Tages-Anzeiger – Donnerstag, 25. Februar 2016 Den Tumor kontrollieren Ein neuer Therapieansatz spielt Krebszellen ­gegeneinander aus. US-Forscher haben einen alternativen Ansatz in der Krebstherapie erfolgreich getestet. In einem Machbarkeitsnachweis verglich das Team bei Mäusen mit Brustkrebs eine konventionelle Chemotherapie mit der sogenannten adaptiven Therapie. Hierbei geht es nicht darum, den Tumor mit der höchstmöglichen Dosis auszumerzen, sondern die Menge des Wirkstoffs an die Reaktion des Karzinoms anzupassen und dessen Wachstum unter Kontrolle zu halten. Dieses Vorgehen bremste den Verlauf bei den Tieren stärker, wie die Forscher im Fachblatt «Science Translational Medicine» berichten. «Generell werden zellgiftige Medikamente in der Annahme verabreicht, dass der maximale klinische Nutzen erreicht wird, wenn man die grösstmögliche Anzahl Krebszellen tötet», schreiben sie. Daher würden Ärzte oft die höchste Dosis wählen, die ein Pa­tient vertrage. Dies führe allerdings häufig dazu, dass resistente Zellen des Tumors einen Vorteil gegenüber anderen Krebszellen hätten und sich ­ stärker vermehren könnten. Bei der adaptiven Chemotherapie sollen viele kurze Behandlungszyklen dafür sorgen, dass sensible Zellen im Tumor erhalten bleiben und ein Gegengewicht zu den ­resistenten Zellen bilden, sodass diese unterdrückt werden. Während die konventionelle Chemotherapie das Tumorwachstum im Experiment der US-Forscher nur zeitweilig verzögerte, konnte mit der adaptiven Therapie bei neun von zwölf Mäusen eine Kontrolle des ­Tumorwachstums erreicht werden. Allerdings räumen die Autoren ein, dass die Zahl der Versuchstiere gering war. Mix aus Therapien Dennoch sei das Konzept intelligent und die Ergebnisse frappierend, findet Professor Hellmut Augustin vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, der nicht an der Studie beteiligt war. Tumore seien mehr als ein Haufen Tumorzellen. Augustin spricht von Ökosystemen, bestehend aus verschiedenen Zelltypen und dem umgebenden Versorgungsgewebe, das bei manchen Tumoren mehr als 50 Prozent des Volumens ausmachen könne. Onkologen sehen es als wahrscheinlich an, dass in nicht allzu ferner Zukunft Patienten mit einem Mix aus Therapien behandelt werden, darunter Chemotherapie, Immuntherapie und Gentherapien. Ein einziges Allheilmittel gegen Krebs zu finden, sei sehr unwahrscheinlich. (DPA/FWT) ­ ­