Philosophische Fakultät Institut fürfür Philosophie, Lehrstuhl fürfür Theoretische Philosophie, Holm Bräuer M.A. Philosophische Fakultät Institut Philosophie, Lehrstuhl Theoretische Philosophie, Holm Bräuer M.A. 6. Philosophie des Geistes Problembereiche Ontologie Körper-Geist-Problem Erkenntnistheorie Priorität der ersten Person Problem des Fremdpsychischen Wissenschaftstheorie Problem der Methodologie Status psychophysischer Gesetze Sprachphilosophie Problem der Bedeutung mentaler Begriffe Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 421 1 Das Leib-Seele-Problem Gibt es neben den physischen Dingen auch noch immaterielle, geistige Entitäten, die die Träger mentaler Eigenschaften sind? Substanz-Dualisten: Ja, es gibt immaterielle, geistige Substanzen und diese sind die Träger psychischer Eigenschaften. Der Geist beeinflusst den Körper (Handlungen) und der Körper den Geist (Wahrnehmungen). In welchen Verhältnis stehen die beiden verschiedenen Entitäten? Physikalisten: Es gibt nur physische Gegenstände. Mentale Prädikate treffen, wenn überhaupt, nur auf physische Gegenstände zu. Wenn es nur physische Entitäten gibt, wie lässt sich dann das Bewusstsein physikalisch erklären? Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 422 Geist und Welt Die charakteristischen Merkmale des Mentalen ... und die Naturalisierung des Geistes? Empfindungen Qualitativer Erlebnischarakter Empfindungen sind in erster Linie durch ihren phänomenalen Erlebnischarakter definiert, durch das, was man erlebt oder fühlt, wenn man eine Empfindung hat, oder die Art, wie es ist, eine solche Empfindung zu haben. Gehirnzustände hat man, aber man erlebt sie nicht. Wie soll es überhaupt möglich sein, dass es sich irgendwie anfühlt ein bestimmtes Wahrnehmungserlebnis (z.B. einer grünen Wiese) zu besitzen, wenn man dabei in einem bestimmten Gehirnzustand ist? Einstellungen Intentionalität Einstellungen wie Überzeugungen, Wünsche, Erwartungen, Befürchtungen usw. zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf etwas gerichtet sind, dass sie einen Inhalt besitzen. Bräuer Manche mentalen Zustände haben einen repräsentationalen Inhalt bzw. sind auf ein bestimmtes Objekt gerichtet. Wie aber ist es möglich, dass physische Zustände dieses Merkmal aufweisen? Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 423 2 Philosophie des Geistes Substanz-Dualismus Spielarten des Physikalismus Semantischer Physikalismus Logischer Behaviorismus Identitätstheorie Funktionalismus Anomaler Monismus Supervenience-Theorie Repräsentationale Theorie des Geistes Theorie intentionaler Systeme Eliminativer Materialismus Die Naturalisierung des Geistes Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 424 Philosophie des Geistes Substanz-Dualismus Der Mensch besteht aus einem materiellen Körper und einer immateriellen Seele. Die Seele macht das eigentliche Selbst des Menschen aus. Körper und Seele sind nur während des Lebens eines Menschen miteinander verbunden. Nach dem Tode löst sich die Seele vom Körper ab. Die Seele benötigt für ihre Existenz keinen Körper. Sie kann auch ohne diesen, für sich selbst existieren. Während der Körper vergänglich ist, ist die Seele unsterblich. Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 425 3 Platon über die Unsterblichkeit der Seele Platon (427 v. Chr. – 348 v. Chr.) Platons Argumente für den Substanz-Dualismus (Phaidon) Der Zyklus Vergehens des Entstehens und Erinnerung Verwandtschaft von Seele und Ideen Seele als Lebensprinzip Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 426 Descartes: res cogitans und res extensa René Descartes (1596 – 1650) Diskurs über die Methode (1637) Meditationen über die erste Philosophie (1641) Prinzipien der Philosophie (1644) Descartes Argumente Substanz-Dualismus für den Das metaphysische Argument Das naturphilosophische Argument Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 427 4 Descartes: res cogitans und res extensa Das metaphysische Argument „Zuerst: da ich weiß, dass alles, was ich klar und deutlich begreife, von Gott in der Weise gemacht werden kann, wie ich es begreife, so reicht es aus, daß ich eine Sache ohne eine andere klar und deutlich begreifen kann, damit ich sicher bin, daß die eine von der anderen verschieden ist, ... Und deshalb: gerade daraus, daß ich weiß, ich existiere, und daß ich bisher nichts anderes zu meiner Natur oder meinem Wesen gehörig bemerke, außer daß ich ein denkendes Ding bin, eben daraus schließe ich mit Recht, daß mein Wesen allein darin besteht, daß ich ein denkendes Ding bin. ... da ich auf der anderen Seite eine klare und deutliche Idee von mir selbst habe, insofern ich ein denkendes, nicht ausgedehntes Ding bin, und auf der anderen Seite eine deutliche Idee vom Körper, insofern dieser nur ein ausgedehntes nicht denkendes Ding ist, so ist, sage ich, gewiß, daß ich von meinem Körper wirklich verschieden bin und ohne ihn existieren kann.“ (René Descartes, Meditationen über die erste Philosophie) Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 428 Descartes: res cogitans und res extensa Das naturphilosophische Argument „... gäbe es .... Maschinen, die unseren Körpern ähnlich wären und unsere Handlungen insoweit nachahmten, wie dies für Maschinen wahrscheinlich möglich ist, so hätten wir immer zwei ganz sichere Mittel, um zu erkennen, daß sie keineswegs wahre Menschen sind. Erstens könnten sie nämlich niemals Worte oder andere Zeichen dadurch gebrauchen, daß sie sie zusammenstellen, wie wir es tun, um anderen unsere Gedanken mitzuteilen. ... [Und zweitens:] Sollten diese Maschinen auch manches ebenso gut oder sogar besser verrichten als irgendeiner von uns, so würden sie doch zweifellos bei vielem anderen versagen, wodurch offen zutage tritt, daß sie nicht aus Einsicht handeln, sondern nur aufgrund der Einrichtung ihrer Organe. Denn die Vernunft ist ein Universalinstrument, das bei allen Gelegenheiten zu Diensten steht, während diese Organe für jede besondere Handlung einer besonderen Einrichtung bedürfen.“ (René Descartes, Diskurs über die Methode) Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 429 5 Das Leib-Seele-Problem Interaktionistischer Dualismus Körper und Geist stehen in einer kausalen Wechselwirkung. (Descartes, Eccles) Parallelismus Körper und Geist sind kausal voneinander unabhängig. Es besteht aber eine ‚prästabilisierte Harmonie‘ zwischen beiden. (Leibniz) Okkasionalismus Körper und Geist sind kausal voneinander unabhängig. Gott bringt jeweils anlässlich bestimmter Zustände im Körper bestimmte Zustände im Geist hervor und umgekehrt. (Geulincx, Malebranche) Epiphänomenalismus Zwar werden Zustände im Geist von Zuständen im Körper verursacht, aber nicht umgekehrt. (Huxley, Jackson) Eigenschaftsdualismus Zwar sind physische Dinge (biologische Organismen) Träger mentaler Eigenschaften, aber mentale Eigenschaften können nicht auf physikalische Eigenschaften zurückgeführt werden. (Chalmers) Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 430 Philosophie des Geistes Spielarten des Physikalismus Semantischer Physikalismus Logischer Behaviorismus Identitätstheorie Funktionalismus Anomaler Monismus und Supervenience Repräsentationale Theorie des Geistes Instrumentalismus Eliminativer Materialismus Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 431 6 Semantischer Physikalismus Rudolf Carnap Carl G. Hempel Paul hat Zahnschmerzen. „Im besonderen haben zwei verschieden formulierte Aussagen dann und nur dann dieselbe Bedeutung oder denselben faktischen Inhalt, wenn sie unter denselben Bedingungen beide wahr bzw. beide falsch sind.“ (C.G. Hempel: „The Logical Analysis of Psychology“) Paul jammert und hält sich die Wange. Auf die Frage „Was hast du denn?“ antwortet Paul „Ich habe Zahnschmerzen.“ Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass einer von Pauls Zähnen kariös und der Nerv angegriffen ist. Pauls Blutdruck und Reaktionsfähigkeit sind in bestimmter Weise verändert. In Pauls Zentralnervensystem spielen sich bestimmte charakteristische Prozesse ab. usw. Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 432 Semantischer Physikalismus X möchte genau dann einen Schnaps trinken, wenn folgendes gilt: (i) wenn x zuhause ist und sich ein Schnaps im Kühlschrank befindet, holt sich x den Schnaps aus dem Kühlschrank (falls x glaubt, dass sich im Kühlschrank ein Schnaps befindet). (ii) wenn x im Restaurant ist, bestellt sich x einen Schnaps (falls x keinen dringenderen Wunsch hat, der damit unvereinbar ist). (iii) wenn man x einen Schnaps anbietet, nimmt er ihn sofort an (falls x keinen Grund hat, ihn abzulehnen). (iv) usw. X glaubt genau dann, dass im Kühlschrank Schnaps steht, wenn folgendes gilt: (i) wenn x zuhause und ein Schnaps im Kühlschrank ist, holt x sich den Schnaps aus dem Kühlschrank (falls x einen Schnaps trinken möchte). Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 433 7 Wittgensteins Privatsprachenargument E Bräuer „Stellen wir uns diesen Fall vor. Ich will über das Wiederkehren einer gewissen Empfindung ein Tagebuch führen. Dazu assoziiere ich sie mit dem Zeichen ‚E‘ und schreibe in einen Kalender zu jedem Tag, an dem ich die Empfindung habe, dieses Zeichen. – Ich will zuerst bemerken, dass sich eine Definition des Zeichens nicht aussprechen läßt. – Aber ich kann sie doch mir selbst als eine Art hinweisende Definition geben. ... ich spreche, oder schreibe das Zeichen, und dabei konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf die Empfindung ... Eine Definition dient ... dazu, die Bedeutung eines Zeichens festzulegen. – Nun, das geschieht eben durch das Konzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch präge ich mir die Verbindung des Zeichens mit der Empfindung ein. – ‚Ich präge sie mir ein‘ kann doch nur heißen: dieser Vorgang bewirkt, daß ich mich in Zukunft richtig an diese Verbindung erinnere. Aber in unserem Falle habe ich ja kein Kriterium für die Richtigkeit. Man möchte hier sagen: richtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird. Und das heißt nur, daß hier von ‚richtig‘ nicht geredet werden kann.“ (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, § 258) Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 434 Logischer Behaviorismus Gilbert Ryle (1900-1976) „Systematically Misleading (1932) „Categories“ (1938) The Concept of Mind (1949) Dilemmas (1954) Expressions“ „Ich hoffe zu zeigen, dass [die offizielle Lehre] ganz und gar falsch ist, nicht nur in Einzelheiten, sondern grundsätzlich. ... Sie besteht aus einem einzigen großen Irrtum, einem Irrtum ganz besonderer Art, nämlich einer Kategorienverwechslung. Sie stellt die Tatsachen des Geisteslebens so dar, als gehörten sie zu einem bestimmten logischen Typ oder einer Kategorie ..., während sie in Wirklichkeit zu einer anderen gehören. Das Dogma ist daher ein philosophischer Mythos.“ (Gilbert Ryle, Der Begriff des Geistes) Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 435 8 Logischer Behaviorismus Kategorienfehler Zwei Ausdrücke α und β gehören zu derselben Kategorie, wenn man α in allen Kontexten, in denen die Verwendung von α sinnvoll ist, durch β ersetzen kann und umgekehrt, ohne dass Unsinn entsteht. Ein Kategorienfehler liegt dann vor, wenn man einen Ausdruck α so behandelt, als gehöre er zu der Kategorie A, während er zu der Kategorie B gehört. Wann ist eine Handlung intelligent? Wann ist eine Handlung willentlich? Bräuer Einführung in die Theoretische Philosophie SS 2007 Folie 436 9