M E D I Z I N KURZBERICHT Akute Hepatitis C J. Tilman Gerlach1, 2, Helmut M. Diepolder1, 2, Maria-Christina Jung1, 2, Norbert H. Grüner2, Reinhart Zachoval1, Carl-Albrecht Schirren1, 2, Robert Hoffmann1, 2, Winfried W. Schraut2, Martin Waechtler3, Dieter Eichenlaub3, Gerd R. Pape1, 2 ZUSAMMENFASSUNG Seit dem Rückgang der transfusionsassoziierten Hepatitis C aufgrund regelmäßiger Tests aller Blutprodukte stellen der intravenöse Drogenmißbrauch und die sporadische Infektion die häufigsten Infektionsquellen mit dem Hepatitis-C-Virus dar. Wir haben den natürlichen Verlauf der symptomatischen akuten Hepatitis C an 38 Patienten untersucht. Die Diagnose der akuten Hepatitis C beruhte auf dem Vorliegen einer Serokonversion zu anti-HCV und dem klinischen Verlauf. Im Gegensatz zur transfusionsbedingten Hepatitis erfolgte bei der symptomatischen akuten Hepatitis C bei mehr als 50 Prozent der Patienten innerhalb von zehn Wochen nach dem Beginn der Erkrankung eine spontane und dauerhafte Viruselimination. Etwa 73 Prozent der Patienten mit chronischem Verlauf sprachen auf die antivirale Therapie an. Angesichts des hohen Prozentsatzes spontaner Viruseliminationen könnte die antivirale Soforttherapie im Gegensatz zu einem um 12 Wochen verzögerten Therapiebeginn mit Interferon a plus Ribavirin zu einer unnötigen Behandlung von über 50 Prozent dieser Patienten führen. Schlüsselwörter: Akute Hepatitis C, natürlicher Verlauf, Interferon, Viruselimination Acute Hepatitis C After the decline of transfusion associated hepatitis C, the main cause of acute hepatitis C (aHCV) today is intravenous drug abuse and community acquired sporadic infection. We studied the natural course of 38 patients presenting with symptomatic aHCV. Diagnosis was based on the history of acute hepatitis and seroconversion to anti-HCV. Symptomatic acute hepatitis C in contrast to transfusion associated infection took a selflimited course in more than 50 per cent of patients within ten weeks after onset of dis- ease. Approximately 73 per cent of patients with evolving chronic hepatitis responded to antiviral therapy. Instead of immediate antiviral treatment of patients that spontaneously clear the viral infection in more than 50 per cent a delayed start of combination therapy with interferon a and ribavirin 12 weeks after onset of disease in those who fail to clear infection seems to be more appropriate. Key words: Acute hepatitis C, natural course, interferon, viral clearance S eit der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus 1989 als wichtigster Erreger der Non-A-non-BPosttransfusionshepatitis ist die Zahl der transfusionsassoziierten Neuinfektionen durch konsequente Elimination HCV-positiver Blutprodukte in den USA von 180 000/Jahr Mitte der achtziger Jahre auf 28 000/Jahr Mitte der neunziger Jahre zurückgegangen (3). Nachdem heute die Neuinfektion durch Bluttransfusion nur noch einen untergeordneten Stellenwert besitzt, beschränken sich die verbleibenden Infektionsquellen im wesentlichen auf intravenösen Drogenmißbrauch und die sogenannte community acquired oder auch sporadische Hepatitis C. Eine Impfung gegen Hepatitis C ist derzeit nicht verfügbar und man muß damit rechnen, daß die Zahl der Neuinfektionen noch für längere Zeit nicht wesentlich gesenkt werden kann. Die Primärinfektion mit HCV verläuft in zirka 75 Prozent der Fälle inapparent und die Mehrzahl der Infizierten gelangt erst nach Jahren im Stadium der chronischen Hepatitis C in ärztliche Behandlung. Die Patienten mit akuter, symptomatisch verlaufender Hepatitis C dagegen suchen aufgrund der Krankheitssymptome wie Müdigkeit, Oberbauchschmerzen und/oder Ikterus frühzeitig ärztliche Hilfe. Diagnose einer akuten Hepatitis C Zur Diagnose einer akuten Hepatitis C existiert kein eindeutiger serologischer Marker. Der Nachweis für 1 II. Medizinische Klinik (Kommissarischer Leiter: Prof. Dr. med. Peter Schwandt) der Ludwig-Maximilians-Universität, München 2 Institut für Immunologie (Vorstand: Prof. Dr. med. Gert Riethmüller) der Ludwig-Maximilians-Universität, München 3 IV. Medizinische Abteilung (Chefarzt: Prof. Dr. med. Dieter Eichenlaub) des Krankenhauses München-Schwabing SUMMARY die akute Infektion ist nur durch eine dokumentierte Serokonversion zu anti-HCV-Antikörpern oder dem isolierten Nachweis von HCV-RNA noch ohne anti-HCV-Antikörper möglich. Postinfektionsverlauf Große Studien an Patienten mit posttransfusioneller Hepatitis C ergaben eine Chronifizierungsrate von bis zu 85 Prozent (2, 3, 6). Es muß allerdings beachtet werden, daß in diesen Studien auch das Gros der asymptomatischen Patienten eingeschlossen war. Im Vergleich mit den Untersuchungen an posttransfusionell infizierten Patienten zeigte sich je nach Infektionsmodus und Virusmenge bei symptomatisch erkrankten Patienten eine ähnliche Inkubationsperiode von ein bis acht Wochen bis zum Auftreten von HCV-RNA im Serum. Die Werte der Transaminasen stie- Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 48, 3. Dezember 1999 (39) A-3103 M E D I Z I N KURZBERICHT Tabelle Klinische, biochemische und virologische Patientendaten Chronifizierende aHCV spontan selbstlimitierte aHCV Genotyp n. Simmonds (%) 1a 24 10 1b 53 35 3 18 15 4 5 5 unbekannt – 35 Infektionsquelle bzw. Risikofaktor (%) unbekannt 22 35 iv-Drogenmißbrauch 22 30 medizinische Behandlung 33 35 sexuell 11 – parenteral 6 – beruflich 6 – Geschlechterverhältnis (%) weiblich/männlich 39/61 75/25 Zeit bis zur Transaminasennormalisierung (Mittelwert in Monaten) – 2,52 ALT max (Mittelwert in U/l) 708 920 Bilirubin max (Mittelwert in mg/dl) 5,1 6,1 aHCV = akute Hepatitis-C-Virusinfektion ALT = Alanin-Amino-Transferase gen erst nach sechs bis zwölf Wochen an. Anti-HCV-Antikörper waren etwa acht Wochen nach der Infektion nachweisbar. Bei zirka 50 Prozent der akut infizierten Patienten fanden sich beim Auftreten von Symptomen bereits HCV-spezifische Antikörper mittels ELISA der zweiten Generation (6). Therapie der akuten Hepatitis C mit Interferon a Die meisten Studien zur Interferon-Therapie der akuten Hepatitis C wurden ebenfalls an Patienten mit posttransfusioneller akuter Hepatitis C durchgeführt. Sie zeigten insgesamt einen signifikanten Vorteil der Interferon-Therapie in der aku- ten Phase der Hepatitis C (4, 9). Die posttransfusionelle akute Hepatitis C macht heute nur noch einen geringen Anteil (kleiner als fünf Prozent) an den HCV-Neuinfektionen aus. Bei Vorliegen einer akuten Hepatitis suchen hauptsächlich Patienten mit symptomatischer Erkrankung, wie zum Beispiel Ikterus und Oberbauchschmerzen, den Arzt auf. Bei diesem veränderten Patientenkollektiv mit symptomatischer akuter HCV-Infektion stellt sich die Frage nach der Therapie und dem geeigneten Therapiezeitpunkt. Studien zum natürlichen Verlauf der nicht transfusionellen Hepatitis C liegen bisher lediglich als retrospektive Analysen vor (1), bei denen noch nicht die heute verfügbaren diagnostischen Standards eingesetzt werden konnten. A-3104 (40) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 48, 3. Dezember 1999 Eine genaue Kenntnis des natürlichen Verlaufs der symptomatischen akuten Hepatitis C, wie sie sich heute dem Kliniker präsentiert, ist jedoch entscheidend für eine rationale und kosteneffiziente Behandlung dieser Patientengruppe. An unserer Klinik wurden im Rahmen einer prospektiven Studie zum natürlichen Verlauf der akuten Hepatitis C in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Schwabing 38 Patienten mit symptomatischer akuter Hepatitis C untersucht. Klinisches Erscheinungsbild Alle eingeschlossenen Patienten (w/m 22/16) wurden mit akut aufgetretenen Transaminasen-Erhöhungen mit und ohne Ikterus sowie unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Oberbauchschmerzen und Übelkeit mit Erbrechen stationär aufgenommen (Tabelle). Die Diagnose der akuten HCVInfektion basierte auf einer Erhöhung der Transaminasen auf mindestens das Zwanzigfache der Norm, einer Serokonversion von anti-HCVnegativ zu -positiv und dem Nachweis von HCV-RNA sowie dem Ausschluß anderer Ursachen für eine Hepatitis. Die Serokonversion konnte bei 25 Patienten dokumentiert werden und umfaßte entweder das Auftreten HCV-spezifischer Antikörper im ELISA oder die Konversion zu anti-HCV-core-positiv im Immunoblot. Bei allen Patienten war mindestens in der ersten Serumprobe HCV-RNA nachweisbar. Anamnestisch wurde, sofern vorhanden, die wahrscheinlichste Infektionsquelle in den vorausgegangenen sechs Monaten erfragt (beispielsweise neuer intravenöser Drogenkonsum, medizinische Eingriffe und anderes). Während alle Patienten hohe Transaminasen (Mittelwert 820U/l) aufwiesen, präsentierten sich nur 61 Prozent der Patienten mit Ikterus (Mittelwert 5,6 mg/dl). Ein Abfall des Quickwertes fand sich nur in seltenen Einzelfällen. Ein akutes Leberversagen wurde bei keinem Patienten beobachtet. Wir verfolgten den klinischen Ver- M E D I Z I N KURZBERICHT lauf bis zu 41 Monate (Mittelwert 16 Monate) unter Kontrolle der Transaminasen, des Bilirubins und der HCV-spezifischen Serummarker. Bei 53 Prozent (n = 20) der Patienten kam es durchschnittlich innerhalb von zehn Wochen nach symptomatischem Erkrankungsbeginn zu einer spontanen Normalisierung der Serumtransaminasen (Bereich 4 bis 24 Wochen) und einer nicht mehr nachweisbaren HCV-RNA im Serum (Bereich 4 bis 20 Wochen; Grafik A). Nach mehr als 20 Wochen fand sich bei keinem Patienten mehr eine spontane Ausheilung. Bei 18 Patienten, die erhöhte Transaminasen bei gleichzeitigem Nachweis von HCV-RNA aufwiesen, nahm die Infektion einen chronischen Verlauf; elf Patienten wurden mit dreimal 5 bis 6 Millionen IE Interferon a pro Woche oder mit einer Kombination aus Interferon a plus Ribavirin über sechs bis zwölf Monate therapiert. Bislang konnte bei fünf Patienten eine dauerhafte (länger als sechs Monate nach Therapieende) Viruselimination erreicht werden (Grafik B), während bei einem Patienten kein Ansprechen auf die Therapie zu verzeichnen war. Ein Patient zeigte nur eine passagere Viruselimination, und eine Patientin brach die Therapie erfolglos ab. Drei weitere Patienten befinden sich in Therapie und zeigen bislang ein biochemisches Ansprechen. Nach wie vor muß von einer großen Anzahl inapparent verlaufender HCV-Primärinfektionen ausgegangen werden, die nach dem derzeitigen Kenntnisstand zu einem hohen Prozentsatz einen chronischen Verlauf nehmen. Üblicherweise werden diese chronisch erkrankten Patienten nach Monaten bis Jahren bei Routinekontrollen aufgrund erhöhter Werte der Serumtransaminasen diagnostiziert und schließlich therapiert. Die Chance einer Viruselimination während der Therapie beträgt im chronischen Stadium in Abhängigkeit vom Alter des Patienten, Genotyp des Virus, der Virusmenge im Blut, der Dauer der Erkrankung und Art der Behandlung im Mittel 40 Prozent. Richtlinien für die Behand- lung der akuten Hepatitis C favorisieren bisher eine frühzeitige antivirale Therapie. Die Behandlung von Patienten mit akuter, überwiegend transfusionsassoziierter Hepatitis C in den ersten sechs Monaten nach Infektion sprach mit einer Viruselimination von 34 Prozent gegenüber einer spontanen Ausheilungsrate von zehn Prozent gut an. Bemerkenswerter Weise konnten wir in dem hier vorgestellten Patientenkollektiv von Patienten mit nicht transfusionsassoziierter symptomatischer aufwiesen, wurde bei Patienten mit konstant erhöhten Transaminasen und positiver HCV-RNA ab dem vierten Monat nach Erkrankungsbeginn eine antivirale Therapie empfohlen. Die präliminären Behandlungsergebnisse weisen auf ein sehr gutes Primäransprechen hin (neun von elf Patienten). Unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse zur Therapie der chronischen Hepatitis C mit Therapieschemata bestehend aus IFN/Ribavirin (7, 10) sollte der Pro- Grafik Alanin-Amino-Transferase Alanin-Amino-Transferase A HCV-RNA 600 HCV-RNA 1 000 500 B 800 400 Interferon α 600 300 400 200 200 100 0 0 2 4 6 8 10 12 Monate nach Erkrankungsbeginn 14 0 0 2 4 6 8 10 12 Monate nach Erkrankungsbeginn 14 Grafik (A) Verlauf einer akuten selbstlimitierten Hepatitis C mit raschem Abfall der Serumtransaminasen und dauerhaftem Verlust der HCV-RNA. (B) Akute Hepatitis C mit chronifizierendem Verlauf und Wiederanstieg der Serumtransaminasen nach drei Monaten Krankheitsverlauf. Rascher und dauerhafter RNA-Verlust nach Beginn einer Interferontherapie. akuter Hepatitis C in 53 Prozent eine Spontanelimination des Virus nachweisen. Ähnlich hohe spontane Eliminationsraten (57 Prozent und 59 Prozent) wurden in neueren Studien anderer Arbeitsgruppen an kleineren Patientenkollektiven, bestehend aus 17 und 21 Patienten, mit symptomatischer akuter Hepatitis C gefunden (5, 8, 11). Der wesentliche Unterschied zu den früheren Studien besteht im klinischen Erscheinungsbild, nämlich der symptomatischen Erkrankung, während in anderen Studien meist inapparente Infektionen untersucht wurden. Nachdem in dem vorgestellten Kollektiv 19 von 20 Patienten mit selbstlimitierter Infektion bereits nach vier Monaten normale Transaminasen bei negativer HCV-RNA zentsatz der erfolgreich therapierten Patienten mit dauerhafter Viruselimination nach akuter Hepatitis C ebenso hoch liegen. Prospektive kontrollierte Studien mit entsprechenden Kombinationstherapien müssen zeigen, ob das Konzept einer Behandlung von ausschließlich chronisch verlaufender symptomatischer akuter Hepatitis C drei bis vier Monate nach Erkrankungsbeginn einer Soforttherapie aller Patienten mit diesem Krankheitsbild überlegen ist. In der Gruppe der akut symptomatisch erkrankten Patienten würde die Therapie aller ein unnötiges, teures und nebenwirkungsreiches Vorgehen bei über fünfzig Prozent dieser Patienten bedeuten. Dagegen gilt für die posttransfusionelle und für die asymptomatische Form der akuten Hepatitis C Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 48, 3. Dezember 1999 (41) A-3105 M E D I Z I N KURZBERICHT/FÜR SIE REFERIERT die in den Konsensuskonferenzen empfohlene Soforttherapie. Zukünftige Untersuchungen sollten im Interesse der Patienten zu einem differenzierten therapeutischen Vorgehen bei Patienten mit akuter Hepatitis C führen. Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 1999; 96: A-3103–3106 [Heft 48] Literatur 1. Alter MJ: Community acquired viral hepatitis B and C in the United States. Gut 1993; 34: 17–19. 2. Alter MJ: Transmission of hepatitis C virus-route, dose and titer. N Engl J Med 1994; 330: 784–786. 3. Alter MJ: Epidemiology of hepatitis C. Hepatology 1997; 26 (3 Suppl. I): 62–65. 4. Cama C, Almasio P, Craxi A: Interferon as treatment for acute hepatitis C. A metaanalysis. Dig Dis Sci 1996; 41 (6): 1248– 1255. 5. Diepolder HM, Zachoval R, Hoffmann RM et al.: Possible mechanism involving T-lymphocyte response to non-structural protein 3 in viral clearance in acute hepatitis C virus infection. Lancet 1995; 346: 1006–1007. 6. Hoofnagel JH: Hepatitis C: the clinical spectrum of disease. Hepatology 1997; 26 (3 Suppl. I): 15–20. 7. McHutchison JG, Gordon SC, Schiff ER et al.: Interferon alfa-2b alone or in combination with ribavirin as initial treatment for chronic hepatitis C. Hepatitis Interventional Therapy Group (IHIT). N Engl J Med 1998; 339 (21): 1485–1492. 8. Missale G, Bertoni R, Lamonaca V et al.: Different clinical behaviors of acute hepatitis C virus infection are associated with different vigor of the anti-viral cellmediated immune response. J Clin Invest 1996; 98 (3): 706–714. 9. Poynard T, Leroy V, Cohard M et al.: Meta-analysis of interferon randomized trials in the treatment of viral hepatitis C: effects of dose and duration. Hepatology 1996; 24 (4): 778–789. 10. Poynard T, Marcellin P, Lee SS et al.: Randomized trial of interferon alpha 2b plus ribavirin for 48 weeks or for 24 weeks versus interferon alpha 2b plus placebo for 48 weeks for treatment of chronic infection with hepatitis C virus. International Hepatitis Interventional Therapy Group (IHIT). Lancet 1998; 352: 1426–1432. 11. Santantonio T, Casalino C, Guastadisegni A, Mazzola M, Punzi G, Pastore G: Clinical and serological characteristics of patients with self-limiting or chronic evolving hepatitis C: A prospective study. Hepatology 1997; 26 (4): 303A. Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Gerd R. Pape Medizinische Klinik II Klinikum Großhadern Ludwig-Maximilians-Universität Marchioninistraße 15 81366 München Revaskularisation bei Myokardinfarkt Eine nordamerikanische Multicenterstudie untersuchte randomisiertkontrolliert den Nutzen einer frühen Revaskularisation für Patienten mit Myokardinfarkt, der durch einen kardiogenen Schock kompliziert wurde. 302 Patienten wurden in die Studie eingebracht, 152 Patienten wurden entweder mittels Notfall-Koronarangioplastie oder Notfall-Bypassoperation revaskularisiert, 150 Patienten erhielten eine konservative Therapie einschließlich systemischer Thrombolyse. Bei beiden Gruppen wurden zusätzlich Katecholamine sowie die intraaortale Ballonpumpe zur Kreislaufstabilisierung eingesetzt. Nach 30 Tagen zeigte sich nur ein statistischer Trend zugunsten der revaskularisierten Patienten (Mortalität 46,7 versus 56 Prozent). Erst nach sechs Monaten war in der revaskularisierten Gruppe mit 50,3 Prozent versus der konservativen Gruppe mit 63,1 Prozent die Mortalität signifikant gesenkt. Aufgrund dieser Ergebnisse empfehlen die Autoren, bei Patienten mit akutem Herzinfarkt und kardiogenem Schock frühzeitig eine Revaskularisierung einzusetzen. acc Hochmann JS et al.: Early revascularization in acute myocardial infarction complicated by cardiogenic shock. N Eng J Med 1999; 341: 625–634. Dr. Hochmann, St. Luke’s-Roosevelt Hospital Center, 1111 Amsterdam Ave., New York, NY 10025, USA. Schlafapnoe bei Herzinsuffizienz Während die Mechanismen der häufigeren obstruktiven Schlafapnoe mit konsekutiver pulmonal-arterieller Hypertonie und Rechtsherzinsuffizienz weitgehend erforscht sind, ist über die Ursache der weitaus selteneren zentralen Schlafapnoe wenig bekannt. Sie tritt meist bei Patienten mit Herzinsuffizienz auf und wird auf eine Störung des Atemantriebs zurückgeführt. Untersuchungen im Schlaflabor bei Patienten mit Herzinsuffizienz zeigten, daß bei den Patienten mit zentraler Schlafapnoe eine erhöhte Sensitivität für CO2 besteht (nachweisbar durch gesteigertes Atemminutenvolumen in Antwort auf CO2-Abfall im Blut). Dies führt zu einem übersteigerten Rückkopplungs- mechanismus: Die bei Tage sinnvolle Sensitivitätssteigerung gegenüber schwankenden CO2-Spiegeln bei Herzinsuffizienz führt während des Schlafs, wenn normalerweise stärkere Schwankungen im CO2-Spiegel toleriert werden sollten, zu einer überschießenden Gegenregulation. Dann werden steigende CO2-Spiegel mit Hyperventilation beantwortet und der daraufhin eintretende starke CO2-Abfall mit langanhaltenden Apnoe-Phasen. acc Javaheri S: A mechanism of central sleep apnea in patients with heart failure. N Eng J Med 1999; 341: 949–954. Dr. Javaheri, Pulmonary Section, VA Medical Center, 3200 Vine Street, Cincinnati, OH 45220, USA. Mutaflor versus 5-ASA bei Colitis ulcerosa Die Autoren berichten über eine randomisierte Doppelblindstudie an 120 Patienten mit florider Colitis ulcerosa, bei denen entweder der E.-coliStamm Nissle 1917 (Mutaflor) oder dreimal 800 mg 5-ASA (Asacol) zum Einsatz kamen. Alle Patienten bekamen zunächst eine Woche lang oral dreimal 80 mg Gentamycin. Unter Mesalazin konnte in 75 Prozent eine Remission erreicht werden, unter Mutaflor in 68 Prozent. Eine Remission war im Durchschnitt nach 44 Tagen zu erzielen. Die Rezidivrate lag unter 5- A-3106 (42) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 48, 3. Dezember 1999 ASA bei 73 Prozent, in der Mutaflorgruppe bei 67 Prozent. Die Remissionsdauer lag bei 204 beziehungsweise 221 Tagen. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß die Gabe nicht pathogener Kolibakterien in etwa den gleichen Effekt zeigt wie die Gabe von 5-ASA. w Rembacken BJ, Snelling AM, Hawkey PM et al.: Non-pathogenic Escherichia coli versus mesalazine for the treatment of ulcerative colitis: a randomized trial. Lancet 1999; 354: 635–639. Centre for Digestive Diseases, The General Infirmary at Leeds, Great Shore Street, Leeds LS1 3EX, United Kingdom.