Teiler, Vielfache, Reste

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Teiler, Vielfache, Reste
Ausgehend von einer anschaulichen Sachsituation definieren wir im ersten Abschnitt die
Teilbarkeits- und Vielfachenrelation zunächst in der Menge N der natürlichen Zahlen und
danach auch in der umfassenderen Menge Z der ganzen Zahlen. Wir greifen an einigen
Stellen dieses Bandes auf die Definition in Z zurück, da so die entsprechenden Beweise
leichter werden, weil keine Fallunterscheidungen notwendig sind.
Im zweiten Abschnitt thematisieren wir ausgehend von der Untersuchung von Pfeildiagrammen die Eigenschaften der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation, die sie als Ordnungsrelation charakterisieren. Insbesondere die Transitivität benötigen wir im Folgenden
an verschiedenen Stellen dieses Bandes, so etwa in den folgenden Kapitel 3, 4 und 5.
Die Verträglichkeit der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation mit der Addition, Subtraktion und Multiplikation steht im Mittelpunkt des dritten Abschnitts. Wir leiten hier die
Summen-, Differenz- und Produktregeln ab – Regeln, auf die wir ebenfalls im weiteren
Aufbau dieses Bandes häufiger zurückgreifen.
Die im zweiten und dritten Abschnitt abgeleiteten Sätze lassen sich auf verschiedenen
Begründungsniveaus beweisen. Da wir dies im Band Einführung Mathematik Primarstufe – Arithmetik1 schon gründlich thematisiert haben, fassen wir uns hier kürzer und
beweisen die Sätze in diesem Kapitel unter Verwendung von Variablen, während wir auf
beispielgebundene Beweisstrategien auf der ikonischen Repräsentationsebene nur in den
Aufgaben eingehen. Daher erfolgt hier gegenüber dem entsprechenden Kapitel im Band
Einführung Mathematik Primarstufe – Arithmetik [7] eine Vertiefung der Behandlung der
Teilbarkeits- und Vielfachenrelation in zweierlei Hinsicht, nämlich in Hinblick auf die zugrundeliegende Zahlenmenge (nicht ausschließlich N bzw. N0 , sondern auch Z) sowie in
Hinblick auf das Begründungsniveau.
Während in den Abschnitten 2.1 bis 2.3 der Rest bei Verwendung der Divisionssprechweise speziell jeweils null ist, beschäftigen wir uns im vierten Abschnitt generell mit
der Division mit Rest. Wir beweisen hier den für viele Bereiche wichtigen und beweis1
Vgl. Padberg/Büchter [7], S. 77 ff.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
F. Padberg, A. Büchter, Vertiefung Mathematik Primarstufe – Arithmetik/Zahlentheorie,
Mathematik Primarstufe und Sekundarstufe I + II, DOI 10.1007/978-3-662-45987-4_2
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Teiler, Vielfache, Reste
technisch etwas anspruchsvolleren Satz von der Division mit Rest. Auf dieser Grundlage
können wir im fünften Abschnitt die Restgleichheitsrelation (Kongruenzrelation) einführen und wichtige Eigenschaften dieser Relation ableiten. Diese Restgleichheitsrelation
wird bei unserem Zugangsweg zu den Teilbarkeitsregeln (Kapitel 6) sowie bei der Thematisierung von Restklassen und algebraischen Strukturen im Kapitel 8 eine wichtige
Rolle spielen.
2.1
Einführung
Zur Einführung der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation gehen wir von folgender Sachsituation aus:
Vor Pia liegen 18 Walnüsse auf dem Tisch. Diese will sie gleichmäßig in Netze verpacken. Welche verschiedenen Möglichkeiten gibt es, wenn stets alle Nüsse restlos verpackt
werden sollen?
Pia kann 2 Netze mit jeweils 9, 3 Netze mit jeweils 6, 6 Netze mit jeweils 3 oder
9 Netze mit jeweils 2 Nüssen füllen. Ferner kann sie 18 Netze mit jeweils einer Nuss
oder ein einziges Netz mit allen 18 Nüssen füllen. Dagegen kann Pia beispielsweise nicht
jeweils 5 Walnüsse gleichmäßig und restlos in Netze verpacken. Hierbei bleiben vielmehr
3 Nüsse übrig.
Wir können die verschiedenen Möglichkeiten enaktiv mit Nüssen und Netzen oder
ikonisch – wie beispielsweise in der vorstehenden Abbildung geschehen – gewinnen.2
2
Die Division wird in der Grundschule anschaulich über die Grundvorstellungen des Aufteilens und
des Verteilens eingeführt. Für genauere Details vgl. Padberg/Benz [6], S. 152 ff. Der beim vorstehenden Beispiel beschrittene Weg entspricht der Grundvorstellung des Aufteilens. Beim Aufteilen
wird eine gegebene Ausgangsmenge restlos in gleichmächtige Teilmengen (Teilmengen mit jeweils
gleicher Elementenzahl; vgl. die Netze in der vorstehenden Abbildung) zerlegt. Gesucht ist die Anzahl der Teilmengen.
2.1 Einführung
17
Wesentlich schneller lassen sich die verschiedenen Möglichkeiten jedoch rein auf der
Zahlenebene bestimmen.
2.1.1 Rückgriff auf die Division
Wir können nämlich offensichtlich 18 Walnüsse genau dann jeweils restlos zu dritt in
Netze füllen, wenn die Division 18 W 3 ohne Rest aufgeht. Das Ergebnis 6 gibt uns die
Anzahl der Netze an. Dagegen können wir die 18 Walnüsse nicht restlos zu fünft in Netze
packen, da bei der Division 18 W 5 der Rest 3 bleibt.
2.1.2
Rückgriff auf die Multiplikation
Statt durch Rückgriff auf die Division können wir die verschiedenen Möglichkeiten
aber auch gleichwertig mithilfe der Multiplikation bestimmen. Wir können nämlich die
18 Nüsse genau dann restlos und gleichmäßig zu dritt in Netze packen, wenn es eine
natürliche Zahl n gibt mit n 3 D 18. Hierbei gibt uns die natürliche Zahl n – in diesem
Beispiel die Zahl 6 – die Anzahl der Netze an. Dagegen können wir die 18 Walnüsse
nicht restlos und gleichmäßig in Netze zu fünft verpacken, da es keine natürliche Zahl
n gibt mit n 5 D 18; denn die Zahl 3 ist wegen 3 5 D 15 zu klein, der Nachfolger 4
wegen 4 5 D 20 aber schon zu groß. Besteht zwischen zwei natürlichen Zahlen a und
b eine entsprechende Beziehung wie in unserem Beispiel zwischen 3 und 18, also die
Beziehung n a D b, so sagen wir knapp: a ist Teiler von b bzw. b ist ein Vielfaches
von a. Besteht dagegen zwischen zwei natürlichen Zahlen a und b eine entsprechende
Beziehung wie zwischen 5 und 18, so sagen wir hierzu kurz: a ist kein Teiler von b bzw.
b ist kein Vielfaches von a. Wir halten dies fest als:
Definition 2.1 (Teiler/Vielfache)
Die natürliche Zahl a heißt genau dann ein Teiler der natürlichen Zahl b, wenn
(mindestens) eine natürliche Zahl n existiert mit n a D b. Dann heißt gleichzeitig
b Vielfaches von a. In beiden Fällen benutzen wir die Schreibweise a j b, und lesen
sie im Fall der Teilbarkeitsbeziehung von links nach rechts a teilt b oder a ist ein
Teiler von b, im Falle der Vielfachenbeziehung von rechts nach links als b ist ein
Vielfaches von a.
Bemerkungen
1. Ist a kein Teiler von b bzw. b kein Vielfaches von a, so schreiben wir hierfür kurz a − b.
2. Aufgrund der Definition 2.1 ist unmittelbar klar: a ist genau dann ein Teiler von b,
wenn b ein Vielfaches von a ist.
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2
Teiler, Vielfache, Reste
3. Bei der Verwendung der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation legen wir in diesem Band
meist die Menge N D f1; 2; 3; : : :g der natürlichen Zahlen oder die Menge N0 der natürlichen Zahlen einschließlich der Null zugrunde. Beim Übergang zu N0 kommen bei
entsprechender Erweiterung der Definition 2.1 nur folgende Teilbarkeits- und Vielfachenaussagen hinzu: 0 − n für alle n 2 N, n j 0 für alle n 2 N sowie 0 j 0
(vgl. Aufgaben 1 und 2). Daher betrachten wir im Folgenden die Teilbarkeits- und
Vielfachenrelation meist in der Menge N der natürlichen Zahlen.
4. In Definition 2.1 fordern wir die Existenz „(mindestens) einer Zahl“ mit n a D b.
Bei Beschränkung auf N könnten wir dort „genau eine Zahl“ fordern. Beim Übergang
zu N0 und zu den ganzen Zahlen Z gilt dies jedoch nicht mehr generell (Ausnahme:
0 j 0). Für alle natürlichen und ganzen Zahlen n gilt dort n 0 D 0.
5. Wir definieren die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation in Definition 2.1 durch Rückgriff auf die Multiplikation und nicht durch Rückgriff auf die Division, da dieser
Ansatz beim Beweisen von Eigenschaften der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation vorteilhafter ist und so auch der direkte Zusammenhang zwischen Teilern und Vielfachen
besser sichtbar wird.
6. Beim Dividieren zweier Zahlen können von Null verschiedene Reste auftreten, beim
Teilen im Sinne von Definition 2.1 dagegen nicht. In diesem Sinne ist also das Teilen
ein Spezialfall des Dividierens. Ferner ist beim Teilen und Dividieren die gesuchte
Information unterschiedlich: Beim Teilen wollen wir nur wissen, ob eine Zahl in einer
zweiten Zahl enthalten ist, beim Dividieren dagegen zusätzlich, wie oft der Divisor im
Dividenden enthalten ist.
7. Die Menge aller Teiler einer natürlichen Zahl a bezeichnen wir als Teilermenge T .a/,
die Menge aller Vielfachen einer natürlichen Zahl a als Vielfachenmenge V .a/. So
gilt beispielsweise T .18/ D f1; 2; 3; 6; 9; 18g oder V .6/ D f6; 12; 18; 24; : : :g. Ist a
ein Teiler von b, gilt also n a D b, so ist wegen der Gültigkeit des Kommutativgesetzes bezüglich der Multiplikation auch n ein Teiler von b. Wir nennen a und n
komplementäre Teiler (bezüglich b). Wir können Teilermengen T .a/ mithilfe dieser
komplementären Teiler oder – noch wesentlich effektiver – mit Hilfe der Primfaktorzerlegung von a bestimmen (vgl. Kapitel 4).
2.1.3 Ganze Zahlen
Gelegentlich betrachten wir in diesem Band auch die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation
in der umfassenderen Menge Z D f. . . ; 3; 2; 1; 0; 1; 2; 3; : : :g der ganzen Zahlen,
um so Beweise – durch den damit möglichen Verzicht auf sonst notwendige Fallunterscheidungen bei ausschließlicher Benutzung von N – einfacher durchführen zu können.
Völlig analog zur Definition 2.1 können wir definieren:
2.2 Teilbarkeits- und Vielfachenrelation als Ordnungsrelationen
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Definition 2.2 (Teiler/Vielfache in Z)
Die ganze Zahl a heißt genau dann Teiler der ganzen Zahl b, wenn (mindestens)
eine ganze Zahl z existiert mit z a D b. Dann heißt gleichzeitig b Vielfaches von
a. Anderenfalls gilt: a ist kein Teiler von b bzw. b ist kein Vielfaches von a. (Die
Kurzschreibweisen a j b bzw. a − b sowie die Sprechweisen bleiben gegenüber N
unverändert.)
Bemerkungen
1. Wir beziehen uns im Folgenden nur dann auf die Definition 2.2, wenn wir dies ausdrücklich erwähnen, ansonsten beziehen wir uns auf die Definition 2.1.
2. Insbesondere betrachten wir im Folgenden im Regelfall nur positive Vielfache natürlicher Zahlen. Betrachten wir ganzzahlige Vielfache – dies geschieht z. B. in Teilen von
Kapitel 5 –, so verwenden wir hierfür der Deutlichkeit halber statt V .a/ das Symbol
M.a/. So gilt beispielsweise M.2/ D f: : : ; 4; 2; 0; 2; 4; : : :g.
2.2 Teilbarkeits- und Vielfachenrelation als Ordnungsrelationen
2.2.1
Veranschaulichung durch Pfeildiagramme
Betrachten wir die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation nicht nur zwischen zwei gegebenen Zahlen, sondern in einer umfangreicheren Zahlenmenge, so können wir sie durch
Pfeildiagramme veranschaulichen. Hierzu ordnen wir jeder Zahl der Menge eindeutig
einen Punkt der Zeichenebene zu. Gilt für zwei Zahlen a und b unserer Menge a teilt b,
so zeichnen wir einen Pfeil von a nach b; gilt b ist ein Vielfaches von a, so zeichnen wir
einen Pfeil von b nach a. Offensichtlich können wir so zu einer gegebenen Menge viele –
äußerlich verschiedene – Pfeildiagramme zeichnen. Hierbei stimmen entsprechende Pfeildiagramme zur Teilbarkeits- und Vielfachenrelation jeweils bis auf den folgenden Punkt
überein: Sämtliche Pfeile verlaufen jeweils umgekehrt. Zweckmäßigerweise ordnen wir
die Zahlen in der Ebene so an, dass das Pfeildiagramm möglichst übersichtlich bleibt. So
können wir für die Menge A D f3; 4; 6; 8; 9; 12g beispielsweise folgendes Pfeildiagramm
für die Teilbarkeitsrelation erhalten:
20
2
Teiler, Vielfache, Reste
Bei dem zugehörigen Pfeildiagramm für die Vielfachenrelation verlaufen sämtliche
Pfeile – bis auf die „Ringpfeile“ – jeweils umgekehrt.
Analysieren wir verschiedene Pfeildiagramme, so können wir u. a. folgende Beobachtungen machen:
Jede Zahl besitzt jeweils einen Ringpfeil.
Es gibt in den Pfeildiagrammen nie Doppelpfeile, also Pfeile, die zwei verschiedene
Zahlen a und b in beiden Richtungen miteinander verbinden.
In algebraischer Formulierung bedeuten diese Eigenschaften:
Für alle a 2 N gilt a j a. Wir sagen hierzu: Die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation
ist reflexiv.
Für a ¤ b kann nie gleichzeitig a j b und b j a gelten. Wir können dies logisch
gleichwertig umformulieren in: Aus a j b und b j a folgt a D b. Wir sagen: Die
Teilbarkeits- und Vielfachenrelation sind identitiv oder antisymmetrisch.
Wir halten diese Aussagen fest als:
Satz 2.1
Für alle a; b 2 N gilt:
1. a j a (reflexiv)
2. Aus a j b und b j a folgt a D b (identitiv oder antisymmetrisch).
I Beweis
1. Wegen 1 a D a für alle a 2 N ergibt sich die Reflexivität direkt durch Rückgriff auf
die Definition 2.1.
2. Aus a j b und b j a folgt nach Definition 2.1: Es gibt natürliche Zahlen n und m mit
n a D b und m b D a. Durch Einsetzen der ersten Gleichung in die zweite Gleichung
erhalten wir:
H)
H)
H)
H)
m .n a/ D a
.m n/ a D a
mnD1
m D 1 und n D 1
aDb
(Assoziativgesetz)
.Streichungsregel in N/
.m > 1 _ n > 1 ) m n > 1/
(Einsetzen)
2.2 Teilbarkeits- und Vielfachenrelation als Ordnungsrelationen
21
Bemerkung
Während die Reflexivität auch bei dem Studium der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation in der Menge Z der ganzen Zahlen gültig bleibt, gilt dies nicht für die Identitivität
(vgl. Aufgabe 4).
2.2.2
Überbrückungspfeile/Transitivität
Durch die Analyse verschiedener Pfeildiagramme können wir auch zu folgender weiterer
Vermutung gelangen: Gibt es einen Pfeil von einer Zahl a zu einer Zahl b und gleichzeitig
auch einen Pfeil von dieser Zahl b zu einer dritten Zahl c, dann gibt es stets auch einen
direkten Pfeil von a nach c (Überbrückungspfeil). Algebraisch formuliert lautet diese
Vermutung: Für alle a; b; c 2 N gilt: Aus a j b und b j c folgt a j c. Wir nennen diese
Eigenschaft Transitivität und formulieren:
Satz 2.2 (Transitivität)
Für alle natürlichen Zahlen a; b; c gilt:
Aus a j b und b j c folgt a j c.
I Beweis Aus a j b und b j c folgt: Es gibt natürliche Zahlen m und n mit der Eigenschaft ma D b und nb D c. Setzen wir die erste Gleichung in die zweite ein, so erhalten
wir:
n .m a/ D c
H) .n m/ a D c (Assoziativgesetz)
„ ƒ‚ …
H)
q a D c .q D n m; q 2 N/
H)
a j c (Definition 2.1)
Bemerkungen
1. Wir können viele Eigenschaften der Teilbarkeits- und Vielfachenrelation – so auch
die Transitivität – gut auf verschiedenen Begründungsniveaus3 beweisen. Neben
dem hier durchgeführten Beweis mit Variablenbenutzung können wir die Transitivität
beispielsweise auch mit einer beispielgebundenen Beweisstrategie auf der ikonischen
Repräsentationsebene begründen (vgl. Aufgabe 6).
3
Vgl. Padberg/Büchter [7]. In diesem Band gehen wir gründlich auf verschiedene Begründungsniveaus ein und beweisen dort auch die Transitivität beispielsweise auf drei verschiedenen
Begründungsniveaus.
22
2
Teiler, Vielfache, Reste
2. Untersuchen wir die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation statt in der Menge N der natürlichen Zahlen in der Menge Z der ganzen Zahlen, so gilt auch dort die Transitivität
(vgl. Aufgabe 7).
2.2.3 Ordnungsrelation
Die Teilbarkeits- und Vielfachenrelation ist also reflexiv, identitiv und transitiv. Relationen mit diesen Eigenschaften bezeichnen wir als identitive Ordnungsrelationen4 . Wir
nennen reflexive und transitive Relationen Ordnungsrelationen, weil sie die Elemente
einer gegebenen Menge nach bestimmten Gesichtspunkten ordnen. So bewirkt die Transitivität, dass die Elemente einer gegebenen Menge in „Ketten“ aufeinanderfolgender
Elemente angeordnet werden können. Wegen der Identitivität kann hierbei die Reihenfolge zweier Elemente nicht vertauscht werden. Weitere identitive Ordnungsrelationen
sind die -Relation in N (oder in Teilmengen von N/ sowie die -Relation in Mengen
von Mengen. Hierbei existiert allerdings zwischen der -Relation und der -Relation
ein wichtiger Unterschied: Je zwei Elemente aus N können wir stets bezüglich „“ vergleichen (totale Ordnung), dies gilt dagegen nicht für die -Relation, wie an Beispielen
leicht abgeklärt werden kann.
2.3
Summen- und Produktregeln
Zwei gegebene wahre Gleichheitsaussagen – beispielsweise a D b und c D d – dürfen wir stets seitenweise addieren und erhalten so mit a C c D b C d wiederum eine
wahre Gleichheitsaussage. Gilt Entsprechendes wie bei der Gleichheitsrelation auch bei
der Teilbarkeits- bzw. Vielfachenrelation? Betrachten wir als Beispiel 2 j 6 und 4 j 12.
Die Addition der linken Seiten ergibt 2 C 4 D 6, die Addition der rechten Seiten ergibt
6 C 12 D 18, und es gilt .2 C 4/ j .6 C 12/; denn 6 j 18. Entsprechendes gilt auch für das
Beispiel 3 j 18 und 2 j 12; denn .3 C 2/ j .18 C 12/, da 5 j 30. Die Untersuchung weiterer
Beispiele zeigt jedoch, dass wir keineswegs zwei Teilbarkeits- bzw. Vielfachenaussagen
stets seitenweise addieren dürfen (Beispiel: 3 j 9 und 6 j 12, aber 9 − 21), sondern dass
dies in dieser Form nur in wenigen Sonderfällen funktioniert.
2.3.1 Summenregel
Dennoch ist die Teilbarkeits- bzw. Vielfachenrelation mit der Addition in gewisser Weise verträglich, nur nicht in dieser allgemeinen Form. Folgendes Beispiel weist uns in die
4
Vgl. Padberg/Büchter [7], S. 161ff. Die Terminologie bei Ordnungsrelationen ist allerdings in der
Literatur durchaus nicht einheitlich.
2.3 Summen- und Produktregeln
23
richtige Richtung: Gilt 7 j 140:217? Wir haben zwei verschiedene Möglichkeiten, die
Richtigkeit dieser Teilbarkeits- bzw. Vielfachenaussage zu beurteilen. Ein (hier aufwändiger) Weg, der jedoch immer beschritten werden kann, ist die schriftliche Division von
140.217 durch 7. Die Zahl 140.217 können wir aber auch sehr leicht in zwei Summanden
zerlegen, nämlich in 140.000 und 217, bei denen wir ohne (schriftliche) Rechnung direkt
sehen, dass sie durch 7 teilbar sind. Falls wir aus der Teilbarkeit zweier Zahlen durch 7 auf
die Teilbarkeit ihrer Summe durch 7 schließen können, verfügen wir über einen zweiten,
wesentlich eleganteren Weg zur Entscheidung der Frage, ob 7 j 140:217 gilt. Dass dieser
Schluss stets erlaubt ist, sagt aus:
Satz 2.3 (Summenregel)
Für alle natürlichen Zahlen a; b; c gilt:
Aus a j b und a j c folgt a j .b C c/.
I Beweis Aus a j b und a j c folgt: Es gibt natürliche Zahlen m und n mit der Eigenschaft m a D b und n a D c. Seitenweise Addition dieser beiden Gleichungen
ergibt:
maCna DbCc
H) .m C n/ a D b C c (Distributivgesetz)
„ ƒ‚ …
H)
q a D b C c .q D m C n; q 2 N/
H)
a j .b C c/ (Definition 2.1)
Bemerkungen
1. Die Summenregel können wir auf verschiedenen Begründungsniveaus beweisen5 ,
so beispielsweise neben diesem Beweis mit Variablenbenutzung auch mittels einer
beispielgebundenen Beweisstrategie (vgl. Aufgabe 8).
2. Ersetzen wir im Beweisgang von Satz 2.3 jeweils das Wort natürliche Zahl durch das
Wort ganze Zahl, so bleibt der Beweis gültig. Damit gilt Satz 2.3 nicht nur für natürliche Zahlen, sondern sogar für die umfassendere Menge Z der ganzen Zahlen.
Gilt in Satz 2.3 nur eine der beiden Voraussetzungen, also beispielsweise a j b und
a − c (vgl. auch Aufgabe 9), so gilt auch der dortige Schluss nicht mehr. Vielmehr gilt
dann:
5
Vgl. Padberg/Büchter [7], S. 76ff.
24
2
Teiler, Vielfache, Reste
Satz 2.4 (Variante der Summenregel)
Für alle natürlichen Zahlen a; b; c gilt:
Aus a j b und a − c folgt a − .b C c/.
I Beweis Wegen a j b gibt es eine natürliche Zahl m mit m a D b. Wegen a − c
gibt es keine natürliche Zahl n mit n a D c. Vielmehr bleibt in diesem Fall ein von null
verschiedener Rest r übrig mit 0 < r < a, und es gilt:
n a C r D c mit 0 < r < a :
Insgesamt gilt also:
m a D b und n a C r D c
maCnaCr DbCc
.m C n/ a C r D b C c
„ ƒ‚ …
H)
q
aCr DbCc
H)
a − .b C c/
H)
H)
mit 0 < r < a
(seitenweise Addition)
(Distributivgesetz)
.q D m C n; q 2 N/
(Definition 2.1)
2.3.2 Differenzregel
Besteht ein Satz 2.3 entsprechender Zusammenhang auch zwischen der Teilbarkeits- bzw.
Vielfachenrelation und der Subtraktion? Während wir bei der Addition zweier natürlicher
Zahlen stets wieder eine natürliche Zahl als Summe erhalten, trifft dies für die Subtraktion
nicht uneingeschränkt zu. Die Differenz b c zweier natürlicher Zahlen b und c ist nämlich nur genau dann wieder eine natürliche Zahl, wenn b > c gilt. Bei der Formulierung
der Differenzregel in N müssen wir also voraussetzen, dass b > c gilt. Wir erhalten:
Satz 2.5 (Differenzregel)
Für alle natürlichen Zahlen a; b; c mit b > c gilt:
Aus a j b und a j c folgt a j .b c/.
Bemerkung
Formulieren wir die Differenzregel für die umfassendere Menge Z der ganzen Zahlen, so
ist keinerlei Fallunterscheidung nötig. In diesem Fall gilt:
Für alle ganzen Zahlen a; b; c gilt: Aus a j b und a j c folgt a j .b c/.
http://www.springer.com/978-3-662-45986-7
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