Harmonische Analyse abelscher Gruppen

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Harmonische Analyse abelscher Gruppen
Anton Deitmar
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
Haar-Maße
1.1
Topologische Gruppen . . . . .
1.2
Lokalkompakte Gruppen . . .
1.3
Haar-Maß . . . . . . . . . . . .
1.4
Die Modularfunktion . . . . .
1.5
Die Quotienten-Integralformel
1.6
Faltung . . . . . . . . . . . . . .
1.7
Die Fourier-Transformation . .
1.8
Projektive Limiten . . . . . . .
1.9
Zusammenhang . . . . . . . .
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3
3
12
14
26
32
40
46
47
51
Banach-Algebren
2.1
Banach-Algebren . . . . . . . . .
2.2
Das Spektrum . . . . . . . . . . .
2.3
Adjunktion einer Eins . . . . . .
2.4
Die Gelfand-Abbildung . . . . .
2.5
Maximale Ideale . . . . . . . . .
2.6
Der Satz von Gelfand-Neumark
2.7
Der stetige Funktionalkalkül . .
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58
64
69
71
77
80
88
Dualität abelscher Gruppen
3.1
Die duale Gruppe . . . . . . . . . . . . .
3.2
Die Fourier-Transformation . . . . . . . .
3.3
Die C*-Algebra einer LCA-Gruppe . . . .
3.4
Ein hilfreicher Banach-Raum . . . . . . .
3.5
Pontryagin-Dualität und Plancherel-Satz
3.6
Die Poissonsche Summenformel . . . . .
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95
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107
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Die Struktur von of LCA-Gruppen
4.1
Wegzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2
Die Struktursätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3
Beweise der Struktursätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126
126
134
137
2
Kapitel 1
Haar-Maße
1.1
Topologische Gruppen
Eine topologische Gruppe ist eine Gruppe G mit einer Topologie auf
der Menge G, so dass die Multiplikation und die Inversion
G×G → G
G → G
x 7→ x−1 ,
(x, y) 7→ xy,
stetige Abbildungen sind.
Bemerkung 1.1.1. (a) Ist die Topologie durch eine Metrik gegeben, so
ist die Stetigkeit der beiden Abbildungen äquivalent zu folgender
Aussage: Sind a j → a und b j → b konvergente Folgen in G, konvergieren
−1
a−1
j →a .
a j b j → ab,
Für beliebige Topologien muss man die Folgen durch Netze ersetzen.
(b) Für die Stetigkeit von Multiplikation und Inversion reicht es, die
Stetigkeit der Abbildung α : (x, y) → x−1 y nachzuweisen. Um dies zu
beweisen, nimm an, dass α stetig ist und beachte, dass die Abbildung
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Harmonische Analyse abelscher Gruppen
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G → G × G, x 7→ (x, e) stetig ist, wobei e das neutrale Element der
Gruppe G ist. Man kann daher die Inversion als Komposition stetiger
Abbildungen wie folgt schreiben:
x 7→ (x, e) 7→ x−1 e = x−1 .
Die Multiplikation ist die Komposition der nunmehr stetigen
Abbildung (x, y) 7→ (x−1 , y) gefolgt von der Abbildung α, ist also stetig.
Beispiele 1.1.2.
• Jede beliebige Gruppe wird eine topologische
Gruppe, wenn wir sie mit der diskreten Topologie versehen, d.h.,
wenn einfach jede Menge offen ist. In diesem Fall sprechen wir von
einer diskreten Gruppe.
• Die additive und die multiplikative Gruppe (R, +) und (R× , ×) der
reellen Zahlen sind topologische Gruppen mit den üblichen
Topologien. Ebenso die Gruppe GLn (R) aller reeller invertierbarer
2
n × n-Matrizen, die mit der Topologie von Rn ausgestattet wird via
2
GLn (R) ⊂ Mn (R) Rn , wobei Mn (R) die Menge aller
n × n-Matrizen über R ist.
Zum Beweis dieser Aussagen beachte, dass ,man in der Analysis
zeigt, dass für konvergente reelle Folgen ai → a und bi → b die
Folge ai − bi gegen a − b konvergiert, was nach oben gesagtem
impliziert, dass (R, +) eine topologische Gruppe ist. Der Beweis für
die multiplikative Gruppe geht ähnlich. Für die Matrixgruppe
beachte, dass Matrizen-Multiplikation eine polynomiale
Abbildung in den Matrixeinträgen ist und daher stetig. Ebenso ist
die Determinante eine polynomiale Abbildung det : Mn (R) → R.
Damit ist die Inversion durch rationale Koordinaten gegeben, denn
für eine invertierbare Matrix A gilt A−1 = det(A)−1 A# , wobei A# die
Komplementärmatrix von A ist. Die Einträge dieser sind
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
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Determinanten von Untermatrizen von A, also ist die Abbildung
A 7→ A# ebenfalls stetig.
Seien A, B ⊂ G Teilmengen der Gruppe G. Wir schreiben
AB = {ab : a ∈ A, b ∈ B}
und
A−1 = {a−1 : a ∈ A},
sowie A2 = AA, A3 = AAA und so weiter.
Lemma 1.1.3. Sei G eine topologische Gruppe.
(a) Für a ∈ G sind die Translations-Abbildungen x 7→ ax und x 7→ xa, ebenso
wie die Inversion x 7→ x−1 Homöomorphismen von G in sich. Eine Menge
U ⊂ G ist genau dann eine Umgebung von a ∈ G, wenn a−1 U eine
Umgebung des Einselements e ∈ G ist. Dasselbe gilt mit Ua−1 .
(b) Ist U eine Einsumgebung, dann ist U−1 = {u−1 : u ∈ U} ebenfalls eine
Einsumgebung. Wir nennen U eine symmetrische Einsumgebung,
falls U = U−1 . Jede Einsumgebung U enthält eine symmetrische
Einsumgebung, nämlich U ∩ U−1 .
(c) Für eine gegebene Einsumgebung U gibt es eine Einsumgebung V mit
V 2 ⊂ U.
(d) Sind A, B ⊂ G kompakte Teilmengen, dann ist AB kompakt.
(e) Sind A, B Teilmengen von G und ist A oder B offen, dann ist AB offen.
(f) Für eine Teilmenge A ⊂ G ist der topologische Abschluss A in G gleich
A=
\
AV,
V
wobei der Schnitt über alle offenen Einsumgebungen V in G läuft.
Beweis. (a) folgt aus der Stetigkeit der Multiplikation und der Inversion.
(b) folgt aus der Stetigkeit der Inversion.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
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Für (c) sei U eine offene Einsumgebung und sei A ⊂ G × G das Urbild
von U unter der Multiplikationsabbildung m : G × G → G. Dann ist A
offen in der Produkttopologie von G × G. Jede Menge, die offen in der
Produkttopologie ist, ist eine Vereinigung von Mengen der Form
W × X, wobei W, X offene Teilmengen von G sind. Daher existieren
offene Einsumgebungen W, X mit (e, e) ∈ W × X ⊂ A. Sei V = W ∩ X.
Dann ist V eine offene Einsumgebung und V × V ⊂ A, d.h., V 2 ⊂ U.
Für (d) beachte, dass die Menge AB das Bild der kompakten Menge
A × B unter der stetigen Multiplikationsabbildung ist. Da stetige Bilder
kompakter Mengen kompakt sind, ist daher AB kompakt.
S
(e) Nimm an, dass A offen ist, dann ist AB = b∈B Ab als Vereinigung
offener Mengen offen.
Für (f) sei x ∈ A und sei V eine offene Einsumgebung. Dann ist xV −1
eine offene Umgebung von x und daher ist xV −1 ∩ A , ∅. Sei also
a ∈ xV −1 ∩ A. Dann ist a = xv−1 für geeignetes v ∈ V, also ist
x = av ∈ AV, woraus die Inklusion “⊂” folgt. Für die umgekehrte
Inklusion benutzen wir, dass x genau dann in A liegt, wenn W ∩ A , ∅
für jede offene Umgebung W von x gilt. Sei also jetzt x im Schnitt aller
AV wie oben. Sei W eine offene Umgebung von x. Dann ist V = x−1 W
eine Einsumgebung, und daher ist auch V −1 eine Einsumgebung. Also
ist auch x ∈ AV −1 und damit gibt es a ∈ A, v ∈ V mit x = av−1 . Es folgt
a = xv ∈ xV = W. Das bedeutet W ∩ A , ∅. Da W beliebig war, folgt
x ∈ A.
Lemma 1.1.4. Sei H eine Untergruppe der topologischen Gruppe G. Dann ist
der Abschluss H ebenfalls eine Untergruppe von G. Ist H ein Normalteiler,
dann auch H.
Beweis. Sei H ⊂ G eine Untergruppe. Um zu zeigen, dass der Abschluss
H eine Untergruppe ist, reicht es zu zeigen, dass aus x, y ∈ H schon
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
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folgt dass xy−1 ∈ H. Sei α die stetige Abbildung H × H → G gegeben
durch α(x, y) = xy−1 . Das Urbild α−1 (H) ist abgeschlossen und es enthält
die dichte Teilmenge H × H, also ist dieses Urbild schon die ganze
Menge H × H, so dass die erste Aussage folgt. Als nächstes nehmen wir
an, dass H ein Normalteiler ist, also dass für jedes g ∈ G gilt gHg−1 = H.
Da die Abbildung x 7→ gxg−1 ein Homöomorphismus von G ist, ist die
Menge gHg−1 abgeschlossen und enthält gHg−1 = H, so dass H ⊂ gHg−1
folgt. Indem man mit g konjugiert, folgt g−1 Hg ⊂ H. Da dies für jedes g
gilt, kann man auch g durch g−1 ersetzen und erhält gHg−1 = H.
Lemma 1.1.5. Sei G eine topologische Gruppe. Sei A ⊂ G abgeschlossen und
sei K ⊂ G kompakt. Dann ist AK abgeschlossen.
Beweis. Sei (x j = a j k j ) j∈J ein Netz in AK, welches in G konvergiert. Da K
kompakt ist, kann man es durch ein Teilnetz ersetzen, so dass das Netz
ebenfalls
(k j ) in K konvergiert. Dann konvergiert das Netz a j = x j k−1
j
und hat einen Grenzwert in A = A. Damit liegt der Limes von x j = a j k j
in AK, so dass diese Menge abgeschlossen ist.
Lemma 1.1.6. Sei G eine topologische Gruppe und K ⊂ G eine kompakte
Teilmenge. Sei U eine offene Menge, die K umfasst. Dann existiert eine
Einsumgebung V in G, so dass KV ∪ VK ⊂ U. Insbesondere gilt: ist die
Menge U offen und kompakt, so existiert eine Einsumgebung V, so dass
UV = VU = U.
Beweis. Nach Lemma 1.1.3 (c) gibt es zu jedem x ∈ K eine
Einsumgebung Wx so dass xWx2 ⊂ U. Wegen der Kompaktheit von K
S
T
gibt es x1 , . . . , xl ∈ K so dass K ⊂ li=1 xi Wxi . Setze W = li=1 Wxi . Dann
S
S
gilt KW ⊂ li=1 xi Wxi W ⊂ li=1 xi Wx2i ⊂ U. Analog gibt es eine
Einsumgebung W 0 so dass KW 0 ⊂ U. Setze V = W ∩ W 0 , so folgt die
Behauptung.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
8
Bemerkung 1.1.7. Ein topologischer Raum X wird ein T1 -Raum
genannt, falls für x , y in X Umgebungen Ux , U y von x bzw. y existieren,
so dass y < Ux und x < U y . Mit anderen Worten, X ist genau dann ein
T1 -Raum, falls alle einelementigen Mengen {x} in X abgeschlossen sind.
Der Raum X heißt T2 -Raum oder Hausdorff-Raum, falls die
Umgebungen Ux und U y stets disjunkt gewählt werden können.
Jeder T2 -Raum ist ein T1 -Raum.
Beispiele 1.1.8.
• Ein metrischer Raum ist T2 und damit auch T1 .
• Ein Beispiel für einen T1 -Raum, der nicht T2 ist, ist gegeben durch
die Co-endlich-Topologie. Hierbei ist X eine unendliche Menge
und eine Teilmenge U ⊂ X heißt offen, falls U = ∅ oder das
Komplement X r U endlich ist. Für gegebene x , y in X erfüllen
dann die offenen Mengen Ux = X r {y} und U y = X r {x} die
T1 -Bedingung, aber es gibt keine disjunkten Umgebungen, das für
je zwei offene Mengen U, V von denen keine leer ist, stets gilt
U ∩ V , ∅.
Lemma 1.1.9. Sei G eine topologische Gruppe.
(a) Sei H ⊂ G eine Untergruppe. Der Nebenklassenraum
G/H = {xH : x ∈ G} sei mit der Quotiententopologie versehen. Dies ist die
feinste Topologie, die die Projektionsabbildung π : G → G/H stetig macht.
Diese erhält man so, dass man sagt, dass eine Teilmenge von G/H genau
dann offen sein soll, wenn ihr Urbild unter π offen ist.
Dann ist die kanonische Projektion π : G → G/H nicht nur stetig,
sondern auch eine offene Abbildung.
Der Raum G/H ist genau dann ein T1 -Raum, falls die Gruppe H
abgeschlossen ist in G.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
9
Ist H ein Normalteiler in G, dann ist die Quotientengruppe G/H eine
topologische Gruppe.
(b) Für jede offene symmetrische Einsumgebung V ist die Menge
H=
∞
[
Vn
n=1
eine offene Untergruppe von G.
(c) Enthält die Untergruppe H eine offene Untergruppe H0 , dann ist H selbst
offen.
(d) Jede offene Untergruppe von G ist auch abgeschlossen.
Beweis. (a) Sei U ⊂ G offen. Dann ist π−1 (π(U)) = UH nach Lemma
Lemma 1.1.3 (e) ebenfalls offen. Eine Teilmenge von G/H ist genau
dann offen in der Quotiententopologie, wenn ihr Urbild unter π offen
in G ist. Daher ist die Abbildung π in der Tat offen. Demnach wird für
jedes x ∈ G die Menge G r xH genau dann auf eine offene Menge
abgebildet, wenn H abgeschlossen ist. Daher sind die einelementigen
Mengen in G/H genau dann abgeschlossen, wenn H abgeschlossen ist.
Schliesslich nimm an, dass H ein Normalteiler ist. Es gibt einen
kanonischen Gruppenisomorphismus (G × G)/(H × H) → G/H × G/H
und man stellt fest, dass diese Abbildung auch ein Homöomorphismus
ist, wenn man den zweiten Raum mit der Produkttopologie versieht.
Betrachte die Abbildung α : G × G → G, (x, y) 7→ x−1 y und ebenso für
G/H. Wir erhalten ein kommutatives Diagramm
G×G
G/H × G/H
α
/
α
G
/ G/H.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
10
Da G/H × G/H (G × G)/(H × H), ist die Abbildung α genau dann
stetig, wenn die Abbildung G × G → G/H stetig ist, was der Fall ist, da
α und die Projektion stetig sind.
(b) Sei V eine symmetrische Einsumgebung. Für x ∈ V n und y ∈ V m gilt
xy ∈ V n+m und da V symmetrisch ist, gilt auch x−1 ∈ V n , so dass H eine
offene Untergruppe ist.
S
(c) Schreiben wir H = i hi H0 als Vereinigung der Nebenklassen, die
offen sind, so folgt, dass H offen ist.
(d) Sei H eine offene Untergruppe. Wir schreiben G als eine Vereinigung
von Linksnebenklassen, dann ist das Komplement von H gleich
H =GrH =
c
[
gH.
g∈GrH
Da H offen ist, ist gH offen für jedes g ∈ G. Damit ist das Komplement
G r H als Vereinigung offener Menge ebenfalls offen, also ist H
abgeschlossen.
Proposition 1.1.10. Sei G eine topologische Gruppe und sei H = {1} der
Abschluss der Menge {1}.
(a) Die Menge H ist die kleinste abgeschlossene Untergruppe von G. Die
Gruppe H ist ein Normalteiler und der Quotient G/H ist ein T1 -Raum.
(b) Jede stetige Abbildung von G in einen T1 -Raum faktorisiert über den
Quotienten G/H.
(c) Jede topologische Gruppe, die T1 ist, ist schon T2 , also ein Hausdorff-Raum.
Beweis. (a) Die Menge H ist ein Normalteiler nach Lemma 1.1.4. Die
letzte Aussage folgt aus Lemma 1.1.9 (a).
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
11
Für Teil (b) sei x ∈ G. Da die Translation um x ein Homöomorphismus
ist, ist der Abschluss der Menge {x} gleich der Menge xH = Hx. Ist also
A ⊂ G eine abgeschlossene Teilmenge, dann folgt A = AH = HA. Sei
f : G → Y eine stetige Abbildung in einen T1 -Raum Y. Für y ∈ Y ist die
Menge {y} abgeschlossen, also ist f −1 ({y}) abgeschlossen, also von der
Form AH für eine Menge A ⊂ G. Daher folgt f (gh) = f (g) für jedes g ∈ G
und jedes h ∈ H.
Um Teil (c) zu zeigen, sei G eine topologische Gruppe, die ein T1 -Raum
ist. Sei x , y in G und sei U = G r {xy−1 }. Dann ist U eine offene
Einsumgebung. Sei V eine symmetrische Einsumgebung mit V 2 ⊂ U.
Dann gilt V ∩ Vxy−1 = ∅, denn sonst gäbe es a, b ∈ V mit a = b−1 xy−1 ,
also xy−1 = ab ∈ V 2 , was einen Widerspruch bedeutet. Es folgt also, dass
Vx ∩ Vy = ∅,
d.h., Vx und Vy sind disjunkte Umgebungen von x und y, was
bedeutet, dass G ein Hausdorff-Raum ist.
Um Verwechslungen mit der Euler-Zahl zu vermeiden, schreiben wir
ab jetzt 1 oder 1G für das neutrale Element einer Gruppe G.
Lemma 1.1.11. Sei φ : G → H ein Homomorphismus zwischen topologischen
Gruppen G und H. Die Abbildung φ ist genau dann stetig, wenn sie stetig ist
im neutralen Element 1G von G.
Beweis. Sei φ stetig in 1G . Sei x ∈ G beliebig und sei (x j ) ein Netz in G,
das gegen x konvergiert. Dann konvergiert x−1 x j gegen x−1 x = 1G und es
folgt φ(x)−1 φ(x j ) = φ(x−1 x j ) → φ(1G ) = 1H , woraus nach Multiplikation
mit φ(x) folgt φ(x j ) → φ(x). Damit ist φ stetig.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
1.2
12
Lokalkompakte Gruppen
Ein topologischer Raum X heißt lokalkompakt, falls jeder Punkt eine
kompakte Umgebung besitzt. Eine topologische Gruppe G heißt
lokalkompakte Gruppe, falls G als topologischer Raum lokalkompakt
und hausdorffsch ist.
Nach Proposition 1.1.10 hat jede topologische Gruppe G einen größten
Hausdorff-Quotienten und jede stetige Funktion faktorisiert durch
diesen. Das bedeutet, dass, soweit es stetige Funktionen betrifft, die
Gruppe G nicht von ihrem Hausdorff-Quotienten unterschieden
werden kann. Es ist also sinnvoll, sich auf Hausdorff-Gruppen
einzuschränken.
Definition 1.2.1. Eine Teilmenge A ⊂ X eines topologischen Raums X
heißt relativ kompakt, falls der Abschluss A kompakt in X ist.
Eine Teilmenge S von G heißt σ-kompakt, falls S als abzählbare
Vereinigung kompakter Mengen geschrieben werden kann.
Proposition 1.2.2. Sei G eine lokalkompakte Gruppe.
(a) Ist H eine abgeschlossene Untergruppe, dann ist der Quotientenraum
G/H ein lokalkompakter Hausdorff-Raum.
(b) Ist eine topologische Gruppe G von einer σ-kompakten Teilmenge E ⊂ G
erzeugt, dann ist G selbst σ-kompakt.
(c) Die Gruppe G hat eine offene Untergruppe, die σ-kompakt ist.
(d) Die Vereinigung von abzählbar vielen offenen σ-kompakten Untergruppen
erzeugt eine offene σ-kompakte Untergruppe.
Beweis. Für (a) sei xH , yH in G/H. Nach dem Lemma von Urysohn
existiert eine offene, relativ kompakte Umgebung U ⊂ G von x mit der
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
13
Eigenschaft U ∩ yH = ∅. Die Menge UH ist nach Lemma 1.1.3
abgeschlossen, also existiert eine offene, relativ kompakte Umgebung V
von y so dass V ∩ UH = ∅. Daraus folgt VH ∩ UH = ∅ und wir haben
disjunkte offene Umgebungen von xH und yH gefunden, was bedeutet,
dass G/H ein Hausdorff-Raum ist. Dieser Raum ist lokalkompakt, denn
für gegebenes x ∈ G und eine kompakte Umgebung U von x ist die
Menge UH ⊂ G/H gerade das Bild von U unter der Projektion
π : G → G/H und daher kompakt. Damit ist UH eine kompakte
Umgebung von xH in G/H.
(b) Ist E eine σ-kompakte Teilmenge, dann auch E ∪ E−1 , wir können
S
also E als symmetrisch annehmen. Ist dann E = n Kn die Vereinigung
abzählbar vieler Kompakta, dann ist G = hEi die Vereinigung der
abzählbar vielen kompakten Mengen Kn1 ∪ · · · ∪ Knl mit l ∈ N und
n1 , . . . , nl ∈ N. Daher ist G ebenfalls σ-kompakt.
Um (c) zu zeigen, sei V eine symmetrische, relativ kompakte offene
n
Einsumgebung. Für jedes n ∈ N gilt V = V n ⊂ V · V n = V n+1 . Daher gilt
S n S
H := n V = n V n . Eine wiederholte Anwendung von Lemma 1.1.3
n
(d) zeigt, dass V kompakt ist, also ist H σ-kompakt. Nach Lemma 1.1.9
(b) ist H eine offene Untergruppe von G.
Für (d) sei Ln eine Folge von σ-kompakten offenen Untergruppen. Dann
ist jedes Ln die Vereinigung von abzählbar vielen Kompakta (Kn, j ) j . Die
Gruppe L erzeugt von allen Ln ist dann von der Familie der (Kn, j )n,j∈N
erzeugt, und ist daher σ-kompakt. Sie ist auch offen, denn sie enthält
die offenen Gruppen Ln .
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
1.3
14
Haar-Maß
Für einen topologischen Raum X gibt es eine natürliche σ-Algebra B
auf X, nämlich die von den offenen Mengen erzeugte σ-Algebra, die
auch die Borel-σ-Algebra genannt wird. Die Elemente von B werden
Borel-Mengen genannt. Ein Maß µ auf B oder einer σ-Algebra, die B
umfasst,heißt Borel-Maß.
Ein Borel-Maß µ heißt lokal-endlich, falls jeder Punkt x ∈ X eine
Umgebung U besitzt mit µ(U) < ∞.
Beispiel 1.3.1. Das Lebesgue-Maß auf R ist ein Borel-Maß. Ebenso das
Zählmaß #, das wie folgt definiert ist




|A| falls A endlich
#(A) := 


∞ sonst.
Das Lebesgue-Maß ist lokal-endlich, das Zählmaß nicht.
Definition 1.3.2. Ein lokal-endliches Borel-Maß µ heißt Radon-Maß,
falls
• µ(A) = infU⊃A µ(U)
für jedes A ∈ B gilt, wobei das Infimum über alls offenen Mengen
U läuft, die A umfassen, sowie
• µ(U) = supK⊂U µ(K)
für jede offene Menge U gilt, wobei das Supremum über alle
kompakten Mengen K läuft, die in U enthalten sind.
Die erste Eigenschaft heißt äußere Regularität von µ, die zweite
schwache innere Regularität.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
15
Lemma 1.3.3. Ist µ ein Radon-Maß auf X und ist A ⊂ X messbar mit
µ(A) < ∞, dann gilt
µ(A) =
sup µ(K).
K⊂A
K kompakt
Beweis. Sei zunächst A Teilmenge einer kompakten Menge L. Sei dann
T = L r A. Für jedes δ > 0 gibt es eine offene Menge W ⊃ T mit
µ(W r T) < δ. Die Menge K = L r W ist abgeschlossen in L, also
kompakt und es gilt
K = L r W ⊂ L r T = L r (L r A) = A
und
µ(A r K) = µ(A r (L r W)) ≤ µ(W r (L r A)) = µ(W r T) < δ.
Sei nun A beliebig mit µ(A) < ∞ und sei ε > 0. Dann existiert eine
offene Menge U ⊃ A endlichen Maß es. Ferner existiert ein Kompaktum
L ⊂ U so dass µ(U r L) < ε/2. Dann ist µ(A) = µ(A ∩ L) + µ(A r L) und
µ(A r L) ≤ µ(U r L) < ε/2. Setze B = A ∩ L. Nach dem ersten Teil des
Beweises gibt es dann eine kompakte Menge K ⊂ B mit µ(B r K) < ε/2
und es folgt
µ(A r K) = µ(B r K) + µ(A r L) < ε/2 + ε/2 = ε.
Beispiel 1.3.4. Das Lebesgue-Maß auf R ist ein Radon-Maß.
Proposition 1.3.5. Sei µ ein Radon-Maß auf einem lokalkompakten
Hausdorff-Raum X. Dann ist der Raum Cc (X) aller kompakt geträgerten
stetigen Funktionen dicht in Lp (µ) für jedes 1 ≤ p < ∞.
Beweis. Sei 1 ≤ p < ∞ und sei V ⊂ Lp (µ) der Abschluss von Cc (X) im
Banach-Raum Lp = Lp (µ). Wir müssen zeigen, dass V = Lp gilt. Nach
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
16
Definition des Lebesgue-Integrals folgt es, dass der Raum der
Lebesgue-Treppenfunktionen dicht liegt in Lp und jede solche ist eine
Linearkombination von Funktionen der Form 1A , wobei A ⊂ X von
endlichem Maß ist. Wir müssen also zeigen, dass 1A ∈ V. Wegen der
äußeren Regularität gibt es eine Folge von offenen Mengen Un ⊃ A so
dass 1Un in Lp gegen 1A konvergiert. Es reicht also, anzunehmen, dass A
offen ist. Nach der schwachen inneren Regularität können wir ebenso
annehmen, dass A kompakt ist. Für gegebenes ε > 0 existiert eine offene
Menge U ⊃ A mit µ(U r A) < ε. Nach dem Lemma von Urysohn gibt es
ein g ∈ Cc (X) mit 0 ≤ g ≤ 1, sowie g ≡ 0 ausserhalb U und g ≡ 1 auf A.
Die Abschätzung
p Z
1A − g =
p
|g(x)|p dx ≤ µ(U r A) < ε
UrA
zeigt die Behauptung.
Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Ein Borel-Maß µ auf G heißt
linksinvariantes Maß, oder einfach invariant, falls
µ(xA) = µ(A)
für jede messbare Menge A ⊂ G und jedes x ∈ G gilt. Hierbei ist
xA = {xa : a ∈ A}.
Beispiele 1.3.6.
• Das Zählmaß ist invariant.
• Für die Gruppe (R, +) ist das Lebesgue-Maß invariant.
• Für die multiplikative Gruppe (R× , ·) ist das Maß
aus der Substitutionsregel folgt.
dx
|x|
invariant, wie
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
17
Satz 1.3.7. Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Dann existiert ein nicht
verschwindendes invariantes Radon-Maß auf G. Es ist eindeutig bestimmt
bis auf positive Vielfache. Jedes solche Maß wird ein Haar-Maß genannt.
Das Entsprechende Integral heißt dann ein Haar-Integral.
Korollar 1.3.8. Sei µ ein Haar-Maß auf der lokalkompakten Gruppe G.
(a) Jede offene Menge U , 0 hat Maß > 0.
(b) Jede kompakte Menge hat endliches Maß.
R
(c) Ist f ≥ 0 eine stetige Funktion mit G f (x) dµ(x) = 0, dann ist f = 0.
(d) Sei f eine messbare Funktion auf G , die bezüglich des Haar-Maß es
integrierbar ist. Dann ist der Träger von f in einer σ-kompakten offenen
Untergruppe enthalten.
Beweis des Korollars. Für (a) nimm an es gibt eine offene Menge U , ∅
vom Maß Null. Dann hat jedes Translat xU von U ebenfalls das Maß
Null. Indem wir U durch ein Translat ersetzen, können wir 1 ∈ U
annehmen. Dann folgt für ein gegebenes Kompaktum K ⊂ G, dass
S
K ⊂ x∈K xU. Da K kompakt ist, kann also K durch endlich viele
Translate von U überdeckt erden, damit hat jedes Kompaktum das Maß
Null. Da µ ein Radon-Maß ist, ist µ = 0, ein Widerspruch!
Für (b) beachte, dass Lokalendlichkeit impliziert, dass es eine offene
Menge U endlichen Maß es gibt. Dann hat jedes Translat von U
endliches Maß und wie oben folgt, dass jedes Kompaktum endliches
Maß hat.
Für (c) sei f ≥ 0 stetig mit verschwindendem Integral. Dann muss das
Maß der offenen Menge f −1 (0, ∞) Null sein, also ist diese Menge leer.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
18
Um (d) zu zeigen, sei f integrabel. Es reicht zu zeigen, dass die Menge
A = {x ∈ X : f (x) , 0} in einer offenen σ-kompakten Untergruppe L
enthalten ist. Die Menge A ist die Vereinigung der Mengen
An = {x ∈ X : | f (x)| > 1/n} für n ∈ N, jede dieser Mengen hat endliches
Maß. Nach Proposition 1.2.2 (d) reicht es, zu zeigen, dass eine Menge A
von endlichem Maß in einer offenen σ-kompakten Untergruppe liegt.
Nach der äußeren Regularität existiert eine offene Menge U ⊃ A mit
µ(U) < ∞. Es reicht zu zeigen, dass U in einer σ-kompakten offenen
Untergruppe liegt. Sei H ⊂ G irgendeine offene σ-kompakt
Untergruppe von G, die nach Proposition 1.2.2 (c) existiert. Dann ist G
die disjunkte Vereinigung der offenen Nebenklassen xH, x ∈ G. Die
Menge U kann nur mit abzählbar vielen Nebenklassen xH einen
nichtleeren Schnitt haben, da für jede Nebenklasse gilt xH ∩ U = ∅ oder
µ(xH ∩ U) > 0 nach Teil (a). Sei L die Gruppe erzeugt von H und den
abzählbar vielen Nebenklassen xH mit xH ∩ U , ∅. Dann ist L ⊃ U ⊃ A
und L ist σ-kompakt und offen nach Proposition 1.2.2 (b) und (d).
Beweis des Satzes.
Definition 1.3.9. Eine Abbildung f : G → X in einen metrischen Raum
(X, d) heisst gleichmäßig stetig, falls es zu jedem ε > 0 eine
Einsumgebung U gibt, so dass für x−1 y ∈ U oder yx−1 ∈ U gilt
d f (x), f (y) < ε.
Lemma 1.3.10. Jede Funktion f ∈ Cc (G) ist gleichmäßig stetig.
Beweis. Wir zeigen nur die Aussage mit x−1 y ∈ U, denn die andere folgt
analog. Sei K der Träger von f . Wähle ein ε > 0 und eine kompakte
Einsumgebung V. Da f stetig ist, gibt es zu jedem x ∈ G eine offene
Einsumgebung Vx ⊂ V so dass y ∈ xVx ⇒ | f (x) − f (y)| < ε/2. Sei Ux eine
symmetrische offene Einsumgebung mit Ux2 ⊂ Vx . Die Mengen xUx mit
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
19
x ∈ KV bilden eine offene Überdeckung der kompakten Menge KV, also
gibt es x1 , . . . xn ∈ KV so dass KV ⊂ x1 U1 ∪ · · · ∪ xn Un , wobei wir U j für
Ux j geschrieben haben. Sei U = U1 ∩ · · · ∩ Un . Dann ist U eine
symmetrische offene Einsumgebung. Seien nun x, y ∈ G mit x−1 y ∈ U.
Ist x < KV, dann ist y < K da x ∈ yU−1 = yU ⊂ yV. In diesem Fall haben
wir also f (x) = f (y) = 0. Es bleibt der Fall x ∈ KV. Dann existiert ein j
mit x ∈ x j U j , und so y ∈ x j U j U ⊂ x j V j . Es folgt
| f (x) − f (y)| ≤ | f (x) − f (x j )| + | f (x j ) − f (y)| <
ε ε
+ =ε
2 2
wie behauptet.
Um die Existenz und Eindeutigkeit des Haar-Maßes zu zeigen,
benutzen wir den Rieszschen Darstellungssatz. Es reicht demnach, zu
zeige, dass es bis auf Vielfache genau ein positives lineares Funktional
I : Cc (G) → C gibt, I , 0, welches invariant ist in dem Sinne, dass
I(Lx f ) = I( f )
für jedes x ∈ G und jedes f ∈ Cc (G) gilt, wobei die Linkstranslation
definiert ist durch
Lx f (y) B f (x−1 y).
Analog wird die Rechtstranslation definiert durch
Rx f (y) B f (yx).
Note that Lxy f = Lx L y f and likewise for R.
Definition 1.3.11. Eine Funktion f auf G heisst eine positive Funktion,
falls f (x) ≥ 0 für jedes x ∈ G. Wir schreiben dafür auch f ≥ 0. Wir
schreiben C+c (G) für die Menge aller positiven Funktionen f ∈ Cc (G). Für
zwei gegebene Funktionen f, g ∈ C+c (G) mit g , 0 gibt es endlich viele
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
20
Elemente s j ∈ G und positive Zahlen c j > 0, so dass für jedes x ∈ G gilt
f (x) ≤
n
X
c j g(s−1
j x)
j=1
oder f ≤
Pn
j=1 c j Ls j g.
Sei


n


es gibt s j ∈ G
X
( f : g) B inf 
c
:
P
j


so dass f ≤ nj=1 c j Ls j g
 j=1





.




Lemma 1.3.12. Für f, f1 , f2 , g, h ∈ C+c (G) mit g, h , 0, c > 0 und y ∈ G gilt
(a) (L y f : g) = ( f : g),
Translationsinvarianz
(b) ( f1 + f2 : g) ≤ ( f1 : g) + ( f2 : g),
Subadditivität
(c) (c f : g) = c( f, g),
Homogenität
(d) f1 ≤ f2 ⇒ ( f1 : g) ≤ ( f2 : g),
Monotonie
(e) ( f : h) ≤ ( f : g)(g : h),
(f) ( f : g) ≥
max f
max g ,
wobei max f B max{ f (x) : x ∈ G}.
Beweis. Wir beweisen nur (e) und (f), da die anderen Aussagen leichte
P
P
Übungen sind. Für (e) nimm an f ≤ j c j Ls j g und g ≤ l dl Ltl h. Dann gilt
f ≤
XX
j
c j dl Ls j tl h,
l
woraus die Behauptung folgt. Für (f) wähle x ∈ G mit max f = f (x).
P
P
Dann ist max f = f (x) kleiner oder gleich j c j g(s−1
x)
≤
j c j max g.
j
Sei 0 , f0 ∈ C+c (G). Für f, φ ∈ C+c (G) mit φ , 0 sei
J( f, φ) = J f0 ( f, φ) =
( f : φ)
.
( f0 : φ)
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
21
Lemma 1.3.13. Für f, g, φ ∈ C+c (G) mit f, φ , 0, c > 0 und s ∈ G gilt
(a)
1
( f0 : f )
≤ J( f, φ) ≤ ( f : f0 ),
(b) J(Ls f, φ) = J( f, φ),
(c) J( f + g, φ) ≤ J( f, φ) + J(g, φ),
(d) J(c f, φ) = cJ( f, φ).
Beweis. Folgt aus Lemma 1.3.12.
Die Abbildung J(·, φ) approximiert das Haar-Integral wenn der Träger
von φ gegen {e} geht. Aus Lemma 1.3.13 erhalten wir nur Subadditivität,
aber im Limes wird es Additiv, wie das folgende Lemma zeigt.
Lemma 1.3.14. Seien f1 , f2 ∈ C+c (G) und ε > 0. Dann gibt es eine
Einsumgebung V in G so dass
J( f1 , φ) + J( f2 , φ) ≤ J( f1 + f2 , φ)(1 + ε)
für jedes φ ∈ C+c (G) r {0} mit Träger in V gilt.
Beweis. Wähle f 0 ∈ C+c (G) so dass f 0 ≡ 1 auf dem Träger von f1 + f2 .
Seien ε, δ > 0 beliebig. Setze
f = f1 + f2 + δ f 0 ,
h1 =
f1
,
f
h2 =
f2
,
f
und es sei h j (x) = 0 falls f (x) = 0. Dann ist h j ∈ C+c (G) für j = 1, 2.
Nach Lemma 1.3.10 ist jede Funktion in Cc (G) links und rechts
gleichmäßig stetig, also für h j gibt es eine Einsumgebung V so dass für
x, y ∈ G mit x−1 y ∈ V und j = 1, 2 gilt |h j (x) − h j (y)| <
ε
2.
Sei
φ ∈ C+c (G) r {0} mit Träger in V. Wähle endlich viele sk ∈ G, ck > 0 mit
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
f ≤
P
k ck Lsk φ.
22
Dann gilt φ(s−1
x) , 0 ⇒ |h j (x) − h j (sk )| <
k
ε
2,
und für alle x
gilt
f j (x) = f (x)h j (x) ≤
≤
X
k
X
k
so dass ( f j : φ) ≤
P
ck φ(s−1
k x)h j (x)
ε
ck φ(s−1
k x)(h j (sk ) + ),
2
ε
c
h
(s
)
+
j k
k k
2 , also
( f1 : φ) + ( f2 : φ) ≤
X
ck (1 + ε),
k
woraus sich ergibt:
J( f1 , φ) + J( f2 , φ) ≤ J( f, φ)(1 + ε)
0
≤ J( f1 + f2 , φ) + δJ( f , φ) (1 + ε).
Für δ → 0 folgt die Behauptung.
Aus Lemma 1.3.12(e) und ( f : f ) = 1 folgt
1
( f0 : f )
≤ ( f : f0 ). Für
f ∈ C+c (G) r {0} betrachte das kompakte Intervall
"
#
1
Sf B
, ( f : f0 ) .
( f0 : f )
Der Raum
SB
Y
Sf
f ,0
ist nach dem Satz von Tychonov kompakt, wobei das Produkt über alle
0 , f ∈ C+c (G) läuft. Nach Lemma 1.3.13 (a) erhalten wir für jedes
+
φ ∈ Cc (G) r {0} ein Element J( f, φ) ∈ S f und also ein Element J( f, φ)
f
des Produktraums S. Für eine Einsumgebung V sei LV der Abschluss in
S der Menge aller (J( f, φ)) f wobei φ über alle φ mit Träger in V läuft.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
23
Also
n
o
LV = (J( f, φ)) f : supp φ ⊂ V .
T
Da S kompakt ist, ist der Schnitt V LV über alle Einsumgebungen V
nichtleer. Wähle ein Element (I f0 ( f )) f in diesem Schnitt. Nach Lemma
1.3.13 and Lemma 1.3.14 ist I = I f0 eine positive homogene und additive
Abbildung auf C+c (G). Jede reellwertige Funktion f ∈ Cc (G) kann als
Differenz f+ − f− von positiven Funktionen in Cc (G) geschrieben
werden. Setzt man I( f ) = I( f+ ) − I( f− ) und für komplexwertige
Funktionen I( f ) = I(Re( f )) + iI(Im( f )), so erhält man eine wohldefinierte
positive lineare Abbildung, die invariant ist. Der Existenzbeweis des
Haar-Maßes ist damit beendet.
Für den Beweis der Eindeutigkeit beachte, dass man das Maß µ nach
dem Satz von Riesz aus dem Haar-Integral Iµ : Cc (G) → C,
R
f 7→ G f (x) dµ(x) zurückgewinnen kann. Es ist also zu zeigen, dass es zu
je zwei nichtverschwindenden Haar-Maßen µ, ν ein c ∈ C gibt so dass
Z
Z
f dν = c
f dµ
G
G
für jedes f ∈ Cc (G) gilt.
Bemerkung 1.3.15. Da nach dem Satz von Riesz die Radon-Maße genau
den positiven Funktionalen auf Cc (G) entsprechen, kann man die
Eindeutigkeit auch wie folgt formulieren: Eine lineare Abbildung
I : Cc (G) → C mit
f ≥ 0 ⇒ I( f ) ≥ 0
und
I(L y f ) = I( f )
∀ y∈G
heißt invariantes Integral. Die Eindeutigkeitsaussage ist dann, dass es
zu einem gegebenen Haar-Maß µ und einem invarianten Integral I eine
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
24
Zahl c ≥ 0 gibt, so dass
Z
I( f ) = c
f dµ.
G
Lemma 1.3.16. Sei ν ein Haar-Maß auf G. Dann ist für gegebenes f ∈ Cc (G)
R
die Funktion s 7→ G f (xs) dν(x) stetig auf G.
Beweis. Wir müssen zeigen, dass für ein gegebenes s0 ∈ G und ein
gegebenes ε > 0 eine Umgebung U von s0 existiert, so dass für jedes
R
s ∈ U gilt G f (xs) − f (xs0 ) dν(x) < ε. Indem man f durch
Rs0 f (x) = f (xs0 ) ersetzt, reduziert man auf den Fall s0 = e. Sei K der
Träger von f und sei V eine kompakte symmetrische Einsumgebung.
Für s ∈ V gilt supp(Rs f ) ⊂ KV. Sei ε > 0. Da f gleichmäßig stetig ist,
gibt es eine symmetrische Einsumgebung W so dass für s ∈ W gilt
| f (xs) − f (x)| <
ε
ν(KV) .
Für s ∈ U = W ∩ V folgt daher
Z
Z
f (xs) − f (x) dν(x) ≤
G
<
| f (xs) − f (x)| dν(x)
KV
ε
ν(KV) = ε.
ν(KV)
Das Lemma ist bewiesen.
Seien nun µ, ν zwei nichtverschwindende invariante Radon-Maße. Wir
müssen zeigen, dass es ein c > 0 gibt so dass ν = cµ. Für f ∈ Cc (G) mit
R
Iµ ( f ) := G f (t) dµ(t) , 0 setze
Z
D f (s) :=
f (ts) dν(t)
G
1
.
Iµ ( f )
Die Funktion D f ist stetig nach dem letzten Lemma.
Sei g ∈ Cc (G). Mit dem Satz von Fubini und der Invarianz von µ, ν
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
25
schliessen wir
Z Z
Iµ ( f )Iν (g) =
f (s)g(t) dν(t) dµ(s)
G
G
Z Z
Z Z
f (ts)g(s−1 ) dµ(s) dν(t)
f (s)g(s−1 t) dν(t) dµ(s) =
=
ZG ZG
ZG ZG
=
f (ts)g(s−1 ) dν(t) dµ(s) =
f (ts) dν(t) g(s−1 ) dµ(s)
G G
G G
Z
= Iµ ( f )
D f (s)g(s−1 ) dµ(s).
G
Wegen Iµ ( f ) , 0 folgt Iν (g) =
R
G
D f (s)g(s−1 ) dµ(s). Sei f 0 eine andere
Funktion in Cc (G) mit Iµ ( f 0 ) , 0, so folgt
Z
(D f (s) − D f 0 (s))g(s−1 ) dµ(s) = 0
G
für jedes g ∈ Cc (G). Damit folgt D f = D f 0 . Nenne diese Funktion D. Für
jedes f mit Iµ ( f ) , 0 haben wir also
Z
Z
f (t) dµ(t)D(e) =
f (t) dν(t).
G
G
Wegen Linearität beider Seiten gilt diese Gleichung überall, womit die
Eindeutigkeit gezeigt ist.
Beispiel 1.3.17. Sei B die Untergruppe von GL2 (R) definiert durch







 1 x 

B=
:
x,
y
∈
R,
y
,
0
.









y
Dann ist I( f ) =
R
R×
R
R
f
1 x
y
dy
dx y ein Haar-Integral auf B.
(Übungsaufgabe).
Konvention. Wenn nichts anderes gesagt wird, wählt man ein
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
26
Haar-Maß µ auf einer kompakten Gruppe stets so normalisiert, dass
vol(K) = 1
gilt. Andererseits wählt man auf einer diskreten Gruppe üblicherweise
das Zählmaß als Haar-Maß. Diese beiden Konventionen beissen sich
bei den endlichen Gruppen, die sowohl kompakt als auch diskret sind.
Dieses Problem ist nicht vollständig lösbar und man muss es eben im
Auge behalten. Meist wird eine endliche Gruppe in dieser Vorlesung in
einer gegebenen Situation nur in einer der beiden Eigenschaften
angesprochen und dann greift die entsprechende Konvention.
1.4
Die Modularfunktion
Wir werden ab jetzt zu einer gegeben lokalkompakten Gruppe G stets
annehmen, dass ein festes Haar-Maß gewählt wurde. Wir schreiben
R
dann G f (x) dx für das Integral und vol(A) für das Maß einer Menge
A ⊂ G. Ist die Gruppe G kompakt, so ist jedes Haar Maß endlich und
wir können vol(G) = 1 annehmen.
Definition 1.4.1. Sei G eine lokalkompakte Gruppe und sei µ ein
Haar-Maß. Für gegebenes x ∈ G ist das Maß µx , gegeben durch
µx (A) = µ(Ax),
wieder ein Haar-Maß, denn für y ∈ G gilt
µx (yA) = µ(yAx) = µ(Ax) = µx (A).
Wegen der Eindeutigkeit des Haar-Maßes gibt es daher eine Zahl
∆(x) > 0 mit
µx = ∆(x)µ.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
27
Man erhält also eine Abbildung ∆ : G → R>0 , die die Modularfunktion
genannt wird und nicht von der Wahl des Haar-Maßes µ abhängt. Ist
∆ ≡ 1, dann heißt G eine unimodulare Gruppe. In diesem Fall ist jedes
linksinvariante Haar-Maß auch rechtsinvariant.
Definition 1.4.2. Sei X eine Menge und f : X → C eine Funktion. Die
Supremumsnorn ist definiert durch
f := sup | f (x)|.
X
x∈X
Satz 1.4.3.
×
(a) Die Modularfunktion ∆ : G → R>0
ist ein stetiger
Gruppenhomomorphismus.
(b) Jede abelsche Gruppe und jede kompakte Gruppe ist unimodular.
(c) Für y ∈ G und f ∈ L1 (G) gilt R y f ∈ L1 (G) und
Z
Z
Z
−1
R y f (x) dx =
f (xy) dx = ∆(y )
f (x) dx.
G
G
G
(d) Es gilt
Z
Z
f (x−1 ) ∆(x−1 ) dx =
G
f (x) dx
G
Für jede integrable Funktion f .
Beweis. Teil (c) ist klar falls f die charakteristische Funktion 1A einer
messbaren Menge ist. Wegen Linearität folgt die Aussage für
Lebesguesche Treppenfunktionen und durch Approximation allgemein.
Wir beweisen nun Teil (a) des Satzes. Für x, y ∈ G und eine messbare
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
28
Menge A ⊂ G gilt
∆(xy)µ(A) = µxy (A) = µ(Axy) = µ y (Ax)
= ∆(y)µ(Ax) = ∆(y)∆(x)µ(A).
Wählt man ein A mit 0 < µ(A) < ∞, so folgt ∆(xy) = ∆(x)∆(y), also ist ∆
ein Gruppenhomomorphismus. Zur Stetigkeit: Sei f ∈ Cc (G) mit
R
c = G f (x) dx , 0. Nach Teil (c) gilt
1
∆(y) =
c
Z
1
f (xy ) dx =
c
Z
−1
G
R y−1 f (x) dx.
G
Daher ist ∆ stetig nach Lemma 1.3.16.
(b) Ist G abelsch, dann ist die Rechtstranslation eine Linkstranslation
und jedes Haar-Maß ist rechtsinvariant. Ist G kompakt, dann ist das
Bild ∆(G) ⊂ R ebenfalls kompakt, da ∆ stetig ist. Da ∆ aber auch ein
Gruppenhomomorphismus ist, ist das Bild eine Untergruppe von R>0 .
Aber die einzige kompakte Untergruppe dieser Gruppe ist die triviale
Gruppe {1}, also ist ∆ ≡ 1.
Schliesslich für Teil (d) sei f ∈ Cc (G) und sei
Z
Z
I( f ) =
f (x−1 )∆(x−1 ) dx =
f (x) dτ(x),
G
wobei τ das Maß τ(A) =
Z
G
R
A
1A (x−1 )∆(x−1 ) dx ist. Dann gilt nach Teil (c),
Z
I(Lz f ) =
f (z−1 x−1 ) ∆(x−1 ) dx =
f ((xz)−1 ) ∆(x−1 ) dx
G
G
Z
Z
f (x−1 ) ∆((xz−1 )−1 ) dx =
f (x−1 ) ∆(x−1 ) dx = I( f ).
= ∆(z−1 )
G
G
Daher ist I ein invariantes Integral und es existiert wegen der
R
Eindeutigkeit des Haar-Maßes ein c > 0 mit I( f ) = c G f (x) dx. Um zu
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
29
sehen, dass c = 1 ist, sei ε > 0 und wähle eine symmetrische
Einsumgebung V mit |1 − ∆(s)| < ε für jedes s ∈ V. Wähle eine
symmetrische Funktion 0 , f ∈ C+c (V). Dann gilt
Z
Z
Z
f (x) dx = |1 − c|
f (x) dx − I( f ) ≤
| f (x) − f (x−1 )∆(x−1 )| dx
G
G
ZG
Z
=
f (x) |1 − ∆(x−1 )| dx < ε
f (x) dx.
V
G
Damit ist |1 − c| < ε. Da ε beliebig ist, folgt c = 1. Der Beweis des Satzes
ist beendet.
Lemma 1.4.4. Für gegebenes 1 ≤ p < ∞ und g ∈ Lp (G) sind y 7→ L y g und
y 7→ R y g stetige Abbildungen G → Lp (G). Insbesondere existiert zu jedem
ε > 0 eine Einsumgebung U = Uε , so dass
y∈U
⇒
L y g − g < ε,
p
R y g − g < ε.
p
Im Beweis werden wir sehen, dass L sogar gleichmäßig stetig ist und
falls G unimodular ist, auch R.
Beweis. Wegen der Invarianz des Haar-Integrals gilt
L y g − Lx g = Lx−1 y g − g ,
p
p
also folgt die gleichmäßige Stetigkeit von L aus der Stetigkeit bei 1, also
aus der Formel im Lemma. Für die Rechtstranslation gilt
R y g − Rx g = ∆(x−1 )1/p Rx−1 y g − g , wie man aus Teil (c) des Satzes
p
p
folgert. Sei zunähst g ∈ Cc (G) und wähle ein ε > 0. Sei K der Träger von
g. Dann ist yK der Träger von L y g. Sei U0 eine kompakte symmetrische
Einsumgebung. Für y ∈ U0 gilt supp L y g ⊂ U0 K. Sei δ > 0. Nach Lemma
1.3.10 gibt es eine Einsumgebung U ⊂ U0 so dass für jedes y ∈ U die
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
30
Supremumsnorm L y g − gG kleiner als δ ist. Insbesondere folgt für
y ∈ U, dass
! 1p
Z
1
−1
p
p
L y g − g =
|g(y
x)
−
g(x)|
dx
<
δ
vol(U
K)
.
0
p
G
Setzt man δ = ε/ vol(U0 K)1/p , erhält man die Behauptung für g ∈ Cc (G).
Für allgemeines g gibt es ein f ∈ Cc (G) so dass f − gp < ε/3. Wähle
eine Einsumgebung U mit f − L y f p < ε/3 für jedes y ∈ U. Für y ∈ U
gilt dann
ε ε ε
f p + f − L y f p + L y f − L y gp < + + = ε.
3 3 3
Im letzten Schritt haben wir L y f − L y g p = f − gp benutzt, also die
g − L y g ≤ g −
p
Linksinvarianz der p-Norm. Hieraus folgt die Behauptung für die
Linkstranslation. Der Beweis für die Rechtstranslation R y geht ebenso,
bis auf den letzten Schritt, wo man statt der Invarianz die Stetigkeit der
Modularfunktion und die Gleichung
R y f − R y g = ∆(y−1 )1/p f − g ,
p
p
benutzt, welche aus Teil (c) des Satzes folgt.
Beispiel 1.4.5. Sei B die Gruppe der reellen Matrizen der Form
y , 0. Dann ist die Modularfunktion ∆ gleich ∆ 10 xy = |y|.
Proposition 1.4.6. Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Dann sind die
folgenden Aussagen äquivalent.
(a) Es gibt ein x ∈ G, so dass vol({x}) , 0.
(b) Es ist vol({1}) , 0.
(c) Das Haar-Maß ist ein Vielfaches des Zählmaßes.
1 x
0 y
mit
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
31
(d) G ist eine diskrete Gruppe.
Beweis. Die Äquivalenz von (a) und (b) ist klar wegen der Invarianz des
Haar-Maßes.
Nimm an, dass (b) gilt. Sei 0 < c = vol({1}). Für jede endliche Menge
P
E ⊂ G gilt dann vol(E) = e∈E vol({e}) = c #E. Da das Maß monoton ist,
hat jede unendliche Menge das Maß ∞ und daher ist das Haar-Maß
gleich c mal dem Zählmaß.
Es gelte nun (c). Da jede kompakte Menge endliches Maß hat folgt aus
der Lokalkompaktheit, dass es eine offene Menge endlichen Maßes
gibt. Also gibt es eine endliche Menge U , ∅ die offen ist. Nach dem
Hausdorff-Axiom kann man die Elemente von U durch offene Mengen
trennen und damit sind die Einelementigen Teilmengen von U offen.
Damit ist jede einelementige Menge offen und daher jede Menge offen,
also ist G diskret.
Ist schliesslich G diskret, dann ist jede einelementige Menge offen, hat
also positives Maß nach Korollar 1.3.8.
Proposition 1.4.7. Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Dann gilt
vol(G) < ∞
⇔
G ist kompakt.
Beweis. Ist G kompakt, so hat G nach Korollar 1.3.8 endliches Volumen.
Für die andere Richtung nimm an, dass G endliches Haar-Maß hat. Sei
U eine kompakte Einsumgebung. Da das Haar-Maß von G endlich ist,
gibt es eine maximale Anzahl n ∈ N von paarweise disjunkten
Translaten z1 U, . . . , zn U von U. Sei K = z1 U ∪ · · · ∪ zn U. Dann ist K
kompakt und für jedes x ∈ G gilt K ∩ xK , ∅. Das bedeutet G = KK−1
und damit ist G kompakt.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
1.5
32
Die Quotienten-Integralformel
Sei G eine lokalkompakte Gruppe und sei H eine abgeschlossene
Untergruppe. Dann ist nach Proposition 1.2.2 der Raum G/H ein
lokalkompakter Hausdorff-Raum. Für f ∈ Cc (G) sei
Z
H
f (xh) dh.
f (x) :=
H
Für jedes x ist die Abbildung h 7→ f (xh) stetig mit kompaktem Träger,
also existiert das Integral.
Lemma 1.5.1. Die Funktion f H liegt in Cc (G/H) und der Träger von f H liegt
in (supp( f )H)/H. Die Abbildung Cc (G) → Cc (G/H), f 7→ f H ist surjektiv.
Beweis. Sei K der Träger von f . Dann ist KH/H kompakt in G/H und
umfasst den Träger von f H , welcher also kompakt ist. Für die Stetigkeit
sei x0 ∈ G und U eine kompakte Umgebung von x0 . Für jedes x ∈ U hat
die Funktion h 7→ f (xh) Träger in der kompakten Menge U−1 K ∩ H. Sei
d = µH (U−1 K ∩ H), wobei µH das Haar-Maß von H ist. Sei ε > 0. Da f
gleichmäßig stetig ist, existiert eine Umgebung V ⊆ U von x0 , so dass
| f (xh) − f (x0 h)| <
ε
d
für jedes x ∈ V, und damit ist
Z
| f H (x) − f H (x0 )| ≤
| f (xh) − f (x0 h)| dh < ε
U−1 K∩H
für jedes x ∈ V, woraus die Stetigkeit folgt.
Schreibe π für die Projektion G → G/H. Um die Surjektivität der
Abbildung f 7→ f H zu zeigen, zeigen wir zuerst, dass es zu einer
gegebenen Kompakten Teilmenge C ⊂ G/H ein Kompaktum K ⊂ G
existiert, so dass C ⊂ π(K). Hierfür wähle zu jedem c ∈ C ein Urbild
yc ∈ G und eine offene, relativ kompakte Umgebung Uc ⊂ G von yc . Da
π offen ist, bilden die Mengen π(Uc ) eine offene Überdeckung von C,
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
33
also existieren c1 , . . . cn ∈ C so dass C ⊂ π(K), wobei K die kompakte
Menge Uc1 ∪ · · · ∪ Ucn ist.
Sei nun C der Träger einer gegebenen Funktion g ∈ Cc (G/H) und K ⊂ G
wie oben. Nach Urysohns Lemma existiert ein φ ∈ Cc (G) so dass φ ≥ 0
und φ ≡ 1 auf K.
Setze dann


H


 g(xH)φ(x)/φ (x),
f (x) = 


0
g(xH) , 0,
g(xH) = 0.
Diese Definition ist sinnvoll, denn φH > 0 auf dem Träger von g. Man
erhält f ∈ Cc (G) und f H = gφH /φH = g.
Bemerkung 1.5.2. Wir notieren noch, dass in dem Beweis gezeigt
wurde, dass es zu jedem Kompaktum C ⊂ G/H eine kompakte Menge
K ⊂ G gibt, so dass C ⊆ π(K). Indem man K durch π−1 (C) ∩ K ersetzt,
kann man sogar π(K) = C verlangen.
Ein Maß ν auf der Borel-σ-Algebra von G/H heißt ein invariantes Maß,
falls ν(xA) = ν(A) für jedes x ∈ G und jede messbare Menge A ⊂ G/H
gilt. Sei ∆G die Modularfunktion von G und ∆H die von H.
Satz 1.5.3 (Quotienten-Integralformel). Sei G eine lokalkompakte
Gruppe und sei H eine abgeschlossene Untergruppe. Es existiert genau
dann ein invariantes Radon-Maß ν , 0 auf dem Quotienten G/H, wenn
die Modularfunktionen ∆G und ∆H auf H übereinstimmen. In diesem Fall
ist das Maß ν eindeutig bestimmt bis auf skalare Vielfache. Zu gegebenen
Haar-Maßen auf G und H existiert genau ein solches ν, so dass für jedes
f ∈ Cc (G) die Quotienten-Integralformel
Z
Z
Z
f (x) dx =
f (xh) dh dν(x)
G
G/H
H
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
34
gilt. Das so gegebene Maß ν heißt das Quotientenmaß.
Die Quotienten-Integralformel gilt dann für jedes f ∈ L1 (G).
Die letzte Aussage bedeutet, dass für jede integrierbare Funktion f auf
R
G das Integral f H (x) = H f (xh) dh fast überall in x existiert und eine
ν-integrierbare Funktion auf G/H definiert, so dass die Integralformel
gilt.
Beweis. Wir nehmen zunächst an, dass es ein invariantes Radon-Maß
ν , 0 auf G/H gibt. Definiere dann ein lineares Funktional I auf Cc (G)
R
durch I( f ) = G/H f H (x) dν(x). Dann ist I( f ) ein nichtverschwindendes
Integral auf G. Wir zeigen, dass es invariant ist, also gegeben durch ein
Haar-Maß. Hierzu rechnen wir mit y ∈ G,
Z
I(L y f ) =
(L y f )H (x) dν(x)
ZG/H Z
=
L y f (xh) dh dν(x)
G/H H
Z
Z
=
f (y−1 xh) dh dν(x)
ZG/H H
Z
H −1
=
f (y x) dν(x) =
G/H
da ν invariant ist.
G/H
f H (x) dν(x) = I( f ),
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
Wir schreiben I( f ) =
R
G
35
f (x) dx. Für h0 ∈ H gilt
Z
Z
Z
Rh−1
f (x) dx
f (xh−1
0 ) dx =
0
G
ZG Z
=
f (xhh−1
0 ) dh dν(x)
G/H H
Z
Z
= ∆H (h0 )
f (xh) dh dν(x)
G/H H
Z
= ∆H (h0 )
f (x) dx.
f (x) dx =
∆G (h0 )
G
G
Da man ein f finden kann mit
R
G
f (x) dx , 0, folgt ∆G |H = ∆H .
Für die Rückrichtung nimm an, dass ∆G |H = ∆H und sei dann f ∈ Cc (G)
R
mit f H = 0. Wir wollen zeigen, dass dann G f (x) dx = 0 ist. Sei hierzu φ
eine weitere Funktion in Cc (G). Mit dem Satz von Fubini folgt
Z Z
Z Z
0=
f (xh)φ(x) dh dx =
φ(x) f (xh) dx dh
G
H
H
G
Z
Z
=
∆G (h−1 )
φ(xh−1 ) f (x) dx dh
G
ZH Z
=
∆H (h−1 )φ(xh−1 ) dh f (x) dx
ZG ZH
Z
=
φ(xh) dh f (x) dx =
φH (x) f (x) dx.
G
H
G
Da es ein φ gibt so dass φH ≡ 1 auf dem Träger von f gilt, folgt
R
f (x) dx = 0. Das bedeutet, dass wir ein ein invariantes Integral auf
G
R
G/H definieren können durch I(g) = G f (x) dx, falls g ∈ Cc (G/H) und
f ∈ Cc (G) mit f H = g. Nach dem Satz von Riesz kommt dieses Integral
von einem invarianten Maß. Insbesondere gilt die
Quotienten-Integralformel für jedes f ∈ Cc (G). Der Satz ist bis auf die
letzte Aussage bewiesen.
Wir brauchen ein Lemma.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
36
Lemma 1.5.4. Sei µ ein Radon-Maß auf einem lokalkompakten
Hausdorff-Raum X und sei F eine Teilmenge von Cc (X), bestehend aus
Funktionen φ ≥ 0 so dass es für je zwei 0 ≤ φ, ψ ∈ F eine Funktion η ∈ F
gibt mit φ, ψ ≤ η. Dann gilt
Z
Z
sup
φ(x) dx =
sup φ(x) dµ(x).
φ∈F
X φ∈F
X
Es ist Teil der Aussage, dass der Integrand rechts eine messbare Funktion ist.
Beweis. Wir zeigen zunächst, dass die Funktion g(x) = supφ∈F φ(x)
messbar ist. Da die Borel σ-Algebra auf R von den Intervallen der Form
(a, ∞) mit a ∈ R erzeugt wird, reicht es zu zeigen, dass g−1 (a, ∞) für
gegebenes a ∈ R messbar ist. Die Menge
g (a, ∞) =
−1
[
φ−1 (a, ∞)
φ∈F
ist allerdings eine Menge von offenen Mengen, also offen und damit
messbar.
Für die Formel des Lemmas beachte, dass die Abschätzung “≤”
P
trivialerweise gilt. Sei s = m
i=1 ai 1Ai eine Treppenfunktion mit s ≤ g. Es
ist dann µ(Ai ) < ∞ für jedes i. Wir können daher für gegebenes ε > 0
kompakte Mengen Ki ⊂ Ai finden, so dass
Z
s dµ <
X
Sei K =
Sm
i=1 Ki und schreibe s0 =
m
X
ai µ(Ki ) + ε.
i=1
Pm
i=1 ai 1Ki .
Für gegebenes 0 < δ < 1 gilt
(1 − δ)s0 (x) < g(x) für jedes x ∈ K. Daher existiert für jedes x ∈ K ein
φx ∈ F so dass (1 − δ)s0 (x) < φx (x). Die Mengen
Ux = {y : (1 − δ)s0 (y) < φx (y)} bilden eine offene Überdeckung der
kompakten Menge K, also gibt es x1 , . . . , xn so dass K ⊂ Ux1 ∪ · · · ∪ Uxn .
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
37
Nach Annahme existiert ein φ ∈ F mit φ(x) ≥ φx1 (x), . . . , φxn (x) für jedes
x ∈ X. Dann folgt φ > (1 − δ)s0 , also
Z
Z
s0 dx + ε <
s dx <
X
X
1
1−δ
Z
φ dx + ε.
X
Variiert man zuerst φ und dann s, so folgt
Z
Z
1
g dx ≤
φ dx + ε.
sup
1 − δ φ∈F X
X
Lässt man ε und δ gegen Null gehen, so folgt die Behauptung.
Zurück zum Beweis des Satzes. Es bleibt zu zeigen, dass die
Integralformel für jede integrierbare Funktion f auf G gilt. Es reicht,
f ≥ 0 anzunehmen. Dann ist f ein monotoner Limes von Lebesgueschen
Treppenfunktionen, nach dem Satz über monotone Konvergenz reicht
es daher, die Aussage für eine Treppenfunktion zu zeigen. Wegen
Linearität recht es schliesslich, die Aussage für f = 1A für eine messbare
Menge A zu zeigen. Sei zunächst A = U eine offene Menge. Nach
R
Lemma 1.5.4 ist die Funktion g(xH) = sup φ∈Cc (G) H φ(xh) dh messbar auf
0≤φ≤1U
G/H und stimmt mit
1H
U
überein. Eine wiederholte Anwendung des
Urysohn Lemmas und Lemma 1.5.4 zeigt
Z
Z
Z
Z
1U (xh) dh dx =
sup φ(xh) dh dx
G/H
H
G/H
H 0≤φ≤1U
Z
Z
= sup
φ(xh) dh dx
G/H
0≤φ≤1U
H
Z
Z
= sup
0≤φ≤1U
φ(x) dx =
G
sup φ(x) dx
G 0≤φ≤1U
Z
=
1U (x) dx.
G
Ist A = K eine kompakte Menge, so gibt es eine relativ kompakte offene
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
38
Umgebung V von K und dann ist 1K = 1V − 1VrK , so dass die
Behauptung auch für A = K folgt.
Für beliebiges A von endlichem Maß und gegebenes n ∈ N gibt es
wegen Regularität und Lemma 1.3.3 eine kompakte Menge Kn und eine
offene Menge Un so dass Kn ⊂ A ⊂ Un und µ(Un r Kn ) < 1/n. Wir können
weiterhin annehmen, dass die Folge Un absteigend ist und die Folge Kn
aufsteigend. Sei g der punktweise Limes der wachsenden Folge 1H
und
Kn
sei h der Limes der Folge 1Un . Dann sind g und h integrierbar auf G/H,
es gilt 0 ≤ g ≤ 1H
≤ h und h − g ist eine positive Funktion vom Integral
A
mit g bis auf eine
Null, also eine Nullfunktion. Dan bedeutet, dass 1H
A
Nullfunktion übereinstimmt und daher integrierbar ist. Es gilt
Z
Z
Z
H
g(x) dx = lim
1H
1A (x) dx =
Kn (x) dx
n
G/H
G/H
G/H
Z
Z
= lim
1Kn (x) dx =
1A (x) dx.
n
G
G
Korollar 1.5.5. Sei H eine abgeschlossene Untergruppe der lokalkompakten
Gruppe G so dass es ein invariantes Radon-Maß , 0 auf G/H gibt. Sei
f : G → C messbar so dass die Menge A = {x ∈ G : f (x) , 0} σ-endlich ist.
R
R
Falls dann das iterierte Integral G/H H | f (xh)| dh dx existiert, dann ist f
integrierbar und die Quotienten-Integralformel gilt.
Beweis. Es reicht zu zeigen, dass | f | integrierbar ist. Wähle also eine
Folge (An )n∈N messbarer Mengen in G von endlichem Haar-Maß so dass
S
A= ∞
n=1 An und definiere fn : G → C durch fn = min(| f | · 1An , n). Dann
ist ( fn )n∈N eine monoton wachsende Folge integrierbarer Funktionen,
die punktweise gegen | f | konvergiert. Aus Satz 1.5.3 folgt
R
R
R
R
R
f
(x)
dx
=
f
(xh)
dh
dx
≤
| f (xh)| dh dx für jedes n ∈ N.
G n
G/H H n
G/H H
Das Korollar folgt dann aus dem Satz über monotone Konvergenz.
Korollar 1.5.6.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
39
(a) Ist H eine normale abgeschlossene Untergruppe von G, dann stimmen die
Modularfunktionen von G und H auf H überein.
(b) Sei N der Kern der Modularfunktion ∆G . Dann ist N unimodular.
Beweis. (a) Das Haar-Maß von der Gruppe G/H ist ein invariantes
Radon Maß, also folgt (a) aus dem Satz. Teil (b) folgt aus Teil (a).
Proposition 1.5.7. Sei G eine lokalkompakte Gruppe , K ⊂ G eine kompakte
Untergruppe und H ⊂ G eine abgeschlossene Untergruppe so dass G = HK.
Dann kann man die Haar-Maße von G, H, K so wählen, dass für jedes
f ∈ L1 (G) gilt
Z
Z Z
f (x) dx =
G
f (hk) dk dh.
H
K
Beweis. Die Gruppe H × K operiert auf G durch (h, k).g = hgk−1 . Da diese
Operation transitiv ist, kann G als Menge mit H × K/(H ∩ K) identifiziert
werden, wobei H ∩ K diagonal in H × K eingebettet wird. Die Gruppe
H ∩ K ist kompakt, hat also eine triviale Modularfunktion und die
Modularfunktion von H × K ist auf dieser Untergruppe ebenfalls trivial.
Nach Satz 1.5.3 gibt es bis auf Skalierung genau ein H × K-invariant
Radon-Maß auf G. Wir zeigen, dass das Haar-Maß von G ebenfalls
H × K-invariant ist, so dass die Behauptung aus der Eindeutigkeit folgt.
Das Haar-Maß ist offensichtlich invariant unter der Linksmultiplikation
von H. Da K kompakt ist, ist ∆G (k) = 1 für jedes k ∈ K und so folgt
R
R
f
(xk)
dx
=
f (x) dx für jedes f ∈ Cc (G) nach Satz 1.4.3 (c).
G
G
Lemma 1.5.8. Sei H eine abgeschlossene Untergruppe der lokalkompakten
Gruppe G so dass es ein invariantes Radon-Maß auf G/H gibt. Wähle ein
solches Maß. Für gegebene 1 ≤ p < ∞ und g ∈ Lp (G/H) ist y 7→ L y g eine
gleichmäßig stetige Abbildung von G nach Lp (G/H). Insbesondere existiert zu
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
40
jedem ε > 0 eine Einsumgebung U so dass
y∈U
⇒
L y g − g < ε.
p
Beweis. Dieses Lemma ist eine Verallgemeinerung von Lemma 1.4.4
und der Beweis des letzteren läuft auch hier durch.
1.6
Faltung
Eine Algebra über C ist ein komplexer Vektorraum A mit einer
Abbildung A × A → A, (a, b) 7→ ab, die bilinear ist, d.h., es gilt
a(b + c) = ab + ac,
(a + b)c = ab + ac,
λ(ab) = (λa)b = a(λb)
für a, b, c ∈ A und λ ∈ C, und die assoziativ ist, d.h.
a(bc) = (ab)c
gilt für alle a, b, c ∈ A. Die Algebra A heißt eine kommutative Algebra,
falls zusätzlich stets ab = ba gilt.
Beispiele 1.6.1.
• Der Vektorraum A = Mn (C) aller komplexen
n × n-Matrizen ist eine Algebra mit dem Matrixmultiplikation.
Diese Algebra ist nicht kommutativ, ausser im Fall n = 1.
• Für eine Menge S ist der Vektorraum Abb(S, C) aller Abbildungen
von S nach C eine kommutative Algebra mit dem punktweisen
Produkt, d.h., für f, g ∈ Abb(S, C) ist das Produkt f g gegeben
durch die Funktion ( f g)(s) = f (s)g(s), s ∈ S.
Definition 1.6.2. Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Für zwei messbare
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
41
Funktionen f, g : G → C definiere das Faltungsprodukt als
Z
f ∗ g(x) =
f (y)g(y−1 x) dy,
G
falls das Integral existiert.
Satz 1.6.3. Sind f, g ∈ L1 (G), dann existiert das Faltungsintegral f ∗ g(x)
fast überall in x und definiert eine Funktion in L1 (G). Für die L1 -Norm gilt
f ∗ g ≤ f g .
1
1
1
Mit dem Faltungsprodukt wird L1 (G) eine Algebra.
Beweis. Seien f, g integrierbare Funktionen auf G. Sei die Funktion ψ
definiert durch ψ(y, x) = f (y)g(y−1 x). Wir schreiben ψ als die
Komposition der Abbildung α : G × G → G × G, (y, x) 7→ (y, y−1 x)
gefolgt von f × g und der Multiplikation, welche messbar sind. Die
Abbildung α ist stetig und damit messbar und damit ist ψ eine
Komposition messbarer Abbildungen und damit messbar. Seien S( f )
und S(g) die Träger von f und g. Die Mengen S( f ) und S(g) sind
σ-kompakt nach Korollar 1.3.8 (d). Der Träger von ψ liegt in der
σ-kompakten Menge S( f ) × S( f )S(g) und ist daher selbst σ-kompakt.
Nach dem Satz von Fubini folgt
Z Z
Z Z
f ∗ g ≤
| f (y)g(y−1 x)| dy dx =
| f (y)g(y−1 x)| dx dy
1
G G
ZG ZG
=
| f (y)g(x)| dx dy = f g < ∞.
G
G
1
1
Die Funktion ψ(y, ·) ist daher fast überall in x integrierbar und die
Funktion f ∗ g existiert und ist messbar. Ferner ist die Norm f ∗ g
1
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
42
kleiner gleich G×G |ψ(x, y)| dx dy = f 1 g1 . Assoziativität und
R
Distributivität werden durch einfache Rechnungen bewiesen.
Für eine Funktion f : G → C und y ∈ G haben wir definiert
R y ( f )(x) = f (xy)
und L y ( f )(x) = f (y−1 x).
Lemma 1.6.4. Für f, g ∈ L1 (G) und y ∈ G gilt R y ( f ∗ g) = f ∗ (R y g) und
L y ( f ∗ g) = (L y f ) ∗ g.
Beweis. Wir rechnen
Z
Z
R y ( f ∗ g)(x) =
f (z)g(z−1 xy) dz =
f (z)R y g(z−1 x) dz = f ∗ (R y g)(x),
G
G
und ebenso für L.
Satz 1.6.5. Die Algebra L1 (G) ist genau dann kommutativ, wenn G abelsch
ist.
Beweis. Sei L1 (G) kommutativ und seien f, g ∈ L1 (G). Für x ∈ G gilt
Z
0 = f ∗ g(x) − g ∗ f (x) =
f (xy)g(y−1 ) − g(y) f (y−1 x) dy
G
Z
=
g(y)(∆(y−1 ) f (xy−1 ) − f (y−1 x)) dy.
G
Da dies für jedes g gilt, folgt
∆(y−1 ) f (xy−1 ) = f (y−1 x)
für jedes f ∈ Cc (G). Für x = 1 folgt ∆ ≡ 1, also ist G unimodular und
f (xy−1 ) = f (y−1 x) für jedes f ∈ Cc (G) und alle x, y ∈ g. Hieraus folgt,
dass G abelsch ist. Die Rückrichtung ist trivial.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
43
Definition 1.6.6. Eine Dirac-Funktion ist eine Funktion φ ∈ Cc (G), die
• positiv ist, d.h., φ ≥ 0 und
R
• Integral Eins hat, also G φ(x) dx = 1.
Ferner heißt φ symmetrisch, falls φ(x−1 ) = φ(x) für jedes x ∈ G gilt. Eine
Dirac-Familie ist eine Familie (φU )U von symmetrischen Dirac
Funktionen, die durch die Menge U aller Einsumgebungen indiziert ist,
so dass für jedes U ∈ U gilt supp(φU ) ⊂ U. Die Menge U kann durch
die umgekehrte Inklusion geordnet werden, so dass eine Dirac-Familie
immer ein Netz ist, wir sprechen dann auch von einem Dirac-Netz.
Lemma 1.6.7. Sind φ und ψ Dirac-Funktionen, dann ist ihr Faltungsprodukt
φ ∗ ψ ebenfalls eine Dirac-Funktion. Zu jeder Einsumgebung U existiert eine
symmetrische Dirac-Funktion φU so dass φU und φU ∗ φU Träger in U haben.
Beweis. Sind φ und ψ positiv, dann ist auch ihr Faltungsprodukt positiv.
R
R
R
Es gilt G φ ∗ ψ(x) dx = G φ(x) dx G ψ(x) dx = 1. Für die zweite Aussage
sei U eine Einsumgebung. Dann existiert eine symmetrische
Einsumgebung W ⊂ U so dass W 2 ⊂ U. Nach dem Lemma von Urysohn
gibt es eine Funktion h ∈ Cc (G) mit 0 , h ≥ 0 und supp(h) ⊂ W. Setze
φU (x) = h(x) + h(x−1 ) und skaliere diese Funktion so, dass sie Integral
Eins hat. Dann gilt supp(φU ∗ φU ) ⊂ supp(φU ) supp(φU ) ⊂ W 2 ⊂ U, also
erfüllt φU die Behauptung.
Lemma 1.6.8. Sei ε > 0. Für jedes f ∈ L1 (G) gibt es eine Einsumgebung U so
dass für jede Dirac-Funktion φU mit Träger in U gilt
f ∗ φU − f < ε,
1
φU ∗ f − f < ε.
1
Für jede stetige Funktion f auf G und jede kompakte Menge K ⊂ G existiert
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
44
eine Einsumgebung U so dass für jede Dirac-Funktion φU mit Träger in U gilt
f ∗ φU −
f K < ε,
φU ∗ f −
f K < ε,
wobei gK = supx∈K |g(x)|.
mit anderen Worten heißt das, dass das Netz (φU ∗ f )U in der L1 -Norm gegen
f konvergiert, falls f ∈ L1 (G) und lokal gleichmäßig gegen f konvergiert, falls
f stetig ist.
Beweis. Es reicht, φU ∗ f zu betrachten, da die andere Seite ähnlich geht.
Wir rechnen
φU ∗ f −
Z Z
−1
φU (y)( f (y x) − f (x)) dy dx
f 1 =
ZG Z G
≤
φU (y)| f (y−1 x) − f (x)| dy dx
ZG G =
φU (y) L y f − f 1 dy.
G
Die Behauptung folgt dann aus Lemma 1.4.4.
Für das letzte Statement sei f stetig und sei K ⊂ G kompakt. Da eine
stetige Funktion auf einem Kompaktum gleichmäßig stetig ist, existiert
für jedes ε > 0 eine Einsumgebung U so dass für x ∈ K, y−1 x ∈ U gilt
| f (y) − f (x)| < ε. Sei nun φU eine Dirac-Funktion mit Träger in U. Dann
gilt
Z
| f (x) ∗ φU − f (x)| ≤
φU (y−1 x)| f (y) − f (x)| dy < ε.
G
Lemma 1.6.9. Sei f ∈ Cc (G) und g ∈ L1 (G), dann existiert das
R
Bochner-Integral G f (x)Lx g dx im Banach-Raum L1 (G) und ist gleich dem
Faltungsprodukt f ∗ g.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
45
Beweis. Die Funktion φ : G → L1 (G), gegeben durch φ(x) = f (x)Lx g ist
stetig nach Lemma 1.4.4 und hat kompakten Träger, da f solchen hat.
Also ist φ Bochner-integrierbar, siehe Appendix.
R
Wenn wir zeigen, dass h ∗ G φ(x) dx = h ∗ f ∗ g für jedes h ∈ Cc (G), dann
folgt dass das Bochner-Integral gleich der Faltung ist, denn wir können
h durch eine Dirac-Folge laufen lassen.
Sei h ∈ Cc (G). Für ψ ∈ L1 (G) und y ∈ G schätzen wir ab
Z
|h ∗ ψ(y)| ≤
|h(z)||ψ(z−1 y)| dz
ZG
=
∆(z−1 )|h(yz−1 )||ψ(z)| dz
G
≤ C ψ1 ,
wobei C ≥ 0 eine obere Schranke für die Funktion z 7→ ∆(z−1 )|h(yz−1 )|
ist. Das bedeutet, dass das lineare Funktional α : ψ 7→ h ∗ ψ(y) stetig auf
R
1
L (G) ist. Für ψ = G f (x)Lx g dx folgt
Z
!
f (x)Lx g dx
h ∗ ψ(y) = α(ψ) = α
G
Z
=
f (x)α(Lx g) dx
ZG Z
=
f (x)h(z)g(x−1 z−1 y) dz dx
G
G
= h ∗ f ∗ g(y).
Also ist
R
G
f (x)Lx g dx = f ∗ g wie behauptet.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
1.7
46
Die Fourier-Transformation
Eine abelsche lolalkompakte Gruppe wird auch eine LCA-GRuppe
genannt. Ein Charakter einer LCA-Gruppe A ist ein stetiger
Gruppenhomomorphismus
χ : A → T,
in die Kreisgruppe
T := {z ∈ C : |z| = 1}.
Beispiele 1.7.1.
• Die Charaktere der Gruppe (Z, +) sind die Abbildungen k 7→ e2πikx ,
wobei x in R/Z liegt.
• Die Charaktere von R/Z sind die Abbildungen x 7→ e2πikx , wobei k
in Z liegt.
Definition 1.7.2. Die Menge aller Charaktere einer LCA-Gruppe A ist
selbst eine abelsche Gruppe unter der Punktweisen Multiplikation.
b von A.
Man nennt sie die Duale Gruppe A
Sei f ∈ L1 (A) und definiere die Fourier-Transformierte von f als die
b → C gegeben durch
Funktion fˆ : A
fˆ(χ) :=
Z
f (x)χ(x) dx.
A
Dieses Integral existiert, da χ beschränkt ist.
b gilt | fˆ(χ)| ≤ f und
Lemma 1.7.3. Für f, g ∈ L1 (A) und χ ∈ A
1
fd
∗ g = fˆĝ.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
47
Beweis. Die erste Aussage ist klar. Mit dem Satz von Fubini rechnet man
Z Z
Z
f (y)g(y−1 x) dy χ(x) dx
f ∗ g(x)χ(x) dx =
fd
∗ g(χ) =
A A
Z
ZA
g(y−1 x) χ(x) dx dy
f (y)
=
A
ZA
Z
f (y)χ(y) dy
g(x) χ(x) dx = fˆ(χ) ĝ(χ).
=
A
1.8
A
Projektive Limiten
Wir erinnern an die Definition einer gerichteten Menge. Dies ist eine
partiell geordnete Menge (I, ≤), so dass es zu je zwei Elementen a, b ∈ I
eine obere Schranke gibt, also ein Element c ∈ I mit
a ≤ c und
Beispiele 1.8.1.
b ≤ c.
• Die Menge N der natürlichen Zahlen mit der
üblichen Ordnung.
• Sei Ω eine unendliche Menge und sei I die Menge aller endlichen
Teilmengen von Ω, geordnet durch Inklusion, also
A ≤ B ⇔ A ⊂ B.
Dann ist I gerichtet, denn für A, B ∈ I ist die Vereinigung C = A ∪ B
eine obere Schranke.
• Sei X ein topologischer Raum und x ∈ X. Die Menge I aller
Umgebungen U von x ist gerichtet durch die umgekehrte
Inklusion, also
U ≤ VC
⇔
V ⊂ U,
denn zu gegebenen Umgebungen U, V ist W = U ∩V eine obere
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
48
Schranke.
• Sei Γ irgendeine Gruppe und sei I die Menge aller Untergruppen
Σ ⊂ Γ von endlichem Index, also mit |Γ/Σ| < ∞. Dann ist I geordnet
durch die Inklusion. Die Menge I ist gerichtet, denn für Σ, Σ0 ⊂ Γ
ist die von Σ und Σ0 erzeugte Untergruppe hΣ ∪ Σ0 i eine obere
Schranke.
• Gerichtete Mengen sind genau die Indexmengen für Netze (xi )i∈I .
Definition 1.8.2. Ein projektives System von Gruppen besteht aus den
folgenden Daten.
• eine gerichtete Menge (I, ≤),
• eine Familie (Gi )i∈I von Gruppen und
• eine Familie von Gruppenhomomorphismen
j
π i : G j → Gi ,
falls i ≤ j,
so dass die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
πii = IdGi
Beispiele 1.8.3.
j
und πi ◦ πkj = πki , if i ≤ j ≤ k.
• Sei p eine Primzahl und sei I = N mit der üblichen
Ordnung. Für n ∈ N sei Gn = Z/pn Z und für m ≥ n sei
m
n
m
πm
n : Z/p Z → Z/p Z die Projektion. Dann ist (Gn , πn ) ein
projektives System von Gruppen.
• Sei Γ eine Gruppe und I die Menge aller Untergruppen von
endlichem Index, geordnet durch die umgekehrte Inklusion. Die
Familie der Quotienten (Γ/Σ)Σ∈I ist ein projektives System
endlicher Gruppen. Die Strukturabbildung für Σ ⊃ Σ0 ist die
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
49
natürliche Projektion
πΣΣ : Γ/Σ0 → Γ/Σ
0
γΣ0 7→ γΣ.
j
Definition 1.8.4. Sei (Gi , πi ) ein projektives System von Gruppen. Der
projektive Limes des Systems ist die Menge
G B lim Gi
←−
aller a ∈
j
Q
i∈I
Gi so dass ai = πi (a j ) für jedes Paar i ≤ j in I gilt.
Proposition 1.8.5. Der projektive Limes G des Systems (Gi ) ist eine
Q
Untergruppe des Produktes i∈I Gi . Sei πi : G → Gi die Projektion auf die i-te
Koordinate. Dann ist πi ein Gruppenhomomorphismus. Der projektive Limes
hat die folgende universelle Eigenschaft: Ist Z eine Gruppe mit
j
Gruppenhomomorphismen αi : Z → Gi , so dass αi = πi ◦ α j für alle i ≤ j in I
gilt, dann gibt es genau einen Gruppenhomomorphismus α : Z → G, so dass
alle Diagramme
Gi _ o
πi
GO
α
αi
Z
kommutieren.
Beweis. Sind a, b ∈ G, dann gilt für i ≤ j in I, dass
j
j
j
j
πi ((ab) j ) = πi (a j b j ) = πi (a j )πi (b j ) = ai bi = (ab)i .
j
Ebenso sieht man πi ((a−1 ) j ) = a−1
, so dass G in der Tat eine Untergruppe
i
ist. Da π j die Einschränkung eines Gruppenhomomorphismus auf eine
Untergruppe ist, ist es ein Gruppenhomomorphismus.
Für die universelle Eigenschaft seien Z, αi wie im Satz gegeben. Zu
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
50
gegebenem z ∈ Z definieren die αi (z) ∈ Gi ein Element von
Q
i∈I
Gi . Die
j
Bedingung αi = πi ◦ α j bedeutet gerade, dass dieses Element in der
Untergruppe G liegt. Dies definiert α und die universelle Eigenschaft ist
leicht verifiziert.
Beispiele 1.8.6.
• Die Gruppe Zp B lim←− Z/pn Z wird die Gruppe
der ganzen p-adischen Zahlen genannt.
• Ist Γ eine Gruppe, so nennt man die Gruppe
b
Γ B lim
Γ/Σ,
←−
Σ
wobei der Limes über alle Untergruppen Σ von endlichem Index
läuft, die pro-endliche Komplettierung von Γ.
Definition 1.8.7. Eine pro-endliche Gruppe ist eine Gruppe G, die als
projektiver Limes
G = lim
Gi
←−
i
geschrieben werden kann, wobei alle Gi endliche Gruppen sind.
Man versieht dann jede Gi mit der diskreten Topologie und G mit der
Q
Teilraumtopologie von G ⊂ i∈I Gi .
Lemma 1.8.8. Eine pro-endliche Gruppe ist kompakt und hausdorffsch.
Beweis. Das Produkt
Q
i Gi
ist hausdorffsch und damit ist G
hausdorffsch. Das Produkt ist nach Tychonov kompakt und damit ist
die abgeschlossene Untergruppe G ebenfalls kompakt.
Beispiel 1.8.9. Sei K ein Körper der Charakteristik Null und sei K ein
algebraischer Abschluss. Die absolute Galoisgruppe von K ist
Gal(K) B Gal(K/K).
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
51
Dies ist die Gruppe aller Körper-Automorphismen σ : K → K, die K
punktweise festhalten, also σ|K = IdK erfüllen.
Satz 1.8.10. Die absolute Galois-Grupe eines Körpers der Charakteristik
Null ist eine pro-endliche Gruppe. Genauer ist sie gleich ihrer
pro-endlichen Komplettierung.
Beweis. Sei Γ = Gal(K) und sei π : Γ → b
Γ die kanonische Abbildung.
Injektivität: Seien γ, γ0 ∈ Γ mit π(γ) = π(γ0 ), dann folgt γΣ = γ0 Σ für jede
Untergruppe von endlichem Index Σ ⊂ Γ. Sei x ∈ K und sei L ⊂ K die
normale Hülle von K(x), dann ist L/K endlich und es gilt σ(L) = L für
jedes σ ∈ Γ. Sei Σ ⊂ Γ der Kern des Gruppenhomomorphismus
RL : Γ → Gal(L/K), σ 7→ σ|L . Da das Bild endlich ist, hat Σ endlichen
Index und damit gilt γΣ = γ0 Σ, also γ|L = γ0 |L und daher γ(x) = γ0 (x). da
x beliebig war, also γ = γ0 .
Surjektivität: Sei (γΣ ) ∈ b
Γ und sei x ∈ K. Seien L, RL und Σ wie oben. Der
Homomorphismus RL faktorisiert über Γ/Σ. Setze dann
γ(x) B RL (γΣ )(x).
Auf diese Weise wird ein Automorphismus γ von K definiert mit
π(γ) = (γΣ ).
1.9
Zusammenhang
Ein topologischer Raum X heisst zusammenhängend, falls er nicht
disjunkt in zwei offene Mengen zerlegt werden kann. (Es sei denn eine
ist leer.)
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
52
Für eine Teilmenge T eines topologischen Raums kann man das so
formulieren: T ist genau dann zusammenhängend, wenn für je zwei
offene Mengen U, V ⊂ X mit U ∩ V ∩ T = ∅ und T ⊂ U ∪ V schon gilt
T⊂U
oder T ⊂ V.
Lemma 1.9.1. Ist f : X → Y eine stetige Abbildung und ist T ⊂ X
zusammenhängend, dann ist auch das Bild f (T) ⊂ Y zusammenhängend.
Beweis. Übung.
Definition 1.9.2. Sei x ∈ X, dann ist die Zusammenhangskomponente
C(x) von x definiert als die Vereinigung aller zusammenhängenden
Teilmengen T, die x enthalten.
Lemma 1.9.3. (a) C(x) ist zusammenhängend. Damit ist C(x) die größte
zusammenhängende Teilmenge von X, die x enthält.
(b) C(x) ist eine abgeschlossene Teilmenge von X.
(c) Ist y ∈ X, dann ist entweder C(x) = C(y) oder C(x) ∩ C(y) = ∅. Daher
kann X disjunkt in seine Zusammenhangskomponenten zerlegt werden.
Beweis. (a) Seien U, V ⊂ X offen mit C(x) ⊂ U ∪ V und C(x) ∩ U ∩ V = ∅.
Dann liegt x in einer der beiden Mengen, sagen wir x ∈ U. Ist T eine
zusammenhängende Menge, die X enthält, dann muss T in U liegen, da
sonst U und V die Menge T teilen. Damit folgt aber C(x) ⊂ U und daher
ist C(x) zusammenhängend.
(b) folgt, da der Abschluss T einer zusammenhängenden Menge wieder
zusammenhängend ist, daher ist C(x) zusammenhängend, also
C(x) ⊂ C(x).
(c) Liegt y in C(x), dann folgt C(x) ⊂ C(y), da C(x) zusammenhängend
ist. Da aber auch C(y) zusammenhängend ist, folgt aus der Maximalität
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
53
dann aber C(x) = C(y). Ist y beliebig und gilt C(x) ∩ C(y) , ∅, dann
wähle ein z in diesem Schnitt. Nach dem ersten Schritt ist dann
C(x) = C(z) = C(y).
Definition 1.9.4. Ein topologischer Raum X heisst total
unzusammenhängend, fall C(x) = {x} für jedes x ∈ X gilt.
Beispiele 1.9.5.
• Jedes Intervall in R ist zusammenhängend, ebenso
jeder Ball in Rn .
• Eine Kreislinie in R2 ist zusammenhängend. Der Schnitt zweier
Kreislinien nicht notwendigerweise. Also muss der Schnitt zweier
zusammenhängender Mengen nicht zusammenhängend sein.
• Jeder diskrete topologische Raum ist total unzusammenhängend.
• Die Cantor-Menge in R ist ein Beispiel für eine total
unzusammenhängende Menge, die nicht diskret ist.
Proposition 1.9.6. Sei G eine topologische Gruppe und sei G0 die
Zusammenhangskomponente der Eins in G. Dann ist G0 eine abgeschlossener
Normalteiler. Für jedes x ∈ G gilt
C(x) = xG0 .
Die Quotientengruppe G/G0 ist total unzusammenhängend.
Beweis. Die Menge xG0 ist das Bild von G0 unter dem
Homöomorphismus lx : G → G, y → xy. Daher ist xG0 die Komponente
von x. Ist x ∈ G0 , dann ist xG0 ∩ G0 , ∅ und daher xG0 = G0 . Da y 7→ y−1
und y 7→ xyx−1 ebenfalls Homöomorphismen von G nach G sind, folgt
auch, dass G−1
= G0 und xG0 x−1 = G0 für jedes x ∈ G. Daher ist G0 ein
0
abgeschlossener Normalteiler von G.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
54
Sei A ⊂ G/G0 eine Menge, die mehr als ein Element hat. Wir müssen
zeigen, dass A unzusammenhängend ist. Sei q : G → G/G0 die
Quotientenabbildung. Betrachte das Urbild B = q−1 (A) ⊂ G. Dann
enthält B mindestens zwei verschiedene Nebenklassen xG0 , yG0 mit
x, y ∈ G. Daher ist B unzusammenhängend. Es gibt also offene Mengen
W1 , W2 ⊂ G mit B ∩ W1 ∩ W2 = ∅, B ∩ Wi , ∅ für i = 1, 2 und
B ⊂ W1 ∪ W2 . Dann ist xG0 ∩ W1 ∩ W2 = ∅, und xG0 ⊂ W1 ∪ W2 für jedes
x ∈ B. Da xG0 zusammenhängend ist, folgt dass es zu jedem x ∈ B genau
ein i ∈ {1, 2} gibt, so dass xG0 ⊂ Wi . Fier Vi = q(Wi ) folgt, dass V1 , V2
nichtleere offene Mengen von G/G0 sind mit A ∩ V1 ∩ V2 = ∅, A ∩ Vi , ∅
für i = 1, 2, und A ⊂ V1 ∪ V2 .
Lemma 1.9.7. Sei G eine topologische Gruppe und sei U eine kompakte offene
Einsumgebung. Dann enthält U eine kompakte und offene Untergruppe K von
G.
Beweis. Nach Lemma 1.1.6 gibt es eine offene Einsumgebung V = V −1
so dass UV = VU = U. Da 1 ∈ U, folgt dass V ⊂ U und dann ist
V 2 ⊂ VU ⊂ U. Induktiv sehen wir, dass V n ⊂ U für jedes n ∈ N, so dass
S
die Gruppe K = n∈N V n , die von V erzeugt wird, in U liegt. Nach
Lemma 1.1.9 (b) und (c) ist K eine offene und abgeschlossene
Untergruppe von G. Da K in der kompakten Teilmenge U liegt, ist sie
auch kompakt.
Definition 1.9.8. Sei X ein topologischer Raum. Ein System B offener
Mengen heisst Topologiebasis, falls jede offene Menge sich als
Vereinigung von Mengen aus B schreiben lässt.
Eine Topologiebasis von R ist zum Beispiel durch die offenen Intervalle
mit rationalen Endpunkten gegeben.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
55
Proposition 1.9.9. Jeder total unzusammenhängende lokalkompakte
Hausdorff-Raum X hat eine Topologiebasis bestehend aus offenen und
kompakten Teilmengen.
Beweis. Es reicht zu zeigen, dass es zu jedem x ∈ X und jeder
kompakten Umgebung U von x eine offene und abgeschlossene Menge
V gibt mit x ∈ V ⊂ U. Hierfür sei M die Menge aller y ∈ U so dass es
eine relativ offene und abgeschlossene Teilmenge C y ⊂ U gibt mit
y ∈ C y und x < C y . Dann ist M die Vereinigung all dieser Mengen C y .
Insbesondere ist M relativ offen in U. Sei A = U r M. Dann ist x ∈ A und
A ist abgeschlossen. Wir zeigen
(a) Ist W ⊂ U relativ offen in U und ist W r W eine Teilmenge von M,
dann existiert eine relativ offene und abgeschlossene Menge W̃ ⊃ W
in U, so dass A ∩ W̃ = A ∩ W.
(b) Die Menge A ist zusammenhängend.
Wenn wir dies gezeigt haben, folgt A = {x}, da X total
unzusammenhängend ist. Hieraus folgt, dass der kompakte Rand
∂U = U r Ů von U in M liegt und daher in der Vereinigung endlich
S
n
vieler C y1 , . . . , C yn . Die Menge V = U r i=1 C yi ist dann relativ offen
und abgeschlossen in U und enthält x. Da sie im Inneren Ů vom U liegt,
ist sie auch offen in X.
Um (a) zu zeigen, sei W wie oben. Die kompakte Menge W r W kann
mit endlich vielen der offenen Mengen C y überdeckt werden, also
(W r W) ⊂ C für eine Menge der Form C = C y1 ∪ · · · ∪ C yn ⊂ M. Die
Menge C ist abgeschlossen und offen in U. Wir setzen W̃ = W ∪ C. Da C
die Menge W r W enthält, folgt W ∪ C = W ∪ C, also ist W̃ abgeschlossen
und offen in U. Da C in M liegt, haben wir W̃ ∩ A = W ∩ A.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
56
Um den Beweis abzuschliessen, zeigen wir, wie (b) aus (a) folgt. Seien
B1 , B2 abgeschlossene (also kompakte) Teilmengen von A so dass
B1 ∩ B2 = ∅ und A = B1 ∪ B2 . Wir müssen zeigen, dass eine der Mengen
leer ist. Sei etwa x ∈ B1 . Da B1 , B2 kompakt sind mit B1 ∩ B2 = ∅ gibt es
nach Urysohn eine relativ offene Menge W ⊂ U so dass B2 ⊂ W und
W ∩ B1 = ∅. Nach (a) gibt es W̃ offen und abgeschlossen in U mit
B2 = W̃ ∩ A. Dann ist x < W̃ und also W̃ ⊂ M, so dass B2 = ∅.
Satz 1.9.10. (a) Sei G eine lokalkompakte Gruppe die total
unzusammenhängend ist. Dann enthält jede Einsumgebung U in G
eine offene und kompakte Untergruppe von G.
(b) Eine lokalkompakte Gruppe is genau dann pro-endlich, wenn sie
kompakt und total unzusammenhängend ist.
Beweis. (a) folgt aus den Lemmata 1.9.7 und 1.9.9.
(b) Sei G = lim← Gi eine pro-endliche Gruppe, dann ist G ⊂
Q
i Gi ,
das
Produkt ist kompakt und total unzusammenhängend, also ist die
abgeschlossene Untergruppe G kompakt und total
unzusammenhängend.
Für die Rückrichtung sei G kompakt und total unzusammenhängend.
Nach Teil (a) hat G eine Einsumgebungsbasis von offenen
Untergruppen. Wegen Kompaktheit hat jede offene Untergruppe U
endlichen Index. Sei U eine offene Untergruppe und sei N der Kern des
Gruppenhomomorphismus G → Per(G/U), wobei Per(G/U) die
Permutationsgruppe der endlichen Menge G/U ist. Da U offen ist. ist
dieser Homomorphismus stetig, also ist N ein offener Normalteiler, der
in U enthalten ist. Es folgt, dass G eine Einsumgebungsbasis aus
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
57
offenen normalen Untergruppen hat. Betrachte die Abbildung
φ : G → lim
G/N,
←
N
wobei der Limes über alle offenen normalen Untergruppen läuft. Wir
behaupten, dass φ ein Isomorphismus lokalkompakter Gruppen ist.
Injektivität. Sei x ∈ G r {1}. Dann existiert eine offene normale
Untergruppe N mit x < N. Also ist x nicht gleich 1 in G/N und φ ist
damit injektiv.
Surjektivität. Sei y ∈ lim ← G/N. Für jedes N sei AN das Urbild in G von
N
yN ∈ G/N. Die Familie abgeschlossener Mengen (AN ) hat die endliche
Schnitteigenschaft, also existiert ein x in ihrem Schnitt. Dies ist ein
Urbild für y.
Stetigkeit. Jede Projektion G → G/N ist stetig und daher ist φ stetig.
Stetigkeit der Umkehrabbildung. Eine stetige surjektive Abbildung
φ : X → Y zwischen kompakten Hausdorff-Räumen ist automatisch
abgeschlossen, das das Bild einer abgeschlossenen, also kompakten
Menge wieder kompakt, also abgeschlossen ist.
Kapitel 2
Banach-Algebren
2.1
Banach-Algebren
Eine Banach-Algebra ist eine komplexe Algebra A zusammen mit
einer Norm ||·||, in welcher A vollständig ist, also ein Banach-Raum.
Ferner verlangt man, dass die Norm submultiplikativ ist, d.d., dass die
Ungleichung
ka · bk ≤ kak kbk
für alle a, b ∈ A gilt. Dies Ungleichung impliziert insbesondere, dass die
Multiplikation auf A eine stetige Abbildung A × A → A ist. Dies
bedeutet, dass für konvergente Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N in A mit
Limiten a und b die Folge an bn gegen ab konvergiert. Diese Aussage
folgt aus der Ungleichung
kan bn − abk = kan bn − an b + an b − abk
≤ kan k kbn − bk + kbk kan − ak,
und der Tatsache dass die rechte Seite gegen Null geht.
Beispiele 2.1.1.
58
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
59
• Die Algebra Mn (C) wird mit der Norm
||a|| =
n
X
|ai, j |
i,j=1
eine Banach-Algebra.
• Für einen topologischen Raum X sei C(X) der Vektorraum aller
stetigen Abbildungen f : X → C. Ist X kompakt, dann wird C(X)
eine kommutative Banach-Algebra mit der Norm
k f kX = sup | f (x)|.
x∈X
• Ist G eine lokalkompakte Gruppe, dann ist die Faltungs-Algebra
L1 (G) mit der Norm k · k1 eine Banach-Algebra, wie aus Satz 1.6.3
folgt.
Definition 2.1.2. Seien V, W Banach-Räume. Eine lineare Abbildung
T : V → W nennt man auch einen linearen Operator Für einen linearen
Operator T : V → W definiere die Operatornorm durch
||T||Op := sup
v,0
||Tv||
= sup ||Tv|| .
||v||
||v||=1
Beachte, dass die Norm im Nenner die von V im Zähler die von W ist.
Beachte ferner, dass für v ∈ V gilt
||Tv|| ≤ ||T||Op ||v|| .
Der Operator T heißt beschränkter Operator, wenn ||T||Op < ∞.
Lemma 2.1.3.
(a) Ein linearer Operator T ist genau dann beschränkt, wenn er als Abbildung
V → W stetig ist.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
60
(b) Ist V ein Banach-Raum, dann ist der Raum B(V) aller beschränkten
Operatoren V → V, der durch die Hintereinanderschaltung als
Multiplikation eine Algebra wird, eine Banach-Algebra mit der Norm
||.||Op .
Beweis. (a) Sei T beschränkt und sei v j → v eine konvergente Folgt in V.
Dann gilt Tv j − Tv = T(v j − v) ≤ ||T||Op v j − v und dies geht gegen
Null, so dass Tv j gegen Tv konvergiert, also ist T stetig.
Für die Rückrichtung nimm an, dass T stetig ist, aber ||T||Op = ∞. Dann
existiert eine Folge (v j ) in V von Norm Eins, so dass Tv j gegen
unendlich geht. Dann geht die Folge
1
||Tv j ||
v j gegen Null. Da T stetig ist,
geht auch die Folge


 1

1
T  v j  = Tv j
Tv j Tv j gegen Null, aber diese Vektoren haben alle Norm Eins, ein
Widerspruch! Damit ist die Annahme falsch und die Behauptung folgt.
(b) Es ist eine leichte Übungsaufgabe, einzusehen, dass B(V)
vollständig ist. Wegen
||TS||Op = sup
v,0
||Sv||
||TSv||
≤ sup ||T||Op
= ||T||Op ||S||Op
||v||
||v||
v,0
ist B(V) eine Banach-Algebra.
Definition 2.1.4. Eine Algebra A heißt unital, falls es ein Element
1A ∈ A gibt, so dass
1A a = a1A = a
für jedes a ∈ A gilt. Das Element 1A heißt Einselement von C. Es ist
eindeutig bestimmt, denn ist 10A eine zweite Eins, dann folgt
1A = 1A 10A = 10A . Wir schreiben auch 1 statt 1A falls Verwechselungen
ausgeschlossen sind.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
61
Definition 2.1.5. Zwei Normen ||·|| und ||·||0 auf einem komplexen
Vektorraum V heissen äquivalente Normen, falls es ein C > 0 gibt, so
dass
1
||·|| ≤ ||·||0 ≤ C ||·|| .
C
Ist dies der Fall, so ist eine Folge genau dann in ||.|| Cauchy/konvergent,
wenn sie in ||.||0 Cauchy/konvergent ist. Also ist Vgenau dann in der
einen ein Banach-Raum, wenn er es in der anderen ist und beide
erzeugen dieselbe Topologie auf V.
Lemma 2.1.6. Sei A eine unitale Banach-Algebra mit Einselement 1. Dann
ist ||1|| ≥ 1 und es existiert eine äquivalente Norm ||·||0 auf A, so dass (A, ||·||0 )
wieder eine Banach-Algebra ist mit ||1||0 = 1.
Dank dieses Lemmas können wir bei einer unitalen Banach-Algebra
immer annehmen, dass das Einselement Norm Eins hat.
Beweis. In der Situation des Lemmas gilt
||1||2 ≥ 12 = ||1|| ,
also ||1|| ≥ 1. Für a ∈ A sei ||a||0 die Operatornorm des
Multiplikationsoperators Ma : x 7→ ax, also
||a||0 = sup
x,0
||ax||
.
||x||
Dann ist ||·||0 eine Norm mit ||1||0 = 1. Wegen ||ax|| ≤ ||a|| ||x||, folgt ||a||0 ≤ ||a||.
Andererseits gilt
||a||0 = sup
x,0
||a · 1|| ||a||
||ax||
≥
=
.
||x||
||1||
||1||
Daher sind ||·|| und ||·||0 äquivalent. Die Ungleichung ||ab||0 ≤ ||a||0 ||b||0 folgt
aus Lemma 2.1.3.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
62
Proposition 2.1.7. Sei G eine lokalkompakte Gruppe. Die Algebra A = L1 (G)
ist genau dann unital, wenn G diskret ist.
Beweis. Ist G diskret, dann ist die Funktion 1{1} ein Einselement von A.
Für die Umkehrung sei φ eine Eins von A = L1 (G). Nimm an, dass G
nicht diskret ist. Die letztere Eigenschaft impliziert, dass jede
Einsumgebung mindestens zwei Punkte besitzt. Nach Urysohns
Lemma folgt daraus, dass es zu jeder Einsumgebung U zwei
Dirac-Funktionen φU und ψU gibt, beide mit Träger in U, so dass die
Träger von φU und ψU disjunkt sind, insbesondere gilt φU − ψU = 2.
1
Sei φ ein Einselement, also φ ∗ f = f ∗ φ = f für jedes f ∈ L (G). Nach
Lemma 1.6.8 gibt es eine Einsumgebung U so dass φU ∗ φ − φ1 < 1
und ψU ∗ φ − φ1 < 1. Damit folgt
2 = φU − ψU 1 ≤ φU − φ1 + φ − ψU 1 < 2, ein Widerspruch! Damit
1
ist die Annahme falsch und G diskret.
Definition 2.1.8. Seien A, B Banach-Algebren. Ein Homomorphismus
von Banach-Algebren ist ein stetiger Algebrenhomomorphismus
φ : A → B. Das bedeutet, dass φ stetig ist, C-linear und multiplikativ,
also φ(ab) = φ(a)φ(b). Ein topologischer Isomorphismus von
Banach-Algebren ist ein bijektiver Homomorphismus mit stetiger
Inverser. und ein Isomorphismus von Banach-Algebren ist ein
Isomorphismus φ, der zusätzlich eine Isometrie ist, also die Gleichung
φ(a) = ||a|| für jedes a ∈ A erfüllt. Zur besseren Unterscheidung
nennen wir einen Isomorphismus von Banach-Algebren auch einen
isometrischen Isomorphismus.
Beispiel 2.1.9. Sei Y ⊂ X ein kompakter Unterraum eines kompakten
topologischen Raumes X. Die Restriktion von Funktionen ist ein
Homomorphismus von Banach-Algebren C(X) → C(Y). Hier ist der
Spezialfall Y = {x} enthalten. In diesem Fall ist C(Y) C und die
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
63
Restriktion wird zum Auswertungshomomorphismus δx : C(X) → C,
f 7→ f (x).
Definition 2.1.10. Ist A eine unitale Banach-Algebra, so schreiben wir
A× für die Gruppe aller invertierbaren Elemente von A, d.h., die
multiplikative Gruppe aller a in A, so dass ein b ∈ A existiert mit
ab = ba = 1. Dann ist b durch a eindeutig festgelegt , denn für ein
zweites b0 gilt b0 = b0 ab = b. Man schreibt dieses Element dann als a−1
und nennt es das Inverse von a.
Definition 2.1.11. Ist a ∈ A, so schreiben wir Br (a) für den offenen Ball
vom Radius r > 0 um a, also
n
o
Br (a) = x ∈ A : ||a − x|| < r .
Lemma 2.1.12 (von Neumann Reihe). Sei A eine unitale Banach-Algebra
und sei a ∈ A mit kak < 1. Dann ist 1 − a invertierbar mit Inverser
−1
(1 − a)
=
∞
X
an ,
n=0
wobei die Reihe absolut in A konvergiert.
Die Einheitengruppe A× ist eine offene Teilmenge von A. Mit der
Teilraumtopologie ist A× eine topologische Gruppe.
P
P∞
n
n
Beweis. Da kak < 1 gilt ∞
≤
||a
||
n=0
n=0 ||a|| < ∞, also konvergiert die
P
n
Reihe b = ∞
n=0 a absolut in A. Die erste Aussage folgt dann aus
(1 − a)b = (1 − a)
∞
X
n=0
a =
n
∞
X
n=0
n
a −
∞
X
an+1 = 1
n=0
und ebenso b(1 − a) = 1.
Für die zweite Aussage sei y ∈ A× . Da die Multiplikation auf A stetig
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
64
ist, ist die Abbildung x 7→ yx ein Homöomorphismus. Daher ist
yB1 (1) ⊂ A× eine offene Umgebung von y, also ist A× in der Tat offen.
Um zu zeigen, dass A× eine topologische Gruppe ist, müssen wir noch
nachweisen, dass die Inversion auf A× stetig ist. Beachte dass die
P
n
−1
Abbildung a 7→ ∞
auf B1 (0) stetig ist, also ist die
n=0 a = (1 − a)
Inversion stetig auf B1 (1). Sei y ∈ A× beliebig. Dann ist yB1 (1) eine
offene Umgebung von y und die Inversion ist auf dieser Menge die
Komposition der stetigen Abbildungen
y−1 ·
x−1
·y−1
yB1 (1) −→ B1 (1) −→ A× −→ A×
und damit stetig.
Beispiele 2.1.13.
• Sei A = Mn (C). Dann ist die Einheitengruppe A×
gerade die Gruppe GLn (C) der invertierbaren n × n Matrizen, also
der Matrizen A in Mn (C) mit det(A) , 0. Wegen der Stetigkeit der
Determinante hat man in diesem Fall einen zweiten Beweis für die
Offenheit von A× .
• Sei A = C(X) für einen kompakten Hausdorff-Raum X. Dann
besteht die Einheitengruppe A× gerade aus den f ∈ C(X), mit
f (x) , 0 für jedes x ∈ X.
2.2
Das Spektrum
Sei A eine unitale Banach-Algebra. Für a ∈ A schreiben wir
n
o
Res(a) := λ ∈ C : λ1 − a is invertible
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
65
und nennen diese Menge die Resolventenmenge von a ∈ A. Ihr
Komplement
σA (a) := C r Res(a)
heißt das Spektrum von a. Da A× offen in A nach Lemma 2.1.12 und da
λ 7→ (λ1 − a) stetig ist, ist Res(a) eine offene Teilmenge von C und damit
ist σA (a) abgeschlossen.
Beispiele 2.2.1.
• Sei A = Mn (C). Das Spectrum einer Matrix A ∈ A
ist genau die Menge der Eigenwerte von A.
• Sei X ein kompakter Hausdorff-Raum und sei A = C(X). Für f ∈ A
ist das Spektrum σ( f ) gleich dem Bild von f : X → C.
Lemma 2.2.2. Sei A eine unitale Banach-Algebra. Für gegebenes a ∈ A ist
das Spektrum σ(a) eine abgeschlossene Teilmenge des abgeschlossenen Balls
B̄||a|| (0). Insbesondere ist das Spektrum kompakt.
Beweis. Wir wissen schon, dass das Spektrum abgeschlossen ist. Sei
a ∈ A und sei λ ∈ C mit |λ| > ||a||. Wir müssen zeigen, dass λ1 − a
invertierbar ist. Da λ−1 a < 1, liegt nach Lemma 2.1.12 das Element
1 − λ−1 a in A× . Es folgt, dass λ · 1 − a = λ(1 − λ−1 a) ∈ A× , also
λ ∈ Res(a).
Schreibweise. Ist A eine unitale Banach-Algebra und λ ∈ C, so
schreiben wir λ für λ · 1 ∈ A also insbesondere λ − a für λ · 1 − a, falls
a ∈ A.
Lemma 2.2.3. Sei a ∈ A, dann ist die Abbildung f : λ 7→ (λ − a)−1
holomorph auf der Resolventenmenge Res(a).
Beweis. Sei λ ∈ Res(a) und sei h eine kleine komplexe Zahl. Dann ist
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
1
h ( f (λ
66
+ h) − f (λ)) gleich
1
−1
−1
(λ + h − a) − (λ − a)
h
1
= ((λ − a) − (λ + h − a)) (λ + h − a)−1 (λ − a)−1
h
= −(λ + h − a)−1 (λ − a)−1 .
Diese Abbildung ist stetig bei h = 0, da die Inversion stetig ist.
Satz 2.2.4. Sei A eine unitale Banach-Algebra und sei a ∈ A. Dann ist
σA (a) , ∅.
Beweis. Angenommen, es gibt ein a ∈ A mit leerem Spektrum. Sei α ein
stetiges lineares Funktional auf A, dann ist die Funktion
fα : λ 7→ α((a − λ)−1 ) eine ganze Funktion. Da α stetig, also beschränkt
ist, gibt es ein C > 0 so dass |α(b)| ≤ C ||b|| für jedes b ∈ A gilt. Für
|λ| > 2 ||a|| folgt dann
1
| fα (λ)| = |α((a − λ)−1 )| = |α((1 − λ−1 a)−1 )|
|λ|


∞
∞
X


1 
1 X
−1
n

α  (λ a)  ≤
=
|α((λ−1 a)n )|
|λ| n=0
|λ| n=0
∞
∞ C X 1 n 2C
C X −1 n
λ a <
=
.
≤
|λ| n=0
|λ| n=0 2
|λ|
Damit ist fα beschränkt, also konstant nach dem Satz von Liouville. Da
2C
|λ|
gegen Null geht für |λ| → ∞, ist fα ≡ 0. Da dies für jedes α gilt, ist die
Abbildung f : λ 7→ (λ − a)−1 nach dem Hahn-Banach-Satz ebenfalls die
Nullabbildung, Widerspruch!
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
67
Korollar 2.2.5 (Gelfand-Mazur). Sei A eine unitale Banach-Algebra so dass
jedes 0 , a ∈ A invertierbar ist. Dann folgt A = C1.
Beweis. Angenommen, es gibt ein a ∈ A r C1, so ist λ − a für jedes λ ∈ C
invertierbar, also ist σA (a) = ∅, was dem Satz 2.2.4 widerspricht.
Definition 2.2.6. Für ein element a einer unitalen Banach-Algebra A
definieren wir den Spektralradius r(a) von a durch
n
o
r(a) := sup |λ| : λ ∈ σA (a) .
Satz 2.2.7 (Spektralradiusformel). Sei A eine unitale Banach-Algebra
und a ∈ A. Dann gilt r(a) ≤ ||a|| und
1
r(a) = lim kan k n .
n→∞
Beweis. Wegen ||an || ≤ ||a||n folgt die erste Aussage aus der zweiten. Wir
zeigen die Ungleichungen
1
1
r(a) ≤ lim inf kan k n ≤ lim sup kan k n ≤ r(a),
aus denen der Satz folgt.
Für λ ∈ σA (a) gilt λn 1 − an = (λ1 − a)
Pn−1
j=0
λ j an−1−j so dass λn ∈ σA (an )
1
und daher |λ|n ≤ kan k für jedes n ∈ N. Somit r(a) ≤ kan k n für jedes n ∈ N,
woraus die erste Ungleichung folgt.
1
Um lim sup kan k n ≤ r(a) einzusehen, beachte
∞
(λ − a)−1
a −1 X n 1
−1
= λ (1 − ) =
a n+1
λ
λ
n=0
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
68
für |λ| > kak. Da die Funktion dort holomorph ist, konvergiert die Reihe
in der Normtopologie für jedes |λ| > r(a), wie aus Korollar 3.11
(Appendix) angewendet auf z =
1
λ
folgt.
1
Für festes gegebenes |λ| > r(a) folgt, dass die Folge an λn+1
in A
beschränkt ist, so dass es ein C ≥ 0 gibt mit kan k ≤ C|λ|n+1 für jedes
n ∈ N. Also
1
1
||an || n ≤ (C|λ|) n |λ|.
1
Da die Folge (C|λ|) n gegen Eins geht, erhält man im Limes superior:
1
lim sup kan k n ≤ |λ|. Da dies für jedes λ mit |λ| > r(a) gilt, folgt
1
lim sup kan k n ≤ r(a).
Lemma 2.2.8. Sein A eine abgeschlossene Unteralgebra der unitalen
Banach-Algebra B so dass 1B ∈ A. Dann gilt
∂σA (a) ⊂ σB (a) ⊂ σA (a)
für jedes a ∈ A, wobei ∂σA (a) den Rand des Spektrums σA (a) ⊂ C bezeichnet.
Beweis. Ist a ∈ A invertierbar in A, so ist es invertierbar in B ⊃ A, also
gilt ResA (a) ⊂ ResB (a), durch Komplementbildung folgt die zweite
Inklusion des Lemmas.
Zum Beweis der ersten Inklusion sei λ ∈ ∂σA (a) ⊂ σA (a) und sei (λn )n∈N
eine Folge in ResA (a) mit λn → λ. Wäre λ ∈ ResB (a), so gölte
A 3 (λn 1 − a)−1 → (λ1 − a)−1 ∈ B.
Da A abgeschlossen ist, folgt (λ1 − a)−1 ∈ A, was bedeutet, dass
λ ∈ ResA (a). Dies ist ein Widerspruch zu λ ∈ σA (a).
Beispiel 2.2.9. Sei D ⊂ C die abgeschlossene Kreisscheibe vom Radius 1
um Null und sei D̊ das Innere. Die Diskalgebra A ist nach Definition
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
69
die Unteralgebra von C(D) bestehend aus allen stetigen Funktionen, die
im Inneren D̊ holomorph sind. Da gleichmäßige Limiten holomorpher
Funktionen holomorph sind, ist die Diskalgebra eine abgeschlossene
Unteralgebra von C(D) und damit eine Banach-Algebra. Sei T = ∂D die
Kreisgruppe. Nach dem Maximumprinzip für holomorphe Funktionen
nimmt jede Funktion f ∈ A ihr Maximum auf T an. Deshalb ist der
Restiktionshomomorphismus A → C(T), f 7→ f |T eine Isometrie. Daher
kann man A auch als eine Banach-Unteralgebra von B = C(T)
betrachten. Für f ∈ A und λ ∈ C liegt die Funktion (λ − f )−1 genau
dann in A, wenn λ nicht im Bild von f liegt. Deshalb ist das Spektrum
σA ( f ) gleich dem Bild f (D). Betrachtet man f als Element von B, so ist
das Spektrum gleich σB ( f ) = f (T).
2.3
Adjunktion einer Eins
Viele wichtige Banach-Algebren, wie L1 (G) für eine nichtdiskrete
Gruppe G, haben keine Eins. Um die bisherige Theorie dennoch
anwenden zu können, adjungieren wir eine. Sei hierzu A eine
Banach-Algebra (mit oder ohne Eins). Dann wird das kartesische
Produkt
Ae := A × C
mit der Multiplikation
(a, λ)(b, µ) = (ab + λb + µa, λµ)
eine Algebra mit Einselement (0, 1). Mit k(a, λ)k := kak + |λ|, wird Ae eine
Banach-Algebra, die A A × {0} als abgeschlossene Unteralgebra der
Codimension 1 enthält. Man nennet Ae die Unitarisierung von A.
Hat A bereits eine Eins 1A , dann ist die Algebra Ae isomorph zur
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
70
direkten Summe A ⊕ C der Algebren A und C mit der
komponentenweisen Multiplikation. Ein Isomorphismus von Ae nach
A ⊕ C ist gegeben durch
(a, λ) 7→ (a + λ1A ) ⊕ λ.
Ist A eine Banach-Algebra ohne Eins, definieren wir das Spektrum von
a ∈ A als
σA (a) := σAe (a),
wobei wir A mit dem Bild in Ae identifizieren. Mit dieser Konvention
gelten alle Ergebnisse des letzten Abschnitts, insbesondere die
Spektralradiusformel.
Definition 2.3.1. Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Man sagt,
dass eine gegebene Funktion f : X → C im Unendlichen verschwindet,
falls es zu jedem ε > 0 eine kompakte Teilmenge K = Kε ⊂ X gibt, so
dass | f (x)| < ε für jedes x ∈ X r K gilt. Sei C0 (X) der Vektorraum aller
stetigen Funktionen auf X, die im Unendlichen verschwinden. Dann ist
C0 (X) eine Banach-Algebra mit der punktweisen Multiplikation und
der Supremumsnorm f = supx∈X | f (x)|. Beachte, dass C0 (X) genau
X
dann unital ist, wenn X kompakt ist, in welchem Fall C0 (X) = C(X) gilt.
Beispiel 2.3.2. Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Wir wollen
die Unitarisierung von C0 (X)e bestimmen. Die
Einpunktkompaktifizierung X+ von X ist gegeben durch die Menge
·
X+ := X∪{∞},
wobei ∞ für einen neuen Punkt steht. Auf dieser Menge
installieren wir die folgende Topologie: Ist U ⊂ X+ und ist U bereits in
X enthalten und dort offen, so soll U auch in X+ offen sein. Ist allerdings
∞ ∈ U, so soll U genau dann offen sein, wenn X r U kompakt ist. Jede
stetige Funktion in C(X∞ ) liefert per Einschränkung eine stetige
Funktion auf X. Auf diese Weise kann man C0 (X) mit dem Unterraum
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
71
der stetigen Funktionen f ∈ C(X+ ) identifizieren, für die f (∞) = 0 gilt.
Deshalb sagt man, dass solche Funktionen “im Unendlichen
verschwinden”.
Lemma 2.3.3. Es gibt einen kanonischen topologischen Isomorphismus von
Banach-Algebren C(X∞ ) C0 (X)e .
Beweis. Indem wir jedes f ∈ C0 (X) durch Null nach X+ fortsetzen,
betrachten wir C0 (X) als Teilraum von C(X∞ ). Definiere
ψ : C0 (X)e → C(X∞ ) durch ψ( f, λ) = f + λe, wobei e(x) = 1 für jedes
x ∈ X∞ . Dann ist ψ ein Isomorphismus von Algebren. Für die Normen
gilt
ψ( f, λ)
X∞
= sup | f (x) + λ| ≤ sup | f (x)| + |λ| = ( f, λ) .
x∈X∞
x∈X
Damit ist ψ stetig. Andererseits gilt
sup | f (x) + λ| ≥ | f (∞) + λ| = |λ|.
x∈X∞
Wegen | f (x)| ≤ |λ| + | f (x) + λ| für jedes x folgt
( f, λ) = sup | f (x)| + |λ| ≤ 3 ψ( f, λ) ∞ .
X
x∈X∞
Das Lemma ist bewiesen. Beachte, dass ψ keine Isometrie ist, aber die
Einschränkung auf C0 (X) schon.
2.4
Die Gelfand-Abbildung
Definition 2.4.1. Sei A eine kommutative Banach-Algebra. Der
Strukturraum ∆A von A ist die Menge aller
Algebren-Homomorphismen m : A → C die ungleich Null sind. Mann
nennt ∆A auch dem Raum der maximalen Ideale, was durch den unten
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
72
folgenden Satz 2.5.4 gerechtfertigt ist. Die Elemente von ∆A heissen
auch multiplikative Funktionale. Ist A unital, so folgt automatisch
m(1) = 1 für jedes m ∈ ∆A , denn aus m(1) = m(12 ) = m(1)2 folgt m(1) = 0
oder m(1) = 1, aber m(1) = 0 impliziert m = 0, was wir ausgeschlossen
haben.
Beispiele 2.4.2.
• Sei A = C0 (X) für einen lokalkompakten
Hausdorff-Raum X. Jedes x ∈ X liefert ein Element δx von ∆A durch
δx ( f ) = f (x).
b dann ist
• Sei A = L1 (A), wobei A eine LCA-Gruppe ist. Sei χ ∈ A,
die Abbildung mχ : A → C definiert durch
Z
mχ ( f ) = fˆ(χ) =
f (x)χ(x) dx
A
ein Element von ∆A , wie aus Lemma 1.7.3 folgt.
Für ein gegebenes multiplikatives Funktional m ∈ ∆A gibt es genau eine
Erweiterung von m zu einem multiplikativen Funktional me auf Ae
gegeben durch
me (a, λ) = m(a) + λ.
Ein Multiplikatives Funktional von Ae , welches nicht auf diese Weise
von A herkommt, muss auf A gleich Null sein, also gleich dem
Augmentationsfunktional m∞ of Ae sein, das gegeben ist durch
m∞ (a, λ) = λ.
Es folgt
∆Ae = {me : m ∈ ∆A } ∪ {m∞ }.
Wir wollen ∆A mit einer natürlichen Topologie versehen, die es zu
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
73
einem lokalkompakten Hausdorff-Raum macht. Für einen
Banach-Raum V sei V 0 der Dualraum, also die Menge aller stetigen
linearen Funktionale α : V → C. Dies ist ein Banach-Raum mit der
Norm ||α|| = ||α||Op = supv∈Vr{0}
|α(v)|
.
||v||
Lemma 2.4.3. Sei A eine kommutative Banach-Algebra und sei m ∈ ∆A .
Dann ist m stetig mit kmk ≤ 1. Ist A unital, dann gilt kmk = 1.
Beweis. Sei zuerst A unital. Ist a ∈ A, dann gilt m(a − m(a)1) = 0, so dass
a − m(a)1 nicht invertierbar in A sein kann, also ist m(a) ∈ σ(a) und somit
|m(a)| ≤ kak für jedes a ∈ A. Wegen m(1) = 1 ist m stetig mit kmk = 1.
Ist A nicht unital, so ist die Erweiterung me : Ae → C stetig mit
kme k = 1. Daher ist die Einschränkung m = me |A ebenfalls stetig und es
gilt kmk ≤ 1.
Es folgt aus dem Lemma, dass ∆A ⊂ B̄0 ⊂ A0 , wobei
B̄0 = { f ∈ A0 : k f k ≤ 1} der abgeschlossene Ball vom Radius Eins ist. In
jedem normierten Raum V ist die schwach-*-Topologie auf V 0 definiert
als die Initialtopologie auf V 0 gegeben durch die Abbildungen
{δv : v ∈ V} mit
δv : V 0 → C,
α 7→ α(v).
Man kann diese Topologie auch die Topologie der punktweisen
Konvergenz nennen, denn ein Netz (α j ) j in V 0 konvergiert genau dann
gegen α ∈ V 0 in der schwach-*-Topologie, wenn α j (v) gegen α(v)
konvergiert für jedes v ∈ V.
Satz 2.4.4 (Banach-Alaoglu). Sei V ein Banach-Raum. Dann ist der
abgeschlossen Einheitsball
B̄0 := { f ∈ V 0 : k f k ≤ 1} ⊂ V 0
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
74
mit der schwach-*-Topologie ein kompakter Hausdorff-Raum.
Beweis. Sei D = {z ∈ C : |z| ≤ 1}. Für α ∈ B̄0 und v ∈ V gilt |α(v)| ≤ ||v||,
also ist α(v) ein Element der kompakten Menge D ||v||. Wir erhalten eine
injektive Abbildung
B̄0 ,→
Y
D ||v|| =: P
v∈V
α → (α(v))v .
Der Produktraum P rechts ist hausdorffsch und nach dem Satz von
Tychonov kompakt. Da ein Netz im Produktraum P genau dann
konvergiert, wenn alle Komponenten konvergieren, stimmt die
schwach-*-Topologie auf B̄0 mit der Teilraumtopologie vom
Produktraum überein. Da der Produktraum P kompakt ist, reicht es, zu
zeigen, dass B̄0 in P abgeschlossen ist. Ein Element x ∈ P liegt genau
dann in B̄0 , wenn seine Koordinaten die Gleichungen xv+w = xv + xw und
xλv = λxv für alle v, w ∈ V und jedes λ ∈ C erfüllen. Diese Bedingungen
definieren aber eine abgeschlossene Teilmenge des Produktraums P.
Definition 2.4.5. Ist A eine kommutative Banach-Algebra, so versehen
wir den Strukturraum ∆A ⊂ A0 der Algebra A mit der Topologie
induziert durch die schwach-*-Topologie auf A0 .
Lemma 2.4.6. Sei A eine kommutative Banach-Algebra. Dann ist die
Inklusionsabbildung Φ : ∆A → ∆Ae , die m auf me abbildet, ein
Homöomorphismus aufs Bild.
Beweis. Φ ist injektiv. Da die schwach-*-Topologie die Topology der
punktweisen Konvergenz ist, müssen wir nur nachweisen, dass ein
Netz (mν )ν genau dann punktweise gegen m ∈ ∆A konvergiert, wenn
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
75
das Netz (meν )ν punktweise gegen me konvergiert. Aber wegen
me (a, λ) = m(a) + λ ist dies klar.
Definition 2.4.7. Jedes a ∈ A definiert eine Funktion â auf dem
Strukturraum
â : ∆A → C,
m 7→ â(m) = m(a).
Wir werden die Abbildung A → Abb(∆A , C), a 7→ â wird die
Gelfand-Transformation genannt.
Satz 2.4.8 (Gelfand Transform). Sei A eine kommutative
Banach-Algebra. Dann gilt:
(a) ∆A ist ein lokalkompakter Hausdorff-Raum.
(b) Ist A is unital, dann ist ∆A kompakt.
(c) Für jedes a ∈ A ist die Funktion â auf ∆A stetig und verschwindet im
Unendlichen ∞. Die Gelfand-Transformation
A → C0 (∆A );
a 7→ â.
ist ein Algebrenhomomorphismus.
(d) Für jedes a ∈ A gilt ||â||∆A ≤ ||a||, also ist die Gelfand-Transformation
stetig.
Beweis. Wir zeigen (a) und (b) zusammen. Der Abschluss ∆A of ∆A in
A0 ist nach dem Satz von Banach-Alaoglu kompakt. Wir zeigen, dass
dieser Abschluss gleich ∆A ist, falls A unital ist und ∆A oder ∆A ∪ {0}
falls A nicht unital ist. Hierzu sei (mν )ν ein Netz in ∆A , welches
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
76
punktweise gegen f ∈ A0 konvergiert. Es folgt dann
f (ab) = lim mν (ab) = lim mν (a) lim mν (b) = f (a) f (b),
ν
ν
ν
so dass f : A → C ein Algebrenhomomorphismus ist. Ist A unital,
dann gilt f (1) = limν mν (1) = 1, es ist f , 0 und daher f ∈ ∆A . Ist A
nicht unital, so kann f = 0 sein. Hieraus folgt (b). Die Aussage (a) folgt
dann so: ist A nicht unital und m ∈ ∆A , so induziert m ein Element me
in ∆Ae durch
me (a, λ) = m(a) + λ.
in ∆Ae ist me verschieden von m0 (a, λ) = λ, so dass es wegen der
Hausdorff-Eigenschaft eine offen Umgebung U von me in ∆Ae gibt so
dass me ∈ U ⊂ U = m0 . Dann ist U abgeschlossen in ∆Ae , also kompakt,
aber andererseits ist U ⊂ ∆A , also ist ∆A lokalkompakt.
Für (c) beachte das, da die Topologie auf ∆A durch die
schwach-*-Topologie induziert, die Punktauswertung â nach Definition
stetig ist. Ist ∆A kompakt, folgt die Behauptung. Andernfalls ist der
Abschluss von ∆A gleich ∆A ∪ {0} und stimmt mit der
Einpunktkompaktifizierung von ∆A überein. Offensichtlich
verschwindet jedes â im Punkte 0 ∈ ∆A .
(d) Für a ∈ A gilt |â(m)| = |m(a)| ≤ ||m|| ||a|| ≤ ||a|| nach Lemma 2.4.3.
Lemma 2.4.9. Sei φ : A → B ein Algebrenhomomorphismus zwischen
kommutativen Banach-Algebren A und B so dass m ◦ φ , 0 für jedes m ∈ ∆B .
Dann ist
φ∗ : ∆B → ∆A
m 7→ m ◦ φ
stetig und ist ein Homöomorphismus falls bijektiv.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
77
Beweis. Da aus der punktweisen Konvergenz eines Netzes (mi ) in ∆B
die Punktweise Konvergenz des Netzes (mi ◦ φ) in ∆A folgt, ist die
Abbildung φ∗ stetig. nimm nun an, dass sie bijektiv ist. Sei φe : Ae → Be
die kanonische Erweiterung von φ zu den Unitarisierungen, definiert
durch φe (a, λ) = (φ(a), λ). Dann ist die Abbildung (φe )∗ : ∆Be → ∆Ae ,
definiert durch m 7→ m ◦ φe eine stetige Bijektion zwischen den
Einpunktkompaktifizierungen ∆Be und ∆Ae von ∆A und ∆B , welche die
Abbildung φ∗ : ∆B → ∆A fortsetzt. Die Aussage folgt nun aus dem
folgenden Lemma.
Lemma 2.4.10. Eine bijektive stetige Abbildung zwischen kompakten
Hausdorff-Räumen ist ein Homöomorphismus.
Beweis. Eine Abbildung ist genau dann stetig, wenn Urbilder
abgeschlossener Mengen abgeschlossen sind. Sei f : X → Y eine
bijektive stetige Abbildung zwischen kompakten Hausdorff-Räumen.
Sei A ⊂ X abgeschlossen, dann ist A kompakt und daher ist f (A)
kompakt und, da Y hausdorffsch ist, folgt, dass f (A) abgeschlossen ist.
Daher ist f −1 stetig.
2.5
Maximale Ideale
Definition 2.5.1. Ist A eine Algebra, dann heißt ein Untervektorraum
I ⊂ A ein Ideal, wenn für jedes a ∈ A gilt aI ⊂ I und Ia ⊂ I. Der Raum A
selbst ist ein Ideal. Jedes Ideal I , A heißt echtes Ideal. Ein maximales
Ideal ist ein echtes Ideal M, so dass für jedes echte Ideal I aus I ⊃ M
schon folgt I = M.
Ist A unital, dann gilt A× ∩ I = ∅ für jedes echte Ideal I ⊂ A. Sei nun A
eine unitale Banach-Algebra. Da A× offen in A ist, ist der Abschluss I
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
78
eines echten Ideals wieder ein echtes Ideal.
Lemma 2.5.2. Sei A eine unitale Banach-Algebra. Dann ist jedes echte Ideal
in einem maximalen Ideal enthalten. Jedes maximale Ideal ist abgeschlossen.
Ist schliesslich A kommutativ, dann ist jedes Element von A r A× in einem
maximalen Ideal enthalten.
Beweis. Die erste Aussage folgt mit Zorns Lemma angewendet auf die
Menge aller echten Ideale, die ein gegebenes Ideal I enthalten. Die
zweite ist klar nach obiger Bemerkung. Für die dritte sei A kommutativ
n
o
und sei a ∈ A r A× . Dann ist das Hauptideal aA = ax : x ∈ A ein
echtes Ideal, liegt also in einem maximalen Ideal.
Definition 2.5.3. Ist A eine Banach-Algebra und ist I ⊂ A ein
abgeschlossenes Ideal in A, dann wird der Quotientenraum A/I
wieder eine Banach-Algebra, wenn wir ihn mit der Quotientennorm
n
ka + Ik = inf ka + dk : d ∈ I
o
und der Multiplikation (a + I)(b + I) = ab + I versehen.
Satz 2.5.4. Sei A eine kommutative unitale Banach-Algebra.
(a) Die Abbildung m 7→ ker(m) = m−1 (0) ist eine Bijektion zwischen ∆A
und der Menge aller maximalen Ideale von A.
(b) Ein Element a ∈ A ist genau dann invertierbar, wenn m(a) , 0 für
jedes m ∈ ∆A .
(c) Für a ∈ A gilt σ(a) = Im(â).
Beweis. (a) Für die Injektivität seien m, n ∈ ∆A mit ker(m) = ker(n) =: I.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
79
Da I ein Unterraum der Codimension Eins ist, kann jedes a ∈ A
geschrieben werden als a0 + λ1 für eindeutig bestimmte a0 ∈ I und
λ ∈ C. Dann gilt
m(a) = m(a0 + λ1) = λ = n(a0 + λ1) = n(a).
Für die Surjektivität sei I ein maximales Ideal. Dann ist B = A/I eine
unitale Banach-Algebra ohne ein echtes Ideal. Dann ist nach Lemma
2.5.2 jedes b ∈ B r {0} invertierbar. Nach Korollar 2.2.5 folgt B C.
Damit ist I der Kern der Abbildung A → B C, welche in ∆A liegt.
Für (b) sei a ∈ A invertierbar. Für m ∈ ∆A gilt m(a)m(a−1 ) = m(1) = 1,
also m(a) , 0. Für die Rückrichtung nimm an, dass a nicht invertierbar
ist. Dann liegt es in einem maximalen Ideal, welches nach Teil (a) der
Kern eines m ∈ ∆A ist.
Schliesslich folgt (c) indem wir alles zusammensetzen: Ein gegebenes
λ ∈ C liegt genau dann in σ(a), wenn a − λ1 nicht invertierbar ist. Das ist
genau dann der Fall, wenn es ein m ∈ ∆A gibt mit m(a − λ1) = 0, d.h.,
â(m) = m(a) = λ, was zu λ ∈ Im(â) äquivalent ist. Also Im(â) = σ(a).
Beispiel 2.5.5. Betrachte den Fall A = C(X) für einen kompakten
Hausdorff-Raum X. Für x ∈ X sei δx : A → C definiert durch
δx ( f ) = f (x). Dann ist die Abbildung δ : x 7→ δx ein Homöomorphismus
X −→ ∆A . Wir haben also
∆C(X) = X.
Beweis. Übungsaufgabe.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
2.6
80
Der Satz von Gelfand-Neumark
Sei A eine Algebra über C. Eine Involution ist eine Abbildung A → A,
geschrieben a 7→ a∗ , so dass für a, b ∈ A und λ ∈ C gilt
(a + b)∗ = a∗ + b∗ ,
(λa)∗ = λa∗ ,
(ab)∗ = b∗ a∗ ,
sowie (a∗ )∗ = a. Eine Banach-*-Algebra ist eine Banach-Algebra A mit
einer Involution * so dass für jedes a ∈ A gilt
||a∗ || = ||a|| .
Eine C∗ -Algebra ist eine Banach-Algebra A mit einer Involution *, so
dass für jedes a ∈ A gilt
||a∗ a|| = ||a||2 .
Lemma 2.6.1. Jede C∗ -Algebra ist eine Banach-*-Algebra.
Beweis. Sei A eine C∗ -Algebra und sei a ∈ A. Dann gilt
||a||2 = ||a∗ a|| ≤ ||a∗ || ||a||, hieraus folgt ||a|| ≤ ||a∗ || und durch Vertauschen von
a und a∗ folgt die andere Ungleichung.
Ein Element a einer Banach-*-Algebra A heißt selbstadjungiert, falls
a∗ = a gilt.
Beispiele 2.6.2.
• Sei H ein Hilbert-Raum und sei A = B(H) die Banach-Algebra aller
beschränkten linearen Operatoren auf H. Dann ist T 7→ T∗ eine
Involution, wobei T∗ der adjungierte Operator ist, d.h., für alle
v, w ∈ H gilt hTv, wi = hv, T∗ wi. Dann ist A eine C∗ -Algebra, denn
für v ∈ H folgt aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, dass
||Tv||2 = hTv, Tvi = hv, T∗ Tvi ≤ ||v|| ||T∗ Tv|| .
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
Für v , 0 folgt
||Tv||2
||v||2
≤
||T∗ Tv||
||v||
81
und daher gilt für die Operatornorm
||T||2 ≤ ||T∗ T|| ≤ ||T∗ || ||T|| .
Dies liefert ||T|| ≤ ||T∗ ||.Ersetzt man T durch T∗ folgt die andere
Abschätzung auch. Aus der obigen Abschätzung folgt dann
||T||2 = ||T∗ T||.
Ein Operator T ∈ B(H) mit T∗ = T heißt ein selbstadjungierter
Operator.
• Sei A = C0 (X) für einen lokalkompakten Hausdorff-Raum X. Die
Involution
f ∗ (x) := f (x)
macht diese kommutative Banach-Algebra zu einer C∗ -Algebra,
denn
2
f ∗ f = sup | f ∗ (x) f (x)| = sup | f (x)|2 = f .
x∈X
x∈X
• Ein einfaches Beispiel einer Banach-*-Algebra, die keine
C∗ -Algebra ist, ist die Diskalgebra D aus Beispiel 2.2.9 mit der
Involution f ∗ (z) = f (z̄).
Die Eigenschaften einer Banach-*-Algebra sind leicht verifiziert.
Um zu sehen, dass D keine C∗ -Algebra ist, betrachte f (z) = 1 + iz.
Dann ist
2
f = sup |1 + iz|2 = 4,
z∈D
f ∗ f = sup |1 + z2 | = 2.
z∈D
Lemma 2.6.3. (a) Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und seien
x1 , . . . , xn ∈ X paarweise verschiedene Punkte. Seien λ1 , . . . , λn ∈ C
beliebig. Dann gibt es ein f ∈ Cc (X) mit f (x j ) = λ j für jedes j = 1, . . . , n.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
82
(b) Sei G eine lokalkompakte Gruppe und sei g ∈ Cc (G) mit der Eigenschaft,
R
R
dass G g(y) dy = G |g(y)| dy. Dann gibt es θ ∈ T so dass g(x) ∈ θ[0, ∞)
für jedes x ∈ G.
Beweis. (a) Wegen der Hausdorff-Eigenschaft gibt es offene Mengen Ui, j
und Vi,j für i , j mit xi ∈ Ui, j , x j ∈ Vi, j und Ui, j ∩ Vi, j = ∅. Setze
T
W j = j,i U j,i ∩ Vi, j . Dann ist W j eine offene Umgebung von x j und die
Mengen W1 , . . . , Wn sind paarweise disjunkt. Nach dem Lemma von
Urysohn gibt es f j ∈ Cc (X) mit Träger in W j und f j (x j ) = 1. Die Funktion
f = λ1 f1 + · · · + λn fn . Erfüllt die Aussage.
R
(b) Sei g wie in der Annahme. Ist G g(x) dx = 0, dann folgt
R
R
|g(x)| dx = 0 und also g = 0. Wir können also G g(x) dx , 0 annehmen.
G
R
In dem wir g durch λg für ein λ ∈ T ersetzen, können wir G g(x) dx > 0
annehmen. Dann ist
! Z
Z
Z
Z
Z
|g(x)| dx = g(x) dx =
g(x) dx = Re
g(x) dx =
Re(g(x)) dx.
G
Es folgt
G
R
G
G
G
G
(|g| − Re(g))(x) dx = 0. Da die stetige Funktion |g| − Re(G)
positiv ist, muss sie identisch verschwinden, also |g| = Re(g) und damit
g ≥ 0.
Proposition 2.6.4. Sei G eine lokalkompakte Gruppe und sei A die
Banach-Algebra L1 (G). Mit der Involution
f ∗ (x) = ∆G (x−1 ) f (x−1 )
Ist A eine Banach-*-Algebra, aber keine C∗ -Algebra ausser wenn G trivial ist.
Beweis. Die Axiome einer Involution sind leicht verifiziert, ebenso die
Tatsache, dass f ∗ = f für f ∈ A. Für die letzte Eigenschaft nimm an,
dass L1 (G) eine C∗ -Algebra ist. Wir zeigen, dass dann G = {1}. Nach der
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
83
C∗ -Eigenschaft gilt für jedes f ∈ Cc (G) dass
Z Z
−1
−1
∆(x y) f (y) f (x y) dy dx
G
G
2
∗
= f ∗ f = f Z Z
−1
=
∆(x y) f (y) f (x−1 y) dy dx.
G
G
Die äußeren Integrale auf beiden Seiten haben stetige Integranden ≥ 0.
Die Integranden erfüllen die Ungleichung ≤. Da die Integrale gleich
sind, sind die Integranden ebenfalls gleich. Also haben wir für jedes
x ∈ G,
Z
Z
−1
−1
−1
−1
∆(x y) f (y) f (x y) dy.
∆(x y) f (y) f (x y) dy =
G
G
Nach dem Lemma gibt es zu gegebenem x ∈ G ein θx ∈ T, so dass
f (y) f (x−1 y) ∈ θx [0, ∞) für jedes y ∈ G.
Nimm nun an, dass G nichttrivial ist. Dann gibt es ein x0 , 1 in G. Nach
)=i
dem Lemma gibt es dann eine Funktion f ∈ Cc (G) mit f (x0 ) = f (x−1
0
und f (1) = 1. Für x = x0 erhalten wir
y = 1 ⇒ f (y) f (x−1 y) = f (1) f (x−1
) = −i,
0
y = x0 ⇒
f (y) f (x−1 y) = f (x0 ) f (1) = i.
Widerspruch! Damit ist G die triviale Gruppe.
Für ein Element a einer Banach-Algebra A haben wir
n
o
r(a) = max |λ| : λ ∈ σ(a) für den Spektralradius geschrieben. Durch
Adjunktion einer Eins kann man diese Definition auch für nicht-unitale
Algebren treffen und die Spektralradiusformel r(a) = limn→∞ kan k1/n gilt
dann allgemein.
Lemma 2.6.5. Sei A eine C∗ -Algebra und sei a ∈ A selbstadjungiert. Dann
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
84
ist der Spektralradius von a gleich der Norm, also r(a) = kak.
Beweis. Da a = a∗ bedeutet die C∗ -Bedingung, dass ka2 k = ka∗ ak = kak2 .
n
n
Nach Induktion folgt ka2 k = kak2 für jedes n ∈ N. Nach der
Spektralradiusformel ist
n
1
r(a) = lim ka2 k 2n = kak.
n→∞
Diese Aussage bedeutet insbesondere, dass die Norm einer C∗ -Algebra
durch die algebraische Struktur eindeutig festgelegt ist. Für ein
selbstadjungiertes Element ist dies klar, für ein allgemeines Element a
folgt dies aus ||a||2 = ||a∗ a|| = r(a∗ a).
Lemma 2.6.6. Sei F ein abgeschlossener Teilraum eines normierten
Vektorraums E von endlicher Codimension. Ist F vollständig, dann auch E.
Beweis. Durch Induktion nach dim(E/F) reduziert man auf den Fall
dim(E/F) = 1. Wähle dann ein v0 ∈ E r F und wähle den Isomorphismus
E/F C durch λ(v0 + F) 7→ λ. Dann ist die Quotientenabbildung
q : E → E/F C ein stetiges lineares Funktional auf E. Wir behaupten,
dass Φ : F ⊕ C → E, gegeben durch Φ(w, λ) = w + λv0 ein linearer
topologischer Isomorphismus ist. Diese Abbildung ist offensichtlich
stetig. Um die Stetigkeit der Inversen zu sehen, nimm an, dass
(wn + λn v0 ) → (w + λv0 ). Dann konvergiert λn → λ wegen der Stetigkeit
der Quotientenabbildung. Hieraus folgt dann auch, dass wn → w. die
Behauptung folgt nun aus der Vollständigkeit von F ⊕ C.
Lemma 2.6.7. Sei A eine C∗ -Algebra. Dann existiert eine Norm auf der
Unitarisierung Ae , die diese zu einer C∗ -Algebra macht. In dieser Norm ist die
Einbettung A ,→ Ae eine Isometrie.
Beweis. Die Involution wird auf Ae definiert durch (a, λ)∗ := (a∗ , λ). Ist A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
85
selbst schon unital, so haben wir gesehen, dass Ae isomorph zur
direkten Summe A ⊕ C ist. In diesem Fall macht die Norm
ka ⊕ λk := max{kak, |λ|} die Algebra A ⊕ C zu einer C∗ -Algebra, wie man
leicht nachrechnet.
Nehmen wir nun also an, dass A keine Eins hat. Betrachte den
Homomorphismus L : Ae → B(A) gegeben durch
L(a,λ) b := ab + λb,
und definiere k(a, λ)k := kL(a,λ) kOp . Zur Unterscheidung schreiben wir
diese Norm auch als ||(a, λ)||Op . Um zu sehen, dass dies eine
Banach-Algebra-Norm auf Ae ist, brauchen wir nur zu zeigen, das L
injektiv ist. Sei also (a, λ) ∈ Ae so dass ab + λb = 0 für jedes b ∈ A.
Nimm an, dass λ , 0, dann folgt (− λa )b = b für jedes b ∈ A. Nach
Anwendung der Involution und Ersetzen von b durch b∗ folgt
b(− λa )∗ = b und insbesondere (− λa ) = (− λa )(− λa )∗ = (− λa )∗ , so dass (− λa ) ein
Einselement von A ist, im Widerspruch zur Voraussetzung, dass A
keines hat. Damit muss also λ = 0 sein, also ab = 0 für jedes b ∈ A und
damit aa∗ = 0. Aber dann ist kak2 = kaa∗ k = 0 und L ist injektiv.
Wir zeigen, dass die Inklusion a 7→ (a, 0), A → Ae isometrisch ist. Da
kabkA ≤ kakA kbkA für alle a, b ∈ A, folgt kL(a,0) kOp ≤ kakA und die
Gleichung kaa∗ kA = kak2A zeigt dass kakA ≤ kL(a,0) kOp . Da A ein
vollständiger Unterraum von endlicher Codimension in Ae ist, ist Ae
vollständig nach Lemma 2.6.6.
Es bleibt zu zeigen, dass die Norm auf Ae die C∗ -Bedingung
k(a, λ)∗ (a, λ)kOp = k(a, λ)k2Op erfüllt. Hierfür sei ε > 0. Nach der Definition
der Operatornorm gibt es ein b ∈ A mit kbkA = k(b, 0)kOp = 1, so dass
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
86
kab + λbkA ≥ k(a, λ)kOp (1 − ε). Das bedeutet
(1 − ε)2 k(a, λ)k2Op ≤ kab + λbk2A = k(ab + λb)∗ (ab + λb)kA
= k(b∗ , 0)(a∗ , λ̄)(a, λ)(b, 0)kOp ,
und dies ist kleiner-gleich
k(b∗ , 0)kOp k(a, λ)∗ (a, λ)kOp k(b, 0)kOp = k(a, λ)∗ (a, λ)kOp .
Da ε > 0 beliebig ist, erhalten wir
k(a, λ)k2 ≤ k(a, λ)∗ (a, λ)k ≤ k(a, λ)∗ k k(a, λ)k.
Indem wir (a, λ) durch (a, λ)∗ ersetzen, erhalten wir Gleichheit.
Definition 2.6.8. Für eine C∗ -Algebra A und ein a ∈ A definieren wir
den Realteil und Imaginärteil wie folgt
1
Re(a) = (a + a∗ )
2
und
Im(a) =
1
(a − a∗ ).
2i
Dann sind Re(a) und Im(a) beide selbstadjungiert und
a = Re(a) + i Im(a).
Lemma 2.6.9. Ist A eine kommutative C∗ -Algebra, dann gilt m(a∗ ) = m(a)
für jedes a ∈ A und jedes m ∈ ∆A .
Beweis. Durch Übergang zu Ae falls nötig, können wir A als unital
annehmen. Sei m ∈ ∆A und sei a ∈ A. Indem wir a in Real- und
Imaginärteil zerlegen, können wir a = a∗ annehmen und müssen dann
zeigen, dass m(a) in R liegt. Hier zu schreiben wir m(a) = x + iy mit
x, y ∈ R. Wir müssen zeigen, dass y = 0 ist. Für t ∈ R sei
at := a + it = a + it · 1. Es folgt a∗t at = (a − it)(a + it) = a2 + t2 und
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
87
m(at ) = x + i(y + t). Daher folgt für jedes t ∈ R
x2 + (y + t)2 = |m(at )|2 ≤ kat k2 = ka∗t at k = ka2 + t2 k ≤ kak2 + t2 ,
und hieraus ergibt sich x2 + y2 + 2yt ≤ kak2 für jedes t ∈ R. Das kann nur
sein, wenn y = 0.
Satz 2.6.10 (Gelfand-Neumark). Ist A eine kommutative C∗ -Algebra,
dann ist die Gelfand-Transformation a 7→ â ein isometrischer
*-Isomorphismus
A −→ C0 (∆A ).
Insbesondere gilt ||â||∆A = ||a|| und ab∗ = â für jedes a ∈ A. Schliesslich gilt
∆A kompakt
⇔
A unital.
In diesem Fall liefert die Gelfand Transformation einen Isomorphismus
A C(∆A ).
Beweis. Wir zeigen, dass für eine C∗ -Algebra die Gelfand-Abbildung
isometrisch ist mit dichtem Bild. Daraus folgt dann, dass
n
o
b = â : a ∈ A eine vollständige, also abgeschlossene Unteralgebra von
A
b = C0 (∆A ).
C0 (∆A ) ist und also A
Wir schreiben ∆ = ∆A . Für a ∈ A liefert Satz 2.5.4 und Lemma 2.6.5, dass
∗ ak = r(a
∗ a)
c
kâk2∆ = kââk∆ = kac
∆
∗ a gleich
Nach Satz 2.5.4 Teil (c) ist das Bild der stetigen Abbildung ac
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
88
dem Spektrum des Elementes a∗ a und daher
∗ a) = r(a∗ a) = ka∗ ak = kak2 ,
r(ac
damit also ||â||∆ = ||a|| und die Gelfand-Abbildung ist isometrisch. Es
bleibt zu zeigen, dass das Bild dicht ist. Das Bild
n
o
b
A = â : a ∈ A ⊂ C0 (∆A )
trennt die Punkte von ∆A : d.h., sind m1 , m2 ∈ ∆A so dass â(m1 ) = â(m2 )
für jedes a ∈ A, dann folgt m1 = m2 , ferner, da alle Elemente von ∆A von
Null verschieden sind, gibt es zu gegebenem m ∈ ∆A stets ein a ∈ A mit
b dicht
â(m) = m(a) , 0. Mit dem Satz von Stone-Weierstraß folgt, dass A
b unter komplexer
in C0 (∆A ) bzgl der Supremumsnorm liegt, falls A
Konjugation stabil ist, was aber dank Lemma 2.6.9 der Fall ist. Ist
schliesslich ∆A kompakt, dann ist A C0 (∆A ) unital. Die Umkehrung
ist Satz 2.4.8(b).
2.7
Der stetige Funktionalkalkül
Definition 2.7.1. Sei a ein Element einer kommutativen unitalen
C∗ -Algebra A und sei f eine stetige Funktion auf dem Spektrum
σ(a) = Im(â) ⊂ C, also f ∈ C(σ(a)). Dann ist f ◦ â ein neues Element von
A C(∆A ). Wir nennen dieses Element f (a). Die Abbildung f 7→ f (a)
heißt stetiger Funktionalkalkül für a.
Der Funktionalkalkül ist eines der wichtigsten Werkzeuge der
Funktionalanalysis.
Definition 2.7.2. Ein Element a einer C∗ -Algebra A heißt normales
Element, wenn a mit a∗ kommutiert, wenn also aa∗ = a∗ a gilt.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
89
Ist A unital und a ∈ A, dann existiert eine kleinste unitale
C∗ -Unteralgebra C∗ (a, 1), die a enthält. Wir nennen C∗ (a, 1) die unitale
C∗ -Algebra erzeugt von a. Wir schreiben ausserdem C∗ (a) für die
kleinste C∗ -Algebra, die a enthält.
Man konstruiert C∗ (a, 1) entweder als den Schnitt über alle
C∗ -Unteralgebren, die a und 1 enthalten oder als den Normabschluss
der Unteralgebra erzeugt von a, a∗ und 1. Es gilt
C∗ (a, 1) kommutativ
⇔
a normal.
Lemma 2.7.3 (Automatische Stetigkeit). Sei Φ : A → B ein
∗-Homomorphismus von der Banach-*-Algebra A zur C∗ -Algebra B. Dann
gilt kΦ(a)k ≤ kak für jedes a ∈ A. Insbesondere ist Φ automatisch stetig.
Beweis. Indem wir Einsen adjungieren falls nötig, können wir
annehmen, dass A, B und Φ unital sind. Sei a ∈ A. Da
σB (Φ(a∗ a)) ⊆ σA (a∗ a), folgt aus der C∗ -Bedingung kb∗ bk = kbk2 auf B und
Lemma 2.6.5 that
kΦ(a)k2 = kΦ(a∗ a)k = r(Φ(a∗ a)) ≤ r(a∗ a) ≤ ka∗ ak ≤ kak2 .
Lemma 2.7.4. Seien A ⊂ B unitale C∗ -Algebren und sei A× ⊂ B× ihre
Einheitengruppen.
(a) Es gilt A× = A ∩ B× .
(b) Für jedes a ∈ A gilt σA (a) = σB (a).
Vergleiche mit Lemma 2.2.8, wo der Fall allgemeiner Banach-Algebren
betrachtet wurde.
Beweis. Teil (b) folgt sofort aus Teil (a) und der Definition des
Spektrums. Es reicht also, (a) zu zeigen. Die Inklusion “⊂” ist klar, sei
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
90
also a ∈ A ∩ B× . Wir müssen zeigen, dass a ∈ A× . Als ersten Schritt
nimm an, dass A und B kommutativ sind. Die Restriktion
multiplikativer Funktionale liefert eine stetige Abbildung
Res : ∆B → ∆A . Definiere Res∗ : C(∆A ) → C(∆B ) durch
Res∗ f (m) = f (Res(m)). Wir erhalten ein kommutatives Diagramm
C(∆A )
Res∗
C(∆B ).
/
/
A _
B,
wobei die horizontalen Pfeile nach dem Gelfand-Neumark-Satz
Isomorphismen sind. Da a invertierbar in B ist, has das Bild in C(∆B )
keine Nullstellen, also hat das Bild in C(∆A ) keine Nullstellen, ist also
invertierbar, also ist a invertierbar in A.
Als nächstes nehmen wir an, dass A kommutativ ist, B aber
möglicherweise nicht. Für gegebenes a ∈ A ∩ B× existiert ein b ∈ B mit
ab = ba = 1. Dann kommutiert b auch mit a∗ , denn
a∗ b = baa∗ b = ba∗ ab = ba∗ . Ebenso kommutiert b = a−1 mit b∗ , so dass die
C∗ -algebra C = C∗ (1, a, b), die von 1, a und b erzeugt wird, kommutativ
ist. Da a ∈ C× , folgt a ∈ A× nach dem ersten Schritt. Ist schliesslich A
nichtkommutativ, dann betrachten wir zuerst den Fall, dass a ∈ A ∩ B×
normal ist. Dann ist die C∗ -Algebra C∗ (1, a) kommutativ und nach dem
zweiten Schritt gilt a ∈ C∗ (1, a)× ⊂ A× . Ist schliesslich a ∈ A beliebig,
dann benutzen wir die einfache Tatsache, dass a genau dann
invertierbar ist, wenn aa∗ und a∗ a invertierbar sind und wir schliessen,
dass aus a ∈ B× schon folgt a ∈ A× .
Satz 2.7.5 (Stetiger Funktionalkalkül). Sei A eine unitale C∗ -Algebra
und sei a ∈ A ein normales Element.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
91
(a) Dann existiert genau ein unitaler *-Homomorphismus
Φa : C(σ(a)) → A
mit der Eigenschaft Φa (Id) = a. Wir schreiben f (a) := Φa ( f ). Dann ist
Φa eine Isometrie und das Bild von Φa ist C∗ (a, 1). Ist A kommutativ,
[
dann ist Φ
a ( f ) = f ◦ â.
(b) Ist A = C∗ (1, a), dann ist â : ∆A → σ(a) ein Homöomorphismus.
(c) Ist f : σ(a) → C durch eine Potenzreihe f (z) =
P∞
n=0 an (z
− z0 ) n
gegeben, die gleichmäßig auf σ(a) konvergiert, dann gilt
P
n
f (a) = ∞
n=0 an (a − z0 1) wobei die Reihe absolut konvergiert.
Beweis. Für die Eindeutigkeit seienΦ, Ψ : C(σ(a)) → A zwei unitale
*-Homomorphismen mit Φ(Id) = Ψ(Id) = a. Dann stimmen sie auf allen
Polynomen z und z̄ überein, die nach dem Satz von Stone-Weierstraß
eine dichte Unteralgebra von C(σ(a)) bilden. Nach Lemma 2.7.3 sind die
Abbildungen Φ und Ψ stetig, stimmen also überein.
Um die Existenz zu zeigen, sei B = C∗ (a, 1) ⊆ A die abelsche unitale
C∗ -Algebra erzeugt von a. Sei â : ∆B → σB (a) = σA (a) die
Gelfand-Transformierte von a. dann ist â nach Satz 2.5.4 surjektiv und
es ist auch injektiv, denn sind m1 , m2 ∈ ∆B mit
m1 (a) = â(m1 ) = â(m2 ) = m2 (a), dann müssen m1 und m2 übereinstimmen.
Da ∆B kompakt ist, folgt dass â : ∆B → σB (a) ein Homöomorphismus
ist. Wir haben einen unitalen isometrischen *-Isomorphismus
Ψ : C(σB (a)) → C(∆B ),
Ψ( f ) = f ◦ â.
Wir komponieren dies mit dem Inversen der Gelfand-Transformation
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
92
b : B → C(∆B ) und erhalten einen unitalen isometrischen
*-Isomorphismus Φa : C(σB (a)) → B. Wenden wir Ψ auf die Identität
Id : σB (a) → σB (a) an, erhalten wir â, welche unter der inversen
Gelfand-Transformation auf a abgebildet wird. Es folgt Φa (1) = 1 und
Φa (Id) = a.
Die Aussage über Potenzreihen f folgt durch Anwendung von Φa auf
P
n
die Polynome fN (z) = N
n=0 an (z − z0 ) und der Tatsache, dass Φa
isometrisch ist.
Beispiel 2.7.6. Ist A = C(X) für einen kompakten Hausdorff-Raum X,
dann bildet der Funktionalkalkül zu f ein Element
g ∈ C(σ( f )) = C( f (X)) auf die Funktion g ◦ f ∈ C(X) ab. Dies folgt aus der
Eindeutigkeitsaussage und der Tatsache, dass der Homomorphismus
Φ : C( f (X)) → C(X), Φ(g) = g ◦ f die Gleichung Φ(Id) = f erfüllt.
Korollar 2.7.7.
(a) Ist a = a∗ ein selbstadjungiertes Element der C∗ -Algebra A, dann ist das
Spektrum reell, d.h., σA (a) ⊆ R.
(b) Sei Ψ : A → B ein unitaler *-Homomorphismus zwischen C∗ -Algebren
und sei a ∈ A ein normales Element. Dann ist Ψ(a) normal und
σ(Ψ(a)) ⊂ σ(a). Der Funktionalkalkül vertauscht mit Ψ, d.h., das
Diagramm
C(σ(a))
Res
C(σ(Ψ(a))
Φa
ΦΨ(a)
/
/
A
Ψ
B
ist kommutativ.
Insbesondere ist f (Ψ(a)) = Ψ( f (a)) für jedes f ∈ C(σ(a)).
(c) Sei a ∈ A ein normales Element der unitalen C∗ -Algebra A und sei
f ∈ C(σA (a)). Dann ist f (a) ein normales Element von A, es gilt
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
93
σA ( f (a)) = f (σA (a)).
Beweis. (a) Sei A unital. Nach Satz 2.7.5 gilt
f (Id) = a = a∗ = f (Id),
wobei Id = IdσA (a) . Da die Abbildung C(σ(a)) → A, die f auf f (a)
abbildet, isometrisch , also injektiv ist, folgt Id = Id auf σ(a) und daher
σ(a) ⊂ R.
(b) Die beiden Wege durch das Diagramm liefern uns zwei unitale
*-Homomorphismen
Π1 , Π2 : C(σ(a)) → B.
Beide bilden die Identität Id = IdσA (a) auf Ψ(a) ab, daher sind sie gleich.
(c) Es ist f (a) = φa ( f ) und f (a)∗ = φa ( f ), damit liegen f (a) und f (a)∗ beide
im Bild von φa , dies ist eine kommutative Algebra, also vertauschen
f (a) und f (a)∗ , also ist f (a) normal. Es ist
σA ( f (a)) = σC∗ (a,1) ( f (a)) = σC(σ(a)) ( f ◦ â) = Bild( f ◦ â) = f (Bild(â)) = f (σ(a)).
Teil (b) angewendet auf den Homomorphismus des Funktionalkalküls
Φa : C(σ(a)) → A liefert (c) bis auf σA ( f (a)) = f (σA (a)), wo es nur “⊂”
liefert. Ist X ein kompakter Hausdorff-Raum, dann gilt σC(X) ( f ) = f (X).
Wenden wir dies auf die Algebra C(σA (a)) an und beachten, dass das
Spektrum unter isometrischen ∗-Isomorphismen bewahrt wird, sehen
wir σA ( f (a)) = σC∗ (a,1) ( f (a)) = σC(σA (a)) ( f ) = f (σA (a)).
Korollar 2.7.8. Sei Ψ : A → B ein injektiver ∗-Homomorphismus zwischen
C∗ -Algebren. Dann gilt kΨ(a)k = kak für jedes a ∈ A, d.h., Ψ ist isometrisch.
Beweis. Ist a ∈ A selbstadjungiert, dann ist ||a||A = rA (a) nach Lemma
2.6.5. Nach Lemma 2.7.4 ist aber rA (a) = rB (ψ(a)), damit also
||a||A = rA (a) = rB (ψ(a)) = ψ(a) . Ist a ∈ A beliebig, dann folgt
B
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
94
2
||a||2 = ||a∗ a|| = ψ(a∗ a) = ψ(a)∗ ψ(a) = ψ(a) .
Kapitel 3
Dualität abelscher Gruppen
3.1
Die duale Gruppe
Definition 3.1.1. Wir erinnern uns, dass ein Charakter einer
LCA-Gruppe A ein stetiger Gruppenhomomorphismus
χ : A → T,
b aller Charaktere ist
ist, wobei T ⊂ C× die Kreisgruppe ist. Die Menge A
eine Gruppe unter punktweiser Multiplikation
(χ · µ)(x) = χ(x) · µ(x),
x ∈ A.
b ist χ−1 (x) =
Das inverse Element zu einem gegebenen χ ∈ A
b heißt die duale Gruppe zu A.
Die Gruppe A
1
χ(x)
= χ(x).
b eine natürliche Topologie definieren.
Wir wollen auf A
Definition 3.1.2. Für einen topologischen Raum X sei C(X) der
komplexe Vektorraum aller stetigen Funktionen f : X → C. Für eine
kompakte Menge K ⊂ X und eine offene Menge U ⊂ C definiere die
95
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
96
Menge
n
o
L(K, U) := f ∈ C(X) : f (K) ⊂ U .
Die Topologie erzeugt von allen Mengen der Form L(K, U) ⊂ C(X) heißt
die kompakt-offen-Topologie auf dem Raum C(X).
Lemma 3.1.3.
(a) Sei X ein topologischer Raum. Mit der kompakt-offen-Topologie ist C(X)
ein Hausdorff-Raum.
(b) EinNetz ( fi ) in C(X) konvergiert genau dann in der
kompakt-offen-Topologie gegen f , wenn es gleichmäßig auf jedem
Kompaktum K ⊂ X konvergiert.
(c) Ist X lokalkompakt, dann konvergiert ein Netz ( fi ) genau dann
kompakt-offen, wenn es lokal-gleichmäßig konvergiert.
(d) Ist X kompakt, dann ist die kompakt-offen-Topologie gleich der
Normtopologie der Supremumsnorm.
(e) In der kompakt-offen-Topologie ist jede Punktauswertung δx : C(X) → C,
f 7→ f (x) für x ∈ X stetig.
Beweis. (a) Sei f , g in C(X). Wähle x ∈ X so dass f (x) , g(x) und wähle
disjunkte offene Umgebungen S, T in C von f (x) und g(x). Dann sind
die Mengen L({x}, S) und L({x}, T) disjunkte offene Umgebungen von f
und g, also ist C(X) Hausdorff-Raum.
(b) Sei ε > 0 und sei fα → f ein Netz, das in der
kompakt-offen-Topologie konvergiert. Sei K ⊂ X eine kompakte
Teilmenge. Für z ∈ C und r > 0 sei Br (z) die offene Kreisscheibe vom
Radius r um z und sei B̄r (z) der Abschluss. Für x ∈ X sei Ux das Urbild
unter f des offenen Balls Bε/3 ( f (x)). dann ist Ux eine offene Umgebung
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
97
von x und f bildet den Abschluss Ūx in die abgeschlossene Kreisscheibe
B̄ε/3 ( f (x)). Da K kompakt ist, gibt es x1 , . . . xn ∈ K so dass
K ⊂ Ux1 ∪ · · · ∪ Uxn . Da abgeschlossene Teilmengen von kompakten
Mengen kompakt sind, ist die Menge Ūxi ∩ K kompakt. Sei L der Schnitt
der Mengen L(Ūx j ∩ K, B2ε/3 ( f (x j ))), j = 1, . . . , n. Dann ist L eine
Umgebung von f in der kompakt-offen-Topologie. Daher existiert ein
Index α0 so dass für jedes α ≥ α0 die Funktion fα in L liegt. Sei α ≥ α0
und x ∈ K. Dann existiert ein j so dass x ∈ Ux j , also
| fα (x) − f (x)| ≤ | fα (x) − f (x j )| + | f (x j ) − f (x)|
2ε ε
+ = ε.
<
3
3
Damit konvergiert das Netz gleichmäßig auf K. Die umgekehrte
Richtung ist trivial.
(c) Klar, da jeder Punkt eine kompakte Umgebung besitzt.
(d) Ist X kompakt, dann ist ein Netz genau dann kompakt-offen
konvergent, wenn es normkonvergent ist und die Limiten stimmen
überein. Damit haben beide Topologien dieselben abgeschlossenen
Mengen und daher dieselben offenen Mengen.
(e) Sei ( fi ) → f in C(X) konvergent. Da die Folge gleichmäßig auf
Kompakta konvergent ist, konvergiert sie auf dem Kompaktum {x} für
ein gegebenes x ∈ X. Also konvergiert δx ( fi ) = fi (x) gegen f (x) = δx ( f ),
also ist die Punktauswertung stetig.
b eine Teilmenge des Raums C(A)
Nach Definition ist die duale Gruppe A
aller stetigen Funktionen auf A. Mit Hilfe von Lemma 3.1.3 (e) sieht
b eine abgeschlossene Teilmenge von C(A) ist.
man ein, dass A
Beispiele 3.1.4.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
98
b T von Z ist die
• Die kompakt-offen-Topologie auf dem Dual Z
natürliche Topologie auf der Kreisgruppe T.
b Z von T ist die
• Die kompakt-offen-Topologie auf dem Dual T
diskrete Topologie.
b R von R ist die
• Die kompakt-offen-Topologie auf dem Dual R
übliche Topologie auf R.
Beweis. Sei ex (y) = e2πixy und sei (xα )α∈I ein Netz reeller Zahlen und
x ∈ R. Wir müssen zeigen
xα → x
⇔
exα → ex ,
wobei die Konvergenz rechts die kompakt-gleichmäßige
Konvergenz ist. Die Richtung “⇒” ist leicht. Wir zeigen also “⇐”.
Es sei exα gleichmäßig auf Kompakta gegen ex konvergent. Die
Konvergenz ist also insbesondere gleichmäßig auf [−1, 1]. Sei
1 > ε > 0. Dann gibt es einen Index α0 so dass für alle α ≥ α0 gilt
|e2πixα y − e2πixy | < ε für jedes y ∈ [−1, 1]. Sei α ≥ α0 . Dann gilt für
jedes |y| ≤ 1:
|e2πi(xα −x)y − 1| < ε,
woraus folgt, dass |xα − x| < π/2. Wir können also annehmen, dass
das Netz xα beschränkt ist. Wir zeigen, dass jedes konvergente
Teilnetz denselben Limes x hat, denn damit folgt, dass das Netz
selbst gegen x konvergiert. Sei also (x0β )β∈J ein konvergentes
Teilnetz mit Limes z ∈ R. Dann konvergiert ex0β lokal-gleichmäßig
gegen ez und gegen ex , also ist ez = ex , also z = x.
b eine topologische
Proposition 3.1.5. Mit der kompakt-offen-Topologie ist A
Gruppe.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
99
b× A
b → A,
b
Beweis. Wir müssen zeigen, dass die Abbildung α : A
(χ, η) 7→ χη−1 stetig ist. Für zwei Paare (χ, η), (χ0 , η0 ) und x ∈ A gilt
−1
0
0−1
−1
0−1
χ(x)η (x) − χ (x)η (x) ≤ χ(x)η (x) − χ(x)η (x)
+ χ(x)η0−1 (x) − χ0 (x)η0−1 (x)
−1
0−1
0
= η (x) − η (x) + χ(x) − χ (x),
Sei K ⊂ A eine kompakte Teilmenge und sei ε > 0. Dann ist
n
o
b : γ − χη−1 < ε
BK,ε (χη−1 ) = γ ∈ A
K
eine offene Umgebung von χη−1 und die Mengen dieser Form bilden
eine Umgebungsbasis. Die Abschätzung oben zeigt, dass die offene
Umgebung BK,ε/2 (χ) × BK,ε/2 (η) von (χ, η) von α in die Menge BK,ε (χη−1 )
geworfen wird, also ist α stetig.
Proposition 3.1.6. Sei A eine LCA-Gruppe.
b diskret.
(a) Ist A kompakt, dann ist A
b kompakt.
(b) Ist A diskret, dann ist A
b so dass η(A) in
Beweis. Sei A kompakt und sei L die Menge aller η ∈ A,
der offenen Menge {Re(·) > 0} liegt. Da A kompakt ist, ist L eine offene
b Für jedes η ∈ A
b ist das Bild η(A) eine Untergruppe
Einsumgebung in A.
von T. Die einzige Untergruppe von T, die in {Re(·) > 0} enthalten ist,
b diskret.
ist die triviale Gruppe. Es folgt L = {1} und daher ist A
b = Hom(A, T) eine
Für den zweiten Teil sei A diskret. Dann ist A
Teilmenge der Menge Abb(A, T) aller Abbildungen von A nach T. Die
Menge Abb(A, T) kann mit dem Produkt
Y
T.
a∈A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
100
identifiziert werden. Nach dem Satz von Tychonov ist dies ein
b ist ein
kompakter Hausdorff-Raum in der Produkttopologie und A
abgeschlossener Teilraum. Da A diskret ist, induziert die Inklusion
b ,→ Q T einen Homöomorphismus von A
b auf sein Bild im
A
a∈A
b kompakt.
Produktraum. Daher ist A
3.2
Die Fourier-Transformation
Sei A eine LCA-Gruppe und betrachte ihre Faltungsalgebra L1 (A). In
b kanonisch
diesem Abschnitt zeigen wir, dass der topologische Raum A
homöomorph zum Strukturraum ∆L1 (A) der kommutativen
Banach-Algebra L1 (A) ist. Da dieser Strukturraum lokalkompakt ist,
b eine LCA-Gruppe ist. Wir erinnern
folgt, dass die duale Gruppe A
b → C einer Funktion
daran, dass die Fourier-Transformierte fˆ : A
f ∈ L1 (A) definiert ist durch
fˆ(χ) =
Z
f (x)χ(x) dx.
A
b zum
Satz 3.2.1. Die Abbildung χ 7→ dχ von der dualen Gruppe A
Strukturraum ∆L1 (A) , definiert durch
dχ ( f ) = fˆ(χ)
b ein lokalkompakter
ist ein Homöomorphismus. Insbesondere ist A
b eine LCA-Gruppe.
Hausdorff-Raum, also ist A
Insbesondere ist die Fourier-Transformation f 7→ fˆ auf L1 (A) gleich der
Gelfand-Transformation der Algebra L1 (A) gemäß Satz 2.4.8. Es folgt, dass
für jedes f ∈ L1 (A) die Fourier-Transformierte fˆ eine stetige Funktion auf
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
101
b ist, welche im Unendlichen verschwindet.
dem Dual A
Beweis. Nach Lemma 1.7.3 folgt, dass dχ im Strukturraum der
Banach-Algebra L1 (A) liegt.
Injektivität. Es gelte dχ = dχ0 , dann ist
R
A
f (x)(χ(x) − χ0 (x)) dx = 0 für jedes
f ∈ Cc (A). Dann müssen die stetigen Funktionen χ und χ0
übereinstimmen.
Surjektivität. Sei m ∈ ∆L1 (A) . Da Cc (A) dicht in L1 (A) liegt, gibt es ein
Element g ∈ Cc (A) mit m(g) , 0. Für x ∈ A definiere χ(x) = m(Lx g)/m(g).
Die Stetigkeit von m und Lemma 1.4.4 implizieren, dass χ eine stetige
Funktion auf A ist. Man rechnet
m(Lx g)m(L y g) = m(Lx g ∗ L y g) = m(Lxy g ∗ g) = m(Lxy g)m(g).
Dividiert man durch m(g)2 und geht zur komplex konjugierten über,
erhält man die Gleichung χ(x)χ(y) = χ(xy), also ist χ eine multiplikative
Abbildung von A nach C× . Sei f ∈ Cc (A). Man kann die Faltung f ∗ g als
R
f (x)Lx g dx schreiben und dieses Integral kann als vektorwertiges
A
Integral mit Werten im Banach-Raum L1 (A) betrachtet werden. Man
benutzt die Stetigkeit des linearen Funktionals m und Lemma 1.6.9 um
zu rechnen
Z
f (x)χ(x) dx =
A
!
Z
Z
1
1
f (x)m(Lx g) dx =
m
f (x)Lx g dx
m(g) A
m(g)
A
m( f )m(g)
1
=
m( f ∗ g) =
= m( f ).
m(g)
m(g)
Sei (φU ) ein Dirac-Netz in Cc (A). Dann konvergiert φU ∗ χ punktweise
gegen χ und daher existiert für x ∈ A und ε > 0 eine Einsumgebung U,
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
102
so dass
Z
|χ(x)| ≤ φU ∗ χ(x) + ε = Lx φU (y)χ(y) dy + ε
A = m(Lx φU ) ≤ lim Lx φU 1 + ε = 1 + ε.
U
Da ε beliebig ist, erhalten wir |χ(x)| ≤ 1 für jedes x ∈ A. Wegen
χ(x−1 ) = χ(x)−1 folgt |χ(x)| = 1 für jedes x ∈ A. Also liegt die Abbildung
b und die Abbildung d ist surjektiv.
χ in A
b das lokal-gleichmäßig auf A
Stetigkeit. Sei χ j → χ ein Netz in A,
konvergiert. Sei f ∈ L1 (A) und wähle ε > 0. Wir müssen zeigen, dass es
ein j0 gibt, so dass für j ≥ j0 gilt | fˆ(χ j ) − fˆ(χ)| < ε. Sei g ∈ Cc (A) mit
f − g < ε/3. Da χ j → χ gleichmäßig auf supp(g), gibt es ein j0 , so
1
dass für j ≥ j0 gilt | ĝ(χ j ) − ĝ(χ)| < ε/3. Für j ≥ j0 ist
| fˆ(χ j ) − fˆ(χ)| ≤ | fˆ(χ j − ĝ(χ j )| + | ĝ(χ j ) − ĝ(χ)| + | ĝ(χ) − fˆ(χ)|
ε ε ε
< + + = ε.
3 3 3
Die Stetigkeit der inversen Abbildung d−1 ist eine Konsequenz des
folgenden Lemmas.
b Sei K eine kompakte Teilmenge von A und sei
Lemma 3.2.2. Sei χ0 ∈ A.
ε > 0. Dann existieren l ∈ N, Funktionen f0 , f1 , . . . , fl ∈ L1 (A) und δ > 0 so,
b die Bedingung | fˆj (χ) − fˆj (χ0 )| < δ für jedes j = 0, . . . , l
dass für χ ∈ A
impliziert |χ(x) − χ0 (x)| < ε für jedes x ∈ K.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
103
Beweis. Für f ∈ L1 (A) gilt
fˆ(χ) − fˆ(χ0 ) =
Z
f (x)(χ(x) − χ0 (x)) dx
ZA
=
f (x)χ0 (x) (χ(x)χ0 (x) − 1) dx
A
=d
f χ̄0 (χχ̄0 ) − d
f χ̄0 (1).
Wir können also χ0 = 1 annehmen.
R
1
ˆ
Sei f ∈ L (A) mit f (1) = A f (x) dx = 1. Dann existiert eine
Einsumgebung U in A mit Lu f − f < ε/3 für jedes u ∈ U. Da K
1
kompakt ist, gibt es endlich viele x1 , . . . , xl ∈ A so dass K eine Teilmenge
von x1 U ∪ · · · ∪ xl U ist. Setze f j = Lx j f sowie f0 = f und sei δ = ε/3. Sei
b mit | fˆj (χ) − 1| < ε/3 für jedes j = 0, . . . , l. Für gegebenes
weiter χ ∈ A
x ∈ K gibt es 1 ≤ j ≤ l und u ∈ U so dassx = x j u ∈ x j U. Es folgt
|χ(x) − 1| = |χ(x) − 1|
≤ |χ(x) − χ(x) fˆ(χ)| + | fˆ(χ)χ(x) − fˆj (χ)| + | fˆj (χ) − 1|
d
d
ˆ
= |1 − fˆ(χ)| + |L
x f (χ) − Lx j f (χ)| + | f j (χ) − 1|
ε ε ε
< + + = ε,
3 3 3
wobei die letzte Ungleichung auf
d
d
|Lx f (χ) − Lx j f (χ)| ≤ Lx f − Lx j f 1 = Lx j (Lu f − f )1
= Lu f − f 1 < ε/3
basiert. Das Lemma und der Satz sind bewiesen.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
3.3
104
Die C*-Algebra einer LCA-Gruppe
Sei f ∈ L1 (A) und φ, ψ ∈ L2 (A). Für jedes y ∈ A gilt
D
E
| L y φ, ψ | ≤ L y φ2 ψ2 = φ2 ψ2 .
Damit existiert das Integral
R
A
D
E
f (y) L y φ, ψ dy und man hat die
Abschätzung
Z
D
E f (y) L y φ, ψ dy ≤ f 1 φ2 ψ2 .
A
Mit anderen Worten, die antilineare Abbildung, die ψ auf das Integral
D
E
R
f
(y)
L
φ,
ψ
dy abbildet, ist beschränkt, also stetig nach Lemma
y
A
2.1.3. Da jede stetige antilineare Abbildung auf einem Hilbert-Raum
durch einen eindeutig bestimmten Vektor dargestellt wird, gibt es
genau ein L( f )φ in L2 (A) so dass
D
E Z
D
E
L( f )φ, ψ =
f (y) L y φ, ψ dy
A
für jedes ψ ∈ L2 (A). Die obige Abschätzung liefert
D
E L( f )φ, ψ ≤ f φ ψ .
1
2
2
Insbesondere folgt für ψ = L( f )φ, dass
2
L( f )φ ≤ f φ L( f )φ ,
2
2
1
2
daher L( f )φ 2 ≤ f 1 φ2 , so dass die lineare Abbildung φ 7→ L( f )φ
beschränkt ist, also stetig.
Lemma 3.3.1. Ist f ∈ L1 (A) und φ ∈ L1 (A) ∩ L2 (A), dann gilt
L( f )φ = f ∗ φ = φ ∗ f .
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
105
D
E
Beweis. Sei ψ ∈ Cc (A). Dann ist L( f )φ, ψ gleich
R
R
f (y) A φ(y−1 x)ψ(x) dx dy. Dieses Integral existiert, falls f, φ, ψ durch
A
ihre Absolutbeträge ersetzt werden. Daher können wir den Satz von
D
E D
E
Fubini anwenden um L( f )φ, ψ = f ∗ φ, ψ zu erhalten. Die
Behauptung folgt.
Lemma 3.3.2. Die Abbildung L von L1 (A) zum Raum B(L2 (A)) ist ein
injektiver stetiger Homomorphismus von Banach-*-Algebren.
Beweis. Die Abbildung ist linear und erfüllt L( f )Op ≤ f 1 , ist also
stetig. Für f, g ∈ L1 (A) und φ in dem dichten Unterraum Cc (A) von L2 (A)
folgt aus dem obigen Lemma und der Assoziativität der Faltung, dass
L( f ∗ g)φ = ( f ∗ g) ∗ φ = f ∗ (g ∗ φ) = L( f )L(g)φ,
also ist L multiplikativ. Für φ, ψ ∈ Cc (A) folgt
D
E Z Z
f ∗ φ, ψ =
f (y)φ(y−1 x)ψ(x) dy dx
ZA ZA
=
f (y)φ(x)ψ(yx) dx dy
A
A
Z Z
=
φ(x)∆(y−1 ) f (y−1 )ψ(y−1 x) dy dx
DA A E
= φ, f ∗ ∗ ψ ,
wobei wir die Transformation x 7→ yx gefolgt von y 7→ y−1 benutzt
haben. Dies zeigt L( f ∗ ) = L( f )∗ .
Für die Injektivität sei f ∈ L1 (G) mit L( f ) = 0. Dann gilt insbesondere
f ∗ φ = 0 für jedes φ ∈ Cc (A). Mit Lemma 1.6.8 folgt f = 0.
Definition 3.3.3. Wir definieren die Gruppen-C∗ -Algebra C∗ (A) der
LCA-Gruppe A als den Normabschluss von L(L1 (A)) in der C∗ -Algebra
B(L2 (A)). Da L1 (A) eine kommutative Banach-Algebra ist, ist C∗ (A) eine
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
106
kommutative C∗ -Algebra.
Satz 3.3.4. Die Abbildung L∗ : ∆C∗ (A) → ∆L1 (A) gegeben durch m 7→ m ◦ L
b und
ist ein Homöomorphismus. Es folgt ∆C∗ (A) A
b
C∗ (A) C0 (A).
Beweis. Da das Bild von L dicht in C∗ (A) liegt, folgt, dass m ◦ L , 0 für
jedes m ∈ ∆C∗ (A) und dass L∗ injektiv ist. Nach Lemma 2.4.9 reicht es, zu
zeigen, dass L∗ surjektiv ist.
b so dass m( f ) = fˆ(χ) für
Um dies zu zeigen, sei m ∈ ∆L1 (A) und χ ∈ A
jedes f ∈ L1 (A). Wir müssen zeigen, dass m stetig in der C∗ -Norm ist,
denn dann hat e eine eindeutig bestimmte Fortsetzung nach C∗ (A).
b so dass für
Hierfür sei µ0 ∈ ∆C∗ (A) fest gewählt. Es existiert ein χ0 ∈ A
f ∈ L1 (A) die Gleichung fˆ(χ0 ) = µ0 ( f ) gilt, wobei wir µ0 (L( f )) = µ0 ( f )
geschrieben haben. Für f ∈ L1 (A) gilt
Z
Z
m( f ) =
f (x)χ(x) dx =
f (x)χ(x)χ0 (x)χ0 (x) dx = µ0 ( f χ̄χ0 ).
A
A
Es folgt, dass |m( f )| = |µ0 ( f χ̄χ0 )| ≤ f χ̄χ0 C∗ (A)
. Wir müssen also zeigen,
dass für f ∈ L1 (A) die C∗ -Norm von f gleich der C∗ -Norm von f η für
b ist. Da die C∗ -Norm die Operatornorm in B(L2 (A)) ist,
jedes η ∈ A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
107
betrachten wir φ, ψ ∈ L2 (A) und wir rechnen
D
E Z
D
E
L(η f )φ, ψ =
η(x) f (x) Lx φ, ψ dx
ZA
Z
=
η(x) f (x)
φ(x−1 y)ψ(y) dy dx
A
Z
ZA
f (x) (η̄φ)(x−1 y)(η̄ψ)(y) dy dx
=
A
DA
E
= L( f )(η̄φ), η̄ψ .
Setzt man ψ = L(η f )φ, so folgt
E 2 D
L(η f )φ = L( f )(η̄φ), η̄L(η f )φ ≤ L( f )(η̄φ) η̄L(η f )φ .
2
2
2
Da η̄L(η f )φ2 = L(η f )φ2 , folgt L(η f )φ2 ≤ L( f )(η̄φ)2 und daher ist
die Operatornorm von L(η f ) kleiner oder gleich der Operatornorm von
L( f ). Wegen Symmetrie erhalten wir Gleichheit und der Satz folgt.
Korollar 3.3.5. Sei A eine LCA-Gruppe. Dann ist die Fourier-Transformation
b f 7→ fˆ injektiv und hat dichtes Bild.
L1 (A) → C0 (A),
b ∆A ∆C∗ (A) , ist die
Beweis. Sei A = L1 (A). Da A
Fourier-Transformation die Komposition der injektiven Abbildungen
b deren erste nach Definition von C∗ (A) dichtes
A → C∗ (A) −→ C0 (A),
Bild hat.
3.4
Ein hilfreicher Banach-Raum
Lemma 3.4.1. Seien φ, ψ ∈ L2 (A). Dann existiert das Integral
R
φ ∗ ψ(x) = A φ(y)ψ(y−1 x) dy für jedes x ∈ A und definiert eine stetige
Funktion in x. Das Faltungsprodukt φ ∗ ψ liegt in C0 (A) und seine Sup-Norm
2
∗
erfüllt φ ∗ ψ ≤ φ ψ . Schliesslich gilt φ ∗ φ (1) = φ , wobei
A
2
2
2
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
108
φ∗ (x) = φ(x−1 ).
Beweis. Mit ψ liegt auch die Funktion Lx ψ∗ in L2 (A), da A abelsch, also
unimodular ist. Das Faltungsintegral ist dasselbe wie das
D
E
∗
Skalarprodukt φ, Lx ψ , daher existiert das Integral für jedes x ∈ A. Die
Stetigkeit folgt aus Lemma 1.4.4 und der Tatsache, dass die Abbildung
D
E
2
L (A) → C, gegeben durch ψ 7→ φ, ψ stetig ist. Die
Cauchy-Schwarz-Ungleichung gibt
D
E
∗
φ ∗ ψ = sup φ, Lx ψ ≤
A
x∈A
φ ψ .
2
2
Wähle Folgen (φn ) und (ψn ) in Cc (A) mit kφn − φk2 , kψn − ψk2 → 0. Dann
folgt aus der obigen Ungleichung, dass φn ∗ ψn ∈ Cc (A) gleichmäßig
gegen φ ∗ ψ konvergiert. Es folgt, dass φ ∗ ψ ∈ C0 (A) da C0 (A) vollständig
2
∗
ist. Die letzte Aussage φ ∗ φ (1) = φ ist nach Definition klar.
2
b ist ein Banach-Raum mit der Norm
Der Raum C = C0 (A) × C0 A
∗
( f, η) = max || f ||A , ||η||Ab .
0
Wir betten C0 (A) ∩ L1 (A) in diesen Produktraum ein, indem wir f auf
f, fˆ abbilden und wir bezeichnen den Abschluss von C0 (A) ∩ L1 (A)
ins C mit
C∗0 (A).
∗
Dies ist ein Banach-Raum mit der Norm f .
0
Lemma 3.4.2. Seien p0 und p∗ die Projektionen von C nach C0 (A) bzw.
b . Dann sind die Einschränkungen von p0 und p∗ nach C∗ (A) beide
C0 A
0
injektiv. Also können wir
C∗0 (A)
sowohl als einen Unterraum von C0 (A), als
b auffassen.
auch als einen Unterraum von C0 A
Beweis. Sei f ∈ C∗0 (A) und schreibe f∗ für p∗ ( f ) und f0 für p0 ( f ). Wir
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
109
müssen zeige, dass, sobald einer dieser beiden Null ist, dann auch der
andere. Sei ( fn ) eine Folge in C0 (A) ∩ L1 (A), die in C∗0 (A) gegen f
konvergiert. Dann konvergiert fn gegen f∗ in C∗ (A) und gleichmäßig
gegen f0 auf A. Für ψ ∈ L2 (A) konvergiert also die Folge fn ∗ ψ gegen
f∗ (ψ) in L2 (A). Ist ψ in Cc (A), dann konvergiert fn ∗ ψ auch gleichmäßig
D
E
gegen f0 ∗ ψ. Für jedes φ ∈ Cc (A), konvergiert dann die Folge fn ∗ ψ, φ
D
E
∗
gegen f (ψ), φ und wegen gleichmäßiger Konvergenz auch gegen
D
E
f0 ∗ ψ, φ , d.h. wir haben
D
E D
E
f∗ (ψ), φ = f0 ∗ ψ, φ .
Da dies für alle ψ, φ ∈ Cc (G) gilt, schliessen wir, dass f∗ = 0 ⇔ f0 = 0
wie behauptet.
Ein gegebenes Element f von C∗0 (A) kann als Element von C0 (A), oder
b betrachtet werden. Wir werden zwischen diesen
von C∗ (A) C0 (A)
beiden Sichtweisen hin- und herspringen. Wenn wir die
Unterscheidung betonen wollen, schreiben wir f für die Funktion auf A
b
und fˆ für ihre Fourier-Transformierte auf A.
Für g ∈ C∗ (A) und φ ∈ L2 (A) schreiben wir ab jetzt L(g)φ für das
Element g(φ) von L2 (A).
Für f = ( f0 , f∗ ) ∈ C∗0 (A) definieren wir die Involution ∗ durch
( f0 , f∗ )∗ = ( f0∗ , f∗∗ ),
wobei f0∗ (a) = f (a−1 ) und f∗∗ (χ) = f∗ (χ). Dies ist kompatibel mit der
Involution von L1 (A), weil ja für f ∈ L1 (A) gilt b
f ∗ = fˆ.
Lemma 3.4.3. Sei f ∈ C∗0 (A). Ist die Fourier-Transformierte fˆ reellwertig,
dann ist auch f (1) reell. Ist fˆ ≥ 0, dann ist f (1) ≥ 0. Hier ist 1 das
Einselement von A.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
110
Beweis. Nimm an, dass fˆ reellwertig ist. Dann ist fˆ = fˆ = b
f ∗ , also f = f ∗ ,
und daher
f (1) = f ∗ (1) = f (1).
b C∗ (A) mit g ≥ 0 und
Sei nun fˆ ≥ 0. Dann existiert ein g = g∗ ∈ C0 (A)
fˆ = g2 . Sei φ = φ∗ ∈ Cc (A). Dann ist L(g)φ ∈ L2 (A), also
2
(L(g)φ) ∗ (L(g)φ)∗ (1) = L(g)φ2 ≥ 0.
Nun ist g ein Limes in C∗ (A) einer Folge (gn ) in L1 (A). Wir können
gn = g∗n für jedes n ∈ N annehmen. Nach Lemma 3.3.1 folgt
(L(g)φ) ∗ (L(g)φ)∗ = lim(L(gn )φ) ∗ (L(gn )φ)∗ = lim(gn ∗ φ) ∗ (gn ∗ φ)∗
n
n
= lim gn ∗ φ ∗ φ ∗ gn = lim gn ∗ gn ∗ φ ∗ φ
n
n
= lim L(gn ∗ gn )(φ ∗ φ) = L( f )(φ ∗ φ) = f ∗ φ ∗ φ.
n
Wir erhalten f ∗ φ ∗ φ(1) ≥ 0 und daher f (1) ≥ 0 nach Lemma 1.6.8, da
φ ∗ φ durch ein Dirac-Netz laufen kann.
Lemma 3.4.4.
(a) Der Raum L1 (A) ∗ Cc (A) ist ein Unterraum von C0 (A).
(b) Sei f ∈ C∗ (A) und sei φ, ψ ∈ Cc (A). Dann liegt L( f )(φ ∗ ψ) in
C∗0 (A) ∩ L2 (A), der als Unterraum von C0 (A) betrachtet wird. Es gilt
L( f )(φ ∗ ψ)b = fˆφ̂ψ̂.
Beweis. (a) Sei f ∈ L1 (A) und φ ∈ Cc (A). Wähle eine Folge fn ∈ Cc (A) so
dass k fn − f k1 → 0. Dann ist fn ∗ φ ∈ Cc (A) und für jedes x ∈ A gilt
| f ∗ φ(x) − fn ∗ φ(x)| ≤ k f − fn k1 kφkA . Dies zeigt, dass f ∗ φ ein
gleichmäßiger Limes von Funktionen in C0 (A) ist. Da C0 (A) vollständig
in Bezug auf k · kA ist, folgt die Behauptung.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
111
Für (b) sei nun f ∈ C∗ (A). Es gibt eine Folge fn ∈ L1 (A), die gegen f in
C∗ (A) konvergiert. Dann liegt L( fn )(φ ∗ ψ) = fn ∗ φ ∗ ψ in C0 (A) ∩ L1 (A).
Wir müssen zeigen, dass die entstehende Folge fn ∗ φ ∗ ψ eine
Cauchy-Folge in C∗0 (A) ist. Das bedeutet, dass diese Folge und die Folge
ihrer Fourier-Transformierten beides Cauchy-Folgen in C0 (A) bzw.
b sind. Beachte zunächst ( fn ∗ φ ∗ ψ)b = fˆn φ̂ψ̂. Die Folge fˆn
C0 (A)
b also konvergiert ( fn ∗ φ ∗ ψ)b gleichmäßig
konvergiert gleichmäßig in A,
b Nach Lemma 3.4.1 folgern wir,
gegen fˆφ̂ψ̂, ist also Cauchy in C0 (A).
dass für m, n ∈ N gilt ( fm − fn ) ∗ φ ∗ ψA ≤ ( fm − fn ) ∗ φ2 ψ2 . Die
rechte Seite geht gegen Null wenn m, n groß werden, also ist fn ∗ φ ∗ ψ
eine Cauchy-Folge in C0 (A). Wegen L( f )(φ ∗ ψ) ∈ L2 (A), folgt die
Behauptung.
Lemma 3.4.5. Sei (φU ) ein Dirac-Netz in Cc (A). Dann gilt
(a) ( f ∗ φU ) konvergiert gegen f in C∗ (A) für jedes f ∈ C∗ (A),
(b) ( f ∗ φU ) konvergiert gleichmäßig gegen f für jedes f ∈ C0 (A),
(c) ( f ∗ φU ) konvergiert gegen f in C∗0 (A) für jedes f ∈ C∗0 (A),
b
(d) (b
φU ) konvergiert lokal-gleichmäßig gegen 1 on A.
Beweis. Für (a) beachte, dass das Ergebnis nach Lemma 1.6.8 für den
dichten Teilraum L1 (A) richtig ist. Mit einem Standard ε/3-Argument
dehnt man es auf C∗ (A)aus. Für Teil (b) kann man dasselbe Argument
benutzen, wobei man L1 (A) mit dem dichten Teilraum Cc (A) von C0 (A)
ersetzt. Dann ist (c) eine Konsequenz von (a) und (b). Für den Beweis
b eine kompakte Menge. Wähle ein positives ψ ∈ Cc (A)
b
von (d) sei C ⊆ A
mit ψ ≡ 1 auf C und sei f ∈ C∗ (A) mit fˆ = ψ. Dann gilt
kφ̂U ψ − ψkAb = kφU ∗ f − f kop → 0 nach Teil (a) und das Ergebnis folgt. b reellwertig und sei ε > 0. Dann gibt es
Lemma 3.4.6. Sei η ∈ Cc (A)
f1 , f2 ∈ C∗0 (A) ∩ L2 (A) ⊂ C0 (A), so dass
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
112
b
• die Fourier-Transformierten fˆ1 , fˆ2 liegen in Cc (A),
• sie erfüllen fˆ1 ≤ η ≤ fˆ2 , ferner || fˆ1 − fˆ2 ||Ab < ε, und supp( fˆi ) ⊂ supp(η)
für i = 1, 2,
• sowie 0 ≤ f2 (1) − f1 (1) < ε.
b der gleichmäßige Limes von Funktionen der
Insbesondere ist jedes η ∈ Cc (A)
Form fˆ mit f ∈ C∗ (A), wobei der Träger in supp(η) enthalten ist.
0
b nach Satz 3.2.1
Beweis. Für jede Dirac-Funktion φ in Cc (A) gilt φ̂ ∈ C0 (A)
und Lemma 3.4.5 kann die entstehende Funktion φ̂ so gewählt werden,
dass sie die Konstante 1 auf einem gegebenen Kompaktum beliebig gut
approximiert. Beachte, dass die Fourier-Transformierte einer Funktion
b der Träger von η. Da Cc (A)
der Form h ∗ h∗ positiv ist. Sei K ⊂ A
Dirac-Funktionen beliebig kleinen Trägers enthält, gibt es für jedes
δ > 0 eine Funktion φδ ∈ C+c (A) so dass für die Funktion ψδ = φδ ∗ φ∗δ gilt
1 − δ ≤ ψ̂δ (χ) ≤ 1 + δ
für jedes χ ∈ K.
Wähle φ ∈ C+c (A) so dass für ψ = φ ∗ φ∗ gilt ψ̂(χ) ≥ 1 für jedes χ ∈ K. Sei
f ∈ C∗ (A) mit fˆ = η und setze
f1 = f ∗ (ψδ − δψ),
f2 = f ∗ (ψδ + δψ).
Nach Lemma 3.4.4 liegen die Funktionen f1 und f2 in dem Raum
b gilt
C0 (A) ∩ L2 (A). Für jedes χ ∈ A
fˆ1 (χ) = fˆ(χ)(ψ̂δ (χ) − δψ̂(χ)) ≤ η(χ) ≤ fˆ2 (χ).
Ferner, da fˆ(χ) = η(χ), gilt supp( fˆi ) ⊂ supp(η). Die anderen
Eigenschaften folgen, indem man δ klein genug wählt.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
113
b reellwertig. Das Supremum
Proposition 3.4.7. Sei ψ ∈ Cc (A)
n
o
sup f (1) : f ∈ C∗0 (A), fˆ ≤ ψ
gleich dem Infimum
n
C∗0 (A),
inf f (1) : f ∈
o
ˆ
f ≥ψ .
b fort,
Wir nennen diese Zahl I(ψ). Wir setzen die Funktion I auf ganz Cc (A)
indem wir I(u + iv) := I(u) + iI(v) setzen, wenn u und v reellwertig sind.
b
Dann ist I ein Haar-Integral auf Cc (A).
Wir schreiben dieses Integral als
Z
ψ(χ) dχ.
I(ψ) =
b
A
Beweis. Es folgt aus Lemma 3.4.3, dass das Supremum ≤ dem Infimum
ist und Lemma 3.4.6 impliziert, dass sie übereinstimmen. Die Funktion
I ist linear und ist positiv nach Lemma 3.4.3. Für die Invarianz sei
b haben wir
b reellwertig und sei f ∈ C∗ (A) mit fˆ ≤ ψ. Für χ ∈ A
ψ ∈ Cc (A)
0
cf sowie χ f (1) = f (1). Hieraus folgt
dann Lχ fˆ ≤ Lχ ψ. Ferner gilt Lχ fˆ = χ
die Invarianz von I. Der Beweis der Proposition ist beendet.
3.5
Pontryagin-Dualität und Plancherel-Satz
b
b ihre duale Gruppe und A
b
Definition 3.5.1. Sei A eine LCA-GRuppe, A
b Es gibt einen kanonischen
ihr Bidual, d.h., die duale von A.
b
b
Homomorphismus δ : A → A
, den wir in der Form x 7→ δx schreiben
und der durch die Vorschrift
δx (χ) = χ(x)
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
114
gegeben ist. Wir nennen δ die Pontryagin-Abbildung. Um zu sehen,
b → T tatsächlich ein stetiger
dass für jedes x ∈ A die Abbildung δx : A
Gruppenhomomorphismus ist, notieren wir
δx (χµ) = χµ(x) = χ(x)µ(x) = δx (χ)δx (µ)
b so dass δx ein Gruppenhomomorphismus ist. Da
für alle χ, µ ∈ A,
b also kompakt-gleichmäßige Konvergenz
Konvergenz in A,
insbesondere punktweise Konvergenz impliziert, sehen wir, dass wenn
b konvergiert, dann konvergiert das Netz
ein Netz χ j → χ in A
δx (χ j ) = χ j (x) in C gegen χ(x) = δx (χ), so dass also δx stetig ist.
Beispiele 3.5.2.
b via t 7→ χt mit χt (s) = e2πist . Wir
• Für A = R ist R R
können daher R auch mit seinem Bidual identifizieren, indem wir
b → T, gegeben durch µs (χt ) = e2πits
s ∈ R auf den Charakter µs : R
abbilden. Es ist leicht einzusehen, dass die Abbildung µs = δs mit
b
b mit der Pontryagin-Abbildung übereinstimmt. Also ist
δ:R→R
im Falle A = R die Pontryagin-Abbildung ein Isomorphismus.
b
b
• Ähnlich sehen wir, dass die Pontryagin-Abbildungen δ : T → T
b
b mit den Verkettungen der natürlichen
und δ : Z → Z
b und T Z
b wie im Beispiel 1.7.1
Identifikationen Z T
übereinstimmen.
Proposition 3.5.3. Sei A eine LCA-Gruppe. Dann ist die
Pontryagin-Abbildung ein injektiver stetiger Gruppenhomomorphismus
b
b
b so dass χ(x) , 1.
A→A
. Ist insbesondere 1 , x ∈ A, dann gibt es ein χ ∈ A,
Beweis. Wir müssen zunächst feststellen, dass die
Pontryagin-Abbildung δ selbst ein Gruppenhomomorphismus ist:
δxy (χ) = χ(xy) = χ(x)χ(y) = δx (χ)δ y (χ).
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
115
Die Stetigkeit braucht dann nur im Einselement gezeigt zu werden. Sei
b
b
. Dann gibt es eine kompakte
also V eine offene Einsumgebung in A
b und ein ε > 0, so dass V die offene Einsumgebung
Menge K∗ ⊂ A
b
b
: |α(χ) − 1| < ε ∀χ∈K∗ }
BK∗ ,ε = {α ∈ A
enthält. Sei L ⊂ A eine kompakte Einsumgebung. Da K∗ kompakt ist,
gibt es χ1 . . . , χn ∈ K∗ so dass K∗ ⊂ BL,ε/2 (χ1 ) ∪ · · · ∪ BL,ε/2 (χn ), wobei
b : ||χ0 − χ||L < ε}.
BL,ε (χ) = {χ0 ∈ A
Für j = 1, . . . , n sei U j = {x ∈ A : |χ j (x) − 1| < ε/2}. Sei
U = L̊ ∩ U1 ∩ · · · ∩ Un . Dann ist U eine Einsumgebung für die gilt
x ∈ U ⇒ |χ(x) − 1| < ε ∀χ∈K∗ .
Damit ist δ(U) ⊂ V und δ ist stetig.
b
b
Wir müssen noch zeigen, dass δ : A → A
injektiv ist. Nimm also an,
b Wähle
dass 1 , x ∈ A mit δx = 1 b. Dann ist χ(x) = 1 für jedes χ ∈ A.
A
g ∈ Cc (A) mit g(1) = 1 und g(x−1 ) = 0. Dann ist Lx (g) , g, aber nach
Lemma 1.7.3 gilt
L[
x (g)(χ) = χ̄(x) ĝ(χ) = ĝ(χ)
b Dies widerspricht der Injektivität der
für jedes χ ∈ A.
Fourier-Transformation, also Korollar 3.3.5.
b
Lemma 3.5.4. Sei f ∈ C∗0 (A) so dass ihre Fourier-Transformierte in Cc A
liegt. Dann gilt für jedes x ∈ A, dass f (x) = fˆˆ(δx−1 ).
Beweis. Für x ∈ A gilt
Z
f (x) = Lx−1 f (1) =
Z
L[
x−1 f (χ) dχ =
b
A
b
A
fˆ(χ)δx (χ) dχ = fˆˆ(δx−1 ).
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
116
Lemma 3.5.5. Für eine LCA-Gruppe A gilt
(a) Cc (A) ist dicht in C∗0 (A).
n
o
b ∩ fˆ : f ∈ C∗ (A)∩L2 (A) ist dicht in C∗ (A).
b
(b) Cc (A)
0
0
n
o
b ∩ fˆ : f ∈ C∗ (A)∩L2 (A) ist dicht in L2 (A).
b
(c) Cc (A)
0
Beweis. (a) Da C0 (A) ∩ L1 (A) nach Definition dicht in C∗0 (A) liegt, reicht
es, zu zeigen, dass es zu einem gegebenen f in diesem Raum eine Folge
in Cc (A) gibt, die in den Normen ||·||A und ||·||1 gleichzeitig gegen f geht.
Sei n ∈ N, und sei Kn ⊂ A eine kompakte Menge mit | f | < 1/n
ausserhalb Kn . Wähle eine Funktion χn in Cc (A) mit 0 ≤ χn ≤ 1, die auf
Kn konstant gleich 1 ist. Sei fn = χn f . Dann konvergiert die Folge fn in
beiden Normen gegen f und Teil (a) folgt. Die Teile (b) und (c) folgen
aus Teil (a) und Lemma 3.4.6.
b
b
Satz 3.5.6 (Pontryagin Dualität). Die Pontryagin-Abbildung δ : A → A
ist ein Isomorphismus von LCA-Gruppen.
Beweis. Wir wissen schon, dass δ ein injektiver stetiger
Gruppenhomomorphismus ist. Wir zeigen, dass es dichtes Bild hat.
Nimm an, dies ist nicht der Fall. Dann gibt es eine offene Teilmenge U
b
b
von A
, die disjunkt zum Bild δ(A) ist. Nach Lemma 3.4.6 angewendet
b gibt es ψ ∈ C∗ (A),
b ungleich Null, so dass ψ̂ Träger in U hat, d.h. es
auf A,
0
gilt ψ̂(δ(A)) = 0. Nach Lemma 3.5.5 gibt es eine Folge ( fn ) in C∗0 (A) so
b liegt und gegen ψ in C∗ (A)
b konvergiert. Die
dass ψn := fˆn in Cc (A)
0
Inversionsformel von Lemma 3.5.4 zeigt dass fn (x) = ψ̂n (δx−1 ) für jedes
x ∈ A. Daher geht die Folge fn gleichmäßig auf A gegen Null.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
117
b gegen ψ. Daher ist ( fn )
Andererseits konvergiert fˆn gleichmäßig auf A
eine Cauchy-Folge in C∗0 (A), konvergiert also in diesem Raum. Da der
Limes eindeutig bestimmt ist, folgt aus Lemma 3.4.2, dass ψ = 0, was
unserer Annahme widerspricht. Also folgt, dass das Bild von δ dicht in
b
b
A
liegt.
Als nächstes zeigen wir, dass δ eine eigentliche Abbildung ist, d.h., dass
b
b
das Urbild einer kompakten Menge kompakt ist. Hierfür sei K ⊂ A
kompakt. Es reicht zu zeigen, dass die Funktion δ̆(x) = δ(x−1 ) eigentlich
b so dass ψ̂ kompakten Träger
ist. Nach Lemma 3.4.6 gibt es ψ ∈ C∗0 (A),
b
b
hat, ≥ 0 ist auf A
und ≥ 1 auf K. Wie oben gibt es dann eine Folge ( fn )
b liegt und gegen ψ in C∗ (A)
b
in C∗ (A) so dass ψn := fˆn ≥ 0 in Cc (A)
0
0
konvergiert. Wähle n mit ||ψ̂n − ψ̂|| bb < 1/2. Wir haben fn (x) = ψ̂n (δx−1 ) für
A
jedes x ∈ A und, da fn in C0 (A) liegt, gibt es eine kompakte Menge
C ⊂ A, so dass | fn | < 1/2 ausserhalb C. Da ψ̂n ≥ 1/2 auf K gilt, folgt dass
das Urbild von K unter δ̆ in C liegt. Da δ stetig ist, ist dieses Urbild
abgeschlossen, also kompakt, also ist δ eigentlich.
Es bleibt zu zeigen, dass δ eine abgeschlossene Abbildung ist, also
dass sie abgeschlossene Mengen auf abgeschlossenen Mengen abbildet.
Dann ist δ ein Homöomorphismus, also ist der Satz dann bewiesen. Wir
brauchen also nur noch das folgende Lemma.
Lemma 3.5.7. Sei φ : X → Y eine stetige Abbildung zwischen
lokalkompakten Hausdorff-Räumen. Ist φ eigentlich, dann ist φ abgeschlossen.
Beweis. Sei T eine abgeschlossene Teilmenge von X. Wir zeigen zuerst
(∗) Für jede kompakte Menge L ⊂ Y ist der Schnitt φ(T) ∩ L
abgeschlossen.
Die Menge φ−1 (L) ist kompakt und daher ist T ∩ φ−1 (L) kompakt und so
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
118
ist φ(T) ∩ L = φ(T ∩ φ−1 (L)) kompakt und daher abgeschlossen.
Jetzt benutzen wir (∗) um zu folgern, dass φ(T) abgeschlossen ist. Sei y
im Abschluss von φ(T). Sei L eine kompakte Umgebung von y. Für jede
Umgebung U von y gilt U ∩ (L ∩ φ(T)) , ∅, also ist y in
L ∩ φ(T) = L ∩ φ(T) ⊂ φ(T). Das bedeutet, dass φ(T) abgeschlossen ist.
Das Lemma und der Satz sind bewiesen.
Proposition 3.5.8. Die Fourier-Transformation induziert einen isometrischen
b mit Inverser
Isomorphismus von Banach-Räumen F : C∗ (A) → C∗ (A)
0
0
Abbildung gegeben durch die duale Fourier-Transformation
b : C∗ (A)
b → C∗ (A),
F
0
0
b (ψ)(x) := ψ̂(δx−1 ).
F
b liegt. Für f ∈ B
Beweis. Sei B der Raum aller f ∈ C∗0 (A), so dass fˆ in Cc (A)
b ◦ F ( f ) = f nach Lemma 3.5.4. Ferner gilt
gilt F
∗
b ◦ F ( f )kA )
ˆ
f = max(|| f ||Ab, f ) = max(|| fˆ||Ab, kF
0
A
∗
b
= max(|| fˆ||Ab, k fˆ k bb ) = F ( f )0 .
A
b liegt, ist die
Da die Menge F (B) nach Lemma 3.5.5 dicht in C∗0 (A)
Fourier-Transformation eine surjektive Isometrie vom Abschluss von B
b eine Isometrie von C∗ (A)
b Umgekehrt heißt das, dass F
b nach
nach C∗ (A).
0
0
b = F b ◦ δ , wobei F b die Fourier-Transformation auf A
b
ist. Da F
A
A
b
b eine Teilmenge von Cc (A
b
ist und da FAb(C∗0 (A))
) enthält, die dicht in
b
b
C∗0 (A
) ist (Lemma 3.5.5), folgt aus der Pontryagin-Dualität, dass
b (C∗ (A))
b dicht in C∗ (A) liegt. Da die Abbildung isometrisch ist, ist sie
F
C∗0 (A)
0
−1
0
ein Isomorphismus von Banach-Räumen.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
119
Satz 3.5.9 (Inversionsformel). Sei f ∈ L1 (A) so dass ihre
b liegt. Dann ist f eine stetige Funktion
Fourier-Transformierte fˆ in L1 (A)
und für jedes x ∈ A gilt
f (x) = fˆˆ(δx−1 ).
b Dann liegt fˆ in
Beweis. Sei f ∈ L1 (A) mit fˆ ∈ L1 (A).
b ∩ L1 (A)
b ⊂ C∗ (A).
b Nach Proposition 3.5.8 gibt es ein g ∈ C∗ (A) mit
C0 (A)
0
0
ˆ
ˆ
ˆ
ĝ = f und g(x) = f (δ −1 ) für jedes x ∈ A. Da die Fourier-Transformation
x
injektiv auf C∗ (A) ist, folgt f = g.
Satz 3.5.10 (Plancherel-Satz). Für ein gegebenes Haar-Maß auf A
b welches das Plancherel-Maß
existiert genau ein Haar-Maß auf A,
genannt wird, so dass für f ∈ L1 (A) ∩ L2 (A) gilt
|| f ||2 = || fˆ||2 .
Das bedeutet, dass die Fourier-Transformation in eindeutig bestimmter
b fortgesetzt werden kann. Diese
Weise zu eine Isometrie L2 (A) → L2 A
Fortsetzung ist auch surjektiv, d.h. die Fourier-Transformation induziert
b.
eine unitäre Äquivalenz L2 (A) L2 A
Beweis. Sei f ∈ L1 (A) ∩ L2 (A). Nach Lemma 3.4.1 gilt
f ∗ f ∗ ∈ L1 (A) ∩ C0 (A). Die stetige Funktion h = f[
∗ f ∗ = | fˆ|2 ist positiv. Es
gilt nach Proposition 3.5.8
Z
Z
2
∗
[
∗
h(χ) dχ =
f ∗ f (χ) dχ = f ∗ f (1) = f 2 < ∞
b
A
b
A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
120
Daher ist h integrierbar, also f[
∗ f ∗ ∈ L1 (A). Nach Satz 3.5.9 folgt
[∗
c
∗ f (1) = | fˆ|2 (1) = k fˆk2 . Da L1 (A) ∩ L2 (A) dicht in
k f k2 = f ∗ f ∗ (1) = f[
2
2
L (A) ist, setzt die Fourier-Transformation f 7→ fˆ eindeutig zu einer
b fort. Nach Lemma 3.4.6 ist das Bild in
linearen Isometrie L2 (A) → L2 (A)
2
b dicht, also ist die Abbildung surjektiv.
L2 (A)
Korollar 3.5.11.
(a) Ist A kompakt und das Haar-Maß normalisiert, also vol(A) = 1, dann ist
b
das Plancherel-Maß gerade das Zählmaß auf A.
(b) Ist A diskret und das Haar-Maß ist das Zählmaß, dann ist das
b normalisiert.
Plancherel-Maß auf der kompakten Gruppe A
(c) Sei A eine kompakte LCA-Gruppe mit normalisiertem Haar-Maß. Dann
b eine
bilden die Charaktere, also die Elemente der dualen Gruppe A,
Orthonormalbasis von L2 (A).
Beweis. Nach unseren Konventionen wählen wir das Haar-Maß auf A
normalisiert, so dass das Volumen 1 ist. Da A kompakt ist, liegt jeder
Charakter in L2 (A). Wir zeigen, dass die Charaktere ein
b gilt
Orthonormalsystem bilden, d.h., dass für χ, η ∈ A
χ, η = δχ,η




1 χ = η,
=


0 χ , η.
Ist χ = η, dann ist
Z
χ, η =
Z
χ(x)χ(x) dx =
{z }
A|
=1
dx = 1.
A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
121
Ist χ , η, dann gibt es ein x0 ∈ A mit χ(x0 ) , η(x0 ). wir erhalten
Z
Z
χ(x)η(x−1
χ(x0 x)η(x) dx =
x)
dx
=
η(x
)
χ,
η
,
χ(x0 ) χ, η =
0
0
A
A
woraus χ, η = 0 folgt, wie behauptet. Daher ist die
Fourier-Transformierte eines Charakters χ die Abbildung δχ mit
δχ (η) = δχ,η . Diese Abbildungen sind eine Orthonormalbasis des
b für die diskrete Gruppe A.
b Wir haben Teil (c)
Hilbert-Raums L2 A
bewiesen und dieser Teil impliziert auch (a).
Für (b) sei A diskret und sei f = 1{1} . Dann ist f 2 = 1 und die
Fourier-Transformierte ist fˆ = 1 die Konstante Funktion 1. damit folgt
(b) aus dem Plancherel-Satz.
Proposition 3.5.12. Sei φ, ψ ∈ L1 (A) ∩ L2 (A), und sei f = φ ∗ ψ. Dann ist
b also kann man die Inversionsformel auf f anwenden.
f ∈ L1 (A) und fˆ ∈ L1 (A),
[
Beweis. Die Funktion fˆ = φ
∗ ψ = φ̂ψ̂ ist das punktweise Produkt von
b also fˆ ∈ L1 (A).
b
zwei L2 -Funktionen auf A,
3.6
Die Poissonsche Summenformel
Sei A eine LCA-Gruppe und sei B eine abgeschlossene Untergruppe von
A. Ist E eine Teilmenge von A, so schreiben wir E⊥ für den Annullator
b d.h., die Menge aller Charaktere χ ∈ A
b mit χ(E) = 1. Ebenso,
von E in A,
b schreiben wir L⊥ für den Annullator von L in A, d.h., die
für L ⊂ A
Menge aller x ∈ A so dass χ(x) = 1 für jedes χ ∈ L. Mit anderen Worten,
b : χ(x) = 1 ∀x ∈ E}
E⊥ = {χ ∈ A
L⊥ = {x ∈ A : χ(x) = 1 ∀χ ∈ L}.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
122
Es ist leicht einzusehen, dass E⊥ eine abgeschlossene Untergruppe von
b ist und dass L⊥ eine abgeschlossene Untergruppe von A ist. Wir
A
erinnern an den Pontryagin-Isomorphismus
b
b
δ : A −→ A
x 7→ δx ,
δx (χ) = χ(x).
Proposition 3.6.1. Sei A eine LCA-Gruppe und sei B eine abgeschlossene
Untergruppe von A. Dann gilt
d via χ 7→ χ
d definiert durch
e mit χ
e ∈ A/B
(a) B⊥ ist isomorph zu A/B
e(xB) := χ(x).
χ
(b) (B⊥ )⊥ = B.
b ⊥ ist isomorph zu b
(c) A/B
B via χ · B⊥ 7→ χ|B .
Beweis. Dieser Beweis ist ein Selbstläufer, den wir dem Leser zur
Übung überlassen.
Korollar 3.6.2. Sei B eine abgeschlossene Untergruppe der LCA-Gruppe A.
b→ b
Dann ist die Restriktionsabbildung ResA : A
B, definiert durch χ 7→ χ|B ,
B
d
surjektiv mit Kern A/B.
Beweis. Folgt sofort aus der Proposition.
Wir formulieren dieses Ergebnis um:
• Eine kurze exakte Sequenz von topologischen Gruppen ist eine
exakte Sequenz
α
β
1 → A −→ B −→ C → 1
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
123
von stetigen Gruppenhomomorphismen, so dass α(A) eine
abgeschlossene Untergruppe von B ist, α : A → α(A) ist ein
Homöomorphismus und der induzierte
Gruppenhomomorphismus A/B −→ C ist ebenfalls ein
Homöomorphismus.
• Ist φ : A → B ein stetiger Gruppenhomomorphismus zwischen
LCA-Gruppen, dann induziert φ einen stetigen
Gruppenhomomorphismus
b
φ̂ : b
B → A,
χ 7→ χ ◦ φ.
Mit diesen Notationen besagt das Korollar, dass eine kurze exakte
Sequenz von LCA-Gruppen
1→A→B→C→1
eine kurze exakte Sequenz
b→ b
b→ 1
1→C
B→A
induziert.
Wir kommen nun zur Poissonschen Summenformel. Wir erinnern, dass
nach Satz 1.5.3 und Korollar 1.5.6 für eine abgeschlossene Untergruppe
B der LCA-Gruppe A die Haar-Maße auf A, B und A/B so gewählt
werden können, dass für jedes f ∈ Cc (A) die Quotientenintegralformel
Z Z
Z
f (xb) db dxB =
f (x) dx
A/B
B
A
gilt. Wir werden im Folgenden stets diese Normalisierungen annehmen.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
124
Satz 3.6.3 (Poissonsche Summenformel). Sei B eine abgeschlossene
Untergruppe der LCA-Gruppe A. Für f ∈ L1 (A) definiere f B ∈ L1 (A/B) als
R
d mit B⊥ identifizieren, wie in
f B (xB) = B f (xb) db. Wenn wir A/B
Proposition 3.6.1, dann erhalten wir b
f B = fˆ B⊥ . Falls zusätzlich
ˆ
f ⊥ ∈ L1 (B⊥ ) ist, dann gilt
B
Z
Z
f (xb) db =
B
fˆ(χ)χ(x) dχ,
B⊥
d das
fast überall in x ∈ A, wobei das Haar-Maß auf b
B⊥ A/B
Plancherel-Maß in Bezug auf das gewählte Haar-Maß auf A/B ist. Ist f B
überall definiert und stetig, dann gilt die obige Gleichung für alle x ∈ A.
Beweis. Für χ ∈ B⊥ gilt χ(xb) = χ(x) für jedes x ∈ A und jedes b ∈ B. Aus
Satz 1.5.3 folgt dann
Z
Z Z
b
f B (χ) =
f B (xB)χ̄(x) dxB =
f (xb)χ̄(xb) db dxB
A/B
A/B B
Z
=
f (x)χ̄(x) dx = fˆ(χ)
A
d dann liefert die
für jedes χ ∈ B⊥ . Ferner, ist fˆ B⊥ ∈ L1 (B⊥ ) = L1 (A/B),
Inversionsformel aus Satz 3.5.9, dass
Z
c
f (xb) db = f B (xB) = b
f B (δx−1 B )
B
Z
d
= fˆ B⊥ (δx−1 B ) =
fˆ(χ)χ(x) dχ.
B⊥
fast überall. Existiert das Integral f B überall und ist stetig, dann gilt die
Gleichung überall.
Beispiel 3.6.4. (Die Poissonsche Summenformel für R)
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
125
b mit
Sei A die Gruppe (R, +) mit der üblichen Topologie. Dann ist A A
der Abbildung y 7→ χ y wobei χ y (x) = e2πixy . Sei B die abgeschlossen
Untergruppe Z. Die obige Identifikation bildet B bijektiv auf B⊥ ab. Für
f ∈ L1 (R) mit der Eigenschaft fˆ|Z ∈ L1 (Z) gilt die Gleichung
X
f (x + k) =
k∈Z
X
fˆ(k)e2πikx
k∈Z
fast überall in x, wobei fˆ(x) =
R
R
f (y)e−2πixy dy.
Definiere insbesondere den Schwartz-Raum S(R) als den Raum aller
C∞ -Funktionen f : R → C, so dass für je zwei ganze Zahlen m, n ≥ 0 die
Funktion xn f (m) (x) beschränkt ist. Die Fourier-Transformation bildet
S(R) bijektiv auf sich selbst ab. Für f ∈ S(R) konvergieren beide
Summen in der Poissonschen Summenformel gleichmäßig und
definieren stetige Funktionen, die dann überall gleich sein müssen. Fur
x = 0 erhalten wir die elegante Formel
X
k∈Z
f (k) =
X
k∈Z
fˆ(k).
Kapitel 4
Die Struktur von of LCA-Gruppen
4.1
Wegzusammenhang
Definition 4.1.1. Ein topologischer Raum X heisst
wegzusammenhängend, falls je zwei Punkte durch einen Weg
verbunden werden können, d.h., wenn es zu je zwei x, y ∈ X eine
stetige Abbildung p : [0, 1] → X mit p(0) = x und p(1) = y gibt.
Lemma 4.1.2. (a) Jeder wegzusammenhängende Raum is
zusammenhängend.
(b) Eine zusammenhängender topologische Gruppe mit einer
wegzusammenhängenden Einsumgebung ist wegzusammenhängend.
(c) Ist K eine kompakte LCA-Gruppe, die zusammenhängend ist, dann hat die
b keine Elemente endlicher Ordnung (außer 1).
diskrete Gruppe K
Beweis. (a) Sei X wegzusammenhängend und sei X = U ∪ V mit offenen
Teilmengen U und V so dass U ∩ U = ∅. Nimm an, dass U nichtleer ist
und wähle einen Punkt in x ∈ U. Sei y ∈ X ein anderer Punkt und sei
p : [0, 1] → X ein Weg mit p(0) = x und p(1) = y. Dann ist
[0, 1] = p−1 (U) ∪ p−1 (V) eine disjunkte Überdeckung des
126
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
127
Einheitsintervalls durch offene Mengen mit p−1 (U) , ∅. Da [0, 1]
zusammenhängend ist, folgt p−1 (V) = ∅ und daher y ∈ U, also U = X
und damit ist X zusammenhängend.
(b) Sei G eine zusammenhängende topologische Gruppe und U ⊂ G
eine wegzusammenhängende Einsumgebung. Die Untergruppe H, die
von U erzeugt wird, ist eine offene Untergruppe und da G
zusammenhängend ist, folgt H = G. Daher kann jedes x ∈ G in der
Form x = xε11 · · · xεnn geschrieben werden, wobei x1 , . . . , xn ∈ U und
ε j ∈ {±1}. Seien p1 , . . . , pn : [0, 1] → G Wege, doe die Eins 1 ∈ G mit den
Punkten x1 , . . . , xn verbinden, d.h. p j (0) = 1 und p j (1) = x j . Dann ist
p(t) = p1 (t)ε1 · · · pn (t)εn ein Weg, der 1 ∈ G mit x verbindet, also ist G
wegzusammenhängend.
b die duale Gruppe.
(c) Sei K eine kompakte LCA-Gruppe und sei D = K
Nimm an, dass D ein nicht-triviales Element χ endlicher Ordnung n
hat. Wir müssen zeigen, dass K unzusammenhängend ist. Sei µn ⊂ C
die endliche Gruppe der n-ten Einheitswurzeln, dann ist die stetige
Abbildung χ : K → µn nicht-trivial und daher ist χ−1 (1) eine offene
Untergruppe, ungleich K, also ist K unzusammenhängend.
Lemma 4.1.3 (Wegliftung). Sei Λ ⊆ G eine diskrete Untergruppe der
LCA-Gruppe G und sei q : G → G/Λ die Qutotientenabbildung. Sei
σ : [0, 1] → G/Λ ein Weg, der aΛ mit bΛ verbindet, a, b ∈ G. Dann existiert
ein Weg σ̃ : [0, 1] → G, der a mit bλ für ein λ ∈ Λ verbindet, so dass σ = q ◦ σ̃.
Der Lift σ̃, sowie das Element λ ∈ Λ sind eindeutig bestimmt.
Beweis. Wir wählen eine offene Einsumgebung U in G mit U ∩ Λ = {1}.
Für jedes y ∈ G ist die Menge q(yU) eine offene Umgebung von q(y) in
G/Λ und die Abbildung q : yU → q(yU) ist ein Homöomorphismus.
Für jedes z ∈ G/Λ wählen wir ein beliebiges Urbild pre(z) in G. Da G
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
128
abelsch ist, hängt die offene Menge V(z) = q(pre(z)U) nicht von der
Wahl von pre(z) ab, denn: ist y ein weiteres Urbild, etwa y = pre(z)λ,
λ ∈ Λ, dann ist die Abbildung pre(z)U → yU, pre(z)u 7→ pre(z)λu ein
Homöomorphismus.
Sei σ : [0, 1] → G/Λ wie im Lemma. Da [0, 1] kompakt ist, existiert eine
Zerlegung 0 = t0 < t1 < · · · < tl = 1 von [0, 1] so dass
σ([ti , ti+1 ]) ⊆ q(pre(σ(ti ))U) für jedes 0 ≤ i ≤ l − 1. Wir zeigen durch
Induktion nach j ∈ {0, . . . , l} dass es einen Weg σ̃ : [0, t j ] → G/Λ gibt mit
q ◦ σ̃ = σ auf [0, t j ]. Dies ist klar für j = 0, nimm also an, es ist bewiesen
für 0 ≤ j < l. Dann gilt σ([t j , t j+1 ]) ⊆ q(pre(σ(t j ))U) = q(σ̃(t j )U). Da
q : σ̃(t j )U → q(σ̃(t j )U) ein Homöomorphismus ist, gibt es eine stetige
Abbildung σ̃ j : [t j , t j+1 ] → σ̃(t j )U so dass q ◦ σ̃ j = σ auf [t j , t j+1 ] und
σ̃ j (t j ) = σ̃(t j ). Verklebt man die beiden Abbildungen bei t j , so erhält man
den gewünschten Weg σ̃ : [0, t j+1 ] → G.
Satz 4.1.4. Die LCA-Gruppe K sei kompakt, wegzusammenhängend mit
abzählbar erzeugter Topologie. Dann ist K isomorph zu einem abzählbaren
Q
Produkt von Kreisgruppen, d.h. K i∈I Ti , wobei Ti T für jedes i ∈ I
und die Indexmenge I abzählbar ist.
Bemerkung. Die Einschränkung, dass die Topologie abzählbar erzeugt
sein soll ist erforderlich, denn Shelah hat 1974 gezeigt, dass die Frage,
ob eine wegzusammenhängende kompakte LCA-Gruppe ein Produkt
von Kreisgruppen ist, in ZFC nicht entscheidbar ist.
Der Beweis braucht das Konzept der divisiblen Hülle einer Gruppe,
welches wir zuerst einführen. Hierfür ist es besser, die Gruppen additiv
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
129
zu schreiben. Also (A, +) Für a ∈ A und n ∈ N schreiben wir dann
na = a + · · · + a
(n-mal),
sowie (−n)a = −na für n ∈ N.
Definition 4.1.5. Eine Gruppe G heisst torsionsfrei, falls sie keine
Elemente endlicher Ordnung hat (ausser 1). Ist die Gruppe abelsch und
additiv geschrieben, heisst das
na = 0
⇒
a=0
für n ∈ N und a ∈ A.
Eine abelsche Gruppe A heisst divisibel, falls es zu jedem a ∈ A und
jedem n ∈ N ein b ∈ A gibt, so dass
a = nb.
Die Gruppe (Q, +) ist divisibel, die Gruppe (Z, +) nicht.
Lemma 4.1.6. Die abelsche Gruppe A sei divisibel und torsionsfrei. Dann ist
A ein Q-Vektorraum. Genauer existiert genau eine Abbildung Q × A → A, die
A zu einem Vektorraum macht.
Beweis. Sei A divisibel und torsionsfrei. Wir zeigen zunächst, dass für
gegebene a ∈ A und n ∈ N das Element b ∈ A mit nb = a eindeutig
bestimmt ist. Nimm an, b0 erfüllt ebenfalls nb0 = a. Dann ist
n(b − b0 ) = a − a = 0 und damit b − b0 = 0 also b = b0 . Wir schreiben dieses
Element b als b = n1 a. Wir definieren eine Abbildung
Q × A → A,
!
k
1
, a 7→ k a .
n
n
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
130
Die Axiome eines Q-Vektorraums sind leicht zu verifizieren.
Für die Eindeutigkeit nimm an, es gibt eine zweite Abbildung
(r, a) 7→ r ◦ a, die A zu einem Vektorraum macht. Für k ∈ N gilt
k ◦ a = (1 + · · · + 1) ◦ a = a + · · · + a = ka.
Fir k = −1 gilt a + (k ◦ a) = 1 ◦ a + (−1) ◦ a = (1 − 1) ◦ a = 0 ◦ a = 0 und so
(−1) ◦ a = −a = (−1)a, zusammen k ◦ a = ka für jedes k ∈ Z. Für r =
k
n
∈Q
gilt schliesslich
n(r ◦ a) = n ◦ r ◦ a = (nr) ◦ a = k ◦ a = ka = nra,
also r ◦ a = ra, womit die Eindeutigkeit bewiesen ist.
Lemma 4.1.7. Sei A eine torsionsfreie abelsche Gruppe. Dann existiert ein
Q-Vektorraum AQ , die divisible Hülle und ein injektiver
Gruppenhomomorphismus φ : A ,→ AQ so dass jeder
Gruppenhomomorphismus A → V zu einem Q-Vektorraum V eindeutig über
φ faktorisiert.
Der Vektorraum AQ wird vom Bild von A erzeugt und ist eindeutig bestimmt
bis auf Isomorphie.
Man kann die Gruppe AQ als Tensorprodukt A ⊗ Q über dem Ring Z
definieren.
Wir geben eine zweite Konstruktion.
Definition 4.1.8. Wir definieren den Rang einer torsionsfreien
abelschen Gruppe A als die Dimension des Vektorraums AQ . Der Rang
kann Unendlich sein. Ist die Gruppe endlich erzeugt, sagen wir mit r
Erzeugern und r ist minimal, dann gilt A Zr nach dem Hauptsatz
über endlich erzeugte abelsche Gruppen.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
131
Andererseits gibe es Gruppen von endlichem Rang, die nicht endlich
erzeugt sind, wie etwa Q selbst.
Beweis von Lemma 4.1.7. Wir definieren AQ als den Quotienten von
A × N nach der folgenden Äquivalenzrelation. Wir sagen (a, m) ∼ (b, n)
falls na = mb. Es ist leicht einzusehen, dass dies eine Äquivalenzrelation
ist.
Wir schreiben die Klasse von (a, m) als
a
m
und definieren eine
Gruppenstruktur auf AQ durch
a b na + mb
+ =
.
m n
mn
Die Axiome einer abelschen Gruppe sind leicht verifiziert, ebenso die
Tatsache, dass die Abbildung A → AQ , a 7→
a
1
injektiv ist. Die Gruppe
AQ ist torsionsfrei und divisibel.
Sei schliesslich ψ : A → V ein Gruppenhomomorphismus zu einem
Q-Vektorraum V. Definiere ψQ : AQ → V durch ψQ ma = m1 ψ(a). Dann
ist ψQ die eindeutig bestimmte Q-lineare Abbildung so dass
ψ = ψQ ◦ φ.
b die duale Gruppe. Dann ist D diskret
Beweis von Satz 4.1.4. Sei D = K
und, da K zusammenhängend ist, folgt aus Lemma 4.1.2, dass D
torsionsfrei ist. Damit ist D eine Untergruppe des Q-Vektorraums DQ
von Lemma 4.1.7.
Wir behaupten, dass die Gruppe D abzählbar ist. Nach Korollar 3.5.11
bilden die Elemente von D eine Orthonormalbasis des Hilbert-Raums
L2 (K). Da die Topologie abzählbar erzeugt ist, ist dieser Hilbert-Raum
separabel, also ist D abzählbar.
Wir zeigen als nächstes, dass jede Untergruppe F ⊂ D von endlichem
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
132
Rang schon endlich erzeugt ist. Sei dazu L = b
F. Die Inklusion F ,→ D
dualisiert zu einer Surjektion K L, also ist L kompakt und
wegzusammenhängend. Sei r ∈ N0 der Rang von F.
Die Gruppe F ist die Vereinigung aller ihrer endlich erzeugten
Untergruppen, wobei es ausreicht, die Untergruppen von vollem Rang
zu betrachten. Das bedeutet F lim F j , wobei (F j ) j∈J die gerichtete
→
Familie aller endlich erzeugten Untergruppen von vollem Rang ist. Wir
wollen zeigen, dass dieser Limes stoppt, d.h., dass die Abbildung
F j → F für ein geeignetes j ein Isomorphismus ist.
Die Isomorphie F lim→ F j liefert nach Dualisieren
L lim T j ,
←
wobei T j = b
F j isomorph zur Torusgruppe Tr ist und jede Projektion in
dem projektiven System ist surjektiv.
Da Tr Rr /Zr können wir einen Index ν ∈ J festhalten sowie einen
Isomorphismus Tν Rr /Zr . Für jedes j ≥ ν gibt es dann eine
Untergruppe Λ j ⊂ Zr von vollem Rang und einen Isomorphismus
ψ j : T j → Rr /Λ j so dass das Diagramm
j
Tj
ψj
Rr /Λ j
πν
pj
/
/
Tν
Rr /Zr
kommutiert, wobei p j die natürliche Projektion ist. Sei Λ der Schnitt
aller Λ j für j ≥ ν. Die Gruppe G = Rr /Λ bildet injektiv in den
projektiven Limes und wir behaupten, dass G gleich der
wegzusammenhängenden Gruppe L ist.
Hierfür sei x ∈ L und sei p ein Weg, der das neutrale Element mit x
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
133
verbindet. Nach Lemma 4.1.3 liftet für jede Projektion π j : L → T j mit
j ≥ ν der projizierte Weg π j ◦ p zu einem Weg in G. Daher liegt der
gesamte Weg in G, so dass x ∈ G.
Wir erhalten L Rr /Λ und da L kompakt ist, hat Λ vollen Rang. Damit
stoppt der Limes und jede Untergruppe von D von endlichen Rang ist
endlich erzeugt.
Nach Dualisieren ist die Aussage des Satzes äquivalent zu der Aussage,
dass D eine direkte Summe von zyklischen Gruppen ist.
Lemma 4.1.9. Sei D eine abzählbare, torsionsfreie abelsche Gruppe, so dass
jede Untergruppe von endlichem Rang endlich erzeugt ist. Dann ist D eine
direkte Summe von zyklischen Gruppen.
Beweis des Lemmas und damit des Satzes. Der Q-Vektorraum DQ ist von D
erzeugt, enthält also eine Basis v1 , v2 , . . . bestehend aus Elementen von
D. Als Anwendung des Elementarteilersatzes konstruieren wir
induktiv eine Basis w1 , w2 , . . . von DQ so dass
Qw1 ⊕ · · · ⊕ Qwn = Qv1 ⊕ · · · ⊕ Qvn
und
(Qw1 ⊕ · · · ⊕ Qwn ) ∩ D = Zw1 ⊕ · · · ⊕ Zwn
für jedes n ∈ N gilt. Zuerst sei F = Qv1 ∩ D. Dann ist QF = Qv1
eindimensional, also hat F den Rang 1. Nach Annahme ist F endlich
erzeugt und da es Rang 1 hat, gibt es einen Erzeuger w1 .
Nimm nun an dass w1 , . . . , wn bereits konstruiert wurden. Die Gruppe
G = (Qw1 ⊕ · · · ⊕ Qwn ⊕ Qvn+1 ) ∩ D hat Rang n + 1 und ist eine
Untergruppe von D, also isomorph zu Zu1 ⊕ · · · ⊕ Zun+1 für ein
u1 , . . . , un+1 . Wir behaupten, dass die u j so gewählt werden können, dass
u j = w j für 1 ≤ j ≤ n. Mit der Basis (u j ) ist die äquivalent zu folgendem;
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
134
Nimm an dass w1 , . . . , wn ∈ Zn+1 linear unabhängig über Q sind und
dass (Qw1 ⊕ · · · ⊕ Qwn ) ∩ Zn+1 = Zw1 ⊕ · · · ⊕ Zwn gilt. Dann gibt es
wn+1 ∈ Zn+1 so dass Zn+1 = Zw1 ⊕ · · · ⊕ Zwn+1 .
Betrachte die ganzzahlige (n + 1) × n Matrix B mit Spalten w1 , . . . , wn .
Nach dem Elementarteilersatz gibt es Matrizen
S ∈ GLn+1 (Z), T ∈ GLn (Z) so dass die Matrix SBT ausserhalb der
Diagonale Null ist. Die Eigenschaft
(Qw1 ⊕ · · · ⊕ Qwn ) ∩ Zn+1 = Zw1 ⊕ · · · ⊕ Zwn bleibt für die Spalten
w01 , . . . , w0n der Matrix SBT erhalten, so dass jeder Diagonaleintrag von
SBT als 1 gewählt werden kann. Damit sind die w01 , . . . , w0n die ersten n
standard-Basisvektoren. Sei w0n+1 der letzte standard-Basisvektor. Dann
setze wn+1 = S−1 w0n+1 . Mit dieser Konstruktion folgt
D=
∞
M
Zwn .
n=1
4.2
Die Struktursätze
Satz 4.2.1 (Erster Struktursatz). Sei A eine LCA-Gruppe. Dann existiert
n ∈ N0 und eine LCA-Gruppe H so dass
(a) A ist isomorph zu Rn × H.
(b) H enthält eine offene kompakte Untergruppe K.
Definition 4.2.2. Eine topologische Gruppe G heisst kompakt erzeugt,
falls es eine kompakte Teilmenge V ⊂ G existiert, die G als Gruppe
erzeugt. In diesem Fall ist auch W = V ∪ V −1 kompakt und
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
G=
S
n∈N W
n
135
.
Jede zusammenhängende lokalkompakte Gruppe ist kompakt erzeugt.
Satz 4.2.3 (Zweiter Struktursatz). Sei A eine kompakt erzeugte
LCA-Gruppe. Dann gibt es n, m ∈ N0 und eine kompakte Gruppe K so dass
A
Rn × Zm × K.
Definition 4.2.4. Ein topologischer Raum heisst lokal euklidisch von
Dimension n, falls jeder Punkt eine Umgebung hat, die homöomorph
zu Rn ist.
Ein lokal-euklidischer Raum ist genau dann eine Mannigfaltigkeit,
wenn die Topologie abzählbar erzeugt ist.
Beispiele 4.2.5.
• Jede diskrete abelsche Gruppe ist lokal-euklidisch
von Dimension Null.
• Rn und Tn sind lokal-euklidische LCA-Gruppen der Dimension n.
• Sind A1 , . . . , Al lokal-euklidisch von Dimensionen n1 , . . . , nl , dann
ist das direkte Produkt A1 × · · · × Al lokal-euklidisch von
Dimension n1 + n2 + · · · + nl .
Satz 4.2.6 (Dritter Struktursatz). Sei A eine lokal-euklidische
LCA-Gruppe. Dann ist
A
Rn × Tm × D
für geeignete n, m ∈ N0 und eine diskrete abelsche Gruppe D.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
136
cn Rn , Z
cm Tm ,
Aus den Sätzen 4.2.3 und 4.2.6 zusammen mit R
bl Zl und der Tatsache, dass das Dual einer diskreten Gruppe
T
kompakt ist und umgekehrt, erhält man
Korollar 4.2.7. Sei A eine LCA-Gruppe. Dann sind äquivalent:
(a) A ist kompakt erzeugt.
b ist lokal-euklidisch.
(b) A
Da Quotienten kompakt erzeugter Gruppen ebenfalls kompakt erzeugt
sind, folgt aus Satz 4.2.6 sofort
Korollar 4.2.8. Sei A eine LCA-Gruppe. Dann sind äquivalent:
(a) A ist kompakt erzeugt und lokal-euklidisch.
(b) Es gibt n, m, l ∈ N0 und eine endliche abelsche Gruppe F so dass
A
Rn × Tm × Zl × F.
Mit Satz 4.1.4 erhalten wir
Korollar 4.2.9. Die LCA-Gruppe A habe eine abzählbar erzeugte Topologie
und sei wegzusammenhängend. Dann ist
A
n
R ×
Y
Ti
i∈I
für ein n ≥ 0, wobei jedes Ti eine Kreisgruppe ist und die Menge I abzählbar.
Beweis. Da A zusammenhängend ist, ist nach Satz 4.2.3 die
LCA-Gruppe A isomorph zu Rn × K für eine kompakte Gruppe K.
Dann ist K A/Rn wegzusammenhängend und nach Satz 4.1.4 ist K
isomorph zu einem Produkt von Kreisgruppen.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
4.3
137
Beweise der Struktursätze
Lemma 4.3.1. Seien A und B abelsche topologische Gruppen und sei
q : A → B ein stetiger surjektiver Homomorphismus mit stetigem Schnitt. Es
gebe also einen stetigen Gruppenhomomorphismus s : B → A, so dass
q ◦ s = idB . Dann ist A isomorph zu C × B mit C = ker(q) ⊂ A.
Beweis. Man überprüft, dass die Abbildung φ : A → C × B gegeben
durch φ(x) = (x · (s ◦ q)(x)−1 , q(x)) ein stetiger Homomorphismus mit
Inverser φ−1 (c, b) = c · s(b) ist.
Beispiel 4.3.2. Ist A eine abelsche topologische Gruppe so dass es einen
surjektiven stetigen Homomorphismus q : A → Zl gibt, dann ist A
isomorph zu N × Zl für N = ker(q). Denn: wählen wir xi ∈ A so dass
q(xi ) = ei , wobei ei der i-te Einheitsvektor in Zl ist, dann ist s : Zl → A
gegeben durch s(n1 , . . . , nl ) = xn1 1 · · · xnl l ein stetiger Schnitt für q und man
kann das Lemma anwenden.
Erinnerung: Ein topologischer Raum X heisst σ-kompakt, falls er die
Vereinigung von abzählbar vielen Kompakta ist.
Satz 4.3.3 (Satz der offenen Abbildung). Seien G und H lokalkompakte
Gruppen und sei G ausserdem σ-kompakt. Sei φ : G → H ein stetiger und
surjektiver Homomorphismus. Dann ist φ eine offene Abbildung.
Insbesondere ist φ ein stetiger und bijektiver Homomorphismus, dann ist φ
ein topologischer Isomorphismus.
Beweis. Seien 1G und 1H die Einsen in G und H. Es reicht zu zeigen, dass
φ(U) eine Umgebung von 1H ist, wenn U eine Einsumgebung in G ist.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
138
Wähle hierzu eine kompakte Einsumgebung V ⊂ G, so dass V = V −1
und V 2 ⊂ U. Da G ein σ-kompakter Raum ist, können wir eine
abzählbare Familie {Kn : n ∈ N} kompakter Mengen in G wählen, so
S
dass G = n∈N Kn . für jedes n ∈ N gibt es eine endliche Teilmenge
S
S
Fn ⊂ Kn so dass Kn ⊂ x∈Fn xV. Setze F = n∈N Fn . Dann ist F eine
S
abzählbare Teilmenge von G so dass G = x∈F xV. Da φ surjektiv ist,
S
folgt dass H = x∈F φ(xV). Da φ(xV) kompakt ist, also abgeschlossen
für jedes x ∈ F und da H ein Baire-Raum ist (Jeder lokalkompakte
Hausdorff-Raum ist ein Baire-Raum.), folgt, dass es ein x ∈ F gibt, so
dass das Innere von φ(xV) = φ(x)φ(V) nichtleer ist. Damit hat auch
φ(V) nichtleeres Inneres. Wähle also eine nichtleere offene Menge W in
H mit W ⊂ φ(V). Dann ist W −1 W offen in H mit
1H ∈ W −1 W ⊂ φ(V)−1 φ(V) ⊂ φ(V −1 V) = φ(V 2 ) ⊂ φ(U).
Beispiel 4.3.4. Die σ-Kompaktheit ist erforderlich, wie das folgende
Beispiel zeigt. Sei H = R mit der üblichen Topologie und sei G = R mit
der diskreten Topologie. Dann ist die Identität φ : G → H ein
surjektiver stetiger Homomorphismus, der nicht offen ist.
Korollar 4.3.5. Sei G eine lokalkompakte Gruppe und seien N, H
abgeschlossene Untergruppen so dass
(a) N und H sind σ-kompakt,
(b) N ∩ H = {1G } und N · H = G,
(c) n · h = h · n für alle n ∈ N, h ∈ H.
Dann ist die Abbildung φ : N × H → G gegeben durch φ(n, h) = n · h ein
Isomorphismus lokalkompakter Gruppen.
Beweis. Nach (b) und (c) ist Φ ein stetiger bijektiver Homomorphismus
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
139
und (a) impliziert, dass N × H ein σ-kompakter Raum ist. Das Korollar
folgt nun aus dem Satz der offenen Abbildung.
Beispiel 4.3.6. Die σ-Kompaktheit ist erforderlich. Als Beispiel
betrachte G = R × Rd , wobei Rd die reelle Gerade mit der diskreten
Topologie bezeichnet. Sei H = R(1, 1) und N = R(1, −1). Als Gruppen
gilt G H × N, aber da H und N beide die diskrete Topologie haben, ist
die Abbildung von G nach H × N nicht stetig.
Lemma 4.3.7. Sei B eine Untergruppe der abelschen Gruppe A und sei
ψ : B → D ein Homomorphismus in eine divisible Gruppe D. Dann existiert
ein Homomorphismus ψ̃ : A → D mit ψ̃|B = ψ.
B

ψ

D
/
A
∃ψ̃
Beweis. Dies ist eine einfache Anwendung von Zorns Lemma, sobald
wir den Spezialfall A = hB ∪ {x}i gezeigt haben. Ist xn < B für jedes
0 , n ∈ Z, so können wir ψ̃(bxn ) = ψ(b) für alle b ∈ B, n ∈ Z definieren.
Nimm also nun an, es gibt m ∈ N mit xm ∈ B und nimm an, dass m
minimal ist mit dieser Eigenschaft. Da D divisibel ist, gibt es ein d ∈ D
mit dm = ψ(xm ). Definiere ψ̃(bxn ) = ψ(b)dn . Um zu zeigen, dass dies ein
wohldefinierter Homomorphismus ist, müssen wir zeigen, dass aus
bxn = b0 xl , für b, b0 ∈ B und n, l ∈ Z folgt dass ψ(b)dn = ψ(b0 )dl .
Hierzu nimm an n > l. Da xn−l = b−1 b0 ∈ B gibt es ein q ∈ N mit
n − l = qm. Es folgt b−1 b0 = (xm )q , so dass ψ(b−1 b0 ) = ψ(xm )q = (dm )q = dn−l .
Dies ist aber äquivalent zu ψ(b)dn = ψ(b0 )dl .
Lemma 4.3.8. Sei A eine LCA-Gruppe und seien B und D abgeschlossene
Untergruppen so dass
• B und D sind σ-kompakt.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
140
• B · D ist offen in A und B ∩ D = {1}.
• D ist divisibel.
Dann gibt es eine abgeschlossene Untergruppe C von A mit B ⊂ C, B offen in
C, so dass
φ : C × D → A,
(c, d) 7→ c · d
ein Isomorphismus lokalkompakter Gruppen ist.
Beweis. Beachte zuerst dass φ : B × D → B · D, φ(b, d) = bd ein
Isomorphismus lokalkompakter Gruppen ist, siehe Korollar 4.3.5. Sei
ψ : B · D → D die Projektion auf den zweiten Faktor. Da D divisibel ist,
setzt ψ zu einem Homomorphismus ψ̃ : A → D fort. Da B · D offen in A
ist, ist diese Fortsetzung automatisch stetig. (denn sie ist stetig bei der
Eins). Die Inklusion ι : D → A ist ein Schnitt für ψ̃, so dass nach Lemma
4.3.1 gilt A ker(ψ̃) × D. Setze C = ker(ψ̃) und beachte dass
B = C ∩ (B · D). Also ist, da B · D offen in A die Gruppe B offen in C.
Beispiel 4.3.9. Als Spezialfall dieses Korollars folgt, dass jede divisible
offene Untergruppe D einer abelschen topologischen Gruppe A bereits
ein direkter Faktor von A ist. Genauer existiert eine diskrete
Untergruppe C von A so dass A C × D.
Definition 4.3.10. Eine topologische Gruppe A ist topologisch erzeugt
von einer Teilmenge U ⊂ A, falls die Gruppe hUi dicht in A liegt.
Insbesondere ist A topologisch erzeugt von einem Element x ∈ A, falls
{xn : n ∈ Z} dicht in A liegt. Eine Gruppe, die topologisch von einem
Element erzeugt ist, heisst monothetisch.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
141
Lemma 4.3.11. (a) Sei A eine LCA-Gruppe und sei φ : A → T ein injektiver
stetiger Gruppenhomomorphismus. Dann ist φ ein Isomorphismus oder A
ist diskret.
(b) Jede monothetische LCA-Gruppe A ist entweder kompakt oder isomorph
zu Z.
Beweis. (a) Zunächst nehmen wir an, dass A total
unzusammenhängend ist und wir zeigen, dass A diskret sein muss.
Nach Satz 1.9.10 enthält A eine kompakte offene Untergruppe K. Dann
ist φ(K) eine kompakte Untergruppe von T, also endlich oder gleich
ganz T. Ist φ(K) gleich T, dann ist nach dem Satz der offenen Abbildung
φ ein Isomorphismus zwischen K und T, was der Annahme, dass A
total unzusammenhängend ist, widerspricht. Also ist K endlich. Damit
ist K eine endliche Einsumgebung. Da A hausdorffsch ist, ist A diskret.
Nun nehmen wir an, dass φ nicht surjektiv ist und zeigen, dass A
diskret sein muss. Sind x ∈ T r φ(A) und y ∈ T mit yk = x für ein k ∈ Z,
dann ist auch y < φ(A). Daher existiert eine Folge x±1
< φ(A), die gegen
k
1 geht. Daher ist die Zusammenhangskomponente von φ(A) trivial und
dasselbe gilt für A, also ist A total unzusammenhängend, also diskret.
Schliesslich nehmen wir an, dass φ surjektiv ist und dass A nicht total
unzusammenhängend ist, d.h., A0 , {1}, wobei A0 die
Zusammenhangskomponente der Eins ist. Ist A0 , A, dann muss nach
der zweiten Beobachtung A0 diskret sein, also trivial im Widerspruch
zur Annahme. Also ist A zusammenhängend und also σ-kompakt.
Nach dem Satz der offenen Abbildung 4.3.3 ist φ ein Isomorphismus.
(b) Sei A eine monothetische LCA-Gruppe. Sei also ψ : Z → A ein
b→ Z
bT
Gruppenhomomorphismus mit dichtem Bild. Das Dual ψ̂ : A
b
muss demnach injektiv sein, also nach Teil (a) ist die Gruppe A
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
142
entweder diskret oder isomorph zu T, damit ist A entweder kompakt
oder isomorph zu Z.
Lemma 4.3.12. Sei A LCA-Gruppe. Es gebe eine kompakte Einsumgebung V
und x1 , . . . , xl ∈ A mit
A = V · hx1 , . . . , xl i.
Dann ist A entweder kompakt oder es gibt ein i ∈ {1, . . . , l} so dass die Gruppe
hxi i = {xni : n ∈ Z} abgeschlossen in A und isomorph zu Z ist.
Beweis. Für jedes i ∈ {1, . . . , l} liefert Lemma 4.3.11 dass hxi i
abgeschlossen und isomorph zu Z oder dass hxi i kompakt ist. Ist hxi i
kompakt für jedes 1 ≤ i ≤ n, dann ist
hx1 , . . . , xl i = hx1 i · · · hxl i,
da Produkte kompakter Mengen kompakt und damit abgeschlossen
sind. Es folgt dass auch A = V · hx1 , . . . , xl i kompakt ist.
Lemma 4.3.13. Sei A eine kompakt-erzeugte LCA-Gruppe. Dann existiert
eine abgeschlossen Untergruppe L von A so dass L Zl für ein l ∈ N0 , und
A/L ist kompakt.
Beweis. Wähle eine kompakte Einsumgebung V = V −1 so dass
S
A = hVi = n∈N V n . Da V 2 kompakt ist, gibt es x1 , . . . , xm ∈ A so dass
S
V2 ⊂ m
i=1 Vxi .
Wir behaupten, dass A = V · H für H = hx1 , . . . , xm i. Um dies
einzusehen, zeigen wir durch Induktion, dass V n ⊂ V · H für jedes
n ∈ N. Nach Definition von H ist dies klar für n = 2 und wenn es für
n ∈ N gilt, dann ist
V n+1 = V · V n ⊂ V · (V · H) = V 2 · H ⊂ (V · H) · H = V · H.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
143
Nach Lemma 4.3.12 ist entweder A kompakt und der Beweis ist
D E
beendet oder es gibt ein j so dass T = x j diskret und unendlich ist.
Nehmen wir j = m an. Die LCA-Gruppe Ā = A/T ist kompakt erzeugt
und mit V̄ = VT/T gilt Ā = V̄ hx1 , . . . , xm−1 i. Nach Induktion über m
können wir annehmen, dass es eine Untergruppe L̄ in Ā mit L̄ Zl gibt
so dass Ā/L̄ kompakt ist. Seien τ1 , . . . , τl ∈ A irgendwelche Urbilder der
Erzeuger von L̄. Wir behaupten, dass die Gruppe L = hτ1 , . . . , τl , xm i
diskret und isomorph zu Zl+1 ist. Nur die Diskretheit ist nicht-trivial.
Sei W eine Einsumgebung in Ā mit W ∩ L̄ = {1} und sei W ihr Urbild in
A. Ferner sei U ⊂ A eine Einsumgebung in A mit U ∩ hxm i = {1}. Die
Einsumgebung W ∩ U hat dann die Eigenschaft, dass
(W ∩ U) ∩ L = {1}.
Definition 4.3.14. Zwei lokalkompakte Gruppen G und G0 heissen
lokal-isomorph, falls es offene Einsumgebungen V und V 0 in G und G0
gibt und einen Homöomorphismus φ : V → V 0 so dass φ(xy) = φ(x)φ(y)
und φ(x−1 ) = φ(x)−1 für alle x, y ∈ V so dass xy ∈ V (bzw. x−1 ∈ V).
Lemma 4.3.15. Die zusammenhängende LCA-Gruppe A sei lokal-isomorph
zu Rn . dann ist A isomorph zu Rn /L für eine diskrete Untergruppe L von Rn .
Enthält A keine unendliche kompakte Untergruppe, dann ist A isomorph zu
Rn .
Beweis. Wir nehmen an, dass A , {e}, also n > 0. Dann existiert eine
Einsumgebung V in A, ein ε > 0 und ein Homöomorphismus
φ : Uε (0) := {x ∈ Rn : kxk2 < ε} → V so dass φ(x + y) = φ(x)φ(y) für alle
x, y ∈ Uε (0) so dass x + y ∈ Uε (0). Definiere Φ : Rn → A wie folgt: zu
gegebenem x ∈ Rn wähle ein m ∈ N so dass k m1 xk2 < ε und dann setze
Φ(x) = φ( m1 x)m . Die Abbildung Φ ist wohldefiniert, denn zu gegebenen
1
m, k ∈ N mit k m1 xk2 , k 1k xk2 < ε, haben wir auch k mk
xk2 < ε und die lokale
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
144
Additivität von φ liefert
1
φ x
m
m
k
1 m
1 km
1 k
1
=φ k·
x =φ
x
=φ m x =φ x .
km
km
km
k
Eine ähnliche Rechnung zeigt, dass Φ stetig ist, da es stetig bei Null ist.
S
m
Da A zusammenhängend ist, folgt A = ∞
m=1 V , und da
Φ(Rn ) ⊇ φ(U) = V, folgt dass Φ surjektiv ist. Der Raum Rn ist
σ-kompakt, so dass der Satz von der offenen Abbildung zeigt, dass Φ
offen ist, d.h., dass A Rn /L mit L = ker Φ ⊂ Rn . Die Gruppe L ist
diskret, denn L ∩ Uε (0) = {0}.
Enthält A keine echten kompakten Untergruppen, dann ist Φ auch
injektiv, denn gäbe es ein 0 , x ∈ Rn mit Φ(x) = e, dann wäre
Φ(R · x) = Φ([0, 1] · x) would eine echte kompakte Untergruppe von
A.
Lemma 4.3.16. Sei A eine lokal-euklidische LCA-Gruppe. Dann ist die
Einskomponente A0 offen in A.
Beweis. Dies ist klar, da A lokal-zusammenhängend ist.
Definition 4.3.17. Sind A, B LCA-Gruppen und ist φ : A → B ein
stetiger Gruppenhomomorphismus, dann existiert ein dualer
b gegeben durch φ̂(χ) = χ ◦ φ.
Homomorphismus b
φ:b
B→A
Eine kurze exakte Sequenz von LCA-Gruppen Nach Korollar 3.6.2
folgt, dass jede kurze exakte Sequenz von LCA-Gruppen
ι
q
0→A→B→C→0
(wobei wir annehmen, dass ι eine topologische Einbettung, und q offen
ist) dualisiert zu einer kurzen exakten Sequenz
b
q
b
ι b
b→
b
0→C
B→A
→ 0.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
145
Wir werden dies im Folgenden benutzen.
Lemma 4.3.18. Sei A eine nichtkompakte LCA-Gruppe mit Einskomponente
A0 . Nimm an, dass A/A0 kompakt ist. Dann gilt A Rn × K für ein n ∈ N
und eine kompakte offene Untergruppe K.
Beweis. Sei q : A → A/A0 die Quotientenabbildung und wähle eine
kompakte symmetrische Einsumgebung V so dass q(V) = A/A0 . Dann
S
ist A gleich der von V erzeugten Untergruppe hVi = m∈N V m , da die
offene Untergruppe hVi von A die Zusammenhangskomponente A0
enthält und q(hVi) ⊃ q(V) = A/A0 . Nach Lemma 4.3.13 existiert eine
abgeschlossene Untergruppe L ⊂ A isomorph zu Zn für ein n ∈ N so
dass C = A/L kompakt ist. Daher haben wir eine kurze exakte Sequenz
0 → Zn → A → C → 0,
die zu der exakten Sequenz
b→ A
b → Tn → 0
0→C
b eine
cn Tn . Die Gruppe C ist kompakt, also ist C
dualisiert, da Z
b Daher ist die Abbildung A
b → Tn ein
diskrete Untergruppe von A.
b lokal isomorph zu Rn . Dann ist
lokaler Homöomorphismus damit ist A
b 0 eine offene Untergruppe
aber die Zusammenhangskomponente (A)
b
von A.
b (und daher auch (A)
b 0 ) enthält keine unendliche
Die Gruppe A
b eine solche Gruppe, dann
kompakte Untergruppe, denn wäre E ⊂ A
b → A/E
b → 0 eine
würde nach Dualisieren der Sequenz 0 → E → A
kurze exakte Sequenz 0 → B → A → b
E → 0 mit einer unendlichen
diskreten Gruppe b
E entstehen. Dies steht im Widerspruch zur
Annahme dass A/A0 kompakt ist.
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
146
b 0 isomorph zu Rn
Wir wenden Lemma 4.3.15 an um zu sehen, dass (A)
b
für ein n ∈ N0 ist. Da Rn divisibel ist, folgt aus Beispiel 4.3.9, dass A
isomorphic zu Rn × H für eine diskrete abelsche Gruppe H ist. Die
cn × H
b Rn × K, wobei K die
Pontryagin-Dualität impliziert, dass A R
b bezeichnet.
kompakte Gruppe H
Beweis von Satz 4.2.1, Erster Struktursatz Sei A eine LCA-Gruppe. Wir
müssen zeigen, dass A Rn × H für ein n ∈ N0 und eine LCA-Gruppe
H die eine kompakte offene Untergruppe enthält.
Hierfür sei A0 die Einskomponente von A. Dann ist A/A0 total
unzusammenhängend und enthält daher eine kompakte offene
Untergruppe E nach Satz 1.9.10. Das Urbild M von E in A ist dann offen
in A und M/A0 ist kompakt. Da M0 = A0 folgt aus Lemma 4.3.18,
angewandt auf M, dass M Rn × K für ein n ∈ N0 und eine kompakte
Gruppe K. Da M offen in A und Rn divisibel ist, folgt aus Lemma 4.3.8,
angewandt auf Rn und K, dass es eine abgeschlossene Untergruppe H
in A gibt, die K als offene Untergruppe enthält so dass A Rn × H.
Beweis von Satz 4.2.3, Zweiter Struktursatz Sei A eine kompakt erzeugte
LCA-Gruppe. Nach dem allgemeinen Struktursatz ist A Rn × H für
ein n ∈ N0 und eine LCA-Gruppe H so dass H eine kompakte offene
Untergruppe C hat. Da Quotienten kompakt erzeugter Gruppen
kompakt erzeugt sind, folgt, dass H/C eine endlich-erzeugte diskrete
abelsche Gruppe ist und daher isomorph zu Zl × F für ein l ∈ N0 und
eine endliche abelsche Gruppe F. Sei K das Urbild von F in H unter der
Quotientenabbildung. Dann ist K kompakt und aus Beispiel 4.3.2 folgt
dass H Zl × K. Daher A Rn × Zl × K.
Lemma 4.3.19. Sei L eine diskrete Untergruppe von Rn . Dann ist L Zl für
ein 0 ≤ l ≤ n und Rn /L Rn−l × Tl .
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
147
Beweis. Wir zeigen zuerst L Zl für ein 0 ≤ l ≤ n. Der Beweis benutzt
Induktion nach n. Das Lemma ist klar für n = 0 und auch für L = {0}
(mit l = 0). Nimm also an, dass n > 0 und L , {0}. Da L diskret ist, gibt
es ein x1 in L so dass kx1 k2 minimal unter allen Elementen 0 , x ∈ L.
Setze R = R · x1 R. Dann ist R ∩ L = Z · x1 Z, denn gäbe es ein
Element y ∈ (R ∩ L) r Z · x1 , dann gäbe es ein Element n ∈ N0 mit
nx1 < y < (n + 1)x1 und dann y − nx1 ∈ L r {0} mit ky − n · x1 k2 < kx1 k2 ,
was der Minimalität von x1 widerspricht.
Sei ε = 12 kx1 k2 und sei q : Rn → Rn /R die Quotientenabbildung. Wir
behaupten dass q(Uε (0)) ∩ q(L) = {0}. Hierzu nimm an es gibt x ∈ Rn mit
kxk2 < 21 kx1 k2 so dass 0 , q(x) ∈ q(L). Dann gibt es ein t ∈ R mit
x + t · x1 ∈ L. Falls x + t · x1 = 0 so gilt x ∈ R und q(x) = 0, was unmöglich
ist. Ist x + t · x1 , 0, dann folgt aus der Minimalität von x1 , dass
kx1 k2 ≤ kx + t · x1 k2 < ( 21 + |t|)kx1 k2 , woraus folgt, dass |t| > 12 . Wähle n ∈ Z
mit |t + n| < 12 . Dann ist x + (t + n) · x1 ebenfalls in L, so dass x ∈ R oder
|t + n| > 12 . Beides ist unmöglich.
Da q(Uε (0)) ∩ q(L) = {0}, folgt dass q(L) eine diskrete Untergruppe von
Rn /R Rn−1 ist. Nach der Induktionsvoraussetzung folgt q(L) Zk für
ein 0 ≤ k ≤ n − 1. Da R ∩ L = Z · x1 Z, erhalten wir eine kurze exakte
Sequenz
{0} → Z → L → Zk → {0}
abelscher Gruppen. Nach Beispiel 4.3.2 ist L Zk+1 .
Sei l > 0 und sei {x1 , . . . , xl } ein minimales Erzeugendensystem von L.
Nach dem Elementarteilersatz ist {x1 , . . . , xl } linear unabhängig über Q
und also über R Wähle Vektoren y1 , . . . , ym ∈ Rn mit m = n − l, so dass
{x1 , . . . , xl , y1 , . . . , ym } eine Basis von Rn ist. Dann ist leicht einzusehen,
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
148
dass
Rn /L Rx1 /Zx1 × · · · × Rxl /Zxl × Ry1 × · · · × Rym Tl × Rm .
Lemma 4.3.20. Hat die lokalkompakte Gruppe G einen kompakten
Normalteiler N so dass G/N kompakt erzeugt ist. Dann ist auch G kompakt
erzeugt.
Beweis. Sei C ⊂ G/N eine kompakte Erzeugermenge für G/N. Nach
Bemerkung 1.5.2 gibt es eine kompakte Menge L ⊂ G mit π(L) = C,
wobei π : G → G/N die Projektion ist. Dann ist L · N eine kompakte
Erzeugermenge für G.
Beweis von Satz 4.2.6, Dritter Struktursatz. Nehmen wir zunächst an, wir
hätten den Satz für zusammenhängende Gruppen gezeigt. Sei dann A
eine beliebige lokal-euklidische LCA-Gruppe. Sei A0 die
Einskomponente und D der Quotient A/A0 , der diskret ist, da A0 offen.
Die exakte Sequenz 1 → A0 → A → D → 1 dualisiert zu
b→ A
b0 → 1, wobei L die kompakte Gruppe D
b ist. Falls wir
1→L→A
b0 Rn × Zl kompakt
zeigen können, dass A0 Rn × Tl , so folgt, dass A
b kompakt erzeugt ist.
erzeugt ist und, da L kompakt ist, folgt dass auch A
b isomorph zu Rn × Zm × K, so
Nach dem zweiten Struktursatz ist dann A
b ist. Da K
b diskret ist, folgt die
dass A isomorph zu Rn × Tm × K
allgemeine Version des dritten Struktursatzes aus der Version für
zusammenhängende Gruppen.
Nehmen wir also an, A ist zusammenhängend. Nach dem ersten
Struktursatz ist A isomorph zu Rm × K für eine kompakte Gruppe K. Die
lokal-euklidische Gruppe A ist wegzusammenhängend nach Lemma
4.1.2. da A Rm × K, folgt K A/Rm und daher ist die kompakte
Gruppe K wegzusammenhängend. Da Rn eine abzählbar erzeugte
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
149
Topologie hat und A erzeugt wird von einer Menge, die homöomorph
zu Rn ist, hat auch A eine abzählbar erzeugte Topologie und dasselbe
Q
gilt für K. Nach Satz 4.1.4 ist K i∈I Ti wobei Ti T für jedes i ∈ I.
Wir haben also gezeigt, dass die zusammenhängende lokal-euklidische
Q
Gruppe A isomorph zu Rm × i∈I T ist. Es bleibt zu zeigen, dass das
Produkt endlich ist. Hierfür brauchen wir das Konzept des
zusammenziehbaren Raums.
Definition 4.3.21. Sei X ein topologischer Raum. Eine Teilmenge C von
X heisst zusammenziehbar in X oder X-zusammenziehbar, falls es
einen Punkt x0 ∈ X und eine sogenannte Nullhomotopie gibt, das ist
eine stetige Abbildung h : [0, 1] × C → X so dass
h(0, x) = x0
und
h(1, x) = x
für jedes x ∈ C.
Ist C zusammenziehbar in X, dann ist jede Teilmenge von C
zusammenziehbar in X.
Der Raum X selbst heisst zusammenziehbar, falls er zusammenziehbar
in sich selbst ist.
Beispiele 4.3.22.
• Der Raum X = Rn ist zusammenziehbar, denn die
Abbildung
h(t, x) = tx
ist eine Nullhomotopie.
• Die Kreisgruppe T ist nicht zusammenziehbar, da sonst der Weg
γ(t) = e2πit homotop zu einem konstanten Weg wäre, was der
R
Tatsache γ 1z dz = 2πi und die Homotopie-Invarianz von
Wegintegralen widerspricht!
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
150
• Sei Y ein beliebiger topologischer Raum und sei X = Y × T. Für
einen gegebenen Punkt y0 ∈ Y ist die Menge {y0 } × T nicht
zusammenziehbar in X, da jede Nullhomotopie würde, nach
Projektion auf T, eine Nullhomotopie von T liefern.
Die Gruppe A hat eine Einsumgebung U, die homöomorph zu Rn und
damit zusammenziehbar ist. Angenommen, das Produkt
Q
A Rm × i∈I T ist unendlich, dann enthält jede Einsumgebung eine
Q
Q
nichtleere Menge der Form V × i∈E Vi × i<E T für eine endliche
Menge E ⊂ I. Daher enthält U eine Teilmenge der Form {y0 } × T in A,
die nicht zusammenziehbar ist, ein Widerspruch! Daher ist das Produkt
endlich.
Index
Br (a), 63
absolute Galoisgruppe, 50
Br (z), 96
Algebra, 40
C(X), 59, 95
Annullator, 121
C∗ -Algebra, 80
assoziativ, 40
C0 (X), 70
Augmentationsfunktional, 72
C+c (G), 19
Auswertungshomomorphismus,
E⊥ , 121
Lx , 19
Rx , 19
X-zusammenziehbar, 149
Abb(S, C), 40
D, 68
∆A , 71
T, 46
B̄r (z), 96
||·||X , 27
63
Banach-*-Algebra, 80
Banach-Alaoglu Theorem, 73
Banach-Algebra, 58
beschränkter Operator, 59
Bidual, 113
Borel-σ-Algebra, 14
Borel-Maß, 14
Borel-Mengen, 14
Mn (R), 4
Charakter, 46, 95
σ-kompakt, 12, 137
Co-endlich-Topologie, 8
r(a), 67
×
A , 63
e
A , 69
äquivalente Normen, 61
äußere Regularität, 14
abgeschlossene Abbildung, 117
Dirac-Familie, 43
Dirac-Funktion, 43
Dirac-Netz, 43
Diskalgebra, 68
diskreten Gruppe, 4
diskreten Topologie, 4
151
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
152
divisibel, 129
Inverse, 63
divisible Hülle, 130
Involution, 80
divisiblen Hülle, 128
isometrischen Isomorphismus, 62
duale Fourier-Transformation, 118
Isomorphismus von
Duale Gruppe, 46
duale Gruppe, 95
dualer Homomorphismus, 144
Dualraum, 73
Banach-Algebren, 62
kommutative Algebra, 40
kompakt erzeugt, 134
kompakt-offen-Topologie, 96
echtes Ideal, 77
Kreisgruppe, 46
Einpunktkompaktifizierung, 70
kurze exakte Sequenz, 122
Einselement, 60
LCA-GRuppe, 46
Faltungsprodukt, 41
linearen Operator, 59
Fourier-Transformierte, 46
linksinvariantes Maß, 16
Gelfand-Transformation, 75
gerichteten Menge, 47
gleichmäßig stetig, 18
Gruppen-C∗ -Algebra, 105
Haar-Integral, 17
Haar-Maß, 17
Hausdorff-Raum, 8
Homomorphismus von
Banach-Algebren, 62
Ideal, 77
im Unendlichen verschwindet, 70
Imaginärteil, 86
Linkstranslation, 19
lokal euklidisch, 135
lokal-endlich, 14
lokal-isomorph, 143
lokalkompakt, 12
lokalkompakte Gruppe, 12
maximales Ideal, 77
Modularfunktion, 27
monothetisch, 140
multiplikative Funktionale, 72
normales Element, 88
Nullhomotopie, 149
invariantes Integral, 23
obere Schranke, 47
invariantes Maß, 33
open mapping Theorem, 137
Harmonische Analyse abelscher Gruppen
Operatornorm, 59
Plancherel-Maß, 119
153
symmetrisch, 43
symmetrische Einsumgebung, 5
Poissonsche Summenformel, 124
T1 -Raum, 8
Pontryagin-Abbildung, 114
T2 -Raum, 8
positive Funktion, 19
Topologiebasis, 54
pro-endliche Gruppe, 50
topologisch erzeugt, 140
pro-endliche Komplettierung, 50
topologische Gruppe, 3
projektive Limes, 49
topologischer Isomorphismus von
projektives System, 48
Quotienten-Integralformel, 33
Quotientenmaß, 34
Quotientennorm, 78
Radon-Maß, 14
Rang, 130
Realteil, 86
Rechtstranslation, 19
relativ kompakt, 12
Resolventenmenge, 65
Banach-Algebren, 62
torsionsfrei, 129
total unzusammenhängend, 53
unimodulare Gruppe, 27
unital, 60
unitale C∗ -Algebra erzeugt von a,
89
Unitarisierung, 69
wegzusammenhängend, 126
zusammenhängend, 51
schwach-*-Topologie, 73
Zusammenhangskomponente, 52
schwache innere Regularität, 14
zusammenziehbar, 149
Schwartz-Raum, 125
zusammenziehbar in X, 149
selbstadjungiert, 80
selbstadjungierter Operator, 81
Spektralradius, 67
Spektrum, 65
stetiger Funktionalkalkül, 88
Strukturraum, 71
Supremumsnorn, 27
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