Umwelt – mehr Politik wagen

Werbung
Umwelt – mehr Politik wagen
Von Matthias Machnig, Thüringer Wirtschaftsminister und Mitglied im
Kompetenzteam des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück
1. Den Klimaschutz stärken
2. Umweltpolitik und ökologische Industriepolitik zusammenführen
3. Ressourcenschutz und Ressourcensicherheit verstärken
4. Die Biodiversität erhalten
5. Den Meeresschutz verbessern
6. Den Lärmschutz verbessern
7. Im internationalen Umweltschutz erfolgreich Vorbild sein
1
Umwelt – mehr Politik wagen
Die ablaufende Legislaturperiode war ein Stillstand in der Umweltpolitik. Verwalten
statt gestalten war das Motto. An Kraft für den Umweltschutz neben den
Energiewende-Themen hat es gefehlt. Dabei hat die Energiewende mit dem
kompletten Umbau unserer Energieversorgung eine große Schnittmenge zwischen
Energie- und Umweltpolitik. Wichtige Energiewendethemen wie die Erhöhung der
Effizienz durch ökologische Gebäudesanierung, Energiemanagement und
technologische Innovationen oder der Emissionshandel sind entscheidend auch für
Umwelt- und Klimaschutz.
Umweltpolitik ist aber nicht nur Energiepolitik. Umweltschutz ist immer auch eine
zukunftsorientierte Investition in gesundheitliche Vorsorge, Verbraucherschutz und
Lebensqualität. Luftreinhaltung, Lärmschutz, gesunde Böden, saubere Gewässer,
gesunde Lebensmittel und intakte Ökosysteme. Dies alles ist Voraussetzung für
mehr Lebensqualität, auf die alle Menschen einen Anspruch haben.
Umweltschutz ist kein ökologisches Nischenthema, sondern ein politisches Feld von
hoher ökonomischer und sozialer Bedeutung, wenn es zum Beispiel darum geht,
durch eine Modernisierung der Energie-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur
die Umwelt zu schonen und Teilhabe zu ermöglichen. Im Wirtschaftssystem des 21.
Jahrhunderts wird Ökologie zu einem wichtigen Treiber von Wachstum und
Beschäftigung.
Deswegen müssen Umweltbildung und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit gestärkt
werden. Wir brauchen systematische Fortschritte etwa bei der Energieeffizienz, der
Senkung des Ressourcenverbrauchs, bei der ökologischen Landwirtschaft, bei der
Bereitstellung gesunder Lebensmittel, bei der Luftreinhaltung und im Lärmschutz. Im
Bereich des Lärmschutzes ist es notwendig, ministeriumsübergreifend ein
entsprechendes Aktionsprogramm umzusetzen. Ziel: die Zahl der von Lärm
gesundheitlich beeinträchtigen Menschen in Deutschland bis 2020 zu halbieren.
2
Im Zentrum der Umweltpolitik müssen außerdem die folgenden Kernthemen stehen:
1.) Klimaschutz
2.) ökologische Industriepolitik
3.) Ressourcenschutz sowie -effizienz
4.) Biodiversität
5.) Meeresschutz
6.) Lärmschutz
7.) internationale Vorbildfunktion Deutschlands
Die Umsetzung dieser Kernthemen ist die Grundlage einer erfolgreichen
Umweltpolitik.
1. Den Klimaschutz stärken
Fest steht, dass das Thema Klimaschutz wiederbelebt werden muss. Zwar wurde
das Kyoto-Protokoll auf der Klimakonferenz 2012 in Doha bis 2020 verlängert.
Jedoch sind Russland, Kanada, Japan und Neuseeland ausgestiegen, und auch die
USA und China blieben bei ihrer seit jeher ablehnenden Haltung. Die im Protokoll
verbliebenen Länder stehen lediglich für 11 bis 13 Prozent der globalen CO2Emissionen.
Es wird deshalb höchste Zeit, den Klimaschutz international wieder kraftvoll
voranzubringen und die Verhandlungen für die Schaffung eines neuen weltweiten
Klimavertrages voranzutreiben. Die Chancen bestehen, bei der Klimakonferenz 2015
in Frankreich einen Durchbruch dafür zu erzielen. Ein erneutes Scheitern würde die
Welt teuer zu stehen kommen. Denn fest steht: Es wird im 21. Jahrhundert deutlich
wärmer, die Unterschiede in den Prognosen liegen eher im Detail, und nur eine
ambitionierte Klimaschutzpolitik kann die schlimmsten Entwicklungen noch
verhindern.
Deshalb ist es weiterhin notwendig, dass Deutschland eine Vorbildfunktion beim
Klimaschutz einnimmt, um gleichzeitig von den damit verbundenen Chancen für
Wachstum und Beschäftigung zu profitieren. Dies gilt umso mehr, da die USA ihren
3
angekündigten Aktionsplan gegen den Klimawandel jetzt umsetzen und auch in
China und anderen starken Schwellenländern längst die Notwendigkeit erkannt
wurde, selbst beim Klimaschutz zu handeln. Hier kann und muss Deutschland als
starker Partner zur Verfügung stehen.
Folgende Ziele müssen verfolgt werden:
•
Bis zum Jahr 2050 95 Prozent unserer Treibhausgas-Emissionen im
Vergleich zum Basisjahr 1990 absenken.
•
Die Reaktivierung des europäischen Emissionshandels.
•
Auf EU-Ebene eine Zusage zur Verminderung der Treibhausgasemissionen
bis 2020 um 30 Prozent - unabhängig von Zusagen anderer Industriestaaten.
•
Die Einführung eines verbindlichen nationalen Klimaschutzgesetz mit
folgenden Zwischenschritten: 40 Prozent Senkung bis 2020, 60 Prozent bis
2030, und mindestens 80 Prozent bis 2040. Das Klimaschutzgesetz soll Ziele
für alle klimarelevanten Sektoren, wie Industrie, Verkehr sowie Land- und
Forstwirtschaft, beinhalten, und zudem feste Zwischenschritte auf dem Weg
zu einer Halbierung des Endenergieverbrauchs bis 2050 formulieren.
2. Umweltpolitik und ökologische Industriepolitik zusammenführen
Wollen wir die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen und eine weltweit
menschenwürdige Versorgung mit Energie, Nahrung und Wasser mit der
ökologischen Tragfähigkeit unseres Planeten in Einklang bringen, müssen die
Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß massiv verringern. Zusätzlich stellt sich die
Herausforderung, dass die Nachfrage nach Energie und Rohstoffen vor allem in den
Schwellenländern weiter steigen wird. Die Weltbevölkerung wird im Jahr 2050 neun
Milliarden betragen und die Zahl der Menschen in Industrieländern wird sich bis
dahin auf vier Milliarden verdoppelt haben.
Mit einer ökologischen Industriepolitik kann dieser Widerspruch aufgelöst werden.
Der Umweltschutz hat in Deutschland eine breitgefächerte Industrie geschaffen, in
4
der inzwischen über 2 Millionen Menschen arbeiten. Umwelttechnologie „Made in
Germany“ ist ein Markenzeichen, in vielen Bereichen sind wir noch immer
Weltmarktführer. Es gilt, diese Position zu halten und auszubauen. Wir wollen das
Potenzial von 500.000 neuen Jobs im Bereich der grünen Technologien und
Dienstleistungen bis 2020 heben. Denn bis zu diesem Jahr wird sich das weltweite
Marktvolumen der grünen Technologien im Vergleich zu 2010 auf 3,2 Billionen Euro
verdoppelt haben.
Um die Chancen zu nutzen, müssen folgende Dinge auf den Weg gebracht werden:
•
Ökonomische Instrumente stärken, z.B. die umweltschädliche Subventionen
in Höhe von derzeit jährlich 48 Milliarden Euro schrittweise reduzieren, die
Mehrwertsteuer ökologisch spreizen oder das Dienstwagenprivileg
klimaverträglich ausgestalten.
•
Finanzierung erleichtern, z.B. durch die Gründung eines „GreenTech-Fonds“,
Leasing-Modelle für Energieeffizienzmaßnahmen oder einen GreenTech-Dax.
•
Ordnungsrecht nutzen, wie z.B.. CO2-Grenzwerte für PKW ambitioniert und
berechenbar ausgestalten, oder Smart Metering – intelligente Zähl- und
Messsysteme – vorschreiben.
•
Benchmarks transparent machen, Labels und Top-Runner etablieren, z.B.
eine öffentliche Datenbank für Umweltschutz- und Effizienztechnologien
einführen und die Öko-Design-Richtlinie auf europäischer weiterentwickeln.
•
Markteinführungsprogramme nutzen und ausbauen, etwa im Bereich von
Effizienztechnologien.
•
Mit einem Investitions- und Beschaffungspakt Kräfte bündeln: Bund, Länder
und Kommunen einigen sich darauf, bei mindestens 25 Prozent ihrer Aufträge
nur noch Dienstleistungen und Produkte zu beschaffen, die strengen und
gemeinsam vereinbarten Umweltkriterien genügen.
•
Bildung und Ausbildung verbessern, etwa in Form eines
ressourceneffizienzbezogenen Weiterbildungskonzepts für Beschäftigte, einer
Qualifizierungsoffensive für neue Berufe oder eines Paktes „Ökologische
5
Bildung und Ausbildung“ zwischen Bund, Ländern, Schulen und Hochschulen
sowie Kammern und Unternehmensverbänden.
•
Forschungsförderung konzentrieren, vor allem in den Bereichen intelligente
Stromnetze, virtuelle Kraftwerke, effiziente Stromspeichertechnologien;
ressortübergreifend einen Schwerpunkt zur Förderung umweltfreundlicher
Technologien setzen.
•
Leuchttürme schaffen, z.B. „Power to Gas“, „Power to Liquid“ und „Power to
Heat“, „Grüne Chemie“, „Urban Mining“ oder „Elektromobilität“.
•
Exportinitiativen und Außenhandel intensivieren, die Sichtbarkeit der
deutschen GreenTech-Wirtschaft auf den internationalen Märkten erhöhen; z.
B. Ausbau German Water Partnership, Start einer Initiative Recycling- und
Effizienztechnik.
•
Best practice in der Umweltpolitik international verbreiten, durch strategische
Umweltpartnerschaften, Beratungs- und Capacity-Building-Projekte.
•
Ein internationales Forschungszentrum Umwelt und Chemie etablieren; die
klassischen Bereiche der Branche werden durch neue Chancen bei
nachhaltigen chemischen Produktionsweisen ergänzt.
3. Ressourcenschutz und Ressourcensicherheit verstärken
Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands hängt maßgeblich von Ressourcen ab, über die
das Land nicht verfügt. Das gilt selbst dann noch, nachdem die Energiewende
erfolgreich umgesetzt wurde und Öl sowie Gas für die Produktion von Strom nicht
mehr benötigt werden. Denn die Erneuerbaren Energien, Speichertechnologien, die
IT-Branche, die Elektroindustrie und viele weitere hochwertschöpfende
Wirtschaftszweige funktionieren ohne zum Teil sehr seltene Rohstoffe schlicht nicht.
Um dieses Problem zu lösen, bieten sich im Wesentlichen zwei Alternativen an:
Entweder, man geht auf politischer Ebene Rohstoffpartnerschaften ein, gründet also
6
industrielle Rohstoffinitiativen oder beteiligt sich wieder direkt an der Exploration und
Produktion von Rohstoffen. Oder aber man greift alternativ auf die Potenziale zurück,
die wir bereits im Land haben und stärkt bspw. das Recycling.
Ressourcensicherheit und Ressourcenschutz können nur hergestellt werden, wenn
sowohl die Potenziale der klassischen Industriebranche als auch die der neuen
Geschäftsfelder genutzt werden. Auf der einen Seite müssen und können Prozesse
zur Substituierung von Seltenen Erden entwickelt werden. Auf der anderen Seite
muss die Wiederverwertung weiter in den Blickpunkt rücken. Bspw. enthalten nach
UN-Berechnungen bereits 41 Handys so viel Gold wie eine Tonne Gold-Erz, eine
Tonne Plastikgranulat kostet 400 bis 500 Euro.
Um den Ressourcenschutz und die Ressourcensicherheit zu stärken, müssen
folgende Maßnahmen ergriffen werden:
•
Ein Ressourcenschutzgesetz inklusive Anreizregulierung, durch das ein
sparsamer Einsatz von Ressourcen gefördert und Fortschritte in der
Kreislaufwirtschaft erzielt werden.
•
Das Hin und Her um die Wertstofftonne werden wir beenden. Statt der
bisherigen Gelben Tonne werden wir eine Wertstofftonne für alle
Verpackungen und sonstigen Plastik- und Metallabfälle einführen. Dabei
werden wir eine starke Stellung der Kommunen in der Entsorgungs- und
Recyclingwirtschaft sicherstellen.
•
Ein Forschungsprogramm für die kaskadierte Nutzung nachwachsender
Rohstoffe.
•
Auf europäischer Ebene werden wir uns dafür einsetzen, dass neben
Anforderungen an die Energieeffizienz von Produkten auch eine
ressourcensparende Produktgestaltung vorangebracht wird.
•
Mit einer Mittelstandsoffensive werden wir Best-Practice-Ansätze für kleine
und mittlere Unternehmen verfügbar machen. Damit können in den nächsten
Jahren bis zu 20 Prozent Materialkosten in den Unternehmen gespart werden.
7
•
Initiativen für strengere Transparenzstandards für alle Erdöl-, Gas- und
Bergbauunternehmen. Zu selten profitieren die Menschen in den
rohstoffreichen Ländern von den ökonomischen Chancen, die sich durch die
Rohstoffe bieten. Und zu oft tragen sie die ökologischen und sozialen Folgen
des Abbaus.
4. Die Biodiversität erhalten
Wer über den nachhaltigen Strukturwandel des Landes spricht, muss die biologische
Vielfalt erhalten. Zum Wohlstand unserer Gesellschaft tragen eine Vielzahl von
Ökosystemleistungen bei, deren globaler Gesamtwert auf bis zu 33 Billionen Dollar
pro Jahr geschätzt wird. Der Erhalt der Biodiversität ist deshalb nicht nur eine
ökologische, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit.
Denn eine intakte Natur stellt Ressourcen zur Verfügung, zerlegt Abfallprodukte,
reinigt die Atmosphäre, erhöht die Attraktivität von Tourismusregionen oder mehrt die
Potenziale der Regionalwirtschaft. Sie birgt zudem hohes Innovationspotenzial, z.B.
in den Bereichen Bionik und Arznei. Deswegen ist es nicht zuletzt auch
volkswirtschaftlich schädlich, dass insbesondere beim Flächenverbrauch die
Reduktionsziele weiterhin massiv verfehlt werden.
2008 wurde vom damals sozialdemokratisch geführten Bundesumweltministerium die
erste Nationale Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt vom Kabinett
verabschiedet. Nun muss es darum gehen, mit Wissenschaftlern und Verbänden in
einem öffentlichen Diskurs den erreichten Stand bei der Umsetzung zu bewerten und
mit einem Naturschutz-Programm 2020 ein Maßnahmenpaket zur Erreichung der
noch unzureichend umgesetzten Ziele zu verabschieden.
Folgende Maßnahmen müssen zum Erhalt der Biodiversität auf den Weg gebracht
werden:
•
Ein Fahrplan für das Erreichen des Reduktionsziels der Nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie auf 30ha zusätzlichen Flächenverbrauch pro Tag.
Dafür müssen sich Ver- und Entsiegelung die Waage halten.
8
•
Eine kluge Raumordnungspolitik, um eine positive wirtschaftliche Entwicklung
in ländlichen Räumen und zusätzlichem Wohnungsbau in Einklang bringen.
•
Die Energiewende muss im Einklang mit dem Erhalt der Biodiversität stehen.
Wir werden deshalb eine Clearingstelle „Naturschutz und Energiewende”
einrichten. Sie dient als Anlaufstelle für Kommunen, Bürgerinitiativen,
Planungsträger, Energiewirtschaft und Umweltverbände.
•
Im Bereich der Waldflächen muss die einseitig nutzungsorientierte
Waldstrategie der Bundesregierung abgelöst werden. 10 Prozent der
Waldflächen der öffentlichen Hand und 5 Prozent der gesamten Waldfläche
müssen der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
•
Die Wälder im Eigentum des Bundes sollen nach den Grundsätzen des
naturnahen Waldbaus bewirtschaftet und stufenweise Forest Stewardship
Council (FSC)-zertifiziert werden.
•
Es ist sinnvoll, das Bundesjagdgesetz zu überarbeiten und stärker an
waldökologische Anforderungen und am Tierschutz auszurichten.
•
Im Bundesprogramm Biologische Vielfalt müssen administrative Hemmnisse
beseitigt werden.
•
Um das 2 Prozent-Wildnis-Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie zu
erreichen, muss das Nationale Naturerbe um mindestens 30.000 ha erweitert
und zu seiner Erhaltung für eine angemessene Finanzierung gesorgt werden.
•
Moore sind die kostengünstigste Form, CO2-Emissionen zur reduzieren.
Neben dem Schutz von Wäldern ist deshalb auch der Schutz der Moore ein
prioritäres Anliegen. Wir werden einen Moor-Klimafonds schaffen, der den
freiwilligen Kohlenstoffmarkt für Zwecke des Moorschutzes stärker nutzbar
macht.
•
Die Renaturierung von Flussauen werden wir voranbringen – sowohl aus
Gründen des vorsorgenden Hochwasserschutzes als auch aus ökologischen.
Die umweltfreundliche Binnenschifffahrt werden wir dort stärken, wo
besondere Potenziale für den Gütertransport bestehen. Hier werden wir auch
zielgerichtet die Infrastrukturmittel für das Wasserstraßennetz einsetzen. Im
9
übrigen Wasserstraßennetz wird der Naturschutz ein größeres Gewicht
erhalten. Dazu werden wir in Abstimmung mit den Ländern den ökologischen
Gestaltungsauftrag der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ausweiten. Auf
ökologisch besonders konfliktreiche Infrastrukturmaßnahmen mit geringem
Verkehrsnutzen, wie dem Saalekanal und dem Ausbau der HohensaatenFriedrichtaler-Wasserstraße werden wir verzichten. An der Donau werden wir
ausschließlich verträgliche flussbauliche Maßnahmen ohne Staustufen
vornehmen.
•
Die Potenziale der Nationalparks sowohl für den Naturschutz als auch für den
Tourismus und die Regionalwirtschaft werden noch nicht überall ausreichend
genutzt. Wir werden mit den Ländern eine Gemeinschaftsinitiative starten, mit
der wir alle Möglichkeiten zur ökologischen Verbesserung in Nationalparks,
zum Schutz von national oder EU-weit bedrohten Arten, zur Umweltbildung
und zum Naturtourismus ausloten und in einem Förder- und EntwicklungsPaket zusammenführen werden.
•
.Die Bundesregierung hat mit ihrer veralteten Agrarpolitik dafür gesorgt, dass
nach der die EU-Agrarreform die Mittel für ökologische Landwirtschaft und
Agrarumweltprogramme um 20 % sinken werden.. Bei der Umsetzung der EGAgrarförderung in Deutschland werden wir alle Spielräume für eine
ökologische Ausrichtung der ländlichen Räume nutzen. Die bestehende
Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz ist veraltet und muss
grundlegend zu einer Gemeinschaftsaufgabe ländliche Entwicklung und
Anpassung an den Klimawandel umgestaltet werden. Wir wollen mit den
Ländern die dafür notwendige Einigkeit herbeiführen, um künftig aus dieser
Gemeinschaftsaufgabe die nachhaltige Entwicklung unserer ländlichen
Regionen breiter unterstützen zu können. Die Anpassung an den Klimawandel
ist eine neue große Herausforderung für Bund und Länder, insbesondere aber
auch für die Kommunen. Die klassischen Aufgaben des Küstenschutzes
müssen fortgeführt werden, der Klimawandel erfordert aber eine breitere
Ausrichtung der Gemeinschaftsaufgabe, um auch andere Maßnahmen zur
Bewältigung bevorstehender häufigerer Wetterextreme fördern zu können.
5. Den Meeresschutz verbessern
10
Der Schutz der Meere bleibt eine wichtige Aufgabe des nationalen wie
internationalen Umweltschutzes. Algenblüten an unseren Stränden – insbesondere
der Ostsee – zeigen deutlich: Es gibt immer noch zu hohe Schadstoffeinträge in den
Meeren!
Wir werden in der kommenden Legislaturperiode eine umfassende Stickstoffstrategie
entwickeln, um die hohen Stickstoffeinträge, vorzugsweise aus der Landwirtschaft,
systematisch zu reduzieren.
Zur Reinhaltung der Luft werden wir die Umstellung der Schifffahrt auf
emissionsarme Treibstoffe und Antriebstechniken weiter voranbringen. Dazu werden
wir auch Förderinstrumente einsetzen, um kleinere Reedereien beim Einsatz
innovativer Techniken zu unterstützen.
Unter Bundesumweltminister Sigmar Gabriel wurden die Meeresschutzgebiete nach
den Naturschutzrichtlinien der EU an Brüssel gemeldet. Die notwendige nationale
Unterschutzstellung wurde seither verschleppt. Wir werden die
Schutzgebietsausweisung rasch vornehmen und damit einen rechtssicheren
Rahmen für den Ausgleich von Schutz- und Nutzungsinteressen im Meer
herbeiführen. Wir werden zum Schutz von Meeressäugern den Stand der Technik bei
der Rammung von Windkraftanlagen weiterentwickeln und dazu die notwendigen
Forschungs- und Entwicklungsprojekte fördern.
Die Verschmutzung der Weltmeere mit Müll wird zu einem zunehmenden Problem.
Wir werden in Zusammenarbeit mit den Küstenregionen, den Reedereien, der
Tourismuswirtschaft sowie Umwelt-, Naturschutz- und Wasserportverbänden eine
konzertierte Aktion „Saubere Küsten, saubere Meere“ initiieren. Wir werden hierzu
auch internationale Aktivitäten gegen die Meeresvermüllung unterstützen.
6. Den Lärmschutz verbessern
Lärm nervt nicht nur, Lärm macht krank. Die Lärmbelastung wird in Deutschland von
den Menschen als immer unerträglicher empfunden. Wir werden eine nationale
Lärmschutzstrategie mit konkreten Maßnahmen zum verbesserten Schutz der
Bevölkerung gegen Lärm verabschieden.
11
Dazu zählen:
•
Verstärkte Berücksichtigung des Lärmschutzes bereits auf der
Planungsebene von Verkehrsprojekten.
•
Eine nationale Planung zum Schutz vor Nachtfluglärm. Zwar muss
Deutschland auch nachts für Fracht und Passage erreichbar sein, aber
nicht alles ist notwendig und nichts alles muss überall stattfinden. Wir
wollen eine bessere Flughafenkooperation und eine räumliche Steuerung
von An- und Abflügen unter Lärmschutzgesichtspunkten erreichen.
•
Der Schienengüterverkehr muss wachsen, um die Ausweitung des LKWVerkehrs zu bremsen. Dazu muss die Güterbahn aber deutlich leiser
werden. Wir werden in einem EU-konformen Verfahren die Umrüstung des
Güterwaggon-Bestandes auf lärmarme Techniken stärker fördern. Ab Ende
des Jahrzehnts dürfen laute Waggons dann nicht mehr das deutsche
Schienennetz benutzen.
7. Im internationalen Umweltschutz erfolgreich Vorbild sein
Viele Umweltbelastungen machen an Grenzen keinen Halt. Deshalb muss
Umweltschutz mehr und mehr auf der globalen Ebene ansetzen. Deutschland hat
hier viel einzubringen. Wir sind über die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
sowie über die internationale Klimaschutzinitiative einer der größten Förderer für
umweltverträgliche Entwicklungen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese
Rolle wollen wir ausbauen und weiter stärken. Deutschland gibt aber nicht nur in der
internationalen Umweltkooperation, sondern wir profitieren auch von einem
wachsenden Umweltbewusstsein in der Welt. Deutschland ist in vielen Bereichen der
Umwelttechnologien Weltmarktführer. Dieser Weltmarkt für GreenTech wächst
beständig. Im Jahr 2020 wird er auf über 2,2 Billionen Euro anwachsen. Ein starkes
und glaubwürdiges Engagement in diesen Märkten sichert auch bei uns
wirtschaftliche Entwicklung und schafft Jobs.
Wir werden dafür eintreten, dass das Umweltprogramm der Vereinten Nationen
(UNEP) entsprechend den Beschlüssen des Rio+20-Gipfels weiter gestärkt wird. Bei
12
den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA werden wir darauf
achten, dass die EU-Umweltstandards nicht abgesenkt werden.
UNEP muss in den wichtigsten Themen des globalen Umweltschutzes die
Führungsrolle mit einer Koordinierung multilateraler Prozesse übernehmen. Dies
erfordert auch ein stärkeres Engagement der Mitgliedsstaaten bei UNEP – wir
werden dazu die Arbeitseinheiten für Umweltschutz an den deutschen
Auslandsvertretungen in Nairobi und New York verstärken. Wir werden
Umweltattachés in weiteren 10 Botschaften einrichten, um in den Hauptstädten
wichtiger Partnerländer für eine verstärkte Umweltzusammenarbeit zu werben.
Wir werden die Arbeit der Vereinten Nationen zur Entwicklung globaler
Nachhaltigkeitsziele, wie dem Zugang zu nachhaltiger Energie, dem Schutz
fruchtbarer Böden und dem Erhalt ausreichender Trinkwasserressourcen mit
Nachdruck unterstützen. Wir werden dafür werben, diese Ziele mit der anstehenden
Überprüfung der Millennium Development Goals zu verbinden und daraus eine
gemeinsame globale Politik für Umwelt und Entwicklung zu gestalten.
Die verbliebenen Urwälder unserer Welt sind ein Erbe der Menschheit, das nicht
weiter zerstört werden darf. Noch immer werden Wälder in der Größe Griechenlands
jährlich vernichtet. Ein großer Schatz an biologischer Vielfalt und zugleich ein
wichtiger Speicher für Treibhausgase gehen damit verloren. Wir werden das
deutsche Engagement zum internationalen Schutz der Wälder fortführen und
ausbauen.
13
Herunterladen