März 2007 Der Islam in Frankreich Der Islam ist die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Frankreich. Die Größe der muslimischen Gemeinschaft lässt sich nicht genau beziffern, da das französische Gesetz Statistiken über die Religionszugehörigkeit untersagt; sie wird aber auf rund 5 Millionen Personen geschätzt. Diese Gemeinschaft zeichnet sich durch ihre Vielfalt aus. Laut einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CSA von August 2006 halten 88 % der französischen Muslime den Ramadan ein, 43 % beten fünfmal täglich, 20 % lesen den Koran, 17 % gehen mindestens einmal wöchentlich und 8 % mindestens einmal monatlich in die Moschee und 4 % waren bereits in Mekka. Die Ausübung der islamischen Religion – wie auch der anderen Religionen – ist durch das Gesetz vom 9. Dezember 1905 geregelt, demzufolge die Republik die „Gewissensfreiheit“ und die „freie Ausübung der Religionen“ garantiert, aber „keine Religion anerkennt, finanziert oder subventioniert“. In diesem Rahmen sind die Vertretungen der islamischen Religion und die Modalitäten zur Finanzierung der muslimischen Kultstätten zu sehen. Für Kultfragen ist unabhängig von der Art der Religion das Innenministerium zuständig. DIE WICHTIGSTEN MUSLIMISCHEN FÖDERATIONEN IN FRANKREICH •Das muslimische Institut der Moschee von Paris Dieses der Pariser Moschee angegliederte Institut wurde 1916 während des Ersten Weltkriegs gegründet. Historisch ist es mit Algerien verbunden. •Die Union der Islamischen Organisationen in Frankreich (UOIF) Die 1983 gegründete UOIF ist die bedeutendste muslimische Vereinigung in Frankreich. Sie steht den Muslimbrüdern nahe. © Ministère des Affaires étrangères, 2006 /Fränzosiche AuBenministerium, 2007 1 •Die Nationale Föderation der Muslime Frankreichs (FNMF) Die 1985 gegründete FNFM wird von Marokko unterstützt. •Tabligh – der französische Zweig von Jama’at al Tabligh Vertritt eine 1927 in Indien gegründete Religionsbewegung. •Die Französische Föderation der islamischen Vereinigungen Afrikas, der Komoren und der Antillen Dieser 1989 gegründeten Föderation gehören Muslime an, die Anhänger eines traditionellen und in der Kultur Afrikas und der Antillen verankerten Islams sind. •Der Koordinierungsausschuss der Türkischen Muslime Frankreichs Er ist auf die Türkei ausgerichtet. •Die Föderation Einladung und Mission für den Glauben und die Praktik DIE GRÜNDUNG DES FRANZÖSISCHEN ZENTRALRATES DER MUSLIME IM JAHRE 2003 Seit Anfang der 1990er Jahre setzten sich die französischen Behörden für die Gründung einer Vertretung des Islams ein, die Ansprechpartner des Staates und der Gebietskörperschaften bei Fragen betreffend die Ausübung der islamischen Religion ist, wie Bau von Moscheen, rituelles Schlachten, muslimische „Bereiche“ auf den Friedhöfen, Benennung von Seelsorgern in den Schulen, Krankenhäusern und Gefängnissen, Ausbildung der Imame... 1997 wurde eine umfassende Konsultation der Muslime Frankreichs in sieben muslimischen Föderationen und fünf Großmoscheen sowie von rund zwanzig qualifizierten Persönlichkeiten vorgenommen. Sie führte zur Einrichtung des Französischen Zentralrates der Muslime (CFCM), der am 3. Mai 2003 offiziell gegründet wurde. Die ersten Wahlen fanden zwischen April und Juni 2003 statt, die zweiten und jüngsten am 19. und 26. Juni 2005 für den Zeitraum 2005-2008. Der CFCM hat die landesweite Zuständigkeit und wird auf regionaler Ebene durch die regionalen Räte der Muslime (CRCM) vertreten, die Ansprechpartner der Präfekten und der gewählten Volksvertreter der Gebietskörperschaften sind. Der CFCM vertritt die islamische Religion und hat Fragen betreffend die Religionsausübung zu regeln, ist aber insofern keine geistliche Autorität, als er keine theologische Instanz darstellt, die religiöse Stellungnahmen abgibt. Ihm obliegen folgende Aufgaben: •Verteidigung der Würde und der Interessen der islamischen Religion in Frankreich, •Förderung und Organisation des Austauschs von Informationen und Diensten zwischen den Kultstätten, •Förderung des Dialogs zwischen den Religionen, •Vertretung der muslimischen Kultstätten gegenüber den Behörden. Seit seiner Gründung hat sich der CFCM vornehmlich damit befasst, die Durchführung des © Ministère des Affaires étrangères, 2006 /Fränzosiche AuBenministerium, 2007 2 Gesetzes vom 15. März 2004 über das Verbot des Tragens auffälliger religiöser Symbole in den Schulen zu erleichtern. ZUSAMMENSETZUNG DES CFCM Der CFCM umfasst ein Exekutivbüro, einen Verwaltungsrat, eine Generalversammlung und ein Generalsekretariat. Das Exekutivbüro besteht aus 11 bis 17 Mitgliedern. Dem CFCM steht zurzeit der Rektor der Moschee von Paris, Dalil Boubakeur, vor. Dieser wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, die die Aktionen des CFCM mit den CRCM zu koordinieren haben. Der Verwaltungsrat des CFCM setzt sich aus 65 Personen zusammen, von denen zwei Drittel gewählt werden. Nach den Wahlen von 2005 verteilen sich die gewählten Mitglieder wie folgt (Quelle: Innenministerium): •FNMF: 19 Sitze und 10 Regionen •UOIF: 10 Sitze und 7 Regionen •Moschee von Paris: 10 Sitze und 1 Region •CCMTF: 1 Sitz und 4 Regionen •Unabhängige: 3 Sitze Die nicht gewählten Mitglieder des Verwaltungsrates verteilen sich wie folgt: •12 Vertreter der 7 Föderationen, die sich an der Konsultation beteiligten •5 Vertreter der fünf Moscheen1 , die sich an der Konsultation beteiligten •5 qualifizierte Persönlichkeiten. Die Generalversammlung setzt sich aus 194 Personen zusammen, von denen drei Viertel gewählt werden. DIE KULTSTÄTTEN UND IHRE In Frankreich Großmoscheen. gibt FINANZIERUNG es rund 2 000 muslimische Kultstätten und ca. fünfzehn Gemäß dem Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat vom 9. Dezember 1905, das die Neutralität des Staates gegenüber den Religionen festschreibt, finanziert der Staat die Kultstätten nicht direkt. Für die Errichtung bestimmter Kultstätten können aber öffentliche Hilfen gewährt werden; zudem kann sie durch die Gebietskörperschaften im Rahmen der Finanzierung eines Kulturguts, das eine Vereinigung nach dem Gesetz von 1901 darstellt, durch die Bereitstellung eines Geländes in Form eines Erbpachtvertrags mit sehr langer Laufzeit und zu geringem Mietpreis oder auch mittels Übernahme der Garantie für die zum Bau aufgenommenen Darlehen durch das Departement oder die Kommune erleichtert werden. Die Finanzierung wird 1 Evry - Mantes-la-Jolie - Lyon - Marseille – Saint Denis de la Réunion © Ministère des Affaires étrangères, 2006 /Fränzosiche AuBenministerium, 2007 3 im Wesentlichen von den Muslimen, den islamischen Vereinigungen und durch Spenden aus dem Ausland gewährleistet. Eingerichtet wird schrittweise die Stiftung der Wohlfahrtseinrichtungen des Islams in Frankreich, damit die Muslime Frankreichs die zum Bau von Kultstätten erforderlichen Finanzmittel aufbringen können. Aufgabe dieser Stiftung, die als gemeinnützige Einrichtung anerkannt ist und deren Satzung durch das Dekret vom 25. Juli 2005 gebilligt wurde, ist es, die Mittel aufzubringen, die zum Bau und zur Restaurierung der Kultstätten, zur Ausbildung der Imame und für die Funktionsweise des Zentralrates des Muslime notwendig sind, welcher von der Stiftung rechtlich getrennt ist. Für die Verwaltung der Mittel aus Spenden mit Ausnahme der öffentlichen Gelder gilt ein dreifaches Erfordernis: •Unabhängigkeit bei den Entscheidungen, die diese private Einrichtung trifft, •sorgsamer Umgang mit den Mitteln gemäß den Gesetzen der Republik und der Satzung der Stiftung •sowie Gewährleistung finanzieller Transparenz durch eine Verwaltung, für die die Hinterlegungs- und Konsignationskasse zuständig ist. Nähere Informationen RECHTSTEXTE Gesetz vom 9. Dezember 1905 über die Trennung von Kirche und Staat. – Amtsblatt der Französischen Republik, 11. Dezember 1905 http://www.legifrance.gouv.fr/texteconsolide/MCEBW.htm Verwaltungsgesetzbuch: Teil betreffend die Religionen WEBSITES UND INTERNET-SEITEN Der Islam in Frankreich: das Gesetz von 1905 gewährleistet ein „ausgewogenes Verhältnis“.- Website des Premierministers http://www.premierministre.gouv.fr/information/actualites_20/islam_france_loi_1905_51738.html Portrait der Muslime Frankreichs: Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CSA, veröffentlicht am 21. September 2006 http://www.csa-fr.com/dataset/data2006/opi20060823b.htm © Ministère des Affaires étrangères, 2006 /Fränzosiche AuBenministerium, 2007 4 BERICHTE Die Beziehungen der Religionen zu den Behörden: Bericht an den Minister des Innern und für Raumordnung / Jean-Pierre Machelon, Dezember 2006 http://www.ladocumentationfrancaise.fr/rapports-publics/064000727/ Rapport au politique des Français issus de l'immigration / Sylvain Brouard et Vincent Tibertj, CEVIPOF – Sciences Po, juin 2005,- Voir la partie II : Religion et laïcité : les appartenances confessionnelles, la pratique religieuse, les prescriptions islamiques et l'inscription dans la société française, l'évolution du rapport à l'Islam, l'évaluation de la situation des musulmans en France et de la laïcité, les rapports entre l'Etat et l'Islam. http://www.cevipof.msh-paris.fr/publications/enquetes/rapp_fi.pdf Der Islam in der Republik: Bericht an den Hohen Rat für Integration, 2001. http://www.ladocumentationfrancaise.fr/brp/notices/014000017.shtml Darlegung der Grundsätze des Gesetzes von 1905 betreffend die Religionsfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat, Portrait der muslimischen Gemeinschaften in Frankreich und ihrer Vertretungen, Erläuterung von Fragen über die Ausübung der Religion, die Ernährung, das Schulleben und den persönlichen Status. ARTIKEL Etat et religions (Staat und Religion) / Xavier Ternisien.- Débat public, La Documentation française, Odile Jacob, Januar 2007. Religions et territoires: quelle gestion locale des cultes? (Religionen und Regionen: welche lokale Verwaltung der Religionen?),- Pouvoirs locaux: les cahiers de la décentralisation, Nr. 69-II, Mai 2006 Laïcité : culture, religion et politique : Le Conseil français du culte musulman à l’épreuve du temps (Laizismus: Kultur, Religion und Politik: der französische Zentralrat der Muslime im Wandel der Zeit) / Antoine Sfeir, Julie Coste.- Hommes et migrations, Nr. 1259, Januar-Februar 2006. La gestion locale de l’Islam (Die lokale Verwaltung des Islams).- Les Cahiers de la sécurité, INHES, Nr. 62, drittes Vierteljahr 2006. L’Islam dans la République : le CFCM (Der Islam in der Republik: der CFCM) / Vianney Sevaistre.- Regards sur l’Actualité, Nr. 298, Februar 2004, La consultation des Musulmans de France (Die Konsultation der Muslime in Frankreich) / Alain Boyer.- Regards sur l’actualité, Nr. 279, März 2002. © Ministère des Affaires étrangères, 2006 /Fränzosiche AuBenministerium, 2007 5