Diabetologie und Stoffwechsel - Deutsche Diabetes Gesellschaft

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Diabetologie und Stoffwechsel
Diabetologie
und Stoffwechsel
Oktober 2015 • Seite S97–S132 • 10. Jahrgang
www.thieme-connect.de/ejournals
S2 • 2015
Supplement 2 • Oktober 2015 • 10. Jahrgang • Seite S97–S132
Supplement
Praxisempfehlungen
der Deutschen
Diabetes Gesellschaft
Hrsg.:
M. Kellerer, B. Gallwitz, im Auftrag der DDG
Die Praxisempfehlungen der DDG
Aktualisierte Version 2015
Offizielles Organ
der Deutschen
Diabetes-Gesellschaft
This journal is listed in
Science Citation Index,
EMBASE and SCOPUS
DDG Praxisempfehlung
Nephropathie bei Diabetes 1
Autoren
C. Rüster2, C. Hasslacher1, G. Wolf2
Institute
1
2
Letzte Aktualisierung
7/2015
Definition
Screening und Diagnose
!
!
Diabetesassoziierte Nierenerkrankungen umfassen
alle Formen der renalen Schädigung, die bei Patienten in Verbindung mit Diabetes mellitus auftreten können, und sind in der Frühform durch
konsequente Blutzucker- und Blutdruckkontrollen
vermeidbar oder teilweise langfristig reversibel.
Der Verlauf der diabetischen Nephropathie ist
beim Typ-1- und Typ-2-Diabetes charakterisiert
durch:
▶ Veränderungen der Albuminausscheidung im
Urin,
▶ Abnahme der glomerulären Filtrationsleistung,
▶ Entwicklung oder Verstärkung von Hypertonie, Dyslipoproteinämie und weiteren diabetestypischen Komplikationen.
Die Nephropathie-Stadien und die assoziierten
" Tab. 1 aufgeführt.
Begleiterkrankungen sind in ●
In der Klassifizierung der chronischen Niereninsuffizienz nach KDIGO wird die Bedeutung der
Albuminurie als prognostischer Marker für das
Fortschreiten der Niereninsuffizienz auch bei nur
geringgradig eingeschränkter GFR ebenfalls stark
" Tab. 2).
berücksichtigt (●
Das Screening erfolgt einmal jährlich durch Bestimmung des Albumin-Kreatinin-Quotienten im ersten
" Abb. 1) und BerechMorgenurin (s. Praxistools, ●
nung der eGFR, da Patienten mit Diabetes auch
ohne Albuminurie bereits eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen können (z. B. bei ischämischer Nephropathie).
Ausnahme: Patienten mit stark eingeschränkter
Lebenserwartung sowie Vorliegen von Faktoren,
die zu einer passageren Erhöhung der Albuminausscheidung führen können, z. B. bei körperlicher
Anstrengung, akuten fieberhaften Erkrankungen,
Harnwegsinfektionen, schlecht eingestelltem Diabetes, unkontrolliertem Hochdruck, Herzinsuffizienz.
Die Diagnose „diabetische Nephropathie“ kann mit
hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden,
wenn eine persistierende Albuminurie besteht,
d. h. der Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin bei
Männern > 20 mg/g und bei Frauen > 30 mg/g beträgt; jeweils in zwei Proben innerhalb von 3 Mo" Abb. 1, " Tab. 3).
naten gemessen (s. Praxistools, ●
●
Bei diskrepanten Befunden gilt die 2-aus-3-Regel.
Das Schätzen der Kreatinin-Clearance durch die
CKD-EPI-, MDRD- oder Cockcroft-Gault-Formel bietet eine alltagstaugliche Alternative zur Kreatinin-Clearancebestimmung im 24-h-Sammelurin – allerdings unter Beachtung der bestehenden
Limitierungen (i. d. R. nicht bei Malnutrition, starker Adipositas, instabiler Nierenfunktion).
Praxistool (s. Anhang)
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0035-1553865
Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2):
S113–S118 © Georg Thieme
Verlag KG Stuttgart · New York ·
ISSN 1861-9002
Korrespondenzadresse
Prof Dr. Gunter Wolf, MHBA
Klinik für Innere Medizin III,
Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101
07740 Jena
Tel.: 0 36 41/9 32 43 00
Fax: 0 36 41/9 32 43 02
[email protected]
Diabetesinstitut, ATOS Klinik Heidelberg, Privatpraxis für Diabetologie, Endokrinologie, Angiologie
Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Jena
Tab. 1: Nephropathie-Stadien und assoziierte
Begleiterkrankungen
Tab. 2: Stadien der chronischen Niereninsuffizienz und Prognose nach KDIGO
Praxistools (s. Anhang)
Abb. 1: Screening und Diagnostik der Nephropathie bei Diabetes mellitus
Tab. 3: Differenzialdiagnose der diabetischen
Nephropathie
1
Diese Praxisempfehlung lehnt sich an die Nationale Versorgungsleitlinie „Nierenerkrankungen bei Diabetes im
Erwachsenenalter“ an.
Rüster C et al. Nephropathie bei Diabetes … Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2): S113–S118
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DDG Praxisempfehlung
Differenzialdiagnose
!
Hinweise auf eine mögliche nichtdiabetische Nierenerkrankung
sind
a) bei Vorliegen einer erhöhten Albuminausscheidung:
▶ ein pathologisches Harnsediment (insbesondere dysmorphe Erythrozyten, Erythrozytenzylinder oder Leukozyten),
▶ eine rasche Zunahme der Proteinurie,
▶ eine extrem hohe Proteinurie (> 3 g/g Kreatinin),
▶ ein rascher Kreatininanstieg,
▶ atypische sonografische Veränderungen der Nieren, d. h.
insbesondere verkleinerte Nieren oder asymmetrische Nierengröße,
▶ Diabetesdauer unter 5 Jahren bei Typ-1-Diabetes.
Zur weiteren Abklärung wird eine Vorstellung beim Nephrologen empfohlen!
b) bei Fehlen einer erhöhten Albuminausscheidung:
Niereninsuffizienz ohne Mikro- oder Makroalbuminurie ist
meist ischämisch bedingt (hypertensive Nephropathie). Die
Therapie entspricht weitgehend der Behandlung bei diabetischer Nephropathie. Bei Verdacht auf Nierenarterienstenose,
z. B. bei asymmetrischer Nierengröße, abdominellem Gefäßgeräusch, schwer einstellbarem Hypertonus (mehr als vier Antihypertensiva), Anstieg des Serum-Kreatinins über 50 % des
Ausgangswerts unter ACE-Hemmer- bzw. AT1-Rezeptorantagonisten-Therapie, sonografisch einseitig kleine Niere, wird
eine weiterführende bildgebende Diagnostik (Duplexsonografie, MRT) empfohlen.
Weitere Diagnostik
!
▶ Augenhintergrund
▶ EKG, ggf. mit Belastung
▶ Langzeit-Blutdruckmessung
▶ Lipide (Gesamt-, HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyzeride)
▶ Fußstatus (Pulse, periphere Dopplerdrücke, Stimmgabeltest)
Bei Auftreten einer Niereninsuffizienz weiterhin Ausschluss von
▶ sekundärem renalem Hyperparathyreoidismus (Messung von
▶
Serum-Kalzium und Phosphat, Parathormon),
Anämie (Hb bei Männern < 13 g/dl, bei Frauen < 12 g/dl); eine
renale Genese kann angenommen werden, wenn andere Ursachen, insbesondere eine Störung des Eisenstatus, chronische
Entzündungen, gastrointestinale Blutungen etc., ausgeschlossen wurden. Bei diabetischer Nephropathie tritt eine Anämie
früher auf als bei anderen Nierenerkrankungen.
lung der übrigen kardiovaskulären Risikofaktoren, insbesondere
der LDL-Cholesterinerhöhung und erhöhten Thrombozytenaggregation, erforderlich.
Dies gilt auch für Diabetiker mit überwiegend ischämisch bedingter Nephropathie (= Niereninsuffizienz ohne Albuminurie).
Diabeteseinstellung
!
▶ In der Primärprävention der Nephropathie ist ein HbA1c-Wert
▶
▶
zwischen 6,5 % (48 mmol/mol) und 7,5 % (58 mmol/mol)
anzustreben. Dabei gilt der obere Zielbereich (7,0 – 7,5 % [53 –
58 mmol/mol]) für Patienten mit makroangiopathischen Komplikationen oder Vorliegen einer Hypoglykämiewahrnehmungsstörung.
In der Sekundärprävention sollte zur Verhinderung der Progression der diabetischen Nephropathie ein HbA1c-Wert von
< 7,0 % (< 53 mmol/mol) angestrebt werden, wenn eine klinisch
relevante Makroangiopathie oder eine Hypoglykämiewahrnehmungsstörung ausgeschlossen werden kann.
Der HbA1c-Wert unterschätzt in der Regel die Güte der Stoffwechseleinstellung bei Niereninsuffizienz (ab GFR < 60 ml/
min), insbesondere bei gleichzeitiger EPO- oder Eisentherapie.
Wichtig
Therapie-Besonderheiten bei nachlassender Nierenfunktion sind:
▶ Metformin: unter engmaschiger Kontrolle bei stabilen Patienten möglich bis zu einer GFR von 45 ml/min/1,73 m2 KO
▶ Glukosidasehemmer: keine Empfehlung wegen fehlender Studien
▶ Sulfonylharnstoffe: in der Regel Dosisreduktion, Ausnahme
Gliquidon. Kontraindikation bei Kreatinin-Clearance ≤ 30 ml/
min
Meglinide:
Dosisreduktion bei Kreatinin-Clearance < 30 ml/min
▶
DPP4-Inhibitoren:
Bei Kreatinin-Clearance < 60 ml/min Dosis▶
reduktion für Sitagliptin und Saxagliptin
Inkretin-Mimetika:
▶ Exenatide: Dosisreduktion bei Kreatinin-Clearance 50 – 30 ml/
min, Kontraindikation ab Kreatinin-Clearance < 30 ml/min.
▶ Liraglutide: Kontraindikation ab Kreatinin-Clearance < 30 ml/
min.
▶ Dulaglutid: Kontraindikation ab Kreatinin-Clearance < 30 ml/
min
▶ Insulin: im Verlauf meist Dosisreduktion
Blutdruckeinstellung
!
Therapieziele und Therapie
Normotensive Typ-1- und Typ-2-Diabetiker
!
Normotensive Typ-1- und Typ-2-Diabetiker mit persistierend erhöhter Albuminausscheidung können mit einem ACE-Hemmer
oder – bei Unverträglichkeit – mit einem AT1-Blocker behandelt
werden, wenn zusätzliche Risiken für die Entwicklung oder Progression einer Nephropathie bestehen.
Die Entwicklung und das Fortschreiten der diabetischen Nephropathie können beschleunigt werden durch
▶ unzureichende Blutzuckereinstellung,
▶ Hypertonie,
▶ Rauchen,
▶ evtl. Anämie,
▶ erhöhte Eiweißzufuhr.
Durch Beeinflussung dieser Faktoren kann man die Entwicklung
und/oder Progression der diabetischen Nephropathie verhindern
oder zumindest verlangsamen.
Da Patienten mit diabetischer Nephropathie ein exzessives kardiovaskuläres Risiko besitzen, ist ebenfalls eine konsequente Behand-
Hypertensive Typ-1- und Typ-2-Diabetiker
Bei hypertensiven Diabetikern mit Nephropathie sollte der systolische Blutdruck zuverlässig unter 140 mmHg gesenkt werden.
Als diastolischer Zielblutdruck sollte ein Wert von 80 mmHg angestrebt werden. Der Zielblutdruck ist individuell zu wählen in
Abhängigkeit von
Rüster C et al. Nephropathie bei Diabetes … Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2): S113–S118
DDG Praxisempfehlung
▶ der Urin-Albuminausscheidung (je höher die Proteinurie, des-
to niedriger der Zielblutdruck),
▶ Begleiterkrankungen.
Zur medikamentösen Therapie sollten primär eingesetzt werden:
ACE-Hemmer2 – bei Unverträglichkeit AT1-Blocker – allein oder
in Kombination mit Diuretika und/oder anderen Substanzen
" Abb. 2). Betablocker und Diuretika sind als weitere Kombina(●
tionspartner zur Prävention koronarer Komplikationen und zur
Blutdruckeinstellung empfohlen, können allerdings die Glukosetoleranz verschlechtern. Die kombinierte Therapie von AT1-Blockern und ACE-Hemmern sollte Spezialisten vorbehalten bleiben.
Praxistools s. Anhang
Abb. 2: Indikationsstellung und antihypertensive Therapie bei
Diabetes mellitus
Weitere Therapiemaßnahmen
!
1. Thrombozyten-Aggregationshemmung beim Nachweis kardiovaskulärer Komplikationen, z. B. mit ASS 100 mg/die
2. LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl absenken
3. Rauchen einstellen
4. Normalisierung einer erhöhten Eiweißaufnahme auf 0,8 – 1,0 g/
kg Körpergewicht
5. Behandlung einer Anämie entsprechend der zugrunde liegenden Ursache
6. Ausgleich eines gestörten Phosphat-Kalziumstoffwechsels durch
Phosphatsenker bzw. Vitamin D oder entsprechende Analoga
2
Wichtig
▶ Vermeidung von Röntgen-Kontrastmitteln!
▶ Vermeidung von nichtsteroidalen Antirheumatika!
▶ Antibiotische Therapie von Harnwegsinfektionen!
▶ Mögliche Kumulation von Medikamenten bei Niereninsuffizienz beachten!
▶ Anpassung von Medikamenten an die reduzierte Nierenfunktion!
Monitoring und Langzeitkontrolle
Folgende Parameter sollten je nach Nephropathie-Stadium 2- bis
4-mal jährlich überprüft werden:
▶ HbA1C, Lipide,
▶ Monitoring des Blutdrucks (einschließlich Selbstkontrolle und
evtl. 24-h-Blutdruckmessung),
▶ Serum-Kreatinin, Harnstoff und Kalium,
▶ Bestimmung der Albuminausscheidung,
▶ Berechnung oder Messung der Kreatinin-Clearance.
Ab dem Stadium 3 (Kreatinin-Clearance < 60 ml/min) zusätzlich:
▶ Hämoglobin, Hämatokrit,
▶ Serum-Phosphat, Serum-Kalzium,
▶ ggf. Parathormon.
Nephrologische Mitbetreuung ist bei Auftreten einer höhergradigen Niereninsuffizienz notwendig.
Adressen im Internet
!
www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
▶ Ausführliche Fassung der evidenzbasierten Leitlinien
www.diabetes-deutschland.de
▶ Informationssystem zum Diabetes mellitus
Für ACE-Hemmer sind neben dem nephroprotektiven Effekt günstige Wirkungen auf die Hemmung der Retinopathieprogression und die kardiovaskuläre Mortalität nachgewiesen.
Rüster C et al. Nephropathie bei Diabetes … Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2): S113–S118
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DDG Praxisempfehlung
Anhang: Praxistools
!
Tab. 1
Nephropathie-Stadien (neue Klassifikation) und assoziierte Begleiterkrankungen.
Stadium/Beschreibung
glomeruläre Filtra-
Albumin-Kreatinin-
tionsrate (ml/min)
Quotient im Urin (mg/g)
Nierenschädigung mit normaler
Nierenfunktion
1a Mikroalbuminurie
> 90
♂ 20 – 200 1; ♀ 30 – 300 1
1b Makroalbuminurie
> 90
♂ > 200 1; ♀ > 300 1
Nierenschädigung mit
Niereninsuffizienz (NI)
1
2
2 leichtgradige NI
60 – 89
♂ > 200 2; ♀ > 300 2
3 mäßiggradige NI
30 – 59
abnehmend
4 hochgradige NI
15 – 29
abnehmend
5 terminale NI
< 15
Bemerkungen
S-Kreatinin im Normbereich
Blutdruck im Normbereich steigend oder Hypertonie
Dyslipidämie, raschere Progression von KHK, AVK,
Retinopathie und Neuropathie
S-Kreatinin grenzwertig oder erhöht, Hypertonie,
Dyslipidämie, Hypoglykämieneigung rasche Progression von KHK, AVK, Retinopathie u. Neuropathie. Anämie-Entwicklung, Störung des Knochenstoffwechsels
bei Konzentrationsmessung ohne Bezug auf U-Kreatinin gilt: 20 – 200 mg/l.
bei Konzentrationsmessung ohne Bezug auf U-Kreatinin gilt: > 200 mg/l.
Tab. 2 Stadien der chronischen Niereninsuffizienz nach KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease.
Kidney International Supplements 2013; 3:5 – 14.
Prognose der chronischen Niereninsuffzienz
Albuminausscheidung im Urin (mg/g)
A1
A2
A3
normal bis
mäßig erhöht
schwer erhöht
< 30
30 – 300
> 300
hohes Risiko
leicht erhöht
Glomeruläre
Filtrations-rate
(ml/min/1,73 m 2)
G1
normal oder hoch
≥ 90
niedriges Risiko
mäßiges Risiko
G2
leicht erniedrigt
60 – 89
niedriges Risiko
mäßiges Risiko
hohes Risiko
G3a
leicht bis mäßig erniedrigt
45 – 59
mäßiges Risiko
hohes Risiko
sehr hohes Risiko
G3b
mäßig bis schwer erniedrigt
30 – 44
hohes Risiko
sehr hohes Risiko
sehr hohes Risiko
G4
schwer erniedrigt
15 – 29
sehr hohes Risiko
sehr hohes Risiko
sehr hohes Risiko
G5
nierenversagen
< 15
sehr hohes Risiko
sehr hohes Risiko
sehr hohes Risiko
Rüster C et al. Nephropathie bei Diabetes … Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2): S113–S118
DDG Praxisempfehlung
Abb. 1 Screening und Diagnostik der Nephropathie bei Diabetes mellitus.
Bestimmung der Albumin-Kreatinin-Ratio (AKR) im Urin und der eGFR
nein
ja
AKR Frauen > 30 mg/g Kreatinin
AKR Männer > 20 mg/g Kreatinin
ja
Gibt es Faktoren, die die
Albuminausscheidung beeinflusst
haben (nichtrenale Ursachen)?
Behandelbare Faktoren behandeln/
bei sonstigen warten bis Rückgang
nein
Zweite Bestimmung der AKR (< 3 Monaten)
nein
ja
AKR Frauen > 30 mg/g
AKR Männer > 20 mg/g
Dritte Bestimmung der AKR
nein
Albuminurie neg.
und eGFR ≥ 60 ml/min/
1,73 m2 KO
AKR Frauen > 30 mg/g
AKR Männer > 20 mg/g
ja
Albuminurie pos.
und eGFR < 60 ml/min/
1,73 m2 KO
Albuminurie neg.
und eGFR < 60 ml/min/
1,73 m2 KO
Kein Hinweis für
diabetische
Nephropathie
Weitere Abklärung:
Urinsediment, Nierensonographie,
ggf. nephrologisches Konsil*
Screening in einem
Jahr
Pathologische Befunde
Albuminurie pos.
und eGFR ≥ 60 ml/min/
1,73 m2 KO
nein
V. a. diabetische
Nephropathie
ja
V. a. nichtdiabetische
Nephropathie
*Der Verdacht auf eine nichtdiabetische Nierenkrankheit besteht insbesondere bei:
– fehlender diabetischer Retinopathie
– stark eingeschränkter oder rasch abfallender Nierenfunktion
– rasch zunehmender Proteinurie oder nephrotischem Syndrom
– therapierefraktärer arterieller Hypertonie
– Zeichen oder Symptomen einer Systemerkrankung
eGFR (ml/min/
2
1
CKD Sta-
Verlaufskontrolle in
6 Monaten +
Kontrolle der
Komorbiditäten +
Therapieintensivierung
Normoalbuminurie
Mikroalbuminurie
Makroalbuminurie1
1,73 m KO)
dium
> 60
1+2
DNP fraglich
DNP möglich
DNP sehr wahrscheinlich
30 – 60
3
DNP unwahrscheinlich
DNP möglich
DNP sehr wahrscheinlich
< 30
4+5
DNP unwahrscheinlich
DNP wahrscheinlich
DNP sehr wahrscheinlich
Tab. 3 DifferenZialdiagnose der
diabetischen Nephropathie (DNP)
nach glomerulärer Fitltrationsrate
(GFR), Stadium der chronischen
Niereninsuffzienz (CKD) und Ausmaß der Albuminurie.
Eine Makroalbuminurie deutet bei gleichzeitigem Nachweis einer diabetischen Retinopathie mit großer Wahrscheinlichkeit auf das
Vorliegen einer DNP hin.
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S118
DDG Praxisempfehlung
Blutdruckmessung
in der Praxis evt. plus ambulantes Blutdruckmonitoring
(ABDM) und Selbstmessung
RR 140/90 mmHg
Ziel:
Diastolischer Zielblutdruck
80 mmHg (systolischer
Blutdruck < 140 mmHg),
außerdem ggf. Rückbildung
von Albuminurie und linksventrikulärer Hypertrophie
RR 130 – 139/80 – 89 mmHg
Nichtmedikamentöse
Maßnahmen
Ziel innerhalb 3 Monaten
nicht erreicht
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
+
ACE-Hemmer*
oder
AT1-Rezeptorantagonist*
Ziel nicht erreicht,
in Abhängigkeit von Begleiterkrankung, Verträglichkeit
und Blutdrucksenkung
+ Diur.
dann zusätzlich KA od. BB,
dann zusätzlich α-BI
+ KA.
dann zusätzlich Diur. od. BB**,
dann zusätzlich α-BI
*Bei Vorliegen von Kontraindikationen alternativ Diuretikum, Kalziumantagonist oder Betablocker,
bei Frauen im gebärfähigen Alter ohne wirksame Kontrazeption Kalziumantagonist
evt. auch Betablocker
**Keine Kombination von Betablocker mit Verapamil oder Diltiazem
Diur. = Diuretikum
KA = Kalziumantagonist
BB = Betablocker
α-BI = Alphablocker
Erstveröffentlichung
5/2002 in: „Diabetes und Stoffwechsel“,
Kirchheim Verlag; Autor der Erstveröffentlichung: C. Hasslacher
Rüster C et al. Nephropathie bei Diabetes … Diabetologie 2015; 10 (Suppl 2): S113–S118
Abb. 2 Indikationsstellung und antihypertensive
Therapie bei Diabetes mellitus.
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