Deutschland im internationalen Kontext Übersicht

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Basiswissen | Aufgaben und Lösungen
◮ Die Welt nach 1945 | Deutschland im internationalen Kontext | Besatzungszeit und Teilung | 1945-1949
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Deutschland im internationalen Kontext
Besatzungszeit und Teilung
1945-1949
Übersicht
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1 Die „Stunde Null“
1
2 Konferenz von Potsdam
1
3 Flucht und Vertreibung
2
4 Entnazifizierung und Nürnberger Prozesse
2
5 Sowjetisierung und Containment
3
6 Spielräume deutscher Politiker
4
7 Währungsreform und Berlin-Blockade
5
8 BRD und DDR
6
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1 Die „Stunde Null“
Als die Deutsche Wehrmacht am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierte, entschieden allein
die Siegermächte über das künftige Schicksal Deutschlands. Diese Situation hatte es nach
dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag schon einmal gegeben (nachdem Napoléon
I. im 19. Jahrhundert die vereinten Kräfte Europas herausgefordert hatte, saß das soeben
besiegte Frankreich beim Wiener Kongress hingegen mit am Tisch). Auf der Konferenz von
Jalta (3.-11. Februar 1945) hatten die „Großen Drei“ (GB mit Churchill, USA mit Roosevelt
und SU mit Stalin) ihr Ziel so formuliert: „Es ist unsere unbeugsame Absicht, den deutschen
Militarismus und Nazismus zu zerstören und sicherzustellen, dass Deutschland nie wieder
in der Lage sein wird, den Weltfrieden zu stören.“.
Auch konkrete Schritte hatte man vorbereitet. Für die Zeit nach der Kapitulation war die
European Advisory Commission (EAC) gegründet worden, eine Kommission aus Vertretern
Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. Diese Kommission beschloss,
Deutschland zunächst in drei Besatzungszonen aufzuteilen; später kam Frankreich, das kurzerhand zur Siegermacht erklärt worden war, als vierter Besatzer hinzu. Das in der Sowjetzone liegende Gebiet Groß-Berlins besaß einen Sonderstatus und wurde seinerseits in vier
Sektoren geteilt. In der „Berliner Erklärung“ (5. Juni 1945) verkündeten die nunmehr vier
Siegermächte, die Oberste Gewalt in Deutschland zu übernehmen, wofür ein Kontrollrat
geschaffen wurde. Die Deutsche Frage, die sich um Einheit, Grenzen und territoriale Ordnung Deutschlands drehte, wurde aufgeschoben.
2 Konferenz von Potsdam
Der machtpolitische, wirtschaftliche und ideologische Gegensatz zwischen den USA sowie
Großbritannien auf der einen und der Sowjetunion auf der anderen Seite sorgte dafür, dass
mit einer definitiven Entscheidung auch nicht so bald zu rechnen war. Auf der Konferenz
von Potsdam, der letzten Kriegskonferenz der „Großen Drei“, gab es Streit um eben diese
Grenzfrage und um die von Deutschland zu leistenden Reparationen.
Dazu kam das persönliche Misstrauen Churchills und Trumans gegenüber Stalin. Harry S.
Truman war dem am 12. April verstorbenen Franklin D. Roosevelt als Präsident nachgefolgt
. Hatte Roosevelt ein sehr positives Verhältnis zum sowjetischen Diktator gehabt, gewann
Truman gegenüber der SU eine zunehmend skeptische und harte Haltung. Winston Churchill
hatte seinerseits in einem Telegramm an Truman von einem „eisernen Vorhang“ geschrieben, der durch Europa gehe.
Auf der Potsdamer Konferenz teilte Stalin seinen Alliierten nun mit, dass er bereits Nägel
mit Köpfen in seinem Sinne gemacht hatte: Die deutschen Gebiete östlich der Oder-NeißeLinie hatte er (mit Ausnahme Königsbergs, das als Kaliningrad russisch wurde) an Polen
übergeben und dort polnische Verwaltungen installiert.
In der Reparationsfrage gab es ebenfalls Probleme, da die Sowjets plötzlich 10 Mrd. Dollar
verlangten, obwohl in Jalta festgelegt worden war, dass die Entschädigungen in Form von
Sachlieferungen, Demontage und Arbeitskraft zu erfolgen hatte. Die Amerikaner meinten
jedoch, die Russen in ihrem Krieg gegen Japan nicht entbehren zu können und akzeptierten die im Osten geschaffenen Verhältnisse, sofern die Russen nur auf das westdeutsche
Industriepotential verzichteten.
Diese Regelung lief darauf hinaus, dass die USA und Großbritannien die millionenfache Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten stillschweigend hinnahmen. Außerdem sorgte
der Kompromiss bei den Entschädigungen dafür, dass zwei Reparationsgebiete entstanden
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und die Russen ihre Zone im Vergleich zum Westen übermäßig belasteten.
Einig waren sich die Siegermächte lediglich in der Sicherheitsfrage. Der Kontrollrat, der die
oberste Gewalt innehatte (s. o.), sollte die alten Kriegsziele durchsetzen: Entmilitarisierung,
Entwaffnung, Entnazifizierung, Unterbindung jedweder Kriegsproduktion, Verurteilung der
Kriegsverbrecher. Alle mehr als nur nominellen Nationalsozialisten sollten von ihren Ämtern
enthoben und durch unverdächtige Personen ersetzt werden. Politische und wirtschaftliche
Strukturen sollten dezentralisiert werden.
Einigungen der Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz
1. Die Alliierten erklären ihre Absicht, dem deutschen Volk zu helfen, das politische
Leben auf demokratischer Grundlage wiederherzustellen.
2. Die oberste Gewalt soll von den vier Oberbefehlshabern ausgehen, den Militärgouverneuren.
3. Ein Alliierter Kontrollrat, bestehend aus diesen Oberbefehlshabern, übernimmt
staatliche Aufgaben (Finanzen, Transport, Verkehr, Industrie, Außenhandel).
4. Die deutsche Wirtschaft wird dezentralisiert sowie unter alliierte Kontrolle gestellt. Priorität hat der Ausbau der Landwirtschaft.
5. Die Gebiete des Deutschen Reiches östlich der Oder-Neiße-Linie werden aus der
Zuständigkeit des Kontrollrates herausgelöst und der SU / Polen unterstellt.
6. Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Deutschen Reiches, dessen Führer
sich vor einem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg zu verantworten haben.
Untereinander hatten sich die Siegermächte letztlich also einigen können und so unterzeichneten Truman, Stalin und Attlee (Churchills Nachfolger als britischer Premier) das Protokoll am 1./2. August 1945. Von einigen Historikern ist der „Potsdamer Handel“ (Hermann
Graml) scharf abgeurteilt worden. Ein Kritikpunkt dabei ist, die Teilung Deutschlands sei
hier de facto festgeschrieben worden.
3 Flucht und Vertreibung
Infolge der Kriegsniederlage setzte ein Strom von Flüchtlingen und Vertriebenen (12-14 Millionen Menschen) in das verbliebene deutsche Gebiet ein. Über 2 Millionen von ihnen starben auf dem Weg oder blieben verschollen. Diese gewaltige Wanderbewegung wurde durch
Flüchtende aus der SBZ (und später der DDR) in den Westen noch verstärkt. Die mittellosen
Flüchtlinge und Vertriebenen verschärften die Versorgungs- und Unterbringungsprobleme
noch. Wichtige Wirtschaftswege waren durch die Teilung des Deutschen Reiches zerstört
worden. Da die Landwirtschaft schlicht nicht in der Lage war, den Grundbedarf an Nahrung
zu decken, herrschte in der Besatzungszeit soziales Elend.
4 Entnazifizierung und Nürnberger Prozesse
Unter der Entnazifizierung Deutschlands sind verschiedene Maßnahmen der Siegermächte zu verstehen, die darauf zielten, das besiegte Land von allen nationalistischen Einflüssen
zu reinigen und seinen Bürgern demokratisches Denken zu vermitteln. Belastete Funktionäre aus Kultur, Presse, Ökonomie, Jurisdiktion und Politik wurden aus ihren Ämtern entfernt
und in Entnazifizierungslagern inhaftiert. Gerade die Publizistik (z. B. Rundfunkanstalten
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und Zeitungen) unterlag einer strengen Kontrolle.
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In den westlichen Zonen kam es zu über 5 000 Verurteilungen und zu hunderten Todesurteilen. Die meisten Angeklagten wurden allerdings in den Verfahren als „Mitläufer“ freigesprochen, obwohl sie tief in das NS-System verstrickt gewesen waren und konnten so in den
1950er Jahren wichtige Positionen in Politik, Verwaltung, Polizei und an den Universitäten
bekleiden.
Die größten Kriegsverbrecher, deren die Alliierten habhaft wurden, und die sich nicht durch
Selbstmord (Hitler, Goebbels) oder Flucht (u. a. Klaus Barbie, der „Schlächter von Lyon“,
Adolf Eichmann, SS-Obersturmbannführer, für die Organisation und Koordination der Endlösung der Judenfrage zuständig, Josef Mengele, Lagerarzt im KZ Auschwitz) entzogen hatten,
wurden separat in den Nürnberger Prozessen (1945-49) abgeurteilt. Zu den Hauptangeklagten zählten u. a. Reichsmarschall Hermann Göring (der sich seinem Todesurteil durch
Suizid entzog), Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, Außenminister Joachim von Ribbentrop,
Rüstungsminister Albert Speer, aber auch der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen als
„Hitlers Wegbereiter“ und Ex-Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht. Die beiden letzteren
wurden freigesprochen.
In den Kontext der Entnazifizierung gehörte auch ein Umerziehungsprogramm, das von den
Amerikanern „Re-Education“ genannt wurde. Die Deutschen sollten demokratisiert und
zum Frieden erzogen werden. Anfangs wurde die Bevölkerung zur Konfrontation mit den
NS-Kriegsverbrechen gezwungen, etwa im Rahmen eines KZ-Besuchs. Da solche Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung zeigten, wurde ab 1946 vor allem über Bildung und
Kultur versucht, den Deutschen die Demokratie nahezubringen. Die Medienlandschaft unterlag in den Westzonen anfangs, in der SBZ dauerhaft der alliierten Zensur. Im Rahmen
der Reeducation entstanden auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.
5 Sowjetisierung und Containment
George F. Kennan, seit 1944 US-Diplomat in Moskau und ab 1947 Chef im Planungsstab
des US-Außen-ministeriums, hielt nichts von den in Potsdam getroffenen Vereinbarungen
und plädierte dafür, den westlichen Teil Deutschlands als „Prellbock für die Kräfte des Totalitarismus“ zu verwenden. Dass in einem Abkommen mit den Russen „dehnbare Begriffe
wie ’demokratisch’, ’friedlich’, ’gerecht’“ benutzt wurden, lasse „sich selbst mit allergrößter
Naivität nicht entschuldigen.“ Churchill, nunmehr Oppositionsführer, verkündete seinerseits
im Juni 1946 im britischen Unterhaus, dass „zwei Deutschlands“ im Entstehen seien, eines
nach dem russischen, eines nach dem westlichen Modell.
In der Tat versuchte die Sowjetische Militäradministration (SMAD), die die Besatzungsgewalt
in der Sowjetischen Besatungszone (SBZ) ausübte, Staat und Gesellschaft nach dem Vorbild
der UdSSR umzubauen. Offiziell freilich wurden Handlungen wie die Enteignung der Wirtschaftsbetriebe als „antifaschistische Maßnahmen“ bezeichnet. Um dies zu ermöglichen,
kam es 1946 zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands (SED). Die Überlegung dahinter war, dass die deutschen Kommunisten alleine zu schwach waren, die sowjetischen Pläne auszuführen. Nach und nach wurden nicht
moskautreue Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen und die SED zur Kaderpartei sowjetischen Zuschnitts umgewandelt. Jegliche Opposition wurde rücksichtslos ausgeschaltet.
Als sich die SU abermals nicht an die Absprachen mit den Alliierten hielt und sich daraufhin die Wirtschafts- und Versorgungslage in der amerikanischen und britischen Zone
verschlechterte, beschlossen USA und Großbritannien die Gründung einer Bizone, zunächst
nur eine wirtschaftliche Einheit. Damit war deutlich auch der Weg zu einem westdeutschen
Teilstaat gewiesen und in der Folgezeit wurden gebildet: ein Parlament (Wirtschaftsrat) mit
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Länderkammer (Exekutivrat), das eine Regierung wählte (Verwaltungsrat), ein Oberster Gerichtshof und eine Zentralbank – alles Vorformen eines Staates.
Im Rahmen der Containment-Politik, der Eindämmung des Kommunismus, zu der Truman
überging, verkündete Außenminister George Marshall am 5. Juni 1947 ein amerikanisches
Hilfsprogramm zur Wiederherstellung und Neuordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse in
Europa, den Marshallplan. Dessen Zwecke waren folgende: Hunger und Elend beseitigen,
Handels- und Bündnispartner für die USA gewinnen, die Einigung Europas vorbereiten, das
Vordringen des Kommunismus vereiteln. Dafür wurden Sachlieferungen und Kredite bereitgestellt, ursprünglich auch für die Oststaaten, die jedoch ablehnten. Die deutschen Gebiete
erhielten etwa 1,4 Milliarden US Dollar (entspricht heute etwa 10 Mrd. US $) an Marshallplanhilfe, was den wirtschaftlichen Wiederaufbau vorantrieb.
Mit dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) riefen die Sowjets ein sozialistisches Pendant zum Marshallplan ins Leben.
Die deutsche Teilung war nun offensichtlich und die Alliierten versuchten lediglich, dem jeweils anderen die Schuld daran in die Schuhe zu schieben sowie den eigenen Machtbereich
in Deutschland zu konsolidieren. Was waren bei ihren Handlungen die Ziele gewesen? Die
USA versuchten sicherlich, ihre eigene Interessensphäre zu wahren, auch und gerade in
Konfrontation mit der SU, welche von ihnen als expansionistisch eingestuft wurde.
Ob die Sowjets tatsächlich expansionistische Absichten hegten, darüber wurde in der Geschichtswissenschaft vielfach debattiert. Während „Traditionalisten“ die Frage bejahten, argumentierten „Revisionisten“ dagegen. Was die Amerikaner zu ihrer Einschätzung bewog,
war folgendes: Durch den Krieg hatte die SU ihr Territorium deutlich vergrößert. In den von
der Roten Armee besetzten Ländern schuf sie „Satellitenstaaten“, abhängige kommunistische Diktaturen, und schaltete die Opposition gewaltsam aus. Über allem schwebte das
mutmaßliche Damoklesschwert der leninistischen Weltrevolution. Großbritannien war an
seiner traditionellen Gleichgewichtspolitik in Europa interessiert und ging mit der containment policy der Amerikaner d’accord. Frankreich wiederum war auf die Unterstützung der
USA wirtschaftlich und militärisch angewiesen und schwenkte so auf die Linie der Amerikaner ein.
Auch Frankreich wollte übrigens seinen Anteil an Deutschland, löste das Saarland aus der
Zuständigkeit des Kontrollrats heraus (1946) und bezog es in sein Zoll- und Währungsgebiet mit ein (1948). Vorerst wurde eine saarländische Staatsangehörigkeit geschaffen, aber
die langfristigen Ziele der Franzosen waren klar. Seitens der USA und Großbritanniens regte
sich kein Widerspruch. Schon nach dem Ersten Weltkrieg war das Saargebiet von Deutschland genommen und durch Franzosen besetzt worden. 1935 hatten sich über 90 % der
Wähler in einer Volksabstimmung für den Anschluss ans Deutsche Reich gestimmt.
6 Spielräume deutscher Politiker
Die Deutschen waren nach der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 der Entscheidungsgewalt über das Land beraubt (s. o.). Dennoch stellt sich die Frage nach möglichen
Spielräumen deutscher Politiker in der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Konrad Adenauer, CDU-Vorsitzender der britischen Zone, ging bereits Ende 1945 in einer
Analyse davon aus, dass die Spaltung Europas und Deutschlands ein Faktum sei. Vorrang
habe daher die wirtschaftliche Erholung und eine einheitliche bundesstaatliche Ordnung im
Westen. Der künftige westdeutsche Staat solle seine Wirtschaft mit der Frankreichs und der
Benelux-Länder verflechten, um so deren Sicherheitsinteressen Rechnung zu tragen. Adenauer, der seine politische Karriere bereits hinter sich zu haben schien, wurde 1949 mit 73
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Jahren Bundeskanzler, was er bis 1963 blieb.
Mit dem SPD-Vorsitzenden und späteren Oppositionsführer Kurt Schumacher teilte er die
Auffassung, dass langfristig nur ein ökonomisch und politisch starker Westen die SU zur
Herausgabe ihrer Zone bringen könne (Schumacher formulierte seine „Magnettheorie“).
Für die Westintegration Deutschlands sprachen für Adenauer Religion, Kultur und Geschichte. Mit Frankreich strebte er eine dauerhafte Aussöhnung an. Alle seine Handlungen als
Politiker strebten danach, Deutschland zu einem gleichberechtigten Partner der Westmächte zu machen. Auch eine gewisse Abneigung gegen Preußen und Berlin mögen eine Rolle
gespielt haben.
Ungeachtet der Adenauerschen Einschätzung gab es Versuche, die sich abzeichnende Teilung Deutschlands noch abzuwenden, etwa beim Treffen der Ministerpräsidenten aller deutschen Länder am 6./7. Juni 1947 in München. Vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage
(s. o.– 1947: März: Truman-Doktrin, April: Moskauer Außenministerkonferenz endet ergebnislos, Juni: Marshallplan) und der von Moskau gesteuerten SED-Linie war ein Scheitern des
Treffens programmiert.
7 Währungsreform und Berlin-Blockade
Der im Bestehen begriffene Weststaat nahm 1948 konkrete Formen an. Eine Sechs-Mächtekonferenz (bestehend aus den USA, GB, Frankreich und den Benelux-Ländern) beschloss die
Zusammenfassung der Westzonen in einem Weststaat (Trizone). Am 21. Juni 1948 erfolgte
mit der Währungsreform die Einführung der DM. Zwei Tage später ordnete die SMAD die
Einführung der Ostmark an, und zwar nicht nur in ihrer Zone, sondern auch in GesamtBerlin. Daraufhin gaben die Westalliierten einen Gegenbefehl und führten in ihren Sektoren
die DM-West ein. Auch die DM-Ost ließen sie zu. Trotzdem reagierten die Sowjets mit einer
Blockade Berlins. Schon vorher hatten sie den Verkehr zwischen den Westzonen und Berlin
systematisch gestört.
Allerdings schufen Amerikaner mit britischer Beteiligung eine Luftbrücke nach Berlin, über
die sie die Bevölkerung zehn Monate lang versorgte. Damit düpierten sie die Sowjets und
machten die Berlin-Blockade zu einem Fehlschlag. Da die SU außerdem durch eine Gegenblockade von Kohle- und Stahllieferungen aus dem Westen abgeschnitten worden war, hob
sie ihre Blockade am 12. Mai 1949 auf.
Mehr noch als zuvor wurden die Amerikaner jetzt als Verteidiger der Freiheit gegen die
sowjetische Bedrohung betrachtet. Überhaupt gilt, dass Berlin ein Mikrokosmos der Weltpolitik war. Was hier nach dem Krieg geschah, hatte Signalwirkung auch über die Stadt und
Deutschland hinaus.
Am 1. Juli 1948 legten die westlichen Militärgouverneure den versammelten Ministerpräsidenten der Länder die Frankfurter Dokumente vor. Die Ministerpräsidenten wurden
ermächtigt, eine Verfassungsgebende Nationalversammlung einzuberufen, die eine demokratische, föderalistische Verfassung ausarbeiten sollte. Einige Zuständigkeiten sollten weiterhin in Händen der Militärgouverneure verbleiben: Auswärtiges, Entmilitarisierung, Demontagen, Wirtschaftskontrollen und andere Dinge.
Die Sowjetunion protestierte gegen das Zustandekommen der Sechs-Mächtekonferenz sowie deren Beschlüsse und verließ den Alliierten Kontrollrat (20. März 1948). Stattdessen
organisierte sie eine eigene Acht-Mächtekonferenz. Jedenfalls war die Viermächteverwaltung Deutschlands Geschichte.
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8 BRD und DDR
Die Aufgabe, eine bundesstaatliche Verfassung auszuarbeiten, löste in den Ministerpräsidenten der Länder keine Euphorie aus, denn dies bedeutete, die Spaltung Deutschlands
rechtlich mitzuvollziehen. Schließlich arbeitete ein Parlamentarischer Rat aus 65 Mitgliedern mit Adenauer als Präsident an einem bereits vorliegenden Verfassungsentwurf. Das
Ergebnis sollte eine vorläufige Verfassung sein, ein „Grundgesetz“. Das „Grundgesetz für
die Bundesrepublik Deutschland“ wurde am 23. Mai 1949 von Konrad Adenauer verkündet. Im August wählte das Volk den ersten Deutschen Bundestag. Somit war die Gründung
der BRD vollzogen.
Parallel dazu wurde die Staatsgründung im Osten von SED und Sowjetunion betrieben. Ein
„Deutscher Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden“ wählte einen 400 Mitglieder
zählenden „Volksrat“ unter Leitung Otto Grotewohls (gemeinsam mit Wilhelm Pieck SEDVorsitzender). Dieser Volksrat legte eine Verfassung vor, welche auf einem SED-Entwurf
von 1946 für eine „Deutsche Demokratische Republik“ basierte. Ein gewählter Volkskongress sollte die Verfassung nun bestätigen.
Bei den am 15./16. Mai 1949 stattfindenden allgemeinen Wahlen gab es allerdings nur
eine Einheitsliste, für die man mit JA oder NEIN stimmen konnte („Ich bin für die Einheit
Deutschlands und einen gerechten Friedensvertrag. Ich stimme darum für die nachstehende Kandidatenliste zum Dritten Deutschen Volkskongreß.“). Darüber hinaus unterlag die
Wahl Manipulationen. Der so „gewählte“ Volkskongress bestätigte die Verfassung am 30
Mai 1949 und setzte einen neuen Volksrat ein. Dieser Volksrat erklärte sich am 7. Oktober
1949 in Berlin zur „Provisorischen Volkskammer der DDR“ und verkündete die Verfassung.
Damit war auch die Gründung der DDR vollzogen.
Formal enthielt die Verfassung Bekenntnisse zu Bürgerrechten und zur demokratischen Ordnung. Die Realität sprach hingegen eine andere Sprache und bis zum Ende der DDR 1990
fand keine Wahl ohne Einheitsliste, Manipulation und Beeinflussung statt.
Sowohl BRD als auch DDR vertraten einen Alleinvertretungsanspruch, reklamierten also das
Recht für sich, die einzig legitimierte Repräsentanz des deutschen Volkes zu sein. Deshalb
handelte es sich ja bei der Bundesrepublik auch um ein Grundgesetz, das laut Präambel
dem Staatsleben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung gab. Art. 23 definierte den
Geltungsbereich des Grundgesetzes und bestimmte, dass dieses nach dem Beitritt der anderen Teile Deutschlands in Kraft zu setzen sei. Im Falle des Saarlandes (1. Januar 1957)
und der DDR (3. Oktober 1990) geschah dies auch.
Die Gründung beider deutscher Staaten bedeutete noch nicht deren Erlangung von Souveränität. Im Westen behielten sich USA, GB und Frankreich in einem Besatzungsstatut
weitgehende Sondervollmachten vor. Gesetze des Bundestages traten nur mit ihrer Zustimmung in Kraft. In besonderen Fällen konnten sie gar wieder die Regierung übernehmen.
Auch wurde die Außenvertretung durch ein deutsches Ministerium nicht zugelassen, sondern von drei Hohen Kommissaren (Nachfolger der Militär-gouverneure) übernommen. Weiterhin demontierten die Westmächte Industrieanlagen, um sie als Reparationen aus dem
Land zu bringen. Das Ruhrstatut setzte eine internationale Ruhrbehörde aus Vertretern
der sechs Mächte (s. o.) ein, welche die deutsche Schwerindustrie überwachte.
In der DDR wurde die Sowjetische Militäradministration in eine Kontrollkommission umgewandelt, welche wiederum zur Hohen Kommission wurde. Sie beaufsichtigte die DDRRegierung.
Nach den Staatsgründungen erfolgte die Integration von BRD und DDR in die jeweiligen
Machtblöcke der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion.
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