Einleitung II: Evangelien und Apg – Übersicht

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Einleitung II: Evangelien und Apg
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Einleitung II: Evangelien und Apg – Übersicht
§1
Hinführung zu den Evangelien
I.
Die historische Voraussetzung der Evangelien:
Das Wirken des Jesus von Nazareth
§2
§3
Die Botschaft vom Reich Gottes
Das Ende in Jerusalem
II. Die theologische Voraussetzung der Evangelien: Ostern als Ausgangspunkt und Mitte des urchristlichen Bekenntnisses
§4
§5
Von der Glaubenskrise des Karfreitags zu den Erscheinungen
Vom Boten zur Botschaft
III. Die überlieferungsgeschichtliche Voraussetzung der Evangelien:
Die mündliche Weitergabe von Jesu Worten und Taten
§6
§7
Mündliche Überlieferung
Gattungen in der Jesus-Überlieferung
IV. Die literarische Voraussetzung der synoptischen Evangelien:
Die synoptische Frage und ihre Lösung
§8
§9
§10
§11
§12
Das Problem
Ältere Lösungsversuche
Die Zwei-Quellen-Theorie
Die Logienquelle
Offene Fragen zur Zwei-Quellen-Theorie
V.
Die synoptischen Evangelien und die Apostelgeschichte
§11
§12
§13
§14
§15
Die literarische Gattung Evangelium
Das Markusevangelium
Das Matthäusevangelium
Das Lukasevangelium
Die Apostelgeschichte
VI. Das Johannesevangelium
§16 Die Eigenart des JohEv
§17 Einleitungsfragen
§18 Theologische Themen
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Zum Begriff »Gottesherrschaft/Gottesreich« in
AT und Frühjudentum seit dem babylonischen Exil
Bei Deutero-Jesaja, einem Propheten zur Zeit des Exils, treten zwei Momente hervor: Jahwe erscheint als König Israels; Gottes Königsherrschaft wird offenbar werden in der Erlösung seines Volkes.
Die weitere Entwicklung kann man etwas vereinfachend in zwei Strängen verfolgen:
• Einverständnis mit dem status quo, in dem sich die prophetische Verkündigung vor dem Exil erfüllt hat. Gott herrscht gegenwärtig als König über sein
Volk, erfahrbar wird diese Herrschaft vor allem im Kult am Tempel, dem Ort
der Gegenwart Gottes.
• Die Königsherrschaft Gottes ist erst für die Zukunft zu erwarten. Greifbar ist
dieser Strang in Einträgen in Prophetenbücher (z.B. Jes 33; 24-27). Er
mündet in die Apokalyptik, in der die Gottesherrschaft unterschiedlich
entfaltet werden kann. Folgende Zusammenhänge lassen sich nennen:
– Entmachtung Satans,
– endzeitlicher Krieg mit Vernichtung heidnischer Fremdherrschaft,
– Sammlung Israels und Übergabe der Herrschaft an Israel,
– Kommen einer neuen Welt, diesseitig oder transzendent vorgestellt.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Grundlegende Dimensionen der Basileia
in Jesu Botschaft
Der Zuspruch der Gottesherrschaft
Die Durchsetzung von Gottes Herrschaft in der Welt beschreibt Jesus als heilvolle, liebende Zuwendung Gottes zu den Menschen, als göttliches Gnadenangebot. Die Zuwendung zu Sündern ist in diesem theologischen Zusammenhang zu verstehen: als Zusage der Vergebung Gottes.
Der Anspruch der Gottesherrschaft
Aus der Annahme durch Gott ergibt sich als Konsequenz die Notwendigkeit
der Umkehr. Diese steht nicht an erster Stelle, ist aber dennoch wesentlich:
Man kann nicht die Vergebung Gottes annehmen und das Verhältnis zu den
Menschen davon unberührt sein lassen.
Heil und Gericht
Zwar setzt Jesus den Akzent der Basileia-Botschaft eindeutig auf das Heil und
nicht wie Johannes der Täufer auf die Gerichtsdrohung. Dennoch ist auch die
Möglichkeit, das Heil zu verfehlen, nicht auszuschließen. Das Gericht kommt in
zwei Dimensionen zum Tragen:
• als Kehrseite des Heilsangebotes: Wer sich diesem Angebot verweigert,
zieht sich das Gericht zu, schließt sich aus von der Rettung durch Gott.
• im Zusammenhang verweigerter Umkehr.
Die zeitliche Dimension: Gegenwart und Zukunft
• Einerseits reicht das Gottesreich in die Gegenwart Jesu und seiner Adressaten: Lk 11,20; s.a. Mk 3,27; Mt 13,16f; 11,12f; »Wachstumsgleichnisse«; Lk
17,20f).
• Andererseits ist die Basileia ein künftige Größe (Lk 11,2; 6,20f; 13,28f; Mk
14,25; die »Terminworte« sind wohl nachösterlicher Herkunft)
Beide Dimensionen gehören in Jesu Botschaft: das Reich Gottes ist angebrochen und drängt auf baldige Vollendung. Ein »uneschatologischer« Lehrer einer alternativen (Lebens-)Weisheit ist Jesus nicht gewesen. Man muss auch
das Moment einer von Gott gewirkten Veränderung der Welt aufnehmen
(auch wenn wir über genauere Vorstellungen Jesu über die vollendete Gestalt
der Basileia nichts wissen können).
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Der Konflikt in Jerusalem
Der Zug nach Jerusalem
Jesus wollte seine Botschaft ins Zentrum des jüdischen Volkes tragen und
möglichst viele Menschen erreichen– deshalb der Termin des Paschafestes, zu
dem sich viele Pilger in der heiligen Stadt versammelten.
Warum wurde Jesus verhaftet?
• Eine Beteiligung der jüdischen Obrigkeit bei der Verhaftung Jesu legt sich
nahe, wenn man bedenkt: Jesus wurde als Einzelner festgesetzt. Es kam
nicht zu einem Aufruhr, gegen den römischen Truppen unmittelbar vorgegangen wären.
• Es empfiehlt sich nicht, ordnungspolitische gegen religiöse Motive auszuspielen. Im Palästina des 1. Jh. n.Chr. hing die öffentliche Ordnung wesentlich mit religiösen Vorstellungen zusammen.
• Unwahrscheinlich als Ansatzpunkte für die Verhaftung Jesu:
– Die Gottesreichbotschaft Jesu im Ganzen, denn: das Vorgehen gegen Jesus spricht nicht dafür, dass Jesus nach dem Muster endzeitlicher Propheten als Störer der öffentlichen Ordnung verfolgt und dingfest gemacht
wurde.
– Prophetische Zeichenhandlungen (Einzug; Tempelaktion), denn diese sind
historisch unwahrscheinlich, hätten zum sofortigen Ende des Wirkens Jesu führen müssen.
• Am ehesten gab es einen Konflikt um den Tempel, denn:
– Tempelwort (Mk 14,58; 15,29) und -prophetie (Mk 13,2) geben dafür einen Anhaltspunkt in der Jesustradition.
– Eine endzeitlich begründete Distanz zum Tempel passt in die Verkündigung Jesu (Zusage göttlicher Vergebung ohne Bezug z. Sühnekult).
– Der Tempel ist ein ordnungspolitisch relevanter Faktor und zugleich für
die Priester von grundlegender theologischer Bedeutung. Ihr Eingreifen
gegen Jesus aufgrund einer »Tempelkritik« wäre verständlich.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ostern I – Die Überwindung der Glaubenskrise
Die Situation nach dem Karfreitag
• Der Tod bedeutete zunächst einmal die Erledigung des Anspruches Jesu.
Jesus hatte in anstößiger Weise die Kenntnis des göttlichen Heilswillens für
sich reklamiert, deshalb musste der Tod Jesu am Kreuz als Antwort Gottes
auf diesen Anspruch verstanden werden. Jesus starb nicht für die Heiligkeit
des Gesetzes, sondern als »Kritiker« des bestehenden Tempels. Auch seine
umstrittene Auslegung der Tora musste vom Kreuz her als widerlegt erscheinen.
• Waren die Gegner Jesu in ihrem Gottesverständnis bestätigt, so wurden die
Jünger durch den Karfreitag in die äußerste Glaubenskrise geführt. Dass sie
angesichts der Verhaftung Jesu flohen (Mk 14,50), ist historisch wahrscheinlich.
Die Überwindung der Glaubenskrise aufgrund von Erscheinungen
• Die Jünger Jesu treten einige Zeit nach dem Karfreitag wieder öffentlich auf
und verkünden: Gott hat Jesus nicht verflucht, sondern sich zu ihm gestellt,
indem er ihn
auferweckt und in himmlische Machtstellung eingesetzt hat; vom Himmel her wird Jesus Mittler des vollendeten Heils erscheinen.
• Zu dieser Verkündigung kamen die Jünger nach dem Zeugnis des NT durch
Erscheinungen. In diesem Begriff ist eine Erfahrung gefasst, die die Jünger
nach dem Karfreitag gemacht haben. Diese Erfahrung wird nicht beschrieben, sondern in gedeuteter Form weitergegeben. Wenn nämlich davon die
Rede ist, dass Jesus den Jüngern erschien, ist Begrifflichkeit aus atl Erzählungen aufgegriffen, in denen Gott sichtbar und redend auftritt (so genannte Theophanien). Wenn dies auf Jesus übertragen wird, ist seine Einsetzung
in göttliche Macht vorausgesetzt – und dies gehört ja zum Kern des österlichen Bekenntnisses.
• Die Erscheinungen begründen nicht nur den Osterglauben, sondern führen
auch zur erneuten Sammlung des Jüngerkreises und zur Verkündigung des
neu gewonnenen Glaubens. Dieser Zusammenhang zeigt sich bei Paulus wie
auch in den Erscheinungsgeschichten der Evangelien.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ostern II – Ein Perspektivenwechsel
Jesus selbst hatte nicht seine Person zum Inhalt seiner Botschaft gemacht.
Ihm ging es wesentlich um eine bestimmte Gottesverkündigung. Insofern vollzieht sich mit Ostern ein bedeutsamer Perspektivenwechsel, den man sich gut
an Apg 10,37-43 verdeutlichen kann.
Zunächst erfolgt Rückblick auf das Wirken Jesu, seinen Tod, seine Auferweckung und die Erscheinungen:
37 (Ihr kennt) die Sache, die, angefangen von Galiläa, durch ganz
Judäa hin geschehen ist, nach der Taufe, die Johannes predigte:
38 Jesus von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und mit
Kraft gesalbt hat, der umherging und wohltat und alle heilte, die
von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm. 39
Und wir sind Zeugen alles dessen, was er sowohl im Lande der
Juden als auch in Jerusalem getan hat; den haben sie auch umgebracht, indem sie ihn an ein Holz hängten. 40 Diesen hat Gott
am dritten Tag auferweckt und ihn sichtbar werden lassen, 41
nicht dem ganzen Volk, sondern den von Gott zuvor erwählten
Zeugen, uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben,
nachdem er aus den Toten auferstanden war.
Der nachösterliche Verkündigungsauftrag richtet sich auf die Bedeutung der
Person Jesu (10,42f), nicht etwa auf die Wiederholung von Jesu Botschaft.
42 Und er hat uns befohlen, dem Volk zu predigen und ernstlich
zu bezeugen, dass er der von Gott verordnete Richter der Lebenden und der Toten ist. 43 Diesem geben alle Propheten Zeugnis,
dass jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt
durch seinen Namen.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ostern III – Zur Rekonstruktion der
frühesten urchristlichen Verkündigung
Aus den Paulusbriefen lässt sich formelhaftes, geprägtes Glaubensgut herausarbeiten. Von Bedeutung ist dieses Vorgehen, weil in Kurzformeln das
Wichtigste gefasst wird. Deshalb können wir aus diesen geprägten Formulierungen auch auf das Zentrum der urchristlichen Botschaft schließen.
Geprägte Überlieferung ist erkennbar, wenn eines oder mehrere der folgenden
Kriterien angewandt werden kann:
(1) Einleitende Wendungen kennzeichnen ein Stück als übernommenes Traditionsgut (z.B. 1Kor 15,3).
(2) Spezifische Begriffe erscheinen, die kennzeichnend sind für Traditionsgut
(»glauben« und »bekennen«; z.B. Röm 10,9).
(3) Eine Formanalyse erweist eine geprägte Sprache (z.B. Parallelimus: Röm
4,25; rhythmische Prägung: 1Tim 3,16).
(4) Es begegnet ein für den Autor untypischer Wortschatz (z.B. Röm 3,25).
(5) Es ergibt sich eine Spannung zur sonstigen Theologie eines Autors (z.B.
Röm 1,3f).
(6) Eine Wendung erscheint in verschiedenen Zusammenhängen (z.B. Röm
10,9; 1Kor 6,14; Eph 1,20: »Gott hat ihn von den Toten erweckt«).
(7) Die Aussagen eines Stückes gehen über den Textzusammenhang hinaus,
in dem es steht (z.B. Phil 2,6-11).
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ostern IV – Das Zentrum der
urchristlichen Verkündigung
Glaubensformeln
1) Von der Auferweckung
• passivische Formulierung: »er ist auferweckt worden« (Röm 4,25; 6,4.9.;
1Kor 15,12f u.ö.: theologisches Passiv).
• aktivische Formulierung: »Gott hat ihn von den Toten erweckt« (Röm 10,9;
1Kor 6,14; 1Thess 1,10b; Apg 2,24 u.ö.), auch als Gottesprädikation: Gott
wird als derjenige bestimmt, der Jesus von den Toten auferweckt hat (z.B.
Gal 1,1). Dabei kann die ausdrückliche Nennung Gottes auch fehlen (Röm
4,24; 8,11; 2Kor 4,14).
2) Sterbeformeln
• Grundform: »Christus ist für unsere Sünden gestorben« (Röm 5,8; vgl. auch
5,6; 14,15; 1Kor 8,11).
• Hingabe- oder Selbsthingabeformel (Röm 8,32; Gal 1,4; Eph 5,2).
3) Formeln von Tod und Auferweckung
• in knapper Nebeneinanderstellung: (Christus), der gestorben und auferweckt ist (z.B. Röm 8,34; 14,9; 1Thess 4,14).
• stärker ausgestaltet, wie in 1Kor 15,3b-5 (vgl. auch knapper Röm 4,25;
2Kor 13,4).
Bekenntnisse
Sie formulieren die gegenwärtige Würdestellung des erhöhten Herrn, des Sohnes Gottes. Die Glaubenden erkennen seine Bedeutung an und unterstellen
sich ihm (z.B. 1Kor 8,6):
Aber wir haben einen Gott, den Vater,
aus dem alles ist und wir auf ihn hin,
und einen Herrn, Jesus Christus,
durch den alles ist und wir durch ihn.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ostern V – Zu 1Kor 15,3b-5
Die Formel
a Christus ist für unsere Sünden gestorben,
b gemäß der Schrift,
c und ist begraben worden.
a Er ist am dritten Tag auferweckt worden,
b gemäß der Schrift,
c und erschien dem Kephas, dann den Zwölf.
Bedeutung
• In der ersten Zeile (a, a) geht es jeweils um ein Ereignis, das in der zweiten
(b, b) als schriftgemäß bezeichnet wird, ehe die dritte Aussage (c, c) die
erste bestätigt.
• Die verschiedenen Zeilen haben also nicht dasselbe Gewicht. Im Zentrum
der Formel stehen Tod und Auferweckung Jesu. Der Tod wird bekräftigt
durch den Hinweis auf das Begräbnis: Jesus ist wirklich gestorben; die Erscheinungen unterstreichen die Wirklichkeit der Auferweckung.
• Der parallele Aufbau macht die Zusammengehörigkeit von Tod und Auferweckung deutlich. Die Deutung des Todes Jesu als »für unsere Sünden«
geschehener Tod kann vom »Horizont« der Auferweckung aus erfolgen. Auf
der anderen Seite wäre ohne den Blick auf das Kreuz die Auferstehung nicht
recht verstanden.
• Der Hinweis auf die Schriftgemäßheit von Tod und Auferweckung ordnet
das Heilsgeschehen in Christus in die Heilsgeschichte ein und soll zeigen,
dass sich in ihm die Verheißungen Gottes erfüllen. Ein Bezug auf bestimmte
Schriftstellen ist aber nicht ohne Weiteres zu erkennen.
Im Hintergrund der Vorstellung vom Sühnetod Jesu dürfte vor allem Jes
53 (der leidende Gottesknecht) stehen. Für die Erklärung der Zeitangabe
der Auferweckung »am dritten Tag« werden verschiedene Lösungen
vorgeschlagen. Am ehesten ist an eine Anspielung auf Hos 6,2 zu denken (rettendes Eingreifen Gottes für Israel am dritten Tag).
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Das Faktum mündlicher Überlieferung
Direkte Hinweise
(1) Das Vorwort des LkEv spricht nicht nur davon, dass es schon Erzählungen vom Wirken Jesu gegeben habe; es bezieht sich auch auf Überlieferungen (von Augenzeugen). »Überlieferung« ist ein Fachbegriff zur Bezeichnung mündlicher Weitergabe.
(2) Joh 21,25 übertreibt zwar, kann aber dennoch bezeugen, dass das
verschriftlichte Jesus-Gut auf eine Auswahl aus mündlichen Überlieferungen zurückgeht.
(3) Jesus-Überlieferung ist nach der Abfassung der Evangelien mündlich weitergegeben worden (sicher bezeugt v.a. durch Papias von Hierapolis). Dann ist zu folgern, dass auch vor der Abfassung eine mündliche
Überlieferung bestand – eine Überlieferung, die durch die Verschriftlichung nicht einfach beendet wurde.
Indirekte Hinweise
(1) Die rabbinische Tradition zeigt: Das Urchristentum entstammt einem Milieu, das mündliche Überlieferung kannte.
(2) Die synoptischen Evangelien (Mt, Mk, Lk) sind aus kleinen Einheiten zusammengesetzt, die oft einem bestimmten Aufbauschema folgen. Der
Stoff trägt in erster Linie nicht die individuelle literarische Handschrift eines Schriftstellers; das Material ist vielmehr schon geprägt, ehe es in die
Evangelien aufgenommen wurde. Dies weist auf eine mündliche Vorgeschichte des Stoffes.
(3) Seit Beginn der urchristlichen Verkündigung wurde auch von Jesu Worten
und Taten erzählt. Dann dürfte zunächst auch Mündlichkeit des entscheidende Medium gewesen sein. Die Fähigkeit zu lesen kann ja für die damalige Zeit nicht allgemein vorausgesetzt werden.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Die Position der »klassischen« Formgeschichte
Die Entdeckung mündlicher Tradition war das Verdienst der sogenannten
Formgeschichte, einer forschungsgeschichtlichen Phase, die in den 20er Jahren des 20. Jh. aufkam (nach dem Scheitern der liberalen Leben-JesuForschung). Sie erhob
>geprägte Formen
Dies sind in verschiedenen Texten wiederkehrende Aufbauschemata, auch
Gattungen genannt. Diese geprägten Formen wurden einem bestimmten
> »Sitz im Leben«
zugewiesen. Damit ist gemeint: typische, wiederkehrende Situationen im Leben einer Gemeinschaft, institutionalisierte Handlungen, die prinzipiell wiederholbar sind.
Grundgedanke: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der sprachlichen Gestaltung und der Funktion eines Textes.
• Das können wir auch heute beobachten: Texte, die informieren sollen, werden anders gestaltet als solche, die werben oder unterhalten.
• In der urchristlichen Überlieferung gab es verschiedene Gattungen für Mission, Gottesdienst, Unterweisung oder Auseinandersetzung mit Außenstehenden.
Modifikationen
(1) Abzulehnen ist die Annahme, am Beginn der Überlieferung hätte die reine
Form gestanden, die im Laufe der Weitergabe überformt und verändert
wurde. So kann man zwar nicht den Wortlaut der mündlichen Überlieferung rekonstruieren, aber doch grundlegende Strukturen und Sequenzen,
Motive und Erzählelemente aus einem Vergleich verschiedener Texte herausfiltern.
(2) Es gibt zwar keine festen Überlieferungsgesetze, aber doch relativ allgemeine Tendenzen und spezielle des jeweiligen Evangelisten. Aus ihnen
kann man begründete Vermutungen über die mündliche Vorgeschichte
folgern.
(3) Der »Sitz im Leben« wird heute nicht nur über die Gattung allein bestimmt, sondern nimmt auch Beobachtungen aus dem konkreten Einzeltext auf.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Die Gattung »Heilungswundergeschichte«
am Beispiel Mk 7,31-37
1.
Begegnung zwischen Krankem und Wundertäter
Und wiederum hinausgegangen aus dem Gebiet von Tyrus
kam er durch Sidon an das Meer von Galiläa, mitten in das
Gebiet der Dekapolis. Und sie bringen zu ihm einen Stummen und Tauben ...
2.
Bitte um Heilung
... und bitten ihn, dass er ihm die Hand auflege.
3.
Heilung
Und er nahm in weg von der Menge, für sich, und steckte
seine Finger in seine Ohren, und spuckte aus und berührte
seine Zunge. Und während er zum Himmel aufschaute,
stöhnte er und sagt ihm: »Effata!«, das heißt: Werde geöffnet!
4.
Feststellung der Heilung
Und sogleich öffnete sich sein Gehör und gelöst wurde die
Fessel seiner Zunge,
5.
Demonstration
und er redete richtig. ...
6.
Chorschluss
Und über die Maßen gerieten sie außer sich und sagten:
»Gut hat er alles gemacht, und die Tauben macht er hören
und die Stummen reden.«
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Gattungen in der Jesus-Überlieferung
I.
Worttradition
1.
a)
b)
Weisheitsworte
indikativisch (z.B. Mk 2,17a; 7,15; 2,19; Mt 11,11)
imperativisch (z.B. Lk 6,31; Mk 8,34; Mt 6,19)
2.
a)
b)
c)
Prophetische Worte
Heilsverheißung (z.B. Mt 10,7; 5,1-12)
Drohworte (z.B. Mt 11,20; 23,13)
Weissagung (Mk 13,2; 13,31; 14,25)
3.
Ich-Worte/Selbstaussagen (z.B. Mt 8,20; Mk 2,17b)
4.
a)
b)
c)
Gleichnisse
Gleichnis im engeren Sinn (z.B. Mk 4,26-29; Lk 15,8f)
Parabel (z.B. Mt 18,23-35; Lk 15,11-32)
Beispielerzählung (z.B. Lk 10,30-37; 12,16-21; 18,9-14)
5.
Gebet (keine Gattung, aber eigene Sprachform, z.B. Mt 6,9-13)
II. Erzähltradition
1.
a)
b)
c)
Apophthegmen/Chrien
Streitgespräche (z.B. Mk 2,15-17; 2,18-22; 2,23-28)
Schulgespräche (z.B. Mk 10,13-16; 10,35-45)
Biographische Apophthegmen (z.B. Mk 3,31-35; 14,3-9)
2.
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Wundergeschichten
Heilungswunder (z.B. Mk 1,29-31; 7,31-37)
Exorzismen (z.B. Mk 1,21-28; 5,1-20)
Geschenkwunder (z.B. Mk 6,35-44)
Rettungswunder (z.B. Mk 4,35-41)
Epiphaniewunder (z.B. Mk 6,45-52)
Normenwunder (z.B. Mk 3,1-6)
3. Passionsgeschichte
Mk 14-16; Mt 26-28; Lk 22-24; Joh 18-20
4.
Sonstige Erzähl-Gattungen
(sehr unterschiedliche Klassifizierungen in der Literatur, nicht immer lässt sich
beim verbleibenden Stoff von geprägten Gattungen ausgehen. Bisweilen, wie in
den Kindheitsgeschichten sind auch Elemente verschiedener Gattungen zu neuen
Einheiten verbunden oder Erzählmotive aufgegriffen, ohne dass Aufbau und
Struktur geprägt gewesen wären.)
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Das synoptische Problem
Das synoptische Problem ergibt sich aus einem
doppelten Befund:
(1) Die drei ersten Evangelien stimmen überein
• in Grobaufriss,
• in der Anordnung einzelner Abschnitte
• und z.T. auch im Wortlaut.
(2) Auf der anderen Seite weisen sie aber auch erhebliche Unterschiede auf
• in Aufriss und Inhalt,
• in der Anordnung des Stoffes,
• innerhalb vergleichbarer Perikopen.
Dieses Nebeneinander von Gemeinsamkeiten und Unterschieden
fordert die Frage nach dem gegenseitigen literarischen Verhältnis von Mt,
Mk und Lk heraus: die synoptische Frage.
Der Befund fällt umso mehr auf, als das JohEv nicht einbezogen werden
kann. Hier überwiegen die Unterschiede zu Mt, Mk und Lk bei weitem die
Gemeinsamkeiten.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Gemeinsamkeiten zwischen Mt, Mk und Lk
Grobaufriss
• Täuferwirken, Taufe und Wüstenaufenthalt Jesu zu Beginn
• Schwerpunkt der Wirksamkeit in Galiläa, in der Dauer nicht näher bestimmt
• Zug nach Jerusalem, kurzes Auftreten dort, dann Passion Jesu und Auferweckungsbotschaft im Grab
Reihenfolge einzelner Abschnitte
Beispiel: Mk 2,1ff
• Heilung eines Gelähmten
Mk 2,1-12
Mt 9,1-8
Lk 5,17-26
• Berufung/Zöllnergastmahl
Mk 2,13-17
Mt 9,9-13
Lk 5,27-32
• Frage nach dem Fasten
Mk 2,18-22
Mt 9,14-17
Lk 5,33-39
• Ährenraufen am Sabbat
Mk 2,23-28
Lk 6,1-5
Wortlaut
Mt 9,6
»Damit ihr aber seht,
dass Vollmacht hat der
Menschensohn, auf
der Erde nachzulassen
Sünden« – dann sagt
er dem Gelähmten ...
Mk 2,10
»Damit ihr aber seht,
dass Vollmacht hat der
Menschensohn, nachzulassen Sünden auf
der Erde« –
sagt er dem Gelähmten ...
Lk 5,24
»Damit ihr aber seht,
dass der Menschensohn Vollmacht hat,
nachzulassen Sünden«
–
sagte er dem Lahmen
...
Vgl. auch Mk 11,27-33parr; Mk 1,40-45parr; Mk 8,35parr; Mt 3,7-12par.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Unterschiede zwischen Mt, Mk und Lk
Aufriss und Inhalt
• »Kindheitsgeschichten« nur bei Mt und Lk – mit ganz unterschiedlichen Inhalten; dasselbe gilt für die Erscheinungserzählungen am Ende.
• Bergpredigt in Mt 5-7 hat bei Lk nur ein viel kürzeres Pendant (Lk 6,20-49),
bei Mk gar keines.
• Jeder Evangelist bietet Sondergut: Stoffe, die sich nur in seinem Evangelium
finden (z.B. Mk 4,26-29; Mt 20,1-16; 25,31-46; Lk 10,30-37; 15,11-32).
Reihenfolge einzelner Abschnitte
Beispiel I: Auftreten Jesu in seiner Heimatstadt
• bei Lk zu Beginn des Wirkens Jesu (4,16-30).
• bei Mk und Mt nach einer längeren Phase des Wirkens (Mk 6,1-6a; Mt
13,53-58).
Beispiel II: Berufung der ersten Jünger
• bei Mk und Mt zu Beginn des Wirkens Jesu (Mk 1,16-20; Mt 4,18-22).
• bei Lk erst, als Jesus schon als Wundertäter bekannt ist (Lk 5,1-11; s. 4,4144).
Beispiel III: Bergpredigt
Vieles von dem Material, das bei Mt in der Bergpredigt erscheint, begegnet im
LkEv verstreut über die Kapitel 6-16.
Unterschiede innerhalb vergleichbarer Perikopen
(1) Beispiel I: Stammbaum Jesu nach Mt und Lk
• bei Mt von Abraham bis Jesus
• bei Lk von Jesus zurück bis zu Adam bzw. Gott. Schon beim Vater Josefs
beginnen die Differenzen.
(2) Beispiel II: Gleichnis vom großen Gastmahl
Mt und Lk setzen denselben Stoff voraus, gestalten ihn aber unterschiedlich –
nicht nur in Details.
(3) Beispiel III: Die letzten Worte Jesu
• bei Mt und Mk der Beginn von Ps 22, Jesus stirbt mit einem Schrei.
• nach Lk vertrauensvolles Gebet: Ps 31,6.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Ältere Lösungen des synoptischen Problems
Urevangeliums-Hypothese
Die synoptischen Evangelien sind entstanden auf der Grundlage eines aramäischen Urevangeliums, das ins Griechische übersetzt und mehrere Male bearbeitet wurde.
Problem:
Bezug auf eine hypothetische Größe; die Behauptung mehrerer
Bearbeitungen ist willkürlich; die Unterschiede zwischen den Evangelien in Inhalt und Aufbau werden nicht erklärt.
Ertrag: Den Evangelien ist ein längerer Traditionsprozess auch literarischer
Art vorausgegangen.
Fragmenten-Hypothese
Die synoptischen Evangelien gehen zurück auf eine Sammlung von Einzelaufzeichnungen (zu Wundern, Worten Jesu, zur Passion); sie sind das Endstadium dieses Sammlungsvorgangs.
Problem:
Die Übereinstimmungen zwischen den Synoptikern werden nicht
wirklich erklärt, wenn man sich auf eine Vielzahl von Texten bezieht.
Ertrag: In den Evangelien ist Traditionsgut verschiedener Herkunft verarbeitet.
Traditions-Hypothese
Den synoptischen Evangelien ging ein mündlich überliefertes Urevangelium
voraus, ursprünglich aramäisch, dann ins Griechische übersetzt und in zwei
verschiedene schriftliche Formen gebracht.
Problem:
Die Übereinstimmungen zwischen den Synoptikern werden nicht
wirklich erklärt, vor allem nicht die Übereinstimmungen in der
Reihenfolge des Stoffs.
Ertrag: Den Evangelien ist eine längere Phase mündlicher Überlieferung vorausgegangen.
Benutzungs-Hypothese
Die synoptischen Evangelien sind untereinander direkt literarisch abhängig.
Augustinus: Mk benutzt Mt, Lk benutzt Mt und Mk. J.J. Griesbach: Lk benutzt
Mt, Mk benutzt Mt und Lk.
Problem: Mk kann im Blick auf Stoffumfang und sprachliche Gestalt kein
Auszug aus einem der längeren Evangelien sein (erst recht nicht
aus beiden).
Ertrag: Die Übereinstimmungen sind durch Benutzung zu erklären.
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Die Zwei-Quellen-Theorie
Die Zwei-Quellen-Theorie erklärt das synoptische Problem mit folgenden Annahmen:
(1)
Mk ist das älteste Evangelium
(2)
Das MkEv wurde von Mt und Lk unabhängig voneinander benutzt.
(3)
Daneben haben Mt und Lk eine Sammlung von Jesus-Worten benutzt,
die nicht mehr erhalten ist. Sie wird bezeichnet als Redenquelle,
Spruchquelle oder meist als Logienquelle (von dem griechischen Wort
für »Spruch«: logion). Als Kürzel wird »Q« verwendet.
(4)
Neben Mk und Q haben Mt und Lk auf Sondergut zurückgegriffen: Traditionen, die nur jeweils einem der beiden zugänglich waren. Dieses Sondergut lässt sich aber keiner Quellenschicht zuweisen (deshalb spricht
man nicht von einer Drei-Quellen-Theorie); es handelt sich um verschiedene Einzelüberlieferungen.
Mk
Q
Mt
Lk
Sondergut
Sondergut
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Argumente für die Zwei-Quellen-Theorie I
Gründe für die Mk-Priorität
Reihenfolge des Stoffes
Matthäus und Lukas stimmen in der Reihenfolge nur überein, wenn sie auch
mit Markus übereinstimmen. Weicht einer von ihnen von der Reihenfolge des
MkEv ab, dann stimmt er auch nicht mit dem zweiten verbleibenden synoptischen Evangelium überein. Mk ist in der Reihenfolge des Stoffes die gemeinsame Mitte von Mt und Lk. Dies ist dadurch zu erklären, dass Mk die Quelle für
Mt und Lk war. Zugleich ergibt sich ein Hinweis darauf, dass Mt und Lk unabhängig voneinander entstanden sind.
(2) Stoffumfang
Das MkEv geht in den beiden anderen inhaltlich fast vollständig auf. Die Auslassungen, die Markus an Mt- und/oder LkEv hätte vornehmen müssen, wären
unerklärlich. Das MkEv ist keine »Zusammenfassung« der umfangreicheren
Evangelien oder eines von ihnen.
(3) Sprachlicher und sachlich-inhaltlicher Vergleich
Die wörtlichen Übereinstimmungen beweisen einen literarischen Zusammenhang der ersten drei Evangelien. Dass Mt und Lk von abhängig sind und nicht
dieser von jenen oder einem von ihnen, ergibt sich aus den zahlreichen
sprachlichen und sachlichen Verbesserungen, die Mt und Lk gegenüber Mk
aufweisen (vgl. z.B. Mk 2,16/Mt 9,11; Mk 4,38/ Mt 8,25; Mk 6,5f/Mt 13,58).
Einleitung II: Evangelien und Apg
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Argumente für die Zwei-Quellen-Theorie II
Gründe für die Existenz der Logienquelle
Stoffumfang
Mt und Lk haben über Mk hinaus einen gemeinsamen Stoff von ca. 230 Versen, z.T. wörtlich übereinstimmend. Eine literarische Abhängigkeit zwischen Mt
und Lk lässt sich nicht erweisen, weder sprachlich noch im Blick auf Stoffumfang und -gestaltung. Das umfangreiche Sondergut des LkEv wäre unerklärlich
(warum sollte Mt diese Stoffe alle ausgelassen haben?); umgekehrt müsste Lk,
wenn er denn das MtEv benutzt haben sollte, die großen Redekompositionen
zerschlagen haben. Der gemeinsame Stoff über Mk hinaus ist also durch eine
Quelle vermittelt.
Dubletten und Doppelüberlieferungen
• Dubletten sind Texte, die ein Evangelist zweimal hat (im Falle der Großevangelien einmal mit Mk parallel, einmal mit Mt bzw. Lk). Beispiel: Mt
16,4/Mk 8,11f – Mt 12,38-42/Lk 11,29-32.
• Mit »Doppelüberlieferungen« werden Texte bezeichnet, die zwei Evangelisten zweimal haben, einmal im Mk-Zusammenhang, einmal nur Mt und Lk.
Beispiel: Mt 13,12/Mk 4,25/ Lk 8,18 – Mt 25,29/Lk 19,26).
Mk kennt nur eine Dublette (9,55b/10,43f), Mt und Lk bieten vergleichsweise
viele Doppelbezeugungen. Dies erklärt sich am besten durch Benutzung einer
weiteren schriftlichen Quelle neben Mk: Aus ihr wurde ein Spruch auch dann
übernommen, wenn er bereits bei Mk zu finden war.
Reihenfolge des Stoffes
Kein eindeutiges Argument für die Existenz einer Mt und Lk gemeinsamen
schriftlichen Quelle ergibt sich, wenn man die Reihenfolge des über Mk hinausgehenden gemeinsamen Stoffes bei Mt und Lk betrachtet: nur zum Teil
gibt es Übereinstimmungen. Allerdings haben Mt und Lk den fraglichen Stoff in
ganz unterschiedlicher Weise in den Mk-Faden eingeordnet (Mt: v.a. Redekompositionen; Lk: v.a. die zwei Einschaltungen). Angesichts dieser unterschiedlichen Verfahrensweisen sind die vorfindbaren Differenzen in der Reihenfolge nicht so auffallend wie die auch vorhandenen Übereinstimmungen.
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