126 III. Der Satz von Hahn-Banach und seine Konsequenzen wie man durch Einsetzen unmittelbar erkennt. Zeigen wir noch die Halbstetigkeit von f : Sei (xn ) eine Folge in Lp (R) mit xn → x in Lp (R) und f (xn ) ≤ c. Nach Übergang zu einer Teilfolge dürfen wir annehmen, daß (xn ) auch fast überall gegen x konvergiert1. Wegen der Stetigkeit von F folgt F (t, xn (t)) → F (t, x(t)) fast überall und weiter nach dem Lemma von Fatou2 f (x) ≤ lim inf f (xn ) ≤ c. Nach Lemma III.5.9 und Satz III.5.8 besitzt f eine Minimalstelle in Lp (R). III.6 Aufgaben Aufgabe III.6.1 Gib die Details des Beweises von Satz III.1.10. Aufgabe III.6.2 Sei X ein normierter Raum und U ein abgeschlossener Unterraum. Sei x ∈ X \ U . Dann existiert ein Funktional x ∈ U ⊥ mit x ≤ 1 und x (x) = d(x, U ). (Hinweis: Benutze Satz III.1.10!) Aufgabe III.6.3 Sei X ein normierter Raum und K ⊂ X konvex. (a) Die Mengen K und int K sind ebenfalls konvex. (b) Ist int K = ∅, so gilt K = int K. Aufgabe III.6.4 Seien K und L konvexe absorbierende Teilmengen des normierten Raums X, und seien pK und pL die zugehörigen Minkowski-Funktionale. (a) Zeige pK ≥ pL , falls K ⊂ L. (b) pK ist genau dann stetig, wenn 0 ∈ int K gilt. −1 (c) Wenn pK stetig ist, gelten K = p−1 K ([0, 1]) und int K = pK ([0, 1)). (d) Gilt zusätzlich λK ⊂ K, falls |λ| ≤ 1 (d.h. ist K kreisförmig“), so ist ” pK eine Halbnorm, und pK ist eine Norm dann und nur dann, wenn K keinen nichttrivialen Unterraum von X enthält. (e) Gilt für eine konvexe Menge K K absorbierend ⇒ 0 ∈ int K“? ” Aufgabe III.6.5 (Banachlimiten) Wir betrachten K = R . Eine lineare Abbildung : ∞ → R heißt Banachlimes, falls ∞ ist, der x = • (T x) = (x) für alle x∞ ∈ , wo T der Shiftoperator x(1), x(2), x(3), . . . ∈ auf x(2), x(3), x(4), . . . abbildet. • Falls x(n) ≥ 0 für alle n ∈ N , so gilt (x) ≥ 0. • (1) = 1, wo 1 = (1, 1, 1, . . .). (a) Sei ein Banachlimes. Dann gelten: • ∈ ( ∞ ) und = 1, • lim inf x(n) ≤ (x) ≤ lim sup x(n) für x = x(n) ∈ ∞ , speziell (x) = limn→∞ x(n) für x ∈ c, 1 Siehe 2 Siehe z.B. Theorem 3.12 in Rudin [1986]. z.B. Lemma 1.28 in Rudin [1986]. III.6 127 Aufgaben • ist nicht multiplikativ, d.h., es gilt nicht (x · y) = (x) (y) für alle x, y ∈ ∞ . (b) Es existiert ein Banachlimes . (Hinweis: Variante I: Betrachte p(x) = supn x(n), zeige dann 0 ≤ p|U , wo U = {T x − x: x ∈ ∞ }, und nsetze mit Hahn-Banach fort. Variante II: x(j). Zeige die Sublinearität von p und Betrachte p(x) = lim sup n1 j=1 beachte (Analysis I!) p|c = lim. Setze mit Hahn-Banach fort.) zweier FunktioAufgabe III.6.6 Sei ∈ ( ∞ ) . Zeige, daß eindeutig als Summe ∞ nale 1 und 2 geschrieben werden kann, wo 1 (sn ) = n=1 sn tn und 2 |c0 = 0 ist. Zeige ferner, daß = 1 + 2 gilt. Schließe, daß jedes Funktional auf c0 eindeutig zu einem normgleichen Funktional auf ∞ fortgesetzt werden kann. (Hinweise: (1) Betrachte (en ). (2) Wähle x, y ∈ ∞ mit x∞ = y∞ = 1, so daß 1 (x) ≈ 1 und 2 (y) ≈ 2 . Sei z die Folge mit z(n) = x(n) für n ≤ N und z(n) = y(n) für n > N . Für passendes N versuche (z) ≈ 1 + 2 zu zeigen.) Aufgabe III.6.7 Sei X strikt konvex (Aufgabe I.4.13). Dann gilt Eindeutigkeit im Fortsetzungssatz von Hahn-Banach. Aufgabe III.6.8 (Rieszscher Darstellungssatz für (C[0, 1]) ) Sei ∈ (C[0, 1]) und L eine Hahn-Banach-Fortsetzung zu einem Funktional L ∈ ( ∞ [0, 1]) . Setze yt = χ[0,t] ∈ ∞ [0, 1]. Zeige C[0, 1] ⊂ lin{yt : t ∈ [0, 1]}. Setze g(t) = L(yt ) und zeige, daß g von beschränkter Variation ist. Beweise schließlich die Darstellung des Funktionals als Stieltjes-Integral 1 ∀x ∈ C[0, 1]. x(t) dg(t) (x) = 0 (Zum Begriff des Stieltjes-Integrals siehe z.B. Rudin [1976], S. 122.) Dieser Beweis stammt von Banach. Aufgabe III.6.9 Seien V1 und V2 konvexe Teilmengen des normierten Raums X, und es gelte int V1 = ∅, int V1 ∩ V2 = ∅. Dann existiert x ∈ X , x = 0, mit Re x (v1 ) ≤ Re x (v2 ) ∀v1 ∈ V1 , v2 ∈ V2 . Aufgabe III.6.10 Seien K und L disjunkte abgeschlossene konvexe Teilmengen eines normierten Raums X, zusätzlich sei eine von beiden kompakt. Zeige, daß ein stetiges Funktional x ∈ X existiert, für das gilt sup Re x (x) < inf Re x (x). x∈K x∈L (Es gibt Beispiele, die zeigen, daß diese Aussage ohne die vorausgesetzte Kompaktheit falsch ist, selbst, wenn man nur ≤ fordert.) Aufgabe III.6.11 Seien U und V disjunkte abgeschlossene beschränkte konvexe Teilmengen eines reflexiven Banachraums X. Dann können U und V strikt getrennt werden. (Tip: Zeige zuerst inf{u − v: u ∈ U, v ∈ V } > 0; dazu beachte Theorem III.3.7 und Satz III.3.8.) 128 III. Der Satz von Hahn-Banach und seine Konsequenzen Aufgabe III.6.12 Sei K eine konvexe Menge. Eine Funktion f : K → R heißt konvex (bzw. affin bzw. konkav ), wenn f (λx + (1 − λ)y) ≤ λf (x) + (1 − λ)f (y) für alle x, y ∈ K, 0 ≤ λ ≤ 1 (bzw. = bzw. ≥). Sei nun f : R n → R eine konkave stetige Funktion sowie g: R n → R eine konvexe stetige Funktion mit f ≤ g. Dann existiert eine affine stetige Funktion h: R n → R mit f ≤ h ≤ g. (Hinweis: Betrachte die Teilmengen {(x, r): x ∈ R n , r < f (x)} und {(x, r): x ∈ R n , r > g(x)} von R n+1 .) P P Aufgabe III.6.13 Sei [0, 1] (bzw. n [0, 1]) der Vektorraum aller Polynomfunktionen (höchstens n-ten Grades) auf [0,1]. Existiert ein Borelmaß µ auf [0,1] mit 1 (a) p (0) = 0 p dµ für alle p ∈ [0, 1]? (b) p (0) = 1 0 p dµ für alle p ∈ P P [0, 1]? n Aufgabe III.6.14 Ist X ein Banachraum und A ⊂ X kompakt, so auch co A. (Hinweis: Satz B.1.7.) Aufgabe III.6.15 Keiner der Räume ∞ , C[0, 1], L1 [0, 1], L∞ [0, 1] ist reflexiv. Aufgabe III.6.16 Seien X und Y Banachräume. σ σ (a) xn → x, T ∈ L(X, Y ) ⇒ T xn → T x. σ (b) xn → x, T ∈ K(X, Y ) ⇒ T xn → T x. (Hinweis: Benutze hier im Vorgriff die in Kapitel IV bewiesene Tatsache, daß (xn ) beschränkt ist.) (c) X sei reflexiv, und T ∈ L(X, Y ) erfülle σ xn → x ⇒ T xn → T x. Dann ist T kompakt. Aufgabe III.6.17 Zeige, daß eine beschränkte Folge (xn ) in einem normierten Raum X genau dann gegen x ∈ X schwach konvergiert, wenn es eine Teilmenge D ⊂ X mit lin D = X und limn→∞ x (xn ) = x (x) für alle x ∈ D gibt. Aufgabe III.6.18 Sei X ein separabler normierter Raum und (xn ) eine beschränkte Folge in X . Dann existieren eine Teilfolge (xnk ) und ein Funktional x ∈ X mit limk→∞ xnk (x) = x (x) für alle x ∈ X. Kann man auf die Separabilität verzichten? (Tip: Imitiere den Beweis von Theorem III.3.7.) Aufgabe III.6.19 Sei X ein reflexiver Banachraum, und sei K ⊂ X abgeschlossen, konvex und nicht leer. Dann gibt es zu jedem x ∈ X eine beste Approxima” tion“ in K, d.h. ein y ∈ K mit x − y = d(x, K) := inf x − z. z∈K Aufgabe III.6.20 Sei 1 < p < ∞ und en der n-te Einheitsvektor in p . σ (a) Es gilt en → 0. III.6 129 Aufgaben (b) Aus Korollar III.3.9 folgt die Existenz einer Folge (yn ) von Konvexkombinationen der en mit yn → 0. Gib solche Konvexkombinationen explizit an! Aufgabe III.6.21 (a) Ist T : X → Y ein [isometrischer] Isomorphismus zwischen normierten Räumen, so ist T : Y → X ebenfalls ein [isometrischer] Isomorphismus. Sind X und Y Banachräume, so gilt auch die Umkehrung. (b) Ist ein normierter Raum Y isomorph zu einem reflexiven Banachraum X, so ist Y ebenfalls ein reflexiver Banachraum. Aufgabe III.6.22 Seien X und Y Banachräume, und sei U ⊂ X ein abgeschlossener Unterraum. Sei S ∈ L(U, Y ). (a) Im Fall Y = ∞ gestattet S eine normerhaltende Fortsetzung zu einem Operator auf X, d.h., es existiert T ∈ L(X, Y ) mit T |U = S und S = T . (Hinweis: Wende den Satz von Hahn-Banach auf die Funktionale n : u → (Su)(n) an!) (b) Falls U = Y = c0 , X = c und S = Idc0 , so hat jede Fortsetzung T von S auf X eine Norm ≥ 2. Um das zu beweisen, zeige zuerst für M = {x ∈ c0 : |x(n) − 1| ≤ 1 ∀n ∈ N }, daß der Radius jeder abgeschlossenen Kugel in c0 , die M enthält, mindestens 2 ist. (c) Falls U = Y = {(x, y, z) ∈ R 3 : x + y + z = 0}, X = ∞ (3) und S = IdU , dann hat jede Fortsetzung T von S auf X eine Norm ≥ 4/3. (Hinweis: Die Matrix von T muß die Gestalt a a−1 a−1 b b+1 b −a − b −a − b −a − b + 1 haben. Nun benutze Aufgabe II.5.8.) Aufgabe III.6.23 Sei X ein separabler Banachraum. Dann existiert ein isometrischer linearer Operator von X nach ∞ . Jeder separable Banachraum ist also isometrisch isomorph zu einem abgeschlossenen Teilraum von ∞ . (Tip: Sei {xn : n ∈ N } dicht in X. Definiere den gesuchten Operator durch x → xn (x) für passend zu wählende Funktionale xn ∈ X . Übrigens ist jeder separable Banachraum sogar zu einem abgeschlossenen Teilraum von C[0, 1] isometrisch isomorph. Dieser Satz von Banach und Mazur ist aber weit schwieriger zu zeigen.) Aufgabe III.6.24 Gib die Details des Beispiels III.4(c). Aufgabe III.6.25 (Momentenoperator) Zu f ∈ L1 [0, 1] betrachte die Folge der Momente (fn# )n≥0 , wo fn# = 1 f (t)tn dt. 0 Zeige, daß die Abbildung T : f → (fn# ) ein stetiger linearer Operator von L1 [0, 1] nach c0 ist. Gib die Darstellung des adjungierten Operators T : 1 → L∞ [0, 1]. 130 III. Der Satz von Hahn-Banach und seine Konsequenzen Aufgabe III.6.26 Untersuche die Abbildung F : L2 [0, 1] → L2 [0, 1], (F (x))(t) = sin x(t), auf Gâteaux- bzw. Fréchet-Differenzierbarkeit an der Stelle x = 0. Aufgabe III.6.27 Sei U = {x ∈ C[0, 1]: x(t) = 0 ∀t}. Untersuche die Abbildung f : U → C[0, 1], f (x) = 1/x, auf Differenzierbarkeit. Aufgabe III.6.28 An welchen Stellen ist die Supremumsnorm auf C[0, 1] bzw. c0 Gâteaux- oder Fréchet-differenzierbar? Aufgabe III.6.29 Seien f, g: U → Y Gâteaux-differenzierbar und φ: Y ×Y → Z bilinear und beschränkt. Bestimme die Ableitung von x → φ(f (x), g(x)). Aufgabe III.6.30 Finde Beispiele für (a) eine Abbildung f : X → Y , die an einer Stelle Gâteaux-differenzierbar, aber nicht stetig ist; (b) eine Abbildung f : X → Y , die an einer Stelle x0 Gâteaux-differenzierbar ist, und eine Abbildung g: Y → Z, die bei f (x0 ) Gâteaux-differenzierbar ist, so daß g ◦ f : X → Z bei x0 nicht Gâteaux-differenzierbar ist; (c) eine Funktion f : R 2 → R , für die an einer Stelle sämtliche Richtungsableitungen existieren, die dort aber nicht Gâteaux-differenzierbar ist. Aufgabe III.6.31 Eine Norm heißt lokal gleichmäßig konvex, wenn es zu jedem x mit x = 1 und jedem ε > 0 ein δ = δ(x, ε) > 0 gibt, so daß x + y > 1−δ y ≤ 1, 2 ⇒ x − y < ε. (a) Ist die Norm von X lokal gleichmäßig konvex, so ist die Norm von X an jeder Stelle x0 = 0 Fréchet-differenzierbar. (b) Ist die Norm von X strikt konvex (siehe Aufgabe I.4.13), so ist die Norm von X an jeder Stelle x0 = 0 Gâteaux-differenzierbar. (c) Ist die Norm von X an jeder Stelle x0 = 0 Gâteaux-differenzierbar, so ist die Norm von X strikt konvex. [Bemerkung: Die entsprechende Umkehrung von (a) gilt nicht.] Aufgabe III.6.32 Zeige, daß die kanonische Norm von Lp (µ) an jeder Stelle x0 = 0 Fréchet-differenzierbar ist, (a) mit Hilfe von Beispiel III.5(e), (b) im Fall p ≥ 2 mittels der Aufgaben III.6.31 und I.4.18. Aufgabe III.6.33 Wenn die Norm eines normierten Raums X auf X \ {0} Fréchet-differenzierbar ist, ist die Ableitung dort stetig. Aufgabe III.6.34 Sei f : X → R ein Funktional auf einem normierten Raum. Der Epigraph von f ist die Teilmenge epi(f ) := {(x, t): f (x) ≤ t} von X ⊕ R . (a) f ist genau dann konvex, wenn epi(f ) konvex ist. (b) f ist genau dann halbstetig von unten, wenn epi(f ) abgeschlossen ist. Aufgabe III.6.35 Sei f : X → R ein Gâteaux-differenzierbares konvexes Funktional und x0 ∈ X mit Df (x0 ) = 0. Dann besitzt f bei x0 ein globales Minimum. Aufgabe III.6.36 Bestimme das Minimum des Funktionals f (x) = et x(t) dt auf C[0, 1]. 1 0 x(t)4 +