Benigner solitärer fibröser Pleuratumor

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D E R B E S O N D E R E FA L L
Schweiz Med Forum 2004;4:1098–1099
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Benigner solitärer fibröser Pleuratumor
Malcolm Kohlera, Hans Gelpkeb, Marco Decurtinsb, Renata Fluryc, Thomas Hessa
a
Medizinische Klinik, b Chirurgische Klinik und c Institut für Pathologie, Kantonsspital Winterthur
Anamnese und Klinik
Abbildung 1.
Röntgen des Thorax mit Transparenzminderung über den basalen 2⁄3
des rechtsseitigen Hemithorax.
Abbildung 2.
Computertomographie des Thorax mit ausgedehnter Tumormasse
im rechten Hemithorax.
Der 71jährige Patient wurde notfallmässig
wegen im Alltag beeinträchtigender Dyspnoe
und konventionell radiologisch festgestelltem,
rechtsseitigem Pleuraerguss zugewiesen. Die
persönliche Anamnese war bis auf eine seit
Jahren vorbestehende, klinisch stabile multiple
Sklerose, aufgrund welcher der Patient rollstuhlbedürftig ist, unauffällig. Systemanamnestisch
gab der Patient einen Gewichtsverlust von 5 Kilogramm in den letzten 6 Monaten an (aktueller
BMI 21,4 kg/m2) sowie eine seit mehreren
Wochen bestehende Leistungsminderung, Inappetenz, Nykturie 4x/Nacht, abendliche Unterschenkelödeme und gelegentliche rechtsthorakale Schmerzen. Im Eintrittsstatus präsentierte
sich der Patient in deutlich reduziertem Allgemeinzustand, kardial kompensiert, mit Ruhedyspnoe ohne Zyanose sowie deutlichen Uhrglasnägeln und Trommelschlägelfingern. Perkutorisch bestand rechtsthorakal basal eine ausgeprägte Dämpfung mit aufgehobenem Atemgeräusch über 2⁄3 des rechtsseitigen Hemithorax. Radiologisch fand sich eine Transparenzminderung im Thoraxröntgenbild (Abb. 1 x).
Die Hämatologie war bis auf eine Thrombozytose von 664 x 109/L unauffällig, laborchemisch
fielen eine auf 697 U/L erhöhte alkalische Phosphatase und ein CRP von 163 mg/L auf. Die
Blutglukose war im Normbereich. In der Lungenfunktionsprüfung wurde eine kombinierte,
schwere restriktive und leicht obstruktive
Ventilationsstörung festgestellt. Im Thoraxultraschall konnte ein nur mässig grosser basaler
Erguss von ca. 10 cm kraniokaudaler Ausdehnung sowie eine grosse solide Masse apikal
davon bei tief stehendem rechtem Zwerchfell
dargestellt werden. Zur Entlastung und Diagnostik bei massiver Dyspnoe wurde eine Thoraxdrainage eingelegt, welche insgesamt 750 ml
stark blutige Flüssigkeit förderte, Hämatokrit
37%. Zytologisch konnten keine malignen Zellen
nachgewiesen werden, der pH der Flüssigkeit
betrug 7,4. Es lag somit ein Hämatothorax bei
grossem, solidem intrathorakalem Tumor vor.
Differentialdiagnostisch wurde insbesondere
eine intrapulmonale Neoplasie mit begleitendem
Hämatothorax in Erwägung gezogen. Die nachfolgend durchgeführte Computertomographie
des Thorax zeigte eine ausgedehnte Tumormasse im rechten Hemithorax mit zum Teil grobscholligen Verkalkungen (Abb. 2 x). Die unter
sonographischer Kontrolle durchgeführte trans-
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thorakale Stanzbiopsie ergab lediglich fibröses
Bindegewebe ohne Malignitätszeichen. Mit der
Vermutungsdiagnose eines benignen solitären
fibrösen Pleuratumors aufgrund der erhobenen
Befunde und der nur milden Klinik trotz grosser
Tumormasse, erfolgte 4 Wochen später eine
chirurgische Exploration mittels transsternal
erweiterter anterolateraler Thorakotomie. Dabei
wurde ein Tumor von 25 cm Durchmesser und
2420 g Gewicht in toto entfernt. Intraoperativ
fand sich weder ein Hämatothorax noch eine
Blutungsquelle. Histologisch zeigte sich ein solitärer fibröser Tumor der Pleura ohne Anhaltspunkte für Malignität. Das immunhistochemische Profil (Positivität für CD34 und Vimentin,
Negativität für S100 und Desmin) untermauerte
die morphologische Diagnose (Abb. 3 x). Ausgangspunkt des Tumors war die Pleura visceralis des rechten Unterlappens. Der Patient konnte
am 16. postoperativen Tag in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden. In der
Nachkontrolle 2 Monate nach der Operation war
Abbildung 3.
Solitärer fibröser Tumor der Pleura mit zellarmen sklerosierenden (links) und
zellreichen spindelzelligen (rechts) Anteilen.
Literatur
Korrespondenz:
Dr. med. Malcolm Kohler
Pneumologie
Departement Innere Medizin
Universitätsspital
CH-8091 Zürich
[email protected]
1 Stark P. Fibrous pleural mesothelioma (pleura fibroma) –
a contribution to the differential diagnosis of pleural tumors.
Rofo 1981;134:614–9.
2 Briselli M, Mark EJ, Dickersin GR. Solitary fibrous tumors
of the pleura: eight new cases and review of 360 cases in the
literature. Cancer 1981;47:2678–89.
3 Desser TS, Stark P. Pictorial essay: solitary fibrous tumor of
the pleura. J Thorac Imaging 1998;13:27–35.
Schweiz Med Forum 2004;4:1098–1099
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der Patient bis auf leichte Schmerzen im Bereich der Thorakotomienarbe beschwerdefrei;
die Dyspnoe war verschwunden. Konventionell
radiologisch bestand noch eine leichte Pleuraverdickung rechts basal. Die Lungenfunktionsprüfung zeigte eine mittelschwere, partiell reversible, obstruktive Ventilationsstörung sowie eine
leichte Restriktion.
Diskussion
Benigne solitäre fibröse Pleuratumoren sind
seltene Tumoren. In der Literatur finden sich nur
vereinzelte Fallberichte oder Fallserien. Der
Tumor tritt häufig in der fünften oder sechsten
Lebensdekade auf. In 70% der Fälle geht der
Tumor von der Pleura visceralis und in 30% von
der Pleura parietalis aus [1, 2]. Die meisten Patienten sind zum Zeitpunkt der Diagnose asymptomatisch, über Symptome wie Thoraxschmerzen, Dyspnoe und Fieber wurde berichtet. Relativ
häufig hingegen treten paraneoplastische Syndrome wie Osteoarthropathie (35%) und Hypoglykämie (4%) aufgrund einer Produktion von
IGF-2 auf [3]. Ob einzelne dieser Tumoren im
Verlauf der Zeit eine maligne Transformation
durchmachen, bleibt offen [4, 5]. Radiologisch
werden meist Tumoren mit einem Durchmesser
zwischen 5 und 30 Zentimeter gefunden, welche
sich im Thoraxröntgenbild häufig mediastinal,
paravertebral oder vermeintlich intrapulmonal
darstellen. Die Therapie der Wahl besteht in
einer chirurgischen Resektion des Tumors, Rezidive sind selten [6]. In unserem Fallbeispiel
bestand aufgrund der Klinik und der radiologischen Befunde sowie des blutigen Pleuraergusses beziehungsweise des Hämatothorax initial
ein hochgradiger Verdacht auf eine maligne
intrapulmonale Raumforderung. Ein blutiger
Pleuraerguss in Verbindung mit einem benignen
solitären fibrösen Pleuratumor wurde bisher in
der Literatur nur in einem Fallbericht beschrieben [5]. Durch die chirurgische Entfernung des
Tumors konnte der Patient geheilt werden. Die
in der Lungenfunktionsprüfung fortbestehende
obstruktive Ventilationsstörung ist im Rahmen
einer COPD zu interpretieren.
4 Krismann M, Adams H, Jaworska M, Muller KM, Johnen G.
Patterns of chromosomal imbalances in benign solitary fibrous tumours of the pleura. Virchows Arch 2000;437:
248–55.
5 Nonaka M, Kadokura M, Takaba T. Benign solitary fibrous
tumor of the parietal pleura which invaded the intercostal
muscle. Lung Cancer 2001;31:325–9.
6 Reno O, Fiosso PL, Papalia E, Molinatti M, Di Marzio P, Maggi
G, Oliaro A. Solitary fibrous tumour of the pleura: surgical
treatment. Eur J Cardiothorac Surg 2001;19:185–9.
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