DAS MUNDELL-FLEMING

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PS Internationale Wirtschaftsbeziehungen
Exenberger Andreas
WS 2001/02
DAS MUNDELL-FLEMING-MODELL
(vgl. Gärtner, M.: Makroökonomik fixer und flexibler Wechselkurse.
Berlin [u.a.]: Springer, 1997, 2.Aufl., S 1-31)
Das Anfang der 1960er Jahre entwickelte Modell von Mundell und Fleming, das mit zu einem
Nobelpreis beigetragen hat, ist ein keynesianisches Modell einer offenen Volkswirtschaft, es
geht von Unterbeschäftigung und konstanten Preisniveaus aus. Um ein Gleichgewicht zu
erreichen, müssen drei verschiedene Märkte synchronisiert werden: der Gütermarkt, der
Geldmarkt und der Kapitalmarkt.
Gütermarkt
In einer Volkswirtschaft im Gleichgewicht müssen sich Güterangebot und Güternachfrage
entsprechen. Das Angebot ist die Summe aus der Produktion der einheimischen Unternehmen
(ausgedrückt im Volkseinkommen Y) und den Importen (Q), die Nachfrage ist die Summe der
Nachfrage der Konsumenten (Konsum C), der Produzenten (Investitionen I), des Staates (G)
und des Auslandes (Exporte X). Dabei müssen die Importe mit dem realen Wechselkurs R
gewichtet werden (R entspricht dabei dem nominellen Wechselkurs E, der mit dem Verhältnis
der Preisniveaus P*/P gewichtet ist), da alle Größen in inländischer Währung ausgedrückt
werden.
(1)
Y + RQ(Y,R) = C(Y) + I(i) + G + X(Y*,R)
Annahmen über die Eigenschaften der verwendeten Funktionen:
• Der Konsum steigt, wenn Y steigt (allerdings unterproportional)
• Die Investitionen sinken, wenn der inländische Zinssatz i steigt (weil alternative Anlagen
dann relativ lukrativer sind)
• Die Importe nehmen zu, wenn Y steigt (weil die Nachfrage im Inland zunimmt)
• Die Importe nehmen ab, wenn R steigt (eine Abwertung macht Importe teuer)
• Die Exporte nehmen zu, wenn das ausländische Volkseinkommen Y* steigt (weil die
Nachfrage im Ausland zunimmt) oder/und wenn R steigt (eine Abwertung macht Exporte
billiger)
• Die Staatsausgaben G und das ausländische Volkseinkommen sind exogen gegeben
Daraus kann in einem i/Y-Raum die IS-Kurve („IS“ für „Investment“ und „Saving“) gezeichnet werden (vgl. Abbildung 1a auf der nächsten Seite). Diese Kurve ist durch Kombinationen
von Zinssatz und Volkseinkommen gekennzeichnet, bei denen der Gütermarkt im Gleichgewicht ist (d.h. Gleichung 1 erfüllt ist; für eine zweidimensionale Darstellung muß der reale
Wechselkurs konstant angenommen werden). Das setzt voraus, daß wenn Y steigt, i fallen
muß (und umgekehrt), die Steigung der Kurve ist also negativ, weil:
• wenn Y steigt, erhöht sich sowohl Y als auch RQ auf der linken Seite der Gleichung,
außerdem C auf der rechten, allerdings unterproportional
• daher muß, um Gleichung 1 aufrecht zu erhalten, eine andere Komponente der linken Seite
steigen; da G und X durch eine Steigerung von Y nicht beeinflußt und überdies exogen
bestimmt werden, muß dies I sein
• und I steigt, wenn i fällt
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Punkte links unterhalb der IS-Kurve repräsentieren einen Nachfrageüberschuß
am Gütermarkt (dort ist Y+RQ tendenziell kleiner als C+I+G+X), Punkte
rechts oberhalb repräsentieren hingegen
einen Angebotsüberschuß (Y+RQ ist
dort tendenziell größer als C+I+G+X).
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i
IS
IS‘
Angebotsüberschuß
Außerdem kann formal (durch partielle
G+
Ableitung der impliziten GütermarktY* +
NachfrageR+
funktion) gezeigt werden, daß die ISüberschuß
Kurve sich mit steigenden Staatsausgaben, steigendem ausländischen Volkseinkommen oder steigendem realen
Y
Wechselkurs nach oben verschiebt, weil
durch diese Einflüsse die Nachfrage Abb. 1a: die IS-Kurve im Mundell-Fleming-Modell
nach inländischen Waren zunimmt. Das
bedeutet, daß sich durch diese Steigerungen der Bereich mit einem potentiellen Nachfrageüberhang vergrößert (vgl. Abbildung 1a).
Geldmarkt
In einer Volkswirtschaft im Gleichgewicht müssen sich Geldangebot Ms und Geldnachfrage
Md entsprechen, und beides zugleich der Geldmenge M. Die reale Geldnachfrage (gewichtet
mit dem inländischen Preisniveau P) ist eine Funktion des Einkommens und des Zinssatzes.
(2)
Md/P = L(Y,i)
Annahmen über die Eigenschaft der realen Geldnachfragefunktion L:
• Die reale Geldnachfrage steigt, wenn das inländische Volkseinkommen steigt (dann
braucht die Volkswirtschaft mehr Geld)
• Die reale Geldnachfrage sinkt, wenn der inländische Zinssatz steigt (dann sind Sparanlagen
relativ attraktiver und Geld weniger interessant; Vorsicht! Geld ist nicht gleich Kapital!)
• Das inländische Preisniveau ist ebenso exogen wie Geldangebot bzw. Geldmenge
Daraus kann in einem i/Y-Raum die LM-Kurve („LM“ für „Liquidity“ und „Money“) gezeichnet werden (vgl. Abbildung 1b auf der nächsten Seite). Diese Kurve ist durch
Kombinationen von Zinssatz und Volkseinkommen gekennzeichnet, bei denen der Geldmarkt
im Gleichgewicht ist (d.h. Gleichung 2 erfüllt ist). Das setzt voraus, daß wenn Y steigt, auch i
steigen muß (und umgekehrt), die Steigung der Kurve ist also positiv, weil:
• wenn z.B. Y steigt, steigt auch die reale Geldnachfrage
• daher muß, um die Bedingung Md = Ms auszugleichen, auch i steigen, was die reale
Geldnachfrage wieder sinken läßt (Ms ist ja exogen gegeben und verändert sich nicht)
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Punkte rechts unterhalb der LM-Kurve
repräsentieren einen Nachfrageüberschuß am Geldmarkt (Md ist bei größerem Volkseinkommen relativ größer; Md
> Ms), Punkte links oberhalb repräsentieren hingegen einen Angebotsüberschuß (Md < Ms).
Außerdem kann formal (durch partielle
Ableitung der impliziten Geldmarktfunktion) gezeigt werden, daß die LMKurve sich mit steigendem Preisniveau
oder sinkender Geldmenge nach oben
verschiebt, weil durch diese Einflüsse
das Angebot an inländischem Geld
zurückgeht. Das bedeutet, daß sich durch
diese Veränderungen der Bereich mit
einem Nachfrageüberschuß vergrößert
(vgl. Abbildung 1b).
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i
LM‘
Angebotsüberschuß
LM
P+
M–
Nachfrageüberschuß
Y
Abb. 1b: die LM-Kurve im Mundell-Fleming-Modell
Devisenmarkt
Das Devisenmarktgleichgewicht wird durch eine ausgeglichene Zahlungsbilanz hergestellt,
die auf verschiedene Arten durch Ausgleich der beiden Teilbilanzen (Leistungs- und
Kapitalbilanz) erreicht werden kann. Die Leistungsbilanz ist durch Exporte minus Importe
gegeben, die jeweils mit den relevanten Preisniveaus (P bzw. P*) und – im Falle der Importe –
mit dem nominellen Wechselkurs E gewichtet sind, die Kapitalbilanz ist eine Funktion der inund ausländischen Zinssätze (i und i*) und der Abwertungserwartungen E(e).
(3)
PX(Y*,R) – EP*Q(Y,R) = K[i-i*-E(e)]
Annahmen über die Eigenschaften der verwendeten Funktionen:
• Exporte und Importe verhalten sich wie schon beim Gütermarkt; daher verbessert sich die
Leistungsbilanz, wenn das ausländische Volkseinkommen zunimmt oder der Wechselkurs
steigt, und verschlechtert sich, wenn das inländische Volkseinkommen zunimmt oder der
Wechselkurs sinkt.
• Die Kapitalbilanz verbessert sich mit steigendem inländischen Zinssatz und verschlechtert
sich mit steigendem ausländischem Zinssatz i* oder mit positiven Abwertungserwartungen
E(e); inländische Anlagen sind ja um so attraktiver, je höher i, je geringer i* oder je stärker
die inländische Währung ist; ss wird dabei weiters angenommen, daß die Beträge der
Elastizitäten dieser drei Einflußfaktoren sich entsprechen
• In- und ausländisches Preisniveau, das ausländische Volkseinkommen und der ausländische Zinssatz sind exogen
• Interventionen der Notenbank werden vernachlässigt
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Daraus kann in einem i/Y-Raum die FE-Kurve („FE“ für „Foreign Exchange“) gezeichnet
werden (vgl. Abbildung 1c). Diese Kurve ist durch Kombinationen von Zinssatz und
Volkseinkommen gekennzeichnet, bei denen der Devisenmarkt im Gleichgewicht ist (d.h.
Gleichung 3 erfüllt ist). Das setzt voraus, daß wenn Y steigt, auch i steigen muß (und umgekehrt), die Steigung der Kurve ist also positiv (zumindest bei unvollkommener Kapitalmobilität), weil:
• wenn Y steigt, verändert sich nur Q: es steigt ebenfalls
• eine Steigerung von Y führt daher zu einem Überschußangebot in inländischer Währung,
da für Importe ausländische Währung nachgefragt wird
• dieses Überschußangebot an Geld kann nur abgebaut werden, wenn der Zinssatz steigt
• dann verschlechtert sich die Leistungsbilanz, zugleich verbessert sich die Kapitalbilanz; die
Zahlungsbilanz bleibt daher ausgeglichen
Punkte rechts unterhalb der FE-Kurve
repräsentieren eine negativere Leistungsbilanz als im Gleichgewicht, Punkte
links oberhalb repräsentieren hingegen
eine positivere Leistungsbilanz. Die
Zahlungsbilanz ist in beiden Fällen nicht
ausgeglichen: rechts unterhalb der FEKurve tendenziell defizitär, links oberhalb tendenziell überschüssig. Punkte
auf der FE-Kurve geben außerdem sehr
unterschiedliche Zustände der Leistungsbilanz wieder: je weiter rechts
oben sie liegen, desto tendenziell defizitärer ist die Leistungsbilanz, was durch
einen entsprechenden tendenziellen
Überschuß in der Kapitalbilanz ausgeglichen werden muß (vgl. Abbildung
1c).
tendenzielles
LB-Defizit
i
tendenzieller
ZB-Überschuß
FE‘
FE
i* +
E(e) +
Y* –
tendenzielles
ZB-Defizit
Y
Abb. 1c: die FE-Kurve im Mundell-Fleming-Modell
Außerdem kann formal (durch partielle Ableitung der impliziten Devisenmarktfunktion)
gezeigt werden, daß die FE-Kurve sich mit steigendem ausländischen Volkseinkommen nach
unten verschiebt, weil die Zinsen gesenkt werden müssen, um der dadurch bedingten
Verbesserung der Leistungsbilanz entgegen zu wirken. Die Ableitungen der Kurve nach dem
ausländischen Zinssatz und den Abwertungserwartungen beträgt jeweils 1, eine Zunahme
dieser Größen verschiebt daher die FE-Kurve nach oben, weil sowohl eine Zinssteigerung im
Ausland wie auch eine Abwertung der einheimischen Währung durch eine Zinssteigerung im
Inland kompensiert werden müßte, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.
Der Einfluß des realen Wechselkurses ist ambivalent, weil eine Abwertung zwar einerseits die
Leistungsbilanz verbessert (weil die Exportnachfrage zunimmt und die Importnachfrage
zurückgeht), andererseits aber auch verschlechtert (weil die verbliebenen Importe teurer
werden). Die formale Bedingung, unter der eine Abwertung die Leistungsbilanz eines Landes
verbessert, ist die sogenannte Marshall-Lerner-Bedingung (die wiederum nur gilt, wenn die
Kaufkraftparitätenhypothese stimmt): die Summe der Beträge der Wechselkurselastizitäten
der Export- bzw. Importnachfrage muß größer sein als 1.
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Simultanes Gleichgewicht
Alle drei Märkte befinden sich gleichzeitig in einem eindeutigen Gleichgewicht, die IS-, LMund FE-Kurve schneiden sich in einem einzigen Punkt.
Wohin verschieben sie die Kurven, wenn bestimmte Größen sich verändern? Fassen wir
nochmals kurz zusammen (vgl. auch die Abbildungen 1 bis 3 im Anhang):
• eine Steigerung der Staatsausgaben verschiebt die IS-Kurve nach oben, hat aber keine
direkten Wirkungen auf die LM- und FE-Kurve
• eine Erhöhung der Geldmenge verschiebt die LM-Kurve nach unten, hat aber keine
direkten Wirkungen auf die IS- und FE-Kurve
• eine Erhöhung des realen Wechselkurses verschiebt die IS-Kurve nach oben; die Wirkung
auf die FE-Kurve ist ungewiß (je nach Geltung der Marshall-Lerner-Bedingung), die LMKurve wird davon nicht direkt betroffen
Einschub zur Kapitalmobilität
Für die folgende Analyse sind die Kapitalmobilität und die Substitutierbarkeit von
Kapitalanlagen von besonderer Bedeutung. Vollkommen substituierbar sind Kapitalanlagen
dann, wenn sie allein aufgrund ihrer Rendite beurteilt werden und keine anderen Faktoren
(wie z.B. Transaktionskosten, gesetzliche Bestimmungen) eine Rolle spielen. Idealtypisch
entspricht dann der inländische Zinssatz dem ausländischen, einschließlich Berücksichtigung
des Wechselkurses (vor allem Erwartungen über Auf- oder Abwertung). Eine Risikoprämie
fällt nicht an, würde man ausländische Anleihen als wegen des Einflusses des Wechselkurses
unsicherer einstufen, wären sie nicht vollkommen für inländische substitutierbar! Dies fällt
allerdings nicht ins Gewicht, wenn Risikoneutralität gegeben ist.
(4)
i = i* + E(e) + RP
Anleger sind zwischen in- und ausländische Anlagen, für die Gleichung 4 gilt jedenfalls
vollkommen indifferent, sofern vollkommene Substituierbarkeit gegeben ist. Letzteres ist nur
dann der Fall, wenn zugleich vollkommene Kapitalmobilität gegeben ist, wenn also Kapital
jederzeit ohne Verzögerung und Kosten in jede beliebige Anlageform transferiert werden
kann, insbesondere zwischen In- und Ausland. In diesem Fall ist RP = 0 und die Gleichung
entspricht ungedeckter Zinsparität (es gilt sogar i = i*, wenn zudem der Wechselkurs als
„sicher“ eingestuft wird). Unvollkommenheiten machen positive Risikoprämien erforderlich.
Vollkommene Kapitalmobilität hat eine horizontale FE-Kurve zur Folge. Es gibt nur einen die
Zahlungsbilanz ausgleichenden Zinssatz, der vom Volkseinkommen völlig unabhängig ist.
Würde der Zinssatz z.B. auch nur leicht fallen, würde sofort sämtliches Kapital ins Ausland
abfließen, der Zins gleicht sich daher automatisch und sofort wieder aus. In diesem Fall wird
der Wechselkurs, der ja noch schwanken kann, ausschließlich bestandsbestimmt, d.h. er wird
ausschließlich durch den Bestand an Kapitalanlagen bestimmt.
Vollkommene Kapitalimmobilität (z.B. Verbot von Kapitaltransfers ins Ausland) hat eine
vertikale FE-Kurve zur Folge. Es gibt dann nur ein Volkseinkommensniveau, das zum
Ausgleich der Zahlungsbilanz führt. In diesem Fall wird der Wechselkurs ausschließlich
strombestimmt, d.h. er wird ausschließlich durch den Warenhandel bestimmt, während ihn
Zinsänderungen im In- oder Ausland nicht berühren.
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Im Regelfall liegt unvollkommene Kapitalmobilität vor, die FE-Kurve hat dann eine positive,
aber endliche Steigung und alle Einflußgrößen (können) variieren, um das Gleichgewicht zu
erreichen.
Komparativ-statische Analyse bei vollkommener Kapitalmobilität
Bei vollkommener Kapitalmobilität ist wie erwähnt die FE-Kurve horizontal. Wie würde in
einem solchen Fall eine fiskalischen Expansion (einer Erhöhung der Staatsausgaben G)
wirken, eine typische Maßnahme keynesianischer Wirtschaftspolitik (vgl. Abbildung 2a)?
• In einer geschlossenen Volkswirtschaft würde ein Teil der Expansion
LM
(Verschiebung der IS-Kurve nach
IS
oben) durch eine Zinserhöhung komIS
pensiert („crowding out“), in einer
‘
offenen
Volkswirtschaft
mit
vollkommener
Kapitalmobilität
FE
hingegen kann der Zinssatz nicht
dauerhaft steigen.
• Die Ausweitung der Staatsausgaben
A=B
würde daher zur Überschußnachfrage
nach Geld führen (durch die
Nachfrage des Staates), Zinserhöhungsdruck stellt sich ein.
Y
• Sind Zins und Wechselkurs völlig
flexibel, bleiben Geld- und DevisenAbb. 2a: Reaktionen auf eine fiskalischen Expansion bei
vollkommener Kapitalmobilität
markt durch permanente sofortige
Anpassungen (der Zins kehrt immer
sofort zum einzig möglichen Niveau zurück, der Wechselkurs sinkt laufend) ständig im
alten Gleichgewicht.
• Am Gütermarkt entsteht daher ein
i
Nachfrageüberschuß (das alte GleichLM
LM‘
IS‘
gewicht liegt durch die theoretische
Verschiebung der IS-Kurve jetzt in
IS
diesem Bereich), der durch eine Aufwertung beseitigt wird; die Aufwertung macht Exporte teurer und ImporFE
te billiger, die fiskalische Expansion
fließt sozusagen ins Ausland ab
A
B
(durch erhöhte Importnachfrage).
• Dies kann auch zu einem transitorischen Anstieg des Volkseinkommens
führen, der aber letztlich durch Aufwertung stets vollkommen neutraliY
siert wird.
2b: Reaktionen auf eine Geldmengenexpansion bei
• Dies führt letztlich aber auch dazu, Abb.
vollkommener Kapitalmobilität
daß die Leistungsbilanz sich dauerhaft verschlechtert.
i
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Eine Ausweitung der Geldmenge hingegen kann das Volkseinkommen dauerhaft erhöhen
(vgl. Abbildung 2b auf der vorigen Seite):
• In einer geschlossenen Volkswirtschaft würde ein Teil der Expansion (Verschiebung der
LM-Kurve nach unten) durch Zinssenkung kompensiert, in einer offenen Volkswirtschaft
mit vollkommener Kapitalmobilität hingegen kann der Zinssatz auch nicht dauerhaft
sinken
• auf den durch einen Angebotsüberschuß am Geldmarkt ausgelösten Zinssenkungsdruck
muß diese Volkswirtschaft daher mit einer Abwertung reagieren
• diese führt zu einer Rechtsverschiebung der IS-Kurve; im neuen Gleichgewicht ist das
Volkseinkommen erhöht und die Leistungsbilanz verbessert
Komparativ-statische Analyse bei unvollkommener Kapitalmobilität
Bei unvollkommener Kapitalmobilität hat die FE-Kurve eine positive Steigung. Eingriffe
führen nun auch zu einer Verschiebung dieser Kurve. Wohin sie sich verschiebt, hängt davon
ab, ob die Marshall-Lerner-Bedingung erfüllt ist (siehe weiter oben): falls sie erfüllt ist, wird
die Leistungsbilanz durch eine Abwertung verbessert und die FE-Kurve verschiebt sich nach
rechts unten, falls nicht, wird sie verschlechtert und die Kurve würde sich nach rechts oben
verschieben (und umgekehrt für den Fall der Aufwertung). In der Folge wird unterstellt, daß
die Marshall-Lerner-Bedingung gilt.
Bei einer geldpolitischen Expansion (und unvollkommener Kapitalmobilität) wird das Volkseinkommen dauerhaft erhöht, es steigt aber (zumindest wahrscheinlich) auch der Zinssatz.
Außerdem wird die Leistungsbilanz verbessert (vgl. Abbildung 3a).
• die LM-Kurve verschiebt sich durch
die
Geldmengenausweitung
nach
rechts oben
• dies erzeugt einen Angebotsüberschuß
am Geldmarkt und dieser drückt auf
den Zinssatz, was die Nachfrage nach
ausländischer Währung erhöht und zu
Abwertung führt
• die Abwertung verschiebt die IS-Kurve
nach rechts oben und ebenso die FEKurve nach rechts unten
• das neue Gleichgewicht liegt jedenfalls
rechts vom alten und sehr wahrscheinlich oberhalb (ob letzteres zutrifft
hängt davon ab, wie stark die Abwertung auf die FE-Kurve wirkt); das
bedeutet höheres Volkseinkommen und
höheren Zinssatz bei verbesserter
Leistungsbilanz
i
IS‘
LM
LM‘
IS
A
F
E
FE‘
B
Y
Abb. 3a: Reaktionen auf eine Geldmengenexpansion bei
unvollkommener Kapitalmobilität
Bei einer fiskalischen Expansion (und unvollkommener Kapitalmobilität) wird das Volkseinkommen ebenfalls dauerhaft erhöht, es steigt aber der Zinssatz. Außerdem wird die
Leistungsbilanz verschlechtert. Die Wirkungen unterscheiden sich aber in ihrem Ausmaß je
nach Steigung der FE-Kurve (vgl. dazu die Abbildungen 3b und 3c auf der folgenden Seite).
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• durch die Staatsausgabenerhöhung
wird die IS-Kurve nach rechts oben
verschoben, daraus entsteht Zinserhöhungsdruck
• dies führt bei „ausreichender“ Kapitalmobilität (d.h. die FE-Kurve ist flacher
als die LM-Kurve) zu einer Aufwertung, die die IS-Kurve wieder nach
links unten verschiebt, aber zugleich
auch die FE-Kurve nach links oben
• das neue Gleichgewicht stellt sich bei
gestiegenem Volkseinkommen und gestiegenem Zins ein, die Leistungsbilanz
hat sich verschlechtert; die fiskalpolitische Expansion wird allerdings
teilweise durch die Aufwertung kompensiert (wie sehr, hängt davon ab, wie
i
IS‘‘ IS‘
FE‘‘
F
B
A
Y
Abb. 3b: Reaktionen auf eine fiskalische Expansion bei
unvollkommener, aber großer Kapitalmobilität
IS‘
B
A
FE
LM
IS
LM
IS‘‘
IS
i
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FE‘‘
Y
Abb. 3c: Reaktionen auf eine fiskalische Expansion bei
unvollkommener und geringer Kapitalmobilität
gut die Wertpapiere trotz unvollkommener Kapitalmobilität füreinander
substituierbar sind)
• wenn die Kapitalmobilität aber so
gering ist, daß die FE-Kurve steiler ist
als die LM-Kurve, dann erfolgt keine
Aufwertung; der Zinssatz muß weiter
steigen, um das sich anbahnende Defizit in der Zahlungsbilanz auszugleichen; daher kommt es zu einer Abwertung, die sowohl die IS- als auch die
FE-Kurve nach rechts verschiebt
• die LM-Kurve bleibt in beiden Fällen
unverändert; weder die Staatsausgaben
noch der Wechselkurs wirken direkt
auf die Lage der LM-Kurve (nur auf
die Lage des Gleichgewichts auf der
Kurve).
Exkurs: der J-Kurven-Effekt
Die Geltung der Marshall-Lerner-Bedingung ist langfristig plausibel. Kurzfristig allerdings
ergibt sich oft ein vorübergehender gegenteiliger Effekt. Eine Abwertung verschlechtert zuerst
die Leistungsbilanz, ehe die Verbesserung eintritt. Der Grund für diese Entwicklung liegt in
drei unterschiedlichen Einflußfaktoren auf die Leistungsbilanz bei Wechselkursänderungen,
die durch folgende Gleichung gegeben sind:
(5)
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dQ
dLB
dX
dP
=P
+X
− EP *
− P*Q
dE
dE
dX
dE
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Mittels dieser Funktion lassen sich nun kurzfristige, mittelfristige und langfristige Wirkungen
einer Änderung des Wechselkurses auf die Leistungsbilanz ermitteln:
• kurzfristig verschlechtert sich die Leistungsbilanz, weil Verträge mengen- und preismäßig
fixiert sind; weder X, noch Q oder P werden daher kurzfristig durch eine Abwertung
verändert, der einzige Effekt ist –P*Q
• mittelfristig werden die neuen Preisrelationen nach der Abwertung in den Verträgen
berücksichtigt, die Reaktionen auf die Mengen folgen: Importe werden weniger, Exporte
stärker nachgefragt; da dX/dE > 0 und dQ/dE < 0 ergeben sich nun zwei positive Effekte
für obige Leistungsbilanzgleichung
• langfristig werden die Preise auf den Exportmärkten durch die gesteigerte Nachfrage
steigen, was die Leistungsbilanz noch weiter verbessert; es zeigen sich allerdings auch
bereits wieder dämpfende Einflüsse (auf den Wechselkurs und das inländische Preisniveau)
• unterstellt man schließlich die Geltung der Kaufkraftparität, dann wird der Effekt einer
Abwertung auf die Leistungsbilanz irgendwann völlig neutralisiert
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