Uber den Stoffwechsel des 5-Hydroxymethyl-cytosins bei Bakterien V o n FRIEDRICH WEYGAND, ACHIM TREBST u n d ADOLF OTTO PAUL WACKER, SWOBODA Aus dem Organisch-chemischen Institut der Technischen Universität, Berlin-Charlottenburg ( Z . N a t u r f o r s c h g . 12 b, 1 8 4 — 1 8 6 [ 1 9 5 7 ] ; e i n g e g a n g e n am 4. D e z e m b e r 1956) 5-Hydroxymethyl-cytosin-[2- 1 4 C] wird von allen untersuchten Bakterienstämmen in geringer Menge aufgenommen. Lb. leichmannii und Lb. acidophilus R 26 wandeln das aufgenommene 5-Hydroxymethyl-cytosin- [2- 1 4 C] vollständig in Thymin um, dagegen enthalten B. coli B und B. coli 1883 Co neben radioaktivem Thymin den größeren Teil der Radioaktivität in Form von 5-Hydroxymethyl-cytosin- [2- 1 4 C] -desoxyribosid. Kürzlich konnten wir zeigen, daß Bakterien Uracil-[2-14C] in Cytosin und Thymin umwandeln; da- bei ist für die Synthese des Thymins unbedingt Folsäure bzw. Coenzym F notwendig 1 . Weiterhin wurde gefunden, daß Formiat-[ 1 4 C] den C r B a u s t e i n der Methylgruppe des Thymins liefern kann 1 . Aus diesen Ergebnissen ableitend wurde sodann die Frage diskutiert, ob bei der Biosynthese des Thymins eine 5-Hydroxymethyl-uracil-Verbindung als wurde Uracil weggelassen, bei der Züchtung der beiden B. coli-Stämme auch die Purine. Wenn Lb. leichmannii 313 mehrere Passagen in einem uracil-freien Nährmedium gezüchtet wird, zeigt er in uracil-freiem Medium ein besseres Wachstum als der Ausgangsstamm. Der so erhaltene Stamm wird im folgenden als Lb. leichmannii 313 adaptiert bezeichnet. Die Lb. leichmannii-Stämme wurden in Anwesenheit von 2 my/ml Vitamin B 12 gezüchtet, Lb. acidophilus R 26 mit 10 y/ml Adenindesoxyribosid. HMC wurde vom Medium getrennt sterilisiert. Intermediärprodukt auftritt. Nachdem S. S. B. coli B COHEN 2 aus dem virusinfizierten 5-Hydroxymethyl-cytosin-desoxyribosid isolieren konnte, schien es von Interesse zu prüfen, ob 5-Hydroxymethyl-cytosin ( H M C ) für die Biosynthese des Thymins verwendet werden kann. haben zu diesem Zweck [2-14C] Wir 5-Hydroxymethyl-cytosin- synthetisiert 3 und seinen Stoffwechsel bei Bestimmung der Radioaktivität Zur Bestimmung der Radioaktivität wurden 40 mg getrocknete Bakterien in einer Presse zur Herstellung von KBr-Scheibchen für die UR-Spektroskopie in kleine Scheibchen von 1 cm Durchmesser gepreßt und ihre Radioaktivität unter einem Glockenzählrohr FHZ 15 (Friesecke & Hoepfner, 1,6 mg Glimmer/cm 2 ) bestimmt. verschiedenen Bakterien untersucht. Aufarbeitung Methodik 5 - H y d r o x y m e t h y l - c y t o s i n - [ 2 - 14 C) : A k t i v i t ä t 1 mC/mMol 3 Züchtung der Bakterien Stämme: Lactobacillus leichmannii 313, Lactobacillus leichmannii 313 adaptiert, Lactobacillus leichmannii 4797, Lactobacillus acidophilus R 26, Lactobacillus plantarum 10 S, Enterococcus Stei, B. coli 1883 Co und B. coli B. Züchtung, Aufbewahrung der Bakterien sowie Zusammensetzung der verwendeten Nährmedien sind in früheren Arbeiten beschrieben 4 . B. coli B wurde wie B. coli 1883 Co gezüchtet, fn allen Nährmedien 1 2 3 F . WEYGAND, A . WACKER, A . TREBST U. O . P . SWOBODA, Z. Naturforschg. 9 b, 764 [ 1 9 5 4 ] . S. S. COHEN, Cold Spring Harbor Sympos. quantitat. Biol. 18. 221 [ 1 9 5 3 ] . F. W E Y G A N D u. 0 . P. SWOBODA. Z Naturforschg. I I b . 369 [1956]. der Bakterien Die Nucleinsäure aus kleineren Mengen Bakterien wurde durch 10-stdg. Extraktion mit einer 10-proz. Kochsalzlösung im verschlossenen Rohr bei 95° und anschließender Dialyse der von den Bakterien abzentrifugierten Lösung gewonnen. Zur Isolierung der Pyrimidine wurde die so aus 60 mg Bakterien erhaltene Nucleinsäure-Lösung eingeengt, mit 3 ml konz. Ameisensäure versetzt und 2 Stdn. im Bombenrohr auf 170° erhitzt. Nach dem Abdampfen der Ameisensäure wurde in wenig Wasser aufgenommen und die Purine und Pyrimidine papierchromatographisch in n-Butanol/Wasser gesättigt und in Isopropanol/konz. HCl/Wasser (170 : 41 : 39) aufgetrennt. HMC wurde in den folgenden Systemen chromatographiert: 4 A . W A C K E R , A. TREBST U. F. W E Y G A N D , Z . Naturforschg. 11 b. 7 [1956] ; Lb. plantarum 10 S wurde in dem gleichen Nährmedium wie Lb. leichmannii 313 gezüchtet, jedoch ohne Vitamin B 1 2 ; F. W E Y G A N D , A. W A C K E R , A. TREBST U. O . P. SWOBODA, Z . Naturforschg. 9 b, 764 [ 1 9 5 4 ] , in dem in dieser Arbeit angegebenen Nährmedium A wurden Enterococcus Stei. B. coli 1883 Co u. B. coli B gezüchtet. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:31 PM n-Butanol/Wasser/konz. NH. } ( 8 6 : 1 3 : 1 ) , « / - W e r t 0,2; Methanol/2-n. NH 3 (70 : 3 0 ) , 7?/-Wert 0 , 4 3 ; 80% Äthanol + 0,5% Acetat-Puffer pa 3,5, /«/-Wert 0,55. Zur Isolierung der Desoxyriboside wurde die aus den Bakterien gewonnene Nucleinsäure (von 4 1 Kulturmedium bei Lb. leichmannii 313, bzw. 1 l bei B. coli 1883 Co) enzymatisch mit einem Ferment aus Kälberdarm 5 und kristallisierter Desoxyribonuclease (GEA Kopenhagen) gespalten. Nach dem Eindampfen der Lösung wurden die Desoxyriboside mit Äthanol extrahiert und nach Abdampfen des Alkohols die wäßrige Lösung der Desoxyriboside durch Ionenaustausch-Chromatographie an Dowex 2 x 8, 200 — 400 mesh, in der Formiatform und Elution mit 0,2-proz. Ameisensäure getrennt. Zur Ermittlung der spezifischen Aktivität wurde das so gewonnene Thymidin nochmals papierchromatographisch gereinigt. Zunächst untersuchten wir die Radioaktivität der P y r i m i d i n e . Hierzu wurde die extrahierte Nuclein- säure mit Ameisensäure g e s p a l t e n 2 und die P u r i n e und P y r i m i d i n e papierchromatographisch Es zeigte sich, daß Lb. leichmannii sowie Verbindung, in B. coli nämlich nur Thymin 4797 radioaktive eine enthielten, während 1 8 8 3 C o und B. coli B außer T h y m i n noch eine zweite Auf R 26 Lb. acidophilus getrennt. 3 1 3 und radioaktive Substanz vorhanden den P a p i e r c h r o m a t o g r a m m e n Nucleinsäuren der war. gespaltenen aus den B. c o / i - S t ä m m e n zeigte die Stelle, an der sich die zweite radioaktive V e r b i n d u n g b e f a n d , die weitaus g r ö ß e r e Radioaktivität. Diese zweite V e r b i n d u n g war nach ihrem R f - W e r t in verschiedenen Lösungsmittel-Systemen H M C . ( D i e zur C h r o m a t o g r a p h i e benutzten Systeme sind unter M e Ergebnisse thodik angegeben.) unter- Bei der Spaltung der isolierten Nucleinsäuren mit aufgenommene e i n e m Ferment aus K ä l b e r d a r m ° und kristallisierter W i e aus T a b . 1 h e r v o r g e h t , nahmen alle suchten Bakterien Menge war HMC auf. unterschiedlich. Die Die Lb. leichmannii- Desoxyribonuclease erhielten wir Desoxyriboside Stämme n a h m e n am meisten auf, g e f o l g t v o n Ente- u n d R i b o s i d e , deren Radioaktivität Stei. Eine g e r i n g e r e Radioaktivität, d. h. ten. A u s der gespaltenen Nucleinsäure v o n Lb. rococcus geringere H M C - A u f n a h m e , R 2 6 , Lb. plantarum zeigten Lb. 1 0 S und acidophilus die b e i d e n B coli- mannii untersuchleich- 3 1 3 konnten wir durch Ionenaustausch-Chro- m a t o g r a p h i e an D o w e x 2 w i e d e r u m nur eine radio- aktive V e r b i n d u n g isolieren, die nach ihrem papier- Stämme. Stamm chromatographischen, spektroskopischen und m i k r o - Im Nährmedium Radioaktivität vorhandene Menge von 40 mg 5- Hydroxy methylBakterien cvtosin-[2- 14 C] [Imp./min] [v! ml] Lb. leichmannii 313 Lb. leichmannii 313 10 185 adaptiert 10 215 Lb. leichmannii 4797 Lb. acidophilus R 26 Lb. plantarum 10 S Enterococcus Stei biologischen Verhalten Thymindesoxyribosid ist. Ein Vergleich der spezifischen Aktivität mit d e m eingesetzten H M C - [ 2 - 1 4 C ] ( = 1 0 0 % ) e r g a b , d a ß unge- fähr 2 , 2 % des T h y m i n s aus H M C gebildet werden. Bei B. coli 1 8 8 3 C o erhielten w i r nach enzymati- scher Spaltung der Nucleinsäure und anschließender 10 96 papierchromatographischer 10 22 aktive V e r b i n d u n g e n . Eine d a v o n war 10 16 10 45 o x y r i b o s i d , das nur zu 0 , 2 % aus H M C gebildet w i r d B. coli 1883 Co 10 20 20 35 B. coli B 20 45 (bezogen A u s der Nucleinsäure der zu unseren verwendeten Bakterien konnten wir auf die Trennung Radioaktivität zwei des radio- Thymindeseingesetzten H M C = 1 0 0 % ) . D i e andere radioaktive V e r b i n d u n g war nach ihrem in Rf-Wert Äthanol/Acetatpuffer Ph 3 , 5 , H M C - D e s o x y r i b o s i d 2 . D i e isolierte Menge H M C - D e s o x y r i b o s i d war aber so g e r i n g , daß sich die Verbindung Tab. 1. Radioaktivität der mit 5-Hydroxymethyl-cytosin[2- 1 4 C] gewachsenen Bakterien. auf dem Papierchromatogramm nur durch ihre Radioaktivität nachweisen ließ. Versuchen bisher kein Diskussion H M C isolieren. Es w a r daher wichtig zu wissen, auf welche V e r b i n d u n g ( o d e r V e r b i n d u n g e n ) d i e R a d i o aktivität zurückzuführen war. U m dies zu ermitteln, A u s den Versuchen ergibt sich, d a ß Lb. nii und Lb. acidophilus wurden die Bakterien nach verschiedenen M e t h o d e n wandeln, aufgearbeitet. HMC-Desoxyribosid 5 wir W . KLEIN, Hoppe-Seyler's Z . physiol. Chem. 2 5 5 , 82 [ 1 9 3 8 ] . dagegen leichman- R 2 6 H M C in T h y m i n u m - nicht in Uracil und ließ sich in diesen Cytosin. Bakterien nicht nachweisen. Ein anderes Bild zeigt B. coli. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:31 PM Die A u f n a h m e von H M C ist wie bei den Milchsäurebak- aus H M C synthetisiert, ist interessant. S. S. terien gering. Jedoch wandeln beide Stämme den entdeckte, daß Bakteriophagen (Stämme T 2 , T 4 , T 6 ) H M C in Thy- diesen Stamm zur Bildung von H M C induzieren 2 . Die kleineren Teil des aufgenommenen COHEN min um. Die größere Menge enthalten sie in Form Phagen enthalten in von H M C - D e s o x y r i b o s i d . Eine Umwandlung in Ura- an Stelle von Cytosindesoxyribosid cil und Cytosin findet ebenfalls nicht statt. bosid. V o n grundsätzlicher Bedeutung ist dabei die Nach diesen Versuchen mit isotopen-markiertem ihrer Desoxyribonucleinsäure HMC-Desoxyri- Frage, o b H M C nicht doch in Spuren normalerweise H M C ergibt sich, daß H M C kein normales Zwischen- in diesem Bakterium enthalten ist und die Phagen produkt bei der Biosynthese des Thymins ist. Dies lediglich eine Mengenverschiebung der vorhandenen liegt sicherlich nicht daran, daß die in 6-Stellung Pyrimidinbasen bewirken. W ä r e dagegen H M C kein befindliche NH 2 -Gruppe nicht gegen eine OH-Gruppe normaler Bestandteil der Bakterienzellen, so würde ersetzt werden könnte. — W i e schon früher beim dies zeigen, daß Phagen auch Verbindungen enthalten T h y m i n gefunden wurde, kann auch H M C nicht in können, die nicht in dem Wirt vorhanden sind. Der Cytosin und Uracil verwandelt w e r d e n 1 . Die Ein- beachtliche Unterschied zwischen B. coli führung eines Q-Bausteines in 5-Stellung des Pyri- 1 8 8 3 Co und den Milchsäurebakterien liegt in dem midinringes scheint also ein irreversibler H M C - D e s o x y r i b o s i d - Gehalt Vorgang der B, B. coli B. coli- Stämme. zu sein, was mit der Sonderstellung des Thymins Dies deutet darauf hin, daß in den normalen Zellen zusammenhängen von B. coli B H M C in Spuren vorhanden ist. dürfte. Wie schon S. S. COHEN f a n d 2 , kann auch Thymin nicht in H M C umgewandelt werden. Der Befund, daß B. coli B nur in geringer Menge H M C enthält und auch nur Spuren seines Thymins Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t und dem Verband der chemischen Industrie, F o n d s d e r C h e m i e , danken wir bestens für die Unterstützung dieser Arbeit. Uber das optische Verhalten v o n Desoxyribonucleinsäure-Histon-Kombinaten V o n OLAF KLAMERTH Aus dem Institut für Virusforschung, Heidelberg (7.. Naturforschg. 12 b, 186—189 [1957] ; eingegangen am 5. September 1956) The extinction of varying mixtures of desoxyribonucleic acid ( D N A ) and original histon at 260 mix does not show an increase in proportion to the increase in the amount of histon added to the basic, constant D N A concentration, but is characterized by two points of inflexion. The composition of the DNA-histon mixture at the first of these points reveals the N / P quotient ( 3 , 7 — 3 , 9 ) characteristic of natural DNA-histons, i . e . a ratio of one basic N atom to 1,5 P atoms. The second point ( N / P ratio 8,5 — 9,5) marks the limit of histon-binding capacity of the complex. Such recombinations of D N A and histon are only incompletely degraded enzymatically by desoxyribonuclease. The rate of degradation is inversely proportional to the histon concentration. Bei der noch nicht geklärten Frage nach dem Aufbau nativer Desoxyribonucleoproteide (DNP) war Histon-Adduhten von CHARGAFF durchgeführt w o r d e n . Nach und ALEXANDER Mitarbb2 verläuft die es von Interesse festzustellen, o b Rekombinate von Bildung solcher Kombinate nicht nach stöchiometri- Desoxyribonucleinsäure schen Verhältnissen, sondern ist abhängig vom Ver- (DNS) mit abgespaltenem Histon in ihrer Zusammensetzung Gesetzmäßigkeiten dünnungsgrad der Komponenten und führt zu Ge- unterliegen. DNS-Protamin- bilden von wechselnder Zusammensetzung. Auf die Komplexen sind kürzlich von ALEXANDER1, an DNS- Ähnlichkeit des Verhaltens der bei großer Verdün- 1 Untersuchungen an P. ALEXANDER, Nature [ L o n d o n ] 169. 226 [1952] sowie Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 10. 595 [ 1 9 5 3 ] . 2 F. CRAMPTON, R . LIPSHITZ U. E . CHARGAFF, J. biol. Chemistry 2 0 6 , 499 [ 1 9 5 4 ] . Weitere Literatur in E . CHARGAFF u. J. N. DAVIDSON in „ T h e Nucleic A c i d s " , Vol. I. Kap. X , S. 307 ff.. A c a d e m i c Press Inc., New York 1955. C. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:31 PM