Vortrag Ungarn-Zusammenfassung 2005

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U NIV .-P ROF . D R . G ERWIN A RNETZL
Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Graz
Vorstand: Univ.-Prof. Dr. R.O. Bratschko
Klinische Abteilung für Zahnersatzkunde
(Prothetik, Restaurative Zahnheilkunde und Parodontologie)
Tel.: +43 316 385 4734
Fax +43 316 385 4058
email: [email protected]
Betreff: Restaurative Versorgungen aus Ungarn
anbei darf ich Ihnen die gewünschte Kurzzusammnenfassung des Vortrages
gehalten am österreichischen Zahnärztekongreß 1995 in Wien zukommen
lassen.
Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung .
Mit freundlichen Grüßen
Prof. G. Arnetzl
Prothetische Versorgungen aus dem benachbarten
Ausland ohne entsprechende Vorbehandlung und deren
Folgen
Univ.-Prof. Dr.Gerwin Arnetzl
Zusammenfassung eines Vortrages gehalten am Österr. Zahnärztekongreß 1995 in Wien
Einleitung:
Gehäuft suchten Patienten im letzten Jahrzent mit den unterschiedlichsten
Beschwerden die Ambulanz der Zahnklinik auf. Zähne mit akuter Pulpitis, akute
dentale
Abszesse,
intermitierende
Zahnschmerzen,
akute
Kiefergelenksproblematiken, akute Gingivitiden und Parodontitiden und
ästhetische Probleme waren die Anlaßfälle. Als Ursachen konnte festgestellt
werden, daß
die pulpitischen Zähne für Kronen beschliffen und die Patienten ohne
Provisorien bis zum nächsten Termin entlassen worden waren.
die akuten dentalen Abszesse an Zähnen lokalisiert waren die ohne
Wasserkühlung für Kronen und Brückenpfeiler beschliffen und in der Folge
gangränös wurden.
Die intermitierenden Zahnschmerzen verursacht waren durch floride Karies
neben und unter bestehen gelassenen alten Amalgamfüllungen unter
neuangefertigten Kronen
akute Kiefergelenksproblematiken bedingt waren durch einseitige
Nonokklusion, massive Hyperbalancen und Okklusionsstörungen oder
unbehandelten schon vor der Restauration bestandenen Dysfunktionen
akute Gingivitiden und Parodontitis bereits vor der Behandlung bestanden und
nicht einer initialen Therapie zugeführt wurden oder durch die angefertigten
Kronen und Brücken verursacht wurden. Überstehenden Kronenränder bis zu 2
mm und darüber, Billigstlegierungen, sowie nicht entfernte zum Teil massive
Zementüberschüsse waren ursächlich dafür verantwortlich.
Bild 1
Bild 1:
Eine Situation die sich bei einem Großteil der Restaurationen
zeigte. Überstehende Kronenränder und Randspaltbereiche mit bis zu 3mmm
Paßungenauigkeiten deren Randspaltbereiche mit Zement ausgefüllt sind, wobei
bestehende Überschüsse nach dem Aushärten nicht entfernt wurden.
Bild 2
Bild 1 u. 2:
Die Folgen für das parodontale Gewebe sind sind nach
Sondierung deutlich sichtbar. Massive Blutungen als Ausdruck der
hochgradigen chronischen Gingivitis. Meist bestand eine chronische Gingivitis
und Parodontitis bereits vor Beginn der Kronenanfertigung. Eine initiale
Parodontaltherapie als Grundlage der Restaurativen Versorgung wurde in
keinem der untersuchten Fälle durchgeführt.
ästhetische Probleme durch abgeplatzte, gesprungene oder durch
Einschleifversuche mit groben Diamanten zerstörte Keramikverblendungen
bedingt waren.
Eine vierzehnstellige Oberkieferbrücke die 3 Monaten davor angefertigt worden
war und ohne Zuhilfenahme von Extraktionszangen mit der bloßen Hand samt
Zähnen entfernt werden konnte, war eine der extremsten Situationen die im
Rahmen der Problematik „Prothetische Versorgungen aus dem benachbarten
Ausland ohne entsprechende Vorbehandlung und deren Folgen“ aufgetreten ist.
(ein Dia dieser unglaublichen Situation ist im Anhang beigeschlossen )
Bild 3
Bild 3:
Die Korrektur grober gnathologischer Inkorrektheiten wird
entweder nicht vorgenommen oder auf rascheste Art und Weise durchgeführt.
Bild4
Bild 4:
Anfertigung der Brücke am 23.03.1995 Entfernung in toto
am 06.09.1995 aufgrund eines odontogenen Abszesses.
Daneben mußte immer wieder festgestellt werden, daß lokalisiert Lücken oder
Zähne versorgt wurden ohne die Gesamtsituation der dentalen, okklusalen und
parodontalen Verhältnisse zu berücksichtigen. Restaurationen ohne Gegenbiß,
unzureichende Wurzelfüllungen und bestehende apikale Beherdungen und
zystische Veränderungen und kariöse Läsionen die vor der restaurativen
Versorgung nicht therapiert wurden.
Studie:
Der vorliegende zusammengefaßte Beitrag umfaßt eine Befunderhebung und
Auswertung von prothetisch- restaurativen Versorgungen, welche in Ungarns
Dentalwerkstätten des grenznahen Bereiches gefertigt wurden. Patienten die
subjektiv beschwerdefrei und zufrieden waren, kamen zur Begutachtung an
unsere Klinik, um von Ihren Versicherungsträgern einen teilweisen Kostenersatz
erstattet zu bekommen.
Ziel dieser Untersuchung war es, Aufschluß über Qualität der Versorgungen und
etwaige nachfolgende Probleme zu erlangen.
An allen Patienten wurde von uns eine klinische Untersuchungen durchgeführt,
wobei die Befunderhebung mit Kleinbild-Röntgenstatus und Panoramaröntgenaufnahmen komplementiert wurde.
Die dentale Befunderhebung, wurde mit Hilfe der Röntgenaufnahmen, der
Vitalitätsprüfung mit CO2-Schnee sowie Sonde und Spiegel durchgeführt. Sie
umfaßt eine genaue Auflistung der devitalen Zähne, der röntgenologisch
unvollständige Wurzelfüllungen und Wurzereste.
Die parodontale Befunderhebung, umfassend den API (Approximalraum Plaque
Index) und den PBI (Papillen Blutungs Index), sowie das Attachmentniveau,
Rezession, BOP, Beweglichkeit( mod. Millerindex) und Furkationsbefunde
wurden mit der Parodontalsonde und mittels genauer klinischer Inspektion und
Röntgendiagnose erhoben.
Die Okklusion der Versorgungen überprüften wir mit der Shimstockfolie, die
Kronenränder mit einer kalibrierten Sonde. Insgesamt wurden an 124 Patienten
über 1000 Zähne befundet und die Situation fotographisch dokumentiert.
Ergebnisse:
Die dentalen Befunde ergaben, daß bei 100% der Patienten devitale Zähne
diagnostiziert wurden. Bei 65% der Patienten lagen
röngenologische
Beherdungen vor, 63% hatten unvollständige Wurzelfüllungen und 36% wiesen
Kariesläsionen auf. Bei 13% der Patienten wurden impaktierte bzw. retinierte
Zähne , bei 9% Zahnstellungsanomalien wie Progenie, bialveoläre Protrusion
und tiefer Biß diagnostiziert. (Abb. 1+2)
Befunde
Befunde
100%
100%
90%
90%
80%
80%
70%
70%
60%
60%
50%
40%
30%
50%
65
20%
30%
36
20%
10%
0%
10%
Beherdung
WB
80
40%
64
0%
Karies
Abb.1
53
50
UK-unvers.
Kronenrand
16
OK-unvers.
Bißsituation
Abb.2
Die Auswertung der parodontalen Befunde ergab, daß 86% eine Gingivitis im
Oberkiefer aufwiesen, wobei 84%der Patienten auch prothetisch- restaurative
Versorgungen im Oberkiefer trugen. 84% eine Gingivitis im Unterkiefer bei
einem 47%igen Versorgungsgrad aufwiesen, weiters bei 52% eine Parodontitis
im Oberkiefer und bei 45% eine Parodontitis im Unterkiefer vorlag. Ein
horizontaler parodontaler Abbau war bei 47%, ein vertikaler parodontaler Abbau
bei 36% zu diagnostizieren.(Abb.3)
Befunde
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
86
30%
52
20%
36
48
10%
0%
Gingivitis
Parodontitis
vertikaler Kv
horizont. Kv
Abb.3
Diese Parodontopathien waren zum Teil bereits vor der Kronenanfertigung
vorhanden, dies zeigt sich im hohen Grad der Parodontopathien ohne Kronen
oder Brückenversorgungen und dem großen Anteil von generalisiertem
horizontalen Attachmentverlust, bzw. wurden erst durch die Kronen,
Kronenüberkonturierungen und Zementüberschüsse hervorgerufen.
Bei nur 20% der Patienten waren entsprechende okklusale Konstellationen in
Zentrik und Exzentrik vorhanden, bei 80% hielt die Shimstockfolie lediglich an
einem Zahn.
Bei der Beurteilung der Kronen mußten wir bei 50% eine Überkonturierung der
Ränder bis zu 2mm und das Persistieren von massiven Zementresten im
Gingivalsulcus feststellen.(Abb.5)
Befunde
100%
90%
80%
70%
60%
86
65
36
0%
Beherdungen
10%
80
50
abstehender
Kronenrand
20%
Parodontitis
30%
Karies
40%
fehlerhafte
Bißsituation
50%
Abb.5
Aus den erhobenen Befunden ergab sich, daß den Patienten zum Teil
umfangreiche weitere Therapien und Sanierungen empfohlen werden mußten.
Bei 65% war eine Sanierung der apikalen Beherdungen notwendig. 77% der
Patienten wurde eine umfangreiche konservierende Therapie empfohlen, wobei
diese sowohl die bestehenden kariösen Läsionen, als auch die unvollständigen
Wurzelfüllungen mit einschlossen.
Durch die schlechten parodontalen Verhältnisse der Patienten wurde bei 34%
eine genaue Abklärung mittels weitergehenden Parodontalbefunden notwendig,
84% mußten sich einer umfassenden Parodontaltherapie unterziehen.
70% der Patienten mußte aufgrund der vorhandenen Non- und Malokklusion,
persistierenden
Dysfunktionen,
abgeplatzten
oder
zerstörten
Keramikverblendungen und statischen Fehlkonstruktionen eine neuerliche
prothetisch-restaurative Sanierung empfohlen werden, wobei bei 20% der
Patienten eine gnathologische Einschleiftherapie zur Behebung von
vorhandenen krassen Vor- und Fehlkontakten notwendig war.
Durch nicht fachgerechte Behandlungen entsteht in den Folgemonaten ein
Nachbehandlungsbedarf
(Wurzelspitzenresektionen,
Füllungstherapien,
Prothetische Neuanfertigungen, Parodontal-Sanierungen etc.) in Form reiner
Kassenleistungen von ca. 25-30.000.- ÖS pro Patient. Bei 27.000
Abrechnungsfällen von in Ungarns grenznahen Bereich erzeugten Arbeiten
enstand allein der NÖ GKK im Jahr 1993 Folgebehandlungskosten von ca. 750900 Millionen ÖS
Nachbehandlungen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
85
40%
77
65
30%
70
20%
20
10%
0%
Paro
WSR
Füllung
Rest. San. Gnath. Ther.
abschließendes Statement:
Durch nicht fachgerechte Prothetisch-Restaurative Sanierungen im östlichen
Ausland entsteht in über 84% ein Nachbehandlungsbedarf.
Die Qualität der Prothetisch-Restaurativen Sanierung von Billiganbietern
entspricht nicht dem zeitgemäßen zahnmedizinischen Standard.
Der Anreiz besonderer Kostengünstigkeit wird mit körperlichen Leiden bezahlt.
Die Restaurativen Versorgungen entsprechen nicht den EU-Richtlinien
(ISO-Norm 9000 und Medizinproduktegesetz)
Die Zahn-, Mund- und Allgemeingesundheit der Patienten ist durch die
Nichtbeachtung von Standards in Diagnose, Initialtherapie sowie
restaurativen Behandlungs- und Herstellungsschritten in hohem Maße
gefährdet.
Falldokumentation:
Implantat
1 Jahr post operationem
Patient:
Hevis 2001
männlich, 46 Jahre
Operation übers Wochenende in Budapest
Restaurative Versorgung in Hevis
Dauer 5 Tage
Kosten ca. 130.000.- ATS
Implantat
1 Jahr post operationem
Hevis 2001
Beschwerden:
OK Teilprothese wurde
unter Schmerzen eingesetzt
einmal herausgenommen
konnte sie nicht mehr reponiert
werden.
seitdem nicht mehr getragen.
akute Schmerzen in OK und UK
G. Arnetzl
Implantat
1 Jahr post operationem
Hevis 2001
Befund:
4 Oberkieferimplantate mit
fehlzementierter bis zu 3mm
abstehender Suprastruktur
nichtpassende OK Teilprothese
Unterkieferrestauration in einem
Stück von 36 bis 45 auf Eigenbezahnung und Implantaten
Beherdung von 33
hochgradige, akute Gingivitis
und Periimplantitis OK und UK
G. Arnetzl
Implantat
1 Jahr post operationem
Diagnose:
Implantatio imperfecta
pecunia causa
Graz
Hevis 2001
Kompetenzzentrum
der
Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Graz
Auenbruggerplatz 12
8036 Graz
Klinische Abteilung für Zahnersatzkunde
(Prothetik, Restaurative Zahnheilkunde und Parodontologie)
Univ.- Prof. Dr. R.O. Bratschko
Implantologie und abnehmbare Prothetik
Univ.- Prof. Dr. W.A. Wegscheider
Parodondologie und Funktionsdiagnostik
Univ.- Prof. Dr. M. Haas
Vollkeramik-, Adhäsiv-, festsitzende Prothetik
Univ.- Prof. Dr. G. Arnetzl
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