Funktionentheorie

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Funktionentheorie
Nach Vorlesung von Prof. Alan T. Huckleberry
Erstellt von Andreas Moor
Sommersemester 2008
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
1.1 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Topologische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Metrik und Topologie auf C . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Konvergente Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Kompakte Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Rechenregeln für komplexe Zahlenfolgen . . . . . . . . . . . .
1.2.5 Eigentliche Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Holomorphe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Lineare Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Topologie von Funkionenräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Reellwertige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.2 Topologie auf C(X) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.3 Zusammenfassung der Konvergenzbegriffe und Anwendung auf
1.5 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5.1 Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5.2 Komplexe Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
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. .
. .
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. .
. .
C
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. .
. .
1
1
3
3
4
4
5
6
7
7
9
9
10
11
12
12
13
2 Main Part
2.1 Exponentialreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Definition und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
15
15
iii
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
Prof. Alan T. Huckleberry
1 Grundlagen
1.1 Komplexe Zahlen
Die Einführung komplexer Zahlen wird dadurch motiviert, daß das Lösen von polynomiellen Gleichungen angestrebt wird, was dazu äquivalent ist, daß man Nullstellen (NST)
von Polynomen sucht.
Beispiel. Quadratische Polynome mit reellen Koeffizienten:
p(x) = ax2 + bx + c
Bezeichne:
N (p) := {x ∈ R | p(x) = 0} .
]N (p) hängt von discr(p) ab:


> 0 : ]N (p) = 2
2
b − 4ac = 0 : ]N (p) = 1


< 0 : ]N (p) = 0
Die Gleichung x2 + 1 hat keine reelle Lösungen über R. Dies bedeutet: p(x) = x2 + 1 hat
keine reellen NST.
Vorgehen in der Algebra: Körpererweiterungen
Mit R[x] und dem Hauptideal (x2 + 1) beweist man, daß dies das maximale Ideal ist
und bildet den gesuchten Körper:
R[x]/(x2 + 1)
Dies wird in den Übungsstunden genauer erläutert.
Für uns:
Wir suchen einen Körper K, der R als Unterkörper enthält, sodaß x2 + 1 = 0 über K
lösbar ist.
Idee:
√
Nenne eine Lösung i = −1 und füge sie R hinzu.
Präzise lautet die obige Vorgehensweise:
Definition 1.1.1. Auf der Menge R×R definiert man Multiplikation durch die Vorschrift
(x1 , y1 ) · (x2 , y2 ) = (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + y1 x2 )
und die gewöhnliche Addition auf R × R = R2 .
1
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.1. KOMPLEXE ZAHLEN
Prof. Alan T. Huckleberry
Definition 1.1.2. C = (R2 , +, ·) heißt Körper der komplexen Zahlen.
Das neutrale Element bezüglich der Multiplikation ist (1, 0).
Bemerkung. Die Abbildung ι : R → C mit x 7→ (x, 0) ist eine Einbettung von R ,→ C.
Sie ist ein Körperisomorphismus auf das Bild ι(R) = {(x, 0) ∈ C} ∼
= R.
Einführung der imaginären Einheit ı:
Schreibe ı = (0, 1) ∈ C. Daraus resultiert die übliche Schreibweise:
(x, y) = x(1, 0) + y(0, 1) ' x + ıy
Damit folgt auch: ı2 = −1.
Definition 1.1.3. Die Abbildung
<:C→R
mit
x + ıy 7→ x
=:C→R
mit
x + ıy 7→ y
heißt Realteil.
Die Abbildung
heißt Imaginärteil.
Die Abbildung
·:C→C
mit
z = x + ıy 7→ x − ıy = z
heißt komplexe Konjugation.
Bemerkung. · : C → C ist involutorischer Körperautomorphismus.
Die Teilmenge R ⊂ C ist punktweise fixiert unter z 7→ z.
1
<(z) = (z + z)
2
1
=(z) = (z − z)
2ı
Damit ist man nun für das Lösen polynomeller Gleichungen gerüstet. z 2 + 1 hat über
C genau zwei Lösungen, nämlich ı und −ı.
Allgemein fragt man, wann die Gleichung z 2 = z0 mit z ∈ C eine Lösung hat. Dazu
untersuche man Fasern der Abbildung q : C → C mit z 7→ z 2 .
Die Behauptung ist die, daß gilt:
q −1 (0) = {0}
;
]q −1 (z0 ) = 2 ∀z0 ∈ C∗ = C \ {0}
Es sei hier kurz der Beweis der Behauptung skizziert:
Durch längliche Rechnung überprüft man, daß aus z 2 = (x + ıy)2 = z0 = (x0 + ıy0 ) folgt:
x2 − y 2 = x0
2xy = y0
2
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
Prof. Alan T. Huckleberry
1.2. TOPOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN
Nun macht man eine Fallunterscheidung:
(
√
√ x0 > 0 : q −1 (z0 ) =
x0 , − x0
y0 = 0 ⇒
√
√
x0 < 0 : q −1 (z0 ) = { −x0 , − −x0 }
(1.1)
p
x20 + y02
x0
(1.2)
y0 6= 0 ⇒ y = − ±
2
2
Man überprüfe die beiden letzten Ausdrucke in Gleichung 1.2 und zeige, daß für alle x0 ,
y0 , y0 6= 0 genau einer der beiden negativ, während der andere positiv ist.
Damit folgt: ]q −1 (z0 ) = 2 ∀z0 ∈ C.
2
1.2 Topologische Überlegungen
1.2.1 Metrik und Topologie auf C
Definition 1.2.1. Ein metrischer Raum (X, d) ist eine Menge X zusammen mit einer
Abbildung d : X × X → R (Metrik), sodaß ∀x, y, z ∈ C gilt:
ˆ d(x, y) ≥ 0 und d(x, y) = 0 ⇔ x = y
ˆ d(x, y) = d(y, x)
ˆ d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z)
Beispiel. (C,d) ist ein metrischer Raum mit der Euklidischen Metrik d(z, w) = |z − w|,
wobei
der Absolutbetrag einer
p
√ komplexen Zahl z = x + ıy gegeben ist durch: |x + ıy| =
2
2
x + y , alternativ, |z| = zz.
Definition 1.2.2. Es sei X eine Menge. Eine Topologie auf X ist eine Menge T von
Teilmengen von X, sodaß gilt:
i) X ∈ T , ∅ ∈ T
ii) Ui ∈ T , i ∈ I ⇒
S
Ui ∈ T
i∈I
iii) U, V ∈ T ⇒ U ∩ V ∈ T
Das Paar (X, T ) heißt topologischer Raum. Die Mengen U ∈ T heißen offene Mengen
in X. A ⊂ X heißt abgeschlossen, falls X \ A ∈ T .
Definition 1.2.3. (X, T ) heißt zusammenhängend (zushgd.), falls für jede disjunkte
•
Zerlegung in offene Mengen X = X1 ∪ X2 folgt: X1 = ∅ oder X2 = ∅.
Damit folgt, daß die einzigen Mengen in einem zushgd. topologischen Raum, die gleichzeitig offen und abgeschlossen sind, ∅ und X sind.
3
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.2. TOPOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN
Prof. Alan T. Huckleberry
Beispiel. Metrische Topologie Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge
U ⊆ X heißt offen, falls ∀x ∈ U ∃r > 0, sodaß der Ball
∆r (x) = {y ∈ X | d(x, y) < r}
in U enthalten ist: ∆r (x) ⊂ U .
Offene Bälle in C heißen auch offene Kreisscheiben. ∆1 (0) heißt Einheitskreisscheibe.
Satz 1.2.4. C ist zushgd.
Beweis. without proof.
Definition 1.2.5. Seien X, Y topologische Räume. Dann heißt f : X → Y
ˆ stetig in x ∈ X, falls für jede offene Umgebung V 3 f (x) gilt: f −1 (V ) ist offen.
ˆ offen, falls ∀U ⊆ X offen gilt: f (U ) ⊂ Y ist offen.
ˆ abgeschlossen, falls ∀A ⊂ X abgeschlossen gilt: f (A) ⊂ Y ist abgeschlossen.
Definition 1.2.6. U ⊂ X heißt offene Umgebung von x, falls U offen und x ∈ U ist.
Übung. Zeige:
f : C → C ist genau dann stetig in z0 ∈ C, falls ∀ε > 0 ∃δ > 0, sodaß gilt: |z −z0 | < δ ⇒
|f (z) − f (z0 )| < ε.
1.2.2 Konvergente Folgen
Definition 1.2.7. Eine Folge {xn }n∈N ⊆ X in einem topologischen Raum X heißt konvergent mit Grenzwert x, falls für jede offene umgebung U von x ∃N (U ) ∈ N, sodaß
xn ∈ U ∀n ≥ N (U ).
Bemerkung. A ⊂ X ist genau dann abgeschlossen, falls für jede in X konvergente Folge
{xn }n∈N ⊆ A mit xn −→ x folgt: x ∈ A.
1.2.3 Kompakte Mengen
Definition 1.2.8. Sei X ein topologischer Raum und M ∈ X Teilmenge von X. Dann
heißt S
eine Familie {Ui }i∈I von offenen Mengen offene Überdeckung von M , falls gilt:
M ⊆ Ui .
i∈I
Definition 1.2.9. Eine Teilmenge K ⊆ X eines topologischen Raumes X heißt kompakt,
falls jede offene Überdeckung von K eine endliche Teilüberdeckung hat, die K überdeckt:
[
[
K ⊆ Ui kompakt ⇔ ∃J ⊆ I endlich, sodaß K ⊆ Ui
i∈I
i∈J
Beispiel. Sei X = R. (0, 1) ist nicht kompakt. Betrachte dazu Un = (0, 1 − n1 ), n ∈ N.
Hingegen ist [0, 1] kompakt (Übung).
4
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
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1.2. TOPOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN
Satz 1.2.10. Sei X ein metrischer Raum. K ⊆ X ist genau dann kompakt, wenn jede
Folge {xn }n∈N ⊆ K eine in K konvergente Teilfolge hat.
Definition 1.2.11. Es sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Folge {xn }n∈N ⊂ X heißt
Cauchy-Folge, falls gilt: ∀ε > 0 ∃N (ε) ∈ N, sodaß d(xn , xm ) < ε ∀n, m ≥ N (ε).
(X, d) heißt vollständig, falls jede Cauchy-folge in X konvergent ist.
1.2.4 Rechenregeln für komplexe Zahlenfolgen
Es seien nun X = C, d(z, w) = |z − w| =
gilt:
q
(z − w)(z − w), {xn }n∈N ⊂ C Folge. Dann
i) xn = an + ıbn konvergiert gegen x = a + ıb genau dann, wenn an −→ a und bn −→ b
(als reelle Zahlenfolgen).
ii) xn −→ x ⇔ xn −→ x.
Beweis.
i)
ˆ ⇒“
”
Es gelte: xn −→ x. Dann folgt: ∀ε > 0 ∃N (ε) mit |xn − x| < ε ∀n > N (ε).
Wegen der Dreiecksungleichung gilt beispielweise für an :
|an − a| = |<(xn ) − <(x)| = |<(xn − x)| ≤ |xn − x| < ε.
ˆ ⇐“
”
Es gelte nun an −→ a, bn −→ b. Dann folgt wegen Dreiecksungleichung:
|xn − x| ≤ |<(xn − x)| + |=(xn − x)| = |an − a| + |bn − b| < ε, falls |an − a| <
und |bn − b| < 2ε .
ε
2
ii) klar.
Als Nächstes wollen wir zeigen, daß C vollständig ist. Dazu betrachte die CauchyFolge {xn }n∈N ⊂ C. Dann gilt: ∀ε > 0 ∃N (ε) mit |xn − xm | < ε; ∀n, m > N (ε).
Dann folgt: Sowohl an = <(xn ) als auch bn = =(xn ) reelle Cauchy-Folgen sind mit
an −→ a ∈ R, bn −→ b ∈ R, denn R ist bekannterweise vollständig. Daraus folgt:
xn = an + ıbn −→ x = a + ıb ∈ C.
Satz 1.2.12. Eine Teilmenge K ⊆ C ist genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen
und beschränkt ist.
Beweis. without proof.
5
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
1.2. TOPOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
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1.2.5 Eigentliche Abbildungen
Unser Ziel ist es zu zeigen, daß die Abbildung q : C → C mit z 7→ z k , k ∈ N, surjektiv
ist.
Definition 1.2.13. Eine stetige Abbildung f : X → Y zwischen den topologischen
Räumen X und Y heißt eigentlich (proper), falls ∀K ⊆ Y kompakt gilt: f −1 (K) ⊆ X
ist kompakt. Mit anderen worten: Urbilder kompakter Mengen unter eigentlichen Abbil”
dungen sind kompakt.“
Satz 1.2.14. Sei X ⊆ C. f : X → C ist genau dann eigentlich, falls die Folge {f (xn )}n∈N
jeder unbeschränkten Folge {xn }n∈N unbeschränkt ist.
Beweis. without proof.
Satz 1.2.15. q : C → C mit z 7→ z k ist eigentlich.
Beweis. Wir betrachten den Spezialfall k = 2, für k ∈ N ist die Beweisführung analog.
i) q ist stetig (trivial).
ii) Betrachte nun q ∗ : C∗ → C∗ mit q ∗ = q|C∗ .
q ∗ ist eine offene Abbildung, denn:
Aus der reellen Analysis, genauer aus der Differentialrechnung im R2 folgt: Die
Jacobi-Matrix der Abbildung qR : R2 → R2 mit (x, y) 7→ (x2 − y 2 , 2xy) hat den
vollen Rang für alle (x0 , y0 ) 6= (0, 0): Rang(x0 ,y0 ) qR = 2 ∀(x0 , y0 ) 6= (0, 0). Es folgt,
daß qR|R2 \{(0,0)} eine offene Abbildung ist, da lokal eine stetige Umkehrabbildung
existiert. Damit folgt auch: q ∗ : C∗ → C∗ ist offen.
iii) q ∗ : C∗ → C∗ ist eigentlich, denn:
Sei {xn }n∈N ⊂ C unbeschränkt, d. h. ∀r > 0 ∃N (r) ∈ N mit |xn | > r ∀n ≥ N (r).
Dann ist auch {q(xn )}n∈N = {x2n }n∈N unbeschränkt, denn die Funktion |z| 7→ |z 2 |
ist monoton und, da die komplexe Konjugation ein Körperautomorphismus ist, gilt
|z 2 | = |z|2 . Mit dem obigen Satz folgt der Beweis der Behauptung.
Satz 1.2.16. Seien X, Y topologische Räume und Y sei zushgd. Ferner sei f : X → Y
stetig, offen und eigentlich. Dann folgt: f (X) = Y , d.h. f ist surjektiv.
f offen
Beweis. X ⊆ X offen =⇒ f (X) ⊆ Y offen.
Es reicht nun zu zeigen: f (X) ⊆ Y abgeschlossen.
Dazu wähle eine Folge {yn }n∈N ⊂ f (X) mit yn −→ y und zeige, daß dann y ∈ f (X).
Betrachte die Menge K = {yn }n∈N ∪ {y}. Diese Menge ist kompakt (Beweis durch offene
Überdeckung).
f −1 (K) ⊆ X ist kopmakt, da f eigentlich ist. Wähle eine Folge {xn }n∈N mit f (xn ) = yn ,
dann gilt: {xn }n∈N ⊆ f −1 (K) und {xn }n∈N hat eine konvergente Teilfolge {xk }k∈N mit
xk −→ x. ⇒ f (xk ) = yk −→ f (x) ⇒ f (x) = y ⇒ y ∈ f (X) ⇒ f (X) abgeschlossen.
Da Y zushgd. folgt: f (X) = Y .
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FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
1.3. HOLOMORPHE FUNKTIONEN
Korollar 1.2.17. q ∗ : C∗ → C∗ ist surjektiv.
Beweis. C∗ ist zushgd.
Es folgt: q : C → C ist surjektiv.
Zusammengefasst ergibt sich:
Die Gleichung z k = z0 , z0 ∈ C fest gewählt, ist ∀k ∈ N und ∀z0 ∈ C lösbar, d. h. es gibt
(nicht ein-, sondern k-deutige) k-te Wurzel aus z0 .
Dies war die 1. Version“ des Fundamentalsatzes der Algebra: p(z) = z k − z0 hat stets
”
Nullstellen.
1.3 Holomorphe Funktionen
1.3.1 Lineare Theorie
Nun betrachten wir C = R2 als reellen Vektorraum (VR).
LR (C, C) = {R-lineare Abbildungen C → C} = End(R2 ) ist komplexer VR von komplexer Dimension 2: dimC (LR (C, C)) = 2.
Betrachte J ∈ LR (C, C) mit J(z) = ız und j : LR (C, C) → LR (C, C) mit f 7→ f ◦ J −1 .
Wir zerlegen LR (C, C) in ±ı-Eigenräume: LR (C, C) = Eı ⊕ E−ı . Ferner wollen wir
zwei Abbildungen f1 , f2 ∈ LR (C, C) definieren durch idC = f1 : C → C mit z 7→ z und
f2 : C → C mit z 7→ z und die Eigenräume E−ı = Span{f1 }, Eı = Span{f2 }, sodaß
LR (C, C) = Span{f1 , f2 }, mit dem Ziel, die zu {f1 , f2 } duale Basis zu verstehen, die als
∂ ∂
{ , } bezeichnet wird.
∂z ∂z
Wir definieren LR (C, C) = Span{f3 , f4 } mit f3 (z) = <(z) und f4 (z) = =(z) und wol∂ ∂
∂ ∂
len einen Zusammenhang zwischen den Differentialoperatoren { , } und { , }
∂x ∂y
∂z ∂z
∗
herstellen, welche eine Basis des Dualraums LR (C, C) bilden sollen.
Betrachte auf U ⊆ R2 die Menge der beliebig oft stetig differenzierbaren reellwertigen
∂
Funktionen auf U : C ∞ (U ) und die Differentialoperatoren
: C ∞ (U ) → C ∞ (U ) und
∂x
∂
: C ∞ (U ) → C ∞ (U ). Zerlege die komplexwertige Funktion f : U → C in Realteil
∂y
u : U → R und Imaginärteil v : U → R: f = u + ıv.
A(U ) = {f : U → C mit <(f ), =(f ) ∈ C ∞ (U )} ist C-Algebra der komplexwertigen
glatten Funktionen auf U . Dann gilt:
∂
∂
: A(U ) → A(U ) und
: A(U ) → A(U ).
∂x
∂y
Dann überprüft man leicht:
∂
∂
∂
∂
f3 = 1,
f3 = 0,
f4 = 0,
f4 = 1 und f3 , f4 ∈ A(C).
∂x
∂y
∂x
∂y
Allgemein gilt: LR (C, C) ⊆ A(C).
∂
∂
|LR (C,C) und
|L (C,C) können aufgefasst werden als Elemente des Dualraums. Ins∂x
∂y R
∂ ∂
besondere gilt: { , } ist die zu {f3 , f4 } duale Basis von LR (C, C). Damit kann man
∂x ∂y
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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.3. HOLOMORPHE FUNKTIONEN
Prof. Alan T. Huckleberry
dann die zu {f1 , f2 } duale Basis ausrechnen, indem man wie folgt ansetzt:
∂
∂
∂
:= a1
+ a2
∂z
∂x
∂y
∂
∂
∂
:= b1
+ b2
∂z
∂x
∂y
und mit der Definition der Dualbasis, vi∗ (vj ) = δij , die koeffizienten a1 , a2 , b1 , b2 berechnet, sodaß sich ergibt:
∂
1 ∂
∂
:=
−ı
∂z
2 ∂x
∂y
(1.3)
1 ∂
∂
∂
:=
+ı
∂z
2 ∂x
∂y
Insbesondere folgt:
∂
: A(U ) → A(U )
∂z
∂
: A(U ) → A(U ).
∂z
Definition 1.3.1. Eine Funktion f ∈ A(U ) heißt holomorph, falls gilt:
∂f
∂
(f ) :=
=0
∂z
∂z
Wir bezeichnen mit O(U ) := {f ∈ A(U ) | f holomorph} die Menge der holomorphen
Funktionen auf U .
Beispiel. Erste wichtige Beispiele holomorpher Funktionen auf U ⊂ C:
i) Konstante Funktion: f (z) = c, c ∈ C
ii) Identität: f (z) = z, ∀z ∈ U
(Möglichkeit des Beweises: id = f1 ,
∂f1
= 0 per Definitionem)
∂z
iii) Wegen der Gültigkeit der Produktregel für holomorphe Funktionen sind auch die
Funktionen z 7→ z 2 , sowie z 7→ z k holomorph.
iv) Es gilt auch die Summenregel, sowie die Kettenregel.
Satz 1.3.2. Polynomielle Abbildungen p : U → C, mit p(z) =
n
P
ak z k , ak ∈ C, sind
k=0
holomorph.
Beweis. without proof.
Als Verallgemeinerung stellt sich nun die Frage, wie es mit den Potenzreihen,
∞
P
ak z k ,
k=0
aussieht.
8
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
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1.4. TOPOLOGIE VON FUNKIONENRÄUMEN
1.4 Topologie von Funkionenräumen
Sei nun X ein topologischer Raum.
Wir bezeichnen mit C(X) die Mende der stetigen Funktionen auf X, mit CR (X) die
Mende der stetigen Funktionen X → R und CC (X) sei die Mende der stetigen Funktionen
X → C.
Wir führen eine Norm“ auf C ein, die Supremumsnorm:
”
kf kX = sup|f (x)|
x∈X
Das Problem, das hier auftaucht, ist die Tatsache, daß kf kX = ∞ möglich ist.
Bemerkung. Auf dem Raum C b (X) der beschränkten Funktionen auf X ist
k · kX : C b (X) → R≥0
(1.4)
eine Norm. Also, eine wie in 1.4 definierte Abbildung mit:
i) kf kX = 0 ⇔ f|X = 0
ii) kcf kX = |c|kf kX ∀c ∈ R (oder C)
iii) kf + gkX ≤ kf kX + kgkX ∀f, g ∈ C b (X)
1.4.1 Reellwertige Funktionen
C(X) ist metrischer Raum mit der Metrik
d : C(X) × C(X) → R≥0 mit d(f, g) = kf − gkX ∀f, g ∈ C b (X).
Er trägt metrische Topologie.
Satz 1.4.1. C(X) ist vollständig.
Beweis. Zu zeigen ist: Jede Cauchy-Folge konvergiert in C(X).
Sei {fn }n∈N ⊂ C(X) eine Cauchy-Folge, d. h. ∀ε > 0 ∃N (ε) ∈ N, sodaß kfn − fm kX < ε
∀n, m ≥ N (ε). Wir beweisen in drei Schritten.
ˆ fn konvergiert punktweise, d. h. ∀x ∈ X konvergiert {fn (x)}n∈N ⊂ R, denn es gilt:
|fn (x) − fm (x)| ≤ kfn − fm }X , womit folgt, daß {fn (x)}n∈N eine Cauchy-Folge
ist. Wegen der Vollständigkeit von R gilt: fn (x) −→ f (x), wobei f die punktweise
Grenzfunktion ist.
ˆ Es gilt: kfn −fm kX −→ 0, d. h. die Funktionenfolge konvergiert gleichmäßig. Denn,
da fn punktweise gegen f konvergiert und {fn }n∈N Cauchy-Folge ist, gilt wegen der
Dreiecksungleichung die fogende Abschätzung:
|fn (x) − f (x)| ≤ |fn (x) − fm (x)| + |fm (x) − f (x)|
< kfn − fm kX + ε
<ε+ε
= 2ε ∀n > N (ε) ∀x
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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.4. TOPOLOGIE VON FUNKIONENRÄUMEN
Prof. Alan T. Huckleberry
ˆ Nun verbleibt es zu zeigen, daß die Grenzfunktion f stetig ist, f ∈ C(X). Wir
zeigen: f ist stetig in einem beliebigen Punkt a ∈ X. Es gilt, bei zweimaligen
Anwendung der Dreiecksungleichung:
|f (x) − f (a)| ≤ |f (x) − fn (x)| + |fn (x) − fn (a)| + |fn (a) − f (a)| < 3ε
|
{z
} |
{z
} |
{z
}
<ε
<ε
<ε
Dabei kommen die beiden Abschätzungen der Außenterme auf der rechten Seite
aus der stetigkeit von fn und die Abschätzung für den mittleren Term aus der
gleichmäßigen Stetigkeit von fn . Damit folgt: f ist stetig.
Insgesamt ergibt sich: Eine beliebige Cauchy-Folge {fn }n∈N ⊂ C(X) konvergiert in C(X).
Beispiel. Sei X = (−1, 1) und {fn }n∈N ⊂ X eine Funktionenfolge mit
(
0
∀x ∈ (1, 1 − n1 )
fn (x) =
n2 x + n − n2 ∀x ∈ 1 − n1 , 1
Es gilt: fn −→ 0, für n −→ ∞, punktweise, aber supkfn − f k = n.
x∈X
Definition 1.4.2. Kompakte Konvergenz
Sei X ein topologischer Raum. Wir sagen {fn }n∈N ⊂ C(X) konvergiert gegen die Grenzfunktion f ∈ C(X), falls für jede abgeschlossene Teilmenge K ⊂ X gilt: f n|K −→ f|K
bezüglich der Metrik d(f, g) = kf|K − g|K kK .
Beispiel. Für die Funktion aus dem obigen Beispiel gilt: fn −→ 0 bezüglich einer abgeschlossenen Teilmenge [a, b] = K ⊂ I, denn ∃Nb ∈ N mit b < 1 − N1b und dann gilt:
f n|[a,b] = 0 ∀n ≥ Nb .
1.4.2 Topologie auf C(X)
Es gilt: ∀x ∈ X ∃K ⊂ X kompakt, mit x ∈ K, sodaß jede Teilmenge K ⊂ X eine
Seminorm“, definiert durch kf kK , für f ∈ C(X), d. h. es gilt: kf kK = 0 ⇒ f|K = 0
”
aber kf kK = 0 ; f = 0.
Diese induziert eine Pseudometrik durch:
dK (f, g) = kf − gkK
Die offenen Bälle sind bezüglich dieser gegeben durch:
∆K
r (f ) = {g ∈ C(X) | dK (f, g) < r}
Definition 1.4.3. M
heißt offen, falls zu jedem m ∈ M es endlich viele Bälle
T ⊂KC(X)
Ki
i
∆ri (m) gibt, sodaß ∆ri (m) ⊂ M , wobei Ki ⊂ X kompakt und J eine endliche Indexi∈J
menge ist.
10
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
Prof. Alan T. Huckleberry
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
1.4. TOPOLOGIE VON FUNKIONENRÄUMEN
Zu überprüfen wäre die Tatsache, daß dies eine Topologie definiert.
Bemerkung. Es gilt:
i) Ein Intervall I ⊂ R kann abzählbar mit kompakten Mengen ausgeschöpft werden:
∞
S
I=
Kn . Als Beispiel betrachte I = (−1, 1) und Kn = −1 + n1 , 1 − n1 .
n=0
ii) d(f, g) =
P
n∈N
dn (f,g)
2−n 1+d
definiert eine Metrik auf C(I). Die Topologie ist genau
n (f,g)
die metrische Topologie bezüglich d.
Wir haben also den folgenden Konvergenzbegriff:
Definition 1.4.4. Eine Folge {fn }n∈N ⊆ C(X) konvergiert gegen f ∈ C(X), falls für
jede offene umgebung U ⊂ C(X) von f ∃N (U ) ∈ N, sodaß fn ∈ U ∀n ≥ N (U ).
Dies ist zu Folgendem äquivalent:
i
Für jeden T
endlichen Durchschnitt von Seminormbällen ∆K
ri (f ) gilt: ∃N (D) ∈ N mit
Ki
fn ∈ D := ∆ri (f ) ∀n ≥ N (D).
Eine weitere äquivalente Aussage lautet wie folgt:
∀K ⊂ I kompakt gilt: kfn − f kK −→ 0 (kompakte Konvergenz).
Definition 1.4.5. Eine Folge {fn }n∈N ⊆ C(X) heißt Cauchy-Folge, falls für jede offene
Umgebung U von 0 ∈ C(X) gilt: ∃N (U ) ∈ N, sodaß (fn − fm ) ∈ U ∀n, m ≥ N (U ).
Lemma 1.4.6. Sei {fn }n∈N ⊆ C(X) eine Cauchy-Folge nach Definition 1.4.5 , dann
gilt: {fn|K }n∈N ist eine Cauchy-Folge bezüglich dK ∀K ⊆ X kompakt.
Beweis. Sei K ⊆ X kompakt, ε > 0 vorgegeben. U =: ∆K
ε (0) ist offen. Dann existiert
ein N (U ) ∈ N mit (fn − f ) ∈ U ∀n, m ≥ N (U ), d. h. kfn − fm kK < ε.
Satz 1.4.7. C(X) ist vollständig.
Beweis. Sei {fn }n∈N ⊆ C(X) eine Cauchy-Folge. ∀K ⊂ X gilt: {fn|K }n∈N ist eine CauchyFolge. Also haben wir gezeigt, daß auf K eine Funktion f|K ∈ C(K), die der gleichmäßige
Grenzwert der Folge {fn|K }n∈N ist. Schöpfe X durch kompakte Mengen aus. Dann folgt:
f|K ∈ C(X). Aus der Definitoion folgt dann: fn −→ f .
1.4.3 Zusammenfassung der Konvergenzbegriffe und Anwendung
auf C
Hier ist uns ein topologischer Raum X sowie C(X) gegeben. Folgende Konvergenzbegriffe
kenen wir schon:
i) Gleichmäßige Konvergenz: kfn − f kX −→ 0
ii) Lokal gleichmäßige Konvergenz: ∀x ∈ X ∃U ⊂ X offen mit kfn − f kU −→ 0
iii) Kompakte Konvergenz: ∀K ⊂ X kompakt gilt: fn − f kK −→ 0
11
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.5. POTENZREIHEN
Prof. Alan T. Huckleberry
iv) Punktweise Konvergenz: ∀x ∈ X gilt: fn (x) −→ f (x)
Im Komplexen haben wir dann einen Raum X, C(X) und für D ⊂ X gelte: kf kD =
sup|f (x)|, wobei | · | die komplexe Norm bezeichnet.
x∈D
Für Funktionen auf C ersetzen wir X durch offene Kreisscheiben, z. B. D = ∆r (0).
Wir machen wichtige Beobachtungen:
ˆ C ist vollständig.
ˆ C ist lokal kompakt.
ˆ D ist lokal kompakt.
ˆ Wir nutzen den Begriff der ompakten Konvergenz auf CC (D).
1.5 Potenzreihen
1.5.1 Wiederholung
Wir erinnern uns an den Begriff der Reihen:
∞
P
Die unendliche Summe
ak , wobei ak ∈ C, heißt komplexe Reihe. Man nennt Sn =
n
P
k=0
ak die n-te Partialsumme der obigen Reihe.Die Reihe
k=0
∞
P
ak heißt konvergent genau
k=0
dann, wenn Sn als Partialsummenfolge gegen einen Grenzwert S konvergiert: Sn −→ S.
∞
P
Man schreibt in diesem Falle:
ak = S.
k=0
Lemma 1.5.1.
∞
P
∞
P
ak konvergiert genau dann, wenn
k=0
<(ak ) und
k=0
∞
P
=(ak ) als reelle
k=0
Reihen konvergieren.
Beweis. Der einfache Beweis sei als Übung überlassen.
Bemerkung. Sn ist Cauchy-Folge genau dann, wenn gilt:
∀ε > 0 ∃N (ε), sodaß |Sn − Sm | = |
n
X
ak | < ε.
k=m+1
Dies ist das so genannte Cauchy-Kriterium.
Definition 1.5.2.
∞
P
ak heißt absolut konvergent, falls
k=0
∞
P
|ak | konvergent ist.
k=0
Lemma 1.5.3. Absolute Konvergenz impliziert Konvergenz.
Bemerkung. Die Umkehrung ist falsch.
Beweis. Dreiecksungleichung.
12
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
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1.5. POTENZREIHEN
Satz 1.5.4. Majorantenkriterium Es sei
sodaß |ak | ≤ bk für fast alle k. Dann folgt:
∞
P
bk konvergent, bk ∈ R und {ak }k∈N ⊂ C,
k=0
∞
P
ak ist absolut konvergent.
k=0
Beweis. without proof.
Bemerkung. Eine häufige Majorante ist die geometrische Reihe
∞
P
z k , |z| < 1. Die
k=0
Anwendung erfolgt wie nachstehend:
Es sei {ak }k∈N ⊂ C vorgegeben, wobei |ak | ≤ M rk , 0 < r < 1. Dann folgt:
∞
P
ak ist
k=0
absolut konvergent.
1.5.2 Komplexe Potenzreihen
∞
P
ak (z − c)k heißt formale“
”
Potenzreihe mit Koeffizienten ak ∈ C und Entwicklungspunkt c ∈ C.
Definition 1.5.5. Sei c ∈ C fixiert. Eine Funktionenreihe
k=0
Wir setzen hier c = 0 zwecks Verringetung der Schreibarbeit. Es ergibt sich daraus
n
P
eine Funktionenfolge der Partialsummen fn =
ak z k . Es gilt: fn ∈ CC (C). Für festes z0
k=0
ist fn (z0 ) eine Folge komplexer Zahlen.
∞
P
Definition 1.5.6. Man sagt,
ak z k konvergiert im Punkt z0 ∈ C, falls die Folge
k=0
{fn (z0 )}n∈N ⊂ C konvergent ist.
Ist fn|∆ ∈ C(∆), so konvergiert fn −→ f kompakt.
Definition 1.5.7. Die Potenzreihe
fn|D −→ f|D kompakt konvergiert.
Satz 1.5.8. Es sei
vergiert
∞
P
∞
P
∞
P
ak z k konvergiert auf D ⊂ C, D offen, falls
k=0
ak z k eine Potenzreihe mit dem Entwicklungspunkt 0 ∈ C. Kon-
k=0
k
ak z im Punkte p ∈ C, so folgt:
k=0
Beweis. Da
∞
P
ak z k konvergiert auf D = ∆|p| (0).
k=0
∞
P
ak pk konvergiert, folgt: |ak pk | ist eine Nullfolge. Insbesondere ist sie be-
k=0
schränkt, d. h. ∃M > 0 mit |ak pk | < ∀k ∈ N. Sei k ⊂ D kompakt. Es reicht zu zeigen:
n
P
fn (z) =
ak z k ist eine Cauchy-Folge bezüglich k · kK .
k=0
Betrachte die Abbildung C → R≥0 mit z 7→ |z|. Wegen der Stetigkeit nimmt sie auf K
13
KAPITEL 1. GRUNDLAGEN
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
1.5. POTENZREIHEN
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ihr Maximum an, für das gilt: r = max{|z| | z ∈ K} < |p|. Nun gilt, da K ⊆ ∆r (0):
n
X
kfn − fm k ≤ kfn − fm k∆r (0) = k
=
=
n
X
k=m+1
n
X
k
ak z k∆r (0) ≤
k=m+1
n
X
|ak |kzkk∆r (0) ≤
|ak pk |q k ≤ M
| {z
}
k=m+1 ≤M
n
P
Daraus folgt: ∀ε > 0 ∃N (ε) mit
|ak |rk =
k=m+1
n
X
k
q
n
X
kak z k k∆r (0)
k=m+1
n
X
|ak |
k=m+1
rk k
|p|
|p|k
r
<1
q:= |p|
=
(geometrische Reihe)
k=m+1
q k < ε ∀n, m ≥ N (ε).
k=m+1
⇒ ∀ε > 0 ∃N (ε) mit kfn − fm k < ε ∀n, m ≥ N (ε).
Damit ist fn eine Cauchy-Folge bezüglich k · kK =⇒ fn → f in C(D).
∞
P
Satz 1.5.9. Es sei
ak (z − c)k eine Potenzreihe und es bezeichne R das Supremum
k=0
aller reellen Zahlen r ≥ 0, sodaß die Folge |ak |rk beschränkt ist. Dann gilt:
∞
P
ak (z − c)k
k=0
konvergiert auf ∆R (c) und divergiert auf C \ ∆R (c).
Wir definieren: ∆∞ (c) := C.
Beweis. Analog zum vorigen Satz.
Bemerkung. Es gilt, wie aus den Anfängervorlesungen bekannt:
i) Auf dem Rand ∂∆R (c) kann sowohl Konvergenz, als auch Divergenz vorliegen, oder
beides.
ii) R heißt Konvergenzradius.
iii) Es existieren Formeln zur Berechnung von R.
Für Potenzreihen auf C schreibt man analog zu R: f (z) =
f = lim fn auf D (dabei ist fn =
n→∞
n
P
∞
P
ak z k ∈ C(D), wobei
k=0
k
ak z ).
k=0
Potenzreihen definieren dort, wo sie konvergieren, stetige Funktionen.
Unser nächstes Ziel ist es, zu zeigen, daß die Potenzreihen auf ihrem Konvergenzgebiet
holomorphe Funktionen definieren. Es gilt der folgende Satz:
∞
P
Satz 1.5.10. Jede Potenzreihe
ak (z − c)k , die auf einer offenen Teilmenge U ⊂ C
k=0
konvergiert, definiert ein holomorphe Funktion auf U .
Beweis. Der Beweis soll in der Übung verbracht werden.
f (z + ∆z) − f (z)
Bemerkung. Es gilt: f holomorph ⇐⇒ lim
existiert und ist gleich
∆z→0
∆z
∂f
.
∂z
14
2 Main Part
2.1 Exponentialreihe
2.1.1 Definition und Eigenschaften
Definition 2.1.1. Analog, wie im Reellen definieren wir die Exponentialreihe:
exp(z) := E(z) :=
∞ k
X
z
k=0
k!
Bemerkung. exp besitzt folgende Eigenschaften:
i) exp(z) konvergiert auf ganz C (Beweis als Übung).
ii) Man sagt, exp ist eine ganze Funktion, d. h. auf ganz C holomorphe Funktion.
iii) Man rechne als Übung nach:
∂ exp
∂z |z0
= exp(z0 ). Es gilt also:
∂ exp
= exp .
∂z
Sei nun Ω ⊂ C eine offene Menge und f ∈ O(Ω). Betrachte den linearen Differentialoperator 1. Ordnung
D : O(Ω) −→ O(Ω) mit f 7→ Df =
∂f
− f.
∂z
Die Wohldefiniertheit folgt aus:
∂
∂z
∂f
−f
∂z
= 0.
Betrachte Ker(D) = {f ∈ O(Ω) | Df = 0}. Es gilt: exp ∈ Ker(D). Wegen exp 6= 0 ist
Ker(D) mindestens 1-dimensional.
Bemerkung. Wenn Ω nicht zushgd., d. h. Ω = Ω1 ∪ Ω2 , dann gilt: Ker(D) hat mindestens so viele Dimensionen wie ω Zusammenhangskomponenten aufweist.
Im Weiteren nehmen wir an, daß 0 ∈ Ω ist. Betrachte das Startwertproblem, d. h.
Aλ (Ω) = {f ∈ Ker(D) | f (0) = λ}. Es gilt der folgende Satz:
Satz 2.1.2. Ist Ω ⊂ C zushgd., dann gilt:
Aλ (Ω) = {λ · exp|Ω }.
15
KAPITEL 2. MAIN PART
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
2.1. EXPONENTIALREIHE
Prof. Alan T. Huckleberry
Beweis. Zunächst benötigen wir das folgende Lemma:
Lemma 2.1.3. N (exp) = {p ∈ C | exp(p) = 0} = ∅.
Beweis. Es sei ∆ die größte Kreisscheibe, sodaß N (exp|∆ ) = ∅. Es ist unser Ziel zu zeigen, daß ∆ = C.
Die Existenz einer solchen Kreisscheibe folgt aus exp(0) = 1 und Stetigkeit von exp. Wir
zeigen: ∂∆ = ∆ \ ∆ = ∅.
Dazu nehmen wir an, daß ∂∆ 6= ∅. Dann folgt: ∃z0 ∈ ∂∆ mit exp(z0 ) = 0. Wähle eine offene Kreisscheibe U um z0 und a ∈ C, sodaß U −a = {z −a | z ∈ U } ⊂ ∆. Definiere neue
Funktion: E1 : U → C mit E1 (z) := exp(z − a) · exp(a). Dann gilt: E1 (z) 6= 0 ∀z ∈ U .
exp
Betrachte: q :=
: U → C.
E1
Behauptung: q ist konstant.
∂q ∂q
,
= (0, 0). Es gilt, da q holoDenn: Weil U zushgd., reicht es zu zeigen, daß
∂x ∂y
∂q
morph:
= 0. Man rechnet leicht nach, daß
∂z
exp ·E1 − E1 · exp
∂q
|z0 =
|z0 = 0.
∂z
E12
Da U ∩ ∆ 6= ∅, folgt, daß q = const. 6= 0. Daraus folgt, daß exp keine Nullstellen auf
U hat, im Widerspruch zur Definition von U . Somit gilt: ∂∆ = ∅. Dies impliziert die
Behauptung des Lemma.
Zusammengefasst ergibt sich, daß exp den Wertebereich C∗ hat. Dies ist eine wichtige
Eigenschaft von exp.
Mit diesem Lemma können wir also einen Ausdruck mit exp im Nenner bilden. Es sei
nun Eλ eine Lösung des Startwertproblems Df = 0, f (0) = λ. Betrachte die Funktion
∂q
Eλ
. Man zeigt, analog zum Beweis des Lemma:
= 0, woraus folgt, daß q
q :=
exp
∂z
Eλ
konstant auf Ω ist:
= c.
exp
Damit folgt aber: λ = Eλ (0) = c · exp(0) ⇒ c = λ. Damit ist Eλ = λ · exp die eindeutige
Lösung des Startwertproblems.
Proposition 2.1.4. Die Exponentialabbildung exp : (C, +) → (C∗ , ·) ist ein lokaler
Diffeomorphismus (als Abbildung R2 → R2 \{(0, 0)}) und ein Gruppenhomomorphismus.
Beweis. Sei w ∈ C fest gewählt.
Betrachte: f1 mit z 7→ exp(z + w) und f2 mit z 7→ exp(z) exp(w). Beide Abbildungen sind Lösungen des Startwertproblems Df = 0, f (0) = exp(w).Daraus folgt: f1 =
f2 ⇒ exp(z + w) = exp(z) exp(w) ∀z, w ∈ C. Damit ist die GruppenhomomorphismusEigenschaft gezeigt.
Bezeichne nun d exp das totale Differential von exp : R2 → R2 \ {(0, 0)}. Wir zeigen, daß
d exp überall den vollen Rang ran(d exp) = 2 hat. Zunächst gilt:
1 0
d exp|(0,0) =
,
0 1
16
FUNKTIONENTHEORIE-SKRIPT
KAPITEL 2. MAIN PART
Prof. Alan T. Huckleberry
2.1. EXPONENTIALREIHE
denn:

∂
∂
< exp|(0,0)
< exp|(0,0)


∂y
d exp|(0,0) =  ∂x
,
∂
∂
= exp|(0,0)
= exp|(0,0)
∂x
∂y
∂
∂
wobei
</=(f ) := </=
f mit ξ ∈ {x, y}.
∂ξ
∂ξ ∂
∂
∂
∂
∂
∂
=
+
und
=ı
+
, folgt die obige Darstellung des Differentials
Mit
∂x
∂z ∂z
∂y
∂z ∂z
im Punkte (0, 0).
Für einen beliebigen Punkt w ∈ C gilt: d exp|w = exp(w) · Id 6= 0, denn exp(w) ∈ C∗ .
Daraus folgt, daß, als Abbildung R2 → R2 , d exp|w stets den vollen Rang hat, womit exp
ein lokaler Diffeomorphismus ist.

Es ist also Ker(D) = {λE | λ ∈ C} = C · E 1-dimensional. Und, da die Exponentialabbildung ein Gruppenhomomorphismus ist, existiert kein Unterschied zwischen der
Addition und Multiplikation.
Die Exponentialabbildung ist ein kanonisch definierter holomorpher
Gruppenisomorphismus zwischen (K, +) und (K, ·)
Es gilt: |E|2 (z) = E(z)E(z) = E(z)E(z) = E(z + z) = E(2<(z)) = exp(2<(z)).
17
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