, die das Verhalten und das Potenzial eines Tumors individuell für jeden Patienten vorhersagen können. Am Jahresende waren im Institut 7 wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, 1 Nachwuchswissenschaftler und 3 sonderfinanzierte Wissenschaftler sowie 11 Techniker beschäftigt. D esearch in the Institute focuses on developing clinical molecular-biological tools for the diagnosis and prediction of therapy response, of tumours. The mainstay of our work continues to be the identification of new markers and linking their expression with histopathological parameters. The Institute has unparalleled access to both defined tumour collections and high-throughput genomic assays such as expression microarrays, Q-RT-PCR, FISH, and CGH, as well as proteomic arrays and immunohistochemistry. Using these, we have begun to concentrate on developing diagnostic tools that predict parameters of tumour behaviour and biology at the level of the individual patient, including predictive indicators of individual cancer susceptibility. At the end of the year, there were 7 scientists, 1 junior scientist, 3 scientists supported by grant funds, and 11 technicians at the Institute. R Links-Rechts-Asymmetrie Diese Untersuchung erfolgte in Zusammenarbeit mit Kollegen der GSF-IEG M. Hrabé de Angelis, G.K.H. Przemeck und J. Beckers. Die Bildung der Körperachsen ist während der frühen Embryonalentwicklung ein fundamentaler, bei Vertebraten während der Evolution konservierter Prozess. Für die geordnete Morphogenese der inneren Organe ist die Antero-posterior-Achse, die dorso-ventrale Achse und zusätzlich die Links-rechts-Achse notwendig. Gene, die für die normale Etablierung und Kontinuität einer Links-rechts-Asymmetrie notwendig sind, beinhalten z.B. Komponenten der TGF-ß-Familie, der interzellulären Signalmoleküle und Gene, die für die Etablierung des Primitivknotens und seiner MittellinienFunktion notwendig sind. Wir berichten, dass Notch-Signale für diese morphogenetischen Prozesse der Links-rechts-Prägung bei Mäusen notwendig sind. Wir zeigen, dass das Fehlen des Delta 1 (DII 1)-Genes einen Situs ambiguus-Phänotyp bewirkt, mit GSF 209 209_214_path.qxd 14.05.2004 12:48 Uhr Seite 210 50 µm 50 µm Abb. 1: Maus-Embryo am Embryonaltag (E) 7.5 und E 8.5. Beim Embryo E 7.5 ist der Primitivknoten im Scheitel (Kreis) des Embryonalkonus bereits etabliert. Der Embryo E 8.5 ist kurz vor der charakteristischen AP-Achsendrehung entgegen des Uhrzeigers und zeigt auf seiner Ventralseite den Primitivknoten (Kreis), der während der weiteren Entwicklung nach caudal wandert und gleichzeitig nach rostral die Notochorda etabliert. Die Notochorda, eine saitenförmige Struktur, spielt eine wichtige Induktionsrolle bei der Differenzierung der sagittalen und para-sagittalen Strukturen im embryonalen Körper. zufälliger Drehrichtung des Embryos und der Herzanlage. Die wahrscheinlichste Ursache dieses Links-rechts-Defektes in DII 1-Embryomutanten ist eine fehlerhafte Entwicklung der Mittellinienstrukturen (Abb. 1). Diese a anterior posterior +/+ Störung nimmt ihren Ursprung im Primitivknoten (Abb. 2), der bei DII 1-Embryomutanten deformiert und aufgebrochen ist. Basierend auf Expressionsanalysen bei normalen Embryonen und Mutanten, schlagen wir b anterior posterior –/– 10 µm Abb. 2: Raster-elektronenmikroskopische Aufnahmen (SEM) von Primitivknoten der Mausembryonen am E 8.5 (a) Wildtyp +/+ und (b) DII 1 -/-. Beim Wildtyp besteht der P-Knoten aus kleinen mesendodermalen Zellen, jede mit einer Monozilie, die Signalmoleküle transportieren kann. Homozygote DII 1Mutanten haben deformierte P-Knoten. Ihre Oberfläche ist aufgrund gestörter Differenzierung der Mesendoderm-Zellen aufgebrochen. Nur wenige dieser Zellen entwickeln eine Monozilie auf ihrer apikalen Oberfläche. 210 GSF 14.05.2004 12:48 Uhr Seite 211 hier ein Modell vor, bei dem Notch-Signale für eine fehlerfreie Differenzierung der Zellen des Primitivknotens und seiner Morphologie notwendig sind. Eine der ersten morphologischen Ereignisse während der Entwicklung, die zu einer Asymmetrie zwischen der linken und rechten Körperhälfte im Embryo führen, ist die Drehung der Herzschleife nach rechts. Während dieser Zeit dreht sich der U-förmige Embryo (Nager) um seine Antero-posterior +/+ (AP)-Achse entgegen des Uhrzeigers. Um die Bedeutung der DII 1-Funktion bei diesen Prozessen zu analysieren, untersuchten wir die Morphologie und Drehung der Herzanlage und die Drehung der Embryonen. 100 % der Wildtyp-Embryonen führen eine Drehung der Herzanlage nach rechts aus, nahe 50 % der Homozygoten DII 1-Embryonen drehen abnormal, entweder komplett oder inkomplett nach links. Als eine Konsequenz der Körperdrehung entgegen des Uhrzei- Die Institute 209_214_path.qxd –/– Abb. 3: Lage der vorderen und hinteren Körperhälfte zueinander am E 9.5 und Herzmorphologie E 10.5. Beim Wildtyp-Embryo (+/+) wächst die hintere Körperregion nach rechts, aufgrund der AP-Drehung entgegen des Uhrzeigers. Die DII 1-Mutanten (-/-) haben eine Verlagerung der hinteren Körperregion nach links. SEM-Bilder (a–c) einer normalen, komplett gedrehten Herzanlage (a), einer nicht vollständig gedrehten Herzanlage (b) und einer spiegelbildlich gedrehten Herzanlage (c) bei der der zukünftige Lungenventrikel (MA-Metampulla) auf der linken Seite ist und dementsprechend die Proampulla (PA) rechts liegt. GSF 211 209_214_path.qxd 14.05.2004 12:48 Uhr Seite 212 gers, wächst der hintere Embryobereich auf die rechte Seite (Abb. 3 A, links). Im Gegensatz dazu erfolgt bei DII 1-Mutanten die Körperdrehung bei nahezu 50 % im Uhrzeiger, und deren caudaler Körperteil wächst nach links (Abb. 3 A, rechts). Mit dem Raster-Elektronenmikroskop untersuchten wir die Morphologie der Herzentwicklung (Abb. 3 B a–c). 39 % der Embryomutanten drehten ihre Herzanlage vergleichbar dem Wildtyp komplett nach rechts, 18 % drehten nicht vollständig entweder nach rechts oder links, und 43 % der Mutanten drehten ihre Herzanlage spiegelbildlich zum Wildtyp komplett nach links. Trotz der umgekehrten Orientierung sind alle Bereiche wie Sinus venosus, Atrium, zukünftiger linker und rechter Ventrikel, Bulbus cordis und Truncus arteriosus vorhanden. Diese anatomische, spiegelbildliche Herzverlagerung konnten wir auf molekularer Ebene bestätigen. Wir analysierten die Expression des 6 HLH Transkriptions-Faktors Hand 1. Sie beginnt schon kurz vor der Implantation des Keimes und bleibt auf die Herzanlage und die Neuralleisten-Abkömmlinge beschränkt. In der Herzanlage beim Wildtyp ist Hand 1 in der Proampulla (zukünftiger linker Ventrikel) exprimiert und nur in einer beschränkten Region der Metampulla (zukünftiger rechter Ventrikel). Entsprechend der spielbildlichen Morphologie der Mutanten-Herzen war auch Hand 1 exprimiert. Zusammenfassend kann geschlossen werden, dass die Defekte in der Links-rechtsAchsenbildung bei DII 1-Embryo-Mutanten einmal aus dem gestörten Primitivknoten und zusätzlich gestörten Mittellinie resultieren. Veränderte Regulation von Cyclin D1 und p27 in Mantel-Zell-Lymphomen: Bedeutung für die Pathogenese und eine zielgerichtete Therapie Das Mantel-Zell-Lymphom (MCL) ist charakterisiert durch die Translokation t(11,14), die zu Desregulierung und Überexpression von Cyclin D1 führt. Ein hoher Gehalt an Cyclin D1 begünstigt eine Komplexbildung mit der cyclinabhängigen Kinase 4 (CDK4), was zum Einsetzen der CDK4-Kinaseaktivität führt. 212 GSF Die Aktivität dieser Kinase in Übereinstimmung mit der Aktivität der Cyclin E/CDK2Kinase ist entscheidend für die Phosphorylierung des Retinoblastom-Genproduktes, welche zur Freisetzung von E2F und andere Faktoren führt, die für eine Progression des Zellzyklus und Wachstums notwendig sind. Durch diese Kopplung ist die desregulierte Cyclin D1-Überexpression in MCL direkt an der Lymphombildung beteiligt. P27 ist ein CDK-Hemmer, der eine wesentliche Rolle in der Regulierung der G1/SProgression spielt und dessen Aktivität teilweise durch Interaktionen mit dem D-Typ-Cyclin reguliert wird. p27 scheint, in Übereinstimmung mit Cyclin D, ein Vermittler vieler wachstumshemmender (und -stimulierender) Signale in der Umgebung der Zelle zu sein. So erhöht sich zum Beispiel der freie p27-Gehalt, und die Zellen gehen in G1-Arrest als Antwort auf Serumentzug, Sauerstoffmangel und bestimmte Chemokine wie z.B. TGF-ß. In enger Kooperation mit dem Laboratory of Pathology am National Cancer Institute, Bethesda, USA, haben wir gezeigt, dass das Mantel-Zell-Lymphom einen relativ niedrigen Gehalt an immunhistochemisch nachweisbarem p27 hat, verglichen mit anderen B-Zell-Lymphomen mit ähnlichen Wachstumsraten. Es wird angenommen, dass diese Lymphome eine vergleichsweise hohe Ubiquitinierungsaktivität haben, die in den Abbau von p27 involviert zu sein scheint. Mittels Western-Blot und Co-Immunopräzipitation untersuchten wir Zusammenhänge zwischen Cyclin D1 und p27 in mehreren Cyclin D1-positiven lymphoiden Zelllinien und in primären MCL-Fällen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl in Zelllinien als auch in den Primärtumoren die Mehrheit des detektierbaren zellulären p27 als Komplex mit Cyclin D1 vorliegt und dass ein stöchiometrischer Überschuss des Cyclin D1 über p27 besteht. Diese Ergebnisse untermauern unsere Hypothese, dass Überschuss an Cyclin D1 in MCL zusätzlich zu seiner direkten Wirkung – die CDK4-vermittelte Rb-Phosphorylierung – auch agiert um erhöhte Level an p27 abzufangen (und möglicherweise auch von anderen CIP/KIPFamilienmitgliedern), was sich generell auf die Kontrolle des Zellwachstums auswirken 14.05.2004 12:48 Uhr Seite 213 Die Institute 209_214_path.qxd Pathogenesis of mantle cell lymphoma CDK4 D1 CDK4 D1 CDK4 CDK4 D1 D1 D1 D1 CDK4 D1 CDK4 D1 CDK4 P27 CDK4 D1 P27 CDK4 CDK4 D1 CDK4 D1 P27 CDK4 D1 P27 CDK4 D1 P P D1 CDK4 E2F Rb D1 CDK4 P CDK4 D1 P27 CDK2 E E2F P RB p27Kip1 Increased degradation of p27Kip1 ? P Rb P P Activation of transcriptional genes required for G1/S Abb. 4: Hypothetisches Modell der Wirkung einer Cyclin D1-Überexpression in Mantel ZellLymphomen. Der Cyclin D1/cyclinabhängige Kinase (CDK) 4 Komplex bewirkt Phosphorylierung des Retinoblastoma-Proteins (RB). Dies führt zur Freisetzung des E2F-Transkriptionsfaktors, der wiederum eine Progression des Zellzyklus in die S-Phase bewirkt. Der CDK Inhibitor p27 ist gebunden und wird zurückgedrängt durch den erhöhten Gehalt an Cyclin D1, so dass dadurch seine inhibitorische Wirkung auf Cyclin E verloren geht. würde. Dies ist von wesentlicher Bedeutung für das Verstehen des Entstehungsmechanismus von Mantel Zell-Lymphomen und für die Entwicklung neuer Therapieansätze. Unsere Hypothese geht davon aus, dass therapeutische Ansätze, den Cyclin D1Gehalt zu erniedrigen oder die Konzentration des freien p27 zu erhöhen, einen bedeutenden therapeutischen Schritt darstellen könnten. Zusammenarbeit Der Leiter des Instituts ist o. Univ.-Professor für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Technischen Universität München. Außerdem lehren drei Mitarbeiter des Instituts an der Technischen Universität und eine Mitarbeiterin an der Universität Innsbruck. Mitarbeiter des Instituts lehren an der Universität London MSc Kurs „Radiation biology“ und sind Gründungsmitglieder des Europäischen ‚on-line Pathologie Atlas der Maus‘ „PATHBASE“. Es bestehen Kooperationen mit der Technischen Universität München sowie mit nationalen Forschungseinrichtungen innerhalb der HGF und mit internationalen Partnern innerhalb des 5. und 6. Rahmenprogramms der EU. Drittmittelprojekte sind durch die DFG, Bayerische Forschungsstiftung, Wilhelm-Sander-Stiftung, Deutsche Krebshilfe und die Europäische Union gefördert. GSF 213 209_214_path.qxd 14.05.2004 12:48 Uhr Seite 214 Ausgewählte Veröffentlichungen Przemeck, G.K.H., Heinzmann, U., Beckers, J., Hrabé de Angelis, M.: Node and midline defects are associated with left-wing development in Delta1 mutant embryos. Development 130, 3-13 (2003) Massberg, S., Gawaz, M., Grüner, S., Schulte, V., Konrad, I., Zohlnhöfer, D., Heinzmann, U., Nieswandt, B.: A crucial Role of Glycoprotein VI for Platelet Recruitment to the Injured Arterial Wall In Vivo. Journal of Experimental Medicine 197, 1, 41-49 (2003) Daldrup-Link, H. E., Rudelius, M., Oostendorp, R. A. J., Settles, M., Piontek, G., Metz, S., Rosenbrock, H., Keller, U., Heinzmann, U., Rummeny, E. J., Schlegel, J., Link, T. M.: Targeting of Hematopoietic Progenitor Cells with MR Contrast Agents. Radiology 228, 760-767 (2003) 214 GSF Quintanilla-Martinez, L., Davies-Hill, T., Fend, F., CalzadaWack, J., Sorbara, L., Campo, E., Jaffe, E., Raffeld, M.: Sequestration of p27KIP1 protein by caclin D1 in typical and blastic variants of mantle cell lymphomas (MCL): Implications for pathogenesis. Blood 101, 8, 3181-3187 (2003) Quintanilla-Martinez, L., Kremer, M., Specht, K., CalzadaWack, J., Schaich, R., Nathrath, M., Höfler, H., Fend, F.: Analysis of signal transducer and activator of transcription 3 (Stat 3) pathway in multiple myeloma. American Journal of Pathology. 162, 5, 1449-1461 (2003)