Rückblick auf vorherige Vorlesung Chemisches Potential: Die partielle Ableitung der freien Enthalpie nach der Stoffmenge nennt man chemisches Potential ( ) G ist extensive Größe und µi ist intensive Größe Gibbssche Fundamentalgleichung 𝑑𝐺 𝑉𝑑𝑝 − 𝑆𝑑𝑇 + 𝜇𝑖 𝑑𝑛𝑖 𝑖 Chemische Potentiale bestimmen, wie sich G ändert, wenn die stoffliche Zusammensetzung des Systems variiert wird. µi bestimmt nicht nur G sondern auch U, F, H. Bedeutung der freien Enthalpie G: Die bei einem isobaren (analog: isochoren), isothermen, reversiblen Prozess verrichtete Arbeit, die keine Volumenarbeit ist, entspricht er Änderung der freien Enthalpie. Guggenheim-Schema Merkschema der Zustandsfunktionen + – Gleichgewichte: dS=0, dF=0, dG=0 Im thermodynamischen Gleichgewicht herrschen in einem System überall die gleiche Temperatur, der gleiche Druck und das gleiche chemische Potential Homogene Phasen: Eine Phase heißt homogen wenn ihre Entropie doppelt so groß ist wie die Entropie der Hälfte dieser Phase ( ) ( ) 1 Gibbs-Duhem Gleichung (Für homogene Phasen) − − Für eine reine Phase ist das chemische Potential gleich der molaren freien Enthalpie Gm (G=µn, also G/n=Gm=µ) Für nicht homogene Phasen muss gelten: p, T = konstant Abhängigkeit der freien Enthalpie G von der Temperatur (homogenes System, reiner Stoff) ( )| − Gibbs Helmholtz Gleichung Abhängigkeit der freien Enthalpie G vom Druck (homogenes System, reiner Stoff, n = 1mol) + ( ) + ( )+ chemisches Potential beim Ausgangsdruck plus Beitrag eines idealen Gases plus Korrekturterm für reale Gase 2 Phasengleichgewichte und –übergänge Diskussion anhand der freien Enthalpie G, da Druck und Temperatur meist von außen vorgegeben sind System ist im thermodynamischen Gleichgewicht, wenn G und für ein homogenes System auch das chemische Potential µi minimal wird Achtung: System kann auch im Nichtgleichgewicht sein, wenn der Übergang sehr langsam (z.B. kinetisch limitiert) ist. Beispiel: Umwandlung von Diamant zu Graphit Verdampfen, Gefrieren, etc. : Beispiele für Übergänge einzelner Komponenten Phasendiagramme Wird eine Flüssigkeit gekühlt, verringert sich die thermische Bewegung, bis die Moleküle beim Gefrierpunkt (= Schmelzpunkt) eine geordnete Verteilung bilden. (Normaler Schmelzpunkt = Schmelzpunkt bei p = 1013,25 hPa) Während der Kristallisation bleibt die Temperatur des Systems konstant. Erst, wenn alle Flüssigkeit gefroren ist, sinkt die Temperatur weiter. Die Wärme, die einem Mol einer Flüssigkeit entzogen werden muss, um sie zu kristallisieren, heißt Molare Kristallisationsenthalpie und ist betragsmäßig gleich der molaren Schmelzenthalpie (heat of fusion ∆fusH) Stoff Wasser Methanol Ethanol Stickstoff Gold Schmelzpunkt Tm / °C 0 -114,1 -117,2 -210 1064,2 ∆fusH / kJ/mol 6,02 5,02 4,6 0,71 12,55 Siedepunkt Tb / °C 100 64,6 78,3 -195,8 2856 ∆vapH / kJ/mol 40,65 35,21 38,56 5,57 324 3 Üblicherweise ∆fusH << ∆vapH da Moleküle zum Schmelzen nicht voneinander getrennt werden müssen (Ausnahme: kovalent verbundene Kristalle: Graphit sublimiert direkt bei 44,92 °C, fest Gas, ∆H = 117 kJ / mol) Darstellung im P-T Phasendiagramm Fall 2 Fall 1 Ab hier existieren keine Phasengrenzen mehr Fall 3 Hyperkritisches Gas 1. Konstanter Druck - Erhitzen einer Flüssigkeit Pro Zeiteinheit werde eine konstante Wärmemenge zugefügt Rückblick auf die Messung der Entropie ( ) ∫ ( ) + + ∫ ( )+ () + + ∫ ( ) 4 t Warum ist 1 kürzer als 2 gezeichnet? Weil ∆fusH << ∆vapH ! Die Steigung ist , da dQ = CpdT 2. - 3. - Konstante Temperatur – Druckreduktion durch Herausziehen eines Kolbens Solange p > Dampfdruck Flüssigkeit Bei p = pDampfdruck Flüssigkeit beginnt zu sieden Weiteres Herausziehen des Kolbens führt zu keiner Veränderung im Druck, da Flüssigkeit in Gas übergeht Wenn sämtliche Flüssigkeit verdampft ist, fällt der Druck weiter Erhitzen bei festem Volumen: kritische Temperatur Bereits bei tiefen T liegt ein Teil der Materie gasförmig vor Gas: Dampfdruck zur aktuellen Temperatur Wird T erhöht, steigt die Dichte im Gas sinkt die Dichte in der Flüssigkeit Wenn Dichte gleich T = Tc : keine Unterscheidung zwischen Flüssigkeit und Gas mehr möglich Oberhalb Tc selbst bei sehr hohen Drücken keine Flüssigkeit mehr 5 T<Tc T=Tc T>Tc 7.2 Abhängigkeit des chemischen Potentials von Temperatur und Druck - Das chemische Potential hängt vom Aggregatszustand ab Die Änderungen mit der Temperatur steigen von Festkörper zu Gas an Niedrige Temperatur: Material liegt als Feststoff vor Mit steigender T ändern sich µsolid und µliquid und bei T = TSm gilt µsolid = µliquid Festkörper schmilzt 6 Mit weiter steigendem T, fallen am Siedepunkt µliquid und µvapor zusammen Flüssigkeit verdampft molare Größen: dGm = - Sm dT + Vmdp für homogenen Stoff: dµ = - Sm dT + Vmdp bei konstantem Druck: ( ) − Die Änderung im chemischen Potential mit der Temperatur entspricht gerade der molaren Entropie. - Da Sm > 0 ist ( ) < 0 fällt das chemische Potential mit steigender T - Sm (solid) < Sm (liquid) < Sm (vapor) (Moleküle sind im Festkörper am besten geordnet und im Gas eher ungeordnet) Der Abfall von µ mit T ist für Gase viel schneller als für Festkörper alle Stoffe sind werden bei genügend hohen Temperaturen gasförmig. bei konstanter Temperatur: ( ) Vm > 0 chemisches Potential nimmt mit steigendem Druck zu Meistens Vm (solid) ≤ Vm (liquid) << Vm (vapor) für Festkörper und Flüssigkeiten ändert sich das chemische Potential nur wenig mit dem Druck, für Gase dagegen stark Bei Druckerhöhung steigt der Schmelzpunkt Bei Wasser ist es genau umgekehrt! Hier gilt Vm(solid) > Vm(liquid) Bei Wasser sinkt die Schmelztemperatur bei Druckerhöhung 7 Wie ändert sich der Dampfdruck, wenn zusätzlicher Druck auf die kondensierte Phase ausgeübt wird? p* Dampfdruck ohne extra Druck, pf=p*+p ∆p, extra Druck, der nur auf Flüssigkeit wirkt, nicht auf das Gas (z.B. gasdurchlässiger Kolben, aber flüssigkeitsdichter) Eine Druckänderung auf die Flüssigkeit ändert das chemische Potential der Flüssigkeit wie folgt dμ(l) = Vm(l) dp Für das chemische Potential des Gases gilt: d μ(g) = Vm(g) dp ideales Gas: d μ(g) = dp Im Gleichgewicht gilt μ(l) = μ(g) dμ(l) = dμ(g) dp = Vm(l) dp p(Flüssigkeit) startet bei p* und endet bei pf + ∆p p(Gas) startet bei p* und endet bei pf Eine gute Approximation pf + ∆p ≈ p* + ∆p (wir gehen davon aus, dass der Effekt auf den Dampfdruck klein ist) ∫ () ∫ () 8 () { () } Wird zusätzlicher Druck ∆p auf eine kondensierte Phase ausgeübt, so erhöht sich der Dampfdruck exponentiell. Rechenbeispiel: Wie erhöht sich der Dampfdruck von Wasser bei 25 °C wenn zusätzlich 10 bar ausgeübt werden? Dichte (25 °C) = 0,997 g/cm³ Berechnung des Exponenten (p = 10bar = 106 Pa = 1 N/m2) () Mit ln(1+x) ≈ x für -1 < x < 1und x << 1 Kann man schreiben ; pf ≈ 1,0073 ∙ p* Bestimmungen der Phasengrenzen im p-T-Diagramm 9 - Nutze μα(p,T) = μβ(p,T) das GG soll erhalten bleiben (beschrieben durch die Kurve) dμ = - SmdT + Vmdp mit dμα = dμβ - Sα,mdT + Vα,mdp = - Sβ,mdT + Vβ,mdp (Vβ,m - Vα,m)dp = (Sβ,m - Sα,m)dT Clapeyron-Gleichung (Benoit Paul Emil Clapeyron, 1799 – 1864 franz. Ingenieur) Gilt für jede Phasengrenze einer reinen Substanz Beschreibt die Änderung in Entropie und Molvolumen während des Phasenübergangs α β Phasengrenze fest – flüssig Schmelzen geschieht bei Tm und ist verbunden mit einer Schmelzenthalpie von ∆fusH Es gilt für konstanten Druck (p=0) Q = ∆H Reversibel, weil im GGW: Nutzung der Clapeyronschen Gleichung: 𝑑𝑝 𝑑𝑇 𝑓𝑢𝑠 𝐻 𝑇𝑚 𝑓𝑢𝑠 𝑉 10 ∆fusV ist die Änderung, die aufgrund des Schmelzens im Volumen passiert. Üblicherweise ist ∆fusV sehr klein sehr groß (steiler Kurvenverlauf) Ausnahmen: 3He: ∆fusH < 0; H2O: ∆fusV > 0 ∆fusH > 0 Sei p* der Druck bei der Schmelztemperatur T* und p der Druck bei der Schmelztemperatur T? ∫ ∫ Mit der Näherung, dass ∆fusH und ∆fusV unabhängig von T sind! + Mit ( + ) kann man schreiben + − Phasengrenze Flüssig – gasförmig Verdampfen geschieht bei Tb und ist verbunden mit einer Verdampfungsenthalpie ∆vapH 𝑑𝑝 𝑑𝑇 ∆vapH > 0; ∆vapV > 0 und sehr groß 𝑣𝑎𝑝 𝐻 𝑇𝑏 𝑣𝑎𝑝 𝑉 aber viel kleiner als im Falle des Schmelzens 11 ∆vapV = Vgas- Vflüssig ; da Vgas>> Vflüssig kann man schreiben ∆vapV ≈ Vgas = (hier alles molare Größen) Wenn ∆vapH unabhängig von der Temperatur ist, dann kann man schreiben ∫ ∫ − ( − *− ) ( − )+ Augustsche Dampfdruckformel (Wedler S. 308) Phasengrenze fest – gasförmig (analog zu flüssig – gasförmig) Ersetze ∆vapH durch ∆subH Es gilt ∆subH > ∆vapH, da ∆subH = ∆vapH + ∆fusH (Sublimieren = Schmelzen + Verdampfen, weil H eine Zustandsfunktion ist) ∆subV ≈ Vgas (zum Tripelpunkt hin ∆subV < Vgas) 12 Vollständiges p-T Diagramm Am Tripelpunkt ist das Verhalten fest-gasförmig steiler als flüssiggasförmig Klassifizierungen von Phasenübergängen für homogene Systeme dGm = - SmdT + Vmdp = dµ ( ) ( ) − Phasenübergang 1. Ordnung: trägt man Vm und Sm gegen T (oder p) auf, ergibt sich ein Sprung und µ hat deswegen einen Knick Singularität ∆Hm = ∆Sm T Hm hat einen Sprung ( ) Cp divergiert bei der Unstetigkeitsstelle von Hm T 13 Phasenübergang 2. Ordnung Unstetigkeit Vm und Sm und die Enthalpie H haben nur einen Knick Cp hat einen Sprung, aber keine Singularität μ(T) Beispiel: Umkristallisation tetragonal kubisch ( ) ist also kontinuierlich Sonderfall: λ – Phasenübergang (z.B. order-disorder Übergang in Messing) Divergenz 14