Fachbereich 4: Informatik Temperaturmessung Proseminararbeit im Studiengang Informatik B.Sc. vorgelegt von Yohan Humbert Betreuer: Dr. Merten Joost Institut für integrierte Naturwissenschaften, Abteilung Physik Koblenz, im Juni 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Physikalische Grundlagen 2.1 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Spannungsteiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Seebeck-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 2 4 3 Kontaktthermometrische Messprinzipien 3.1 Ausdehnungsthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Flüssigkeitsthermometer . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Gasthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Widerstandsthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Metall-Widerstandsthermometer . . . . . . . . . 3.2.2 NTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 PTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Beispiel: Messung mit Widerstandsthermometer 3.3 Thermoelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Digitale Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 6 6 7 8 8 9 10 12 14 15 4 Strahlungsthermometrische Messprinzipien 17 4.1 Pyrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5 Fazit 20 i Abbildungsverzeichnis 2.1 Spannungsteiler, entnommen aus http://upload.wikimedia. org/wikipedia/commons/e/eb/Einfacher-unbelasteter-Spannungsteiler. svg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4 2.2 Geschlossener Leiterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 3.2 Quecksilberthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Kennlinie des Pt- und des Ni-Messwiderstandes, entnommen aus [Hof07a] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Kennlinie eines NTC, entnommen aus http://www.elektronik-kompendium. de/sites/bau/0208031.htm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Kennlinie eines PTC, entnommen aus http://www.elektronik-kompendium. de/sites/bau/0111051.htm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Messschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Thermoelement, entnommen aus http://upload.wikimedia. 3.3 3.4 3.5 3.6 org/wikipedia/de/thumb/4/4b/Thermoschema.svg/500px-Thermoschema. svg.png . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 3.8 14 Kennlinien von Thermoelementen, entnommen aus [Hof07b] 15 DS1621, entnommen aus http://www.shop.robotikhardware. de/shop/catalog/images/ds1621.gif . . . . . . . . . . . 15 4.1 Pyrometer, entnommen aus http://img.directindustry. com/images_di/photo-g/portable-pyrometer-13292.jpg 18 ii Tabellenverzeichnis 3.1 4.1 Thermoflüssigkeiten und ihre Eigenschaften, entnommen aus http://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCssigkeitsthermometer Emissionsgrade, entnommen aus http://www.fluke.de/ comx/show_product.aspx?locale=dede&pid=37822 . . . iii 19 7 Kapitel 1 Einleitung Die Temperatur gilt als eine der wichtigsten und am häufigsten gemessenen nichtelektrischen Größen. Sie wird in fast allen Industriebranchen gemessen, wie z. B. in der chemischen Industrie, im Maschinenbau oder in der Automobilbranche. Statistiken besagen, dass es sich in der Verfahrenstechnik bei 30% bis 50% der gesamten Messstellen um eine Temperaturmessung handelt. Bei vielen technischen Systemen wird die Temperatur nebenläufig gemessen, um Produktqualität wie auch Funktionalität zu gewährleisten. Oft wird auch bei der Messung anderer nichtelektrischer Größen die Temperatur mitgemessen, um die Genauigkeit der eigentlichen Messung einschätzen zu können. Praktisch alle physikalischen Eigenschaften, wie z. B. die thermische Ausdehnung oder der elektrische Widerstand, sind temperaturabhängig und können theoretisch zur Messung verwendet werden. Dies ist der Grund, weshalb sehr viele verschiedene Temperatursensoren existieren, welche jeweils unterschiedliche physikalische Effekte zur Messung verwenden. Man unterscheidet zwischen zwei großen Gruppen: den kontaktthermometrischen und den strahlungsthermometrischen Messprinzipien. Sie werden in Kapitel 3 bzw. 4 getrennt behandelt. 1 Kapitel 2 Physikalische Grundlagen 2.1 Temperatur Die Temperatur bezeichnet die Fähigkeit eines Körpers, innere Energie in Form von Wärme abzugeben. Diese Fähigkeit beruht auf der Schwingung von Atomen und Molekülen. Die SI1 -Einheit der Temperatur ist das Kelvin (K), wobei in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Einheit Celsius (◦ C) ebenfalls zulässig ist. Wenn keine Schwingung der Atome und somit keine Wärmenergie mehr gegeben ist, so spricht man von dem absoluten Nullpunkt (0 Kelvin bzw. 273, 15◦ C). Treffen zwei Körper verschiedener Temperatur aufeinander, fließt solange Wärme vom Körper mit der höheren Temperatur zum Körper mit der niedrigeren Temperatur bis beide die gleiche Temperatur besitzen2 . 2.2 Spannungsteiler Ein häufig verwendetes Hilfsmittel in der Temperaturmessung ist der Spannungsteiler. Hierbei handelt es sich um eine Reihenschaltung von zwei oder mehr Widerständen, an denen sich die Gesamtspannung U in zwei 1 2 Internationales Einheitenystem siehe [Wike] 2 2.2. SPANNUNGSTEILER 3 oder mehrere Teilspannungen aufteilt3 . Man unterscheidet zwischen dem unbelasteten und dem belasteten Spannungsteiler. Hier soll jedoch nur Ersteres beschrieben werden (siehe 2.1). Abbildung 2.1: Spannungsteiler Möchte man die Teilspannungen U1 und U2 berechnen, so benötigt man zuerst den Gesamtwiderstand der Schaltung. Da es sich um eine Reihenschaltung von R1 und R2 handelt ist dieser sehr leicht zu berechnen durch4 : Rges = R1 + R2 Das Ohmsche Gesetz5 besagt: U =R∗I In Abbildung 2.1 gilt daher: Uges = Rges ∗ Iges = (R1 + R2 ) ∗ Iges Umgeformt erhalten wir für Iges : Iges = 3 siehe [Komc] siehe [Komb] 5 siehe [Koma] 4 Uges R1 + R2 2.3. SEEBECK-EFFEKT 4 Somit können wir nun die Teilspannungen U1/2 berechnen, indem wir die Formeln zusammenführen: U1/2 = R1/2 ∗ Iges = 2.3 Uges ∗ R1/2 R1 + R2 Seebeck-Effekt Verbindet man zwei verschiedene, elektrisch leitende Materialien A und B so miteinander, dass ein geschlossener Leiterkreis entsteht, und erzeugt einen Temperaturunterschied ∆T = T2 −T1 zwischen den beiden Kontaktstellen, so fließt ein thermoelektrischer Strom6 (siehe Abbildung 2.2). Abbildung 2.2: Geschlossener Leiterkreis Unterbricht man nun den Stromkreis an einer beliebigen Stelle, so entsteht dort eine Potentialdifferenz, die Thermospannung U . Mit dem Proportionalitätsfaktor kAB , der Materialkombination und der Temperaturdifferenz ∆T lässt sich die Spannung mit folgender Formel berechnen7 : U = kAB ∗ ∆T Die Dimension der Spannung ist somit von der Temperaturdifferenz und von der Materialkombination abhängig. Thomas Seebeck entdeckte diesen Effekt, welcher bei Thermoelementen verwendet wird, im Jahre 1821. 6 7 siehe [Qua] siehe [Hof07b] Kapitel 3 Kontaktthermometrische Messprinzipien Unter den kontaktthermometrischen Messprinzipien versteht man diejenigen Prinzipien, bei denen direkter Kontakt zum Medium besteht, dessen Temperatur gemessen werden soll1 . Die Geräte/Bauelemente, die hierzu verwendet werden, nennt man Berührungsthermometer. Man unterscheidet 3 Gruppen: • die Ausdehnungsthermometer • die Widerstandsthermometer • die Thermoelemente Es existiert eine Vielzahl solcher Berührungsthermometer, wovon die wichtigsten in den nachfolgenden Kapiteln erläutert werden. 1 siehe [Hof07c] 5 3.1. AUSDEHNUNGSTHERMOMETER 3.1 6 Ausdehnungsthermometer Ausdehnungsthermometer sind spezielle Thermometer, mit denen man die Temperatur durch Messen der Längen- oder Volumenänderung eines Körpers bestimmt2 . Im allgemeinen handelt es sich hierbei um mechanische Verfahren. 3.1.1 Flüssigkeitsthermometer Die Flüssigkeitsthermometer werden in Flüssigkeits-Glasthermometer und Flüssigkeits-Federthermometer unterschieden. Bei den Glasthermometern wird die Volumenänderung als Maß genommen, bei den Federthermometern die Druckänderung. Das wohl am meisten verbreitete Glasthermometer ist das Quecksilberthermometer (siehe 3.1). Es wird Quecksilber als Thermometerflüssigkeit in ein Glasgefäß gefüllt, welches mit einer geeichten Temperaturskala versehen ist. Je nach Temperatur ändert nun das Quecksilber sein Volumen und steigt bzw. fällt. Abbildung 3.1: Glasthermometer mit Quecksilber gefüllt 2 siehe [Wika] 3.1. AUSDEHNUNGSTHERMOMETER 7 Anstatt des Quecksilbers, werden auch andere Flüssigkeiten verwendet. Jede hat ihre eigenen Eigenschaften und ist somit für ein spezielles Einsatzgebiet geeignet/ungeeignet (siehe 3.1). Die folgenden thermometrischen Flüssigkeiten werden oft verwendet: Substanz Quecksilber Toluol Pentan Alkohol Galinstan Messbereich von −30◦ C bis +350◦ C von −80◦ C bis +100◦ C von −200◦ C bis +30◦ C von −110◦ C bis +60◦ C von −10◦ C bis +1000◦ C Eigenschaften nahezu temperaturunabhängiger Wärmedehnungskoeffizient, giftig gesundheitsschädlich, leichtentzündlich für Tieftemperaturthermometer keine Ferntemperaturmessung möglich ungiftige Galliumlegierung, benetzt das Thermometerröhrchen stark Tabelle 3.1: Thermoflüssigkeiten 3.1.2 Gasthermometer Ein Gasthermometer nutzt bei der Messung der Temperatur die Eigenschaft eines idealen Gases3 aus, nämlich bei gleichbleibendem Volumen den Druck proportional zur Temperatur bzw. bei gleichbleibendem Druck das Volumen proportional zur Temperatur zu ändern4 . Zur Messung der Temperatur benötigt man lediglich den Druck p0 zu einer konkreten Temperatur T0 (Fixpunkt). Misst man nun den Druck p zu einer unbekannten Temperatur T , so kann man T anhand dieser Formel berechnen: po p = T To In der Realität ist das Mess-/Berechnungsverfahren jedoch um einiges komplizierter. Da dieses Thema aber keinen Schwerpunkt der Proseminararbeit darstellt, sollte das Thema nur grob veranschaulicht werden. 3 Als ideales Gas bezeichnet man in der Physik ein idealisiertes Modell eines Gases. Es ist eine starke Vereinfachung der Modellbildung und wird in der Thermodynamik dazu verwendet Prozesse zu beschreiben und diese mathematisch darzustellen. 4 siehe [The] 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 3.2 8 Widerstandsthermometer Die bisher beschriebenen Messverfahren waren mechanisch und somit nicht geeignet für elektrische Systeme, wie man sie in der Steuerungs- und Regelungstechnik vorfindet. Da die Temperaturmessung, aber genau in diesem Bereich entscheidend und vor allem notwendig ist, möchten wir uns jetzt mit Messverfahren auseinander setzen, die ein elektrisches Signal zur Temperaturmessung erzeugen können. Einen möglichen Weg bieten die Widerstandsthermometer. Dabei handelt es sich um elektrische Bauelemente, welche in Abhängigkeit zur Temperatur ihren Widerstand ändern5 . Nachfolgend werden die einzelnen Ausführungen beschrieben. 3.2.1 Metall-Widerstandsthermometer Metall-Widerstandsthermometer werden meistens aus Platin oder Nickel hergestellt6 . Die Benennung der Widerstände erfolgt nach einem simplen Prinzip. Platin-Widerstandsthermometer tragen den Namen Pt-X und NickelWiderstandsthermometer den Namen Ni-X, wobei X jeweils für den Nennwiderstand RN bei 0◦ C steht. Dies wird deutlich, wenn man Abbildung 3.2 betrachtet. Man erkennt, dass beide Kennlinien der Widerstände (Pt100 und Ni-100) durch den Punkt (0|100) laufen. Das heißt, dass beide bei 0◦ C den Widerstand 100Ω aufweisen. Abbildung 3.2: Kennlinie des Pt- und des Ni-Messwiderstandes 5 6 siehe [Wikf] siehe [Hof07a] 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 9 Die Kennlinie lässt sich annäherungsweise mit folgender Gleichung mathematisch beschrieben7 (Dabei stellt a den Temperaturkoeffizienten8 , RN den Nennwiderstand und v die zu messende Temperatur dar): R(v) = RN ∗ (1 + a ∗ v) Möchte man nun die Temperatur v messen, so misst/berechnet man lediglich den Widerstand R(v) und erhält v mit der umgestellten Formel: v= R(v) − RN a ∗ RN Metall-Widerstandsthermometer sind sehr gefragt, da sie eine fast lineare Kennlinie besitzen, eine hohe Wiederholgenaugkeit vorweisen und relativ leicht austauschbar sind. Außerdem ist der Messbereich mit −200◦ C bis +850◦ C (Platin-Widerstandsthermometer) außergewöhnlich groß. Sie sind jedoch im Vergleich zu anderen Widerstandsthermometern recht teuer. 3.2.2 NTC Ein NTC(Negative Temperature Coefficient Thermistors), nachfolgend Heißleiter genannt, ist ein Widerstandsthermometer, das aus halbleitenden Materialien besteht und einen negativen Temperaturkoeffizienten besitzt9 . Den Namen Heißleiter erhielt er aufgrund seiner Eigenschaft bei hohen Temperaturen den Strom besser zu leiten als bei Niedrigen. Folglich ist der Widerstand bei niedrigen Temperaturen höher als bei Hohen. Dies erkennt man sehr deutlich an der Kennlinie eines Heißleiters (siehe 3.3). 7 siehe [Hof07a] Der Temperaturkoeffizient beschreibt die relative Änderung einer physikalischen Größe (hier der elektrische Widerstand) in Abhängigkeit von der Änderung der Temperatur gegenüber einer Bezugstemperatur. 9 siehe [Wikb] 8 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 10 Abbildung 3.3: Kennlinie eines NTC Im Gegensatz zu den Metall-Widerstandsthermometern wird der Nennwiderstand nicht bei 0◦ C, sondern meistens bei 20◦ C angegeben. Die Formel zur Berechnung der Temperatur ist außerdem um einiges komplizierter. Mit der Materialkonstanten b und dem Nennwiderstand RN bei der Temperatur vN gilt näherungsweise folgende Formel10 : R(v) = RN ∗ e b∗( v1 − v1 ) N Hieraus erhalten wir für die Temperatur v: v= b ∗ vN b + ln( R(v) ) ∗ vN RN Heißleiter sind zwar nicht so linear bzw. präzise wie beispielweise PlatinWiderstandsthermometer, aber trotzdem beliebt, da sie sehr günstig und flexibel sind. Ihr Messbereich von −60◦ C bis +200◦ C ist nicht annähernd so groß wie der eines Pt-100, reicht jedoch für die meisten Anwendungszwecke aus11 . NTCs werden in den Gebieten der Temperaturmessung, -überwachung und -regelung verwendet. 3.2.3 PTC Das Gegenstück zum NTC ist der PTC(Positive Temperature Coefficient Thermistors), nachfolgend Kaltleiter genannt. Kaltleiter werden ebenfalls aus halbleitenden Materialien hergestellt, jedoch haben sie keinen negati10 11 siehe [Hof07d] siehe [Wikb] 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 11 ven, sondern einen positiven Temperaturkoeffizienten12 . Somit lässt sich sagen, dass ein Metall-Widerstandsthermometer nach dem Prinzip eines Kaltleiters arbeitet. Der Unterschied besteht in der Größenordnung des Temperaturkoeffizienten. Dieser ist bei Kaltleitern weitaus höher als bei Metall-Widerstandsthermometern, was anhand der Kennlinie in Abbildung 3.4 deutlich wird. Abbildung 3.4: Kennlinie eines PTC Betrachtet man die Kennlinie eines PTC erkennt man, dass der Temperaturkoeffizient erst ab einer bestimmten Temperatur vA , Curietemperatur genannt, positiv ist. Somit beginnt der Messbereich des Kaltleiters an genau dieser Stelle mit dem zugehörigen Widerstand RA . Das Ende des steilen Widerstandsanstiegs bei der Temperatur vE mit dem zugehörigen Widerstand RE schließt den Messbereich ab. Sei b die Materialkonstante und RN der Widerstand bei der Temperatur vN , so gilt für diesen Messbereich folgende Formel13 : R(v) = RN ∗ eb∗(v−vN ) Umgeformt erhalten wir für die Temperatur v: v= 12 13 siehe [Nüh91] siehe [Hof07e] ) b ∗ vN + ln( R(v) RN b 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 12 Wie auch Heißleiter sind Kaltleiter aufgrund des geringen Preises sehr beliebt. Ihre Eigenschaften sind für genaue Temperaturmessungen eher ungeeignet. Ihr Vorteil liegt mehr im hohen Temperaturkoeffizient und der damit verbundenen hohen Empfindlichkeit. Daher werden Kaltleiter für einfache, keine besondere Präzision erfordernde Überwachungsaufgaben eingesetzt, wie z. B. thermischer Überlastschutz oder allgemein als Sicherungselement. 3.2.4 Beispiel: Messung mit Widerstandsthermometer Möchte man nun mit einem der vorgestellten Widerstandsthermometern die Temperatur messen, benötigt man 4 Dinge: • ein Widerstandsthermometer R1 • einen festen Widerstand R2 • einen AD-Wandler • eine Auswertungseinheit Punkt 3 und 4 können wir zusammenfassen, indem wir einen Mikrocontroller mit integriertem AD-Wandler nutzen. Ein Mikrocontroller, welcher diese Anforderung erfüllt, ist der ATmega1614 . Der feste Widerstand wird benötigt, um zusammen mit dem Widerstandsthermometer einen Spannungsteiler (siehe Kapitel 2.2) aufzubauen. Wenn man das Widerstandsthermometer bei konstanter Spannung direkt an den Mikrocontroller schaltet, würde man nur eine temperaturabhängige Stromstärke erhalten. Zur Auswertung am AD-Wandler wird jedoch eine temperaturabhängige Spannung benötigt. Die Abbildung 3.5 veranschaulicht die Messchaltung. 14 Datenblatt des ATmega16 http://www.atmel.com/dyn/resources/ prod_documents/doc2466.pdf 3.2. WIDERSTANDSTHERMOMETER 13 Abbildung 3.5: Messschaltung: Widerstandsthermometer an ATmega16 Nun wird mit Hilfe des AD-Wandlers die Spannung U2 ausgewertet. Da es sich um eine Reihenschaltung handelt gilt15 : Uges = U1 + U2 Somit können wir bei bekanntem U2 die Spannung U1 umgehend berechnen: U1 = Uges − U2 Wie in Kapitel 2.2 erklärt erfolgt die direkte Berechnung des aktuellen Widerstandes am Sensor, durch folgende Formel: R1 = U1 Iges mit Iges = U2 R2 Es gibt jetzt mehrere Möglichkeiten von R1 an die aktuelle Temperatur zu gelangen. Entweder man verwendet zur Temperaturberechnung die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Formeln oder man speichert eine Wertetabelle im Mikrocontroller ab und schlägt die zu diesem Widerstand eingetragene Temperatur nach. Solche Wertetabellen werden meistens für jeden Widerstandsthermometer zur Verfügung gestellt. 15 siehe [Komb] 3.3. THERMOELEMENT 3.3 14 Thermoelement Eine weitere Möglichkeit die Temperatur zu messen, bietet das Thermoelement. Hierbei werden zwei Drähte aus den verschiedenen Materialien A und B an einem Ende miteinander verlötet. Diese Stelle befindet sich an der zu messenden Temperatur T2 (siehe Abbildung 3.6). Abbildung 3.6: Thermoelement (schematische Darstellung) Die freien Enden befinden sich an einer Vergleichsstelle mit der Temperatur T1 und sind mit Kupferleitungen verbunden, die zur elektronischen Auswerteschaltung führen16 . Dort entsteht aufgrund des Seebeck-Effekts (siehe kapitel 2.3) eine Spannung U , die sich folgendermaßen berechnen lässt: U = kAB ∗ (T2 − T 1) Die Thermoelemente werden je nach Materialkombination in verschiedene Typen unterteilt: • Typ B: Pt30% - Rh-Pt6% Rh: Platinrhodium • Typ E: NiCr-CuNi: Nickelchrom-Kupfernickel • Typ J: Fe-CuNi: Eisen-Kupfernickel • Typ K: NiCr-Ni: Nickelchrom-Nickel Jeder Typ besitzt einen eigenen Proportionalitätskoeffizienten und demnach variiert die erzeugte Spannung pro Grad je nach Typ (siehe Abbildung 3.7). 16 siehe [Hof07b] 3.4. DIGITALE LÖSUNGEN 15 Abbildung 3.7: Kennlinien von Thermoelementen Es ist zu erkennen, dass Typ E, J und K ähnliche Eigenschaften aufweisen, wobei Typ B eine wesentlich kleinere Spannung erzeugt und vor allem für hohe Temperatur geeignet ist. Thermoelemente werden überall dort verwendet, wo sehr hohe Temperaturen gemessen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Messung der Temperatur in Gießereien oder die Überwachung der Flamme in Gasherden. 3.4 Digitale Lösungen Alle bisher beschriebenen Messverfahren liefern ein analoges Signal. Mittlerweile gibt es All-in-one-Geräte, welche ein digitales Signal liefern können. Eine solche digitale Lösung stellt der "DS162117 "dar (siehe Abbildung 3.8). Abbildung 3.8: DS1621 17 siehe [Dat] 3.4. DIGITALE LÖSUNGEN 16 Das Gerät ist Temperatursensor und AD-Wandler in einem und wird über den I2 C-Bus angesprochen. Die Datenübertragung erfolgt in 9-BitPaketen, welche die Informationen zur Temperatur beinhalten. Somit wird kein AD-Wandler mehr benötigt und es müssen keine teils aufwändigen Berechnungen durchgeführt werden, um an die eigentliche Temperatur zu gelangen. Eine Kalibrierung ist nicht notwendig, der Messbereich von −55◦ C bis +125◦ C ausreichend und die Genauigkeit mit ±0, 5◦ C sehr gut. Außerdem kann man dank des I2 C-Buses mehrere Sensoren gleichzeitig über eine Leitung verwenden. Es gibt aber einen wesentlichen Nachteil: die ICs sind z. T. 10 Mal so teuer wie herkömmliche Widerstandsthermometer. Kapitel 4 Strahlungsthermometrische Messprinzipien Im Gegensatz zu den kontaktthermometrischen Messverfahren benötigt man bei den strahlungsthermometrischen Messprinzipien keinen direkten Kontakt zur Messstelle. Somit ist es möglich Messungen an bewegten oder schwer zugänglichen Objekten durchzuführen, welche mit Berührungsthermometern nicht realisierbar wären. Ein weiterer Vorteil der Strahlungsthermometern ist der hohe Messbereich. Es können Temperaturen von −50◦ C bis 4000◦ C gemessen werden. Jedoch haben Strahlungsthermometer auch Nachteile gegenüber den Berührungsthermometern. Ihre Genauigkeit ist weitaus geringer und die Kosten sehr viel höher1 . Zudem ist es notwendig Eigenschaften (z. B. den Emissionsgrad) des zu messenden Materials zu kennen. Im Nachfolgenden wird ein Gerät vorgestellt mit dem eine kontaktlose Messung durchgeführt werden kann. Dabei soll grob veranschaulicht werden, wie dieses funktioniert und eingesetzt wird. Eine detaillierte Beschreibung der physikalischen Abläufe würde den Rahmen der Proseminararbeit sprengen und kann hier nachgelesen werden. 1 siehe [Hof07f] 17 4.1. PYROMETER 4.1 18 Pyrometer Ein Pyrometer (siehe Abbildung 4.1) ist ein Strahlungsthermometer und dient der berührungslosen Temperaturmessung. Dabei erfasst das Gerät die vom zu messenden Gegenstand ausgehende Wärmestrahlung. Jeder Körper über dem absoluten Nullpunkt (0 Kelvin) emittiert eine Wärmestrahlung, deren Intensität von der Temperatur abhängt2 . Der vom Pyrometer ausgewertete Strahlungsfluss ist entweder negativ, falls das Pyrometer eine höhere Temperatur aufweist als der Messkörper, oder positiv, wenn das Gegenteil der Fall ist. Abbildung 4.1: Pyrometer Die Auswertung der Strahlung erfolgt nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz3 . Dieses besagt, dass die Gesamtstrahlungsleistung P eines idealen schwarzen Körpers4 von der absoluten Temperatur T (in K) und der Fläche A (in m2 ) abhängt. Zusammen mit der Stefan-Boltzmann-Konstanten σ (in m2W∗K 4 ) gilt: P = σ ∗ A ∗ T4 2 siehe [Wikc] siehe [Wikd] 4 Ein schwarzer Körper ist eine in der Physik verwendete Modellvorstellung eines idealen Körpers, welcher alle elektromagnetischen Strahlungen vollständig absorbiert. Hier ist er also sozusagen eine Strahlungsreferenz. 3 4.1. PYROMETER 19 Möchte man nun von einem reellen Körper die Temperatur messen, so benötigt man dessen Emissionsgrad5 ε. Es gilt: P = ε ∗ σ ∗ A ∗ T4 Der Emissionsgrad stellt das Verhältnis dessen dar, wie viel Strahlung ein Körper im Vergleich zu einem schwarzen Körper, abgibt. In der Regel liegt dieser Wert zwischen 0, 1 und 0, 98. In Tabelle 4.1 sind die Emissionsgrade einiger ausgewählter Materialien aufgelistet. Material Emissionsgrad ε Eis 0, 97 Holzkohle, pulverisiert 0, 96 Papier 0, 95 Kunststoff 0, 95 Wasser 0, 93 Beton 0, 54 Messing, matt 0, 22 Messing, poliert 0, 03 Chrom, poliert 0, 01 Tabelle 4.1: Emissionsgrade Man unterscheidet, bezüglich des erfassten Wellenlängenbereichs, verschiedene Typen von Pyrometern6 : • Gesamtstrahlungspyrometer: Erfassen mindestens 90% des Wellenlängenbereichs. • Teilstrahlungspyrometer: Es wird nur ein bestimmter Wellenbereich zur Temperaturmessung erfasst. • Spektralpyrometer: Temperaturmessung erfolgt in einem sehr schmalen Wellenlängenbereich. 5 6 Wärmeabstrahl-Fähigkeit siehe [Hof07f] Kapitel 5 Fazit Wie zu Anfang schon erwähnt, ist die Temperaturmessung eine der wichtigsten Messungen nichtelektrischer Größen. Dabei kann man auf viele verschiedene Sensortypen zugreifen, welche jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Welchen Sensor man verwendet hängt primär von dem Anwendungsbereich ab. Wichtige Kriterien hierbei sind der benötigte Messbereich, die geforderte Genauigkeit wie auch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Wenn Letzteres ausschlaggebend ist, sind die NTC/PTC-Sensoren am besten geeignet, ist die Genauigkeit entscheidend, verwendet man hierfür dementsprechend (fast) lineare Sensoren, wie beispielsweise die Pt-Serie, und bei hohen Temperaturen sind die Thermoelemente zu bevorzugen. Somit kann man keinen Sensorentypen als ideales Messgerät bezeichnen, sondern sollte jedes Einzelne für seinen Bereich achten und demnach verwenden. 20 Literaturverzeichnis [Dat] Datasheets. Datenblatt des DS1621. maxim-ic.com/en/ds/DS1621.pdf. 10.06.2010. http://datasheets. Aufgerufen am: [Hof07a] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1.2. HANSER, 5. edition, 2007. [Hof07b] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1.1. HANSER, 5. edition, 2007. [Hof07c] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1. HANSER, 5. edition, 2007. [Hof07d] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1.3. HANSER, 5. edition, 2007. [Hof07e] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1.4. HANSER, 5. edition, 2007. [Hof07f] Jörg Hoffmann. Taschenbuch der Messtechnik, chapter 3.1.13. HANSER, 5. edition, 2007. [Koma] Elektronik Kompendium. Ohmsches Gesetz. http://www. elektronik-kompendium.de/sites/grd/0201113.htm. Auf- gerufen am: 10.06.2010. [Komb] Elektronik Kompendium. Reihenschaltung von Widerständen. http://www.elektronik-kompendium.de/sites/slt/ 0110191.htm. Aufgerufen am: 10.06.2010. 21 LITERATURVERZEICHNIS [Komc] Elektronik Kompendium. 22 Spannungsteiler. http://www. elektronik-kompendium.de/sites/slt/0201111.htm. Auf- gerufen am: 10.06.2010. [Nüh91] Dieter Nührmann. Sensor-Praxis, chapter 5.2. FRANZIS, 1. edition, 1991. [Qua] Quality. Seebeck-effekt. http://www.quality.de/lexikon/ seebeck-effekt.htm. Aufgerufen am: 10.06.2010. [The] Thermometermuseum. 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