2. Mechanik

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2. Mechanik
2.1 Kinematik
Die Kinematik beschäftigt sich mit der Beschreibung
von Bewegungen ohne dabei deren Ursachen zu
hinterfragen.
Zur Vereinfachung der Betrachtungen sei die Position
der sich bewegenden Gegenstände durch die Angabe
der Koordinaten eines Punktes beschreibbar.
Einen Gegenstand mit dieser Eigenschaft nennt man
–
–
Teilchen oder
Massenpunkt
und meint damit einen idealisierten Körper dessen
Masse in einem Punkt konzentriert ist.
2.1.1 Bewegung in einer Dimension
Von eindimensionalen Bewegungsabläufen spricht
man, wenn die Bewegung entlang einer geraden Line
verläuft.
Beispiel:
Ein Auto das auf einer ebenen, geraden und schmalen
Straße fährt.
Durchschnittsgeschwindigkeit
Anschaulich ist die Durchschnittsgeschwindigkeit
definiert durch
zurückgelegte Strecke
Durchschnittsgeschwindigkeit =
benötigte Zeit
Beispiel:
Ein Fahrzeug legt in 5 Stunden 200 km zurück.
200km
km
⇒ v=
= 40
5h
h
oder in SI-Einheiten
1000 m
1 m
v = 40 ⋅
= 11 9
3600 s
s
Bei der Bestimmung der Durchschnittsgeschwindigkeit
wird die Richtung der Bewegung üblicherweise nicht
berücksichtig.
Zur Vorbereitung auf mehrdimensionale Bewegungen
soll im folgenden die Richtung mit einbezogen werden.
Hierzu führt man auf der Fahrstrecke ein Koordinatensystem ein.
∆x
0
x1 = x(t1 )
x2 = x(t 2 )
Fahrstrecke x(t )
Die Positionsveränderung des Massenpunktes nennt
man Verschiebung ∆x mit
∆x = x2 − x1
Mit dem Zeitintervall
∆t = t 2 − t1
ergibt sich die Durchschnittsgeschwindigkeit zu
∆x x2 − x1
v=
=
∆t t 2 − t1
Verschiebung und Durchschnittsgeschwindigkeit
können sowohl
– positive Werte, d.h. x2 > x1 ⇒ Bewegung nach rechts
als auch
– negative Werte, d.h. x2 < x1 ⇒ Bewegung nach links
annehmen.
Beispiel: Ein Fußgänger sei zu den Zeiten
t1 = 2s und t 2 = 7s am Ort
x1 = x(t1 ) = 20m und x2 = x(t 2 ) = 12m
∆x 12m − 20m − 8m
=
= −1,6 ms = −5,76 km
=
⇒v=
h
7s − 2s
5s
∆t
Beispiel: Ein Radfahrer sei zu den Zeiten
t1 = 5s, t 2 = 10s und t3 = 12s am Ort
x1 = 20m, x2 = 50m und x3 = 41m
mit Vorzeichen (physikalische Herangehensweise)
∆x = ( x3 − x2 ) + ( x2 − x1 ) = x3 − x1 
∆x 21m
=
= 3 ms
 v=
∆t = (t3 − t 2 ) + (t 2 − t1 ) = t3 − t1
∆t
7s

ohne Vorzeichen (Alltagsverständnis)

s 39m
4
v
=
=
=
5

7
∆t
7s
∆t = (t3 − t 2 ) + (t 2 − t1 ) = t3 − t1 
s = x3 − x2 + x2 − x1
m
s
Geometrische Deutung der Durchschnittsgeschwindigkeit
Weg-Zeit-Diagramm
x
∆t = t 2 − t1
P2 = (t 2 , x2 )
x2
x2'
x1
(
P2' = t 2' , x2'
)
∆x = x2 − x1
ϕ
P1 = (t1 , x1 )
t1
t 2'
t2
t
Die Durchschnittsgeschwindigkeit entspricht der Steigung
der Geraden (Sekante)
∆x
m=
= tan ϕ
∆t
durch die Punkte P1 = (t1 , x1 ) und P2 = (t 2 , x2 ) .
Die Durchschnittsgeschwindigkeit hängt bei nicht konstanter Geschwindigkeit von der Wahl des Zeitintervalls
ab, z.B. gilt für die vorangegangene Abbildung
v p1 , p2 < v p
'
p
1, 2
Momentangeschwindigkeit
x
P2''
'''
2
P
∆x
P2'
P2
P2''''
''
∆ x ' ∆ x ∆ x '''
∆ x ''''
P1
t 2''''
t1
Tangente an P1
t 2'''
t 2''
t 2'
t2
t
∆ t ''''
∆ t '''
∆ t ''
∆t '
∆t
Die Momentangeschwindigkeit für einen bestimmten
Zeitpunkt ist die Steigung der Tangente an die WegZeit-Kurve in diesem Punkt.
Demzufolge kann die Momentangeschwindigkeit
mathematisch durch den Grenzwert
∆x
v = lim
∆t →0 ∆t
ausgedrückt werden.
Der Grenzwert wird in der Differentialrechnung als
Ableitung von x nach t bezeichnet und durch
∆x dx
=
= x&
v = lim
∆t →0 ∆t
dt
symbolisiert.
Entsprechend der Steigung
dx
≥0
x
dt
oder
dx
<0
dt
kann die Momentangeschwindigkeit
v≥0
oder
v<0
sein.
v<0
v=0
v>0
v=0
v<0
t
Ableitung der Potenzfunktion
Die Potenzfunktion ist definiert durch
n
x = C ⋅t
wobei C ∈ und n ∈ beliebige Konstanten sind.
Die Ableitung von x nach t lautet
dx d
n
n −1
=
C ⋅t = n ⋅C ⋅t
dt dt
Beispiel:
dx
n = 1:
x = C ⋅t ⇒
=C
dt
dx
2
n = 2:
x = C ⋅t ⇒
= 2⋅C ⋅t
dt
(
)
Beweis für n = 1
dx
x(t + ∆t ) − x(t )
= lim
dt ∆t →0
∆t
C ⋅ (t + ∆t ) − C ⋅ t
C ⋅ ∆t
= lim
= lim
=C
∆t →0
∆t →0 ∆t
∆t
und n = 2
2
dx
x(t + ∆t ) − x(t )
C ⋅ (t + ∆t ) − C ⋅ t 2
= lim
= lim
∆t →0
∆t
∆t
dt ∆t →0
2
2
2
C ⋅ t + 2 ⋅ C ⋅ t ⋅ ∆t + C ⋅ (∆t ) − C ⋅ t
= lim
∆t →0
∆t
= lim 2 ⋅ C ⋅ t + C ⋅ ∆t = 2 ⋅ C ⋅ t
∆t →0
Weg-Zeit-Diagramm
Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm
v
x
m
x = 10 sm2 t 2
v3 > v2 > v1
600
t2
200
t1
2
s
v = x& = 20 sm2 ⋅ t
120
t3
400
m
v3 = 120 ms
80
v2 = 80 ms
40
v1 = 40 ms
4
6
8
t
s
2
4
6
8
t
s
Durchschnittbeschleunigung
Massenpunkte deren Momentangeschwindigkeit sich
mit der Zeit ändert unterliegen einer Beschleunigung.
Die Durchschnittsbeschleunigung ist definiert als
Durchschnittsbeschleunigung =
Geschwindigkeitsänderung
benötigte Zeit
und kann mathematisch durch
∆v v(t 2 ) − v(t1 ) v2 − v1
=
=
a=
∆t
t 2 − t1
t 2 − t1
ausgedrückt werden.
Geometrische Deutung der Durchschnittsbeschleunigung
Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm
v
∆t = t 2 − t1
P2 = (t 2 , v2 )
v2
∆v = v2 − v1
P1 = (t1 , v1 )
v1
t1
t2
t
Die Durchschnittsbeschleunigung entspricht der
Steigung der Geraden die durch die Punkte
P1 = (t1 , v1 ) und P2 = (t 2 , v2 ) geht.
Die Durchschnittsbeschleunigung hängt bei
zeitabhängiger Beschleunigung von der Wahl
des Zeitintervalls ab.
Momentanbeschleunigung
v
Tangente an P1
P2
∆v
∆v '
∆ v '' ∆ v ''' ∆ v ''''
P2'
P1
t1
P2''''
∆t
''''
P2'''
t 2''''
P2''
t 2''
t 2'''
∆ t '''
∆ t ''
∆t '
∆t
t 2'
t2
t
Für einen bestimmten Zeitpunkt ist die Momentanbeschleunigung durch die Steigung der Tangente an
die Geschwindigkeit-Zeit-Kurve in diesem Punkt
gegeben.
Die Momentanbeschleunigung ergibt sich mathematisch als Grenzwert
∆v
a = lim
∆t →0 ∆t
und somit als die Ableitung der Geschwindigkeit v
oder als die zweite Ableitung des Ortes x nach der
Zeit, d.h.
dv d  dx  d 2 x
a = v& =
=   = 2 = &x&
dt dt  dt  dt
Beispiel:
Ein Auto beschleunige in 5s von 0km/h auf 90km/h.
Wie groß ist die Durchschnittsbeschleunigung?
Mit 1 m/s = 3,6 km/h gilt
∆v 90 km/h 1 m/s
a=
=
⋅
= 5 sm2 ≈ 12 g
∆t
5s
3,6 km/h
wobei g die Erdbeschleunigung angibt.
Übungsaufgabe 1
Bewegung mit konstanter Beschleunigung
Aus dem vorangegangenen ist bekannt
differenzieren
differenzieren
x(t )   → v(t )   → a (t )
Gesucht ist nun die Umkehrung
a(t ) integriere
 n → v(t ) integriere
 n → x(t )
Integration
Die Beschleunigung a (t ) sei bekannt. Ziel ist es nun eine
Geschwindigkeit v(t ) zu finden, deren Ableitung der
Beschleunigung a (t ) entspricht.
v(t ) bezeichnet man dann auch als Stammfunktion von a (t ) .
Bei konstanter Beschleunigung a (t ) ≡ a gilt
dv
=a
dt
und damit für die Geschwindigkeit
v = v0 + a ⋅ t
da
dv dv0 d (a ⋅ t )
=
+
,
dt {
dt 12
dt3
0
a
wobei v0 eine Konstante ist, die die Anfangsgeschwindigkeit zur Zeit t = 0 angibt.
Da die Ableitung des Ortes x(t ) die Geschwindigkeit
dx
= v = v0 + a ⋅ t
dt
ergibt, kann bei analoger Vorgehensweise wie zuvor
1
x = x0 + v0 ⋅ t + a ⋅ t 2
2
gefunden werden, da
(
)
dx dx0 d (v0 ⋅ t ) 1 d a ⋅ t 2
=
+
+
dt {
dt 1
dt4
2 42
dt4
42
3 1
3
0
v0
a⋅t
Anfangsbedingungen
Die als Integrationskonstanten bezeichneten
Konstanten x0 und v0 sind durch den Ort und die
Geschwindigkeit des Massenpunktes zu einem
bestimmten Anfangszeitpunkt, z.B. bei t = 0
gegeben.
Anfangswertproblem
Gegeben sei a (t ) bestimme x(t ) .
Stammfunktion der Potenzfunktion
Die Stammfunktion von
f (t ) = C ⋅ t n
mit a ∈ R und n ∈ Z \ {− 1} lautet
C n +1
F (t ) =
t +D
n +1
Beispiel:
C 4
C 5
a (t ) = C ⋅ t ⇒ v(t ) = t + D ⇒ x(t ) =
t + D ⋅t + E
4
20
3
Konstante Beschleunigung
•
kommt in der Natur häufig vor, z.B. Gegenstände
fallen mit einer konstanten Erdbeschleunigung
m
g = 9,81 2
s
nach unten (Luftwiderstand vernachlässigen).
•
die Steigung der Geschwindigkeit-Zeit-Kurve ist
konstant, d.h. die Geschwindigkeit nimmt linear
mit der Zeit zu.
Zur Zeit t = 0 befinde sich der Massenpunkt am Ort
x0 und besitze die Geschwindigkeit v0 .
Abhängigkeit der Geschwindigkeit von der Zeit bei
konstanter Beschleunigung
v = x0 + a ⋅ t
Abhängigkeit des Ortes von der Zeit bei konstanter
Beschleunigung
1
x = x0 + v0 ⋅ t + a ⋅ t 2
2
Durchschnittsgeschwindigkeit bei konstanter
Beschleunigung
∆x x − x0
v=
=
t −0
∆t
v = v0 + a ⋅ t
v0 ⋅ t + 12 a ⋅ t 2
=
v
t
1
= v0 + a ⋅ t
v
2
1
v0
= v0 + (v − v0 )
2
t
0
1
= (v0 + v )
2
Abhängigkeit der Geschwindigkeit vom Ort bei
konstanter Beschleunigung
Aus
1
x = x0 + v0 ⋅ t + a ⋅ t 2
2
folgt nach einsetzen von
v − v0
t=
, da v = v0 + a ⋅ t ,
a
der Ausdruck
2
v − v0 1  v − v0 
+ a
x = x0 + v0

2  a 
a
Multiplizieren mit a auf beiden Seiten liefert
1
2
a ⋅ x = a ⋅ x0 + v0 (v − v0 ) + (v − v0 )
2
1 2
2
= a ⋅ x0 + v0 ⋅ v − v0 + (v − 2v ⋅ v0 + v02 )
2
1 2 2
= a ⋅ x0 + (v − v0 )
2
und nach v aufgelöst schließlich
v 2 = v02 + 2 a ( x − x0 ) = v02 + 2 a ⋅ ∆x
Übungsaufgabe 2
2.1.2 Bewegung in zwei oder drei Dimensionen
Geschwindigkeitsvektor
Ein Massenpunkt bewege sich entlang einer
beliebigen Kurve (Trajektorie) im Raum
y
y1
P1 = ( x(t1 ), y (t1 ))
= ( x1 , y1 )
∆s
r r r
∆r = r2 − r2
r
r1
P2 = ( x(t 2 ), y (t 2 ))
y2
= ( x2 , y 2 )
r
r2
x1
x2
x
Ortsvektor
r r r
r
r
r
r
r = x ex + y e y + z ez , wobei die Vektoren ex , e y , ez
y
die Einheitsvektoren in einem rechtwinkligen Koordinatensystem bezeichnen.
r
r
ry = y e y
y
r
r
r
r
r = x ex + y e y + z ez
r
ey
r
ez
z
r
ex
x
r
r
rx = x ex
z
r
r
rz = z ez
x
Vektoraddition
r r
r
r
r
r
r
r
r1 + r2 = (x1 ex + y1 e y + z1 ez ) + (x2 ex + y2 e y + z 2 ez )
r
r
r
= ( x1 + x2 ) ex + ( y1 + y2 ) e y + ( z1 + z 2 ) ez
Hierbei sind
r
r
r
r
r1 = x1 ex + y1 e y + z1 ez
r
r
r
r
= r (t1 ) = x(t1 ) ex + y (t1 ) e y + z (t1 ) ez
und
r
r
r
r
r2 = x2 ex + y2 e y + z 2 ez
r
r
r
r
= r (t 2 ) = x(t 2 ) ex + y (t 2 ) e y + z (t 2 ) ez
die Ortsvektoren an die Trajektorie zu den Zeitpunkten t1 und t 2 .
Der Verschiebungsvektor ist die Differenz der beiden
Ortsvektoren, d.h.
r r r
r
r
r
∆r = r2 − r1 = ∆x ex + ∆y e y + ∆z ez
r
r
r
= ( x2 − x1 ) ex + ( y2 − y1 ) e y + ( z 2 − z1 ) ez
Vektor der Durchschnittsgeschwindigkeit
r
Das Verhältnis zwischen Verschiebungsvektor ∆r
und Zeitintervall ∆t = t 2 − t1 entspricht der vektorwertigen Durchschnittsgeschwindigkeit, d.h.
r ∆rr ∆x r ∆y r ∆z r
r
r
r
v=
ex +
ey +
=
ez = v x ex + v y e y + v z ez
∆t ∆t
∆t
∆t
Vektor der Momentangeschwindigkeit
r
∆t → 0 ⇒ ∆r = ∆s
r
und die Richtung von ∆r nähert sich der Richtung
der Tangente im Punkt P1
Bild
Die vektorwertige Momentangeschwindigkeit ist
definiert als Grenzwert der vektorwertigen Durchschnittsgeschwindigkeit für ∆t gegen null, d.h.
r
r
∆r
 ∆x r ∆y r ∆z r 
v = lim
ex +
ey +
ez 
= lim 
∆t →0 ∆t
∆t →0 ∆t
∆t
∆t 

∆x r
∆y r
∆z r
ex + lim
e y + lim
ez
= lim
∆t →0 ∆t
∆t →0 ∆t
∆t →0 ∆t
dx r dy r dz r
ex +
e y + ez
=
dt
dt
dt
r
r
r
r dr r&
= x& ex + y& e y + z& ez =
=r
dt
Betrag der Momentangeschwindigkeit
r
2
2
2
r dr
 dx   dy   dz 
v =
=   +  + 
dt
 dt   dt   dt 
=
(dx )2 + (dy )2 + (dz )2
dt
ds
=
dt
wobei s den entlang der Kurve zurückgelegten Weg
angibt.
Bild
r
∆r =
(∆x ) + (∆y ) + (∆z )
2
2
2
≈ ∆s
Übungsaufgabe 3
Beschleunigungsvektor
Vektor der Durchschnittsbeschleunigung
Die vektorwertige Durchschnittsbeschleunigung ist definiert
alsrdas Verhältnis aus Momentangeschwindigkeitsänderung
∆v und Zeitintervall ∆t , d.h.
r r r r
r
r ∆v v2 − v1 v (t 2 ) − v (t1 )
=
=
a=
t 2 − t1
∆t t 2 − t1
Vektor der Momentanbeschleunigung
Die vektorwertige Momentanbeschleunigung ergibt sich als
Grenzwert der Durchschnittsbeschleunigung für ∆t → 0 zu
r
r
r
r
r
v (t + ∆t ) − v (t ) dv r&
∆v
a = lim
=
=v
= lim
∆t →0 ∆t
∆t →0
dt
∆t
Mit
r
r
r
r
v = v x ex + v y e y + v z ez
r
r
r
dx r dy r dz r
ex +
e y + ez = x& ex + y& e y + z& ez
=
dt
dt
dt
ergibt sich die Momentanbeschleunigung zu
r dv x r dv y r dv z r
ez
ex +
ey +
a=
dt
dt
dt
r
r
r
d 2x r d 2 y r d 2z r
= 2 ex + 2 e y + 2 ez = &x& ex + &y& e y + &z& ez
dt
dt
dt
Von Beschleunigung spricht man, wenn
–
–
der Betrag und/oder
die Richtung
des Geschwindigkeitsvektors variiert.
Ein wichtiges Beispiel für eine beschleunigte Bewegung mit einer Geschwindigkeit von konstantem
Betrag und variierender Richtung ist die gleichförmige Kreisbewegung.
Übungsaufgabe 4
Wurfbewegungen
Das wichtigste
vx 
→
Merkmal der
Wurfbewegung
ist, dass die horizontalen
und vertikalen Komponenten unabhängig voneinander sind.
∆t
2∆t
3∆t
4∆t
Schräger Wurf
Wir betrachten die Bewegung eines Balls in einem
Koordinatensystem mit horizontaler x -Achse und
vertikaler y -Achse.
Für die Komponenten des Beschleunigungsvektors gilt
ax = 0
und a y = − g
( g =Erdbeschleunigung)
Der Ball werde
im
Ursprung
mit
der
Anfangsgeschwinr
digkeit v0 = | v0 | und einem Winkel ϕ zur horizontalen
abgeworfen. Der Vektor der Anfangsgeschwindigkeit
besitzt dann die Komponenten
v0 x = v0 cos ϕ
und
v0 y = v0 sin ϕ .
Aus a x = 0 folgt
v x = v0 x
Für die y -Komponente erhält man mit a y = − g
v y = v0 y + a ⋅ t = v0 y − g ⋅ t
Die Komponenten der Verschiebung lauten
∆x = v0 x ⋅ t
(x = x0 + v0 x ⋅ t )
1
∆y = v0 y ⋅ t − g ⋅ t 2
2
1

2
 y = y0 + v0 y ⋅ t + a y ⋅ t 
2


Übungsaufgabe 5
Die allgemeine funktionale Abhängigkeit zwischen y
und x , d.h. y (x) , ergibt sich durch Einsetzen von
∆x
(∆x = v0 x ⋅ t )
t=
v0 x
in
1
∆y = v0 y ⋅ t − g ⋅ t 2
2
zu
2
 ∆x  1  ∆x 
 − g 

∆y = v0 y 
 v0 x  2  v0 x 
bzw.
 v0 y 
1 g 
 ( x − x0 ) −  2  ( x − x0 )2
y = y0 + 
2  v0 x 
 v0 x 
y
m
50
40
r
vy ey
r
vx ex
r
vy ey
r
vx ex
r
vy ey
30
r
vx ex
r
vx ex
20
r
vy ey
r
vy ey
10
r
vx ex
40
r
vx ex
80
120
160
200
240
r
vy ey
x
m
Reichweite eines Projektils
Für den Spezialfall identischer Anfangs- und Endhöhe kann eine allgemeine Formel für die Reichweite
hergeleitet werden.
x0 = 0, y0 = 0, y = 0
 v0 y 
1  g  2  v0 y  1  g  
 x −  2  x = 
 −  2  x  x
⇒ 0 = 
2  v0 x 
 v0 x 
 v0 x  2  v0 x  
Lösungen der quadratischen Gleichung sind x = 0
(Anfangsbedingung) und
v0 x v0 y
 v0 y  1  g 
v02x v0 y
 −  2  x ⇒ x = 2
0 = 
⋅
=2
g v0 x
g
 v0 x  2  v0 x 
Einsetzen von
v0 x = v0 cos ϕ
und
v0 y = v0 sin ϕ
sowie umbennen von x in die Reichweite R liefert
2v02 sin ϕ cos ϕ
R=
.
g
Nach Ausnutzen des Additionstheorems
sin (ϕ1 + ϕ 2 ) = sin ϕ1 cos ϕ 2 + sin ϕ 2 cos ϕ1
für ϕ1 = ϕ 2 = ϕ , d.h. sin (2ϕ ) = 2 sin ϕ cos ϕ erhält
man schließlich
v02
R = sin (2ϕ ) .
g
Aufgrund von
sin (2(45° − ∆ϕ )) = sin (2(45° + ∆ϕ ))
ist die Reichweite von Projektilen identisch, wenn ihr
Abwurfwinkel um denselben Winkel nach oben oder
unten von 45° abweicht.
y
1'
2'
3'
3
2
1
x
Liegt der Auftreffpunkt eines Projektils niedriger als
der Abwurfpunkt, so wird die Reichweite bei einem
Winkel maximal, der kleiner als 45° ist.
y
45° Wurfparabel
flachere Wurfparabel
Anfangshöhe
x
Kreisbewegungen
Zentripetalbeschleunigung
Ein Satellit bewege sich mit der
Geschwindigkeit
v auf einer Kreisbahn mit dem Radius r um die Erde.
P1 , t = 0
v ⋅t
r
P2 '
P2 , t
r
h
•
Ohne Zentripetalbeschleunigung würde sich der
Satellit in der Zeit t von Punkt P1 nach P2 bewegen.
•
Aufgrund der Beschleunigung bleibt der Satellit
auf der Kreisbahn und erreicht in der Zeit t den
Punkt P2 ', d.h. der Satellit „ fällt“ gewissermaßen
um die Strecke h in Richtung des Kreismittelpunkts zurück.
•
Ursache dafür ist die Zentripetalbeschleunigung,
die im folgenden hergeleitet wird.
Aus der vorangegangenen Abbildung entnimmt man
2
2
(r + h ) = (vt ) + r 2
r 2 + 2 r h + h 2 = v 2t 2 + r 2
h (2r + h ) = v 2t 2
Da für sehr kleine t auch h sehr klein und somit
h << r ist, kann h gegenüber r in der Klammer
vernachlässigt werden, so dass
2rh ≈ v 2t 2
oder nach h umgeformt
1  v2  2
h ≈   t
2 r 
gilt.
Da der Satellit auf einer Kreisbahn gehalten wird,
muss andererseits eine betragsmäßig konstante zum
Kreismittelpunkt gerichtete Beschleunigung vorliegen, d.h.
1
h = a zp t 2
2
Gleichsetzten der beiden Gleichungen liefert schließlich nach Umformen den Betrag der Beschleunigung
v2
a zp =
r
(bei Verdoppelung von v bzw. r vervierfacht bzw. halbiert
sich die Beschleunigung)
Übungsaufgabe 6
Allgemeine Herleitung der Zentripetalbeschleunigung
P1
r
∆r
r
r1
∆s
P2
∆ϑ
∆ϑ
r
v1
r
v2
r
r2
r
v2
r
v1
r
∆v
r
r
Der Geschwindigkeitsvektor v1 bzw. v2 steht im Punkt
r
r
P1 bzw. P2 senkrecht auf dem Ortsvektor r1 bzw. r2 ,
r r
r
r
d.h.
r v1 ⊥rr1 und v2 ⊥ r2 .
( v1 bzw. v2 ist Tangente an den Kreis im Punkt P1 bzw. P2 )
r r
r r
⇒ ∆ϑ = ∠ (r1 , r2 ) = ∠ (v1 , v2 )
Somit gilt
r
∆r
r
∆v
∆s
∆ϑ =
≈
=
r
r
v
r r
wobei r = r1 = r2 den Radius des Kreises und
r
r
v = v1 = v2 den Betrag der Geschwindigkeit
bezeichnet.
Beachtet man noch, dass
∆s = v ⋅ ∆t
so erhält man
r
∆v
v ⋅ ∆t
∆ϑ =
≈
r
v
oder
r
∆v
v2
≈
∆t
r
oder nach Grenzübergang
r
∆v
v2
a zp = lim
=
∆t → 0 ∆t
r
Tangential- und Normalbeschleunigung
r
v
y
r
at
r
a x ex
r
r
r
a y ey
r
a
r
an
r
ey
r
ex
x
Die Bewegung eines Massenpunktes auf einer beliebigen Bahn kann abschnittsweise, d.h. in kurzen Zeitintervallen, als Bewegung auf Kreisbögen aufgefasst
werden.
Der Vektor der Momentanbeschleunigung kann alterr
a x ex
nativ zur
r kartesischen Komponentendarstellung
r
und a y e y in die normal Komponente an mit dem Betrag
r
r
r
v2
v= v , r= r
an = an = ,
r
und die Tangentialkomponente, die die zeitliche Veränderung des Betrages der Geschwindigkeit beschreibt,
r
d v dv
at =
=
dt
dt
zerlegt werden.
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