Geologische Übersichtskarte – Oberflächengeologie Brandenburgs jetziges Landschaftsbild in seiner überaus großen Vielfalt ist das Ergebnis der verschiedenartigsten Aufschüttungsund Abtragungsprozesse während des mehrfachen Vorrückens und anschließenden Zerfalls und Abschmelzens von zum Teil mehreren hundert Metern mächtigen Inlandeismassen. Mit dem Inlandeis wurden gewaltige Schuttmassen aller Korngrößen bis hin zu großen erratischen Blöcken zumeist skandinavischer Herkunft nach Mitteleuropa transportiert und hier als schichtungslose, z. T. mächtige Grundmoränen (Geschiebemergel, Till) unter dem Eis abgelagert bzw. als Endmoränen vor dem Eis aufgehäuft. Das durch Schmelz­wässer ausgespülte Moränenmaterial wurde als geschichtete Sande und Kiese (glazifluviatile Bildungen) in unterschiedlichen Positionen zum Eisrand, meist jedoch als Sander vor dem jeweiligen Gletscherrand abgelagert. Feinmaterial und Gletschertrübe sedimentierten in Staubecken als sandige oder schluffig-tonige, durch Wechsel in der Stärke des Wasserzuflusses oftmals rhythmisch gebänderte Bildungen (glazilimnische Bil­ dungen). Mehr als 95 % des von der Übersichtskarte erfassten Gebietes werden von solchen quartären Lockergesteinsserien bedeckt. Demgegenüber bleiben die an der Oberfläche ausstreichenden präquartären Bildungen flächenmäßig unbedeutend; sie stellen Exotika inmitten der glaziär geprägten Landschaft dar. Dabei handelt es sich überwiegend um tertiäre Lockersedimente, vor allem in der Lausitz. Ältere Gesteine treten nur punktuell zu Tage, wie z. B. der Muschelkalk von Rüdersdorf, die Zechsteingipse von Sperenberg oder Aufragungen altpaläozoischer bis präkambrischer Gesteine im Grenzbereich zum Freistaat Sachsen (Koschenberg, Rothsteiner Felsen u. a.). Die ältesten quartären Sedimente des Brandenburger Gebietes sind mit der Elster-Kaltzeit in Verbindung zu bringen. Die elsterkaltzeitlichen Inlandeismassen bedeckten das gesamte Brandenburgische Territorium und erreichten erst weiter südlich an den Rändern der Mittelgebirge ihre Maximalausdehnung. Ablagerungen aus dieser Zeit, überwiegend Schmelzwassersande und Grundmoränen, sind heute weitflächig von Bildungen der jüngeren Vereisungen bedeckt, lediglich in einigen Gebieten der Niederlausitz und in einigen Endmoränen besitzen sie oberflächennahe Verbreitung. In der der Elster-Kaltzeit folgenden Holstein-Warmzeit bildeten sich weitflächige, archipelartige Seenlandschaften heraus, die zum Sedimentationsraum für limnische und fluviatile Ablagerungen wurden, die vor allem im Berlin-Westbranden­burgischen Becken (Großraum Berlin bis in den Raum Neuruppin und Pritzwalk) und im Ostbrandenburgischen Becken (Raum Frankfurt-Eisenhüttenstadt) eine weite Verbreitung haben. Holsteinzeitliche Ablagerungen 44 einschließlich der für das brandenburgische Gebiet so bedeutenden Sedimente der damaligen Elbe und Neiße (s. Karte 7) stehen z. T. in gestörter Lagerung u. a. bei Eisenhüttenstadt, Pritzwalk, Rathenow und im Raum zwischen Cottbus und Forst oberflächennah an. Niederungs­gebiete der Schmelzwasserabflüsse z. T. deutlich überragen und die sich besonders im mittleren Abschnitt der Zone der brandenburgischen Platten und Niederungen als Folge jüngerer Schmelzwasser- und auch Flußdurchbrüche inselartig auflösen. Auch in der Saale-Kaltzeit wurde ganz Brandenburg vom Eis überfahren. Die Inlandeistransgression wurde von einer weitflächigen Ablagerung mächtiger Schmelzwassersande begleitet, die häufig im Altmoränengebiet der Prignitz und des Flämings sowie in einigen als Endmoränen gedeuteten Höhen (z. B. Freienwalder Höhen, Rauen‘sche Berge) oberflächenbildend auftreten. Demgegenüber treten saale­zeitliche Grundmoränen an Häufigkeit und Verbreitung deutlich zurück. Die vom Inlandeis der Weichsel-Kaltzeit abgesetzten Grundmoränen stehen in weiten Teilen der die Urstromtäler flankierenden Hochflächengebiete z. B. des Barnims und Gliens, der Nauener Platte und des Teltows sowie in geschlossener Verbreitung im Rückland des Pommerschen Landrückens an. Nachdem sich das saalezeitliche Inlandeis weit nach Norden zurückgezogen hatte, stellten sich in der Eem-Warmzeit Klima­ bedingungen mit zum Teil deutlich höheren Temperaturen als heute ein. Abgelagert wurden vor allem Kalk- und Detritusmudden, aber auch Torfe sind nachgewiesen. Im Gegensatz zu den weitflächig verbreiteten Bildungen der Holstein-Warmzeit bleiben die Eem-Vorkommen aber vergleichsweise kleinflächig. Größere zusammen­hängende Eem-Vorkommen, wie z. B. im Gebiet Potsdam-Waldstadt, lagern unter jüngerer Bedeckung. Bedeutende Vorkommen eemzeitlicher Sedimente an bzw. nahe der Oberfläche stehen oder standen u. a. bei Klinge unweit Cottbus und in Phöben bei Potsdam an. Aufgrund ihrer Kleinflächigkeit konnten eemzeitliche Ablagerungen in der Karte nicht dargestellt werden (vgl. dazu Strahl & Hermsdorf 2008). Im Gegensatz zu den vorhergehenden Vereisungen wurden in der letzten Kaltzeit nur noch ca. zwei Drittel des Brandenburger Territoriums von Eis bedeckt. Diesem aufgrund seiner frischen Landschaftsformen als Jungmoränengebiet bezeichneten Areal steht das in der Weichsel-Kaltzeit eisfrei gebliebene, morphologisch andersartig in Erscheinung tretende Altmoränengebiet im Süden (Teile der Lausitz), Südwesten (Fläming) und Nordwesten (mittlere und westliche Prignitz) gegenüber. Beherrschendes Landschaftselement des Jungmoränengebietes sind die breiten Talungen von Baruther, Berliner und Eberswalder Urstromtal, die in ihrem nach Nordwesten gerichteten Verlauf auf das Stromgebiet der Unteren Elbe zustreben und zeitlich nacheinander die von den weichselzeitlichen Eisrandlagen abfließenden Schmelzwässer in Richtung Nordsee abführten. Die Sedimentfüllung der Urstromtäler besteht überwiegend aus fein- bis grobkörnigen Sanden (Talsande). Die Gebiete zwischen den Urstromtalungen werden von größeren und kleineren Hochflächen („Platten“) eingenommen, die die Nach dem Zerfall des Weichseleises haben Vegetationsfreiheit, verbunden mit trocken-kalten Klimabedingungen, zu beträchtlichen äolischen Materialverlagerungen geführt. Die dabei aufgewehten Flugsandfelder und vielgestaltigen Dünen haben, mit Unter­ brechungen, bis in die jüngste Zeit hinein beträchtliche Umformungen erfahren. Dünen und Flugsandfelder sind im Blattgebiet weit verbreitet. Besonders eindrucksvolle Dünengebiete, die z. T. deutlich ihre Umgebung überragen, finden sich u. a. im Tegeler Forst, bei Falkensee, auf dem Glien, am Westrand des Barnims, im Baruther Urstromtal und im Grenzbereich zwischen Berliner Urstromtal und Storkower Durchbruch. Zu den äolischen Ablagerungen zählt auch der im Weichselhochglazial aufgewehte Sandlöss oder Flottsand im Fläming. Holozäne Bildungen verteilen sich als Moorbildungen, limnische Mudden und/oder sandige limnisch-fluviatile Sedimente (Sedimente der Flussauen) mit kleineren oder auch größeren zusammen­hängenden Flächenanteilen über das gesamte Gebiet; hauptsächlich jedoch sind sie in den großen Niederungsgebieten verbreitet. Ein wesentlicher geologischer Faktor ist der Mensch mit seinen Eingriffen in Form von Bebauung, bergmännischen Abgrabungen (Tagebaue, Gruben), Aufschüttungen (Deponien) usw. Diese besonders in der Lausitz ganze Landschaften verändernden Eingriffe blieben in der Karte unberücksichtigt. Literatur Lippstreu, L. (1995): Brandenburg. - In: Benda, L. (Hrsg.): Das Quartär Deutschlands. - S. 116-147, Berlin (Borntraeger) Strahl, J. & N. Hermsdorf (2008):Karte der Eem-Vorkommen des Landes Brandenburg. - Brandenburg. geowiss. Beitr. 15, 1/2, S. 23-55, Kleinmachnow, Cottbus Geologische Übersichtskarte - Oberflächengeologie 1 : 1 000 000 12°30' 12°00' 11°30' 13°00' 13°30' 14°30' 14°00' 53° 30' 53° 30' Plauer See M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n Sedimente der Bach- und Flussauen Müritzsee Moorbildungen Prenzlau r Flugsand und Dünen Od e Eld e Elde Weichsel - Kaltzeit ve ni t z Ha l S te p e Perleberg El 53° 00' Do ss e be 53° 00' Rhin Niedersachsen Grundmoräne Neuruppin Kanal H a v e l- Oder- glazifluviatile Ablagerungen Eberswalde el Oranienburg Rhin glazilimnische Ablagerungen Od er Saale - Kaltzeit Ka nal Havel- Rathenow B e r l i n S a c h s e n - S pr A n h a l t 52° 30' 52° 30' Seelow ee Hav el Frankfurt/ Oder Potsdam glazilimnische Ablagerungen Ka na l Spree- el -H av K a n al O der Schwielowsee El be Holstein - Warmzeit bis Saale - Frühglazial Nu r- E lb e th e We se Grundmoräne glazifluviatile Ablagerungen Beetzsee Brandenburg a. d. Havel Sande der Urstromtäler und Niederterrassen der Flüsse sowie deren deluvial-fluviatile Äquivalente (einschließlich holozäner Anteile) Sandlöss in unterbrochener Decke P O L E N Werbellinsee H av Holozän Ue ck er Kölpinsee -Ka Scharmützelsee n al limnisch-fluviatile und fluviatile Bildungen Dahme Beeskow Belzig Elster - Kaltzeit Spree Luckenwalde Schwielochsee 52° 00' 52° 00' glazifluviatile Ablagerungen Saale Lübben/Spreewald Bode Grundmoräne glazilimnische Ablagerungen e Elb La u si t ze r N ei ß e Cottbus r e Muld Schwarze Elste Forst/Lausitz Präquartär Atlas zur Geologie von Brandenburg - Karte 4 $WODV]XU*HRORJLHYRQ%UDQGHQEXUJ.DUWH Kleinmachnow 2002 /%*5&RWWEXV © LGRB, 51° 30' Senftenberg S a c h s e n 0 10 20 30 40 Tertiäre Ablagerungen S e pre 51° 30' Z 4 z 9 3 2 8 5 < ; 6 1 a J K Endmoränen, endmoränenartige Bildungen Herzberg/ Elster Prätertiäre Gesteine NP 50km P u l s ni tz 11°30' 12°00' 12°30' Kartengrundlage: Topographische Karte, Land Brandenburg, Maßstab 1 : 1 000 000 Nutzung mit Genehmigung des Landesvermessungsamtes Brandenburg, Nummer: GB 107/01 13°00' 13°30' 14°00' 14°30' Hermsdorf, N. 45