Projekt-Labor Messung von Wechselstrom Messaufgabe: Messung von Wechselstrom bis zu 16 A im 230 V-Netz Bei Arbeiten am 230 V-Netz steht zu allererst die Sicherheit im Vordergrund. Es ist daher dringend geboten, Potentialtrennung vorzusehen. Diese wird am Einfachsten und sehr sicher mit einem Wechselstromwandler als Durchsteckwandler erreicht. Dieser Beitrag schlägt eine geeignete Schaltungsanordnung vor, erläutert diese und gibt anhand eines Ausführungsbeispiels die Dimensionierungsgrundlagen an. Die elektrischen Zusammenhänge eines Wechselstromwandlers, der ja nichts Anderes ist als ein Transformator, zeigt das Transformator-Ersatzschaltbild (siehe auch Skript „Trafo-Ersatz“): I1 L´S2 LS1 R1 R´2 I´2 I0 Iµ IFe U1 RFe LH UM U´2 Z´2 Vollständiges Ersatzschaltbild eines Transformators Im vorliegenden Anwendungsfall ist der Strom I1 als eingeprägt anzusehen, die Spannungen U1, UM und U2´ sind somit abhängige Größen. Bei der Realisierung des Stromwandlers ist ein Ringkern aus Ferrit vorgesehen und deswegen sind die Streuinduktivitäten LS1 und LS2´ und auch der Eisenverlustwiderstand RFe vernachlässigbar. Wegen der Stromeinprägung ist auch der primäre Wicklungswiderstand R1 bedeutungslos. Zudem ist es zur optimalen Ausnutzung des Kernmaterials am Günstigsten, den Wandler im sekundären Kurzschluss zu betreiben. Es verbleibt ein stark vereinfachtes Ersatzbild: I1 R´2 I´2 Iµ LH UM Vereinfachtes Ersatzschaltbild eines Wechselstromwandlers Aus dem vereinfachten Ersatzbild kann man zwei Gleichungen für die Dimensionierung ableiten: U M = I 2′ ⋅ R2′ und I2′ = I1 − Iµ mit UM als die Spannung, aus der die Flussdichte des Kerns folgt Diese Gleichung beschreibt den Übersetzungsfehler. I2´ und Iµ stehen im Zeigerbild senkrecht aufeinander. Stromwandler-02.doc Prof. Dr.-Ing. Manfred Krumm Projekt-Labor Messung von Wechselstrom Der Übersetzungsfehler lässt sich in Betragsfehler FB und in Winkelfehler FW trennen: FB = I1 − I 2′ I1 Aus I1 − I 2′2 = I µ 2 erhält man I1 − I 2′ = Iµ 2 2 I1 + I 2′ und mit der Näherung I1 ≈ I 2′ dann auch 1 Iµ FB ≈ 2 I1 2 Der Winkelfehler zwischen I1 und I2´ beträgt FW = arctan Iµ I1 Ausführungsbeispiel: Stromwandler mit N1 = 1 (der Primärleiter wird nur durch den mit der Sekundärwicklung bewickelten Kern durchgesteckt) und N2 = 100 mit Kupferlackdraht CuLL 0,315. Kerndaten: Ferrit-Ringkern R 12,5-N30 Außendurchmesser da = 12,5 mm; Innendurchmesser di = 7,5 mm; Kernhöhe h = 5 mm Kernmaterial: N30; mittlere Eisenlänge lFe = 30,14 mm; mittlerer Eisenquerschnitt AFe = 12,28 mm² Widerstand der Sekundärwicklung R2 = N 2 ⋅ lm κ ⋅ ACu (mittlere Windungslänge lm = 17 mm) 100 ⋅17 ⋅10−3 m R2 = = 0,383 Ω (gemessen am Ausführungsbeispiel: 0,35 Ω) m 2 2 π 57 ⋅ 0,315 mm ⋅ Ωmm 2 4 R2′ = R2 ⋅ ü 2 = 38,3 µ Ω Mit I1 = 16 A wird dann U M = 16 A ⋅ 38,3 µ Ω = 612,8 µ V Eingesetzt in die Bemessungsgleichung für Wechselstromspulen (siehe auch Skript „Idealer Transformator“) ergibt sich für den zu erwartenden Flussdichtescheitelwert Bˆ = UM 612,8 µ V = = 225 mT 4, 44 ⋅ f ⋅ N1 ⋅ AFe 4, 44 ⋅ 50 s −1 ⋅1 ⋅12, 28 ⋅10 −6 m 2 A In der Magnetisierungskurve für das Kernmaterial N30 findet man dazu: Hˆ = 36 m A 36 ⋅ 30,14mm ˆ ⋅l H Fe Daraus ergibt sich ein Magnetisierungsstrom Iˆµ = = m = 1, 085 A N1 1 Stromwandler-02.doc Prof. Dr.-Ing. Manfred Krumm Projekt-Labor Messung von Wechselstrom Fehlerbetrachtung 2 2 1 I 1 1, 085 Übersetzungs-Betragsfehler: FB = µ = = 1,15 ⋅10−3 2 I1 2 2 ⋅16 Winkelfehler: FW = arctan Iµ I1 = 2, 75° Elektronische Auswerteschaltung Die Voraussetzung, dass der Stromwandler im sekundären Kurzschluss betrieben werden soll, erfordert an der Sekundärwicklung einen OPV, der als Invertierer geschaltet ist. U+ R1 i2 i1 K i2 CF RF R2 T1 UA k l L i1 1:100 D1 D2 V1 T2 R3 U- Auswerteschaltung für einen Wechselstromwandler Der zu messende Strom i1 wird über den Stromwandler mit dem Übersetzungsverhältnis (hier: ü = 1:100) als i2 auf die Sekundärseite übertragen. Bei Primär 16 A fließt sekundär 0,16 A. Ein normaler OPV kann einen Ausgangsstrom von 5 mA führen. Es ist somit notwendig, stromverstärkende Bauelemente nachzuschalten, wobei aber diese innerhalb der Rückführungsschleife liegen müssen, damit ihre nichtlinearen und großen Toleranzen unterworfenen Eigenschaften nicht im Ausgangssignal erscheinen. In der ausgeführten Schaltung fließt der Sekundär-Wechselstrom in R1 und die Ausgangsspannung hat den Wert uA = -i2 ⋅ R1. Der Strom wird bei positiver Richtung von i2 vom Transistor T2 geführt, bei negativer Richtung von T1. Der jeweilige vom OPV zu führende Strom ist um den Stromverstärkungsfaktor der Transistoren reduziert. Bei Annahme von B = 100 wären das jeweils 1,6 mA. Die beiden Widerstände R2 und R3 haben die Aufgabe, einen Teil der Verlustleistung aufzunehmen, den sonst die Transistoren verheizen müssten. Gleichzeitig bilden sie einen wirkungsvollen Kurzschlussschutz. Die beiden Dioden dienen als Schutz des OPV vor Zerstörung für den Fall, dass der Primärstrom fließt, ohne dass die Versorgungsspannung für die Auswerteschaltung eingeschaltet ist. Fehlerbetrachtung Die Offsetspannung des OPV wird (ohne das R-C-Glied aus RF und CF) mit dem Widerstandsverhältnis R1 / RW2 verstärkt am Ausgang als Gleichglied erscheinen. (RW2 ist der sekundäre Wicklungswiderstand) Das hinzugefügte R-C-Glied aus CF und RF hat die Aufgabe, dieses durch die Offsetspannung des OPV verursachte Gleichspannungsglied in der Ausgangsspannung auf die Offsetspannung selbst zu reduzieren, da bei Gleichspannung nur der Widerstand RF als Rückführung wirkt und die Verstärkung gleich eins ist (Spannungsfolgerschaltung). Bei f = 50 Hz ist der Widerstand des Kondensators CF bereits als gute Verbindung anzusehen und die oben abgeleiteten Zusammenhänge sind zutreffend. Stromwandler-02.doc Prof. Dr.-Ing. Manfred Krumm