Einleitung Methoden Ergebnisse Schlussfolgerung - Martini

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Literatur des Monats November 2014
(Effectiveness of primary androgen-deprivation therapy for clinically localized prostate cancer)
Autoren: Potosky AL et al., Journal of Clinical Oncology 32, 2014
Auswahl und Kommentar von Prof. Dr. Hans Heinzer
Einleitung
Die primäre hormonablative Therapie (PADT) wird häufig zur Therapie des klinisch lokalisierten Prostatakarzinoms eingesetzt, bisher konnte allerdings der Einfluss dieser Therapie auf das prostatakarzinomspezifische Überleben und das Gesamtüberleben nicht belegt werden. Aufgrund der weiten Verbreitung der
PADT und des potentiellen Risikos gravierender Nebenwirkungen, sind akkurate Daten zur Mortalität dringend notwendig, um eine ausreichende Aufklärung der Patienten zur Therapieentscheidung zu gewährleisten.
Methoden
Die Autoren führten eine retrospektive Analyse durch, die auf der Auswertung von drei verschiedenen US
Krebsregistern beruht. Alle Patienten hatten ein neu diagnostiziertes, klinisch lokalisiertes Prostatakarzinom. Männer, die zwischen 1995 und 2008 diagnostiziert wurden, keine Therapie mit kurativer Intention
erhielten und ein Follow-up bis Dezember 2010 hatten, wurden in die Studie eingeschlossen (n=15.170).
Die Autoren untersuchten das prostatakarzinom-spezifische Überleben und das Gesamtüberleben als
Hauptendpunkt ihrer Untersuchung. Methodisch wurde das Cox proportional hazards Modell mit und ohne
Propensity Score Analyse.
Ergebnisse
Insgesamt zeigte sich für die PADT weder ein Zusammenhang für ein Mortalitätsrisiko aller Todesursachen
(HR 1.04; 95% CI 0.97 bis 1.11) noch für die prostatakarzinom-spezifische Mortalität (HR 1.03; 95% CI 0.89
bis 1.19) nach Anpassung an alle soziodemographischen und klinischen Charakteristika. PADT war assoziiert
mit einer Reduktion der Mortalität aller Todesursachen aber nicht der prostatakrebs-spezifischen. Die Reduktion der Mortalität aller Todesursachen konnte nur in der Subgruppe der Männer mit einem hohen Tumorprogressionsrisiko beobachtet werden (HR 0.88; 95% CI 0.78 bis 0.97).
Schlussfolgerung
Die Autoren konnten für die meisten Patienten mit PADT im Vergleich mit Patienten ohne PADT, die ein
klinisch lokalisiertes Prostatakarzinom hatten und keine Therapie mit kurativer Intention erhielten, keinen
Mortalitätsvorteil nachweisen. Männer mit einem high-risk Tumor könnten einen geringen klinischen
Martini-Klinik • Literatur des Monats November 2014
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Benefit durch PADT haben. Die vorliegende Studie demonstriert die zur Zeit beste Evidenz für den fehlenden Überlebensvorteil einer PADT für die meisten Männer mit klinisch lokalisiertem Prostatakarzinom.
Kommentar
Die heutige „Literatur des Monats“ ist eine weitere wichtige Publikation zur fehlenden Effektivität der primären Hormonablation beim lokalisierten Prostatakarzinom. Trotz anderslautender Leitlinien geht man
davon aus, dass in den USA in den Jahren 1998 bis 2002 40 % der Männer über 65 Jahren trotz eines klinischen lokalisierten Prostatakarzinoms mit einer primären Hormonablation behandelt wurden (Lu-Yao et al,
JAMA, 2008). Dies ist alleine für Medicare mit Kosten von $ 42 Millionen pro Jahr verbunden. Es ist davon
auszugehen, dass die Situation in Deutschland durchaus vergleichbar ist. Die deutschen S3-Leitlinien Prostatakarzinom kommentieren die Situation mit sehr geringem Evidenzgrad: „Patienten mit einem lokal begrenzten PCa, die eine kurative Therapie ablehnen, kann nach ausführlicher Aufklärung eine hormonablative
Therapie angeboten werden. Die Androgendeprivation ist palliativ.“ (Empfehlungsgrad „0“, Level of
evidence „4“). Obwohl die vorliegende Studie eine retrospektive Untersuchung ist, stellt sie momentan die
bestmögliche Datenlage dar. Randomisierte Studien zur PADT liegen nicht vor und sind auch nicht in Planung. Die Stärken der vorliegenden Studie sind die detaillierten Informationen über soziodemographische
Daten, Tumorcharakteristika und der Einschluss von Patienten unterschiedlichen Alters. Untersuchungen
aus der SEER-Datenbank kamen zwar zu ähnlichen Ergebnissen, dass die PADT für die meisten Patienten
keinen Vorteil bringt. In diese Untersuchungen wurden aber nur deutlich ältere Männer eingeschlossen und
die verfügbaren Informationen über die Tumorcharakteristika waren deutlich weniger (Kuo et al, Med Care,
2012).
Da die vorliegende Studie auf die retrospektive Auswertung von drei medizinischen Datenbanken beruht,
sind hier auch die Limitationen der Arbeit zu sehen. Die Auswertung kann natürlich nur auf den vorhandenen Daten beruhen. Dabei kann es immer sein, dass das Ergebnis durch andere Risikofaktoren, die nicht
erhoben wurden, prinzipiell beeinflusst wurde. So gibt es zum Beispiel keine Informationen über den PSAVerlauf vor Diagnosestellung oder über eine mögliche Metastasierung, da die meisten Männer der Studie
keine bildgebenden Untersuchungen erhielten. Natürlich ist auch eine Übertragung auf die deutschen Verhältnisse nur mit Vorsicht möglich, obwohl die PADT in Deutschland auch ihre Verbreitung in der täglichen
Praxis haben wird.
In ihrem Kommentar warnen die Autoren davor, aus den Daten eine Therapieoption der PADT für Patienten
mit high-risk Tumoren zu interpretieren. Der Vorteil der PADT für diese Subgruppe war sehr gering und statistisch aufgrund der Limitationen der benutzten Datenbank nicht eindeutig belegbar.
Die vorliegende Studie sollte die Grundlage für eine intensive Abwägung zwischen den möglichen geringen
Vorteilen einer PADT und den möglichen Risiken bei Patienten mit klinisch lokalisiertem Prostatakarzinom
sein.
--Martini-Klinik am UKE GmbH
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