psychiatrie im grundriss

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PSYCHIATRIE
IM GRUNDRISS
VON
HANS JÖRG WEITBRECHT
O. PROFESSOR FaR PSYCHIATRIE UND NEUROLOGIE
AN DER UNIVERSITÄT BONN
MIT 24 ABBILDUNGEN
SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH
1963
Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses
Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie)
oder auf andere Art zu vervielfältigen
© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1963
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag 1963
Softcover reprint ofthe hardcover Ist edition 1963
Library of Congress Catalog Card Number 63-10995
ISBN 978-3-662-22359-8
ISBN 978-3-662-22358-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-22358-1
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diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
daß solche Namen im Sinn der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung
als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften
KURT SCHNEIDER
zugeeignet
Vorwort
Wissenschaft bedarf der äußersten Unsicherheit
als eines Lebenselements.
C. G. JUNG
Ein Grundriß der Psychiatrie soll keine bloße Einführung und kann kein
Kompendium ohne einschlägige Kasuistik aus Klinik und Sprechstunde sein. Er
muß indessen darauf verzichten, in breitem Umfang Falldarstellungen unter erschöpfender Erörterung schwieriger DiHerentialdiagnosen oder ausgesprochener
Seltenheiten zu bringen. Das vorliegende Buch will einen Grundriß aufzeichnen,
auf welchem ein Gebäude der klinischen Psychiatrie stehen kann, begreiflicherweise
so, wie der Verfasser ihn für zweckmäßig hält. Dabei ist nach Möglichkeit darauf
Bedacht genommen, daß in diesem Gebäude mancherlei Schulen nebeneinander
unterkommen können; freilich kaum, ohne daß sich die eine oder andere benachteiligt fühlen mag durch die Grundkonzeption des Ganzen, die, dem Wesen und
Entwicklungsstand der Psychiatrie entsprechend, auf manchen Strecken keine
allgemein verbindliche sein kann.
Die Erfahrung zeigt, daß es für viele Studierende schwierig ist, die besonderen
Fragestellungen, die der psychisch abnorme und kranke Mensch dem Arzt aufgibt,
wirklich zu erfassen. Es ist nicht damit getan, einige Definitionen und Fachausdrücke und eine Zusammenstellung von psychiatrischen Symptomen und Krankheitsbildern fleißig auswendig zu lernen, die vielfach beziehungslos als reine
Materialsammlung im Gedächtnis aufgestapelt werden, während die eigentlichen
BegriHe, die dem allen erst seinen sinnvollen Ort anweisen, verschwommen
bleiben.
Dieser Grundriß ist etwas anders angelegt und die Akzente sind etwas anders
verteilt, als dies im allgemeinen üblich sein mag. Das Buch ist nicht für das rasche
Nachschlagen irgendwelcher psychiatrischer Daten gedacht, bevor es nicht vom
Leser erst einmal gründlich durchgearbeitet worden ist. Ich habe keinen Wert
darauf gelegt, einen womöglich "lückenlosen" Katalog einzelner Krankheitsbilder
mehr oder weniger schlagwortartig zu skizzieren, sondern mich bemüht, grundlegend Wichtiges und für ganze Kategorien von psychiatrischen Krankheiten und
Anomalien Beispielhaftes so umfassend und ohne künstliche Vereinfachung zu
entwickeln und darzustellen, daß der Student sich nicht einer verwirrenden Aufzählung von Fakten gegenübersieht, sondern mitdenken und wirklich in den Geist
des Faches eindringen kann. So wird es möglich, anderes kürzer abzuhandeln,
dessen Verständnis alsdann keine Schwierigkeiten mehr bereitet und das beim
Lernen leicht richtig eingeordnet werden kann.
Besonderer Nachdruck liegt auf den großen Themenkreisen der endogenen und
der körperlich begründbaren Psychosen, der Psychopathien, abnormen Erlebnisreaktionen und Persönlichkeitsentwicklungen. Das Beispiel der Sucht etwa, ausführlich dargestellt am Alkoholismus, zeigt, daß hier die Problematik seelisch
abnormer Persönlichkeiten, neurotischer Entwicklungen und körperlich begründbarer Psychosen untrennbar ineinandergreift, so daß es im Grunde willkürlich ist,
VI
Vorwort
ob man die Sucht lieber im einen oder'in einem anderen Kapitel abhandelt. Da
man sich für eines entscheiden muß, ist es unausbleiblich, daß in einem solchen
Abschnitt nahezu die ganze Psychiatrie zu Wort kommt. (So können auch die
endogenen Psychosen niemals verstanden werden, wenn man sie "für sich" darstellt. Je deutlicher man sie im Grundriß nachzuzeichnen versucht, desto unerläßlicher ist es, dies in ständigem Vergleich mit körperlich begründbaren Psychosen und Neurosen zu tun.) Dieses Vergleichen und Unterscheiden kann nicht
dadurch geleistet werden, daß man in einzelnen kleinen Abschnitten künstlich
isoliert etwa die zur Sucht disponierte Persönlichkeit, die in die Sucht führenden
neurotischen Fehlhaltungen, die Sucht nach ihrer körperlichen Seite und die bei
der Sucht auftretenden Psychosen darstellt, dabei jeweils auf die verschiedenen
anderen Kapitel verweist, in welchen auch etwas zum Thema steht, und die Zusammenschau dem Leser überläßt. D:eser wird beispielsweise deshalb auch in
dem Kapitel über seelisch abnorme Persönlichkeiten beinahe genauso viel über
Neürosen (und umgekehrt) finden. Schließlich ist besonderer Wert darauf gelegt
worden, den vielen bedrängenden offenen Problemen in unserem Fach gerecht
zu werden. Der Leser, ob Student oder Arzt, soll wissen, in welch lebendiger
Entwicklung die Psychiatrie heute begriffen ist, und da und dort auch einen Blick
hinter den Bauzaun auf die Baustellen tun. Hier sieht vieles anders aus als auf
den glatten Prospekten fertiger Lehrgebäude.
Der Vedasser kann nur hoffen, daß der Studierende, der diesen Grundriß
kritisch durcharbeitet, die beinahe traditionelle Scheu vor der Psychiatrie verIieren wird.
Herrn Ministerialrat Dr. H. LEWENSTEIN, dem Direktor des Rheinischen Landeskrankenhauses Bonn, danke ich herzlich für die Erlaubnis, Auszüge aus Krankengeschichten von
Patienten seines Hauses, die ich in meiner Vorlesung vorgestellt habe, veröffentlichen zu
dürfen.
Den Mitarbeitern meiner Klinik, die nicht alle genannt werden können, gehört ebenso
mein Dank für mannigfache Anregung, Kritik und Hilfe. Das Sachverzeichnis bearbeitete
Dr. LORE ENGLAENDER.
Bonn, 1963
H. J. WEITBRECHT
Inhaltsverzeichnis
Allgemeiner Teil
Seite
A. Schema der klinischen Psychiatrie . . . . . . . .
1
B. Bemerkungen zur Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Gesichtspunkte für die Untersuchung seelisch Abnormer und Kranker
2. Zur Technik der Exploration
3. Kommunikation und Distanz
4. Angehörige und Vorgeschichte
5. Stationäre Aufnahme. . .
6. Aufzeichnung der Befunde. .
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C. Testuntersuchungen . . . . .
1. Intelligenzprüfung. Binet·Simon- und Hamburg-Wechsler-Test .
2. Persönlichkeitstests. Projektive Tests. . . . .
3. Prüfung auf Aphasien, Agnosien und Apraxien. . . . . . . .
10
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D. Allgemeine und klinische Psychopathologie . . . . . . . . . .
13
1. Vorbemerkungen. Das ärztliche Gespräch. Test. Ausdrucksverhalten
13
H. Gliederung der psychopathologischen Erscheinungen. Besondere seelisch ab14
norme Symptome . . . . . .
IH. Die Arten des Erlebens . . . . . . . . . . . . . .
16
1. Empfinden und Wahrnehmen . . . . . . . . . .
16
a) Intensität, Wirklichkeitsgrad, Physiognomierung
16
b) Illusionäre Verkennungen, Halluzinationen . . .
18
c) Beispiele aus Krankengeschichten . . . . . . .
21
2. Vorstellen und Denken . . . . . . . . . . . . .
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25
a) Pseudohalluzinationen. Intensität und Prägnanz.
b) Zwangsvorstellungen und Zwang. . . .
25
c) Formale und inhaltliche Denkstörungen . . . . .
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d) Denk- und Icherlebensstörungen . . . . . . . .
30
e) Überwertige und katathyme Ideen. . . . . . .
31
f) Wahnwahrnehmung, Wahneinfall, Wahnidee, Wahnsystem
31
3. Fühlen und Werten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
a) Leibempfindungen und Vitalgefühle. Leibhypochondrie und Coenästhesie.
Vitale Traurigkeit und vitale Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
b) Seelische Gefühle. Zustandsgefühle. Selbstwertgefühle. Fremdwertgefühle.
Gestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4. Die Triebe. Streben und Wollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
a) Abnormitäten des Sexualtriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
b) Die Selbsterhaltungstriebe (Nahrungs-, Gefahrschutz- und Aggressionstriebe ) 41
c) Die seelischen Triebe . . .
41
d) Das Wollen . . . . . . . . .
42
e) Trieb und Triebhemmung . . .
43
IV. Die Grundeigenschaften des Erlebens
44
1. Das Icherlebnis . . . . . . . .
44
a) Verschiedene Seiten des Icherlebens und ihre Störbarkeit. Das "Gemachte" 44
b) Ekstase, Mediumismus, Besessenheit . . . . . .
46
46
2. Das Zeiterlebnis . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Störung des Zeiterlebens und Korsakow-Syndrom
47
b) Störung der erlebten und der gelebten Zeit
3. Das Gedächtnis . . . . . . . . . . . .
47
a) Merkfähigkeit und Erinnerungsfähigkeit
47
b) Amnesien und Hypermnesie .
47
c) Falsche Bekanntheitsqualität
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4. Seelische Reaktionsfähigkeit . .
48
VIII
Inhaltsverzeichnis
V. Der Hintergrund (die Umgreifungen) des Erlebens
1. Die Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . .
a) Aktive Zuwendung und passives Angezogenwerden .
b) Abgelenktheit und Konzentration . . . .
2. Das Bewußtsein . . . . . . . . . . . . .
a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . .
b) Art und Grade der Bewußtseinsstörungen .
c) Bewußtsein und Besinnung . . . . . . . . .
...
d) Unbewußtes, Unterbewußtes, Außerbewußtes. Vergessen und Verdrängen.
Das Traumbewußtsein . . . . . . . . .
3. Die Intelligenz. . . . . . . . . . . . . .
a) BegriHsbestimmung . . . . . . . . . .
b) Endogene und exogene Intelligenzschwäche
4. Die Persönlichkeit . . . . . . . . . . • .
a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . .
b) Spielarten und Reaktionsweisen. Pathologie.
VI. Ausdruck und psychomotorische Störungen .
1. Antriebshemmung und -steigerung . . . .
2. Künstlerische Produktionen Psychotischer
3. Genie und Irrsinn . . . . . . . . . . .
Seite
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Spezieller Teil
Erster Hauptabschnitt
Abnorme Persönlichkeiten, Reaktionen und Entwicklungen
A. Seelisch abnorme Persönlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Seelisch abnorme (psychopathische) Persönlichkeiten. Abnorme Erlebnisreaktionen und erlebnisreaktive Persönlichkeitsentwicklungen (Neurosen) . . . .
2. Das Mißverständnis von der Asozialität. Einseitigkeit des klinischen Probandengutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Seelisch Abnormes als Variation und als Krankheitsfolge . . . . . . . .
4. Leiden und Krankheit . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . .
5. Gleichzeitigkeitskorrelation und Wechselwirkung im Leib-Seele-Geschehen.
6. Zum Begriff der Durchschnitts- oder Realnorm
7. Zum Krankheitsbegriff in der Psychiatrie . . . .
8. Psychopathie, Neurose und Krankheit . . . . .
9. Psychopathie und Kriminalität . . . . . . . .
10. Psychopathie und Neurose . . . . . . . . . .
ll. thierbewertung der frühkindlichen Frustrationen.
12. Anlage und Umwelt . . . . . . . . . . .
II. Spezielles . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zur Typologie psychopathischer Persönlichkeiten
1. Einteilung nach seelischen Grundeigenschaften .
2. Die unsystematische Typologie von K. SCHNEIDER
a) Hyperthymiker. . . . . . . .
b) Depressive Psychopathen . . .
c) Selbstunsichere Psychopathen .
d) Fanatische Persönlichkeiten . .
e) Geltungssüchtige Psychopathen
f) Stimmungslabile Psychopathen .
g) Explosible Psychopathen
h) Die abnorme Gemütlosigkeit
i) Willenlose Psychopathen
k) Asthenische Psychopathen .
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B. Konstitutionstypologie . . . . . .
.... . . . . . . . . . .
1. Der Typenbegriff von E. KRETSCHMER. Körperbau und endogene Psychosen.
Körperbau und normales Temperament .
2. Diathetische und psychästhetische Proportionen .
3. Pykniker, Leptosome und Athletiker. Dysplasien
4. Cyclothym-Cycloid. Schizothym-Schizoid
..
5. Konstitutiop., Charakter und Temperament
6. Konstitution ttnd Kriminalbiologie . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
IX
Seite
C. Abnorme Erlebnisreaktionen und Persönlichkeitsentwicklungen (Neurosen)
1. Zum Neurosenbegriff. Lieblingsformen. "Der" Psychopath und "der" Neurotiker
2. Äußere und innere Erlebnisreaktionen. Zum Begriff der "Reaktion" . . . . . .
a) Die äußeren Erlebnisreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Die inneren Erlebnisreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Psychosomatische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Aussehen und Thematik. Zur Frage neurosenspezifischer Psychismen. Die Leitgefühle Traurigkeit, Angst, Schreck, Wut, Eifersucht, Mißtrauen und Beschämtheit
5. Chronische depressive erlebnisreaktive Entwicklungen und Zweckneurosen . . .
6. Neurosentypologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7. Persönlichkeitsreaktionen und Primitivreaktionen (E. KRETSCHMER). Asthenische
Reaktionen und sthenische Krisen. Expansive und sensitive Entwicklungen. Überwertige Idee und autistische Wunscherfüllung. Paranoiker . . . . . . . . . .
8. Zwangsneurotische Reaktionen und Zwangskrankheiten . . . . . . . . . . .
9. Primitivreaktionen (Kurzschlußreaktionen). Psychogene psychotische Episoden
(ZUTT) und primitive Beziehungsreaktionen (K. SCHNEIDER). Hypobulische und
hyponoische Psychismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10. Zur heutigen Neurosenlehre. Definitionen und Schulmeinungen. Wandlungen in
der psychoanalytischen Neurosentheorie seit FREUD
11. Neurotisches Verhalten im Kollektiv.
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D. Sexuelle Abnormitäten . . . . . . . .
1. Unzulänglichkeit der alten "Psychopathia sexualis" . . . . . . . .
2. Die Selbstbefriedigung. Onanie als Sucht. Gefährdungsmöglichkeiten . . . . . .
3. Frigidität und Potenzstörungen. Die Orgasmusunfähigkeit und ihre Bedingungen.
4. Paraphilien und Perversionen (Perversität) . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Homosexualität. Homoerotik. Konstitutionsbiologie. Neurosenstruktur. Transvestitismus und Transsexualismus. Psychotherapierbarkeit der Homosexualität
6. Theorien der sexuellen Perversionen. Die defizienten Erscheinungsformen der
Erotik (Boss). Sadismus und Masochismus. Exhibitionismus (Zeige- und Schaulust). Päderastie und Pädophilie. Der Inzest
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E. Die Suchtleiden . . . . . . . . . . . .
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . ..
Gesichtspunkte der Suchtbeurteilung. Suchtverursachende Gifte. Folgen des
Suchtmittelmißbrauchs. Der süchtige Mensch
II. Spezielles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Der Alkoholismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Alkoholgewöhnung und Alkoholsucht . . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Der gewöhnliche Alkoholrausch. Psychopathologische und körperliche Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
c) Alkoholintoleranz. Der pathologische Rausch . . . . . . . . . . . . .
d) Der chronische Alkoholismus. Gefährdete Persönlichkeiten und soziale Bedeutung. Psychopathologische und körperliche Symptome. Polyneuritis.
Encephalopathie (WERNICKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
e) Alkoholpsychosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das Delirium tremens. S. 155. - Die alkoholische Halluzinose. S. 157. Der chronische Eifersuchtswahn der Alkoholiker. S.159.
f) Das Korsakowsche Syndrom. "Alkoholepilepsie". Dipsomanie • . . . . .
g) Die Behandlung der akuten Alkoholvergiftung und der Komplikationen beim
chronischen Alkoholismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
h) Psychotherapie. Fürsorge. Psychische Hygiene. Die unterstützende "Verekelungsbehandlung". . . . . . . .
i) Behandlungsaussichten und Prognose.
k) Neuropathologische Befunde. . . . . . . . .
.
.
2. Die Arzneimittelsucht . . . . . . . . . . . .
a) Alkaloide, Hypnotica, Analgetica, Analeptica, Tranquilizers, Ataraktica
b) Zur Struktur des Rauschgiftsüchtigen. Wahl des Suchtmittels. Gewöhnung
und Sucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
c) Abstinenzerscheinungen bei Alkaloidsucht, Entziehung. Psychotherapie.
Prognose . . . . . . . . . . . . . . .
d) Behandlung der akuten Schlafmittelvergiftung
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III. Diagnostische Hinweise für alle Suchtzustände . . .
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Seite
F. Der Schwachsinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Sozialmedizinische Bedeutung. "Angeborener" und "erworbener" Schwachsinn:
kein echtes Gegensatzpaar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Die Intelligenz und ihre Störungen. Debilität, Imbezillität, Idiotie . . . . . . .
3. Endogener und exogener Schwachsinn. Erbbiologische Verhältnisse. Schwachsinn
und Gehirnkrankheiten bzw. -mißbildungen. Endokrinopathische Formen
4. Erkennung des Schwachsinns. Typologie . . . . . . .
5. Psychosen und abnorme Reaktionen bei Schwachsinnigen . . . . . . . .
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Zweiter Hauptabschnitt
Die körperlich begründbaren Psychosen
Allgemeines
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Die akuten exogenen Reaktionstypen (BoNHOEFFER) . . . . . . . . . . . . . .
3.0rdnungsgesichtspunkte zur Unterscheidung symptomatischer und endogener Psychosen. Differentialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Ursachen körperlich begründbarer Psychosen. Die Rangordnung der Symptome. Gestaltpsychologische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Die chronischen körperlich begründbaren Psychosen. . . . . . . . . . . . . . .
6. Akute und chronische somatische Grundlagen, Reversibilität und Irreversibilität der
psychopathologischen Symptome (W. SCHEID)
7. Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . .
8. Anhang: Ergänzende Untersuchungsmethoden
a) Liquordiagnostik . . . .
b) Luftencephalographie . .
c) Angiographie . . . . .
d) Elektroencephalographie.
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Spezielles . . • . • . . . .
A. Progressive Paralyse . . . . .
..
.....
..
.
..
....
1. Die progressive Paralyse als Muster einer körperlich begründbaren Psychose.
2. Frühdiagnose: Aufgabe des praktischen Arztes . . . . . . . . . . . . . .
3. Klinische Erscheinungsformen der progressiven Paralyse. Differentialdiagnose der
psychopathologischen Bilder . . . . .
4. Neurologische Symptome. . . . . . .
5. Blutserum- und Liquoruntersuchung. .
6. Psychologische Leitung. Die Lues-Angst
7. Krankengeschichten . . . . . . . . .
.
. ..
.
.....
8. Neuropathologische Befunde . . . . . .
9. Zusammenfassung der klinischen Symptome: Psychopathologie. Demenz. Persönlichkeitsabbau. Neurologie. Serologie . . . . . . . . . . . . . . . . .
10. Juvenile Paralysen. Forensisches. Berufsfähigkeit . . . . . . . . . . . .
H. Behandlung. Aktivität des Prozesses. Rückfallgefahr. Liquornachkontrollen
12. Andere neuroluische Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Seelische Störungen bei cerebralen Gefäßleiden . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Skleratheromatöse Gefäßkrankheiten. Die sog. Cerebralsklerose. Psychische und
körperliche Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Die objektiven Befunde: allgemeine körperliche Befunde, neurologische Symptome,
psychopathologische Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Testier-, Geschäfts- und Zurechnungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Die cerebralsklerotischen Psychosen und die altersabhängigen depressiven Reaktionen. Beziehungen zu den endogenen Psychosen. StrukturanalytischeBetrachtung
5. Der sog. Schlaganfall (Apoplexie). Mangeldurchblutung (Ischämie) und Massenblutung. Thrombose und Embolie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Neuropathologische Hinweise. Differentialdiagnose. . . . . . . . . . .
7. Behandlung und Verhütung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8. Anhang: Die höheren Werkzeugstörungen (Aphasien, Apraxien, Agnosien) .
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C. Seelische Störungen bei Hirnparenchymschwund . . . . . . . . . . . . .
I. Diffuse Hirnschwundkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Senile Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Senile Demenz und normale Vergreisung. Psychologie des hohen Lebensalters
b) Gleichartigkeit und Unterschiede gegenüber der Symptomatologie der Gefäßprozesse. Neuropathologische Befunde. . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
XI
Seite
2_ Die .Alzheimersche Krankheit . . . . . . . .
a) Alzheimersche Krankheit und senile Demenz
b) Die Symptome. Der neuropathologische Befund.
233
233
233
Ir. Systematisierte Hirnschwundkrankheiten . . . . . .
234
1. Picksche Krankheit . . . . . . . . . . . . . . .
...
234
a) Unterschied der systematischen umschriebenen fortschreitenden Großhirnatrophie gegenüber den diffusen Gehirnatrophien . . .
234
b) Die Symptomatologie . . . . . . . . . . . . . . .
235
2. Chorea Huntington . . . . . . . . . . . . . . . . .
235
a) Neurologischer Befund. Abortivformen. Erbverhältnisse
235
b) Psychopathologische Bilder
236
c) Neuropathologie . . . . . .
236
D. Seelische Störungen nach Hirntraumen
1. Hirntraumen am geschlossenen und eröffneten Schädel.
2. Die traditionellen Begriffe der "Commotio" und "Contusio" cerebri und ihre
Schwierigkeiten. Rückbildungsfähige und nicht rückbildungsfähige Symptomatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Hirnödem und traumatische Psychose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Symptome beim akuten Schädelhirntrauma. Das Bild der klassischen Commotio
und Contusio
.............................
5. Epidurales, subdurales und subarachnoidales Hämatom. Hirndruckerscheinungen
6. Der akute exogene Reaktionstyp und die "Durchgangssyndrome" (WIECK) bei den
akuten posttraumatischen Psychosen. Irreversible und reversible Demenzsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7. Die Behandlung der frischen Gehirnerschütterung . . . . . . . . . . . . . .
8. Folgen traumatischer substantieller Hirnschädigungen. Neurologische Symptome.
Posttraumatische Persönlichkeitsveränderungen. Typologische Erfassung. Die
Bedeutung seelischer Fehlhaltungen beim Hirntraumatiker .
9. Pathomorphologie. . . . . . . . .
10. Behandlung. Rehabilitation . . . .
E. Die cerebralen Anfall-Leiden (Epilepsien)
1. Die nosologische Stellung. Genuine Epilepsie und endogene Psychosen
2. Der große epileptische Anfall. Status epilepticus . . . . . . . . . .
3. Typologie der großen Anfälle nach der Tagesrhythmik . '.' . . . . . . .
.
4. Die sog. kleinen Anfälle. Absencen, Pyknolepsie. Typologie der kleinen Anfälle. Die
Schläfenlappenepilepsie. Poriomanie, Dipsomanie, Dämmerzustände . . . . . .
5. Epileptische Wesensveränderung und Demenz. Konstitution. Vererbung. Sozialmedizinisches. Psychische Hygiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Pathophysiologische Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7. Elektroencephalogramm bei verschiedenen Anfallstypen. Luftencephalogramm.
Pathomorphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8. Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9. Zusammenfassendes zur Differentialdiagnose. Genuine und symptomatische (exogene) Anfallsleiden. Residualepilepsie. Tetanie, synkopale Anfälle, Hypoglykämie,
......................
Narkolepsie
F. Die depressiven und paranoiden Psychosen der Rückbildungsjahre . . . . . . . .
1. Klimakterium und Rückbildungsjahre (Involution). Umgrenzung der Rückbildungszeit. Konstitution und Persönlichkeitsschema (E. KRETSCHMER). Differentialdiagnostische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Klimakterische Depressionen. Strukturanalye. Depressive Krisen in der Klimax.
Endogene Depressionen in der Klimax. Besondere Tönung derpsychopathologischen
Symptomatologie. Depressive Rückbildungspsychosen . . . . . . . . . . . .
3. Erbbiologische Stellung der depressiven Rückbildungspsychosen. Auslösung.
Prognose. Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Der paranoide Typ der Rückbildungspsychosen. Abgrenzung gegenüber schizophrenen Psychosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Paranoide Psychosen in der Involution als Vorläufer hirnorganischer Abbaukrankheiten . . . . . . . . . . .
6. Therapie. Zusammenfassung.
7. Beispiele zur Klinik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XII
Inhaltsverzeichnis
Dritter Hauptabschnitt
Die endogenen Psychosen
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . .
Vom Wesen endogener Psychosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Vergleichende Betrachtung mit körperlich begründbaren Psychosen und abnormen
Erlebnisreaktionen (Neurosen). Hypothese vom Krankheitscharakter der endogenen
Psychosen. Krankheit und Kranksein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Endogene Verlaufstypen : Phase und Schub. Erblichkeit und Konstitution . . . . .
3. Erkrankung und biologische Krisenzeit. Vergleiche mit phasentypischen abnormen
seelischen Fehlhaltungen. Pubertät, Schwangerschaft, Wochenbett, Lactation, Men·
struation, Klimakterium, Rückbildung (Involution). Folgerungen für die klinische
Psychopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Hinweis auf die verstehende Psychopathologie von K. JASPERS
5. "Dasein" und "Sosein" bei den endogenen Psychosen .
6. Zum Begriff des "Endogenen" . . . . . . . . . . .
7. Anthropologische und psychogenetische Gesichtspunkte
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Spezielles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A. Endogene Psychosen von depressivem und manischem Typ
1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Endogene Depressionen. Symptomatologie: die "vitale" Traurigkeit. Die psychomotorische Hemmung. Die larvierten Depressionen. Agitierte Depressionen. Die
Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Die Themenkreise der Wahninhalte bei endogenen Depressionen. Schuldgefühle,
Versündigungsangst, Hypochondrie, Verarmungswahn. Expansiver Nihilismus . .
4. Die Bedeutung der Krankheitseinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Die endogene Manie. Symptomatologie: die grundlose "endogene" Heiterkeit. Die
psychomotorische Erregung. Abnorme Vitalgefühle. Ideenflucht. Typologie
6. "Auslösung" manisch-depressiver Psychosen. Häufigkeit . .
7. Prognose. Phasendauer. Intervalle. Konstitution. Erblichkeit
8. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Endogene Psychosen von schizophrenem Typ . . . . . . . .
1. Die besondere Situation des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Das Wesen der Schizophrenien und das Schicksal von Schizophrenietheorien . .
3. Schizophrenien als psychopathologisch umschreibbareZustand-Verlaufsbildungen
(K. SCHNEIDER). Querschnitt- und Längsschnittbetrachttmg . . . . . . . . .
4. Die Bedeutung der 'schizophrenen Symptome ersten Ranges (K. SCHNEIDER).
Differentialdiagnose und Differentialtypologie . . . . . . . . . . . . . . .
5. Vollremissionen und Teilremissionen. Wichtigkeit der lebenslangen Katamnesen.
Die Verlaufsstudien von M. BLEULER . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Erbbiologische Probleme. Das umstrittene "Schizoid". . . . . . . . . . . .
7. Geläufige klinische Typen: Schizophrenia (Dementia) simplex. Paranoide (wahnbildende) Schizophrenien. Katatone Schizophrenien. Hebephrenien . . . . . .
8. Die Frage nach der zentralen Bedeutung des "Paranoiden" bei den Schizophrenien. Der Zug vom "Cyclothymen" zum "Schizophrenen" . . . . . . . .
9. Anschauungsmaterial aus Krankengeschichten . . . . . . . . . . . . . . .
Hebephrene Formen. S.346. - Dementia simplex. S.347. - Katatonie.
S. 347. - Paranoid. S.348.
10. Schizophrener Wahn und Persönlichkeit. Der Wahnsinn. Möglichkeiten der Auseinandersetzung und Verarbeitung. Heilungsvorgänge . . . . . . . . . . . .
11. Wahnthematik. Amalgamierung psychotischer Erlebnisweisen und Widerfahrnisse. Dasein des Wahns in der schizophrenen Psychose. Aufbauende Wahnarbeit
und Zerfall in Stillosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12. Verarbeitungstypen (MAYER-GROSS) und Existenzwerte. Typen des Krankheitsbeginns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13. Anthropologische Interpretationen. Paranoides und Schizophrenes. Dialektik des
magischen schizophrenen Weltbezuges: Ausgeliefertsein und Omnipotenz . . . .
14. Unheilbare. Schizophrenien als Typus unter anderen. Fragwürdigkeit des Begriffs
"Pseudoschizophrenien". KRAEPELINS Auffassung endogen-psychotischer Symptombilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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15. Zur Problematik der schizophrenen Grundstörung. Primäre und sekundäre Symptome. Die schizophrenen Endzustände und die Schwierigkeiten mit dem schizophrenen Defekt. Psychosenabbruch und Rezidive . . . . . . . . . . . . . .
16. Wie chronische Schizophrene ihre Psychose erleben können . . . . . . . . . .
17. Reversibilität und Hypothesen zum Angriffsort der endogenen Psychosen von
schizophrenem Typ. Einsichten aus der Psychotherapie Schizophrener . . . . .
18. Geschichtliche Hinweise zum Schizophrenieproblem. Somatische, daseinsanalytisch-anthropologische und psychogenetische Aspekte . . . . . . . . . . .
C. Endogene Psychosen außerhalb der "klassischen" Gruppierung ("atypische" Psychosen, "Randpsychosen", "Degenerationspsychosen", "Mischpsychosen" u. a. m.).
Einteilung der endogenen Psychosen von KLEIST und LEONHARD
1. Atypische und Randpsychosen. Mischpsychosen . . . . . . . . . . . . . . .
2. Die defektschizophrenen Krankheitsbilder nach LEONHARD . . . . . . . . . .
3. Die Gruppe der Schizophrenien vom Charakter der Systemkrankheiten nachKLEIST.
Paranoide Defektschizophrenien. Defekthebephrenien. Defektkatatonien. Die
Defektschizophrenien nichtsystematischer Art. Die affektvolle Paraphrenie. Die
periodische Katatonie. Die Schizophasie . . . . . . . . . . . . . .
4. Die Degenerationspsychosen. Beziehungen zwischen unsystematischen Schizophrenien und den cycloiden Psychosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Die Phasophrenien in der Einteilung von KLEIST. Stimmungspsychosen. Affektpsychosen. Wahnbildende affektive Psychosen. Hypochondrische Psychosen.
Amentielle Psychosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Der Schizophreniebegriff bei HENRI Ey und die Auffassung der Wahnpsychosen in
der traditionellen französischen Psychiatrie
Therapie der endogenen Psychosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Behandlung der endogenen depressiven und manischen Psychosen. Allgemeine therapeutische Maßnahmen bei endogenen Depressionen. Psychopharmaka
2. Die Heilkrampfbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Milieu- und Psychotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Behandlung der endogenen Psychosen von schizophrenem Typ . . . . . . . . .
5. Behandlungserfolge. Wirkungsweise der Therapie. Insulin- und Heilkrampfbehandlung. Psychopharmaka. Psychochirurgie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Psychotherapie. Arbeits- und Beschäftigungstherapie . . . . . . . . . . . . . .
Anhang : Untergrunddepressionen, Hintergrundreaktionen, endo-reaktive Dysthyrnien,
vitalisierte depressive Reaktionen. Depressionen bei körperlich begründbaren psychotischen Zuständen in strukturanalytischer Sicht. . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Die Untergrunddepressionen und ihre Abgrenzung gegenüber erlebnisreaktiven seelischen Verstimmungs- und Depressionszuständen sowie gegenüber dem Endogenen . .
2. Die depressiven Hintergrundreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Die endo-reaktiven Dysthymien. Typologie. Prämorbide Persönlichkeiten. Familiäre Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Die vitalisierten depressiven Reaktionen. Unterscheidung von psychoreaktiv ausgelösten endogenen Depressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Exkurs über die strukturanalytische Betrachtung von Depressionszuständen bei
körperlich begründbaren Psychosen. Pathogenese und Pathoplastik. . . . . .
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Vierter Hauptabschnitt
Psychotherapie
1. Psychotherapie und Psychiatrie. Indikationen und Ziele. Die Leitbilder. . . . . . 421
2. Nichtaufdeckende und aufdeckende Methoden. Die zweigleisige Standardmethode
(E. KRETSCHMER). Das autogene Training (J. H. SCHULTZ). Hypnose. Katharsis 422
3. Die analytischen Methoden im engeren Sinne (S. FREUD, A. ADLER, C. G. JUNG u.a.).
Die analytische Grundregel. Der Widerstand. Übertragung und Gegenübertragung.
Verdrängung. Gemeinsamkeiten und Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . 425
4. Logotherapie (FRANKL). Kritik der naturalistisch-psychologischen Orientierung durch
H. TRÜB. . . . . • • . • . . • . . . . . . . • .
431
5. Die analytische Psychotherapie von SCHULTZ-HENCKE .
432
6. Gruppenpsychotherapie. Ergebnisse . . . . .
433
433
7. Kollektive Neurosen und psychische Hygiene. . . . .
XIV
Inhaltsverzeichnis
Anhang
Kinderpsychiatrie
der Reifung und Entwicklung. Schema der speziellen Kinderpsych.
latne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Konstitutionell bedingte psychische Störungen. Neuropathie. Psychopathie . . . .
2. Reifungspathologisch bedingte psychische Störungen. Hemmung und Verfrühung
der Reife. Teilretardierung und Teilacceleration. Der puberale Instinktwandel (E.
KRETSCHMER) als Brennpunkt der Neurosenlehre. Stufen der Libidoentwicklung
(FREun). Phasentypische Fehlreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Reaktive psychische Störungen. Milieuschäden und Hemmungen der kindlichen Erlebnis- und Antriebsbereiche. Dysphorische Verstimmungen. Leistungshemmungen.
Angsthaltungen. Phobie. Zwang. Lüge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Körperlich begründbare Psychosen. Akute und chronische Zustände. Inkretorische
Störungen. Entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems. Parainfektiöse
Meningo-Encephalitiden. Hirntumoren. Hirntrauma . . . . . . . . . . . . . .
5. Endogene Psychosen. Häufigkeit schizophrener und manisch-depressiver Psychosen.
Ei~en~ümlichkeiten
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448
Forensisch-psychiatrische und versorgungsrechtliche Fragen
1. Der Sachverständige und das Gutachten. . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Wichtige Bestimmungen des Strafgesetzbuchs. Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit § 51 Abs. I und 2 StGB. "Gnostizismus" und "Agnostizismus". Biologische, psychologische und gemischte Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Die Unterbringung psychotischer Krimineller. Unfreiwillige Einweisung. Behandlungsrecht. Aufklärungspflicht. Straffreie Schwangerschaftsunterbrechung . . . . . . .
4. Das Jugendgerichtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Beurteilung der Geschäftsfähigkeit. Entmündigung. Vormundschaft. Pflegschaft.
Eherecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Sozial- und versorgungsrechtliche Fragen. Invalidität. Berufsunfähigkeit. Erwerbsunfähigkeit. Bundesversorgungsgesetz. Bundesentschädigungsgesetz . . . . . . .
7. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie Entschädigungs- und Behandlungsansprüche
bei Neurosen .
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Schrifttum. . . .
468
Sachverzeichnis.
470
Erklärung von Fachausdrücken,
die nicht im Text erläutert werden
Abasie: Unfähigkeit zu gehen. Basis (ßam,) = Weg, Schritt.
Abulie: Willenlosigkeit. BUlomai (ßarJÄ0l'at) = ich will.
Agnosie: Störung des Erkennens. Gnosis (yvwat,) = das Erkennen.
Agoraphobie: Platzangst. Agora (dyoea) = der Markt; Phobos (tpoßo,) = die Furcht.
Akinese: Bewegungslosigkeit. Kinesis (~tv1]at,) = Bewegung.
Amalgamierung: Verschmelzung (Legierung) von Metallen.
Ambivalenz: Gleichzeitiges Bestehen gegensätzlicher Affektbesetzungen ; ambo = beide;
valere = wert sein.
Amnesie: Erinnerungsstörung ; Mnesis (I'vfjm,) = Erinnerung.
Ana.nkasmus: Zwangserscheinung ; Ananke (dvdY~1]) = die Notwendigkeit.
Anthropologie: Lehre vom Menschen.
Aphasie: Unfähigkeit zu sprechen; Phasis (tpaat,) = die Sprache.
Apperzeptive Verblödung: Auffassungsstörung als maßgebend bei bestimmten Formen von
Demenz; perceptio = die Auffassung.
Apraxie: Unfähigkeit zu handeln; Praxis (neii~t,) = das Tun.
Astasie: Unfähigkeit zu stehen; Stasis (OTaat,) = das Stehen.
Autismus: Abkapselung gegen die Außenwelt; Aut6s (avTo,) = selbst, allein
Autochthon: eigengesetzlich entstehend; Chthon (~chv)=der Boden; aut6s (avTo,)=selb.
ständig.
Bradyphrenie: Verlangsamung der Reaktionen und Antriebsverarmung; Phren
(tpe~v)=der
Verstand; bradys (ßeac5v,) = langsam.
Coenaesthesie: allgemeines Leibgefühl; Koin6s (~OtVO,) = allgemein Aisthesis (aialhJat,) = die
Wahrnehmung.
Dyskinesie: Bewegungsstörung; Dys. (&,) = fehlerhaft; Kinesis (~tV1]at,) = Bewegung.
Dysphorie: übellaunige Verstimmtheit; Phora (tpoea) = Zustand.
Echolalie: Sinnloses Nachplappern; Echo (exch) = Widerhall; laleo (ÄaÄEro) = ich rede.
Echopraxie: Sinnloses Nachahmen von Bewegungen.
Endothym: Gestimmtheit ohne reaktiven Anlaß, "von innen"; Endon (lvc5ov) = innen;
Thymos ({)VI'O,) = das Gemüt.
Enechetisch: Zähflüssig in der Verarbeitung seelischer Reize; Enechein (evexelV)=zurück.
halten.
Halluzination: Sinnestäuschung; alyo (dÄvro) = ich fasele.
Hebephrenie: Jugendliche Form einer Schizophrenie; Hebe (1)ß1]) = Jugend; Phren (tpe~v) =
Geist.
Heterotopie: Gewebeentwicklungsstörung; Heteros (lTeeo.;) = anderer; T6pos (Tono.;) = Ort.
Hypobulische Mechanismen: Dem bewußten Willen entzogene, unterbewußte psychomotorische Funktionen; Hyp6 (vno) = unter; bUlomai (ßovÄol'at) = ich will.
Hyponoisch: Unterbewußt; Nus (vov.;) = der Sinn, der bewußte Verstand.
Hyperthymiker: Der konstitutionell Betriebsame, Dauererregte ; Hyper (vnee) = über, darüber
hinaus; Thymos ({)vl'o,) = Seele, Geist.
Katalepsie Psychomotorischer Starrezustand; Katalamhano (~aTaÄaI'ßavro) = ich halte fest.
Katathym: Durch Affekthaltung bestimmt; Kata (~aTa) = herab; Thymos s.o.
Katatonie: Psychomotorische Gespanntheit oder Erregtheit; Teino (TelVro) = ich spanne.
Klaustrophobie: Neurotische Angst im geschlossenen Raum; Klaustron (~).avOTeOV) = das
Geschlossene; Ph6bos (tpoßo.;) = die Furcht.
Konversion: von conversio = die Umkehr, die Umwandlung.
Koprolalie: Oft zwanghaftes Aussprechen obszöner Wörter aus der Anal- und Genitalsphäre.
K6pros (~oneo,) = Kot.
Kryptomnesie: Erinnerungsstörung ; Krypt6s (~evnTo,) = verborgen; Mnesis s. o.
Lacuniire Ausfallsymptome : lacuna = die Lücke.
Leptosomie: Schmalwüchsigkeit; Lept6s (ÄenTo,) = schmal; Soma (awl'a) =Körper.
Logoklonie: oft rhythmisiertes Wiederholen von Wortsilben; Kloneo (~Äovero) =ich bewege
mich heftig.
XVI
Erklärung von Fachausdrücken
Logorrhoe: Wortschwall; Rhoe von rheo (1101) von l1ew) = ich fließe.
Mikrogyrie: Kleine Hirnwindungen als Mißbildung; GYros (yiieo,) = Kreis.
Narkolepsie: Hirnorganisch bedingte Schlafsucht; Narkao (vae"ow) = ich betäube; lambano
(Joap,ßavw) = ich erfasse.
Noogen: Bei Neurosen: vom verfehlten Lebenssinn her entstanden; Nus (vov,) = der Sinn.
Oligophrenie: Schwachsinn; OHgos (d;,{yo.) = wenig.
Oneiroid: Traumartiger Dämmerzustand; Oneiros (ÖVSteo,) = Traum.
Päderastie: Erotisch·sexuelle Neigung zu Kindern, insbesondere Knaben; Pais (nai,) = der
Knabe; Erastes (eeaO'7:1),) = Liebhaber.
Panhypopituitarismus,: Unterfunktion der Hypophyse (Glandula pituitaria).
Parakinese: Fehlgeplante bzw. -gesteuerte Bewegung; Para (naea) = daneben.
Paramimie: Fehlgehender mimischer Ausdruck.
Paraphrenie: Das "Daneben-Denken", besonnener schizophrener Wahn.
Phasophrenie: Phasenhaft auftretende Gemütsverstimmung.
Poriomanie: Dranghaftes Weglaufen; Poreia (noeela) = die Reise; Mania (pavia) = die Sucht.
Presbyophrenie: Krankheitstyp innerhalb der senilen Demenz; Prtlsbys (neeaßv,) = der Greis.
Psychokatharsis: Entlastendes Abreagieren in der Psychotherapie oder spontan; Kathairo
("af}alew) = ich reinige.
Psychonomie: Psychische Gesetzlichkeit; N amos (vopo,) = das Gesetz.
Puerilismus: von puer = der Knabe. Zumeist gewollt kindisches Verhalten.
Pyknolepsie: Häufung von kleinen hirnorganischen Anfällen; Pyknas (nv"vo,) = gehäuft,
dicht.
Pyknischer Körperbautyp : pyknas (nv"vo,) = dicht, gedrungen.
Pyromanie: Pervers-dranghafte Lust am Anlegen von Feuer; Pyr (niie) = das Feuer.
Retardierung: Entwicklungs- und Reifeverzögerung ; tardare = hemmen.
Schizoid: Psychopathieform im biologischen Umkreis schizophrener Psychosen; schizo
(aXi~w) =ich spalte; eides (sM1),) = ähnlich.
Schizophasie: Denk- und Sprachzerfall bei bestimmten schizophrenen Endzuständen; Phasis
(cpaat,) = Sprache, sprechen.
Schizophrenie: Endogene Psychose von bestimmtem psychopathologischem Zustand-Verlaufstypus; schizo (aXl~w) = ich spalte; Phren (cpe1)v) = Geist.
Synkopale Anfälle: Vaso-vegetative, nichtepileptische Anfälle; synkopto (avy"on.w) = ich
schlage zusammen.
Syntonie: Ausgeglichene Temperamentslage; syn (avv) = zusammen, miteinander; Tonos
(.ovo;) = die Spannung.
Allgemeiner Teil
A. Schema der klinischen Psychiatrie
In enger Anlehmmg an K. SCHNEIDERS klinische Psychopathologie gliedern
wir den hier vorgetragenen Stoff so auf, daß wir zwischen seelisch abnormen
Phänomenen als Spielarten des Durchschnittlichen einerseits, als Folge von
Krankheiten und Mißbildungen andererseits unterscheiden.
Bei den abnormen Spielarten seelischen Wesens, die wir nach ihrem Aufbau
und ihrer Entwicklung betrachten, kommt sinnvollerweise nur ein psychologischer
Ordnungsgesichtspunkt in Frage. Bei den hierher gehörenden seelisch abnormen
Zuständen und Verhaltensweisen ist der damit zur lebendigen Ganzheit untrennbar vereinigte Bereich des tragenden Leibes genauso mit dabei wie beim psychisch
normalen, unauffälligen Menschen auch. Darüber hinaus sind auf diesem Gebiet
des seelisch Abnormen von seiten des Somatischen keine Einsichten in eventuelle
Bedingtheiten des Psychischen (etwa der Neigung zu Selbstüberschätzung oder
zu Weltschmerz, rasch entflammbarer Begeisterung oder Menschenscheu usw.)
zu erwarten.
Wir verzichten also darauf, der psychologischen Ordnung der Erscheinungen
ausdrücklich eine somatologische beizufügen oder zu unterlegen, nicht weil sie
nicht vorhanden wäre, sondern weil sie für unsere bestimmten psychologischanalysierenden Fragestellungen ihrer Natur nach hier stumm bleibt.
I. Abnorme Spielarten seelischen Wesens
(Struktur und Entwicklung)
Psychologische Ordnung:
1. Seelisch abnorme (psychopathische) Persönlichkeiten.
2. Abnorme seelische Reaktionen und erlebnisreaktive Persönlichkeitsentwicklungen (Neurosen)
3. Abnorme Verstandesanlagen (der genuine Schwachsinn als abnorme MinusVariante der Intelligenz).
Wie überall, wo es um den lebendigen Menschen geht, müssen wir uns davor
hüten, Ordnungsschemata zu Tyrannen über uns zu setzen.
Bei einzelnen wenigen Typen seelisch abnormer, psychopathischer Persönlichkeiten zum Beispiel scheinen Varianten in der Funktion des Endokriniums
(M. BLEULER, FR.ANKL) oder morphologisch und physiologisch faßbare Regelwidrigkeiten der Konstitution (E. KRETSCHMER) sowie bestimmte Reifungsstörungen (W. KRETSCHMER) eine aus dem Gesamtbild dieser Psychopathien
nicht wegzudenkende Rolle zu spielen.
Sofern es dabei um Normabweichungen, nicht aber um Krankheitsprozesse
geht, besteht keine Notwendigkeit, die betreffenden Patienten als "PseudoPsychopathen" aus der Gruppe der "reinen" Psychopathen herauszunehmen und
als persönlichkeitsveränderte "Organiker" den chronischen körperlich begründWeitbrecht. Psychiatrie im Grundriß
1
2
Schema der klinischen Psychiatrie
baren Psychosen zuzuordnen, wie es beispielsweise bei manchen als Psychopathen
verkannten Patienten mit frühkindlichen Hirnschäden immer wieder einmal
notwendig wird.
In den von uns angeführten Fällen handelt es sich demgegenüber ja um nichts
anderes, als daß das "Dabeisein" des Somatischen in seiner Variabilität seinerseits ausnahmsweise in einem kleinen Ausschnitt faßbar geworden ist.
Etwas nicht weniger Wichtiges lehren die abnormen Minus- Varianten der
Intelligenz: einmal ist der genuine Schwachsinn zweifellos seiner diagnostischen
Bedeutung nach deshalb in einem gewissen Rückgang begriffen, weil eine verfeinerte somatologische Untersuchungstechnik und weil Fortschritte der stoffwechselpathologischen Forschung immer wieder Fälle aus der Gruppe des endogenen hinüber zu den Formen des exogenen Schwachsinns weisen. Gewiß ist
Riegeldummsein eine Minusvariante, aber zwischen ihr und dem so hochgradig
vererblichen endogenen Schwachsinn herrschen heute noch überaus unklare Beziehungen. So wird man bei vielen Fällen von abnormer Verstandesanlage in
dem von uns ausgeklammerten Bereich des Somatischen doch ein sinnvolles
Fragezeichen setzen.
Weiter ist darauf zu verweisen, daß wir "den Schwachsinn" unbeschadet
seiner endogenen oder exogenen Entstehung nur einmal abhandeln, obwohl die
Systematik es gebieterisch erforderte, dies ein zweites Mal in dem Abschnitt der
seelischen Abnormitäten als Folge von Krankheiten und Mißbildungen zu tun,
dem wir uns sogleich zuwenden. Wir können dies prakti8ch damit rechtfertigen,
daß abgesehen von neurologischen und neuropathologischen sowie neurophysiologischen Befunden die klinische Psychopathologie keine Unterschiede zwischen
beiden Formen aufzeigen kann, so daß eine gemeinsame Besprechung sinnvoll ist.
Entsprechend der SY8tematik von K. SCHNEIDER treiben wir eine zwei8purige
Diagno8tik, wenn wir 8eeli8che Abnormitäten als Folgen von Krankheiten und
Mißbildungen betrachten.
2. Folgen von Krankheiten und Mißbildungen
Somatologische (ätiologische) Ordnung
Psychologische (symptomatologische ) Ordnung
Intoxikationen
Paralyse
Andere Infektionen
Andere interne Krankheiten
Hirnmißbildungen
Hirnverletzungen
Hirngefäßleiden, insbesondere Arteriosklerose
Seniler und präseniler Hirnschwund
Andere Hirnkrankheiten
Genuine Epilepsie
akut: Bewußtseinsstörungen
chronisch: Persönlichkeitsabbau und Demenz
bzw. von Anfang an Persönlichkeitstiefstand und gestörte Entwicklung der Intelligenz
Die hier aufgeführten P8ycho8en sind die akuten und chroni8chen körperlich
begründbaren mit ihren LeU- oder AchBen8ymptomen. Darauf wird in den entsprechenden Kapiteln im einzelnen eingegangen, ebenso auch auf die Ausnahmen von der Faustregel, daß eine bewußtseinsgestörte akute Psychose zumeist
eine körperlich begründbare (symptomatische, exogene, organische) und eine
bewußtseinsklare eine endogene ist.
Es entspricht wohlbegründeten Hypothe8en (vgl. Abschnitt vom Wesen der
endogenen Psychosen), auch bei den sog. endogenen P8ycho8en an zugrunde
liegende, im einzelnen noch unbekannte Krankheiten zu denken. Da wir diese
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Schema der klinischen Psychiatrie
erst sehr bruchstückhaft fassen können und die Diagnose der endogenen Psychosen
ausschließlich auf eine Erfassung psychopathologischer Zustand-Verlaufsbildungen zu gründen ist, erscheinen diese Psychosen bis jetzt in der Rubrik der
psychologischen (symptomatologischen) Ordnung. In der Skala der somatologischen (ätiologischen) Ordnung müssen vorläufig Fragezeichen stehen, von denen
wir hoffen, daß sie eines Tages verschwinden werden.
Zwischen die Gruppe der körperlich begründbaren und der endogen genannten können wir noch eine Gruppe von Psychosen einfügen, die wir in der
Anordnung dieses Buches absichtlich an den Schluß der körperlich begründbaren
Psychosen gestellt haben, und die man mit demselben Recht zu den endogenen
rechnen könnte, mit denen sie in ihrem Erscheinungsbild sehr vieles gemein
haben. Es handelt sich um die depressiven und paranoiden Rückbildungs- oder
Involutionspsychosen. Wir haben auch bei ihnen keine faßbare Somatose, keine
körperliche Krankheit vor allem, vor uns, aber wir haben Beziehungen zu Alternsvorgängen und ähnliche erbbiologische Besonderheiten wie bei den klimakterischen Depressionen der Frauen. Auch Psychosen der normalen Schwangerschaft
und des unkomplizierten Wochenbetts gehören in diesen großen Rahmen der
Gestationspsychosen, sofern es sich nicht um ausgelöste eindeutige endogene
Psychosen dabei handelt, was man wohl unterscheiden muß. Auch die Pubertät
muß hier mitgenannt werden.
Wir fahren also in unserer Systematik fort:
Sorrw,tologische (ätiologische) Ordnung
Psychologische (symptorrw,tologische) Ordnung
Biologische Krisenzeiten :
Pubertät, Schwangerschaft, Wochenbett
und Lactationszeit, Klimax, Involution.
Psychosen sowohl von akutem exogenem
Reaktionstyp, vor allem mit amentiellem
Syndrom,
Im übrigen:
wie auch depressive und paranoide Psychosen
von endogenem Typ.
Klinische Bezeichnung: Pubertäts-, Schwangerschafts-, Wochenbett- und Lactations-,
klimakterische und Rückbildungspsychosen.
Endogene Psychosen von depressivem und
rrw,nischem Typ. Unipolare und bipolare
Formen. (Manisch·depressives Irresein,
Cyclothymie) .
Phasophrenien (KLEIST).
"Atypische" endogene Psychosen.
Endoreaktive Dysthymien.
Vitalisierte depressive Reaktionen.
Endogene Psychosen von schizophrenem Typ
(Schizophrenia simplex, Hebephrenie, Katatonie, paranoide Schizophrenie).
Die Fragezeichen bei den endoreaktiven Dysthymien und den vitalisierten
depressiven Reaktionen (s. entsprechende Abschnitte) in der Skala der ätiologischen Ordnung bedeuten, daß bezüglich des Wesens der hier jeweils mitspielenden "endogenen" Komponente dieselben offenen Fragen bestehen wie bei
den endogenen Psychosen auch. Diese psychischen Störungen gehören im System
zwischen die endogenen Psychosen und die abnormen seelischen Reaktionen
eingefügt und stellen eine ebenso wichtige wie problematische Nahtstelle zwischen
beiden dar.
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Bemerkungen zur Untersuchung
B. Bemerkungen zur Untersuchung
1. Gesichtspunkte für die Untersuchung seelisch Abnormer und .Kranker
Der Anfänger hat bei der Exploration von seelisch abnormen und psychotischen
Patienten oft gewisse Schwierigkeiten zu überwinden. Manche Kranke sprechen
kaum, verharren in Stupor und Schweigsamkeit, erweisen sich als gehemmt oder
abgesperrt oder sind mißtrauisch und wehren sich deshalb gegen das Befragtwerden. Andere lenken gewandt von den wichtigen Sachverhalten ab, reden viel
und nichts und lassen sich nicht in die Karten sehen. Wieder andere verwirren
den Anfänger umgekehrt durch die von ihm gar nicht so rasch zu erfassende Fülle
von psychotischem Material, das sie bringen. Schließlich gibt es solche, die sofort
die Initiative an sich reißen und nun eindringlichst vom Arzt wissen wollen, was
er von ihrer Angelegenheit hält, oder sie versuchen Versprechungen und Zusagen
zu erzwingen, in ihrer "widerrechtlichen" Internierungsangelegenheit etwas zu
unternehmen, ihnen ihre geistige Gesundheit zu bescheinigen u. a. m.
Oft kann der Anfänger auch noch nicht richtig zuhören, oder er hört, was
er auf Grund einer vorgefaßten Meinung, eines ersten flüchtigen Eindrucks zu
hören erwartet. So kommen mitunter in sich scheinbar stimmige Explorationsergebnisse zustande, die nur den einen Fehler haben, daß sie nicht stimmen.
2. Zur Technik der Exploration
Wir können hier nur einige wenige Hinweise geben. Man kann nicht genug
davor warnen, bei psychiatrischen Explorationen irgend etwas in den Patienten
"hineinzufragen", was er da1}n u. U. bestätigt, um seine Ruhe zu haben oder weil
er die Autorität des Arztes nicht kränken will, oder weil ihm die angebotene
Formulierung einigermaßen passend scheint. Manche mißtrauische paranoide
Kranke, die sich bemühen, vor dem Arzt gesund zu erscheinen, merken auch
sofort, daß diesem beispielsweise an der Klärung der Frage nach Halluzinationen
besonders gelegen ist und dissimulieren prompt, wenn er direkt und plump womöglich schon zu Beginn des Gesprächs fragt: "Hören Sie eigentlich Stimmen?"
Die Antwort besonnener Kranker kann dann geradezu lauten: "Ich weiß nicht
was Sie meinen! Was soll das denn sein, Stimmenhören ?"
Es ist nur ausnahmsweise zulässig, mit einer Suggestivfrage den Patienten, der absperrt
oder ständig ausweicht und vorbeiredet, zu überrumpeln. So kann es etwa vorkommen, daß
ein Kranker während der Unterhaltung mit dem Arzt akustisch halluziniert, daß er für
Sekunden abgelenkt zur Seite blickt, lauscht, grimassiert oder einen Augenblick antwortend
die Lippen bewegt. In solchen und ähnlichen Fällen kann man auf die ganz beiläufig hingeworfene Frage: "Was ist da soeben zu Ihnen gesagt worden?" eine prompte Antwort
bekommen, während zuvor die Frage nach "Stimmenhören" verneint worden war.
Ganz besonders wichtig ist es, gründlich und sauber bis zur völligen Klärung
eines Symptoms zu Ende zu explorieren und sich nicht richtungslos im Gespräch
vom Patienten ablenken und weiter treiben zu lassen. Dazu gehört natürlich, daß
man weiß, wonach man zu fragen hat und auf Was es psychopathologisch ankommt.
Viele Anfänger machen den Fehler, sich viel zu früh zufrieden zu geben. Am
schlimmsten ist es, ein Symptom, das nur angeschnitten, aber nicht exakt durchexploriert ist, vorzeitig zu etikettieren und sich damit innerlich womöglich schon
auf eine Diagnose festzulegen. Diese formt dann unwillkürlich das weitere Fragen
und bestimmt mit, wonach weiter exploriert und Was beiseite gelassen wird.
So darf man sich z. B. nicht damit begnügen, Stimmenhören anzunehmen,
wenn ein Patient angibt, er habe in der letzten Zeit manchmal gemerkt, wie über
ihn gesprochen wurde, und darf nicht den Kurzschluß vollziehen, es müsse sich
dabei um eine echte Halluzination und diagnostisch um eine Schizophrenie
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