Psychosomatik der koronaren Herzkrankheit 9. Frühlingsworkshop Kardiologie Saalekreis Teutschenthal 28. März2014 Dr. med. Thilo Hoffmann Chefarzt Diakoniekrankenhaus Halle Dr. med. Thilo Hoffmann KHK und Psyche • Volksweisheiten: z.B. „Mir bricht das Herz.“ • Persönlichkeit und Verhalten: „hart arbeitend, immer auf den Erfolg gerichtet und als Märtyrer der eigenen Ideale“ (Dunbar); • „von Ehrgeiz besessen, dabei außerordentlich verletzlich gegenüber Beschämung und Herabsetzung“ (Schneider) • „Typ-A-Verhaltensmuster“, „ManagerKrankheit)“ • Bedeutung der sozialen Situation Dr. med. Thilo Hoffmann 1 Psychosozialen Risikofaktoren • • • • • • • • Niedriger sozioökonomischer Status Psychosozialer Stress am Arbeitsplatz und in der Familie Soziale Isolation oder Mangel an sozialer Unterstützung Episodische und chronische Depressivität Akute und chronische Angst Feindseligkeit bzw. Neigung zu Ärger Typ-D-Persönlichkeit: Negative Affektivität bei sozialer Inhibition Dr. med. Thilo Hoffmann Depression • Wahrscheinlichkeit Gesunder, eine KHK zu entwickeln: + 60 % (Ladwig et al. 2004, 2008, Herrmann-Lingen u. Meinertz 2010) • Risiko, bei bestehender KHK an den Folgen der Erkrankung zu sterben +50% (Ladwig et al. 2008; Herrmann-Lingen u. Meinertz 2010) • Patienten nach Myokardinfarkt: DosisWirkungs-Beziehung: Sterblichkeit verdreifacht in den am stärksten von depressiven Symptomen betroffenen Patienten (Herrmann-Lingen u. Buss 2002, Albus u. Herrmann-Lingen 2011) Dr. med. Thilo Hoffmann 2 Gründe? • ungünstigeres Gesundheitsverhalten bei Depressiven (z. B. Rauchen, Fehlernährung, Bewegungsmangel) • Verhaltensumstellung fällt schwerer • chronisch erhöhte Aktivität des Sympathikus und der Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse Dr. med. Thilo Hoffmann Depression nach Herzinfarkt • • • • 30 % depressive Symptomatik 20 % „Depressive Störung“ gut einfühlbare emotionale Reaktion wie Trauerprozess Dr. med. Thilo Hoffmann 3 Angst • Panikattacken verdoppeln bei älteren Menschen das Risiko, eine KHK zu entwickeln (Roest et al. 2010a) • generalisierte Angststörung, phobische Angst und Panikattacken verschlechtern den Verlauf einer bestehenden KHK (Roest et al. 2010b) • Aber: erhöhte Sterblichkeit ängstlicher KHKPatienten nur in der Akutphase oder bei Herzinsuffizienz • Ängstliche Patienten mit einer guten Ventrikelfunktion haben besseren Verlauf (Meyer et al. 2010) – weniger Verleugnung? Dr. med. Thilo Hoffmann Biopsychosoziales Modell zur Ätiologie und Pathogenese der koronaren Herzkrankheit (aus: Herrmann-Lingen C. Biopsychosoziale Faktoren in Genese und Manifestation der koronaren Herzkrankheit. Z Psychosom Med Psychother 2000; 46: 315–330). Dr. med. Thilo Hoffmann 4 Psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlungsansätze • Ergänzung der „Standardrehabilitation“ (z.B. Ernährungsberatung und Bewegungstraining) um psychotherapeutische und/oder psychoedukatorische Interventionen zur Förderung der Krankheitsverarbeitung (Coping) und der Stressbewältigung (z. B. Stress-Management-Training) ist prinzipiell dazu geeignet, die Prognose der KHK – z. B. in Bezug auf die Reinfarkt- oder Todesrate – günstig zu beeinflussen. (Langosch et al. 2003) Dr. med. Thilo Hoffmann Psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlungsansätze • Vielzahl sog. „multimodaler“ Konzepte • Männer profitieren hinsichtlich Mortalität mehr als Frauen • Interventionen mit Latenz von mindestens zwei Monaten hatten günstigere Effekte auf die kardiale Ereignisrate • nur schwache Effekte auf psychologische Faktoren wie Depressivität, Angst und Ärger (Linden et al. 2007) • Bisher kein Nachweis eines generell positiven Effektes antidepressiver Psychotherapie auf den Verlauf der KHK • Aktuelle Studie SPIRR-CAD: Stepwise Psychotherapie Intervention for Reducing Risk in Coronary Artery Disease (Herrmann-Lingen, Albus 2014) Dr. med. Thilo Hoffmann 5 „Typ-D (=distressed) Persönlichkeit“ • „negative Affektivität“ (Depressivität, Ängstlichkeit, angespannt oder verärgert sein) + Unfähigkeit, Emotionen auszudrücken • bei sozialer Inhibition • Risiko bei bestehender KHK auf einen ungünstigen Verlauf wird mehr als verdoppelt (Denollet et al. 2008) Dr. med. Thilo Hoffmann Warum die geringen Effekte? • Laufzeit der Studien meist viel zu kurz • vergleichsweise geringe „Psychotherapiedosis“ (4-11 Sitzungen) • Gruppentherapie kam oft nicht zustande • IPT über zwölf Sitzungen hinsichtlich depressiver Symptome weniger wirksam als „Enhanced Clinical Management“ (einmal wöchentlich 20- bis 25-minütige supportive Gespräche mit psychologisch geschulten MitarbeiterInnen mit dem Fokus „Krankheitsbewältigung“) • = Psychosomatische Grundversorgung! Dr. med. Thilo Hoffmann 6 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. med. Thilo Hoffmann Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Diakoniewerk Halle (Saale) Mühlweg 7 06114 Halle (Saale) Tel.: 0345 / 7787109 Fax: 0345 / 7786326 [email protected] Dr. med. Thilo Hoffmann 7