Experten-Beiträge Ärzte, Betroffene und Angehörige über Diagnose, Therapie und den Umgang mit Lungenkrebs Experten-Beiträge Inhalt 1. Diagnose: „Zuverlässige Verfahren machen auch kleine Tumoren sichtbar“ Dr. David F. Heigener, Krankenhaus Großhansdorf 2. Operation: „Operationen verlaufen heute schonender“ Dr. Gunda Leschber, Evangelische Lungenklinik, Berlin (ELK) 3. Chemotherapie: „Fortschritt dank neuer Therapieoptionen“ Prof. Martin Wolf, Klinikum Kassel 4. Strahlentherapie: „Die Möglichkeiten der Strahlentherapie sind noch nicht ausgeschöpft“ PD Dr. Ursula Nestle, Strahlenthrapeutin, Uniklinik Freiburg 5. Rehabilitation: „Patienten sind aktiver Partner des Therapeuten“ Prof. Oliver Rick, Klinik Reinhardshöhe, Bad Wildungen 6. Atemtherapie: „Atemtherapie verbessert auch das Wohlbefinden“ Dr. Anett Reißhauer, Charité-Universitätsmedizin Berlin 7. Psychoonkologie: „Ein lückenloses Angebot ist wichtig“ Dr. Andrea Petermann-Meyer, Praxis mit Schwerpunkt Psychoonkologie, Aachen Dr. David F. Heigener, Krankenhaus Großhansdorf „Zuverlässige Verfahren machen auch kleine Tumoren sichtbar“ Bei Lungenkrebs stehen verschiedene Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung Bei Lungenkrebs ist es enorm wichtig, die Tumore rechtzeitig zu entdecken und eine eindeutige Diagnose zu stellen. Je eher die Krankheit bemerkt wird und je exakter wir sie beschreiben, desto gezielter und erfolgreicher lässt sie sich behandeln. Hierfür gibt es in der Pneumologie – also der Lungenheilkunde – mittlerweile zuverlässige Verfahren, die im Gegensatz zu früher auch sehr kleine Tumore sichtbar machen und uns den Krankheitsgrad genau einschätzen lassen. Eine spezielle Röntgenuntersuchung etwa – die sogenannte Positronen-EmissionsTomografie (PET) – macht es sich zunutze, dass Tumore einen erhöhten Stoffwechsel aufweisen. Eine vorab gespritzte radioaktive Zuckerlösung reichert sich speziell in diesem Gewebe an. Im Röntgenbild ist es so klar von gesundem Gewebe unterscheidbar. Auch Fernmetastasen lassen sich so feststellen. Eine Gewebeprobe ersetzt die Methode jedoch nicht. Daher ist die Entnahme von Tumorgewebe mittels der Bronchoskopie entscheidend. Denn um die Diagnose zu sichern und die Krankheit weiter einzugrenzen, muss immer auch Gewebe im Labor analysiert werden. Die Menge, die wir hierbei entnehmen, ist heute noch relativ klein. Ideal wäre ein Verfahren, dass mehr Material liefert. Das ist manchmal mit Hilfe der starren Bronchoskopie möglich, die in Vollnarkose durchgeführt wird. Es ist ein Verfahren, dass hohe Kompetenz erfordert. Hierbei können größere Proben entnommen werden, so dass ausreichend Tumorgewebe für verschiedene Untersuchungen über einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht. Im Verlauf der Krankheit kann beispielsweise der Einsatz von so genannten zielgerichteten Therapien in Frage kommen, für die die Krebszellen auf bestimmte Veränderungen im Erbgut getestet werden. Den Patienten bleibt dann eine erneute Gewebeentnahme erspart. Auch wenn wir immer zuverlässigere Verfahren zur Diagnose von Lungenkrebs haben – sie kommen erst dann zum Einsatz, wenn bereits ein Verdacht besteht. Eine effektive Methode zur Früherkennung gibt es heute noch nicht. Die sogenannte LowDose-Computertomografie, also eine Computertomografie (CT) mit reduzierten Strahlen, wird in diesem Bereich zurzeit erprobt. Sie ist etwas ungenauer als die klassische CT, aber durch die geringere Strahlendosis für regelmäßige Untersuchungen besser geeignet. Aktuell laufen Studien, in denen starke Raucher einmal jährlich per Low-Dose-CT untersucht werden. Meiner Meinung nach ist sie jedoch auch noch nicht ideal, da sie sehr aufwendig ist und die Patienten weiterhin einer beträchtlichen Strahlendosis ausgesetzt sind. Anders hingegen ein neuer Gentest auf zirkulierende, also wandernde Tumorzellen im Blut, dessen Nutzen Wissenschaftler derzeit prüfen. Aus einer Milliarde Zellen kann hierbei eine einzelne Tumorzelle herausgefiltert werden. Ich halte es für denkbar, dass sich hieraus eine schonende Methode zur Früherkennung und Diagnose entwickelt. Das Verfahren birgt keine Risiken und ersetzt möglicherweise langfristig sogar eine Gewebeprobe. Zusätzlich kann der Nachweis und die Menge der Tumorzellen im Blut Aufschluss darüber geben, wie eine geplante Therapie anschlägt und ob sie im individuellen Fall sinnvoll ist. Wir könnten also rasch feststellen, ob eine Therapie hilft oder ob wir besser eine andere wählen. Wenn sich der Bluttest bewährt, wäre das für die Bekämpfung von Lungenkrebs ein wichtiger Fortschritt. Dr. med. David F. Heigener Oberarzt Onkologischer Schwerpunkt, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Krankenhaus Großhansdorf Weitere Informationen finden Sie hier >> Dr. Gunda Leschber, Evangelische Lungenklinik, Berlin (ELK) „Operationen verlaufen heute schonender“ Durch neue Methoden können Patienten sich schneller erholen Die wirkungsvollste Therapie bei Lungenkrebs ist nach wie vor, den Tumor durch eine Operation vollständig zu entfernen – vorausgesetzt dieser ist noch nicht zu groß und hat nicht in andere Organe gestreut. Etwa ein Drittel der Patienten kommt für einen Eingriff in Frage. Wichtig ist aber auch der Allgemeinzustand der Betroffenen. Besonders bei weiteren Krankheiten, eingeschränkter Lungenfunktion oder höherem Lebensalter wägen wir sorgfältig den Nutzen einer Operation gegen deren Risiken ab. Eine Lungenoperation ist ein großer Eingriff, bei dem wir je nach Größe und Lage des Tumors einzelne Lungenlappen oder auch einen ganzen Lungenflügel entfernen. Damit keine Krebszellen im Körper verbleiben, entnehmen wir um den Tumor herum zusätzlich immer etwas gesundes Gewebe. Nach der Operation bleiben die Patienten etwa sieben bis zehn Tage im Krankenhaus, da sie häufig unter Schmerzen beim Atmen oder Husten leiden. Diese können wir aber mit Medikamenten gut behandeln. Um die Heilungszeit zu verkürzen und Beschwerden zu mildern, hat sich in den letzten Jahren einiges getan: Besonders schonend ist die minimal-invasive Operation, auch „Schlüsselloch-Operation“ genannt. Hier wird der Eingriff über zwei bis drei kleine Schnitte mit besonders feinen Instrumenten sowie einer Videokamera ausgeführt. Trotz der kleineren Operationswunde kann bis zu ein Lungenlappen entfernt werden. Für die Patienten hat diese Operation den Vorteil, dass sie deutlich weniger Schmerzen verspüren und sich schneller erholen: Schon nach wenigen Tagen verlassen die meisten das Krankenhaus wieder. Das ist ein großer Fortschritt, da wir durch die geringere Belastung nun auch ältere Patienten und Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion oder anderen Krankheiten operieren können. Allerdings ist für die minimal-invasive Operation sehr viel Erfahrung nötig. Der Chirurg muss optimal mit den feinen Instrumenten umgehen können. Zu empfehlen sind Kliniken, die aufgrund bestimmter Qualitätsstandards, hoher Erfahrungswerte und einer großen Anzahl an durchgeführten Operationen von Fachgesellschaften oder der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert wurden. Sie haben bewiesen, dass Lungenkrebspatienten hier die bestmögliche Versorgung erhalten und dürfen sich daher zertifiziertes „Lungenkrebszentrum“ oder „Thoraxzentrum“ nennen. Nicht bei allen Lungenkrebs-Patienten ist jedoch die Schlüsselloch-Operation möglich. Insbesondere größere Tumore oder solche, die schwerer zu erreichen sind, erfordern nach wie vor die Öffnung des Brustraums. Diese Entscheidung trifft aber nicht der behandelnde Arzt alleine, sondern wir besprechen im Team, welches Verfahren in Frage kommt. In regelmäßigen Tumorkonferenzen erstellen Chirurgen, Onkologen, Pneumologen und Strahlentherapeuten gemeinsam für jeden einzelnen Patienten ein Konzept für die bestmögliche Therapie. Als Chirurgin wünsche ich mir natürlich, dass in Zukunft die Anzahl der Patienten steigt, denen wir mit einer Operation helfen können. Je früher die Patienten zu uns kommen und je kleiner die Tumore sind, desto besser sind die Heilungschancen. Ergebnisse einer großen amerikanischen Studie zur Früherkennung von Lungenkrebs per Lowdose-CT – einer Computertomographie mit geringerer Strahlendosis – lassen hoffen, dass dies in Zukunft der Fall sein wird. Dr. med. Gunda Leschber Fachärztin für Chirurgie und Thoraxchirurgie, Chefärztin der Klinik für Thoraxchirurgie, Evangelische Lungenklinik Berlin (ELK), Zertifiziertes Thoraxzentrum (Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT), Zertifiziertes Lungenkrebszentrum (Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) Weitere Informationen finden Sie hier >> Prof. Dr. Martin Wolf, Klinikum Kassel „Fortschritt dank neuer Therapieoptionen“ Die Entwicklung von zielgerichteten Medikamenten bringt Hoffnung In den letzten zehn Jahren hat sich in der Therapie von Lungenkrebs viel getan. Die wichtigste Neuerung ist sicher die Gabe einer Chemotherapie im Anschluss an eine Operation, die sogenannte adjuvante Chemotherapie. Hier wissen wir, dass dadurch die Heilungschance der Patienten mit größeren Tumoren oder bei Befall von Lymphknoten deutlich besser ist. Ein zweiter wichtiger Fortschritt ist die Verbesserung der klassischen Chemotherapie. Hier gibt es inzwischen Medikamente mit einer gezielten Wirksamkeit bei Unterformen von Lungenkrebs, sodass die Auswahl der Chemotherapie von der Art und den biologischen Eigenschaften des Tumors abhängig ist. Der dritte wichtige Fortschritt wurde durch die Einführung zielgerichteter Therapieverfahren erreicht. Diese Medikamente hemmen gezielt das Tumorwachstum oder stoppen die Blutversorgung des Tumors. Durch die Zugabe oder den alleinigen Einsatz dieser Medikamente kann die Überlebenszeit von Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs verlängert werden. Zielgerichtete Substanzen sind momentan unser wichtigstes Forschungsfeld. Wir versuchen, die Krankheit immer besser zu verstehen und die Faktoren zu identifizieren, die das Wachstum eines Tumors begünstigen. Kennen wir diese Faktoren, sind wir in der Lage, Medikamente zu entwickeln, die ihnen gezielt entgegen wirken. Einige solcher Substanzen gibt es bereits, andere werden noch erforscht. Meiner Einschätzung nach wird ihre Zahl in den nächsten Jahren stark ansteigen. Um neue Therapien zu entwickeln, sind klinische Studien notwendig. Ich empfehle meinen Patienten immer, an einer Studie teilzunehmen. Zum einen profitieren sie selber direkt davon, da sie in Studien neueste Therapien erhalten und optimal versorgt werden. Zum anderen ist medizinischer Fortschritt nur möglich, wenn uns die Patienten unterstützen. Zusätzlich hoffen wir, den Tumor durch eine Reihe von Gentests schon vor Beginn der Therapie genauer zu charakterisieren, um ihn dann individuell zu behandeln. Hier stehen wir noch ziemlich am Anfang. Einige Gentests verwenden wir bereits, um beispielsweise zu prüfen, ob die Gabe bestimmter Wachstumshemmer erfolgversprechend ist. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie zwar Eckpfeiler der Lungenkrebserkrankung bleiben, vor allem aber die Entwicklung von individuell zugeschnittenen und gezielt wirkenden Therapien immer weiter voranschreitet. Professor Dr. med. Martin Wolf Facharzt für Hämatologie und Internistische Onkologie, Immunologie und Innere Medizin, Chefarzt der Medizinischen Klinik IV, Klinikum Kassel Weitere Informationen finden Sie hier >> PD Dr. Ursula Nestle, Universitätsklinikum Freiburg „Die Möglichkeiten der Strahlentherapie sind noch nicht ausgeschöpft“ Neue Verfahren machen die Strahlentherapie wirksamer – und schonender Bei der Therapie von Lungenkrebs spielt die Strahlentherapie eine wichtige Rolle. Sie zerstört Krebszellen oder hindert sie daran, sich zu vermehren. Entscheidend ist, den Tumor mit einer möglichst hohen Dosis zu bestrahlen, gleichzeitig aber das umliegende Gewebe zu schonen. Bisher bestand das Problem darin, dass sich beides miteinander nur schwer vereinbaren ließ. Wählte man eine hohe Dosis, die notwendig ist, um den Tumor zu zerstören, schädigten die Strahlen auch das Gewebe, das sie entweder auf dem Weg dorthin durchquerten, oder das man vorsorglich bestrahlte, weil nicht eindeutig ersichtlich war, wohin sich der Tumor bereits ausgebreitet hatte. Nahm man umgekehrt eine niedrige Dosis, um solche Nebenwirkungen auszuschließen, verringerte sich die Wirkung am Tumor. Heute sind die Techniken zum Glück deutlich genauer und zielgerichteter. Die sogenannte Stereotaxie, bei der man hochpräzise jeden Punkt im Körper erreichen kann, ist zum Beispiel eine solche schonende Methode, um tiefliegende, inoperable Tumore zu behandeln. Das bedeutet auch, dass Patienten, die als nahezu nicht mehr therapierbar galten, nun sogar wieder eine Chance auf Heilung haben. Das ist ein enormer Fortschritt. Mit Hilfe von modernen bildgebenden Verfahren, wie beispielsweise der PositronenEmissions-Tomografie (PET), einem speziellen nuklearmedizinischen Verfahren, mit dem ein Tumor aufgrund seines gestörten Stoffwechsels sehr exakt lokalisiert werden kann, lassen sich auch weiter ausgebreitete Tumore zielgerichtet bestrahlen. Hier können die Mediziner die genaue Ausbreitung des Tumors viel zuverlässiger einschätzen und sich dadurch auf kleinere Bestrahlungsfelder beschränken. Neben den modernen Therapieverfahren ist es entscheidend, dass die einzelnen Wissenschaften zusammen arbeiten. Wir legen in unserer Klinik großen Wert darauf, dass sich die unterschiedlichen Abteilungen beraten und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Die Patienten profitieren enorm davon, dass zum Beispiel die Strahlentherapie und die Chirurgie kooperieren. So können die Strahlen einen inoperablen Tumor so weitverkleinern, dass die Chirurgen ihn doch entfernen können. Oder sie zerstören nach einer Operation verbliebene Krebszellen. Aber auch ohne Operation besteht in vielen Fällen eine Heilungschance durch die Kombination von Strahlen und Chemotherapie. Hier ist die Zusammenarbeit mit der Hämatologie wichtig. Trotz der bisher großen Fortschritte sind die Möglichkeiten der Strahlentherapie noch lange nicht ausgeschöpft. Die Stereotaxie kommt bisher nur speziell Patienten mit kleinen, inoperablen Tumoren innerhalb der Lunge zu gute. Ziel muss sein, dass auch andere Patientengruppen von dieser schonenden Methode profitieren. Wir arbeiten auch daran, durch intelligenten Einsatz der modernen Bildgebung die herkömmliche Strahlentherapie verträglicher zu machen. Parallel finden gerade Studien zum sogenannten „Dose-Painting“ statt. Bei diesem Verfahren sollen verschiedene Tumoranteile unterschiedliche Strahlendosen erhalten. Das heißt, dass die Gesamtdosis in unterschiedlicher Intensität auf den Tumor verteilt wird. Bereiche mit empfindlichem Gewebe werden so geschont, ohne die Strahlendosis auf den Tumor insgesamt reduzieren zu müssen. Der Tumor lässt sich so kontrollierter und mit weniger Nebenwirkungen behandeln. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir mehr Tumore in Frühstadien erkennen, in denen wir sie – auch durch die hochpräzise Strahlentherapie – häufiger heilen können. Privatdozentin Dr. med. Ursula Nestle Klinik für Strahlenheilkunde – Radiologische Klinik, Universitätsklinikum Freiburg Weitere Informationen finden Sie hier >> Prof. Dr. Oliver Rick, Klinik Reinhardshöhe, Bad Wildungen „Patienten sind aktiver Partner des Therapeuten“ Bei der Rehabilitation stehen die individuellen Bedürfnisse im Vordergrund Die Rehabilitation von Lungenkrebspatienten wird ständig weiterentwickelt und verbessert. Hat man Patienten früher passiv in Form von Massagen oder Heilbädern behandelt, sind sie heute aktiver Partner der Therapeuten. Sie entscheiden mit, was sie erreichen möchten und welchen Einsatz sie zu leisten bereit sind. Hier sind wir als Fachleute gefragt, die Patienten zu motivieren und ihnen realistische Möglichkeiten aufzuzeigen – viele unterschätzen sich nämlich. Es ist viel Fingerspitzengefühl seitens des Klinikpersonals nötig, um auf den Einzelnen optimal einzugehen. Der gesamte Aufenthalt in einer Reha-Klinik läuft daher nicht mehr nach einem Standardschema ab. Die individuellen Bedürfnisse stehen im Vordergrund, denn jeder Patient ist anders und hat eigene Probleme, Vorstellungen und Wünsche. In unserem Haus beginnt die Rehabilitation immer mit einem ausführlichen Gespräch und der körperlichen Untersuchung der Patienten. Das ist wichtig, um den jeweiligen Gesundheitszustand und auch die Anliegen der Patienten zu berücksichtigen. Darauf aufbauend vereinbaren unsere Ärzte mit ihnen sogenannte Reha-Ziele und unsere Therapeuten erstellen dann ein Programm, das optimal auf diese Ziele hinarbeitet. Denn am wichtigsten für das Wohlbefinden der Patienten ist, dass sie nach der kräftezehrenden Therapie möglichst bald wieder auf die Beine kommen – sowohl psychisch als auch körperlich. Letzteres ist gerade nach einer Operation wichtig. Viele leiden unter Atemproblemen und sind weniger belastbar. Wir bieten hierfür eine spezielle Atemgymnastik an, die die Leistungsfähigkeit der Lunge verbessert. Dabei trainieren wir gezielt das tiefe Einund Ausatmen, um Atemnot und Infekten vorzubeugen. Abwechslungsreiches und leichtes Ausdauertraining unter-stützt die Lungenfunktion zusätzlich und stärkt den gesamten Körper. Auf Schmerzen oder Nebenwirkungen der Chemotherapie gehen wir im Rahmen der Rehabilitation ebenso ein. Auch den psychischen Belastungen widmen wir uns heute sehr viel mehr als früher. Wir wissen, dass gerade Krebspatienten enorm unter ihrer Krankheit leiden und meiner Erfahrung nach hindern Angstgefühle sie in besonderer Weise daran, wieder in den Alltag zurückzufinden. Gespräche mit Psychoonkologen helfen den Patienten dabei, sich mit ihren seelischen Nöten auseinanderzusetzen. Sie entwickeln gemeinsam Methoden, die Betroffene dabei unterstützen, mit dem Lungenkrebs umzugehen. Zusätzlich ist es meist sehr hilfreich im Rahmen des Klinikaufenthalts auf Gleichgesinnte zu stoßen und sich auszutauschen. Dadurch hat sich schon so mancher Blickwinkel geändert. In unserem Haus achten wir daher auch auf ein breites nicht-medizinisches Angebot wie Kegeln oder Billard, bei dem die Patienten ungezwungen aufeinandertreffen. Professor Dr. med. Oliver Rick Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie Chefarzt der Klinik Reinhardshöhe, Fachklinik für onkologische Rehabilitation, Bad Wildungen Weitere Informationen finden Sie hier >> Dr. Anett Reißhauer, Charité-Universitätsmedizin, Berlin „Atemtherapie verbessert auch das Wohlbefinden“ Spezielle Übungen und Techniken lenken die Atmung in die richtige Bahn Die Atemtherapie hat in unserer Klinik einen hohen Stellenwert bei der Behandlung von Patienten mit Lungenkrebs. Sie ist grundsätzlich ratsam, gleichgültig, ob eine Operation stattgefunden hat oder die medikamentöse Therapie im Vordergrund steht. Denn bei den meisten Betroffenen ist die Atemkapazität eingeschränkt und eine Atemtherapie kann dem entgegenwirken. Wird bei einer Operation Lungengewebe entfernt, muss die restliche Lunge diesen Verlust so gut wie möglich ausgleichen. Die Patienten benötigen eine gewisse Zeit, um sich an diese Umstellung zu gewöhnen. Daneben haben viele Betroffene nach einer Operation Schmerzen und vermeiden auch deshalb, tief einzuatmen. Die Atmung ist dann häufig zu flach. Gerade zu diesem Zeitpunkt ist es aber wichtig, die Lunge gut zu belüften, auch damit der Schleim ausreichend abgehustet wird. Geschieht dies nicht, ist die Gefahr einer Lungenentzündung hoch. Atemübungen gehören daher in vielerlei Hinsicht zu einer umfassenden und ganzheitlichen Behandlung. Auch fühlen sich Patienten während und nach der Therapie meist schwächer und haben weniger Vertrauen in die Leistungsfähigkeit ihres Körpers. Das verunsichert die Patienten im Alltag sehr. Durch den Trainingseffekt einer konsequenten Atemtherapie verbessert sich die Atmung langfristig und damit auch das Wohlbefinden. Neben speziellen Atemtechniken, Haltungsübungen und Lagerungstechniken, bei denen der Patient in einer bestimmte Position wie zum Beispiel der Dehnlage liegt um leichter atmen zu können, werden Hilfsmittel wie die sogenannten Triflows genutzt. Hierbei bewegt man Kugeln durch die Atmung in einer Röhre und schult so gezielt das tiefe Einatmen. Neben den klassischen Atemübungen hat sich auch die reflektorische Atemtherapie bewährt, die in Kombination mit Krankengymnastik, Bewegungstherapie, thermischen Anwendungen und Massagen zum Einsatz kommt. Gezielt eingesetzte Reize lenken die Atmung wieder in die richtige Bahn. Ziel ist es, den Patienten zu einem möglichst natürlichen, tiefen und gesunden Atmen zu verhelfen, wie es für sie vor der Krankheit selbstverständlich war. In meiner täglichen Arbeit beobachte ich, dass Atemtherapie auch das Wohlbefinden der Betroffenen verbessert und ihnen Vertrauen in ihren Körper zurückgibt. Neben Entspannungs- und Atemübungen ist zusätzlich auch die Schmerztherapie sehr wichtig, denn nur schmerzfreie Patienten können frei durchatmen. Die Dauer und die Art der Atemtherapie richten sich nach der individuellen Situation der Betroffenen: Sie erhalten jeweils ein auf sie zugeschnittenes Programm, welches sie langfristig auch zu Hause regelmäßig nutzen sollten. Wir legen besonderen Wert darauf, die Atemübungen mit den Patienten frühzeitig zu trainieren, nach Möglichkeit schon vor einer Operation, um hinterher den bestmöglichen Erfolg zu erzielen. Dr. med. Anett Reißhauer Leiterin des Arbeitsbereiches für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Charité-Universitätsmedizin Berlin Weitere Informationen finden Sie hier >> Dr. Andrea Petermann-Meyer, Praxis mit Schwerpunkt Psychoonkologie, Aachen „Ein lückenloses Angebot ist wichtig“ Psychoonkologische Unterstützung hilft, die Erkrankung zu verarbeiten Die direkten Folgen der Krankheit, die Angst vor einem Rückfall und nicht zuletzt die Hilflosigkeit bei einer potenziell tödlichen Krankheit lähmen viele Patienten. Sie fühlen sich mitunter machtlos, wütend und verzweifelt. Bei Lungenkrebs kommt gerade bei Rauchern oft ein weiteres negatives Gefühl hinzu: Schuld. Viele Patienten erleben eine Stigmatisierung und machen sich Vorwürfe. Bei einem psychoonkologischen Gespräch gebe ich den Betroffenen Raum, diese Gefühle auszudrücken und zu verarbeiten. Dies kann an regelmäßigen Terminen stattfinden oder je nach Bedarf in größeren Abständen. Die Patienten lernen hier, mit den krankheitsbedingten Problemen umzugehen. Das sieht im Einzelfall sehr unterschiedlich aus und hängt von den persönlichen Bedürfnissen ab. Inhaltlich geht es beispielsweise um den Schock der Diagnose, die Reaktion der Familie oder um eigene Ängste und Anliegen. Auch Gespräche, in denen wir den Partner mit einbinden, können helfen, die neue Situation zu meistern. Je nach Patientenwunsch unterstützen wir neben der psychoonkologischen Hilfe auch dabei, sich für einen bestimmten Therapieverlauf zu entscheiden, beraten Angehörige und vermitteln Methoden, um sich zu entspannen oder das Rauchen aufzugeben. In jedem Fall erhalten Betroffene und Angehörige in allen Phasen ihrer Krankheit Hilfe von psycho-onkologischer Seite. Die Psychoonkologie ist ein relativ neuer Teil der Krebstherapie. Es gibt sie noch nicht lange als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Sie beschäftigt sich mit den seelischen Problemen, die mit einer Krebserkrankung einhergehen. Hierbei beraten vorwiegend Psychologen, Psychotherapeuten oder Mediziner, die sich psychoonkologisch weitergebildet haben, die hilfe-suchenden Patienten. Die behandelnden Ärzte empfehlen ein solches Angebot und man findet es mittlerweile in zahlreichen Kliniken. Es ist aber wünschenswert, dass hierüber tatsächlich jeder Patientin jeder Klinik ausführlich informiert wird. Denn heute müssen sich immer noch viele Patienten selbst um psychoonkologische Hilfe bemühen oder nutzen sie nicht aus Scham oder Unwissen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Betroffenen zusätzlich zu ihrer Krebserkrankung nicht auch noch als psychisch krank fühlen wollen. Oft werden diese Gespräche nämlich als Psychotherapie missverstanden. Der Unterschied ist jedoch, dass hier nicht die Vergangenheit des Patienten erforscht, sondern das Verarbeiten der Krebserkrankung angesprochen wird. Ich denke, dass diese Berührungsängste und Vorurteile nur durch vermittelnde Ärzte und ein noch lückenloseres Angebot weiter abnehmen. Dr. med. Andrea Petermann-Meyer Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychosoziale Onkologie und Psychotherapeutin in eigener Praxis mit dem Schwerpunkt Psychoonkologie in Aachen Weitere Informationen finden Sie hier >>