überreicht durch: www.salz.ch Salz und Blutdruck Zusammenhänge überschätzt Quelle: © VKS Verband der Kali- und Salzindustrie e.V. Berlin, Deutschland überreicht durch: www.salz.ch Quelle: © VKS Verband der Kali- und Salzindustrie e.V. Berlin, Deutschland 2 VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Inhaltsverzeichnis Salz – ein lebensnotwendiges Nahrungsmittel 4 Blutdruck – ein komplexes Wechselspiel 5 Befehle aus dem Gehirn 5 Welcher Blutdruck ist normal? 6 Viele Faktoren lassen den Blutdruck steigen 6 Salz und Blutdruck – Zusammenhänge überschätzt 7 Intersalt-Studie – Entwarnung an der Salzfront 8 Studien belegen: Salz hat kaum Einfluss auf den Blutdruck 9 Metaanalysen bringen Klarheit 10 Cochrane-Analyse – höchste wissenschaftliche Evidenz: „Salz sparen bringt wenig“ 10 Nur geringe Kurzzeiteffekte 11 Auf lange Sicht kaum Auswirkungen 12 Veraltete Therapieempfehlungen 13 Leitlinien müssten überarbeitet werden 13 Salzverzehr überschätzt 14 Nicht alle Menschen reagieren gleich 14 Salzsensitivität – ja oder nein? 15 Salzarme Kost ist nicht ohne Risiko 16 US-Studie: Mehr Herzinfarkte unter salzarmer Kost 16 Salzsparen: Vorsicht vor allem im höheren Alter 17 Blutdrucksenkung: Da gibt es besseres als salzarme Kost 18 3 Salz – ein lebensnotwendiges Nahrungsmittel Salz ist für unseren Körper lebensnotwendig. Zu rund 60 Prozent besteht unser Organismus aus Wasser und dieses Wasser muss im Körper gebunden werden. Möglich ist dies nur durch Salz, also konkret durch Natriumchlorid (NaCl). Salz steuert damit die Zusammensetzung unserer Körperflüssigkeiten. Es regelt den Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt und ist die Basis zahlreicher Stoffwechselvorgänge. Es ist aus Lebensprozessen nicht wegzudenken, denn nur über die Körperflüssigkeiten können Nährstoffe aufgenommen und verteilt werden. Und nur über die Körperflüssigkeiten können nicht mehr benötigte Substanzen, Schlacken wie auch Giftstoffe, aus dem Körper ausgeschieden werden. Obwohl jegliches Leben ohne Salz undenkbar wäre, gerät das „weiße Gold“ vergangener Tage in unserer Gesellschaft immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Dies geschieht vor allem mit Blick auf den Blutdruck. So ist zu lesen, durch eine salzarme Ernährung lasse sich einem Bluthochdruck vorbeugen: eine These, für die es keine überzeugenden wissenschaftlichen Belege gibt. 4 Auch in punkto Blutdrucksenkung durch salzarme Kost werden die Zusammenhänge im Allgemeinen erheblich überschätzt. Das zeigen verschiedene wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahre. Sie belegen zweifelsfrei, dass der Blutdruck bei Gesunden kaum durch die Salzaufnahme beeinflusst wird. Bei Patienten mit Bluthochdruck sind die Effekte einer Beschränkung der Salzaufnahme den Studien zufolge gering. Die Blutdrucksenkung fällt weit geringer aus, als wenn die Betroffenen an Gewicht abnehmen oder körperlich aktiver werden. Info-Box Keine generelle Empfehlung zur Salzrestriktion In einer Analyse der vorliegenden Studien zum Thema Salz und Blutdruck kommen Niels A. Graudal und Mitarbeiter, Kopenhagen, zu folgendem Ergebnis: „Eine Beschränkung der Salzaufnahme kann eventuell bei Menschen mit Bluthochdruck als begleitende Behandlung sinnvoll sein. Eine Berechtigung für allgemeine Empfehlungen zur Restriktion der Salzaufnahme aber gibt es nicht“. Blutdruck – ein komplexes Wechselspiel Unter dem Begriff „Blutdruck“ verstehen die Mediziner den Druck, mit dem das Blut vom Herzen in den Blutgefäßen (Arterien) durch den Körper gepumpt wird. Das Herz ist praktisch der Motor, der das Blut in die einzelnen Körperregionen transportiert. Es erzeugt dazu eine Druckwelle, die sich über die Blutgefäße ausbreitet und an bestimmten Punkten wie etwa dem Handgelenk als Puls tastbar ist. Die jeweiligen Druckverhältnisse werden üblicherweise mit einer Manschette und über ein Manometer am Oberarm gemessen. Man unterscheidet dabei zwei Blutdruckwerte, die abhängig von der jeweiligen Herzphase sind. Der obere Blutdruckwert, der sogenannte systolische Blutdruck, gibt die Druckwerte bei der Austreibungsphase (Systole) des Herzens an, also zu dem Zeitpunkt, in dem der Herzmuskel sich kontrahiert und das Blut aktiv in die Adern presst. Der zweite, der untere Blutdruckwert, von den Medizinern diastolischer Blutdruck genannt, entspricht den Druckverhältnissen während der Erschlaffungsphase, also der Diastole des Herzens. Wie hoch die Druckwerte konkret sind, hängt von vielen Faktoren ab. Denn die Blutdruckregulation ist ein sehr komplexes Geschehen. Der Blutdruck ist dabei direkt von der Herzkraft abhängig, aber auch von der Dehnungsfähigkeit der Blutgefäße. Ist diese schlecht, kommt es mit jedem Herzschlag zu einer kurzen, besonders hohen Blutdruckspitze und damit zu einem hohen „oberen Blutdruckwert“. Der Gefäßwiderstand wird seinerseits von vielen Faktoren reguliert, und zwar zentral für den gesamten Körper sowie zusätzlich auch noch auf lokaler Ebene. Blutdruck-Wechselspiel Blutdruck Wechselspiel Befehlszentrale Das Gehirn Psychische Einflüsse Physische Einflüsse Emotionale Belastungen, Lärm, Optische Wahrnehmungen, Stress, usw. Körperliche Aktivitäten, Leistungssport, Stress, usw. Ausschüttung von Adrenalin und anderer Botenstoffe Erhöhung der Herzfrequenz Pumpstation Das Herz Durch Verengung der Blutgefäße erhöhter Blutdruck VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Befehle aus dem Gehirn Die zentrale Steuerung des Kreislaufs erfolgt durch das Kreislaufzentrum in unserem Gehirn, das direkt dem Atemzentrum benachbart ist. Es ist im verlängerten Rückenmark lokalisiert und gibt Impulse an die Blutgefäße, sich zu verengen (Vasokonstriktion) oder sich zu erweitern (Vasodilatation). Befiehlt das Gehirn die Vasodilatation, so nimmt der Gefäßwiderstand ab, das Blut hat „mehr Platz“ und der Blutdruck sinkt. Befiehlt das Gehirn jedoch die Vasokonstriktion, so verengen sich die Blutgefäße, das Blut hat „weniger Platz“ und der Blutdruck steigt. Diese vereinfacht dargestellte Reaktion muss allerdings der körperlichen Belastung angepasst werden, denn der körperlich aktive Mensch braucht eine andere, viel stärkere Blutversorgung als der ruhende Organismus. Die Kreislaufregulation muss deshalb durch das Kreislaufzentrum der jeweiligen Aktivität angepasst werden. Komplex wird die Situation, da auch das sympathische Nervensystem (Sympathikus) an der Kreislaufregulation beteiligt ist. Es sorgt zum Beispiel in Stress-Situationen für die Ausschüttung von Adrenalin und anderer Botenstoffe in den Kreislauf. Als Reaktion auf solche Botenstoffe verengen sich die Blutgefäße, der Blutdruck steigt an – ein Phänomen, das erklärt, warum unter emotionaler Belastung und unter Stress Blutdruckanstiege ebenso normal und üblich sind wie etwa bei vermehrter körperlicher Aktivität also zum Beispiel bei sportlicher Betätigung. 5 Welcher Blutdruck ist normal? Als normal gelten Blutdruckwerte bis 140/90 mmHg. Dieser Wert markiert die obere Grenze. Wird diese bei mehrfachen Messungen überschritten, so liegt ein Bluthochdruck vor. Dann sollte unbedingt versucht werden, den Blutdruck unter die genannte Grenze zu senken. Denn große Studien haben zweifelsfrei zeigen können, dass die Rate von Herz-KreislaufKomplikationen, vor allem das Schlaganfallrisiko, dann erheblich niedriger ist. Auch die Sterblichkeit an Herz-Kreislauferkrankungen kann durch eine nachhaltige Blutdrucksenkung deutlich verringert werden. Bei ihnen sollte der Blutdruck unter den Wert von 135/80 mmHg gesenkt werden, damit Herz und Nieren vor den potenziellen Schädigungen durch einen hohen Blutdruck geschützt sind. Noch niedrigere Blutdruckwerte sind in speziellen Fällen, etwa bei Diabetikern angezeigt. Viele Faktoren lassen den Blutdruck steigen Die Komplexität der Blutdruckregulation ist zugleich der Grund dafür, dass so viele Faktoren den Blutdruck steigen lassen können. Zahlreiche Risikofaktoren für einen Bluthochdruck, eine Hypertonie, wie der Mediziner sagt, sind bekannt. Neben der bereits beschriebenen Stress-Belastung ist zum Beispiel Übergewicht eine der zentralen Ursachen des Bluthochdrucks. Es ist bekannt, dass mit der Zunahme 6 des Körpergewichtes bei den meisten Menschen auch der Blutdruck ansteigt. Auch umgekehrt besteht ein direkter Zusammenhang: Bei übergewichtigen Hypertonikern lässt sich fast immer durch eine Gewichtsnormalisierung eine nachhaltige Blutdrucksenkung erzielen. Oft reicht es schon, einige Kilogramm abzuspecken, um den Blutdruck eindrucksvoll sinken zu lassen. Salz und Blutdruck – Zusammenhänge überschätzt Info-Box Eindeutige Risikofaktoren für einen Bluthochdruck (Hypertonie) StressBelastung Hohe Übergewicht Alkohol Rauchen Cholesterinwerte Neben Stress und Übergewicht sind auch das Rauchen sowie zu hohe Cholesterinwerte im Blut als eindeutige Risikofaktoren einer Hypertonie erkannt worden. Die Risikofaktoren wirken in erster Linie auf die Arterien, die Blutgefäße, die unter hohem Druck stehen. Sie schädigen deren Innenhaut (Endothel) und erleichtern dadurch die Einlagerung von Blutfetten in die Gefäßwand und damit die Ausbildung einer Arteriosklerose. Mit einer solchen Schädigung aber verliert die Gefäßwand an Elastizität und kann nicht mehr so gut wie früher auf die Signale des Gehirns reagieren. Oft bleiben die Gefäßwände unter solchen Bedingungen starr, eine Gefäßdilatation bleibt aus und der Blutdruck steigt auch unter Ruhebedingungen an oder bleibt auf einem ursprünglich hohen Niveau. Ein hoher Blutdruck aber ist nicht ungefährlich. Er gilt seinerseits als zentraler Risikofaktor für den Schlaganfall ebenso wie für den Herzinfarkt.Vor diesem Hintergrund gewinnen all jene Maßnahmen an Bedeutung, mit denen sich ein erhöhter Blutdruck senken oder der Entwicklung einer Hypertonie vorbeugen lässt. VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Als eine Maßnahme, den Blutdruck zu senken, galt lange Zeit salzarme Kost. Doch haben die Mediziner und Wissenschaftler inzwischen erkannt, dass die Zusammenhänge zwischen Salzaufnahme und Bluthochdruck in der Vergangenheit weit überschätzt wurden. Dies wurde inzwischen auch in verschiedenen Studien renommierter und unabhängiger Wissenschaftler auf internationaler Ebene bestätigt. Assoziationen zwischen der Höhe des Salzverzehrs und dem Blutdruck bestehen demnach nur bei Menschen mit besonderer Salzempfindlichkeit. Und selbst bei ihnen wird der Blutdruck durch zahlreiche andere Faktoren wie die Stress-Belastung, das Körpergewicht oder die Art der Ernährung maßgeblich bestimmt und das, so zeigen es wissenschaftliche Studien, wohl weit ausgeprägter als durch den Salzverzehr. Info-Box Salzarme Kost für Gesunde? Verschiedene Wissenschaftler haben sich mit der Frage befasst, ob und inwieweit sich der Blutdruck durch salzarme Kost beeinflussen lässt. Das Ergebnis ihrer Studien ist eindeutig, wie Julian Paul Migley und seine Mitarbeiter aus Toronto konstatieren: „Eine diätetische Salzrestriktion mag bei Patienten mit hohem Blutdruck erwogen werden. Evidenz, dass gesunde Menschen davon profitieren, gibt es nicht“. 7 Intersalt-Studie – Entwarnung an der Salzfront Eine Schlüsselrolle bei der Diskussion um Salz und Blutdruck hat die sogenannte Intersalt-Studie Ende der 80iger Jahre gespielt, eine Mammut-Studie, an der 52 Nationen mit insgesamt 10.000 Personen unterschiedlichen Alters beteiligt waren. Die Untersuchung sollte aufdecken, sich die • inwieweit Blutdruckregulation durch Salz beeinflussen lässt, Salz den Blutdruck in die • ob Höhe treibt ob erhöhte Blutdruckwerte • und durch eine salzarme Kost gesenkt werden können. Denn es wurde zuvor vermutet, dass eine lineare Beziehung zwischen Blutdruck und Salzkonsum besteht und dass mit der Zunahme des Salzkonsums direkt auch der Blutdruck steigt. Diese Hypothese aber wurde in der Intersalt-Studie gründlich widerlegt. Eine klare Beziehung zwischen Salzkonsum und Blutdruck war nicht festzustellen und erst recht kein direkter linearer Zusammenhang. Lediglich bei vier der insgesamt 52 Bevölkerungsgruppen wurde eine Assoziation zwischen Salzverzehr und Blutdruck gesehen. Es handelte sich hierbei um Menschen mit primitivem Lebensstil wie beispielsweise die Yanomami-Indianer im Amazonasgebiet, die sich extrem salzarm ernähren, so dass die Daten nicht einfach auf unsere moderne Lebensweise in den Industrienationen übertragen werden können. Lässt man die vier unter extremen Bedingungen lebenden Populationen außer Betracht, so zeigte sich sogar umgekehrt ein niedrigerer Blutdruck bei hohem Salzkonsum. Eine einheitliche Beziehung war allerdings in der Intersalt-Studie nicht zu erkennen: So hatten zum Beispiel Bewohner im chinesischen Tianjin mit einem Verzehr von 14 Gramm täglich den höchsten Salzkonsum, keinesfalls aber den höchsten Blutdruck. Ihre Blutdruckwerte lagen nicht höher als diejenigen der Afro-Amerikaner in Chicago, die täglich nur rund 6 Gramm Kochsalz verzehrten (gemessen durch die Natriumausscheidung im Urin). Dennoch hatte die Intersalt-Studie ein wissenschaftlich interessantes Resultat: Sie belegte nämlich, dass sowohl Übergewicht als auch ein hoher Alkoholkonsum den Blutdruck steigert, was in neueren Untersuchungen zur Hypertonie bestätigt wird. 8 Info-Box Vorteile der Salzreduktion fraglich Obwohl es an klaren Ergebnissen fehlt, werden immer wieder Stimmen laut, die sich für eine massive Beschränkung der Salzaufnahme aussprechen.Den wissenschaftlichen Grundlagen dieser Forderungen ist der amerikanische Wissenschaftsjournalist Gary Taubes auf den Grund gegangen. Er schreibt: „Nach jahrzehntelanger intensiver Forschungsarbeit sind die offensichtlichen Vorteile einer Salzreduktion immer kleiner geworden“. VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Info-Box Einzelbeobachtungen und Tierbefunde verallgemeinert Einzelbeobachtungen in der Intersalt-Studie wie diejenigen bei Populationen wie den Ya n o m a n i Indianern unter extremen Lebensbedingungen werden nicht selten von Salzgegnern für ihre These der direkten Beziehung zwischen Salzkonsum und Blutdruck herangezogen. So werden genau diese Daten immer wieder angeführt, um die vermeintlich enge Beziehung zwischen Salz und Blutdruck zu belegen. Die Salzgegner greifen in ihrer Argumentation auch gerne auf tierexperimentelle Befunde zurück. So hat der amerikanische Forscher Lewis Dahl in den frühen 70iger Jahren bei Laborratten eine enge Beziehung zwischen Salz und Blutdruck aufzeigen können. Dabei aber wird gerne übersehen, dass es sich bei den Tieren um speziell gezüchtete extrem salzempfindliche Ratten handelte. Sie erhielten außerdem eine riesige Dosis Salz pro Tag. Hochgerechnet auf den Menschen müssten wir demnach Tag für Tag rund ein ganzes Pfund Salz verzehren, um solche „Versuchsbedingungen“ zu gewährleisten, eine gänzlich unrealistische Vorstellung. Studien belegen: Salz hat kaum Einfluss auf den Blutdruck Inzwischen liegen verschiedene weitere Untersuchungen vor, die belegen, dass der Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Blutdruck oft überschätzt wird. Es handelt sich dabei nicht nur um epidemiologische Studien wie die Intersalt-Studie, die lediglich die Verzehrsgewohnheiten und den Blutdruck dokumentieren. Aussagekräftiger sind sogenannte Interventionsstudien, Untersuchungen also, bei denen gezielt geprüft wurde, ob durch einen steigenden Salzkonsum der Blutdruck steigt oder umgekehrt, ob salzarme Kost die Blutdruckwerte senkt. Zahlreiche Wissenschaftler haben sich mit dieser Frage befasst und dabei auch mittels Urinuntersuchungen kontrolliert, ob die Studienteilnehmer sich jeweils an die salzarme und damit geschmacklich beeinträchtigte Diät hielten. Schon 1996 wurde eine große Metaanalyse im renommierten Wissenschaftsblatt JAMA publiziert. In der Untersuchung der nordamerikanischen Arbeitsgruppe um Julian Paul Midgley wurden die Ergebnisse von 56 wissenschaftlichen Studien zusammengefasst, 28 davon bei Personen mit normalem und 28 bei Personen mit zu hohem Blutdruck. Insgesamt wurden die Auswirkungen einer konsequenten Salzrestriktion auf den Blutdruck bei knapp 2.400 Gesunden und bei weiteren 1.100 Hypertonikern zusammengerechnet. In beiden Gruppen war das Ergebnis wenig beeindruckend, und das obwohl die Salzaufnahme in allen Studien auf nur 6 Gramm täglich beschränkt wurde: Dadurch aber nahm der Blutdruck kaum ab, er sank selbst bei den Hochdruckpatienten nur um durchschnittlich 3,7 mmHg systolisch und nur um 0,9 mmHg diastolisch. 9 Metaanalysen bringen Klarheit Unabhängig von dieser Metaanalyse untersuchte eine skandinavische Forschergruppe um Dr. Niels A. Graudal aus Kopenhagen den Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Blutdruck. Insgesamt 58 ernst zu nehmende Studien, die nach den strengen Kriterien der Wissenschaft durchgeführt wurden, nahmen die Wissenschaftler genauer unter die Lupe. Sie poolten die Daten der einzelnen Untersuchungen, an denen insgesamt mehr als 2.100 Hochdruckpatienten und knapp 26.000 Menschen mit normalem Blutdruck teilnahmen. Das Ergebnis wurde ebenfalls im Fachblatt JAMA publiziert. Es bestätigt die Daten von Migley. Demnach lässt sich durch eine konsequente Beschränkung der Salzaufnahme bei Hypertonikern der Blutdruck etwas senken, die Effekte sind jedoch marginal: So wird der systolische Blutdruck nur um durchschnittlich 3,9 mmHg vermindert. Der diastolische Blutdruck wird sogar nur um 1,9 mmHg gesenkt, ein äußerst dürftiges Ergebnis, das zur Blutdruckkontrolle kaum beiträgt. Noch magerer war das Resultat bei Menschen mit normalem Blutdruck. Bei ihnen wurde der systolische Blutdruck um 1,2 mmHg und der diastolische Wert um 0,26 mmHg gemindert, was internationale Experten wie zum Beispiel Professor Dr. Tilman Drüeke aus Paris vor dem Hintergrund der normalen 10 Blutdruckschwankungen als nicht relevant bezeichnen. Keinesfalls bieten solche marginalen Veränderungen eine Rechtfertigung dafür, der gesunden Bevölkerung eine Einschränkung des üblichen Salzkonsums nahezulegen und generell salzarme Kost als gesund und blutdrucksenkend zu propagieren, meinen Drüeke und mit ihm viele seiner wissenschaftlichen Kollegen. Cochrane-Analyse – höchste wissenschaftliche Evidenz: „Salz sparen bringt wenig“ Den überzeugendsten Beleg dafür, dass die Zusammenhänge zwischen Salzverzehr und Blutdruck meist überschätzt wurden, liefern zwei Cochrane-Analysen. CochraneDaten werden von unabhängigen Wissenschaftlern der Cochrane Library, dem auch das vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft geförderte Deutsche Cochrane Zentrum angehört, erarbeitet. Systematisch sichten und prüfen die von der Cochrane Library beauftragten Wissenschaftler alle verfügbaren Daten zu einer vorgegebenen Fragestellung, stellen die Ergebnisse zusammen und werten sie aus. Zur Wirkung von Salz auf den Blutdruck liegen zwei aktuelle CochraneAnalysen vor, und zwar eine zu den kurzfristigen und eine zu den langfristigen Folgen einer Salzbeschränkung mit der Nahrung. Das Ergebnis: In beiden Studien kommt das internationale Wissenschaftler-Gremium nach Prüfung aller relevanter Daten zu dem Schluss, dass das Sparen beim Salz bei Gesunden praktisch keine Folgen auf die Blutdruckhöhe hat und dass die Auswirkungen bei Menschen mit Bluthochdruck nur marginal sind. VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Nur geringe Kurzzeiteffekte Konkret umfasst die Analyse der Kurzzeiteffekte (The Cochrane Library, Issue 1, 2004) 57 Studien bei Personen mit normalem Blutdruck. Im Mittel ernährten sich die Studienteilnehmer acht Tage lang salzarm, was eine Blutdrucksenkung von durchschnittlich nur 1,27 mmHg systolisch und 0,54 mmHg diastolisch zur Folge hatte. Ausgewertet wurden ferner 58 Studien bei Menschen mit zu hohem Blutdruck, wobei der Zeitraum der salzarmen Ernährung durchschnittlich 28 Tage betrug. Es wurde anschließend eine mittlere Senkung des Blutdrucks um 4,18 mmHg systolisch und 1,98 mmHg diastolisch gesehen im Vergleich zu Hochdruckpatienten unter salzreicher Ernährung. Gleichzeitig waren jedoch ungünstige hormonelle Veränderungen unter der Salzrestriktion zu verzeichnen. So stieg das Plasma-Renin um 304 Prozent, das Aldosteron um 322 Prozent und Noradrenalin um 30 Prozent. Es handelt sich hierbei um Stresshormone im Blut, die das sympathische Nervensystem antreiben. Außerdem wurde ein Anstieg des Gesamt-Cholesterins um 5,4 Prozent gesehen und auch die Cholesterin-Untergruppen zeigten ungünstige Veränderungen. Immerhin stieg das sogenannte LDL-Cholesterin, das mit dem Risiko für eine Arteriosklerose in Verbindung gebracht wird, um 4,6 Prozent an und die Triglyceride, die ebenfalls als Risikofaktor gelten, legten um 5,9 Prozent zu. Vor dem Hintergrund dieser Daten ist nach Einschätzung der Wissenschaftler eine Empfehlung zur Salzrestriktion bei der Nahrungsaufnahme für die allgemeine Bevölkerung nicht gerechtfertigt. Ein blutdrucksenkender Effekt ergibt sich bestenfalls bei Menschen mit Bluthochdruck. Bevor daraus aber eine Empfehlungen zur Salzbeschränkung abgeleitet wird, muss nach Einschätzung der Wissenschaftler zunächst überprüft werden, ob nicht die begleitenden hormonellen Veränderungen und die Veränderungen der Blutfette, die sich aus der Salzrestriktion ergeben, gravierende gesundheitliche Konsequenzen haben können und möglicherweise mehr schaden als das Salzsparen nutzt. Es ist somit festzuhalten, dass die therapeutischen Effekte des Salzsparens gering sind und die Sicherheit dieser vielpropagierten Maßnahme bislang nicht belegt wurde. 11 Auch auf lange Sicht kaum Auswirkungen In die Analyse der Langzeiteffekte einer Salzrestriktion gingen ausschließlich Studien ein, die die Wirkungen der Salzbeschränkung über mindestens sechs Monate verfolgten und strengen wissenschaftlichen Kriterien genügten (The Cochrane Library, Issue 1, 2004). Es wurden drei Studien bei Personen mit normalen Blutdruckwerten, fünf Studien bei unbehandelten Hochdruckpatienten und drei Studien bei behandelten Hypertonikern analysiert. Die Studiendauer variierte von sechs Monaten bis hin zu sieben Jahren. Hypertonie: Ärztebefragung zu nicht-pharmakologischen Maßnahmen Auch in dieser Cochrane-Analyse zeigte sich nur ein geringer Rückgang des systolischen Blutdrucks um 1,1 mmHg und des diastolischen Blutdrucks um 0,6 mmHg. Nur zwei Studien liefern dabei Hinweise darauf, dass eine salzarme Kost bei Stellenwert der geeigneten Maßnahmen Hochdruckpatienten, die ihre Medikamente absetzen, eventuell einem erneuten Anstieg des Blutdrucks entgegen wirkt. Sollte sich dies in weiteren Untersuchungen bestätigen, ohne dass gleichzeitig Sicherheitsrisiken durch die salzarme Kost in Kauf genommen werden müssen, so wäre bei Hochdruckpatienten nach Ansicht der Wissenschaftler der Versuch einer salzarmen Diät gerechtfertigt. Ansonsten wird die Salzrestriktion kritisch gesehen, und das sowohl als vorbeugende wie auch als therapeutische Maßnahme. Denn die Salzbeschränkung ist im Alltag schwierig zu realisieren und das Beibehalten der salzarmen Kost verlangt eine hohe Motivation. Diesen Anstrengungen steht aber nur eine langfristig minimale Blutdrucksenkung gegenüber. Einschätzung der Erfolgsaussichten (sehr gut bis gut) Quelle: Journal of Human Hypertension (1998) 12, 571-572, Verbraucherdienst 43-12/98, 660-662 12 VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Veraltete Therapieempfehlungen Bereits seit Jahrzehnten wird eine zum Teil hitzige Diskussion um die Auswirkungen einer Kochsalzbelastung auf den Blutdruck geführt. Es wird aber auch heute noch pauschal von den Fachgesellschaften zu einer Salzbeschränkung als allgemeine Therapiemaßnahme der Blutdrucksenkung geraten. Die Deutsche Bluthochdruckliga nennte die Kochsalzrestriktion an dritter Stelle nach der Gewichtsnormalisierung und der Vermeidung eines hohen Alkoholkonsums. Sie gibt als Berechtigung hierfür an, dass „die vorliegenden Studien den Schluss zulassen, dass eine Senkung der Kochsalzzufuhr um etwa 70 bis 100 mmol, also um zirka 4 bis 6 Gramm/Tag zu einer therapeutisch nutzbaren Blutdrucksenkung führt“. Diese Aussage wird durch die aktuellen CochraneAnalysen aber nicht bestätigt. Auch die Empfehlungen der Europäischen Hochdruck Gesellschaft (European Society of Hypertension) sind veraltet. In den Leitlinien der Gesellschaft wird sogar behauptet, aus Studien gebe es Hinweise, dass der Salzverzehr einen Beitrag zur Hochdruckentstehung leiste. Das aber wurde nie belegt. Doch auch die Europäische Gesellschaft spricht sich für eine nachhaltige Salzreduktion aus. Ähnlich sieht es die Britische Hypertonie-Gesellschaft, die eine Salzeinsparung von durchschnittlich 5 Gramm täglich propagiert. Solche Empfehlungen fußen auf Untersuchungen aus den 50er und 60er Jahren, die eine statistische Korrelation zwischen Salzkonsum und Blutdruckhöhe vermuten ließen. Daraus wurde abgeleitet, eine erhöhte diätetische Kochsalzzufuhr sei die Ursache oder zumindest ein verstärkender Faktor für den hohen Blutdruck beim Menschen. Seitdem wurde in einer Vielzahl von Interventionsstudien versucht, diese hypothetischen Zusammenhänge zu belegen. Tatsächlich konnte aber lediglich gezeigt werden, dass es nur eine Untergruppe bei Hochdruckpatienten gibt – nämlich die sogenannten salzsensitiven Hochdruckpatienten – die tatsächlich auf eine erhöhte Salzzufuhr mit einem Anstieg des Blutdrucks reagieren. Nur bei ihnen macht letztlich eine Salzrestriktion zur Blutdruckreduktion Sinn. Rund 80 Prozent der Hypertoniker aber verhalten sich „kochsalzresistent“ und reagieren auch auf eine strikte Beschränkung der Kochsalzaufnahme bestenfalls mit einer minimalen Blutdruckreduktion. Leitlinien müssten überarbeitet werden Die Resultate sind eindeutig: Sie belegen einerseits, dass die therapeutischen Effekte einer Kochsalzbeschränkung bei Gesunden wie auch bei Hypertonikern offenbar massiv überschätzt werden. Andererseits fehlen bislang Untersuchungen zur Sicherheit und Unbedenklichkeit einer Salzrestriktion, welche auf lange Sicht offenbar erhebliche hormonelle Veränderungen nach sich zieht. Das Ergebnis der beiden CochraneAnalysen dürfte deshalb zu einer Überarbeitung der bisherigen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften führen. Auch die Therapieempfehlungen der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks müssen in diesem Zusammenhang auf den Prüfstand genommen werden. Denn pauschale Ratschläge zur Salzrestriktion, wie sie die nationalen wie auch internationalen Fachgesellschaften derzeit noch aussprechen, sind nach den Daten der Cochrane-Analysen, denen bekanntlich höchste wissenschaftliche Evidenz zukommt, nicht gerechtfertigt. 13 Salzverzehr überschätzt Die Daten der vorliegenden wissenschaftlichen Analysen stehen im Einklang mit einer Bewertung der Situation durch das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) aus dem Jahr 2001. (Im Zuge der Neuordnung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit wurde das Institut 2002 aufgelöst. Die Nachfolgerorganisation ist das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR). Demnach besteht, so die Stellungnahme des Institutes, kein Zweifel daran, dass die Beschränkung des Kochsalzverzehrs bei einigen Personen mit bestehendem Bluthochdruck mit dazu beitragen kann, den Blutdruck zu senken. Obwohl es für den Sinn solcher Maßnahmen keinen Beleg gibt, wird aber allenthalben auch für die allgemeine Bevölkerung eine Beschränkung der Kochsalzaufnahme auf täglich weniger als 6 Gramm empfohlen. Diese Empfehlung, die wissenschaftlich nicht gesichert ist, wird zugleich als Argument dafür benutzt, natriumreduzierte Lebensmittel auf den Markt zu bringen und insbesondere eine Verringerung des Kochsalzgehaltes in Fertigprodukten und –gerichten zu propagieren. Zu solchen Maßnahmen geben die vorliegenden Daten nach Stellungnahme des BgVV aber keine Berechtigung. Denn der Salzverzehr liegt entsprechend der Daten aus Verzehrsstudien in Deutschland mit täglich durchschnittlich 7,8 Gramm 14 bei Männern und 6, 8 Gramm bei Frauen (Quelle des BgVV: Ernährungsbericht 2000 Deutsche Gesellschaft für Ernährung) nicht wesentlich höher als von den Befürwortern der Salzrestriktion gefordert. Nicht alle Menschen reagieren gleich Will man den Einfluss salzarmer Kost auf den Blutdruck bewerten, so ist ferner zu bedenken, dass nicht alle Menschen gleich auf eine Einschränkung der Salzzufuhr reagieren. Das zeigen eindrucksvoll Daten, die an der Universitätsklinik Bonn erhoben wurden. Dort wurden Hochdruckpatienten eine Woche salzreich und eine Woche streng salzarm ernährt. Nur jeder dritte Hypertoniker reagierte aber auf die strenge Salzbeschränkung mit einer Blutdrucksenkung, während bei mehr als 30 Prozent der Teilnehmer der Blutdruck trotz der unterschiedlichen Salzzufuhr stabil blieb. Überraschenderweise zeigte ein weiteres Drittel der Teilnehmer sogar eine paradoxe Reaktion: Bei ihnen stieg der Blutdruck unter der Salzeinschränkung spürbar an. Ähnlich lagen die Ergebnisse bei einem gleichen Versuch bei Personen mit normalem Blutdruck: Von diesen reagierten lediglich 18 Prozent „salzsensitiv“, sie zeigten auf die Salzrestriktion einen Blutdruckabfall. Andererseits waren 16 Prozent „Gegenregulierer“, bei ihnen stieg der Blutdruck an. Beim Rest der Studienteilnehmer blieben die Werte unverändert. Das deutet schon an, dass eine streng salzarme Kost nicht unbedenklich ist und nicht bei jedem das erwünschte Resultat hervorbringt. Denn nicht bei allen Menschen lässt sich so eine Blutdrucksenkung erzielen. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Bevölkerung scheint hingegen mit einem genau der erwünschten Wirkung entgegen stehenden Effekt, also einer Blutdrucksteigerung auf die salzarme Kost zu reagieren. VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Salzsensitivität – ja oder nein? Wie der einzelne Mensch auf eine Salzbeschränkung bei der Nahrungsaufnahme reagiert, ist weitgehend durch die Gene bestimmt, ein Phänomen, das die Wissenschaftler als Salzsensitivität bezeichnen. Sinkt der Blutdruck unter kochsalzarmer Kost, so spricht man von einem salzsensitiven Blutdruck. Geschieht dies aber nicht, so gilt der Blutdruck als salzresistent. Die Salzsensitivität ist keine Folge des hohen Blutdrucks, sondern ebenso bei gesunden Menschen mit normalen Blutdruckwerten zu finden. Sie scheint in den Genen verankert darüber zu entscheiden, wie der Organismus auf sich verändernde Salzkonzentrationen reagiert. Allerdings gibt es bisher keine Testverfahren, mit denen sich vorhersagen ließe, ob eine bestimmte Person salzsensitiv Info-Box Normaler Salzverzehr Widersprüchlich sind die Angaben zum Salzverzehr in der Bevölkerung, wobei von Salzgegnern immer wieder sogar ein täglicher Salzkonsum von durchschnittlich 15 Gramm ins Feld geführt wird. Dieser Wert aber ist deutlich zu hoch, wie eine detaillierte Untersuchung am Institut für Ernährung und Umwelt der Universität Jena ergeben hat. In dieser Untersuchung wurde bei zehn Testpopulationen der tatsächliche Salzverzehr an sieben aufeinander folgenden Tagen bestimmt und über die Natriumausscheidung im Urin kontrolliert. Die Untersuchungen von Prof.Dr.Manfred Anke zeigten folgendes Resultat: Frauen nehmen im Durchschnitt nur 6,4 Gramm Kochsalz täglich zu sich. Männer verzehren im Mittel 8,5 Gramm NaCl pro Tag. Der höhere Tageskonsum ist darauf zurückzuführen, dass Männer generell mehr Nahrungsmittel zu sich nehmen als Frauen. • • Die Untersuchung zeigt, dass der durchschnittliche Kochsalzverzehr in Deutschland überschätzt wird. Das kann durch die bisherige Erfassung bedingt sein, wie das Errechnen der Verzehrsdaten auf dem Boden von Hochrechnungen aus den Salz-Verkaufszahlen oder basierend auf den zwangsläufig ungenauen Verzehrsangaben der Studienteilnehmer. Die Daten zeigen ferner, dass es keinen Grund dafür gibt, die Bevölkerung allgemein zum vorsichtigen Umgang mit Salz zu animieren. Denn der Salzverzehr liegt in dem Rahmen, wie er von Ernährungsexperten als wünschenswert angegeben wird,also deutlich unter 10 Gramm NaCl täglich. oder salzresistent ist. Im Einzelfall kann sich deshalb ein Behandlungsversuch mit salzarmer Kost lohnen, zuviel versprechen sollte man sich davon aber nicht. Keinen Sinn macht es zudem, die Behandlung fortzusetzen, wenn sich nicht relativ rasch eine messbare Blutdruckreduktion einstellt. Inzwischen gilt es nach Professor Tilman Drüeke, Paris, als gesichert, dass nur etwa 20 Prozent der Bevölkerung mit normalem Blutdruck salzempfindlich sind. Nur bei ihnen kann im Falle eines erhöhten Blutdrucks durch eine salzarme Kost eine Reduktion um wenige mmHg erzielt werden. Etwas höher ist zwangsläufig der Anteil bei den Hypertonie-Patienten, bei denen etwa 40 Prozent salzsensitiv reagieren dürften. Es hat sich andererseits auch gezeigt, dass selbst ein extrem hoher, unrealistischer Salzverzehr von 15 Gramm pro Tag nur bei 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung zu einem Blutdruckanstieg führen würde. Durchschnittlicher Salzkonsum in Deutschland pro Person: 8g/Tag 15 Salzarme Kost ist nicht ohne Risiko US-Studie: Mehr Herzinfarkte unter salzarmer Kost Bei allgemeinen ErnährungsEmpfehlungen darf nicht nur der potenzielle Nutzen solcher Maßnahmen bewertet werden, auch die potenziellen Gefahren und die möglichen gesundheitlichen Risiken müssen bedacht werden. Diese sind aber bei einer konsequenten Salzrestriktion nicht unerheblich und das ganz unabhängig davon, dass entsprechend der Untersuchungen an der Bonner Universitätsklinik bei jedem fünften Probanden unter massiver Salzeinschränkung der Blutdruck sogar ansteigt. Eine strenge Kochsalzbeschränkung ist oft auch ohne diesen Effekt von unerwünschten Nebenwirkungen begleitet, wie wissenschaftliche Studien zeigen. So kommt es zu einem Anstieg der Blutfette sowie zu steigenden Insulin-Konzentrationen im Blut. Außerdem nimmt die Blutviskosität zu, das Blut zirkuliert nicht mehr so dünnflüssig durch die Blutgefäße. Das kann durchaus auch bei niedrigeren Blutdruckwerten eine erhöhte Gefahr für Herz- und Kreislaufkomplikationen bedeuten. 16 Sehr eindrucksvoll beweisen dies Daten des US-Forschers Professor Dr. Michael H. Alderman aus New York. Er bestimmte bei rund 3.000 Patienten mit mild bis mäßig erhöhtem Blutdruck über dreieinhalb Jahre die Natriumausscheidung im 24-Stunden-Urin, woraus sich die tägliche Salzaufnahme hochrechnen lässt. Der Wissenschaftler unterteilte die Probanden in vier Gruppen, und zwar abhängig von der Höhe ihres Salzverzehrs, und er dokumentierte die Rate an Herz-Kreislaufkomplikationen. Das überraschende Ergebnis: Bei denjenigen, die am wenigsten Salz zu sich nahmen, war das Herzinfarktrisiko um etwa das Vierfache gegenüber den anderen Gruppen erhöht! Auch verstarben solche Patienten häufiger an einem Herzinfarkt als Teilnehmer in den anderen Gruppen. Die Daten sprechen dafür, dass eine starke Beschränkung der täglichen Salzaufnahme keineswegs unproblematisch und gesundheitlich unbedenklich ist, wie die Salzgegner immer wieder behaupten. Sie kann unter Umständen sogar das Herzinfarktrisiko dramatisch erhöhen, ein bis dato unerwarteter Zusammenhang. Er könnte laut Alderman und Kollegen darauf beruhen, dass durch die Salzbeschränkung gegenregulatorische Mechanismen angeregt werden. Denn der Körper scheint in einer solchen Situation vermehrt Botenstoffe wie Renin und Aldosteron freizusetzen, die ihrerseits in die komplexe Blutdruckregulation und die Steuerung der Kreislauffunktion eingreifen. Großer und kleiner Blutkreislauf VEREIN DEUTSCHE SALZINDUSTRIE Info-Box Risiko Herzinfarkt Die Gefahren einer Salzrestriktion bringt der renommierte US-Wissenschaftler Michael H. Alderman auf den Punkt: „Eine eingeschränkte Salzzufuhr kann unter Umständen ein Risikofaktor für einen Herzinfarkt sein“. Salzsparen: Vorsicht vor allem im höheren Alter Eine spezielle Situation liegt bei älteren Menschen vor, bei denen per se die Regulation der Kreislauffunktion oft beeinträchtigt ist. Sie können nicht mehr so gut wie in jungen Jahren auf wechselnde Belastungen reagieren und Defizite kaum mehr ausgleichen. Hinzu kommt ein veränderter Flüssigkeitsund Mineralstoffhaushalt, der die älteren Menschen anfällig gegenüber Schwankungen macht. Nehmen sie zu wenig Salz mit der Nahrung zu sich, so kann das empfindliche System der Kreislaufregulation leicht aus dem Gleichgewicht geraten. Ein Kreislaufkollaps ist die Folge. Info-Box Wissenschaftlich bewiesen: Salzarme Kost bringt nicht nur das Herz, sondern auch das Gehirn in Gefahr. Eine starke Beschränkung der Salzaufnahme bringt nicht nur das HerzKreislaufsystem unter Umständen in Gefahr. Auch die geistige Leistungsfähigkeit leidet unter salzarmer Kost, ein Effekt, der vor allem bei älteren Menschen gravierende Folgen haben kann. Denn gerade ältere und alte Personen leiden nicht selten per se unter einer eingeschränkten geistigen Leistungsfähigkeit. Der Verzicht auf Salz kann Symptome wie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen dann wahrscheinlich sogar verstärken. Das jedenfalls legt eine Untersuchung von Professor Dr. Klaus Stumpe und seinen Mitarbeitern an der Universitätsklinik Bonn nahe. Sie hatten bei 20 gesunden Personen im Alter zwischen 65 und 85 Jahren zeigen können, dass die Hirnleistung unter salzarmer Kost leidet. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der Informationen verarbeitet werden, sinkt und auch die Konzentrationsfähigkeit und das Kurzzeitgedächtnis lassen nach. 17 Blutdrucksenkung: Da gibt es besseres als salzarme Kost Seit Jahrzehnten wird nunmehr Hypertonikern zu einer salzarmen Kost geraten, um den Blutdruck zu senken. Eine solch einseitige Ernährungsempfehlung ist jedoch unter den Wissenschaftlern nicht unumstritten, da einerseits die Wirkung nicht sehr ausgeprägt ist, nicht zuverlässig bei jedem Hypertoniker zu erwarten ist und da andererseits gesundheitliche Risiken einer solchen Empfehlung nicht auszuschließen sind. Zudem gibt es diätetisch weit bessere Möglichkeiten, den Blutdruck zu senken oder niedrig zu halten. Die besten Effekte lassen sich durch eine nachhaltige Gewichtsreduktion erzielen. Denn jedes Kilo zuviel treibt den Blutdruck in die Höhe. So wird geschätzt, dass das relative Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, bei 20 bis 45Jährigen um das fünf- bis sechsfache ansteigt, wenn diese übergewichtig sind. Schon durch eine moderate Gewichtsreduktion lässt sich diese Gefahr bannen. Denn schon die Senkung des Körpergewichtes um einige wenige Kilogramm hat meist eine deutliche Blutdrucksenkung zur Folge. Ein zweiter Aspekt des Lebensstils, der Einfluss auf den Blutdruck hat, das ist die körperliche Aktivität. So ist ebenfalls zweifelsfrei belegt worden, dass mangelnde körperliche Aktivität die Gefahr einer Entwicklung des Bluthochdrucks 18 Info-Box Mit vernünftiger Lebensweise gegen hohen Blutdruck statistisch eindeutig steigert. Und inaktive Menschen haben ein um 35 Prozent höheres Risiko, zu Hypertonikern zu werden, als körperlich aktive. Darüber hinaus hat die körperliche Aktivität auch bei bereits bestehendem Bluthochdruck günstige Effekte. Sie trägt dazu bei, den Blutdruck wieder nach unten in seine Schranken zu verweisen. • Gewichtsnormalisierung körperliche • Regelmäßige Aktivität des • Einschränkung Alkoholkonsums Ein dritter sehr vielversprechender Aspekt ist die Einschränkung des Alkoholkonsums, denn epidemiologische Studien deuten an, dass Alkohol, über Gebühr genossen, ebenfalls zu Blutdrucksteigerungen führt. Er mindert außerdem die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten. Statt Menschen mit hohem Blutdruck einseitig zu einer salzarmen Kost zu raten, empfehlen die Hochdruckexperten inzwischen die Umkehr zu einer generell vernünftigeren Lebensweise. Im Vordergrund stehen dabei die Gewichtsnormalisierung, die regelmäßige körperliche Aktivität und auch die Einschränkung des Alkoholkonsums. Wegen der nur geringen Effekte auf den Blutdruck, die zudem nur bei einem Drittel der Hochdruckpatienten zu erwarten ist, kann eine Behandlung mittels salzarmer Kost versucht werden. Allzu viel versprechen sollte man sich von einer solchen Maßnahme aber nicht. Keine Berechtigung besteht nach Ansicht der Experten darüber hinaus zu allgemeinen Empfehlungen an die gesunde Bevölkerung, sich salzarm zu ernähren. Denn eindeutige wissenschaftliche Belege dafür, dass sich so ein Blutdruckanstieg verhindern ließe, gibt es nicht.