Geldpolitische Institutionen – Teil 2 Steffen Ahrens | Fakultät VII | Geldtheorie- und Geldpolitik WS2013/2014 Gliederung: Teil 1: 1. Regelgebundene Geldpolitik Teil 2: 2. Delegation der Geldpolitik 3. Geldpolitik bei unvollständiger Information Seite 2 Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Delegation von Geldpolitik an einen Zentralbanker mit anderen Präferenzen als die der Gesellschaft, kann den Inflationsbias verringern! • Gesellschaftliche Zielfunktion min • ∗ ∗ „Konservativer“ Zentralbanker mit dem Ziel min ∗ ∗ → Der „konservative“ Zentralbanker legt ein größeres Gewicht Ziel der Preisstabilität als die Gesellschaft. Seite 3 auf das Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Der „konservative“ Zentralbanker minimiert die gesellschaftliche Kostenfunktion: ∗ ∗ unter Berücksichtigung der Phillipskurve • Es ergibt sich die Reaktionsfunktion der Zentralbank: ∗ Seite 4 ∗ Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Rationale Erwartungen der Haushalte: Inflationsbias ∗ ∗ → ∗ ∗ Der Inflationsbias ist geringer, je größer das Ziel Preisstabilität des konservativen Zentralbankers ist, d.h. ∗ ∗ 0 • Gegeben die rationalen Erwartungen, ist die Reaktionsfunktion der Zentralbank ∗ Seite 5 ∗ Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Damit ergibt sich als Reaktion der Zentralbank auf Angebotsschocks • Der „konservative“ Zentralbanker reagiert weniger stark auf Angebotsschocks • Es ergibt sich somit ein Zielkonflikt zwischen: niedrigem Inflationsbias Stabilisierung von Angebotsschocks • Dieser Zielkonflikt hat direkte Auswirkungen auf die realisierte Inflation und Beschäftigung! Seite 6 Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Lösung des Zielkonflikts durch Wahl des „optimalen“ Zentralbankers! Annahme: Zentralbanker unterscheiden sich durch ihr Gewicht auf Preisstabilität, d.h. . Wähle denjenigen Zentralbanker , der zu den geringsten gesellschaftlichen Kosten führt. min , ∗ , ∗ • unter den Nebenbedingungen Politik der Zentralbank: Rationale Erwartungen: ∗ ∗ ∗ ∗ Phillipskurve: Seite 7 Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Einsetzen in die gesellschaftliche Konsumfunktion ergibt: ∗ → min → min ∗ → min ∗ Seite 8 ∗ ∗ ∗ Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Bedingung erster Ordnung: 2 ∗ 0 ∗ → ∗ → → im Optimum gilt: >0 Seite 9 Dezentrales Logo optional Delegation an einen konservativen Zentralbanker: • Der optimale Zentralbanker legt mehr Wert auf Preisstabilität als die Gesellschaft Geringerer Inflationsbias, aber auch geringere Stabilisierung der Beschäftigung → Der optimale Zentralbanker gleicht diese beiden Effekte aus. • Totales Differential der Optimalitätsbedingung: ∗ je größer je kleiner ist größer, • Damit der berufene Zentralbanker seinen Präferenzen entsprechend agieren kann, muss er unabhängig sein! Der Parameter wird deshalb oft als Synonym für die Unabhängigkeit der Zentralbank gebraucht. Seite 10 Dezentrales Logo optional Weitere Möglichkeit der Delegation: • Zentralbank‐Kandidaten unterscheiden sich durch… ihr Inflationsziel ihr Beschäftigungsziel • Zielfunktion eines Kandidaten: min • Wie sieht der optimale Zentralbankchef aus? Kein Inflationsbias Gesellschaftlich optimale Stabilisierung der Beschäftigung → Ist diese „First‐best‐solution“ erreichbar? Seite 11 Dezentrales Logo optional Weitere Möglichkeit der Delegation: • Zielfunktion eines Kandidaten: min • Diskretionäre Politik führt zu Reaktion der Zentralbank auf den Schock • Damit ergibt sich als Reaktion der Zentralbank auf Angebotsschocks Seite 12 Dezentrales Logo optional Weitere Möglichkeit der Delegation: • Die „First‐best‐solution“ Reaktion der Zentralbank auf den Angebotsschocks erfordert → • Rationale Erwartungen: • „First‐best‐solution“ erfordert: ∗ Seite 13 → ∗ Dezentrales Logo optional Weitere Möglichkeit der Delegation: • Nochmal: „First‐best‐solution“ erfordert: ∗ → ∗ • Jeder Zentralbanker, der dasselbe Gewicht auf Preisstabilität legt wie die Gesellschaft aber andere Zielwerte für Inflation und/oder Beschäftigung hat, betreibt eine optimale Politik ohne Inflationsbias, wenn ∗ Seite 14 und Dezentrales Logo optional 3. Geldpolitik bei unvollständiger Information 1. Stochastische Kontrollfehler Kann die Zentralbank die Inflation direkt steuern? 2. Beobachtungsfehler Kann die Zentralbank alle notwendigen Größen beobachten 3. Modellierungsfehler Hat die Zentralbank das richtige Modell der Wirtschaft, um die Wirkung ihrer Politik vorauszusagen? Seite 15 Dezentrales Logo optional 3.1 Stochastische Kontrollfehler • Bisher haben wir angenommen, dass die ZB die Inflation kontrollieren kann. Tatsächlich entsteht Inflation durch die Preissetzung privater Unternehmen, steht also nicht unter direkter Kontrolle der ZB. Die Geldbasis wird zwar von der ZB gesteuert, die Geldmengen M1 – M3 werden jedoch auch von der Geldschöpfung der Geschäftsbanken beeinflusst. Auch Inflationsprognosen der Zentralbank sind mit Unsicherheiten behaftet. • Wie soll eine ZB auf diese Unsicherheiten reagieren? Seite 16 Dezentrales Logo optional Stochastische Kontrollfehler • Zur Vereinfachung nur ein Ziel: Stabilisierung der Inflation ∗ • Zielfunktion der Zentralbank: • Zentralbank kontrolliert den Leitzins: • Zusammenhang zwischen Instrument und Ziel: Zufallsvariable „Hebel“: ~ Zufallsvariable Realzins: ~ Kovarianz: Seite 17 ,̅ ̅, , mit ∗ 0 0 Dezentrales Logo optional Stochastische Kontrollfehler • • Ausgangspunkt: Die Zentralbank kann „Hebel“ kann nicht beobachtet werden Realzins kann beobachtet werden Zielfunktion der Zentralbank: → min → min → min Seite 18 | 2 | 2 Dezentrales Logo optional Stochastische Kontrollfehler • Zielfunktion der Zentralbank: min • Bedingung erster Ordnung: → 2 → • 2 2 0 wobei gilt: ̅ ↔ Wenn der Hebel zwischen kurz‐ und langfristigem Zins gut vorhersehbar ist ( klein): Zentralbank setzt das Instrument stärker ein d.h. reagiert stärker auf Beschäftigungsschwankungen Seite 19 Dezentrales Logo optional 3.2 Beobachtungsfehler • Bisher haben wir angenommen, dass die Zentralbank alle relevanten Größen beobachten kann Im Beispiel für stochastische Kontrollfehler: z.B. der Realzins Tatsächlich ist der Realzins aber nicht direkt beobachtbar, da • Ausgangspunkt zusätzlich zu vorherigem Abschnitt: Die Zentralbank hat unvollständige Information über den Realzins . Sie kann nur mit einem Fehler beobachten, d.h.: beobachtbare Komponente: unbeobachtbare Komponente: Seite 20 Dezentrales Logo optional Beobachtungsfehler • Die Zentralbank möchte kontrollieren, kann aber nur bestimmen • Die Zentralbank weiß, dass: ,̅ , ~ ~ , • 0, , , ~ 0, 0, , , 0 Das Ziel der Zentralbank besteht somit in der Minimierung der Verluste → min • ̅, | Wie soll die Zentralbank auf den beobachtbaren Schock reagieren? Seite 21 Dezentrales Logo optional Beobachtungsfehler • Zielfunktion der Zentralbank: → min | → min 2 2 → min • | | | Bedingung erster Ordnung: → 2 → 2 ̅ | 0 | ↔ wobei gilt: Seite 22 | und ̅ Logo| | Dezentrales optional ) Beobachtungsfehler • Was ist | ? Allgemeine Sätze aus der Normalverteilung 1. Die Summe zweier normalverteilter Variablen ist normalverteilt! 2. Wenn zwei Variablen , ~ ̅ gemeinsam normalverteilt sind , , , dann gilt: | Seite 23 , ̅ Dezentrales Logo optional Beobachtungsfehler • höhere Momente von → → → : ̅ 2 , , • einsetzen ergibt: ~ | | Seite 24 ̅ , ̅ ̅ ̅ Dezentrales Logo optional Beobachtungsfehler • • Hieraus ergibt sich ̅ ̅ Die Reaktion auf den beobachtbaren Schock ist geringer je größer die Varianz des unbeobachtbaren Teils des Schocks ist → Je unverlässlicher die Information ist, desto weniger sollte die Zentralbank reagieren! Seite 25 Dezentrales Logo optional 3.3 Modellunsicherheit • Bisher haben wir angenommen, dass die Zentralbank das wahre Modell verwendet Es kann aber sein, dass ihr Modell vom wahren Modell abweicht! Die Zentralbank kann sich dessen bewusst sein oder auch nicht. • Die Zentralbank sollte also eine Politik wählen: die in ihrem eigenen Modell gute Ergebnisse erzielt in anderen Modellen möglicherweise gute Ergebnisse erzielt Seite 26 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Das (unbekannte) wahre Modell: • Das Referenzmodell der Zentralbank: ̂ mit ̂ ~ 0,1 • Die Zentralbank befürchtet, dass sie das falsche Modell nutzt. Der Schock sei eher ̂ • Aus der Sicht der Zentralbank ist eine Zufallsvariable, die sie nicht kennt. Alternative Interpretation: Sie ist somit auch unsicher über die natürliche Beschäftigungsquote ̂ Seite 27 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Die Zentralbank will also eine Politik betreiben, die auch bei Fehleinschätzungen der natürlichen Beschäftigungsquote noch gute Ergebnisse liefert. Sie berücksichtigt die Abweichung in der Umgebung des Referenzmodells min max • ∗ 0 ∗ Penalty Rate (diskontiert Wohlfahrtsverluste anhand der Distanz ab) Je höher die Distanz, desto geringer ist die Eintrittswahrscheinlichkeit Bei Sicherheit über das Modell: → ∞ Bei größtmöglicher Unsicherheit: 1 Die Zentralbank minimiert den maximal möglichen Wohlfahrtsverlust, der in den verschiedenen Modellen auftreten kann. Seite 28 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Maximierungsproblem lösen! max • ∗ ∗ Bedingung erster Ordnung: 2 • nach ∗ 2 0 auflösen ergibt den Fehler, den die Zentralbank berücksichtigen sollte: ∗ 1 Seite 29 ≡ 1 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Minimierungsproblem lösen! ∗ min • ∗ durch Einsetzen von und : min ∗ → min ∗ 1 1 • Ersetzen von ergibt die Zielfunktion: → min Seite 30 ∗ ∗ 1 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Minimierungsproblem lösen! min ∗ ∗ 1 • Bedingung erster Ordnung: 2 ∗ 2 ∗ 1 0 • Reaktionsfunktion der Zentralbank → Seite 31 ∗ ∗ Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Rationale Erwartungen: → → ∗ 1 ∗ 1 ∗ ∗ Inflationsbias • Der Inflationsbias hängt positiv von der Modellunsicherheit ab! Je höher die Unsicherheit, desto größer der Inflationsbias Seite 32 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Einsetzen von → in die Reaktionsfunktion: 1 ∗ ∗ 1 1 1 ∗ 1 ∗ 1 • Nenner hängt positiv von ab. Je höher die Unsicherheit, desto stärker die Reaktion auf Angebotsschocks! Seite 33 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Ohne Modellunsicherheit →∞ : ∞ : • Mit Modellunsicherheit 1 1 → 0 • Nenner hängt positiv von ab. Je höher die Unsicherheit, desto stärker die Reaktion auf Angebotsschocks! Seite 34 Dezentrales Logo optional Modellunsicherheit • Intuition: Der Fehler geht in den Beschäftigungsterm ein Wenn der Fehler berücksichtigt wird, sorgt sich die Zentralbank stärker um das Beschäftigungsziel Dies entspricht einem höheren Gewicht auf das Beschäftigungsziel → stärkere Reaktion auf Angebotsschocks → größerer Inflationsbias Seite 35 Dezentrales Logo optional