Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen Die 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen aus allen Fachgebieten Bearbeitet von Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk, Reinhard Burk, Anette Dierolf, Gerhard Dockter, Chiara Dold, Momo Evers, Roland Fath, Henrike Fixl, Sigrid Flüeck, Berthold Gehrke, Martina Gießen-Scheidel, Norbert Graf, Raoul Hecker, Wolfram Henn, Renate Häfner, Christian Jassoy, Cornelia Kampe, Reinhold Kerbl, Thomas Meißner, Gerhard Neuhäuser, Susanne Ramsthaler, Reinhard Roos, Helmut Schneider, Andreas Schwarzkopf, Silja Schwencke, Katarina Sebeková, Xaver Skibbe, Karin Steinhage, Jürgen Sökeland, Regina Toth, Peter M. Wehmeier, Siegfried Zabransky, Dietmar Zinßer, Dominik von Hayek, Felicitas Witte 1. Auflage 2006. Buch. 1600 S. Hardcover ISBN 978 3 13 142961 2 Format (B x L): 17 x 24 cm schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. Frühsommer-Meningoenzephalitis F Frühsommer-Meningoenzephalitis 왘 „Ich dachte schon, ich sei über den Berg, aber wenn die Erkältung jetzt wieder schlimmer wird, ist mir das nicht geheuer“, erzählt Hans seinem Hausarzt. „Ich weiß gar nicht, was ich meinem Chef sagen soll. Es klingt schon ein wenig merkwürdig – erst der Urlaub in Österreich, dann eine Woche krank. Und jetzt liege ich nach ein paar Tagen in der Firma schon wieder flach. Aber mit den Kopf- und Nackenschmerzen kann ich mich nicht konzentrieren. Und dabei dachte ich, ich hätte mich bei diesen tollen Wandertouren gut erholt.“ Definition Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine Erkrankung von Gehirn und Hirnhäuten, verursacht durch das FSME-Virus, das durch Zecken übertragen wird. Ursachen Das FSME-Virus kommt in Süddeutschland, Mitteleuropa (Österreich, Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn) und Südschweden vor (Abb. F.27). Überträger des Virus sind Zecken. Sie nehmen die Viren von kleinen, im Wald lebenden Säugetieren auf und geben es an den nächsten Wirt, z. B. den Menschen, weiter. Besonders gefährdet sind Personen, die im Freien ihrer Arbeit oder Freizeitaktivitäten nachgehen. Zeckenbisse kommen besonders im Frühjahr und Frühsommer vor, doch nur ein kleiner Teil der Zecken ist mit dem Virus infiziert. Das Virus kann auch über Milch von infizierten Ziegen übertragen werden. Symptome Nach einer Inkubationszeit von 7 – 14 Tagen kommt es zu einer fieberhaften Erkrankung mit Gliederschmerzen, die 2 – 4 Tage anhält. Anschließend tritt eine Besserung ein. Die meisten FSME-Virusinfektionen heilen nun aus. Ein Teil der Infizierten hat jedoch nach einigen Tagen erneut Fieber und es entwickelt sich eine → Meningitis mit Kopfschmerz, Fieber und Nackensteifigkeit. Bei schweren Krankheitsverläufen schreitet die Krankheit weiter fort und es kommt zu einer Hirnentzündung (Meningoenzephalitis) mit zunehmender Schläfrigkeit bis hin zum Koma, Hirn-Krampfanfällen und motorischen Störungen. Selten entzündet sich das Hirn- und Rückenmarkgewebe (Meningoenzephalomyelitis). Diagnose Typisch für die FSME ist, dass der Erkrankte einige Tage vor Beginn der neurologischen Symptomatik eine zwischenzeitlich abgeklungene fieberhafte Erkrankung durchlebt hat. Außerdem haben sich die Betroffenen im Sommer in einem FSME-Endemiegebiet aufgehalten und sind nicht gegen die Infektion geimpft. Abb. F.26 Zeckenbiss. Zecken sind Überträger des FSME-Virus. Hilfreich für die Verdachtsdiagnose ist, wenn der Betroffene oder Angehörige sich an Zeckenbisse 2 – 3 Wochen vor dem Krankheitsbeginn erinnern. Die FSME-Virusinfektion wird diagnostiziert, indem durch serologische Untersuchungen Antikörper gegen das Virus im Blutserum (IgM) und möglicherweise in der Hirnflüssigkeit nachgewiesen werden. Differenzialdiagnose Eine Meningitis mit Fieber, Kopfschmerz und Nackensteifigkeit kann auch durch andere virale und bakterielle Erreger hervorgerufen werden. Virale Erreger. Vor allem bei Kindern und ebenfalls im Sommer werden ähnliche Symptome häufig durch Enteroviren ausgelöst. Die Erkrankung heilt ohne Therapie innerhalb von wenigen Tagen aus. Auch bei Viruserkrankungen wie → Masern, → Mumps oder → Röteln können → Meningitis und → Enzephalitis auftreten, i.d.R. zusammen mit den anderen, typischen Krankheitssymptomen. Bakterielle Erreger. Die bakterielle Meningitis verläuft häufig sehr schwer und muss frühzeitig antibiotisch behandelt werden. Die Liquoruntersuchung ist zur Diagnostik von entscheidender Bedeutung. Bei schwerer bakterieller Meningitis ist der Liquor durch Eiter trüb. Im Labor können Bakterien meist bereits schon mit dem Mikroskop nachgewiesen werden. Therapie Eine spezifische medikamentöse Therapie zur Behandlung der FSME gibt es nicht, sodass sich die medikamentösen und pflegerischen Maßnahmen auf die Behandlung der Symptome beziehen. Prognose Die FSME heilt meist folgenlos aus. Manchmal bleiben neurologische Störungen, wie Muskellähmungen und Hirnfunktionsstörungen zurück. Sehr selten kommt es durch die Erkrankung zum Tod. 329 F Frühsommer-Meningoenzephalitis Bayern Als FSME-Risikogebiet gelten die Kreise, in denen mindestens 5 autochthon entstandene FSME-Erkrankungen in einer 5-Jahresperiode zwischen 1985 und 2004 oder mindestens 2 autochthon entstandene FSME-Erkrankungen innerhalb eines Jahres registriert wurden. Als FSME-Hochrisikogebiet gelten diejenigen der als Risikogebiete ausgewählten Kreise, in denen in einer 5Jahresperiode zwischen 1985 und 2004 mindestens 25 FSME-Erkrankungen aufgetreten sind. Gebiete mit geringerer FSME-Endemizität, in denen die Risikodefinitionen (s. o.) nicht erfüllt sind, aber in einer 1997 – 1999 durchgeführten Untersuchung eine erhöhte FSME-Antikörperprävalenz bei Waldarbeitern nachgewiesen wurde. Abb. F.27 FSME-Risikogebiete in Deutschland. Basierend auf Daten zu FSME-Erkrankungen (aufgetreten in den Jahren 1985 bis 2004), die im Robert-Koch-Institut ausgewertet wurden (n = 2242; Stand: 13.4.2005, [copy] Robert-Koch-Institut). Prävention Man kann sich vor FSME durch eine frühzeitige aktive Impfung schützen. Diese Impfung, die aus drei Teilimpfungen besteht, sollte frühzeitig durchgeführt werden, damit der Impfschutz schon zu Beginn der Zeckensaison im Frühjahr gewährleistet ist. Nach einer durchstandenen FSME hält die Immunität wahrscheinlich lebenslang an. Doch man kann sich auch durch bestimmte Verhaltensmaßnahmen vor einem Zeckenbiss schützen. Dazu gehört, im Freien dicht schließende Kleidung zu tragen und Kleidung und Körper nach einem Aufenthalt im Freien nach Zecken abzusuchen. 330 Infobox ICD-10: A84.1 Internetadressen: http://www.rki.de http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/index_html Literatur: Jassoy, C., Schwarzkopf, A. (Hrsg.): Hygiene, Mikrobiologie und Ernährungslehre für Pflegeberufe. Thieme, Stuttgart 2004