2008 Nr. 32 Umwelt für Europäer RSOND E BE: AUSGAE R ME Die Meere schützen und nutzen EUROPÄISCHE KOMMISSION Magazin der Generaldirek tion Umwelt editorial Magazin der Generaldirektion Umwelt Die kürzlich verabschiedete Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie will all diese Herausforderungen meistern. Ihr Hauptziel ist die Erreichung eines „guten Umweltzustands“ in allen Meeresgewässern Europas bis zum Jahr 2020, wobei es gleichzeitig gilt, gesunde, produktive, an biologischer Vielfalt reiche Gewässer und eine nachhaltige Nutzung von Meereserzeugnissen und -dienstleistungen sicherzustellen. Nun ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, einen integrierten Ansatz auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse anzunehmen und damit zu beginnen, die ernsthaftesten Probleme zuerst anzupacken. In dieser Ausgabe geht es auch um das Vorhaben der EU, ein Netz von Meeresschutzgebieten aufzubauen und Natura 2000 auf die Meeresumwelt auszudehnen. Ein weiterer Artikel befasst sich mit der Arktis als sich rasant entwickelnder Schauplatz für den Kampf um Ressourcen und als Ort, wo das schmelzende Eis die Auswirkungen der globalen Erwärmung deutlich macht. Ein anderer Artikel widmet sich dem Vorschlag der Kommission über ein Verbot des Handels mit Robbenprodukten in der Gemeinschaft. Der zweiseitige Artikel „Die Große Frage” erörtert das kontroverse, häufig emotionsgeladene Thema Tierversuche. Da die Kommission derzeit an der Aktualisierung einer zwanzig Jahre alten Richtlinie über den Schutz von Tieren zu Versuchs- und anderen Forschungszwecken arbeitet, erhalten Vertreter einer Tierschutzvereinigung und der Pharmaindustrie das Wort, um ihren Standpunkt darzulegen, wie Europa in Zukunft mit Tierversuchen zu verfahren hat. UMWELT ONLINE Möchten Sie wissen, was die Europäische Union für den Umweltschutz tut, was ein integriertes politisches Produkt ist, oder wie man sich für ein „Umweltsiegel” qualifiziert? Antworten auf diese Fragen und vieles mehr finden Sie auf der Website der GD Umwelt: ec.europa.eu/environment/index_de.htm HINWEIS Weder die Europäische Kommission noch Personen, die im Namen der Kommission handeln, sind für die etwaige Verwendung der in dieser Publikation enthaltenen Informationen oder für irgendwelche Fehler, die trotz sorgfältiger Vorbereitung und Prüfung auftreten können, verantwortlich. Gedruckt auf recyceltem Papier, ausgezeichnet mit dem europäischen Umweltsiegel für graphisches Papier (ec.europa.eu/environment/ecolabel) Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2008 ISSN 1563-4175 © Europäische Gemeinschaften, 2008 Die Reproduktion des Textes ist mit Quellenangabe gestattet. Die Reproduktion der Fotos (einschließlich der Abbildungen und Grafiken) ist nicht gestattet. Printed in Belgium UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 REDAKTIONELLE INFORMATIONEN Umwelt für Europäer, ein Magazin der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, erscheint alle drei Monate auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch, Polnisch und Griechisch und kann kostenlos abonniert werden. Füllen Sie dazu das Formular des Magazins aus oder abonnieren Sie online unter ec.europa.eu/environment/mailingregistration/main/mailing_reg.cfm Chef-Redakteur: Nicholas Hanley Koordinator: Jonathan Murphy Weitere Auskünfte erteilt das Referat Kommunikation: Fax: +32 (0)2 29-86327 Informationen und Dokumente: ec.europa.eu/environment/env-informa/ Die Website Umwelt für Europäer: ec.europa.eu/environment/news/efe/index_de.htm 2008 Nr. 32 Mehr denn je bedrohen menschliche Tätigkeiten die Ressourcen unserer wertvollen Meere. Kommerzielle Fischereizonen werden mit alarmierender Geschwindigkeit leergefischt, die Umweltverschmutzung ist nach wie vor ein Problem, und viele Arten der Meeresfauna und -flora kämpfen ums Überleben. Der Klimawandel hat auch die Ozeane im Griff, mit weltweit negativen Auswirkungen auf Wasserpegel, Strömungen und die biologische Vielfalt – und dies in einem weitaus rasanteren Tempo, als man sich je vorgestellt hätte. ec.europa.eu/environment/news/efe/index_de.htm Umwelt für Europäer RSONDE BE: AUSGA MEER Die Meere schützen und nutzen © Titelbild: Samot/Shutterstock INHALT NR. 32 03 Robbenjagd 04 Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie 06 Küstenmanagement 07 Die Arktis 08 DIE GROSSE FRAGE 10 Biodiversität 11 Natura 2000 12 LIFE 13 Ozonschicht 14 Abfallbehandlung 15 16 Terminplan // Neue Veröffentlichungen Kurzinfos Mehr Tierschutz Die Meere schützen und nutzen Integriertes Konzept in Sicht Auf dem Weg zu einer internationalen Politik Nach möglichen Alternativen suchen Neue Ziele festlegen, eine politische Plattform schaffen Ein Netz für die Meeresumwelt aufbauen Populationsforschung dehnt Natura 2000 auf die Ozeane aus Ozon – Herausforderungen jetzt angehen Es ist höchste Zeit, sich von der Wegwerfgesellschaft zu verabschieden • Gesundheit ist Topthema auf der Agenda der Weltwasserwoche 2008 • Fang des Blauflossen-Thunfischs eingeschränkt • Schwimmen ohne Reue Robbenjagd 03 Mehr Tierschutz Weltweit werden jährlich 900 000 Robben gejagt. In Sorge um Tierschutzaspekte der Robbenjagd hat die Europäische Kommission ein Verbot über den Handel mit Robbenprodukten verhängt, die in die Europäische Union eingeführt bzw. ausgeführt werden oder sie passieren. Nur Länder, die nachweisen können, dass ihre Erzeugnisse bestimmte Bedingungen in Bezug auf Tötungs- und Häutungsmethoden erfüllen, dürfen mit Robbenprodukten Handel treiben. © DG ENV Jagdmethoden > Die kommerzielle Robbenjagd findet weltweit im Wesentlichen in acht Ländern statt: 60 % in Kanada, Grönland und Namibia. In der EU werden Robben in Finnland, Schweden und dem Vereinigten Königreich (Schottland) gejagt. Robbenprodukte in der EU stammen indes mehrheitlich von Drittländern. Schätzungsweise ein Drittel des weltweiten Handels mit Robbenprodukten passiert die EU oder findet dort ihren Endbestimmungsort. In den 80er Jahren führte die Besorgnis über den Rückgang mancher Robbenpopulationen – namentlich Sattelrobben und Klappmützen – infolge nicht-traditioneller Jagdmethoden zur Einführung von EU-Gesetzen zum Schutz der Robben. 1983 verabschiedete die EU eine Richtlinie über das Verbot der kommerziellen Einfuhr von Fellen von Jungtieren der Klappmützen und Sattelrobben in EU-Länder und Produkten aus diesen. Innerhalb der EU sind alle Robbenarten gemäß der Habitat-Richtlinie von 1992 geschützt, deren Gesamtziel darin besteht, eine günstige Bestandsgröße von Robbenarten aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Die Richtlinie umfasst außerdem ein Verbot bestimmter Fang- und Tötungsmethoden. Angst um den Tierschutz Robbenpopulationen, die kommerziell gejagt werden, gelten in der Regel nicht als bedrohte Arten. In den letzten Jahren machen sich mehrere EU-Institutionen und die allgemeine Öffentlichkeit allerdings ernsthaft Sorgen um Tierschutzaspekte bei der Robbenjagd. Im September 2006 sprach der Europarat eine Empfehlung für ein Verbot für die Gesamtheit grausamer Jagdmethoden und die Tötung von Robben mit bestimmten Instrumenten aus. Das Europäische Parlament ersuchte die Europäische Kommission, einen Entwurf für eine Verordnung über den Import, Export und Verkauf aller Produkte von Klappmützen und Sattelrobben vorzulegen, das die traditionelle Jagd der Inuit jedoch nicht beeinträchtigen sollte. Die Kommission führte eine objektive und gründliche Untersuchung der Tierschutzaspekte der Robbenjagd durch, insbesondere der Methoden in Kanada, Finnland, Grönland, Namibia, Norwegen, Russland, Schweden und dem Vereinigten Königreich (Schottland). Die Untersuchung prüfte Vorschriften und Methoden zur Regelung der Robbenjagd und identifizierte bewährte Verfahrensweisen und Methoden auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die Bewertung ergab, dass die Bewirtschaftungsmethoden in puncto Robbenjagd erheblich voneinander abweichen und alle Systeme verbesserungswürdig sind. Einige der untersuchten Länder haben umfassende Bewirtschaftungssysteme verabschiedet und eingeführt, um den Konflikt zwischen der Herstellung von Robbenprodukten und Tierschutz zu vermindern. Andere kümmern sich weniger um Tierschutz und verfügen über weniger entwickelte Bewirtschaftungssysteme. Nach dem wissenschaftlichen Gutachten der EFSA gibt es eine Reihe von schnellen und wirksamen Methoden, die Robben ohne unnötige Schmerzen, Qualen oder Leiden töten. Fakt ist leider, dass dies in der Praxis nicht immer berücksichtigt wird und die Tiere zuweilen mit Methoden getötet und gehäutet werden, die Schmerzen, Qualen und Leiden verursachen, die vermieden werden könnten. Das vorgeschlagene Verbot der Kommission über den Handel mit Robbenprodukten würde den Binnenmarkt harmonisieren, denn zurzeit herrschen in einigen EU-Ländern noch immer unterschiedliche Verbotsgrade, und auch die Umsetzung der Verbote ist unterschiedlich. Wenn das Verbot vom Parlament und vom Rat angenommen wird, wäre der Handel mit Robbenprodukten nur dann erlaubt, wenn die Nationen, die Robbenjagd betreiben, garantieren können, dass bei der Jagd hohe Tierschutzstandards angewandt werden und sie dafür Sorge tragen, dass die Tiere nicht unnötig leiden. MEHR DAZU GD Umwelt – Homepage über Robben ec.europa.eu/environment/biodiversity/animal_welfare/seals/ seal_hunting.htm Stellungnahme der EFSA zur Robbenjagd www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753812_ 1178671319178.htm UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 04 Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie Die Meere schützen und nutzen © Europäische Kommission Eine ehrgeizige Strategie soll darauf abzielen, die Herausforderung des Schutzes unserer Meere zu bewältigen. Im Rahmen der neuen Meeresstrategie-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten ehrgeizige Meeresstrategien zu entwerfen, die alle Bereiche von Habitatzerstörung und Überfischung bis hin zu einer nachhaltigen Nutzung von Meeresprodukten und -dienstleistungen umfassen. Ziel ist es, bis 2020 einen guten Umweltzustand zu erreichen. Die Strategie fordert einen managementbasierten Ansatz, der die Interdependenz der verschiedenen Problemstellungen berücksichtigt und auf soliden wissenschaftlichen Prüfungen und Analysen beruht. Die dringlichsten Probleme müssen zuerst angegangen werden. Umweltaktionsplans erklärt. Sechs Jahre später, im Juni 2008, verabschiedete die EU nach langwierigen Konsultationen mit allen Mitgliedstaaten und Stakeholdern schließlich ihre ehrgeizige Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, die als Umweltsäule der integrierten Meerespolitik der Gemeinschaft konzipiert ist. > Nur wenige natürliche Ressourcen sind so kostbar wie unsere Meere. Sie regulieren unser Klima, speichern und verteilen die Energie der Sonne, absorbieren Kohlendioxid. Sie sind Heimat für sage und schreibe 90 % der auf der Welt lebenden Organismen, und sie tragen wesentlich zu unserem wirtschaftlichen und sozialen Wohlergehen bei, sie liefern uns Fisch, bieten uns Verkehrs- und Transportwege und Energiereserven. Doch die Meeresumwelt wurde jahrzehntelang zerstört. Alle uns umgebenden Meere sind vom Verlust der biologischen Vielfalt, von Umweltverschmutzung und Überfischung betroffen. Noch nie waren die kommerziellen Fischbestände so niedrig wie heute. Die Hauptursache für diese Entwicklung ist natürlich die menschliche Tätigkeit –Landwirtschaft, Industrie, Tourismus, Fischerei und Transportwesen. Experten fürchten, dass der Klimawandel diese Folgen zusehends verschärfen und lang bestehende Wasserstände und Säuregehalte, Meeresströmungen und Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen wird. Trotz der großen Zahl internationaler Übereinkommen ist die gegenwärtige Bewirtschaftung der Meeresressourcen sowohl auf europäischer als auch internationaler Ebene unangemessen. Europa ist Partner vieler Übereinkommen, etwa Partner des Übereinkommens über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (HELCOM), des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (OSPAR) und des Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstenregion des Mittelmeeres (Übereinkommen von Barcelona). Wenngleich solche Vereinbarungen dazu dienen, den Schutz der Meere zu fördern, indem Ressourcen mobilisiert, Daten zusammengetragen und gemeinsame Maßnahmen und Bewertungen vereinfacht werden, weiß die Kommission seit langem, dass eine integriertere Um- und Durchsetzung der Gesetze und Vorschriften notwendig ist. EU-Meerespolitik Im Jahre 2002 wurde der Meeresschutz zu einer der sieben thematischen Strategien im Rahmen des 6. UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 Diese neue Richtlinie zielt auf den Schutz der Meere und Ozeane Europas ab und will sicherstellen, dass menschliche Tätigkeiten im Dienste der Nachhaltigkeit ausgeübt werden. Obwohl die Richtlinie keine spezifischen Schutzmaßnahmen festlegt, fordert sie die Mitgliedstaaten auf, Meeresstrategien zu entwerfen, um den Zustand der Meeresökosysteme zu verbessern. Ziel ist es, zu gewährleisten dass die Meeresgewässer bis 2020 sauber, gesund, produktiv und reich an ökologischer Vielfalt sind und künftigen Generationen eine nachhaltige Nutzung erlauben. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diesen Forderungen der Meeresstrategie schrittweise nachzukommen. Probleme und Fragen müssen in ihrem lokalen Zusammenhang untersucht, regionale Meeresabkommen respektiert werden. Der Prozess beginnt mit einer Vorbereitungsphase, die am 15. Juli 2012 abgeschlossen sein und eine erste Bewertung liefern soll. Diese wird als Grundlage dienen, um zu definieren, was unter einem „guten Umweltzustand“ bezogen auf eine bestimmte Meeresregion zu verstehen ist, und um Umweltziele und -indikatoren festzulegen, wie z. B. der Druck, der von einem bestimmten Sektor auf ein bestimmtes Meeressystem ausgeübt wird. Nationale Strategien Bis Juli 2016 müssen die Mitgliedstaaten aktive Maßnahmen zur Umsetzung ihrer Meeresstrategien vorbereitet haben. Die Kommission validiert und prüft diese Maßnahmen, d.h. sie untersucht, ob sie für die Ziele der Erreichung eines „guten Umweltzustands“ entsprechend geeignet sind. Alle sechs Jahre werden auch die strategischen Aspekte geprüft werden. Viele der Meeresumweltprobleme bestehen seit langem. Häufig sind die Reaktionen von Meeressystemen auf sich verändernde Einflüsse zeitlich verschoben. So kann es vorkommen, dass ein geschädigtes Meeresökosystem sich erst nach 12 Jahren wieder erholt hat. Die Richtlinie sieht Ausnahmen für solche Fälle vor. Ziel ist es, auf bestehenden regionalen Übereinkommen aufzubauen und diese als Plattform zu nutzen, um Maßnahmen in den verschiedenen Regionen durchzuführen. Meeresprobleme werden nicht länger getrennt voneinander als Einzelprobleme behandelt. Es findet ein Kurswechsel statt zu einer integrierten, proaktiven Politik, die sich der Meeresumwelt als Ganzes annimmt. eature f Rahmenrichtlinie zur Meeresstrategie 05 MEILENSTEINE DER RAHMENRICHTLINIE ZUR MEERESSTRATEGIE Juli 2008: Inkrafttreten Juli 2012: • Beschreibung/Bewertung des aktuellen Umweltzustands • Bestimmung eines guten Umweltzustands • Aufstellung von Umweltzielen Juli 2014: Überwachungsprogramme Bis 2015: Maßnahmenprogramm zum Erreichen eines guten Umweltzustands Bis 2016: Maßnahmenprogramm wird umgesetzt © Europäische Kommission © Guillaume Dubé/iStockphoto Bis 2020: guter Umweltzustand erreicht ➜ Ökosystem-Ansatz Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie folgt einem innovativen Ökosystem-Ansatz, wonach die Länder alle Einflüsse und Auswirkungen auf ein Ökosystem sowie alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse prüfen müssen, bevor sie Prioritäten und Zielsetzungen formulieren. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb das ganze Ökosystem betrachten und die wichtigsten und ernsthaftesten Probleme zuerst anpacken. Sie müssen ebenfalls zusammen entscheiden, was man unter „guten Umweltzustand“ versteht. Auch die Fischerei Ziel ist es, zu gewährleisten, dass die Meeresgewässer bis 2020 sauber, gesund, produktiv und reich an ökologischer Vielfalt sind “ ” Entsprechend der jüngsten Forderung der Kommission nach einem sektorübergreifenden Ökosystem-Ansatz für die Meerespolitik dürfte diese Richtlinie für eine raschere Einbeziehung von Umweltaspekten in die Fischereipolitik sorgen. Entscheidungsträger der Fischereiindustrie werden nun Umweltanforderungen Rechnung tragen müssen, und im Gegenzug werden Umweltmanager Einflüsse und Auswirkungen der Fischerei auf der Umwelt berücksichtigen müssen. Die Mitgliedstaaten müssen Mechanismen schaffen, die eine Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglicht – ein Prozess, der von der Kommission überwacht werden muss. Alle Umweltziele werden auf dem beruhen, was Wissenschaftler als „guten Umweltzustand“ definieren. In dem neuen disziplinenübergreifenden Ökosystem-Ansatz wird auch der Wert der Meereserzeugnisse und Dienstleistungen zu berücksichtigen sein. Eine aktuelle Mitteilung der Kommission über eine europäische Strategie für die Meeresforschung und maritime Forschung beschreibt, wie geförderte Forschung zur Bewältigung der meeresbezogenen und maritimen Herausforderungen der Zukunft beitragen wird. Entscheidend wird hier der Einfluss von europäischen Flaggschiff-Forschungsprojekten und Netzwerken sein, etwa HERMES, das sich mit so genannten „Hotspot“-Ökosystemen der europäischen Meere befasst, das MarBEF-Projekt für biologische Vielfalt sowie verschiedene LIFE-Projekte. Politiker MEHR DAZU Meeresstrategie ec.europa.eu/environment/water/marine/index_en.htm Meerespolitik ec.europa.eu/maritimeaffairs/ LIFE ec.europa.eu/environment/life/index.htm Life über Küsten, Meere und Fischereiindustrie ec.europa.eu/environment/life/themes/seas/index.htm ec.europa.eu/environment/life/publications/lifepublications/lifefocus/documents/ marine_lr.pdf Projekt HERMES (Hotspot Ecosystems Research on the Margins of European Seas) www.eu-hermes-.net MarBEF (Marine Biodiversity and Ecosystem Functioning)-Netz www.marbef.org werden sich dann ein umfassendes Bild der Umwelt machen und sachkundigere Entscheidungen treffen können. Außerdem fordert die Richtlinie besondere Schutzmaßahmen zur Schaffung kohärenter und repräsentativer Netze von Meeresschutzgebieten. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, ihre Strategie auf spezifische Ökosysteme abzustimmen und spezifische Maßnahmen in einer Region zu ergreifen – und zwar auf die Habitate und Spezies aufbauend oder darüber hinausgehend, die gemäß der Habitat und Vogelrichtlinie für das Natura-2000-Netz festgelegt wurden. Nach langjähriger Planung wurde die MeeresstrategieRahmenrichtlinie fertig gestellt und ist nun in Kraft. Der Schwerpunkt verlagert sich nun auf die Errichtung von Plattformen für den Informationsaustausch und den Entwurf von speziellen Leitlinien über einen guten Umweltzustand – diese sollen bis 2010 erstellt sein. UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 06 Küstenmanagement Integriertes Konzept in Sicht > Die EU hat über 100.000 Kilometer Küste, vom OstseeEis vor Finnland bis zu den sonnigen Stränden Zyperns. Die Küsten bieten Lebensräume verschiedenster Art, von Marschland und Wäldern zu Sandstränden und Kalkfelsen. Sie sind die Grundlage für die reiche biologische Vielfalt und spielen eine wichtige Rolle für die Wirtschaft und Fremdenverkehrsindustrie in der Gemeinschaft. Doch seit Jahren ist ein Rückgang der fragilen Küstenstreifen zu beobachten. Rund ein Fünftel unserer Küstenlinie ist aufgrund steigender Meerwasserspiegel und zunehmend häufiger Stürme ernsthaft von Erosion bedroht – Probleme, die sich im Zuge des Klimawandels zusehends verschärfen werden. Andere Bedrohungen gehen von Ölteppichen, Algenblüten und Überschwemmungen aus, also Phänomenen, die häufig in Zusammenhang mit menschlichen Tätigkeiten in den Küstenregionen stehen, wie z. B. intensive Landwirtschaft und Industrieentwicklung. ICZM-Strategien „Ziel ist es, einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten zu geben und den Druck deutlich zu machen, der auf den Küsten als schmale Schnittstelle zwischen Land und Meer lastet ” Das zunehmende Bewusstsein über die Umweltzerstörung der Küsten veranlasste die EU, ein Demonstrationsprojekt zum integrierten Küstenzonenmanagement (Integrated Coastal Zone Management, ICZM) für den Zeitraum von 1996 bis 1999 ins Leben zu rufen. Im Zuge dieses Programms wurden die Mitgliedstaaten gebeten, nationale Strategien zu entwerfen, um Widersprüche in ihren Küstenpolitiken auszuräumen. Solche Politiken müssen Antworten sowohl auf Naturphänomene, die die Küsten beeinflussen, als auch auf die Auswirkungen menschlicher Tätigkeit bereithalten. In ihrer Mitteilung über die Bewertung der ICZM in Europa betonte die Kommission im Juni 2007 den Nutzen eines integrierten Ansatzes. Gleichzeitig räumte sie jedoch auch ein, dass die für Planung, Bewirtschaftung und Nutzung der europäischen Küsten zuständigen Behörden noch Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Politiken benötigen. Diese Unterstützung wird bald in Form neuer Fördermittel für die Küstenbewirtschaftung vom Europäischen Parlament bereitgestellt. Die Unterstützung wird auf der bereits umfassenden europäischen Küstenforschung aufbauen und, wenngleich der Schwerpunkt auf der Ostsee liegt, dazu dienen, bewährte Verfahrensweisen und Erfahrungen in der ganzen Gemeinschaft zu verbreiten. Plattform für integrierte Bewirtschaftung Die neuen Fördermittel des Parlaments fließen auch in die Finanzierung einer Website und einer Datendank der GD Umwelt. Die Datenbank ist Teil eines 1 Millionen-Euro Vertrags zur Förderung des Austauschs von Erfahrungen UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 © Jan Kranendonk/Shutterstock Jahrzehnte europäischer Forschung, Expertise und Politik im Bereich der Küstenbewirtschaftung werden in Kürze auf einer neuen Website der Kommission und ab 2009 in einer interaktiven Datenbank verfügbar sein. Ziel ist es, einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten zu geben und den Druck deutlich zu machen, der auf den Küsten als schmale Schnittstelle zwischen Land und Meer lastet. Die Datendank wird den 22 EU Mitgliedstaaten helfen, die Küsten haben, nationale Strategien für die Bewirtschaftung ihrer Küstenregionen zu entwerfen. und bewährter Verfahrensweisen. Die Website soll circa 350 Küsten-Fallstudien plus Zusammenfassungen der stark unterschiedlichen Politiken, Gesetze und Praktiken in der EU umfassen. Außerdem wird sie Hinweise geben, welche Instrumente unter welchen Bedingungen am effizientesten sind. Entscheidungsträger und Politiker auf allen Ebenen werden diese Instrumente nutzen können, wenn sie darüber entscheiden müssen, welche Lösung für ihre Situation die beste ist. Denn die Instrumente sind speziell gestaltet, um der Vielfalt der Herausforderungen rund um die Küsten Europas gerecht zu werden. Website und Datenbank werden nach Themen untergliedert sein, und zunächst die Rubriken Klimawandel und Risikoanpassung, institutionelle Koordinationsmechanismen, Information und Kommunikation sowie Planungs- und LandmanagementInstrumente umfassen. Eine verstärkt integrierte Küstenbewirtschaftung – die notwendig ist – passt sehr gut zu der neuen integrierten EU Meerespolitik, die auf Nachhaltigkeit, die gemeinsame öffentliche Nutzung von Informationen und eine solide Wissensgrundlage für Planung und Management ausgerichtet ist. Darüber hinaus stellt die neue EU Kohäsionspolitik 2007 bis 2013 ebenfalls neue Fördermittel in beachtlicher Höhe für weitere Maßnahmen im Küstenbereich zur Verfügung. MEHR DAZU Website der Kommission über Küstenpolitik der Gemeinschaft ec.europa.eu/environment/iczm/home.htm#zone2 Integrierte Küstenbewirtschaftung (ICZM) ec.europa.eu/environment/iczm/ Das neue Projekt der Kommission für Küstenbewirtschaftung ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:146912-2008:TEXT:EN:HTML 07 Auf dem Weg zu einer internationalen Politik Die einzigartige, bereits fragile Umwelt der Arktis rückt zunehmend ins Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit – nicht nur wegen ihres Ressourcenreichtums. Die Arktis ist in Gefahr: Umweltverschmutzung, nicht-nachhaltige Entwicklung und insbesondere Klimawandel mit brüchigem Packeis und schmelzender Schneedecke sind die Vorboten. Ein neuer EU-Bericht bewertet die Interessen der Gemeinschaft in der Region und skizziert die ersten Punkte einer EU Arktis-Politik. © XXXX © Kerry Banazek/Shutterstock Die Arktis ARKTISSCHMELZE Die Statistiken sind alarmierend. Seit den 50er Jahren ist das Meereis um die Hälfte zurückgegangen, und dieses Jahr näherte es sich stark dem historischen Minimum von 4,28 Quadratkilometern von 2007 an. In der nördlichen Polarregion ist die Schneedecke in den letzten 30 Jahren alle 10 Jahre um 10 % geschmolzen, und der Permafrostboden könnte bis 2050 um mehr als ein Drittel zurückgehen. Diese Zahlen und die von Jahr zu Jahr schwindende Eismasse Grönlands sind eindeutige Zeichen für die globale Erwärmung in dieser Region. Einige Vorteile, viele Nachteile Durch das schwindende Packeis entsteht eine neue Nordwest-Passage, die erstmals im Sommer 2007 wahrgenommen wurde und einmal zur Transportroute zwischen Asien und Europa werden könnte. Die Entwicklung könnte auch den lokalen Tourismus fördern und Fischereiflotten sowie Gas und Ölförderunternehmen das Leben leichter machen. Doch schon wächst die Besorgnis über die nichtnachhaltige Natur dieser Aktivitäten in der Arktis und über die Umweltfolgen im Kampf um die Ressourcen. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind bereits spürbar. Sie bringen Jagd-, Reise- und Handelmuster der einheimischen Bevölkerung aus dem Gleichgewicht und beeinträchtigen den Lebensraum von hunderten Arten einheimischer Flora und Fauna. Auch der Eisbär, das Symbol der Arktis, ist davon betroffen. Wandertierarten aus Europa – wie Vögel, Wale und wertvolle Handelsfische – laufen ebenfalls Gefahr, ihre traditionellen Sommerrast sowie Nist- und Laichplätze in Teilen der Arktis zu verlieren. ➜ Ein Rekordhoch bei den Temperaturen und wärmere Meeresströmungen sind die Ursache für ein rasantes Abschmelzen der Eis- und Schneedecke der Arktis. ➜ Die Region ist von Klimawandel, Umweltverschmutzung und dem Verlust der biologischen Vielfalt bedroht. ➜ Die EU hat ein großes Interesse an der Arktis-Region, die zum Teil EU Gebiet ist, und möchte dort eine wichtigere Rolle spielen. verändernde Meeresströmungen und der Anstieg der durch die Permafrostschmelze freigesetzten Treibhausgase CO2 und Methan. Der Bericht wird Sicherheiten für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der Region fordern und darauf hinwirken, dass Regierungsinstitutionen wie der Arktische Rat gestärkt und respektiert werden. Außerdem wird er ein eigenes Ökosystem-Management und zusätzliche strenge Umweltschutzmaßnahmen empfehlen. Im Rahmen der Gestaltung der Meerespolitik der Gemeinschaft, einschließlich der neuen MeeresstrategieRichtlinie, bietet der Bericht eine Plattform für eine Debatte über die künftige EU-Arktis-Strategie. Seine Veröffentlichung fällt mit dem Internationalen Polarjahr 2007-2008 zusammen und wird den Ergebnissen von zwei aktuellen Treffen Rechnung tragen: die Konferenz über die Gemeinsame Sorge um die Arktis („Common Concern for the Arctic“) in Grönland und die Ministerkonferenz in Monaco unter französischer EU-Ratspräsidentschaft, in deren Mittelpunkt eine bessere Koordinierung der nationalen und internationalen Überwachung der Arktis und von Beobachtungsnetzwerken stand. Zeit des Nachdenkens Ein neuer Bewertungsbericht der Europäischen Kommission über Fragen der Arktis-Strategie, der im November veröffentlicht werden soll, kommt zu dem Schluss, dass die Folgen des Klimawandels in der Region als Frühwarnsignale möglicher globaler Auswirkungen angesehen werden können. Der Bericht betont die Notwendigkeit weiterer Beobachtung und Überwachung, um Schlüsselphänomene besser verstehen zu lernen, etwa das Arktis-Klima-Feedback (Artic climate feedback, d. h. anstelle von reflektierendem Meereis ist dunkles Meer, das die Sonnenhitze absorbiert und damit die Erwärmung beschleunigt), die Exposition riesiger Vegetationsflächen und kahler Böden, sich MEHR DAZU Homepage der Kommission über den Klimawandel ec.europa.eu/environment/climat/home_en.htm EU-Forschung über den Klimawandel in der Arktis ec.europa.eu/research/environment/newsanddoc/article_ 2993_en.htm Konferenz „Common Concern for the Arctic“: www.norden.org/Conference.Arctic2008/ UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 08 DIE GROSSE FRAGE TIERVERSUCHE DIE GROSSE FRAGE Nach möglichen Alternativen Tierversuche in der Forschung sind ein hoch brisantes Thema. Viele lebensrettende Medikamente gäbe es ohne Tierversuche nicht. Während die Europäische Kommission auf strengere Gesetze in diesem Bereich hinarbeitet, fordern Tierschutzverbände einen kompletten Richtungswechsel hin zu alternativen Methoden, und die Industrie plädiert weiterhin für kontrollierte Tierversuche, bis geeignete Alternativen verfügbar sind. DER STANDPUNKT DER INDUSTRIE Für rund zwei Drittel aller bekannten Krankheiten gibt es “ immer keine wirksame Behandlungsmethode. Trotz noch der Erfolge und des stets größeren Fortschritts der modernen Medizinforschung entstehen jedes Jahr weltweit neue Krankheiten. Entgegen der landläufigen Meinung beginnt die Entwicklung eines neuen Arzneimittels oder einer Behandlung nicht mit Tierversuchen, sie repräsentieren nur circa 10 % des F&EVerfahrens. Tierversuche werden nur dann durchgeführt, wenn es notwendig ist, eine spezifische wissenschaftliche Frage zu beantworten, die auf anderem Wege nicht beantwortet werden kann. Innovative Ansätze auf der Grundlage von Computer-Modelling, Zell- oder Gewebekulturen können einige Untersuchungen an Tieren ersetzen. Dank nicht-invasiver Verfahren wie Magnetresonanz, PET Scans und Voruntersuchungen mittels hochempfindlicher Computer-Screenings sinkt die Zahl der für Versuchszwecke benötigten Tiere. Wissenschaftlicher und technischer Fortschritt führen zu einer immer größeren Auswahl von 3 R-Methoden. Heutzutage ist die Wirkung einer neuen Verbindung in einer Zelle relativ einfach zu erforschen, ihre Wirkungsweise im gesamten Körper sieht jedoch ganz anders aus. Wenn Körpersysteme zusammenarbeiten, schaffen sie neue Bedingungen, die in der Zellkultur nicht existieren und auf einem Computer nicht vollständig nachgebildet werden können. Die – erwünschten wie auch die unerwünschten – Wirkungen eines Medikaments werden letztendlich davon abhängen, was passiert, wenn ein Medikament mit allen Systemen des Körpers interagiert. Ganzheitstests bei lebenden Organismen vor dem Testen beim Menschen sind deshalb von ganz entscheidender Bedeutung. Dies ist der Grund, warum ein Verzicht auf Tierversuche in der biomedizinischen Forschung gegenwärtig nicht in Sicht ist. Unser Verständnis von der Biomedizin weist nach wie vor große Lücken auf. Dieses Nichtwissen setzt dem Nutzen alternativer Methoden Grenzen. Kein Computer ist derzeit in der Lage, die gesamten Gehirntätigkeiten zu simulieren, geschweige denn die Interaktion zwischen Herz, Leber und Niere. Jeder, der in der medizinischen Forschung arbeitet, freut sich auf den Tag, an dem wir dank einer neuen Erkenntnis auf Tierversuche verzichten können. Bis dahin werden – wenn die Gesellschaft von uns erwartet, dass wir Behandlungen und Medikamente für neue und alte Krankheiten bereitstellen – sinnvoll kontrollierte Tierversuche in geringem Maße nach wie vor notwendig sein. Die Arzneimittelindustrie hofft, dass die anstehende Änderung der Richtlinie 86/609/EWG dieser Realität Rechnung trägt und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Wohlbefinden und der Gesundheit der Tiere und der Forschung schafft. Außerdem muss unnötiger Verwaltungsaufwand abgebaut werden, der nicht durch Tierschutzaspekte gerechtfertigt ist. ” UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 Brian Ager Generaldirektor der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA, Europäischer Verband der Arzneimittelhersteller) Jährlich werden EU weit rund 12 Millionen Tiere für Tierversuche benutzt. Tierversuche werden an Insekten, Fischen, Vögeln, Reptilien und Säugetieren vorgenommen. Über drei Viertel der Versuchstiere sind Nager und Hasen. Kaltblütler – wie Reptilien und Amphibien – und Vögel bilden mit 15 % bzw. 5 % die zweit- und drittgrößte Gruppe. Tierversuche werden aus wissenschaftlichen Gründen durchgeführt. Dazu gehören die Entwicklung neuer Arzneimittel und Behandlungen sowie Sicherheits- und Wirkungstests von Impfstoffen und Medikamenten für medizinische Diagnosen, die von lebensbedrohlichen Krankheiten bis hin zu Nervenerkrankungen reichen. Tierversuche werden außerdem durchgeführt, um Chemikalien, Nahrungsmittelzusätze, Pestizide und andere Stoffe auf ihre Gefahr für Mensch und Umwelt zu testen. Die Europäische Kommission beabsichtigt, die aktuelle Tierversuchsgesetzgebung in der EU zu verschärfen und hat umfangreiche Konsultationen im Hinblick auf eine Aktualisierung ihrer wichtigsten Rechtsvorschrift in diesem Bereich, der Richtlinie 86/609/EWG zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, durchgeführt. Die breite Öffentlichkeit und Experten wurden gebeten, ihre Meinungen und Ansichten zu verschiedenen Änderungsmöglichkeiten der gegenwärtigen Richtlinie zu äußern, welche dann in den Entwurf des Vorschlags eingeflossen sind. Nach Auffassung der Kommission wird die Änderung der Richtlinie einerseits die Behandlung von Millionen von Versuchstieren EU-weit verbessern und andererseits die europäische Forschung und das gegenwärtige hohe Gesundheits und Umweltschutzniveau der europäischen Bürger fördern. Humane Behandlung Die Kommission erkennt die Abschaffung aller Tierversuche in Sicherheitstests und biomedizinischer Forschung zwar als erklärtes Ziel an, räumt aber auch ein, dass dies gegenwärtig nicht realisierbar ist. Viele Wissenschaftler erklären, sie müssten immer noch viel lernen, beispielsweise über die Toxizität bei Mensch und Tier. Ein Kernelement der Richtlinienänderung besteht darin sicherzustellen, dass zu Versuchszwecken verwendete Tiere eine geeignete Pflege und humane Behandlung erfahren. Dies umfasst Mindestauflagen für eine geeignete Tierhaltung und -pflege sowie eine ethische Bewertung von Projekten, in denen Tiere verwendet werden. Die EU hat sich verpflichtet, jeden Schmerz, jedes Leiden, jede Qual oder jeglichen Schaden, der Tieren in Tierversuchen widerfahren kann, weitestgehend zu vermindern. Dieser Grundsatz DIE GROSSE FRAGE 09 suchen DER STANDPUNKT DER NRO ZUM SCHUTZ UND WOHLBEFINDEN DER TIERE „Alternativen zu Tierversuchen zu entwickeln, ist ist im Aktionsplan 2006 der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren sowie in der Gemeinsamen Erklärung zum Wohlbefinden der Tiere in der EU verankert, die von der EU, dem Europarat und der Weltorganisation für Tiergesundheit unterzeichnet wurden. Sonja Van Tichelen Direktorin, Eurogroup for Animals Des Weiteren möchte die Kommission die Gemeinschaftsforschung und die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich fördern und darauf hinwirken, Ressourcen in Forschungsprogramme und Einrichtungen zu lenken, die Alternativen zu Tierversuchen entwickeln. Die Kommission erkennt die Abschaffung aller “Tierversuche in Sicherheitstests und biomedizinischer Forschung zwar als erklärtes Ziel an, räumt aber auch ein, dass dies gegenwärtig nicht realisierbar ist” Für Forschung und Sicherheitstests gibt es bereits eine Reihe von Alternativen, etwa in-vitro (nicht-Tier)-Methoden sowie Computer und Bildgebungstechnologien. Forscher an europäischen Institutionen wie dem European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM, Zentrum für die Validierung und Entwicklung von Alternativmethoden) haben bereits große Fortschritte bei der Entwicklung und Validierung von Alternativmethoden erzielt, doch diese ergeben noch kein vollständiges Bild. Daher wird es auch in absehbarer Zukunft noch Tierversuche geben. Unterdessen wird das als „3 R“ bekannte Prinzip – Replacement (alternative nicht-tierbasierte Methoden, wo möglich), Reduction (weniger Tiere verwenden) und Refinement (weniger schmerzhafte Methoden anwenden) – einen zentralen Platz in dem neuen Vorschlag einnehmen. MEHR DAZU GD Umwelt ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/home_en.htm European Partnership for Alternative Approaches to Animal Testing (EPAA) / Europäische Partnerschaft für die Förderung von Alternativkonzepten zu Tierversuchen ec.europa.eu/enterprise/epaa/index_en.htm European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM) ecvam.jrc.it/index.htm European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) / Europäischer Verband der Arzneimittelhersteller www.efpia.org Eurogroup for Animals www.eurogroupforanimals.org heutzutage wichtiger denn je, da wir damit rechnen müssen, dass die Zahl von Tieren für Tierversuche in der EU steigen wird. Im Zuge der Auswirkungen von REACH, der neuen Chemikalien-Gesetzgebung der EU, könnten zusätzliche 10 Millionen Tiere für Versuchzwecke verwendet werden. Im Rahmen von REACH werden rund 30 000 in der EU hergestellte oder importierte chemische Stoffe registriert – ein Prozess, der auch Tierversuche umfasst. Dieser Anstieg ist ein Grund, warum die EU die Anwendung und Entwicklung von Alternativen in REACH fördert. Mit gesundem Menschenverstand lässt sich die Zahl der Tierversuche erheblich verringern. Forscher können Daten gemeinsam nutzen und so doppeltes Testen vermeiden. Und auch Unternehmen sollten zuerst intelligente Testverfahren – zum Beispiel einen einfachen chemischen Test, mit dem sich bestimmen lässt, ob eine Substanz gesundheitsgefährdend ist – wählen, bevor sie Tierversuche durchführen. Die geplante Änderung der Richtlinie 86/609/EWG zu Tierversuchen ist eine Gelegenheit, um die Gesetze zu stärken und das Leiden der Tiere zu vermindern. Angesichts der Tatsache, dass die derzeitigen Gesetze seit 1986 nicht geändert wurden, sind neue Bestimmungen über die Verwendung von Tieren in der Forschung dringend geboten. Zwar ist der Bedarf an Tierversuchen dank wissenschaftlicher Entwicklungen seitdem zurückgegangen, doch Forschungsergebnisse haben auch gezeigt, dass Tiere ein viel größeres Schmerzempfinden haben als bisher angenommen. Wir möchten, dass die geänderte Richtlinie mehr Tiere, auch wirbellose Tiere, schützt, dass sie die 3 R (replacing, reducing und refining) bei Tierversuchen fördert und höhere Standards für Haltung und Pflege festlegt. Obwohl die Unternehmen bereits jetzt zur Anwendung von Alternativmethoden – falls diese vorhanden sind – verpflichtet sind, erweist sich die Durchsetzung als schwierig. Diese Situation muss geändert werden. Das langfristige Ziel sollte nach wie vor die Abschaffung aller Tierversuche sein. Da Tiere Empfindungen haben, können sie auch Schmerz und Zuwendung fühlen. Wir sind moralisch verpflichtet, nach Alternativen zu suchen. Wenn es wissenschaftlich solide Alternativen zu Tierversuchen gibt, sollten wir diese entwickeln und nutzen. Das European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM) hat bereits viele Methoden validiert, und die Wissenschaft stellt in Aussicht, noch viele weitere entwickeln zu können. Verfahren wie beispielsweise Computersimulationen und Zellkulturen führen bereits zu sehr vielversprechenden Ergebnissen. Es ist an der Zeit, dass sich die EU ehrgeizige Ziele setzt. Sie sollte eine Führungsrolle einnehmen, wenn es darum geht, Tierversuche zu ersetzen und die Entwicklung von Alternativen anzuregen.” UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 Biodiversität Neue Ziele festlegen, eine politische Plattform schaffen © Antonio Rivas/Iberian Lynx Ex-situ Conservation Programme 10 Da die Frist des international vereinbarten Ziels, dem Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 Einhalt zu gebieten, näher rückt, gibt es bereits erste Überlegungen über ein Ziel für die Zeit danach. Die Schlüsselprioritäten werden auf den Erfolgen der bisherigen Arbeit aufbauen und darauf abzielen, den Prozess zu beschleunigen, da sich das Ausmaß des Problems nun deutlicher abzeichnet. Angeregt durch den Weltklimarat (IPCC) gibt es darüber hinaus Bemühungen, eine internationale Plattform für die biologische Vielfalt einzurichten. > Der echte wirtschaftliche Wert der Vielfalt ökologischer Systeme für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen – einschließlich Nahrung, Ballaststoffe, sauberes Wasser, intakter Boden, Kohlenstoff-Abscheidung und vieles mehr – muss noch bestimmt werden. Doch der Zwischenbericht zum Wert der ökologischen Vielfalt (The Economics of Ecosystems and Biodiversity, TEEB) – eine globale, im vergangenen Jahr durchgeführte Untersuchung – zeichnet ein erschreckendes Bild. Wenn wir nichts tun, um Umwelt und Natur weltweit zu schützen, könnten bis zum Jahr 2030 bis zu 60 % der Korallenriffe und bis 2050 circa 11 % der biologischen Vielfalt auf der Erde verschwunden sein. Letzteres allein entspricht der Verringerung des jährlichen globalen BIP um 5 %. Die erste Phase der TEEB-Studie brachte wichtige neue Erkenntnisse im Bereich der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen. Die zweite Phase, die nun begonnen hat, wird bis 2010 laufen und einen fundierteren Bericht liefern sowie Instrumente bieten, die Politikern helfen sollen, die Kosten und Nutzen der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen zu bewerten. Die Endergebnisse werden 2010 auf der COP10 Vertragsstaatenkonferenz im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) vorgestellt. Wir sind uns zwar alle darüber einig, dass der “Verlust der Arten voranschreitet, doch wir sind uns nicht darüber einig, warum wir uns Sorgen machen sollten, oder welche Politiken wir zur Lösung dieses Problems benötigen ” Neue Plattform Um das Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu schärfen, findet im November 2008 ein internationales Treffen in Kuala Lumpur statt. Ziel ist die Einrichtung einer neuen Plattform, die dem Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) entspricht. Der Arbeitstitel für diese Plattform lautet International Science Policy Platform for Biodiversity and Ecosystems (IPBES). Die TEEB-Studie wird an diesem Prozess beteiligt sein; der Abschlussbericht wird zum Zeitpunkt der Gründung dieser Plattform veröffentlicht werden. Die neue Plattform soll ähnliche Ziele wie der Weltklimarat (IPCC) verfolgen, der vor der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen gegründet wurde. Der IPPC spielte eine wichtige Rolle, um das Bewusstsein von Öffentlichkeit und UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 Politik für den Einfluss menschlicher Tätigkeiten auf das Weltklima zu schärfen. Die biologische Vielfalt stellt uns vor eine andere Herausforderung: Wir sind uns zwar alle darüber einig, dass der Verlust der Arten voranschreitet, doch wir sind uns nicht darin darüber, warum wir uns Sorgen machen sollten, oder welche Politiken wir zur Lösung dieses Problems benötigen. Sobald die ITBES-Plattform eingerichtet wäre, würde sie ihren Fokus weniger auf naturwissenschaftliche Aspekte, sondern verstärkt auf den sozioökonomischen Aspekt im Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt richten. Ihre Aufgabe wäre es deutlich zu machen, warum ein so großer Schaden entstehen würde, wenn es uns nicht gelingt, bedrohte Pflanzen- und Tierarten zu schützen. Weiter würde sie Kosten und Nutzen des Schutzes der biologischen Vielfalt aufzeigen, so dass Politiker in der Lage sind, sachkundige Entscheidungen auf diesem Gebiet zu treffen. Neuer Maßstab Die Vertragsstaatenkonferenz (COP9) in Bonn im vergangenen Mai legte zwar neue Arbeitsbereiche für biologische Vielfalt fest, etwa biologische Vielfalt der Meere, biologische Vielfalt und Klimawandel, invasive gebietsfremde Arten und gentechnisch veränderte Organismen, aber neue Zielsetzungen für die biologische Vielfalt wurden nicht definiert. Während Europa weiterhin auf sein Ziel hinarbeitet, dem Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 Einhalt zu gebieten, und auch bereits Fortschritte gemacht hat, ist es nun Aufgabe der Politiker, eine neue Zielvorgabe über dieses Datum hinaus festzulegen. Jedes Ziel muss inspirativ und glaubwürdig sein und sich im Wesen von dem Ziel von 2010 unterscheiden. Nur dann können wir sicher sein, dass es in der Diskussion um die biologische Vielfalt vorangeht. MEHR DAZU Informationen der Kommission über die biologische Vielfalt ec.europa.eu/environment/nature_biodiversity/index_en.htm Übereinkommen über die biologische Vielfalt www.cbd.int/cop9/ TEEB-Zwischenbericht ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/economics/pdf/ teeb_report.pdf Natura 2000 11 Ein Netz für die Meeresumwelt aufbauen © Stephan Kerkhofs/Shutterstock Das Natura-2000-Netz ist ein wichtiges Instrument im Rahmen der Bemühungen, den Verlust der Artenvielfalt in der EU bis 2010 aufzuhalten und das langfristige Überleben der am meisten bedrohten Arten und Habitate zu sichern. Nachdem die Ausweisung von Schutzgebieten auf dem Festland nahezu abgeschlossen ist, wird das Netz seinen Fokus nun auf die Schaffung von Meeresschutzgebieten richten. Die Mitgliedstaaten müssen bis Ende 2008 Vorschläge für Meeresschutzgebiete unterbreiten. Natura 2000 – Europas riesiges Netz von Naturschutzgebieten – ist das Herzstück der Natur- und Artenschutzpolitik der EU. Es beruht auf zwei EU-Gesetzestexten, der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie. Derzeit umfasst das Netz rund ein Fünftel des europäischen Festlands und dessen Binnengewässer, doch nur ein kleiner Teil der 25 000 Natura2000-Gebiete bezieht sich ganz oder teilweise auf Meeresgebiete. Bei den meisten dieser Meeresgebiete handelt es sich um Küstengewässer, nur circa 40 Gebiete befinden sich in Gewässern, über 12 Seemeilen vom Land entfernt. Dieser geringe Anteil ist auf eine unklare Rechtslage der Seehoheitsgebiete in der Vergangenheit zurückzuführen. Die Probleme sind nun gelöst, und es ist klar, dass die Verpflichtung zur Ausweisung von Gebieten den gesamten Umfang der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) der Mitgliedstaaten umfasst. Aufgrund der hohen Forschungskosten in Meeresgebieten fehlen wissenschaftliche Kenntnisse über die Bestandsgrößen und Verbreitungsgebiete von Spezies und Habitattypen – was nicht zuletzt auch ein Hindernis für den Ausweisungsprozess ist. Das Netz wird seinen Fokus nun auf die “Schaff ung von Meeresschutzgebieten richten” Die Ausweisung von Gebieten Die EU-Politik für die Meeresvielfalt, einschließlich Schutzgebiete, wurde im Rahmen von Verpflichtungen auf regionaler, globaler und EU-Ebene entwickelt. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich verpflichtet, gegen den Verlust der Artenvielfalt in der EU bis 2010 vorzugehen. Da der Verlust der Artenvielfalt ein anhaltender und beschleunigter Prozess ist, hat die EU einen Aktionsplan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt entworfen, der verstärkte Bemühungen fordert, damit diese Verpflichtungen erfüllt werden können. Die Kommission fordert nun die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten bis Ende des Jahres voranzutreiben. Die ausgewiesenen Schutzgebiete sollten maritime Lebensräume und Spezies umfassen, die im Rahmen der Habitat und Vogelschutzrichtlinie geschützt werden, einschließlich Sandbänke und Kaltwasserriffe, 20 Schildkrötenarten und Meeressäugetiere (Wale, Delfine und Robben), verschiedene Arten von Wanderfischen sowie eine große Zahl von Meeresvögeln. Außerdem zu berücksichtigen sind die Bewirtschaftung des Schutzgebietes und die nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen, insbesondere in den Bereichen Fischerei, Verkehr, Förderung von Bodenschätzen sowie Wind- und Wasserkraft. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse über maritime Spezies und Habitate in ihren Ländern nutzen. Sie sollten auch auf die Erfahrungen zurückgreifen, die in Bezug auf die Erhaltung und Bewirtschaftung seit 1992 im Rahmen von EU-finanzierten LIFE-Projekten über die Meeresumwelt gewonnen wurden und sich auf wichtige Forschung, etwa das Programm HERMES (Hotspot Ecosystem Research on the Margins of European Seas), stützen. Ein zusammenhängendes Netz Die im Rahmen von Natura 2000 ausgewiesenen Schutzgebiete müssen eine ausreichende Zahl der anvisierten Habitate und Spezies umfassen und sollten ein zusammenhängendes Netz in den Meeren Europas bilden. Doch Meeresgebiete können aufgrund von Inseln und ausgedehnten Unterwassergebieten wie zum Beispiel Sandbänken geographisch komplexe Gebilde darstellen, und die Ausweisung kann sich auch dadurch als schwierig erweisen, da Arten wandern und keine künstlichen Grenzen achten. Wesentliche Vorschläge für Meeresschutzgebiete werden Ende 2008 erwartet. Alle Vorschläge werden von der Kommission mit der Hilfe der Europäischen Umweltagentur bewertet und mit den Mitgliedstaaten und Interessengruppen wissenschaftlich diskutiert. Längerfristige Pläne sehen die Schaffung von Meeresschutzgebieten außerhalb der Hoheitsgewässer der Mitgliedstaaten im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt der Vereinten Nationen (Convention on Biological Diversity, CBD) vor. MEHR DAZU Homepage der Kommission über Natura 2000 ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/index_en.htm ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/marine/index_en.htm Homepage der Kommission über das Programm LIFE ec.europa.eu/environment/life/ UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 12 LIFE Populationsforschung dehnt Natura 2000 auf die Ozeane aus Das Wissen über die Meeresumwelt in Europa wurde durch wissenschaftliche Studien und Erhebungen im Rahmen des EU-Programms LIFE verbessert. In den letzten fünfzehn Jahren lieferten über 50 Projekte Eckdaten, um Gebiete für das Natura-2000-Netz zu identifizieren. Erstmals wurden in verschiedenen Projekten Umweltdaten für riesige Meeresgebiete in Europa erhoben, die dem Schutz von Waltieren (als „Cetaceen“ bekannt) und Seevögeln zugute kommen. © Pedro Geraldes Wichtige Vogelgebiete > Unter dem Programm LIFE-Natur wurden in zwei Generationen von SCANS-Projekten Daten über die Verbreitung und Bestandsgrößen von Cetaceen – Wal- und Delfinfamilien – auf einem Gebiet von ungefähr 1 Million qkm zusammengetragen. SCANS I wurde von 1992 bis 1995 in der Nordsee durchgeführt, das Nachfolgeprojekt SCANS II lief von 2004 bis 2006 im Europäischen Atlantik. Die Abteilung für Meeressäugetierforschung der University of St Andrews im Vereinigten Königreich koordinierte die Forschungsarbeit von Partnern aus 12 EU-Ländern. Populationsschätzungen “50Über Projekte lieferten Eckdaten, um Gebiete für das Natura2000-Netz zu identifizieren ” Das Projekt lieferte erste groß angelegte Schätzungen über den Bestand von Schweinswalen, Tümmlern, Gemeinen Delfinen, Weißschnauzendelfinen und Zwergwalen in den Erhebungsgebieten. Die Ergebnisse zeigten, dass Schweinswale generell am meisten beobachtet wurden; in dem gesamten Erhebungsgebiet wurde ihre Zahl auf 386.000 Tiere geschätzt. Trotz Veränderungen in Bezug auf die Verbreitungsgebiete ist die Population zwischen 1995 und 2004 relativ stabil geblieben, so die Studie. Ein weiteres Ergebnis war der Aufbau eines computergestützten Instruments zur Bestimmung sicherer „Beifang“Grenzen – Beifang sind die Tiere, die den Fischern unabsichtlich ins Netz gehen. Für Schweinswale ergaben sich Beifanggrenzen zwischen 0 % und 1,5 % der Bestandsgröße. Dieses Instrument kann auch für andere Spezies angepasst werden. Mehrere internationale Organisationen nutzen nun diese Ergebnisse, um die Auswirkungen des Beifangs zu bewerten und Erhaltungsmaßnahmen zugunsten von Kleinmeeressäugern durchzuführen. Die Ergebnisse helfen auch den Mitgliedstaaten, die Erhaltung der CetaceenBestandsgrößen (Wale, Delfine und Schweinswale) gemäß den Anforderungen der Habitat-Richtlinie festzulegen und zu bewerten. Darüber hinaus wurden die Projektdaten als Standard zur Umsetzung des Natura-2000-Netzes in europäischen Gewässern angenommen. UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 Die Umsetzung der Vogelrichtlinie im Bereich der Meeresumwelt ist für den Schutz von See und Meeresvögeln von entscheidender Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, mehr als nur Sonderschutzgebiete (special protection areas, SPAs) an einigen Nist und Brutplätzen in Küstenumgebungen einzurichten. Zwei LIFE-Projekte, die von SEO und SPEA (BirdLife-Partner in Spanien und Portugal) durchgeführt werden, zielen darauf, Important Bird Areas (IBAs, wichtige Gebiete für den Erhalt von Vogelarten) in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Spanien und Portugal – Kanarische Inseln, Madeira und die Inselgruppe der Azoren – zu identifizieren. Diese beiden Projekte umfassen alle elf in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten. Die laufenden Arbeiten erstrecken sich auf die Ermittlung der Bestandsgrößen von Seevögeln zu Wasser und aus der Luft (einige Erfassungen wurden im Rahmen von SCANS II durchgeführt) sowie durch Satellitenbeobachtung oder die Beobachtung von mit Radiosendern ausgestatteten Vögeln – circa 130 Cory’s shearwaters und über 20 Korallenmöwen. Die Forscher erforschten darüber hinaus auch die Meeresumwelt; sie untersuchten Parameter wie Salzgehalt, Temperaturen und Strömungen und befassten sich mit Fischereiaktivitäten und Meeressäugetieren. Daten aus diesen Untersuchungen werden dazu dienen, die potenzielle Verbreitung von Seevögeln an Küsten und in küstenentfernten Gebieten auf dem Meer zu ermitteln. Mit Gebietskarten, die Zusammenhänge mit menschlichen Tätigkeiten oder Zusammenhänge zu ökologischen und ozeanografischen Daten herstellen, sollte es möglich sein, die Gebiete ausfindig zu machen, die sich am besten als IBAs und SPAs eignen. Die Forscher werden vorbestimmte Gebiete im Detail beschreiben, Bedrohungen und Gefahren identifizieren und Empfehlungen für den Erhalt dieser Gebiete erteilen. MEHR DAZU LIFE und die Meeresumwelt ec.europa.eu/environment/life/publications/lifepublications/ lifefocus/documents/marine_lr.pdf SCANS-Projekt biology.st-andrews.ac.uk/scans2/ IBA-Projekt in Portugal programamarinho.spea.pt/index.php?op=projibas IBA-Projekt in Spanien www.seo.org/programa_ficha.cfm?idPrograma=32 Ozonschicht 13 Ozon – Herausforderungen jetzt angehen > Als der Abbau der Ozonschicht erstmals in den 70er Jahren festgestellt wurde, beschrieb der Chemiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen das Phänomen als „die schlimmste Katastrophe, die die Umwelt weltweit triff t.“ Dreißig Jahre danach gilt der eingeleitete Prozess zum Schutz der Ozonschicht – das Montrealer Protokoll – gemeinhin als modellhaftes Umweltabkommen, und es wurden bisher gute Fortschritte erzielt. Letzten Schätzungen zufolge wird sich die für das Leben auf der Erde wichtige Ozonschicht gegen 2050 und 2075 auf ihren Zustand von vor 1980 regeneriert haben. Das Protokoll ist zwar ein Erfolg, seine Umsetzung indes zuweilen etwas problematischer. Kleine Unternehmen empfinden es als schwierig, sich in den komplexen Vorschriften und Bestimmungen zurechtzufinden. Eine Vereinfachung hätte daher ganz offensichtliche Vorteile. Aus diesem Grund schlägt die Kommission eine Überarbeitung vor, die den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Mitgliedstaaten abbauen soll, damit die Unternehmen die Bestimmungen besser verstehen und diese erfüllen können. Dies würde dann auch die Anwendung des Systems von Quoten und Lizenzen, die für den Import und Export von ozonabbauenden Stoffen gewährt werden, leichter machen. Die guten Fortschritte fortsetzen Ein weiterer Vorteil der Änderung besteht darin, dass sie der EU frühzeitig Gelegenheit bietet, die aktuellen Verbesserungen im Rahmen des Montrealer Protokolls anzunehmen und etwa den Ausstieg aus der Produktion teilhalogenierter Fluorchlorkohlenwasserstoff (HFCK) in Europa von 2025 auf 2020 vorzuziehen. HFCK werden normalerweise in der Kühl- und Klimaanlagenindustrie eingesetzt, enthalten aber Chlor, das die Ozonschicht der Stratosphäre zerstört. Die Änderung stärkt auch die Rechtsdurchsetzung gegenüber dem illegalen Handel und dem Gebrauch ozonschädigender Substanzen in der EU, die andernfalls mit dem HFCK-Ausstieg steigen würden. Der Informationsaustausch über ozonabbauende Stoffe mit Handelspartnern würde verbessert werden, und eine bessere Kennzeichnung würde Zollbehörden die Kontrollen erleichtern. ODS-Speicherung und andere Herausforderungen Einige ozonabbauende Stoffe werden noch immer in Kühlschränken und im Isolierschaum für Gebäude verwendet. Das schwrittweise Austreten dieser Stoffe könnte die Ozonschicht weiterhin abbauen und zum Klimawandel © Gregor Inkret/iStockphoto Die EU-Vorschriften über die Produktion, den Handel und die Verwendung ozonabbauender Stoffe – d. h. ODS-Stoffe (ozone-depleting substances = ozonabbauende Stoffe), die die angegriffene Ozonschicht der Erdstratosphäre schädigen – müssen vereinfacht und neugefasst werden. Die vorgeschlagene Änderung könnte 2010 in Kraft treten und zielt auf die Umsetzung dieser Vorschriften. Die Ozonschicht ist ein wichtiger Schutz für die Erde, da sie 90 % der schädlichen UV-Strahlen der Sonne zurückhält. beitragen. Die vorgeschlagenen Änderungen würden die Vorschriften für die Wiedergewinnung und Entfernung dieser Stoffe in Produkten und Ausrüstungen – die so genannten „gespeicherten“ Stoffe („banked substances“) verschärfen. Die Kommission ist der Meinung, dass ihre Maßnahmenvorschläge Europa helfen könnten, den Ausstoß ozonabbauender Stoffe zu vermeiden, die mehr als 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich entsprechen Außerdem wird vorgeschlagen, eine Reihe neuer Stoffe auf die aktuelle Liste der Stoffe zu setzen, die unter die Ozonschutz-Verordnung der EU fallen. Ihre Produktion und Einfuhr würden den zuständigen Behörden mitgeteilt werden, so dass ihre Verwendung überwacht würde und damit gewährleistet wäre, dass die bisher erzielten Fortschritte nicht gefährdet werden. Die Änderung der Bestimmungen würde schließlich auch einen Ausstieg aus der Verwendung von Methylbromid bedeuten. Methylbromid ist eine ozonabbauende Substanz, die im Rahmen der Schädlingsbekämpfung in Häfen zum Räuchern von Waren und Container nach wie vor angewandt wird. Da Alternativen mittlerweile vorhanden sind, sollte diese Praxis bis 2015 abgeschaff t werden. MEHR DAZU Die Ozonschicht schützen, auf der Website der GD Umwelt ec.europa.eu/environment/ozone/index.htm Geänderte und völlig überarbeitete Gesetzgebung der Kommission ec.europa.eu/environment/ozone/review.htm Das Montreal Protokoll der Vereinten Nationen ozone.unep.org/ UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 14 Abfallbehandlung Es ist höchste Zeit, sich von der Wegwerfgesellschaft zu verabschieden © Terry Brisco Abfallvermeidung und Recycling sind die beiden wichtigsten Prinzipien für die Bewirtschaftung der zwei Milliarden Tonnen Abfall, die in der EU jährlich produziert werden. Im Rahmen der ersten großen Gesamtüberarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten bis 2020 ehrgeizige neue Ziele erfüllen und Abfallvermeidungsprogramme entwickeln. Eine Fünf-Stufen-Hierarchie für die Bewirtschaftung von Abfällen und klarere Definitionen der verschiedenen Abfallbehandlungsmethoden werden für alle von Nutzen sein. > Die Abfallrahmenrichtlinie, einer der ältesten europäischen Gesetzestexte, ist seit 1975 in Kraft. Sie bietet den Mitgliedstaaten Leitlinien zur Koordinierung von Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen, um ihnen zu helfen, die Abfallproduktion zu begrenzen und die Verfahren der Abfallbehandlung und -entsorgung zu optimieren. Laut der Europäischen Umweltagentur erzeugt jeder europäische Bürger durchschnittlich 3,5 Tonnen Abfall jährlich – Tendenz steigend in den letzten Jahrzehnten. Schätzungen der OECD zufolge wird das Abfallaufkommen bis 2020 um nahezu 45 % gegenüber 1995 steigen. Rund zwei Drittel dieses Abfalls landen auf Mülldeponien oder werden in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Die Folgen: Verschwendung wertvoller Ressourcen sowie Umweltbelastung und Gesundheitsgefährdung durch die daraus resultierende Verschmutzung und den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan. Vermeidung von Abfall Priorität einzuräumen, “istDer Teil einer Bemühung, die Verbindung von Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen der Abfallerzeugung zu durchbrechen ” Die geänderte Richtlinie Die Änderung der Abfallrahmenrichtlinie wurde vor kurzem vom Europäischen Parlament verabschiedet und soll dieses Jahr in Kraft treten. Sie zielt darauf ab, den Umgang mit Abfall in Europa neu auszurichten und die Länder dazu zu bewegen, weit mehr Abfall als bisher zu recyceln. Abfallverhinderung, so betont sie, ist die beste Lösung für alle. Die geänderte Richtlinie legt neue EU-weite Recycling-Ziele fest. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2020 sicherstellen, dass die Hälfte ihres Papier-, Metall- und Plastikabfalls sowie ihres Altglases aus Hausmüll oder ähnlichem Müll recycelt wird, bei Abfall durch Bau- und Abrissarbeiten sollen es sogar 70 % sein. Im Rahmen der strengeren Bestimmungen über die Abfallvermeidung müssen die Mitgliedstaaten bis 2013 auch nationale Abfallvermeidungsprogramme entwerfen (z. B. innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der geänderten Richtlinie). Diese Programme werden öffentlich sein, so dass der Fortschritt für alle sichtbar ist. Um die UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 FÜNF-STUFEN-HIERARCHIE Vermeidung, Wiederverwendung, Recycling, energetische Rückgewinnung, Entsorgung Überwachung zu unterstützen, könnte die Europäische Kommission Indikatoren festlegen. Abfallvermeidung – eine absolute Priorität Der Vermeidung von Abfall Priorität einzuräumen, ist Teil einer Bemühung, die Verbindung von Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen der Abfallerzeugung zu durchbrechen. Deutschland und die Niederlande haben bereits bewiesen, dass dies möglich ist: In den vergangenen zehn Jahren konnten sie das Abfallaufkommen in den Städten und Gemeinden vermindern und gleichzeitig ein Wirtschaftswachstum verzeichnen. Die Kommission ist sich bewusst, dass die Änderung nur ein erster Schritt für weitere Maßnahmen zur Abfallvermeidung ist und die Bemühungen außerdem auf bestehenden Instrumenten wie Politiken, Informationskampagnen und bestverfügbaren Techniken, aufbauen müssen. Die neue Fünf-Stufen-Hierarchie im Bereich Abfallbewirtschaftung beruht auf den so genannten „drei R“ – reuse, recycling und (Energie) recovery –, ergänzt um Vermeidung als bevorzugte Option und sichere Lagerung als letzten Schritt. Die Gesetze werden indes eher das Recyceln als die Wiederverwendung gewisser Abfallstoffe erlauben, wenn die Lebenszyklus-Analyse ergibt, dass dies umweltverträglicher ist. Die geänderte Richtlinie basiert auf den Grundsätzen der thematischen Strategien der EU über Abfall und nachhaltige Ressourcennutzung. Sie wird die EU-Abfallgesetzgebung verschlanken, indem sie die drei bestehenden Richtlinien – Abfallrahmenrichtlinie, Richtlinie über gefährliche Abfälle und Altöl-Richtlinie – ersetzt. MEHR DAZU Homepage der Kommission über Abfallpolitik ec.europa.eu/environment/waste/index.htm 15 terminplan NOVEMBER//DEZEMBER//MÄRZ//APRIL 6. November 2008 5. – 7. März 2009 International Day for Preventing the Exploitation of the Environment in War and Armed Conflict. Beyond Kyoto: Addressing the Challenges of Climate Change - Science meets Industry, Policy and Public, Aarhus, Dänemark. Die Konferenz zielt darauf, die Anwendung fortgeschrittener wissenschaftlicher Erkenntnisse als Grundlage für Verordnungsrahmen, Innovation und Entwicklung neuer Technologien für nachhaltige Entwicklung und Öko-Effizienz zu fördern. www.un.org/depts/dhl/ environment_war/index.html 1. – 12. Dezember 2008 14. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), 4. Sitzung der Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls, Posen, Polen. Die Treffen führen die Vorbereitungen der Nach-KyotoÄra und die Verhandlungen eines internationalen Rahmenabkommens über den Klimawandel fort. www.cop14.gov.pl/index. php?lang=EN 23. – 24. April 2009 in Kopenhagen, Dänemark. Die Konferenz liefert eine Zusammenfassung wissenschaftlicher Erkenntnisse über den Klimawandel. climatecongress.ku.dk/ www.klima.au.dk/dk/forside/ konferencebeyondkyotoconferen/ 10. – 12. März 2009 International scientific congress on climate change – „Climate Change: Global Risks, Challenges and Decisions”, 6. – 8. April 2009 The 5th International Congress and Exhibition on Energy Efficiency and Renewable Energy Sources, Sofia, Bulgarien. Der 5. Internationale Kongress und die dazugehörige Ausstellung über energieeffiziente und erneuerbare Energien stellen neue Technologien, Ausrüstungen und Dienstleistungen im Bereich erneuerbarer und energiesparender Energien vor. viaexpo.com/congress-ee-vei/ eng/congress.php EMAN 2009: Environmental Accounting and Sustainable Development Indicators, Prag, Tschechische Republik. EMAN bezieht sich auf umweltbezogene und die nachhaltige Entwicklung betreffende Indikatoren auf Mikro und Makro-Ebene. ea-sdi.ujep.cz/en/ conference-2009.html INFORMATIONEN ÜBER AKTUELLE GESETZESVORSCHLÄGE: eur-lex.europa.eu/de/ index.htm NEUE VERÖFFENTLICHUNGEN DER GENERALDIREKTION UMWELT natura 2000 • Natura 2000 ist das EU-weite Netz von Naturschutzgebieten zur Gewährleistung des Fortbestandes der wertvollsten europäischen Arten und Lebensräume. Es beschränkt sich nicht auf Naturschutzgebiete, sondern beruht auf einer weiter gefassten, auf einem harmonischen Zusammenleben von Mensch und wild lebenden Tieren beruhenden Grundlage des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung. • Bis Ende 2008 wird das Netz über 25 000 Gebiete umfassen, die zusammen etwa 20 %, also rund 800 000 km der Gesamtfläche der EU, ausmachen – zuzüglich 100 000 km Meeresumwelt. • Natura 2000 ist ein Kernstück europäischer Naturschutzpolitik, das eindrucksvoll das Engagement Europas zur Bewahrung seiner einheimischen biologischen Vielfalt für künftige Generationen unter Beweis stellt. • Europas wild lebende Tierarten und Ökosysteme sind gefährdet. Die EU hat sich verpflichtet, den Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2010 zu stoppen, und ist Teil eines globalen Übereinkommens, bis 2010 den Verlust an biologischer Vielfalt deutlich zu verringern. Natura 2000 kommt zur Erreichung dieses Ziels eine Schlüsselrolle zu. • Das Netz beruht auf zwei bahnbrechenden EU-Rechtsvorschriften: die Vogelschutzrichtlinie von 1979 und die Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) von 1992. • Natura 2000 wird weiter entwickelt; es erfasst Gebiete europäischer Flora und Fauna mit stetig wachsendem Artenreichtum. In den 27 Mitgliedstaaten sind bereits über 1 000 seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten sowie 200 Lebensraumtypen geschützt. NATURA 2000 Katalognummer: KH-81-08-188-DE-C Informationsblatt, auf Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch verfügbar Eine Einführung in das EU-Netz von Naturschutzgebieten. Bis Ende 2008 wird das Netz über 25 000 Gebiete umfassen, die rund ein Fünftel der gesamten Landfläche der EU und 100 000 km2 ihrer Meeresumwelt ausmachen. EU-Politik gegen den Klimawandel: Anpassung an den Klimawandel ISBN 978-92-79-09101-8 Adapting to Katalognummer: KH-78-07-197-DE-C climate change Broschüre, auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Polnisch und Spanisch verfügbar Eine Zusammenfassung über die Bedrohung für unseren Planet durch den Klimawandel und die dringende Notwendigkeit, etwas dagegen zu tun. Die Broschüre beinhaltet kurze Erläuterungen über Anpassung, intakte Ökosysteme, die Auswirkungen der globalen Erwärmung, Bereiche, in denen die EU handelt und erklärt, was Behörden tun können. KH 81 08 184 DE C EuropäischE Kommission umwelt-infoblatt Ein Geschenk für Mäxchen EU action against climate change Maßnahmen der EU gegen den Klimawandel Globale Maßnahmen bis 2020 und darüber hinaus 2008 Ausgabe Ein Geschenk für Mäxchen ISBN 978-92-79-08116-3 Katalognummer: KH-81-08-184-DE-C Broschüre, auf Englisch und 19 anderen Sprachen verfügbar Eine Geschichte für Kinder, die davon handelt, wie wichtig es ist, Geschenke auszusuchen, die nicht umweltschädlich sind, etwa selbstgemachte Spielsachen aus natürlichen Materialien. Die EU handelt gegen den Klimawandel – Globale Maßnahmen bis 2020 und darüber hinaus ISBN 978-92-79-09334-0 Katalognummer: KH-30-08-331-DE-C Broschüre, auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Polnisch und Spanisch verfügbar Diese aktualisierte Publikation enthält eine Zusammenfassung des Klimaund Energiepakets 2008. Falls nicht anders angegeben, sind die Veröffentlichungen kostenlos vom EU-Bookshop unter bookshop.europa.eu oder vom Informationszentrum erhältlich (BU-90/11), GD Umwelt, Europäische Kommission, B-1049 Brüssel, Belgien. UMWELT FÜR EUROPÄER 2008 NR. 32 KH-AD-08-032-DE-C ■ ■ GESUNDHEIT IST TOPTHEMA AUF DER AGENDA DER WELTWASSERWOCHE 2008 Themen rund ums Wasser beherrschten die Diskussionen der diesjährigen Weltwasserwoche vom 17. bis 23. August in Stockholm. Die Veranstaltung zählte rund 2 600 Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Es fanden über 100 Plenarsitzungen, Seminare, Workshops und Nebenveranstaltungen unter dem Motto „Fortschritt und Perspektiven im Bereich Wasser: Für eine saubere und gesunde Welt – mit dem besonderen Schwerpunkt auf einer sanitären Grundversorgung“ (Progress and prospects on water: For a clean and healthy world with special focus on sanitation) statt. Weltweit haben noch immer rund 2,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu angemessenen sanitären Anlagen. Dies führt zu großen sozialen und Umweltproblemen und erhöht die Instabilität in ohnehin schon fragilen Regionen. Ein Ziel der Weltwasserwoche besteht darin, zu sensibilisieren und frühzeitig Maßnahmen anzuregen, um die Fülle der Probleme in Bezug auf Wasser und Entwicklungspolitik sowie Planung und Management anzupacken und Gesundheitsproblemen vorzubeugen. Andere Kernthemen der Diskussion waren Klimawandel, Finanzierung und Korruption, Wasserressourcen-Management, Umwelt und Ökosysteme sowie grenzüberschreitendes Wassermanagement. Darüber hinaus bot die Woche Gelegenheit, die Gewinner verschiedener Preise 2008 zu ehren, etwa Professor John Anthony Allan, der mit dem Stockholm Water Prize für sein bahnbrechendes Konzept des „virtuellen Wassers“ ausgezeichnet wurde. Diese öffentliche Jahresveranstaltung begann 1991 als Stockholm Water Symposium, seit 2005 wurde sie durch die Weltwasserwoche ersetzt. MEHR DAZU Weltwasserwoche in Stockholm www.worldwaterweek.org FANG DES BLAUFLOSSEN-THUNFISCHS EINGESCHRÄNKT Angesichts aktueller Informationen über die Aktivitäten der europäischen Fischereiflotte beschloss die Europäische Kommission im Juni, den Fang des Blausflossen-Thunfischs mit Ringwadennetzen im Mittelmeer zu stoppen. Diese Notmaßnahme soll den Bestand des Blauflossen-Thunfischs vor einem weiteren Rückgang schützen und gleichzeitig kleinen traditionellen Fischern erlauben, weiter ihrem Fischereigewerbe nachzugehen. Neben dem Fangverbot im Mittelmeer und Ostatlantik galt die Einschränkung für Ringwadenfänger (Fischer, die Netze für den Fang von Fischen benutzen, die knapp unter der Wasseroberfläche leben) unter der Flagge Zyperns, Frankreichs, Griechenlands, Italiens und Maltas ab dem 16. Juni, für Ringwadenfänger unter spanischer Flagge ab dem 23. Juni. Die Kommission erklärte, die Ringwadenfangflotte der EU habe ihre Fangquoten für 2008 bereits ausgeschöpft, da manche Schiffe ihre Fänge nicht deklariert oder ihre Quoten überschritten hätten. Es war nötig, den Fang früher als gewöhnlich einzustellen, um zu verhindern, dass sich die Überfischung des vergangenen Jahres wiederholt und um den ohnehin schon geschwächten Bestand des Blauflossen-Thunfischs nicht weiter zu gefährden. Nicht-industrielle Fangtechniken waren weiterhin erlaubt, da diese weniger Auswirkungen auf den Bestand haben als die Fangmethoden mit Ringwadennetzen. MEHR DAZU Maßnahmen der der Kommission zur Erhaltung des Fischbestands ec.europa.eu/fisheries/cfp/management_ resources/conservation_measures_de.htm SCHWIMMEN OHNE REUE Im Juni 2008 hat die Europäische Kommission ihren aktuellen Jahresbericht über die Qualität der Badegewässer in der EU veröffentlicht. Proben der vorhergehenden Badesaison zeigten, dass die große Mehrheit der europäischen Küstenbade- © Europäische Kommission ■ © Europäische Kommission kurzinfos und Binnenbadegewässer (95 % bzw. 89 %) die EU Normen erfüllt. Trotzdem fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, noch mehr gegen die Umweltverschmutzung zu tun. In der Badesaison 2007 wurden über 21 000 Badegebiete bewertet, in der Regel im April/ Mai und Oktober/November. Bei über 68 % der untersuchten Badegewässer handelte sich um Küstenbadegewässer, der Rest bezog sich auf Flüsse und Seen. Der Bericht stellte gegenüber dem Vorjahresbericht einen leichten Rückgang der Zahl der Gewässer fest, die die EU-Grenzwerte erfüllen. Bei der Bewertung werden physikalische, chemische und mikrobiologische Parameter berücksichtigt. Wie bereits in den Jahren davor festgestellt, ist die mikrobiologische Verschmutzung durch Abwasser oder Ableitungen aus der Landwirtschaft der wichtigste Faktor, der die Badegewässerqualität beeinträchtigt. Im Jahr 2006 verabschiedete die EU eine neue Richtlinie, die den Anwendungsbereich der vorhergehenden, auf das Jahr 1975 zurückgehenden Gesetzgebung ausdehnte. Die neue Richtlinie hebt insbesondere darauf ab, eine Übereinstimmung mit der Wasserrahmenrichtlinie zu erzielen, die Parameter und Überwachungsbestimmungen zu aktualisieren und die Verbreitung von Informationen über die Badegewässerqualität zu fördern. Die Mitgliedstaaten haben bis 2015 Zeit, um die neue Gesetzgebung umzusetzen. Weitere Informationen über die Qualität von Badegewässern bietet auch die Website „Eye on Earth“, die die Europäische Umweltagentur (EUA) und Microsoft im vergangenen Juli eingerichtet haben. Die Website zeigt eine Landkarte mit bewerteten Badegebieten auf der Grundlage von EUA Bewertungen und Nutzer-Bewertungen. Interaktive Karten und Daten sind auch auf WISE verfügbar, der gemeinsamen Website der Kommission und der EUA. Also genügend Informationen, um getrost eine Runde schwimmen zu können und beim Wasserschlucken nicht in Panik zu geraten! MEHR DAZU Bericht der Kommission über Badegewässer ec.europa.eu/environment/water/ water-bathing/report_2008.html