Bei unerwünschten Wirkungen

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amit Arzneimittel ihren Weg zur
Wirkstätte finden, aber auch wieder
ausgeschieden werden könnnen,
werden sie einer sogenannten Biotransformation unterzogen. In der Leber sind zahlreiche chemische Werkstätten, in denen
Arzneimittel und auch andere Fremdstoffe
aus unserer Nahrung und unserem Stoffwechsel bearbeitet werden. Hier werden
Substanzen wasserlöslich gemacht, an körpereigene Eiweißstoffe angehängt, in kleinere Teile zerlegt und chemisch umgewandelt.
Viele Arzneimittel brauchen diese Biotransformation, um ihre Wirkung entfalten zu
können, aber auch um wieder aus dem Körper ausgeschieden zu werden.
Die Hauptakteure in dieser Werkstätte sind
die Enzyme. Das sind organische Verbindungen in der Zelle, die den Stoffwechsel
des Organismus steuern. Eine wichtige Familie ist der Cytochrom-P450-Enzymkomplex (CYP-P450), der beim Abbau von
mehr als 50 Arzneistoffen wie z.B. Diclofenac, Verapamil (Isoptin®), aber auch Coffein und Nikotin beteiligt ist. Es sind zwar 18
Unterfamilien der CYP-P450-Familie mit
ca. 500 Genen bekannt, aktiv sind aber nur
drei an der Biotransformation beteiligt.
Rund 25 % der Arzneimittel werden von
nur einem einzigen Enzym modifiziert, dem
Cytochrom-P450-2D6-Enzym.
D
Gift oder Wirkstoff?
Die Aktivität der Enzyme bestimmt die Geschwindigkeit, mit der Medikamente wieder aus dem Körper ausgeschieden werden.
Da die CYP-P450 von Mensch zu Mensch
in ihrer Tatkraft variieren, kommt es trotz
gleicher Dosierung von Arzneien zu unterschiedlicher Intensität und Dauer von Wirkungen und Nebenwirkungen. Daraus resultieren auch viele unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Nebenwirkungen.
Nur bei 20 bis 40 % der Patienten wirken
Arzneimittel optimal. Studien zeigen, dass in
den USA jährlich 2,2 Millionen Menschen
schwere, unerwünschte Arzneimittelwirkungen erleiden, aber auch, dass Therapien von
Blutdruckmitteln, Blutfettsenkern oder An-
Bei unerwünschten
Wirkungen ...
Manche fühlen schon die Nebenwirkungen beim Lesen des
Beipacktextes, andere reagieren überhaupt nicht auf ein Medikament.
Man weiß mittlerweile warum, jetzt gilt es, dieses Wissen zu nutzen.
tidepressiva bei 20 bis 50 % entweder überhaupt unwirksam sind oder aufgrund von
Nebenwirkungen abgebrochen werden
mussten.
Unsere Gene bestehen aus der DNA. Das
sind Moleküle, die die „Codes“ für die Proteinproduktion enthalten. Sie sind im Körper für fast alle Stoffwechselreaktionen verantwortlich und halten damit unsere innere
Maschinerie in Betrieb. Jedes zu bildende
Protein kopiert quasi von seiner DNA die
Reihenfolge seiner eigenen Eiweißbausteine.
So können unsere menschlichen Zellen
über unser Erbgut immer wieder idente
Produkte herstellen. Auch Enzyme bestehen aus Eiweißbausteinen und werden so
produziert.
Kommt es bei der Zellteilung oder durch
äußere Einwirkungen (wie UV-Strahlen,
Atomstrahlung) in der DNA-Sequenz zu
einem Irrtum, also zu einer Verwechslung
in der Kombination der richtigen Bausteine,
dann spricht man von Mutation. Mutationen können, müssen aber nicht vererbt werden. Genmutationen können keine bis gravierende oder sogar tödliche Folgen haben.
Hoher Anteil von Enzymdefekten
Treten Mutationen bei Enzymen auf, ist
eben ein Enzymdefekt das Resultat. Wenn
zum Beispiel CYP-P450-Enzym durch die
Mutation so verändert wurde, dass es seine
normale Tätigkeit falsch ausführt, besteht
einerseits die Möglichkeit einer überhöhten
Aktivität. Das führt zu einem erhöhten
Stoffwechsel und in weiterer Folge zum rascheren Abbau der Arzneimittel im Körper.
Als Auswirkung kommt es auch bei höheren
Dosen zu keiner oder nur geringfügiger
Wirkung. Andererseits verweilen bei reduzierter Aktivität die Medikamente länger
im Körper, was ebenfalls Folgen haben
kann. Bei 5 bis 10 % der Bevölkerung ist ein
CYP-P450-Enzym sogar überhaupt nicht
vorhanden.
Die gravierende Bedeutung der in der Biotransformation vorkommenden Enzyme
sieht man am Beispiel des Wirkstoffes Perhexilin. Er bleibt unter normaler Biotransformation und Ausscheidung 30 bis 50
Stunden (6 bis 10 Tage) im Körper, während bei einem Fehlen der Enzyme die Verweildauer bis auf 800 bis 1000 Stunden (7
Monate!) steigt.
Hoffnung für die Zukunft – punktgenaue Medikamentenwirkung
Die Entdeckung der Enzymmutationen führt zur Entwicklung neuer Techniken, die
wiederum eine Untersuchung auf fehlende, langsame oder ultraschnelle Enzyme zulassen. Auf dieser Grundlage sollte es künftig möglich sein, das für den Patienten am
besten geeignete Medikament mit der erforderlichen Dosis für einen optimalen Therapieeffekt auswählen zu können. Diese neuen Möglichkeiten erlauben vor allem eine
frühe Identifizierung von Risikopatienten.
Diese Genotypisierungsverfahren sind jedoch noch in der Studienphase und sehr kostspielig. Die bereits gewonnenen Erkenntnisse sprechen jedoch eindeutig dafür, dass
durch Anwendung des vorhandenen Wissens und durch Entwicklung neuer Labortechniken gravierende Nebenwirkungen und Therapieversagen in Zukunft vielleicht sogar
vermieden werden können.
Enzymmangel hat Folgen
Werden die Arzneimittel durch fehlende
Enzyme in der Leber nicht oder zu langsam
abgebaut, verweilen sie zu lange im Körper
und können unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder Nebenwirkungen auslösen.
Ein interessanter Aspekt: Während bei den
Europäern, Amerikanern und Afrikanern 6
bis 8 % an langsameren Enzymen leiden,
kennen nicht einmal 1 % der Asiaten diese
Mutation. Die schnellsten Enzyme sind eher
ausgeprägt im Nahen Osten und Ostafrika.
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