Die Meere schützen und nutzen

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2008 Nr. 32
Umwelt für
Europäer
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AUSGAE R
ME
Die Meere
schützen
und nutzen
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Magazin der Generaldirek tion Umwelt
editorial
Magazin der Generaldirektion Umwelt
Die kürzlich verabschiedete Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie will all diese
Herausforderungen meistern. Ihr Hauptziel ist die Erreichung eines „guten
Umweltzustands“ in allen Meeresgewässern Europas bis zum Jahr 2020,
wobei es gleichzeitig gilt, gesunde, produktive, an biologischer Vielfalt reiche Gewässer und eine nachhaltige Nutzung von Meereserzeugnissen und
-dienstleistungen sicherzustellen. Nun ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten,
einen integrierten Ansatz auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher
Erkenntnisse anzunehmen und damit zu beginnen, die ernsthaftesten
Probleme zuerst anzupacken.
In dieser Ausgabe geht es auch um das Vorhaben der EU, ein Netz von
Meeresschutzgebieten aufzubauen und Natura 2000 auf die Meeresumwelt
auszudehnen. Ein weiterer Artikel befasst sich mit der Arktis als sich rasant
entwickelnder Schauplatz für den Kampf um Ressourcen und als Ort, wo
das schmelzende Eis die Auswirkungen der globalen Erwärmung deutlich
macht. Ein anderer Artikel widmet sich dem Vorschlag der Kommission über
ein Verbot des Handels mit Robbenprodukten in der Gemeinschaft.
Der zweiseitige Artikel „Die Große Frage” erörtert das kontroverse, häufig
emotionsgeladene Thema Tierversuche. Da die Kommission derzeit an der
Aktualisierung einer zwanzig Jahre alten Richtlinie über den Schutz von
Tieren zu Versuchs- und anderen Forschungszwecken arbeitet, erhalten
Vertreter einer Tierschutzvereinigung und der Pharmaindustrie das Wort,
um ihren Standpunkt darzulegen, wie Europa in Zukunft mit Tierversuchen
zu verfahren hat.
UMWELT ONLINE
Möchten Sie wissen, was die Europäische Union für
den Umweltschutz tut, was ein integriertes politisches
Produkt ist, oder wie man sich für ein „Umweltsiegel”
qualifiziert? Antworten auf diese Fragen und vieles mehr
finden Sie auf der Website der GD Umwelt:
ec.europa.eu/environment/index_de.htm
HINWEIS
Weder die Europäische Kommission noch Personen, die
im Namen der Kommission handeln, sind für die etwaige
Verwendung der in dieser Publikation enthaltenen
Informationen oder für irgendwelche
Fehler, die trotz sorgfältiger Vorbereitung
und Prüfung auftreten können, verantwortlich.
Gedruckt auf recyceltem Papier, ausgezeichnet mit dem
europäischen Umweltsiegel für graphisches Papier
(ec.europa.eu/environment/ecolabel)
Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der
Europäischen Gemeinschaften, 2008
ISSN 1563-4175
© Europäische Gemeinschaften, 2008
Die Reproduktion des Textes ist mit Quellenangabe gestattet.
Die Reproduktion der Fotos (einschließlich der Abbildungen
und Grafiken) ist nicht gestattet.
Printed in Belgium
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
REDAKTIONELLE INFORMATIONEN
Umwelt für Europäer, ein Magazin der Generaldirektion Umwelt der Europäischen
Kommission, erscheint alle drei Monate auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch,
Spanisch, Polnisch und Griechisch und kann kostenlos abonniert werden.
Füllen Sie dazu das Formular des Magazins aus oder abonnieren Sie online unter
ec.europa.eu/environment/mailingregistration/main/mailing_reg.cfm
Chef-Redakteur: Nicholas Hanley
Koordinator: Jonathan Murphy
Weitere Auskünfte erteilt das Referat Kommunikation:
Fax: +32 (0)2 29-86327
Informationen und Dokumente: ec.europa.eu/environment/env-informa/
Die Website Umwelt für Europäer:
ec.europa.eu/environment/news/efe/index_de.htm
2008 Nr. 32
Mehr denn je bedrohen menschliche Tätigkeiten die Ressourcen unserer
wertvollen Meere. Kommerzielle Fischereizonen werden mit alarmierender Geschwindigkeit leergefischt, die Umweltverschmutzung ist nach wie
vor ein Problem, und viele Arten der Meeresfauna und -flora kämpfen ums
Überleben. Der Klimawandel hat auch die Ozeane im Griff, mit weltweit
negativen Auswirkungen auf Wasserpegel, Strömungen und die biologische Vielfalt – und dies in einem weitaus rasanteren Tempo, als man sich
je vorgestellt hätte.
ec.europa.eu/environment/news/efe/index_de.htm
Umwelt für
Europäer
RSONDE BE:
AUSGA
MEER
Die Meere
schützen
und nutzen
© Titelbild: Samot/Shutterstock
INHALT  NR. 32 
03
Robbenjagd
04
Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie
06
Küstenmanagement
07
Die Arktis
08
DIE GROSSE FRAGE
10
Biodiversität
11
Natura 2000
12
LIFE
13
Ozonschicht
14
Abfallbehandlung
15
16
Terminplan // Neue Veröffentlichungen
Kurzinfos
Mehr Tierschutz
Die Meere schützen und nutzen
Integriertes Konzept in Sicht
Auf dem Weg zu einer internationalen Politik
Nach möglichen Alternativen suchen
Neue Ziele festlegen, eine politische
Plattform schaffen
Ein Netz für die Meeresumwelt aufbauen
Populationsforschung dehnt
Natura 2000 auf die Ozeane aus
Ozon – Herausforderungen jetzt angehen
Es ist höchste Zeit, sich von der
Wegwerfgesellschaft zu verabschieden
• Gesundheit ist Topthema auf der Agenda der
Weltwasserwoche 2008
• Fang des Blauflossen-Thunfischs eingeschränkt
• Schwimmen ohne Reue
Robbenjagd
03
Mehr Tierschutz
Weltweit werden jährlich 900 000 Robben gejagt. In Sorge um Tierschutzaspekte
der Robbenjagd hat die Europäische Kommission ein Verbot über den Handel mit
Robbenprodukten verhängt, die in die Europäische Union eingeführt bzw. ausgeführt
werden oder sie passieren. Nur Länder, die nachweisen können, dass ihre Erzeugnisse
bestimmte Bedingungen in Bezug auf Tötungs- und Häutungsmethoden erfüllen, dürfen
mit Robbenprodukten Handel treiben.
© DG ENV
Jagdmethoden
>
Die kommerzielle Robbenjagd findet weltweit im
Wesentlichen in acht Ländern statt: 60 % in Kanada,
Grönland und Namibia. In der EU werden Robben in
Finnland, Schweden und dem Vereinigten Königreich
(Schottland) gejagt. Robbenprodukte in der EU
stammen indes mehrheitlich von Drittländern.
Schätzungsweise ein Drittel des weltweiten Handels
mit Robbenprodukten passiert die EU oder findet dort
ihren Endbestimmungsort.
In den 80er Jahren führte die Besorgnis über den
Rückgang mancher Robbenpopulationen – namentlich
Sattelrobben und Klappmützen – infolge nicht-traditioneller Jagdmethoden zur Einführung von EU-Gesetzen
zum Schutz der Robben. 1983 verabschiedete die EU
eine Richtlinie über das Verbot der kommerziellen
Einfuhr von Fellen von Jungtieren der Klappmützen
und Sattelrobben in EU-Länder und Produkten aus
diesen. Innerhalb der EU sind alle Robbenarten gemäß der Habitat-Richtlinie von 1992 geschützt, deren
Gesamtziel darin besteht, eine günstige Bestandsgröße
von Robbenarten aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Die Richtlinie umfasst außerdem ein Verbot
bestimmter Fang- und Tötungsmethoden.
Angst um den Tierschutz
Robbenpopulationen, die kommerziell gejagt werden,
gelten in der Regel nicht als bedrohte Arten. In den
letzten Jahren machen sich mehrere EU-Institutionen
und die allgemeine Öffentlichkeit allerdings ernsthaft
Sorgen um Tierschutzaspekte bei der Robbenjagd.
Im September 2006 sprach der Europarat eine
Empfehlung für ein Verbot für die Gesamtheit grausamer Jagdmethoden und die Tötung von Robben
mit bestimmten Instrumenten aus. Das Europäische
Parlament ersuchte die Europäische Kommission, einen
Entwurf für eine Verordnung über den Import, Export
und Verkauf aller Produkte von Klappmützen und
Sattelrobben vorzulegen, das die traditionelle Jagd
der Inuit jedoch nicht beeinträchtigen sollte.
Die Kommission führte eine objektive und gründliche
Untersuchung der Tierschutzaspekte der Robbenjagd
durch, insbesondere der Methoden in Kanada, Finnland,
Grönland, Namibia, Norwegen, Russland, Schweden
und dem Vereinigten Königreich (Schottland). Die
Untersuchung prüfte Vorschriften und Methoden zur
Regelung der Robbenjagd und identifizierte bewährte
Verfahrensweisen und Methoden auf der Grundlage
wissenschaftlicher Erkenntnisse der Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die
Bewertung ergab, dass die Bewirtschaftungsmethoden
in puncto Robbenjagd erheblich voneinander abweichen und alle Systeme verbesserungswürdig
sind. Einige der untersuchten Länder haben umfassende Bewirtschaftungssysteme verabschiedet und eingeführt, um den Konflikt zwischen der
Herstellung von Robbenprodukten und Tierschutz
zu vermindern. Andere kümmern sich weniger um
Tierschutz und verfügen über weniger entwickelte
Bewirtschaftungssysteme.
Nach dem wissenschaftlichen Gutachten der EFSA gibt
es eine Reihe von schnellen und wirksamen Methoden,
die Robben ohne unnötige Schmerzen, Qualen oder
Leiden töten. Fakt ist leider, dass dies in der Praxis
nicht immer berücksichtigt wird und die Tiere zuweilen mit Methoden getötet und gehäutet werden, die
Schmerzen, Qualen und Leiden verursachen, die vermieden werden könnten.
Das vorgeschlagene Verbot der Kommission über
den Handel mit Robbenprodukten würde den
Binnenmarkt harmonisieren, denn zurzeit herrschen
in einigen EU-Ländern noch immer unterschiedliche
Verbotsgrade, und auch die Umsetzung der Verbote
ist unterschiedlich. Wenn das Verbot vom Parlament
und vom Rat angenommen wird, wäre der Handel
mit Robbenprodukten nur dann erlaubt, wenn die
Nationen, die Robbenjagd betreiben, garantieren
können, dass bei der Jagd hohe Tierschutzstandards
angewandt werden und sie dafür Sorge tragen, dass
die Tiere nicht unnötig leiden. 
MEHR DAZU
GD Umwelt – Homepage über Robben
ec.europa.eu/environment/biodiversity/animal_welfare/seals/
seal_hunting.htm
Stellungnahme der EFSA zur Robbenjagd
www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753812_
1178671319178.htm
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
04
Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie
Die Meere schützen und nutzen
© Europäische Kommission
Eine ehrgeizige Strategie soll darauf abzielen, die Herausforderung des Schutzes unserer Meere zu bewältigen. Im Rahmen der neuen Meeresstrategie-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten ehrgeizige Meeresstrategien zu entwerfen, die alle Bereiche von Habitatzerstörung und Überfischung bis hin zu einer
nachhaltigen Nutzung von Meeresprodukten und -dienstleistungen umfassen. Ziel ist es, bis 2020 einen
guten Umweltzustand zu erreichen. Die Strategie fordert einen managementbasierten Ansatz, der die
Interdependenz der verschiedenen Problemstellungen berücksichtigt und auf soliden wissenschaftlichen
Prüfungen und Analysen beruht. Die dringlichsten Probleme müssen zuerst angegangen werden.
Umweltaktionsplans erklärt. Sechs Jahre später, im Juni 2008,
verabschiedete die EU nach langwierigen Konsultationen
mit allen Mitgliedstaaten und Stakeholdern schließlich ihre ehrgeizige Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie,
die als Umweltsäule der integrierten Meerespolitik der
Gemeinschaft konzipiert ist.
>
Nur wenige natürliche Ressourcen sind so kostbar wie unsere
Meere. Sie regulieren unser Klima, speichern und verteilen
die Energie der Sonne, absorbieren Kohlendioxid. Sie sind
Heimat für sage und schreibe 90 % der auf der Welt lebenden Organismen, und sie tragen wesentlich zu unserem
wirtschaftlichen und sozialen Wohlergehen bei, sie liefern
uns Fisch, bieten uns Verkehrs- und Transportwege und
Energiereserven.
Doch die Meeresumwelt wurde jahrzehntelang zerstört. Alle
uns umgebenden Meere sind vom Verlust der biologischen
Vielfalt, von Umweltverschmutzung und Überfischung betroffen. Noch nie waren die kommerziellen Fischbestände
so niedrig wie heute.
Die Hauptursache für diese Entwicklung ist natürlich die
menschliche Tätigkeit –Landwirtschaft, Industrie, Tourismus,
Fischerei und Transportwesen. Experten fürchten, dass
der Klimawandel diese Folgen zusehends verschärfen
und lang bestehende Wasserstände und Säuregehalte,
Meeresströmungen und Ökosysteme aus dem Gleichgewicht
bringen wird.
Trotz der großen Zahl internationaler Übereinkommen ist die
gegenwärtige Bewirtschaftung der Meeresressourcen sowohl
auf europäischer als auch internationaler Ebene unangemessen. Europa ist Partner vieler Übereinkommen, etwa Partner
des Übereinkommens über den Schutz der Meeresumwelt
des Ostseegebiets (HELCOM), des Übereinkommens zum
Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (OSPAR)
und des Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt
und der Küstenregion des Mittelmeeres (Übereinkommen
von Barcelona). Wenngleich solche Vereinbarungen dazu
dienen, den Schutz der Meere zu fördern, indem Ressourcen
mobilisiert, Daten zusammengetragen und gemeinsame
Maßnahmen und Bewertungen vereinfacht werden, weiß
die Kommission seit langem, dass eine integriertere Um- und
Durchsetzung der Gesetze und Vorschriften notwendig ist.
EU-Meerespolitik
Im Jahre 2002 wurde der Meeresschutz zu einer der
sieben thematischen Strategien im Rahmen des 6.
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
Diese neue Richtlinie zielt auf den Schutz der Meere und
Ozeane Europas ab und will sicherstellen, dass menschliche
Tätigkeiten im Dienste der Nachhaltigkeit ausgeübt werden.
Obwohl die Richtlinie keine spezifischen Schutzmaßnahmen
festlegt, fordert sie die Mitgliedstaaten auf, Meeresstrategien
zu entwerfen, um den Zustand der Meeresökosysteme zu verbessern. Ziel ist es, zu gewährleisten dass die Meeresgewässer
bis 2020 sauber, gesund, produktiv und reich an ökologischer
Vielfalt sind und künftigen Generationen eine nachhaltige
Nutzung erlauben.
Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diesen Forderungen
der Meeresstrategie schrittweise nachzukommen. Probleme
und Fragen müssen in ihrem lokalen Zusammenhang untersucht, regionale Meeresabkommen respektiert werden. Der
Prozess beginnt mit einer Vorbereitungsphase, die am 15. Juli
2012 abgeschlossen sein und eine erste Bewertung liefern
soll. Diese wird als Grundlage dienen, um zu definieren, was
unter einem „guten Umweltzustand“ bezogen auf eine bestimmte Meeresregion zu verstehen ist, und um Umweltziele
und -indikatoren festzulegen, wie z. B. der Druck, der von
einem bestimmten Sektor auf ein bestimmtes Meeressystem
ausgeübt wird.
Nationale Strategien
Bis Juli 2016 müssen die Mitgliedstaaten aktive Maßnahmen
zur Umsetzung ihrer Meeresstrategien vorbereitet haben.
Die Kommission validiert und prüft diese Maßnahmen,
d.h. sie untersucht, ob sie für die Ziele der Erreichung eines
„guten Umweltzustands“ entsprechend geeignet sind. Alle
sechs Jahre werden auch die strategischen Aspekte geprüft
werden.
Viele der Meeresumweltprobleme bestehen seit langem.
Häufig sind die Reaktionen von Meeressystemen auf sich
verändernde Einflüsse zeitlich verschoben. So kann es vorkommen, dass ein geschädigtes Meeresökosystem sich
erst nach 12 Jahren wieder erholt hat. Die Richtlinie sieht
Ausnahmen für solche Fälle vor.
Ziel ist es, auf bestehenden regionalen Übereinkommen
aufzubauen und diese als Plattform zu nutzen, um
Maßnahmen in den verschiedenen Regionen durchzuführen.
Meeresprobleme werden nicht länger getrennt voneinander
als Einzelprobleme behandelt. Es findet ein Kurswechsel
statt zu einer integrierten, proaktiven Politik, die sich der
Meeresumwelt als Ganzes annimmt.
eature
f
Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie
05
MEILENSTEINE DER RAHMENRICHTLINIE
ZUR MEERESSTRATEGIE
Juli 2008: Inkrafttreten
Juli 2012:
• Beschreibung/Bewertung des aktuellen
Umweltzustands
• Bestimmung eines guten Umweltzustands
• Aufstellung von Umweltzielen
Juli 2014: Überwachungsprogramme
Bis 2015: Maßnahmenprogramm zum Erreichen eines
guten Umweltzustands
Bis 2016: Maßnahmenprogramm wird umgesetzt
© Europäische Kommission
© Guillaume Dubé/iStockphoto
Bis 2020: guter Umweltzustand erreicht
➜
Ökosystem-Ansatz
Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie folgt einem innovativen Ökosystem-Ansatz, wonach die Länder alle Einflüsse
und Auswirkungen auf ein Ökosystem sowie alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse prüfen müssen,
bevor sie Prioritäten und Zielsetzungen formulieren. Die
Mitgliedstaaten müssen deshalb das ganze Ökosystem betrachten und die wichtigsten und ernsthaftesten Probleme
zuerst anpacken. Sie müssen ebenfalls zusammen entscheiden, was man unter „guten Umweltzustand“ versteht.
Auch die Fischerei
Ziel ist es, zu
gewährleisten,
dass die
Meeresgewässer bis 2020
sauber,
gesund,
produktiv
und reich an
ökologischer
Vielfalt sind
“
”
Entsprechend der jüngsten Forderung der Kommission
nach einem sektorübergreifenden Ökosystem-Ansatz für
die Meerespolitik dürfte diese Richtlinie für eine raschere
Einbeziehung von Umweltaspekten in die Fischereipolitik
sorgen. Entscheidungsträger der Fischereiindustrie werden nun Umweltanforderungen Rechnung tragen müssen,
und im Gegenzug werden Umweltmanager Einflüsse und
Auswirkungen der Fischerei auf der Umwelt berücksichtigen
müssen. Die Mitgliedstaaten müssen Mechanismen schaffen,
die eine Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglicht – ein
Prozess, der von der Kommission überwacht werden muss.
Alle Umweltziele werden auf dem beruhen, was Wissenschaftler als „guten Umweltzustand“ definieren. In dem neuen disziplinenübergreifenden Ökosystem-Ansatz wird auch
der Wert der Meereserzeugnisse und Dienstleistungen zu berücksichtigen sein. Eine aktuelle Mitteilung der Kommission
über eine europäische Strategie für die Meeresforschung
und maritime Forschung beschreibt, wie geförderte
Forschung zur Bewältigung der meeresbezogenen und
maritimen Herausforderungen der Zukunft beitragen wird.
Entscheidend wird hier der Einfluss von europäischen
Flaggschiff-Forschungsprojekten und Netzwerken sein, etwa
HERMES, das sich mit so genannten „Hotspot“-Ökosystemen
der europäischen Meere befasst, das MarBEF-Projekt für biologische Vielfalt sowie verschiedene LIFE-Projekte. Politiker
MEHR DAZU
Meeresstrategie
ec.europa.eu/environment/water/marine/index_en.htm
Meerespolitik
ec.europa.eu/maritimeaffairs/
LIFE
ec.europa.eu/environment/life/index.htm
Life über Küsten, Meere und Fischereiindustrie
ec.europa.eu/environment/life/themes/seas/index.htm
ec.europa.eu/environment/life/publications/lifepublications/lifefocus/documents/
marine_lr.pdf
Projekt HERMES (Hotspot Ecosystems Research on the Margins of European Seas)
www.eu-hermes-.net
MarBEF (Marine Biodiversity and Ecosystem Functioning)-Netz
www.marbef.org
werden sich dann ein umfassendes Bild der Umwelt machen
und sachkundigere Entscheidungen treffen können.
Außerdem fordert die Richtlinie besondere Schutzmaßahmen
zur Schaffung kohärenter und repräsentativer Netze von
Meeresschutzgebieten. Die Mitgliedstaaten sind gehalten,
ihre Strategie auf spezifische Ökosysteme abzustimmen und
spezifische Maßnahmen in einer Region zu ergreifen – und
zwar auf die Habitate und Spezies aufbauend oder darüber
hinausgehend, die gemäß der Habitat und Vogelrichtlinie für
das Natura-2000-Netz festgelegt wurden.
Nach langjähriger Planung wurde die MeeresstrategieRahmenrichtlinie fertig gestellt und ist nun in Kraft. Der
Schwerpunkt verlagert sich nun auf die Errichtung von
Plattformen für den Informationsaustausch und den Entwurf
von speziellen Leitlinien über einen guten Umweltzustand –
diese sollen bis 2010 erstellt sein. 
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
06
Küstenmanagement
Integriertes Konzept in Sicht
>
Die EU hat über 100.000 Kilometer Küste, vom OstseeEis vor Finnland bis zu den sonnigen Stränden Zyperns.
Die Küsten bieten Lebensräume verschiedenster Art, von
Marschland und Wäldern zu Sandstränden und Kalkfelsen.
Sie sind die Grundlage für die reiche biologische Vielfalt
und spielen eine wichtige Rolle für die Wirtschaft und
Fremdenverkehrsindustrie in der Gemeinschaft.
Doch seit Jahren ist ein Rückgang der fragilen Küstenstreifen
zu beobachten. Rund ein Fünftel unserer Küstenlinie ist aufgrund steigender Meerwasserspiegel und zunehmend häufiger Stürme ernsthaft von Erosion bedroht – Probleme, die sich
im Zuge des Klimawandels zusehends verschärfen werden.
Andere Bedrohungen gehen von Ölteppichen, Algenblüten
und Überschwemmungen aus, also Phänomenen, die häufig in Zusammenhang mit menschlichen Tätigkeiten in den
Küstenregionen stehen, wie z. B. intensive Landwirtschaft
und Industrieentwicklung.
ICZM-Strategien
„Ziel ist es,
einen umfassenden Überblick über die
Aktivitäten
zu geben und
den Druck
deutlich zu
machen,
der auf den
Küsten als
schmale
Schnittstelle
zwischen
Land und
Meer lastet
”
Das zunehmende Bewusstsein über die Umweltzerstörung
der Küsten veranlasste die EU, ein Demonstrationsprojekt
zum integrierten Küstenzonenmanagement (Integrated
Coastal Zone Management, ICZM) für den Zeitraum von
1996 bis 1999 ins Leben zu rufen. Im Zuge dieses Programms
wurden die Mitgliedstaaten gebeten, nationale Strategien
zu entwerfen, um Widersprüche in ihren Küstenpolitiken
auszuräumen. Solche Politiken müssen Antworten sowohl
auf Naturphänomene, die die Küsten beeinflussen, als auch
auf die Auswirkungen menschlicher Tätigkeit bereithalten.
In ihrer Mitteilung über die Bewertung der ICZM in Europa
betonte die Kommission im Juni 2007 den Nutzen eines integrierten Ansatzes. Gleichzeitig räumte sie jedoch auch ein,
dass die für Planung, Bewirtschaftung und Nutzung der europäischen Küsten zuständigen Behörden noch Unterstützung
bei der Umsetzung ihrer Politiken benötigen.
Diese Unterstützung wird bald in Form neuer Fördermittel
für die Küstenbewirtschaftung vom Europäischen Parlament
bereitgestellt. Die Unterstützung wird auf der bereits umfassenden europäischen Küstenforschung aufbauen und,
wenngleich der Schwerpunkt auf der Ostsee liegt, dazu dienen, bewährte Verfahrensweisen und Erfahrungen in der
ganzen Gemeinschaft zu verbreiten.
Plattform für integrierte
Bewirtschaftung
Die neuen Fördermittel des Parlaments fließen auch in
die Finanzierung einer Website und einer Datendank der
GD Umwelt. Die Datenbank ist Teil eines 1 Millionen-Euro
Vertrags zur Förderung des Austauschs von Erfahrungen
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
© Jan Kranendonk/Shutterstock
Jahrzehnte europäischer Forschung, Expertise und Politik im Bereich der Küstenbewirtschaftung werden in Kürze
auf einer neuen Website der Kommission und ab 2009 in einer interaktiven Datenbank verfügbar sein. Ziel ist
es, einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten zu geben und den Druck deutlich zu machen, der auf den
Küsten als schmale Schnittstelle zwischen Land und Meer lastet. Die Datendank wird den 22 EU Mitgliedstaaten
helfen, die Küsten haben, nationale Strategien für die Bewirtschaftung ihrer Küstenregionen zu entwerfen.
und bewährter Verfahrensweisen. Die Website soll circa
350 Küsten-Fallstudien plus Zusammenfassungen der stark
unterschiedlichen Politiken, Gesetze und Praktiken in der
EU umfassen. Außerdem wird sie Hinweise geben, welche
Instrumente unter welchen Bedingungen am effizientesten
sind.
Entscheidungsträger und Politiker auf allen Ebenen werden diese Instrumente nutzen können, wenn sie darüber
entscheiden müssen, welche Lösung für ihre Situation die
beste ist. Denn die Instrumente sind speziell gestaltet, um
der Vielfalt der Herausforderungen rund um die Küsten
Europas gerecht zu werden. Website und Datenbank
werden nach Themen untergliedert sein, und zunächst
die Rubriken Klimawandel und Risikoanpassung, institutionelle Koordinationsmechanismen, Information und
Kommunikation sowie Planungs- und LandmanagementInstrumente umfassen.
Eine verstärkt integrierte Küstenbewirtschaftung – die
notwendig ist – passt sehr gut zu der neuen integrierten
EU Meerespolitik, die auf Nachhaltigkeit, die gemeinsame
öffentliche Nutzung von Informationen und eine solide
Wissensgrundlage für Planung und Management ausgerichtet ist. Darüber hinaus stellt die neue EU Kohäsionspolitik
2007 bis 2013 ebenfalls neue Fördermittel in beachtlicher Höhe für weitere Maßnahmen im Küstenbereich zur
Verfügung. 
MEHR DAZU
Website der Kommission über Küstenpolitik der
Gemeinschaft
ec.europa.eu/environment/iczm/home.htm#zone2
Integrierte Küstenbewirtschaftung (ICZM)
ec.europa.eu/environment/iczm/
Das neue Projekt der Kommission für
Küstenbewirtschaftung
ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:146912-2008:TEXT:EN:HTML
07
Auf dem Weg zu einer internationalen Politik
Die einzigartige, bereits fragile Umwelt der Arktis rückt zunehmend ins Zentrum der internationalen
Aufmerksamkeit – nicht nur wegen ihres Ressourcenreichtums. Die Arktis ist in Gefahr:
Umweltverschmutzung, nicht-nachhaltige Entwicklung und insbesondere Klimawandel mit brüchigem
Packeis und schmelzender Schneedecke sind die Vorboten. Ein neuer EU-Bericht bewertet die Interessen
der Gemeinschaft in der Region und skizziert die ersten Punkte einer EU Arktis-Politik.
© XXXX
© Kerry Banazek/Shutterstock
Die Arktis
ARKTISSCHMELZE
Die Statistiken sind alarmierend. Seit den 50er Jahren ist
das Meereis um die Hälfte zurückgegangen, und dieses
Jahr näherte es sich stark dem historischen Minimum
von 4,28 Quadratkilometern von 2007 an. In der nördlichen Polarregion ist die Schneedecke in den letzten
30 Jahren alle 10 Jahre um 10 % geschmolzen, und der
Permafrostboden könnte bis 2050 um mehr als ein Drittel
zurückgehen. Diese Zahlen und die von Jahr zu Jahr schwindende Eismasse Grönlands sind eindeutige Zeichen für die
globale Erwärmung in dieser Region.
Einige Vorteile, viele Nachteile
Durch das schwindende Packeis entsteht eine neue
Nordwest-Passage, die erstmals im Sommer 2007 wahrgenommen wurde und einmal zur Transportroute zwischen
Asien und Europa werden könnte. Die Entwicklung könnte
auch den lokalen Tourismus fördern und Fischereiflotten
sowie Gas und Ölförderunternehmen das Leben leichter
machen. Doch schon wächst die Besorgnis über die nichtnachhaltige Natur dieser Aktivitäten in der Arktis und über
die Umweltfolgen im Kampf um die Ressourcen.
Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind bereits
spürbar. Sie bringen Jagd-, Reise- und Handelmuster der
einheimischen Bevölkerung aus dem Gleichgewicht und
beeinträchtigen den Lebensraum von hunderten Arten
einheimischer Flora und Fauna. Auch der Eisbär, das Symbol
der Arktis, ist davon betroffen. Wandertierarten aus Europa
– wie Vögel, Wale und wertvolle Handelsfische – laufen
ebenfalls Gefahr, ihre traditionellen Sommerrast sowie
Nist- und Laichplätze in Teilen der Arktis zu verlieren.
➜ Ein Rekordhoch bei den Temperaturen und wärmere
Meeresströmungen sind die Ursache für ein rasantes
Abschmelzen der Eis- und Schneedecke der Arktis.
➜ Die Region ist von Klimawandel, Umweltverschmutzung
und dem Verlust der biologischen Vielfalt bedroht.
➜ Die EU hat ein großes Interesse an der Arktis-Region,
die zum Teil EU Gebiet ist, und möchte dort eine wichtigere
Rolle spielen.
verändernde Meeresströmungen und der Anstieg der durch
die Permafrostschmelze freigesetzten Treibhausgase CO2
und Methan.
Der Bericht wird Sicherheiten für eine nachhaltige
Wirtschaftsentwicklung in der Region fordern und darauf
hinwirken, dass Regierungsinstitutionen wie der Arktische
Rat gestärkt und respektiert werden. Außerdem wird er ein
eigenes Ökosystem-Management und zusätzliche strenge
Umweltschutzmaßnahmen empfehlen.
Im Rahmen der Gestaltung der Meerespolitik der
Gemeinschaft, einschließlich der neuen MeeresstrategieRichtlinie, bietet der Bericht eine Plattform für eine
Debatte über die künftige EU-Arktis-Strategie. Seine
Veröffentlichung fällt mit dem Internationalen Polarjahr
2007-2008 zusammen und wird den Ergebnissen von zwei
aktuellen Treffen Rechnung tragen: die Konferenz über
die Gemeinsame Sorge um die Arktis („Common Concern
for the Arctic“) in Grönland und die Ministerkonferenz
in Monaco unter französischer EU-Ratspräsidentschaft,
in deren Mittelpunkt eine bessere Koordinierung der
nationalen und internationalen Überwachung der Arktis
und von Beobachtungsnetzwerken stand. 
Zeit des Nachdenkens
Ein neuer Bewertungsbericht der Europäischen Kommission
über Fragen der Arktis-Strategie, der im November veröffentlicht werden soll, kommt zu dem Schluss, dass die
Folgen des Klimawandels in der Region als Frühwarnsignale
möglicher globaler Auswirkungen angesehen werden
können. Der Bericht betont die Notwendigkeit weiterer
Beobachtung und Überwachung, um Schlüsselphänomene
besser verstehen zu lernen, etwa das Arktis-Klima-Feedback
(Artic climate feedback, d. h. anstelle von reflektierendem
Meereis ist dunkles Meer, das die Sonnenhitze absorbiert
und damit die Erwärmung beschleunigt), die Exposition
riesiger Vegetationsflächen und kahler Böden, sich
MEHR DAZU
Homepage der Kommission über den Klimawandel
ec.europa.eu/environment/climat/home_en.htm
EU-Forschung über den Klimawandel in der Arktis
ec.europa.eu/research/environment/newsanddoc/article_
2993_en.htm
Konferenz „Common Concern for the Arctic“:
www.norden.org/Conference.Arctic2008/
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
08
DIE GROSSE FRAGE
TIERVERSUCHE
DIE
GROSSE
FRAGE
Nach möglichen Alternativen
Tierversuche in der Forschung sind ein hoch brisantes Thema. Viele lebensrettende
Medikamente gäbe es ohne Tierversuche nicht. Während die Europäische Kommission
auf strengere Gesetze in diesem Bereich hinarbeitet, fordern Tierschutzverbände einen
kompletten Richtungswechsel hin zu alternativen Methoden, und die Industrie plädiert
weiterhin für kontrollierte Tierversuche, bis geeignete Alternativen verfügbar sind.
DER STANDPUNKT DER INDUSTRIE
Für rund zwei Drittel aller bekannten Krankheiten gibt es
“ immer keine wirksame Behandlungsmethode. Trotz
noch
der Erfolge und des stets größeren Fortschritts der modernen Medizinforschung entstehen jedes Jahr weltweit neue
Krankheiten.
Entgegen der landläufigen Meinung beginnt die Entwicklung
eines neuen Arzneimittels oder einer Behandlung nicht mit
Tierversuchen, sie repräsentieren nur circa 10 % des F&EVerfahrens. Tierversuche werden nur dann durchgeführt, wenn
es notwendig ist, eine spezifische wissenschaftliche Frage zu
beantworten, die auf anderem Wege nicht beantwortet werden kann.
Innovative Ansätze auf der Grundlage von Computer-Modelling,
Zell- oder Gewebekulturen können einige Untersuchungen an
Tieren ersetzen. Dank nicht-invasiver Verfahren wie Magnetresonanz, PET Scans und Voruntersuchungen mittels hochempfindlicher Computer-Screenings sinkt die Zahl der für
Versuchszwecke benötigten Tiere. Wissenschaftlicher und technischer Fortschritt führen zu einer immer größeren Auswahl
von 3 R-Methoden.
Heutzutage ist die Wirkung einer neuen Verbindung in einer
Zelle relativ einfach zu erforschen, ihre Wirkungsweise im gesamten Körper sieht jedoch ganz anders aus. Wenn Körpersysteme
zusammenarbeiten, schaffen sie neue Bedingungen, die in der
Zellkultur nicht existieren und auf einem Computer nicht vollständig nachgebildet werden können. Die – erwünschten wie
auch die unerwünschten – Wirkungen eines Medikaments
werden letztendlich davon abhängen, was passiert, wenn
ein Medikament mit allen Systemen des Körpers interagiert.
Ganzheitstests bei lebenden Organismen vor dem Testen beim
Menschen sind deshalb von ganz entscheidender Bedeutung.
Dies ist der Grund, warum ein Verzicht auf Tierversuche in der
biomedizinischen Forschung gegenwärtig nicht in Sicht ist.
Unser Verständnis von der Biomedizin weist nach wie vor große
Lücken auf. Dieses Nichtwissen setzt dem Nutzen alternativer
Methoden Grenzen. Kein Computer ist derzeit in der Lage, die
gesamten Gehirntätigkeiten zu simulieren, geschweige denn
die Interaktion zwischen Herz, Leber und Niere. Jeder, der in
der medizinischen Forschung arbeitet, freut sich auf den Tag,
an dem wir dank einer neuen Erkenntnis auf Tierversuche verzichten können. Bis dahin werden – wenn die Gesellschaft von
uns erwartet, dass wir Behandlungen und Medikamente für
neue und alte Krankheiten bereitstellen – sinnvoll kontrollierte
Tierversuche in geringem Maße nach wie vor notwendig sein.
Die Arzneimittelindustrie hofft, dass die anstehende Änderung
der Richtlinie 86/609/EWG dieser Realität Rechnung trägt und ein
angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Wohlbefinden und
der Gesundheit der Tiere und der Forschung schafft. Außerdem
muss unnötiger Verwaltungsaufwand abgebaut werden, der
nicht durch Tierschutzaspekte gerechtfertigt ist. ”
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
Brian Ager
Generaldirektor der
European Federation
of Pharmaceutical
Industries and
Associations
(EFPIA, Europäischer
Verband der
Arzneimittelhersteller)
Jährlich werden EU weit rund 12 Millionen Tiere für Tierversuche
benutzt. Tierversuche werden an Insekten, Fischen, Vögeln, Reptilien
und Säugetieren vorgenommen. Über drei Viertel der Versuchstiere
sind Nager und Hasen. Kaltblütler – wie Reptilien und Amphibien
– und Vögel bilden mit 15 % bzw. 5 % die zweit- und drittgrößte
Gruppe.
Tierversuche werden aus wissenschaftlichen Gründen durchgeführt. Dazu gehören die Entwicklung neuer Arzneimittel und
Behandlungen sowie Sicherheits- und Wirkungstests von Impfstoffen
und Medikamenten für medizinische Diagnosen, die von lebensbedrohlichen Krankheiten bis hin zu Nervenerkrankungen reichen.
Tierversuche werden außerdem durchgeführt, um Chemikalien,
Nahrungsmittelzusätze, Pestizide und andere Stoffe auf ihre Gefahr
für Mensch und Umwelt zu testen.
Die Europäische Kommission beabsichtigt, die aktuelle Tierversuchsgesetzgebung in der EU zu verschärfen und hat umfangreiche
Konsultationen im Hinblick auf eine Aktualisierung ihrer wichtigsten Rechtsvorschrift in diesem Bereich, der Richtlinie 86/609/EWG
zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke
verwendeten Tiere, durchgeführt.
Die breite Öffentlichkeit und Experten wurden gebeten, ihre
Meinungen und Ansichten zu verschiedenen Änderungsmöglichkeiten der gegenwärtigen Richtlinie zu äußern, welche dann
in den Entwurf des Vorschlags eingeflossen sind. Nach Auffassung
der Kommission wird die Änderung der Richtlinie einerseits die
Behandlung von Millionen von Versuchstieren EU-weit verbessern
und andererseits die europäische Forschung und das gegenwärtige hohe Gesundheits und Umweltschutzniveau der europäischen
Bürger fördern.
Humane Behandlung
Die Kommission erkennt die Abschaffung aller Tierversuche in
Sicherheitstests und biomedizinischer Forschung zwar als erklärtes
Ziel an, räumt aber auch ein, dass dies gegenwärtig nicht realisierbar
ist. Viele Wissenschaftler erklären, sie müssten immer noch viel lernen, beispielsweise über die Toxizität bei Mensch und Tier.
Ein Kernelement der Richtlinienänderung besteht darin sicherzustellen, dass zu Versuchszwecken verwendete Tiere eine geeignete Pflege und humane Behandlung erfahren. Dies umfasst
Mindestauflagen für eine geeignete Tierhaltung und -pflege sowie
eine ethische Bewertung von Projekten, in denen Tiere verwendet
werden. Die EU hat sich verpflichtet, jeden Schmerz, jedes Leiden,
jede Qual oder jeglichen Schaden, der Tieren in Tierversuchen widerfahren kann, weitestgehend zu vermindern. Dieser Grundsatz
DIE GROSSE FRAGE
09
suchen
DER STANDPUNKT DER NRO ZUM
SCHUTZ UND WOHLBEFINDEN
DER TIERE
„Alternativen zu Tierversuchen zu entwickeln, ist
ist im Aktionsplan 2006 der Gemeinschaft für den Schutz und das
Wohlbefinden von Tieren sowie in der Gemeinsamen Erklärung zum
Wohlbefinden der Tiere in der EU verankert, die von der EU, dem
Europarat und der Weltorganisation für Tiergesundheit unterzeichnet wurden.
Sonja Van Tichelen
Direktorin, Eurogroup
for Animals
Des Weiteren möchte die Kommission die Gemeinschaftsforschung
und die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich fördern und darauf
hinwirken, Ressourcen in Forschungsprogramme und Einrichtungen
zu lenken, die Alternativen zu Tierversuchen entwickeln.
Die Kommission erkennt die Abschaffung aller
“Tierversuche in Sicherheitstests und biomedizinischer
Forschung zwar als erklärtes Ziel an, räumt aber auch
ein, dass dies gegenwärtig nicht realisierbar ist”
Für Forschung und Sicherheitstests gibt es bereits eine Reihe von
Alternativen, etwa in-vitro (nicht-Tier)-Methoden sowie Computer und
Bildgebungstechnologien. Forscher an europäischen Institutionen
wie dem European Centre for the Validation of Alternative
Methods (ECVAM, Zentrum für die Validierung und Entwicklung
von Alternativmethoden) haben bereits große Fortschritte bei der
Entwicklung und Validierung von Alternativmethoden erzielt, doch
diese ergeben noch kein vollständiges Bild. Daher wird es auch in absehbarer Zukunft noch Tierversuche geben. Unterdessen wird das als
„3 R“ bekannte Prinzip – Replacement (alternative nicht-tierbasierte
Methoden, wo möglich), Reduction (weniger Tiere verwenden) und
Refinement (weniger schmerzhafte Methoden anwenden) – einen
zentralen Platz in dem neuen Vorschlag einnehmen. 
MEHR DAZU
GD Umwelt
ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/home_en.htm
European Partnership for Alternative Approaches to Animal Testing (EPAA) /
Europäische Partnerschaft für die Förderung von Alternativkonzepten zu
Tierversuchen
ec.europa.eu/enterprise/epaa/index_en.htm
European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM)
ecvam.jrc.it/index.htm
European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations
(EFPIA) / Europäischer Verband der Arzneimittelhersteller
www.efpia.org
Eurogroup for Animals
www.eurogroupforanimals.org
heutzutage wichtiger denn je, da wir damit rechnen
müssen, dass die Zahl von Tieren für Tierversuche in der
EU steigen wird. Im Zuge der Auswirkungen von REACH,
der neuen Chemikalien-Gesetzgebung der EU, könnten zusätzliche 10 Millionen Tiere für Versuchzwecke
verwendet werden. Im Rahmen von REACH werden
rund 30 000 in der EU hergestellte oder importierte
chemische Stoffe registriert – ein Prozess, der auch
Tierversuche umfasst. Dieser Anstieg ist ein Grund,
warum die EU die Anwendung und Entwicklung von
Alternativen in REACH fördert.
Mit gesundem Menschenverstand lässt sich die Zahl
der Tierversuche erheblich verringern. Forscher können Daten gemeinsam nutzen und so doppeltes Testen
vermeiden. Und auch Unternehmen sollten zuerst intelligente Testverfahren – zum Beispiel einen einfachen
chemischen Test, mit dem sich bestimmen lässt, ob
eine Substanz gesundheitsgefährdend ist – wählen,
bevor sie Tierversuche durchführen.
Die geplante Änderung der Richtlinie 86/609/EWG zu
Tierversuchen ist eine Gelegenheit, um die Gesetze
zu stärken und das Leiden der Tiere zu vermindern. Angesichts der Tatsache, dass die derzeitigen
Gesetze seit 1986 nicht geändert wurden, sind neue
Bestimmungen über die Verwendung von Tieren in der
Forschung dringend geboten. Zwar ist der Bedarf an
Tierversuchen dank wissenschaftlicher Entwicklungen
seitdem zurückgegangen, doch Forschungsergebnisse
haben auch gezeigt, dass Tiere ein viel größeres
Schmerzempfinden haben als bisher angenommen.
Wir möchten, dass die geänderte Richtlinie mehr Tiere,
auch wirbellose Tiere, schützt, dass sie die 3 R (replacing, reducing und refining) bei Tierversuchen fördert
und höhere Standards für Haltung und Pflege festlegt.
Obwohl die Unternehmen bereits jetzt zur Anwendung
von Alternativmethoden – falls diese vorhanden sind
– verpflichtet sind, erweist sich die Durchsetzung als
schwierig. Diese Situation muss geändert werden.
Das langfristige Ziel sollte nach wie vor die Abschaffung
aller Tierversuche sein. Da Tiere Empfindungen haben,
können sie auch Schmerz und Zuwendung fühlen. Wir
sind moralisch verpflichtet, nach Alternativen zu suchen. Wenn es wissenschaftlich solide Alternativen
zu Tierversuchen gibt, sollten wir diese entwickeln
und nutzen. Das European Centre for the Validation
of Alternative Methods (ECVAM) hat bereits viele
Methoden validiert, und die Wissenschaft stellt in
Aussicht, noch viele weitere entwickeln zu können.
Verfahren wie beispielsweise Computersimulationen
und Zellkulturen führen bereits zu sehr vielversprechenden Ergebnissen.
Es ist an der Zeit, dass sich die EU ehrgeizige Ziele setzt.
Sie sollte eine Führungsrolle einnehmen, wenn es darum geht, Tierversuche zu ersetzen und die Entwicklung
von Alternativen anzuregen.”
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
Biodiversität
Neue Ziele festlegen, eine
politische Plattform schaffen
© Antonio Rivas/Iberian Lynx Ex-situ Conservation Programme
10
Da die Frist des international vereinbarten Ziels, dem Verlust der
biologischen Vielfalt bis 2010 Einhalt zu gebieten, näher rückt, gibt
es bereits erste Überlegungen über ein Ziel für die Zeit danach. Die
Schlüsselprioritäten werden auf den Erfolgen der bisherigen Arbeit
aufbauen und darauf abzielen, den Prozess zu beschleunigen, da sich
das Ausmaß des Problems nun deutlicher abzeichnet. Angeregt durch
den Weltklimarat (IPCC) gibt es darüber hinaus Bemühungen, eine
internationale Plattform für die biologische Vielfalt einzurichten.
>
Der echte wirtschaftliche Wert der Vielfalt ökologischer
Systeme für die Gesundheit und das Wohlbefinden des
Menschen – einschließlich Nahrung, Ballaststoffe, sauberes Wasser, intakter Boden, Kohlenstoff-Abscheidung
und vieles mehr – muss noch bestimmt werden. Doch der
Zwischenbericht zum Wert der ökologischen Vielfalt (The
Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB) – eine globale, im vergangenen Jahr durchgeführte Untersuchung –
zeichnet ein erschreckendes Bild. Wenn wir nichts tun, um
Umwelt und Natur weltweit zu schützen, könnten bis zum
Jahr 2030 bis zu 60 % der Korallenriffe und bis 2050 circa
11 % der biologischen Vielfalt auf der Erde verschwunden sein.
Letzteres allein entspricht der Verringerung des jährlichen
globalen BIP um 5 %.
Die erste Phase der TEEB-Studie brachte wichtige neue
Erkenntnisse im Bereich der biologischen Vielfalt und der
Ökosystemleistungen. Die zweite Phase, die nun begonnen
hat, wird bis 2010 laufen und einen fundierteren Bericht liefern sowie Instrumente bieten, die Politikern helfen sollen,
die Kosten und Nutzen der biologischen Vielfalt und der
Ökosystemleistungen zu bewerten. Die Endergebnisse werden 2010 auf der COP10 Vertragsstaatenkonferenz im Rahmen
des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD)
vorgestellt.
Wir sind uns zwar alle darüber einig, dass der
“Verlust
der Arten voranschreitet, doch wir sind
uns nicht darüber einig, warum wir uns Sorgen
machen sollten, oder welche Politiken wir zur
Lösung dieses Problems benötigen
”
Neue Plattform
Um das Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu schärfen,
findet im November 2008 ein internationales Treffen in Kuala
Lumpur statt. Ziel ist die Einrichtung einer neuen Plattform,
die dem Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate
Change, IPCC) entspricht. Der Arbeitstitel für diese Plattform
lautet International Science Policy Platform for Biodiversity and
Ecosystems (IPBES). Die TEEB-Studie wird an diesem Prozess
beteiligt sein; der Abschlussbericht wird zum Zeitpunkt der
Gründung dieser Plattform veröffentlicht werden.
Die neue Plattform soll ähnliche Ziele wie der Weltklimarat
(IPCC) verfolgen, der vor der Klimarahmenkonvention der
Vereinten Nationen gegründet wurde. Der IPPC spielte eine
wichtige Rolle, um das Bewusstsein von Öffentlichkeit und
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
Politik für den Einfluss menschlicher Tätigkeiten auf das
Weltklima zu schärfen. Die biologische Vielfalt stellt uns vor
eine andere Herausforderung: Wir sind uns zwar alle darüber einig, dass der Verlust der Arten voranschreitet, doch wir
sind uns nicht darin darüber, warum wir uns Sorgen machen
sollten, oder welche Politiken wir zur Lösung dieses Problems
benötigen.
Sobald die ITBES-Plattform eingerichtet wäre, würde sie
ihren Fokus weniger auf naturwissenschaftliche Aspekte,
sondern verstärkt auf den sozioökonomischen Aspekt im
Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt
richten. Ihre Aufgabe wäre es deutlich zu machen, warum ein
so großer Schaden entstehen würde, wenn es uns nicht gelingt, bedrohte Pflanzen- und Tierarten zu schützen. Weiter
würde sie Kosten und Nutzen des Schutzes der biologischen
Vielfalt aufzeigen, so dass Politiker in der Lage sind, sachkundige Entscheidungen auf diesem Gebiet zu treffen.
Neuer Maßstab
Die Vertragsstaatenkonferenz (COP9) in Bonn im vergangenen
Mai legte zwar neue Arbeitsbereiche für biologische Vielfalt
fest, etwa biologische Vielfalt der Meere, biologische Vielfalt
und Klimawandel, invasive gebietsfremde Arten und gentechnisch veränderte Organismen, aber neue Zielsetzungen für die
biologische Vielfalt wurden nicht definiert.
Während Europa weiterhin auf sein Ziel hinarbeitet, dem
Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 Einhalt zu gebieten,
und auch bereits Fortschritte gemacht hat, ist es nun Aufgabe
der Politiker, eine neue Zielvorgabe über dieses Datum hinaus
festzulegen. Jedes Ziel muss inspirativ und glaubwürdig sein
und sich im Wesen von dem Ziel von 2010 unterscheiden. Nur
dann können wir sicher sein, dass es in der Diskussion um die
biologische Vielfalt vorangeht. 
MEHR DAZU
Informationen der Kommission über die biologische Vielfalt
ec.europa.eu/environment/nature_biodiversity/index_en.htm
Übereinkommen über die biologische Vielfalt
www.cbd.int/cop9/
TEEB-Zwischenbericht
ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/economics/pdf/
teeb_report.pdf
Natura 2000
11
Ein Netz für die Meeresumwelt aufbauen
© Stephan Kerkhofs/Shutterstock
Das Natura-2000-Netz ist ein wichtiges Instrument im Rahmen der Bemühungen, den Verlust
der Artenvielfalt in der EU bis 2010 aufzuhalten und das langfristige Überleben der am meisten
bedrohten Arten und Habitate zu sichern. Nachdem die Ausweisung von Schutzgebieten auf
dem Festland nahezu abgeschlossen ist, wird das Netz seinen Fokus nun auf die Schaffung
von Meeresschutzgebieten richten. Die Mitgliedstaaten müssen bis Ende 2008 Vorschläge für
Meeresschutzgebiete unterbreiten.
Natura 2000 – Europas riesiges Netz
von Naturschutzgebieten – ist
das Herzstück der Natur- und
Artenschutzpolitik der EU. Es
beruht auf zwei EU-Gesetzestexten,
der Vogelschutz- und der
Habitatrichtlinie. Derzeit umfasst das Netz rund ein Fünftel
des europäischen Festlands und
dessen Binnengewässer, doch nur
ein kleiner Teil der 25 000 Natura2000-Gebiete bezieht sich ganz
oder teilweise auf Meeresgebiete. Bei
den meisten dieser Meeresgebiete handelt es sich um Küstengewässer, nur circa
40 Gebiete befinden sich in Gewässern, über
12 Seemeilen vom Land entfernt.
Dieser geringe Anteil ist auf eine unklare Rechtslage der Seehoheitsgebiete in
der Vergangenheit zurückzuführen. Die
Probleme sind nun gelöst, und es ist klar,
dass die Verpflichtung zur Ausweisung von
Gebieten den gesamten Umfang der Ausschließlichen
Wirtschaftszonen (AWZ) der Mitgliedstaaten umfasst. Aufgrund der hohen Forschungskosten in
Meeresgebieten fehlen wissenschaftliche Kenntnisse
über die Bestandsgrößen und Verbreitungsgebiete von
Spezies und Habitattypen – was nicht zuletzt auch ein
Hindernis für den Ausweisungsprozess ist.
Das Netz wird seinen Fokus nun auf die
“Schaff
ung von Meeresschutzgebieten richten”
Die Ausweisung von Gebieten
Die EU-Politik für die Meeresvielfalt, einschließlich
Schutzgebiete, wurde im Rahmen von Verpflichtungen
auf regionaler, globaler und EU-Ebene entwickelt. Die
EU-Staats- und Regierungschefs haben sich verpflichtet,
gegen den Verlust der Artenvielfalt in der EU bis 2010
vorzugehen.
Da der Verlust der Artenvielfalt ein anhaltender und beschleunigter Prozess ist, hat die EU einen Aktionsplan zur
Erhaltung der biologischen Vielfalt entworfen, der verstärkte Bemühungen fordert, damit diese Verpflichtungen
erfüllt werden können. Die Kommission fordert nun die
Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zur Ausweisung
von Meeresschutzgebieten bis Ende des Jahres voranzutreiben.
Die ausgewiesenen Schutzgebiete sollten maritime
Lebensräume und Spezies umfassen, die im Rahmen
der Habitat und Vogelschutzrichtlinie geschützt werden, einschließlich Sandbänke und Kaltwasserriffe,
20 Schildkrötenarten und Meeressäugetiere (Wale, Delfine
und Robben), verschiedene Arten von Wanderfischen sowie eine große Zahl von Meeresvögeln. Außerdem zu berücksichtigen sind die Bewirtschaftung des Schutzgebietes
und die nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen, insbesondere in den Bereichen Fischerei, Verkehr, Förderung
von Bodenschätzen sowie Wind- und Wasserkraft.
Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse über maritime Spezies und
Habitate in ihren Ländern nutzen. Sie sollten auch auf
die Erfahrungen zurückgreifen, die in Bezug auf die
Erhaltung und Bewirtschaftung seit 1992 im Rahmen von
EU-finanzierten LIFE-Projekten über die Meeresumwelt gewonnen wurden und sich auf wichtige Forschung, etwa das
Programm HERMES (Hotspot Ecosystem Research on the
Margins of European Seas), stützen.
Ein zusammenhängendes Netz
Die im Rahmen von Natura 2000 ausgewiesenen
Schutzgebiete müssen eine ausreichende Zahl der anvisierten Habitate und Spezies umfassen und sollten ein
zusammenhängendes Netz in den Meeren Europas bilden.
Doch Meeresgebiete können aufgrund von Inseln und
ausgedehnten Unterwassergebieten wie zum Beispiel
Sandbänken geographisch komplexe Gebilde darstellen,
und die Ausweisung kann sich auch dadurch als schwierig erweisen, da Arten wandern und keine künstlichen
Grenzen achten.
Wesentliche Vorschläge für Meeresschutzgebiete
werden Ende 2008 erwartet. Alle Vorschläge werden
von der Kommission mit der Hilfe der Europäischen
Umweltagentur bewertet und mit den Mitgliedstaaten
und Interessengruppen wissenschaftlich diskutiert.
Längerfristige Pläne sehen die Schaffung von Meeresschutzgebieten außerhalb der Hoheitsgewässer der
Mitgliedstaaten im Rahmen des Übereinkommens über
die biologische Vielfalt der Vereinten Nationen (Convention
on Biological Diversity, CBD) vor. 
MEHR DAZU
Homepage der Kommission über Natura 2000
ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/index_en.htm
ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/marine/index_en.htm
Homepage der Kommission über das Programm LIFE
ec.europa.eu/environment/life/
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
12
LIFE
Populationsforschung dehnt
Natura 2000 auf die Ozeane aus
Das Wissen über die Meeresumwelt in Europa wurde durch wissenschaftliche Studien und Erhebungen im Rahmen des EU-Programms LIFE verbessert. In den letzten fünfzehn Jahren lieferten
über 50 Projekte Eckdaten, um Gebiete für das Natura-2000-Netz zu identifizieren. Erstmals wurden
in verschiedenen Projekten Umweltdaten für riesige Meeresgebiete in Europa erhoben, die dem
Schutz von Waltieren (als „Cetaceen“ bekannt) und Seevögeln zugute kommen.
© Pedro Geraldes
Wichtige Vogelgebiete
>
Unter dem Programm LIFE-Natur wurden in zwei
Generationen von SCANS-Projekten Daten über die
Verbreitung und Bestandsgrößen von Cetaceen – Wal- und
Delfinfamilien – auf einem Gebiet von ungefähr 1 Million
qkm zusammengetragen. SCANS I wurde von 1992 bis
1995 in der Nordsee durchgeführt, das Nachfolgeprojekt
SCANS II lief von 2004 bis 2006 im Europäischen Atlantik.
Die Abteilung für Meeressäugetierforschung der University
of St Andrews im Vereinigten Königreich koordinierte die
Forschungsarbeit von Partnern aus 12 EU-Ländern.
Populationsschätzungen
“50Über
Projekte
lieferten
Eckdaten,
um Gebiete
für das Natura2000-Netz zu
identifizieren
”
Das Projekt lieferte erste groß angelegte Schätzungen über
den Bestand von Schweinswalen, Tümmlern, Gemeinen
Delfinen, Weißschnauzendelfinen und Zwergwalen in
den Erhebungsgebieten. Die Ergebnisse zeigten, dass
Schweinswale generell am meisten beobachtet wurden;
in dem gesamten Erhebungsgebiet wurde ihre Zahl auf
386.000 Tiere geschätzt. Trotz Veränderungen in Bezug auf
die Verbreitungsgebiete ist die Population zwischen 1995
und 2004 relativ stabil geblieben, so die Studie.
Ein weiteres Ergebnis war der Aufbau eines computergestützten Instruments zur Bestimmung sicherer „Beifang“Grenzen – Beifang sind die Tiere, die den Fischern
unabsichtlich ins Netz gehen. Für Schweinswale ergaben sich
Beifanggrenzen zwischen 0 % und 1,5 % der Bestandsgröße.
Dieses Instrument kann auch für andere Spezies angepasst
werden.
Mehrere internationale Organisationen nutzen nun diese Ergebnisse, um die Auswirkungen des Beifangs zu
bewerten und Erhaltungsmaßnahmen zugunsten von
Kleinmeeressäugern durchzuführen. Die Ergebnisse helfen auch den Mitgliedstaaten, die Erhaltung der CetaceenBestandsgrößen (Wale, Delfine und Schweinswale) gemäß
den Anforderungen der Habitat-Richtlinie festzulegen und
zu bewerten. Darüber hinaus wurden die Projektdaten als
Standard zur Umsetzung des Natura-2000-Netzes in europäischen Gewässern angenommen.
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
Die Umsetzung der Vogelrichtlinie im Bereich der
Meeresumwelt ist für den Schutz von See und Meeresvögeln
von entscheidender Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sind
aufgefordert, mehr als nur Sonderschutzgebiete (special
protection areas, SPAs) an einigen Nist und Brutplätzen in
Küstenumgebungen einzurichten. Zwei LIFE-Projekte, die
von SEO und SPEA (BirdLife-Partner in Spanien und Portugal)
durchgeführt werden, zielen darauf, Important Bird Areas
(IBAs, wichtige Gebiete für den Erhalt von Vogelarten) in der
Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Spanien und
Portugal – Kanarische Inseln, Madeira und die Inselgruppe
der Azoren – zu identifizieren.
Diese beiden Projekte umfassen alle elf in Anhang I der
Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten. Die laufenden Arbeiten erstrecken sich auf die Ermittlung der
Bestandsgrößen von Seevögeln zu Wasser und aus der
Luft (einige Erfassungen wurden im Rahmen von SCANS II
durchgeführt) sowie durch Satellitenbeobachtung oder die
Beobachtung von mit Radiosendern ausgestatteten Vögeln –
circa 130 Cory’s shearwaters und über 20 Korallenmöwen. Die
Forscher erforschten darüber hinaus auch die Meeresumwelt;
sie untersuchten Parameter wie Salzgehalt, Temperaturen
und Strömungen und befassten sich mit Fischereiaktivitäten
und Meeressäugetieren.
Daten aus diesen Untersuchungen werden dazu dienen,
die potenzielle Verbreitung von Seevögeln an Küsten und
in küstenentfernten Gebieten auf dem Meer zu ermitteln.
Mit Gebietskarten, die Zusammenhänge mit menschlichen
Tätigkeiten oder Zusammenhänge zu ökologischen und ozeanografischen Daten herstellen, sollte es möglich sein, die
Gebiete ausfindig zu machen, die sich am besten als IBAs und
SPAs eignen. Die Forscher werden vorbestimmte Gebiete
im Detail beschreiben, Bedrohungen und Gefahren identifizieren und Empfehlungen für den Erhalt dieser Gebiete
erteilen. 
MEHR DAZU
LIFE und die Meeresumwelt
ec.europa.eu/environment/life/publications/lifepublications/
lifefocus/documents/marine_lr.pdf
SCANS-Projekt
biology.st-andrews.ac.uk/scans2/
IBA-Projekt in Portugal
programamarinho.spea.pt/index.php?op=projibas
IBA-Projekt in Spanien
www.seo.org/programa_ficha.cfm?idPrograma=32
Ozonschicht
13
Ozon – Herausforderungen jetzt angehen
>
Als der Abbau der Ozonschicht erstmals in den 70er
Jahren festgestellt wurde, beschrieb der Chemiker und
Nobelpreisträger Paul Crutzen das Phänomen als „die
schlimmste Katastrophe, die die Umwelt weltweit triff t.“
Dreißig Jahre danach gilt der eingeleitete Prozess zum Schutz
der Ozonschicht – das Montrealer Protokoll – gemeinhin als
modellhaftes Umweltabkommen, und es wurden bisher gute
Fortschritte erzielt. Letzten Schätzungen zufolge wird sich
die für das Leben auf der Erde wichtige Ozonschicht gegen
2050 und 2075 auf ihren Zustand von vor 1980 regeneriert
haben.
Das Protokoll ist zwar ein Erfolg, seine Umsetzung indes zuweilen etwas problematischer. Kleine Unternehmen empfinden es als schwierig, sich in den komplexen Vorschriften
und Bestimmungen zurechtzufinden. Eine Vereinfachung
hätte daher ganz offensichtliche Vorteile. Aus diesem Grund
schlägt die Kommission eine Überarbeitung vor, die den
Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Mitgliedstaaten
abbauen soll, damit die Unternehmen die Bestimmungen
besser verstehen und diese erfüllen können. Dies würde
dann auch die Anwendung des Systems von Quoten und
Lizenzen, die für den Import und Export von ozonabbauenden Stoffen gewährt werden, leichter machen.
Die guten Fortschritte fortsetzen
Ein weiterer Vorteil der Änderung besteht darin, dass
sie der EU frühzeitig Gelegenheit bietet, die aktuellen
Verbesserungen im Rahmen des Montrealer Protokolls anzunehmen und etwa den Ausstieg aus der Produktion teilhalogenierter Fluorchlorkohlenwasserstoff (HFCK) in Europa
von 2025 auf 2020 vorzuziehen. HFCK werden normalerweise
in der Kühl- und Klimaanlagenindustrie eingesetzt, enthalten
aber Chlor, das die Ozonschicht der Stratosphäre zerstört.
Die Änderung stärkt auch die Rechtsdurchsetzung gegenüber dem illegalen Handel und dem Gebrauch ozonschädigender Substanzen in der EU, die andernfalls mit dem
HFCK-Ausstieg steigen würden. Der Informationsaustausch
über ozonabbauende Stoffe mit Handelspartnern würde verbessert werden, und eine bessere Kennzeichnung würde
Zollbehörden die Kontrollen erleichtern.
ODS-Speicherung und andere
Herausforderungen
Einige ozonabbauende Stoffe werden noch immer in
Kühlschränken und im Isolierschaum für Gebäude verwendet. Das schwrittweise Austreten dieser Stoffe könnte die
Ozonschicht weiterhin abbauen und zum Klimawandel
© Gregor Inkret/iStockphoto
Die EU-Vorschriften über die Produktion, den Handel und die Verwendung ozonabbauender Stoffe –
d. h. ODS-Stoffe (ozone-depleting substances = ozonabbauende Stoffe), die die angegriffene Ozonschicht
der Erdstratosphäre schädigen – müssen vereinfacht und neugefasst werden. Die vorgeschlagene
Änderung könnte 2010 in Kraft treten und zielt auf die Umsetzung dieser Vorschriften. Die Ozonschicht
ist ein wichtiger Schutz für die Erde, da sie 90 % der schädlichen UV-Strahlen der Sonne zurückhält.
beitragen. Die vorgeschlagenen Änderungen würden die
Vorschriften für die Wiedergewinnung und Entfernung
dieser Stoffe in Produkten und Ausrüstungen – die so
genannten „gespeicherten“ Stoffe („banked substances“) verschärfen. Die Kommission ist der Meinung, dass
ihre Maßnahmenvorschläge Europa helfen könnten, den
Ausstoß ozonabbauender Stoffe zu vermeiden, die mehr als
100 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich entsprechen
Außerdem wird vorgeschlagen, eine Reihe neuer Stoffe
auf die aktuelle Liste der Stoffe zu setzen, die unter die
Ozonschutz-Verordnung der EU fallen. Ihre Produktion und
Einfuhr würden den zuständigen Behörden mitgeteilt werden, so dass ihre Verwendung überwacht würde und damit
gewährleistet wäre, dass die bisher erzielten Fortschritte
nicht gefährdet werden.
Die Änderung der Bestimmungen würde schließlich auch
einen Ausstieg aus der Verwendung von Methylbromid bedeuten. Methylbromid ist eine ozonabbauende Substanz,
die im Rahmen der Schädlingsbekämpfung in Häfen zum
Räuchern von Waren und Container nach wie vor angewandt
wird. Da Alternativen mittlerweile vorhanden sind, sollte diese Praxis bis 2015 abgeschaff t werden. 
MEHR DAZU
Die Ozonschicht schützen, auf der Website der GD Umwelt
ec.europa.eu/environment/ozone/index.htm
Geänderte und völlig überarbeitete Gesetzgebung
der Kommission
ec.europa.eu/environment/ozone/review.htm
Das Montreal Protokoll der Vereinten Nationen
ozone.unep.org/
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
14
Abfallbehandlung
Es ist höchste Zeit, sich von der
Wegwerfgesellschaft zu verabschieden
© Terry Brisco
Abfallvermeidung und Recycling sind die beiden wichtigsten Prinzipien für die
Bewirtschaftung der zwei Milliarden Tonnen Abfall, die in der EU jährlich produziert werden. Im Rahmen der ersten großen Gesamtüberarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten bis 2020 ehrgeizige neue Ziele erfüllen
und Abfallvermeidungsprogramme entwickeln. Eine Fünf-Stufen-Hierarchie für
die Bewirtschaftung von Abfällen und klarere Definitionen der verschiedenen
Abfallbehandlungsmethoden werden für alle von Nutzen sein.
>
Die Abfallrahmenrichtlinie, einer der ältesten europäischen Gesetzestexte, ist seit 1975 in Kraft. Sie bietet
den Mitgliedstaaten Leitlinien zur Koordinierung von
Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen, um ihnen zu helfen,
die Abfallproduktion zu begrenzen und die Verfahren der
Abfallbehandlung und -entsorgung zu optimieren.
Laut der Europäischen Umweltagentur erzeugt jeder
europäische Bürger durchschnittlich 3,5 Tonnen Abfall
jährlich – Tendenz steigend in den letzten Jahrzehnten.
Schätzungen der OECD zufolge wird das Abfallaufkommen
bis 2020 um nahezu 45 % gegenüber 1995 steigen. Rund
zwei Drittel dieses Abfalls landen auf Mülldeponien oder
werden in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Die
Folgen: Verschwendung wertvoller Ressourcen sowie
Umweltbelastung und Gesundheitsgefährdung durch die
daraus resultierende Verschmutzung und den Ausstoß von
Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan.
Vermeidung von Abfall Priorität einzuräumen,
“istDer
Teil einer Bemühung, die Verbindung von
Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen der
Abfallerzeugung zu durchbrechen
”
Die geänderte Richtlinie
Die Änderung der Abfallrahmenrichtlinie wurde vor kurzem
vom Europäischen Parlament verabschiedet und soll dieses
Jahr in Kraft treten. Sie zielt darauf ab, den Umgang mit Abfall
in Europa neu auszurichten und die Länder dazu zu bewegen,
weit mehr Abfall als bisher zu recyceln. Abfallverhinderung,
so betont sie, ist die beste Lösung für alle.
Die geänderte Richtlinie legt neue EU-weite Recycling-Ziele
fest. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2020 sicherstellen, dass
die Hälfte ihres Papier-, Metall- und Plastikabfalls sowie ihres
Altglases aus Hausmüll oder ähnlichem Müll recycelt wird,
bei Abfall durch Bau- und Abrissarbeiten sollen es sogar
70 % sein.
Im Rahmen der strengeren Bestimmungen über die
Abfallvermeidung müssen die Mitgliedstaaten bis 2013
auch nationale Abfallvermeidungsprogramme entwerfen
(z. B. innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der
geänderten Richtlinie). Diese Programme werden öffentlich sein, so dass der Fortschritt für alle sichtbar ist. Um die
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
FÜNF-STUFEN-HIERARCHIE
Vermeidung,
Wiederverwendung, Recycling,
energetische Rückgewinnung,
Entsorgung
Überwachung zu unterstützen, könnte die Europäische
Kommission Indikatoren festlegen.
Abfallvermeidung – eine absolute
Priorität
Der Vermeidung von Abfall Priorität einzuräumen, ist Teil
einer Bemühung, die Verbindung von Wirtschaftswachstum
und Umweltfolgen der Abfallerzeugung zu durchbrechen.
Deutschland und die Niederlande haben bereits bewiesen,
dass dies möglich ist: In den vergangenen zehn Jahren konnten sie das Abfallaufkommen in den Städten und Gemeinden
vermindern und gleichzeitig ein Wirtschaftswachstum
verzeichnen.
Die Kommission ist sich bewusst, dass die Änderung nur ein
erster Schritt für weitere Maßnahmen zur Abfallvermeidung
ist und die Bemühungen außerdem auf bestehenden
Instrumenten wie Politiken, Informationskampagnen und
bestverfügbaren Techniken, aufbauen müssen.
Die neue Fünf-Stufen-Hierarchie im Bereich Abfallbewirtschaftung beruht auf den so genannten „drei R“ – reuse,
recycling und (Energie) recovery –, ergänzt um Vermeidung
als bevorzugte Option und sichere Lagerung als letzten
Schritt. Die Gesetze werden indes eher das Recyceln als die
Wiederverwendung gewisser Abfallstoffe erlauben, wenn
die Lebenszyklus-Analyse ergibt, dass dies umweltverträglicher ist.
Die geänderte Richtlinie basiert auf den Grundsätzen der
thematischen Strategien der EU über Abfall und nachhaltige
Ressourcennutzung. Sie wird die EU-Abfallgesetzgebung
verschlanken, indem sie die drei bestehenden Richtlinien
– Abfallrahmenrichtlinie, Richtlinie über gefährliche Abfälle
und Altöl-Richtlinie – ersetzt. 
MEHR DAZU
Homepage der Kommission über Abfallpolitik
ec.europa.eu/environment/waste/index.htm
15
terminplan
NOVEMBER//DEZEMBER//MÄRZ//APRIL
6. November 2008
5. – 7. März 2009
International Day for
Preventing the Exploitation of
the Environment in War and
Armed Conflict.
Beyond Kyoto: Addressing the
Challenges of Climate Change
- Science meets Industry,
Policy and Public, Aarhus,
Dänemark. Die Konferenz zielt
darauf, die Anwendung fortgeschrittener wissenschaftlicher
Erkenntnisse als Grundlage
für Verordnungsrahmen,
Innovation und Entwicklung
neuer Technologien für
nachhaltige Entwicklung und
Öko-Effizienz zu fördern.
www.un.org/depts/dhl/
environment_war/index.html
1. – 12. Dezember 2008
14. Vertragsstaatenkonferenz
der Klimarahmenkonvention
der Vereinten Nationen
(UNFCCC), 4. Sitzung der
Vertragsparteien des
Kyoto-Protokolls, Posen,
Polen. Die Treffen führen die
Vorbereitungen der Nach-KyotoÄra und die Verhandlungen
eines internationalen
Rahmenabkommens über den
Klimawandel fort.
www.cop14.gov.pl/index.
php?lang=EN
23. – 24. April 2009
in Kopenhagen, Dänemark.
Die Konferenz liefert eine
Zusammenfassung wissenschaftlicher Erkenntnisse über
den Klimawandel.
climatecongress.ku.dk/
www.klima.au.dk/dk/forside/
konferencebeyondkyotoconferen/
10. – 12. März 2009
International scientific
congress on climate change –
„Climate Change: Global Risks,
Challenges and Decisions”,
6. – 8. April 2009
The 5th International
Congress and Exhibition
on Energy Efficiency and
Renewable Energy Sources,
Sofia, Bulgarien. Der 5.
Internationale Kongress und die
dazugehörige Ausstellung über
energieeffiziente und erneuerbare Energien stellen neue
Technologien, Ausrüstungen
und Dienstleistungen im Bereich
erneuerbarer und energiesparender Energien vor.
viaexpo.com/congress-ee-vei/
eng/congress.php
EMAN 2009: Environmental
Accounting and Sustainable
Development Indicators,
Prag, Tschechische Republik.
EMAN bezieht sich auf umweltbezogene und die
nachhaltige Entwicklung betreffende Indikatoren auf Mikro und
Makro-Ebene.
ea-sdi.ujep.cz/en/
conference-2009.html
INFORMATIONEN
ÜBER AKTUELLE
GESETZESVORSCHLÄGE:
eur-lex.europa.eu/de/
index.htm
NEUE VERÖFFENTLICHUNGEN DER GENERALDIREKTION UMWELT
natura 2000
• Natura 2000 ist das EU-weite Netz von
Naturschutzgebieten zur Gewährleistung des
Fortbestandes der wertvollsten europäischen
Arten und Lebensräume. Es beschränkt sich
nicht auf Naturschutzgebiete, sondern beruht
auf einer weiter gefassten, auf einem harmonischen Zusammenleben von Mensch und
wild lebenden Tieren beruhenden Grundlage
des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung.
• Bis Ende 2008 wird das Netz über 25 000
Gebiete umfassen, die zusammen etwa 20 %,
also rund 800 000 km der Gesamtfläche der
EU, ausmachen – zuzüglich 100 000 km
Meeresumwelt.
• Natura 2000 ist ein Kernstück europäischer
Naturschutzpolitik, das eindrucksvoll das Engagement Europas zur Bewahrung seiner einheimischen biologischen Vielfalt für künftige
Generationen unter Beweis stellt.
• Europas wild lebende Tierarten und Ökosysteme sind gefährdet. Die EU hat sich verpflichtet, den Rückgang der biologischen Vielfalt
bis 2010 zu stoppen, und ist Teil eines globalen Übereinkommens, bis 2010 den Verlust
an biologischer Vielfalt deutlich zu verringern.
Natura 2000 kommt zur Erreichung dieses
Ziels eine Schlüsselrolle zu.
• Das Netz beruht auf zwei bahnbrechenden
EU-Rechtsvorschriften: die Vogelschutzrichtlinie von 1979 und die Habitat-Richtlinie
(FFH-Richtlinie) von 1992.
• Natura 2000 wird weiter entwickelt; es erfasst Gebiete europäischer Flora und Fauna
mit stetig wachsendem Artenreichtum. In den
27 Mitgliedstaaten sind bereits über 1 000
seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten
sowie 200 Lebensraumtypen geschützt.
NATURA 2000
Katalognummer: KH-81-08-188-DE-C
Informationsblatt, auf Englisch, Französisch,
Deutsch und Spanisch verfügbar
Eine Einführung in das EU-Netz von
Naturschutzgebieten. Bis Ende 2008 wird
das Netz über 25 000 Gebiete umfassen,
die rund ein Fünftel der gesamten
Landfläche der EU und 100 000 km2 ihrer
Meeresumwelt ausmachen.
EU-Politik gegen den Klimawandel:
Anpassung an den Klimawandel
ISBN 978-92-79-09101-8
Adapting to
Katalognummer: KH-78-07-197-DE-C
climate change
Broschüre, auf Englisch, Französisch, Deutsch,
Italienisch, Polnisch und Spanisch verfügbar
Eine Zusammenfassung über die
Bedrohung für unseren Planet durch
den Klimawandel und die dringende Notwendigkeit,
etwas dagegen zu tun. Die Broschüre beinhaltet kurze
Erläuterungen über Anpassung, intakte Ökosysteme, die
Auswirkungen der globalen Erwärmung, Bereiche, in denen
die EU handelt und erklärt, was Behörden tun können.
KH 81 08 184 DE C
EuropäischE
Kommission
umwelt-infoblatt
Ein Geschenk
für Mäxchen
EU action against climate change
Maßnahmen der EU
gegen den Klimawandel
Globale Maßnahmen
bis 2020 und darüber
hinaus
2008
Ausgabe
Ein Geschenk für Mäxchen
ISBN 978-92-79-08116-3
Katalognummer: KH-81-08-184-DE-C
Broschüre, auf Englisch und 19 anderen
Sprachen verfügbar
Eine Geschichte für Kinder, die
davon handelt, wie wichtig es
ist, Geschenke auszusuchen, die
nicht umweltschädlich sind, etwa
selbstgemachte Spielsachen aus
natürlichen Materialien.
Die EU handelt gegen den
Klimawandel – Globale Maßnahmen
bis 2020 und darüber hinaus
ISBN 978-92-79-09334-0
Katalognummer: KH-30-08-331-DE-C
Broschüre, auf Englisch, Französisch,
Deutsch, Italienisch, Polnisch und
Spanisch verfügbar
Diese aktualisierte Publikation enthält
eine Zusammenfassung des Klimaund Energiepakets 2008.
Falls nicht anders angegeben, sind die Veröffentlichungen
kostenlos vom EU-Bookshop unter bookshop.europa.eu
oder vom Informationszentrum erhältlich (BU-90/11), GD
Umwelt, Europäische Kommission, B-1049 Brüssel, Belgien.
UMWELT FÜR EUROPÄER  2008 NR. 32 
KH-AD-08-032-DE-C
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GESUNDHEIT IST TOPTHEMA
AUF DER AGENDA DER
WELTWASSERWOCHE 2008
Themen rund ums Wasser beherrschten die Diskussionen der diesjährigen Weltwasserwoche
vom 17. bis 23. August in Stockholm. Die Veranstaltung zählte rund 2 600 Teilnehmer aus
Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Es fanden über 100 Plenarsitzungen, Seminare, Workshops und Nebenveranstaltungen unter dem
Motto „Fortschritt und Perspektiven im Bereich
Wasser: Für eine saubere und gesunde Welt – mit
dem besonderen Schwerpunkt auf einer sanitären Grundversorgung“ (Progress and prospects on
water: For a clean and healthy world with special
focus on sanitation) statt.
Weltweit haben noch immer rund 2,6 Milliarden
Menschen keinen Zugang zu angemessenen
sanitären Anlagen. Dies führt zu großen sozialen und Umweltproblemen und erhöht die
Instabilität in ohnehin schon fragilen Regionen.
Ein Ziel der Weltwasserwoche besteht darin, zu
sensibilisieren und frühzeitig Maßnahmen anzuregen, um die Fülle der Probleme in Bezug auf
Wasser und Entwicklungspolitik sowie Planung
und Management anzupacken und Gesundheitsproblemen vorzubeugen.
Andere Kernthemen der Diskussion waren
Klimawandel, Finanzierung und Korruption,
Wasserressourcen-Management, Umwelt und
Ökosysteme sowie grenzüberschreitendes Wassermanagement. Darüber hinaus bot die Woche
Gelegenheit, die Gewinner verschiedener Preise
2008 zu ehren, etwa Professor John Anthony
Allan, der mit dem Stockholm Water Prize für
sein bahnbrechendes Konzept des „virtuellen
Wassers“ ausgezeichnet wurde. Diese öffentliche
Jahresveranstaltung begann 1991 als Stockholm
Water Symposium, seit 2005 wurde sie durch die
Weltwasserwoche ersetzt. 
MEHR DAZU
Weltwasserwoche in Stockholm
www.worldwaterweek.org
FANG DES BLAUFLOSSEN-THUNFISCHS EINGESCHRÄNKT
Angesichts aktueller Informationen über die
Aktivitäten der europäischen Fischereiflotte
beschloss die Europäische Kommission im
Juni, den Fang des Blausflossen-Thunfischs
mit Ringwadennetzen im Mittelmeer zu stoppen. Diese Notmaßnahme soll den Bestand
des Blauflossen-Thunfischs vor einem weiteren
Rückgang schützen und gleichzeitig kleinen
traditionellen Fischern erlauben, weiter ihrem
Fischereigewerbe nachzugehen.
Neben dem Fangverbot im Mittelmeer und
Ostatlantik galt die Einschränkung für Ringwadenfänger (Fischer, die Netze für den Fang von Fischen
benutzen, die knapp unter der Wasseroberfläche
leben) unter der Flagge Zyperns, Frankreichs,
Griechenlands, Italiens und Maltas ab dem 16.
Juni, für Ringwadenfänger unter spanischer Flagge
ab dem 23. Juni. Die Kommission erklärte, die
Ringwadenfangflotte der EU habe ihre Fangquoten
für 2008 bereits ausgeschöpft, da manche Schiffe
ihre Fänge nicht deklariert oder ihre Quoten überschritten hätten.
Es war nötig, den Fang früher als gewöhnlich
einzustellen, um zu verhindern, dass sich die
Überfischung des vergangenen Jahres wiederholt
und um den ohnehin schon geschwächten Bestand
des Blauflossen-Thunfischs nicht weiter zu gefährden. Nicht-industrielle Fangtechniken waren weiterhin erlaubt, da diese weniger Auswirkungen
auf den Bestand haben als die Fangmethoden mit
Ringwadennetzen. 
MEHR DAZU
Maßnahmen der der Kommission zur Erhaltung
des Fischbestands
ec.europa.eu/fisheries/cfp/management_
resources/conservation_measures_de.htm
SCHWIMMEN OHNE REUE
Im Juni 2008 hat die Europäische Kommission ihren aktuellen Jahresbericht über die Qualität der
Badegewässer in der EU veröffentlicht. Proben
der vorhergehenden Badesaison zeigten, dass die
große Mehrheit der europäischen Küstenbade-
© Europäische Kommission
■
© Europäische Kommission
kurzinfos
und Binnenbadegewässer (95 % bzw. 89 %) die EU
Normen erfüllt. Trotzdem fordert die Kommission
die Mitgliedstaaten auf, noch mehr gegen die
Umweltverschmutzung zu tun.
In der Badesaison 2007 wurden über 21 000
Badegebiete bewertet, in der Regel im April/
Mai und Oktober/November. Bei über 68 % der
untersuchten Badegewässer handelte sich um
Küstenbadegewässer, der Rest bezog sich auf
Flüsse und Seen. Der Bericht stellte gegenüber dem
Vorjahresbericht einen leichten Rückgang der Zahl
der Gewässer fest, die die EU-Grenzwerte erfüllen.
Bei der Bewertung werden physikalische, chemische und mikrobiologische Parameter berücksichtigt. Wie bereits in den Jahren davor festgestellt,
ist die mikrobiologische Verschmutzung durch
Abwasser oder Ableitungen aus der Landwirtschaft
der wichtigste Faktor, der die Badegewässerqualität
beeinträchtigt.
Im Jahr 2006 verabschiedete die EU eine neue
Richtlinie, die den Anwendungsbereich der vorhergehenden, auf das Jahr 1975 zurückgehenden
Gesetzgebung ausdehnte. Die neue Richtlinie hebt
insbesondere darauf ab, eine Übereinstimmung
mit der Wasserrahmenrichtlinie zu erzielen, die
Parameter und Überwachungsbestimmungen zu
aktualisieren und die Verbreitung von Informationen
über die Badegewässerqualität zu fördern. Die
Mitgliedstaaten haben bis 2015 Zeit, um die neue
Gesetzgebung umzusetzen.
Weitere Informationen über die Qualität von
Badegewässern bietet auch die Website „Eye on
Earth“, die die Europäische Umweltagentur (EUA)
und Microsoft im vergangenen Juli eingerichtet
haben. Die Website zeigt eine Landkarte mit bewerteten Badegebieten auf der Grundlage von EUA
Bewertungen und Nutzer-Bewertungen. Interaktive
Karten und Daten sind auch auf WISE verfügbar,
der gemeinsamen Website der Kommission und
der EUA. Also genügend Informationen, um getrost eine Runde schwimmen zu können und beim
Wasserschlucken nicht in Panik zu geraten! 
MEHR DAZU
Bericht der Kommission über Badegewässer
ec.europa.eu/environment/water/
water-bathing/report_2008.html
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