Realschulabschluss Deutsch Sachsen-Anhalt Prüfungsaufgaben 2013 – Thema 1 Fast Food – was ist von dieser Form der Esskultur zu halten? „Du, Fisch ist total gut für euch. Man nimmt ganz einfach die Nicht-Gabel und das Nicht-Messer, dann nehmt ihr den Fisch mit der Nicht-Gräte vom Nicht-Teller und beißt rein. Danach wischt ihr euch mit der Nicht-Serviette den Mund ab.“ So erklärt uns ein bekannter Fernseh-Moderator bei dem TV-Werbespot einer Fast-Food-Kette, worum es 5 geht: Angeboten wird ein schneller Imbiss, bei dem Tischsitten nicht erwartet werden. Obwohl diese Esskultur stark kritisiert wird, sind Fast-Food-Restaurants gut besucht, stehen „Würstchenbuden“ vor jedem Einkaufszentrum, und regionale Küchen, die Kebab, Gyros oder Pizza anbieten, findet man nicht nur in Großstädten. Was macht diese Form des Essens so beliebt? Was meinen Kritiker dazu? 10 Die Fast-Food-Bewegung ist gar nicht neu. Schon im 19. Jahrhundert mussten Arbeiter sich daran gewöhnen, dass Wohn- und Arbeitsplatz weit voneinander entfernt waren. Zum Mittagessen konnten sie nicht nach Hause und waren daher auf eine schnelle Art der Nahrungsaufnahme angewiesen. Mit ihrem Angebot an schnell zubereiteten, preiswerten und sättigenden Gerichten entsprach die Imbissbude genau diesem Bedürfnis. 15 Auch heute sind Schnelligkeit und niedrige Preise Gründe für die Beliebtheit des Fast Food. Ernährungswissenschaftler klagen über diese Entwicklung, denn Fast Food ist ihrer Meinung nach ungesund und stellt eine einseitige Ernährung dar. Fetttriefende Würstchen, mit Ketchup getränkte Pommes, überhaupt Gebratenes, Paniertes oder Frittiertes bringen einiges an Fett und Kalorien zusammen. Nur selten werden bei der Zubereitung qualitativ 20 hochwertige Nahrungsmittel verwendet. Weil Schnellimbiss-Gerichte meist zusätzlich zu einer Mahlzeit und nicht als Ersatz gegessen werden, entstehen ziemlich leicht Gewichtsprobleme. Während jeder selbst entscheiden muss, ob er die gesundheitlichen Risiken verantworten kann, sehen viele ältere Menschen im Schnellimbiss das Ende der bisherigen Esskultur. 25 Niemand sagt etwas, wenn mit den Händen gegessen, die Finger abgeleckt oder auf Nachbars Teller gegriffen wird. Psychologen erklären das damit, dass sich junge Menschen gerne über ein anerzogenes Essverhalten hinwegsetzen. Aber auch junge Paare lieben das gemeinsame Essen von einem Teller. Besonders schnell haben sich Kinder und Jugendliche mit dem Fast-Food-Konzept angefreundet. Ohne Eltern würden junge Leute 30 kaum eine andere Art von Restaurant besuchen. Die Kritiker übersehen aber, dass es bei der Fast-Food-Kultur, die neben einer traditionellen Esskultur entstanden ist, nicht nur um ein schnelles Sattwerden geht. Viele junge Menschen treffen sich zum Beispiel vor oder nach einem Kinobesuch, manchmal auch nach der Schule in Hamburger-Restaurants. Oft sieht man in solchen Restaurants Eltern 35 mit ihren Kindern, die dort ein Essen als Abschluss eines Einkaufstages oder eines Ausflugs genießen. Selbst Kindergeburtstage werden hier gefeiert. Gut finden alle die zwanglose Atmosphäre, die es leichter macht, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Arbeitsanweisungen: Erörtern Sie die Problematik! Setzen Sie sich mit den im Text enthaltenen Argumenten auseinander. Beziehen Sie in Ihre Erörterung eigene Beobachtungen und Erfahrungen ein. Legen Sie Ihren Standpunkt überzeugend dar. 2013-1 Lösungsvorschlag r r r r r r r r r r r Hinweis: Die Aufgabenstellung erwartet von dir eine Erörterung, die sich auf die im Sachtext beschriebene Problematik bezieht. Das bedeutet, du musst zur Frage, was von der mit Fast Food verbundenen Esskultur zu halten ist, Pro- und Kontraargumente finden. Einige davon sind bereits im Text enthalten. Lies ihn dir also gut durch und unterstreiche wichtige Passagen. Über andere Argumente musst du dir eigene Gedanken machen – dabei sollst du laut Aufgabenstellung auf eigene Erfahrungen und Beobachtungen zum Thema „Fast Food“ zurückgreifen. Mach dir dazu am besten einen Stichpunktzettel. Du beginnst deine Erörterung mit einer kurzen Einleitung – sie könnte ein Beispiel enthalten, um zum Thema hinzuführen. Dann folgt der Hauptteil, in dem du die Argumente des Sachtextes einbaust und mit deinen eigenen Argumenten ergänzt. Am Schluss solltest du zu einem zusammenfassenden Urteil kommen. Erörterung Einleitung: „Wollen wir noch zum Mäcki gehen?“, fragte mich letztens eine Freundin nach einem anstrengenden Shopping-Tag in der Stadt. Und schon saßen wir auf einer dieser plastiküberzogenen Bänke vor unseren Tabletts und verdrückten jeweils einen Big Mac mit Pommes und Cola. Wo bekommt man auch sonst ein Menü für 5,79 Euro? Hauptteil: Fast-Food-Restaurants gibt es gerade in Großstädten an jeder Ecke – sie finden sich in Form von Dönerbuden oder Stehimbissen, aber auch außerhalb der Ballungszentren oder entlang der Autobahnen (vgl. Z. 6 ff.). Daneben landen auch zu Hause immer mehr Pizzen von einer Lieferservice-Kette auf dem Teller. Doch trotz aller Kritik ist das „schnelle Essen“, was „fast food“ übersetzt bedeutet, äußerst beliebt – gerade bei Jugendlichen. Dabei gilt Fast Food als besonders ungesund – nicht nur in Bezug auf die Kalorienmenge von Pizza, Burger oder Döner, sondern auch wegen der oft verwendeten Zusatzstoffe wie Aromen oder Konservierungsmittel. Auch enthalten die im Fast-Food-Bereich angebotenen Speisen meist kaum Gemüse oder Obst und sind zudem wenig abwechslungsreich (vgl. Z. 17). Da typische Fast-Food-Kunden vor allem auf niedrige Preise achten, wird auch an der Qualität der verwendeten Zutaten gespart (vgl. Z. 19 f.). In der Pizza von der Ecke ist daher sowohl mit Fleisch aus Massentierhaltung zu rechnen als auch mit Tomaten aus Ländern, in denen möglicherweise bei uns nicht zugelassene Spritzmittel verwendet und Erntehelfer mit Billiglöhnen abgespeist werden. Dieses Problem betrifft allerdings nicht nur das Fast Food, sondern ganz allgemein billig produzierte Lebensmittel – ob sie nun in einen Döner wandern oder zu Hause zu einer Suppe verarbeitet werden. Wenn man sich hauptsächlich von Fast Food ernährt, besteht die Gefahr, dass man nach und nach den Bezug zu den Lebensmitteln verliert, die im Essen stecken. Als ich meiner kleinen Cousine vor Kurzem erklärte, dass in den frittierten Vierecken, die auf ihrem Teller lagen, wirklich ein Fisch „versteckt“ ist (den sie eigentlich nicht mag), rief sie ganz laut „Ihhh!“ und wollte mit einem Mal nicht mehr weiteressen. Ihr war der Zusammenhang zwischen Fischstäbchen und den Tieren, die dafür gefangen, geschuppt und verarbeitet werden müssen, nicht klar gewesen. Gerade für Kinder aber wäre es wichtig, zu lernen, dass Essen etwas Wertvolles ist und nicht automatisch und vorportioniert auf dem Teller liegt. Dieses Problem besteht aber heutzutage generell, unabhängig von Fast Food, vor allem in Großstädten. Viele beklagen außerdem den mit Fast Food verbundenen Verfall der Esskultur – schließlich wird gerade in Fast-Food-Restaurants oder an Stehimbissen auf Tischmanieren oder ein stilvolles Ambiente keinerlei Wert gelegt. Es kann einem tatsächlich schon mal der Appetit vergehen, wenn man sieht, wie sich die Tischnachbarn nach dem Essen die Finger abschlecken oder wie sie gar nicht merken, dass sie sich beim Essen im Gesicht mit Ketchup beschmiert haben. 2013-2