Erziehungswissenschaft

Werbung
DGfE_Titel_innen_2-08:.
14.08.2008
15:12 Uhr
Seite 1
Erziehungswissenschaft
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft
für Erziehungswissenschaft (DGfE)
Heft 38
20. Jahrgang 2009
ISSN 0938-5363
Verlag Barbara Budrich
INHALTSVERZEICHNIS
Editorial ......................................................................................................... 7
Beitrag
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder,
Gaja von Sychowski
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft:
Kontext, Formen, Konsequenzen ................................................................... 9
Beiträge des Roundtables ‚Digitales Publizieren und
neues Urheberrecht‘
Hans-Christoph Koller
Bericht über das vom DGfE-Vorstand veranstaltete
Roundtable-Gespräch am 24.10.2008 in Berlin ........................................... 37
Doris Bambey
Open-Access-Repositories als Innovationsfaktoren
für einen effizienteren wissenschaftlichen Austausch .................................. 41
Barbara Budrich, Andreas Klinkhardt
Digitales Publizieren – die Situation in der Erziehungswissenschaft .......... 45
Christiane Engel-Haas
Digitales Publizieren in der Erziehungswissenschaft –
Konsequenzen und Perspektiven aus Verlagssicht ...................................... 51
Johannes Fournier
Digitale Fachinformation zwischen Schranken und freiem Zugriff ............. 59
Axel Halle
Urheberrecht und Open access .................................................................... 67
3
Inhaltsverzeichnis
Reinald Klockenbusch
Wandel gestalten – Aufgaben und Randbedingungen
des (digitalen) Publizierens heute ................................................................ 69
Friedrich Rost
Letztlich zählt nur die Qualität. Statement zur Problematik
wissenschaftlicher Online-Publikationen ..................................................... 75
Mitteilungen des Vorstands
Rudolf Tippelt
Bericht über die Aktivitäten des Vorstands
in der laufenden Amtsperiode ...................................................................... 79
Bildung in der Demokratie – 22. Kongress
der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft,
14. bis 17. März 2010 in Mainz ................................................................... 86
Berichte aus den Sektionen
Sektion 1 – Historische Bildungsforschung ................................................. 91
Sektion 2 – Allgemeine Erziehungswissenschaft
Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie ......................... 98
Kommission Qualitative Bildungs- und Biographieforschung ....... 102
Kommission Pädagogische Anthropologie ..................................... 104
Sektion 3 – International und Interkulturell Vergleichende
Erziehungswissenschaft
Kommission Vergleichende und Internationale
Erziehungswissenschaft .................................................................. 106
Kommission Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ................ 106
Sektion 4 – Empirische Bildungsforschung
Kommission Bildungsorganisation, Bildungsplanung,
Bildungsrecht .................................................................................. 111
Sektion 5 – Schulpädagogik
Kommission Schulforschung und Didaktik. ................................... 113
4
Inhaltsverzeichnis
Kommission Professionsforschung und Lehrerbildung .................. 113
Kommission Grundschulforschung und
Pädagogik der Primarstufe .............................................................. 114
Sektion 6 – Sonderpädagogik .................................................................... 117
Sektion 8 – Sozialpädagogik
Kommission Sozialpädagogik ........................................................ 119
Kommission Pädagogik der frühen Kindheit .................................. 120
Sektion 9 – Erwachsenenbildung ............................................................... 123
Sektion 13 – Differenzielle Erziehungs- und Bildungsforschung
Kommission Psychoanalytische Pädagogik .................................... 125
Kommission Pädagogik und Humanistische Psychologie .............. 130
Notizen
Notizen aus der Forschung ........................................................................ 133
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
UrhG-Initiative, Aktionsbündnis Urheberrecht:
§ 52a wohl um vier Jahre verlängert ............................................... 155
Appell für Open Access zu digitalen Bildern ................................. 156
Stellungnahme von GEW-Landesverbänden
zur Bertelsmann-Stiftung ................................................................ 157
Braucht die evangelische Kirche einen Bildungsbericht? ............... 161
Internationale Hochschulkooperation mit Afghanistan .................. 162
Aufruf gegen die Verschiebung der Semesterzeiten
in Deutschland ................................................................................ 163
Ausschreibungen, Preise ............................................................................ 167
Tagungskalender ........................................................................................ 169
Personalia .................................................................................................. 177
Hinweise für AutorInnen ............................................................................ 179
Impressum
5
Editorial
Die vorliegende Ausgabe der Erziehungswissenschaft weist zwei Gravitationszentren auf. Das eine ist der Artikel über Prüfen in der Erziehungswissenschaft unter den Bedingungen von Modularisierung und Bachelor-Masterstudienstruktur, den auf Initiative von Ewald Terhart eine vom DGfE-Vorstand eingerichtete ad hoc-Arbeitsgruppe erarbeitet hat. Der Artikel thematisiert die „vergleichsweise radikale Abkehr von bisherigen akademischen Lehrund Lerngewohnheiten“, die die neue Studienstruktur mit sich bringt, sowie
das Problem des Umgangs mit der durch „dieses neue Regime“ herbeigeführten „Explosion der Lehr- und Prüfungsnachfrage“. Es heißt darin: „Selbst
dann, wenn [...] die Personalsituation der Erziehungswissenschaft verbessert
wird, umgekehrt die Studierendenzahl abgesenkt wird oder schließlich eine
Kombination von Beidem eintritt, sind im Lehrbetrieb einer derart großen
Disziplin wie der Erziehungswissenschaft vermehrt große, mehr oder weniger standardisierte Vorlesungen notwendig. [...] In solchen großen Vorlesungen wird die Zertifizierung von Leistungen durch Leistungspunkte und Noten
in der Regel nur in Gestalt von Klausuren möglich sein. Das bedeutet: Die
Erziehungswissenschaft muss Formen des Lehrens und Prüfens finden, die
für andere große Universitätsdisziplinen seit Jahrzehnten selbstverständlich
sind“ (s. S. 13 in diesem Heft). Eingebettet in Reflexionen der beginnenden
Veränderungen der Fachkultur der Erziehungswissenschaft in Lehre und Prüfung stellen die AutorInnen das Für und Wider der Standardisierung einführender Vorlesungen sowie die Frage nach Qualitätsmerkmalen und Validität
standardisierter Klausuren in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Das Papier
versteht sich als Vorschlag zur Eröffnung einer Diskussion, die in unserer
Fachgesellschaft in breiterem Maße geführt werden sollte – eine Initiative,
die der Vorstand der DGfE ausdrücklich unterstützt.
Das andere Gravitationszentrum bilden die Beiträge des vom Vorstand im
Oktober 2008 durchgeführten Roundtables zur Reform des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Dieser Initiative liegt die Absicht zugrunde, Informationsaustausch und Meinungsbildung innerhalb der Fachgesellschaft zu diesem wissenschafts- und bildungspolitisch brisanten, wenn auch in seiner weitreichenden Bedeutung häufig noch unterschätzten Thema voranzubringen und dazu
Positionen zum Für und Wider der aktuellen Novellierungsrunde des Urheberrechtsgesetzes zu Wort kommen zu lassen. Es geht dabei etwa um die inzwischen strittige Frage der Rechte von AutorInnen an der digitalen Veröffentlichung (z.B. auf der eigenen Homepage) ihrer in Verlagen publizierten
Werke – Rechte, die bisher meist nach Jahresfrist an die AutorInnen zurückfielen. Es geht zugleich aber auch um die befürchtete Einschränkung der Zu7
Editorial
gänglichkeit digital verfügbarer Werke für den akademischen Lehr- und Lernbetrieb bzw. um möglicherweise drastische Kostensteigerungen für Lehrende
und Studierende sowie wissenschaftliche Bibliotheken. Um die Berechtigung
der Befürchtungen zu illustrieren: „Ein schönes Beispiel für das Gegenteil
einer zeitgemäßen Informationsversorgung ist § 52b UrhG, der es einem Wissenschaftler ermöglicht, ein Buch aus der Bibliothek seiner Universität in
digitaler Form zu konsultieren – allerdings nur, wenn er sich dazu selbst in
die Bibliothek begibt, um die digitalisierte Version des Buchs an einem eigens
zu deren Lektüre eingerichteten Computerarbeitsplatz einzusehen. Der unmittelbare Zugriff vom Arbeitsplatz des Wissenschaftlers, der heute als Normalfall wissenschaftlichen Arbeitens angesehen werden sollte, ist somit nicht
möglich“ – so Johannes Fournier von der DFG (s. S. 60 in diesem Heft), die
mit ihren eigenen Digitalisierungsprojekten eine gewichtige Verfechterin der
Open Access-Philosophie darstellt (vgl. als besonders hinreißendes Beispiel
Retrospektive Digitalisierung wissenschaftlicher Rezensionsorgane und Literaturzeitschriften des 18. und 19. Jahrhunderts aus dem deutschen Sprachraum, situiert an der Universität Bielefeld, http://www.ub.uni-bielefeld.de/
diglib/aufklaerung/index.htm). Andererseits ist die Position der Verlage nicht
von der Hand zu weisen, wonach sie durch ihre eigene, Wert zusetzende Tätigkeit zur Qualität von Publikationen oftmals nicht wenig beitragen. Diese
Debatte wird uns in den kommenden Jahren noch weiter beschäftigen, worauf auch die beiden aktuellen Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik zu UrhG-Novelle und Open Access in diesem Heft hindeuten.
Der Mainzer DGfE-Kongress rückt näher. Daher sei auf den in diesem
Heft abgedruckten Call for Papers auch an dieser Stelle eigens hingewiesen.
Der 22. Kongress – Bildung in der Demokratie – bietet den Sektionen, Kommissionen und der DGfE-Mitgliedschaft insgesamt wiederum vielfältige Möglichkeiten gegenseitigen Austausches und der Meinungsbildung über ein theoretisch und praktisch herausforderungsreiches Themenspektrum. Spätestens
ab April 2009 wird es möglich sein, Vorschläge für die verschiedenen Veranstaltungsformen (voraussichtlich unter der URL <http://www.dgfe2010.de/>)
einzureichen.
Noch eine Bitte in eigener Sache: In letzter Zeit gehen der Redaktion
Beiträge zum Abdruck zu, die sich durch souveräne Nichtbeachtung der
Hinweise für AutorInnen auszeichnen. Wir werden sie künftig zurückschicken mit der Bitte, die Beiträge selber einigermaßen den Hinweisen entsprechend aufzubereiten. Der Zeitverzug kann zu Nichtberücksichtigung eines
Beitrags in der gewünschten Ausgabe führen. Wir hoffen auf Ihr Verständnis.
Die Redaktion wünscht allen LeserInnen informative und anregende
Lektüren!
Ingrid Lohmann, Susanne Spieker
8
Standardisierte Prüfungsverfahren
in der Erziehungswissenschaft:
Kontext, Formen, Konsequenzen1
Ewald Terhart / Franzjörg Baumgart / Norbert Meder
Gaja von Sychowski
1. Einleitung und Problembeschreibung
Durch die im Zuge des Bologna-Prozesses erfolgende gleichzeitige Einführung von Bachelor-Master-Struktur einerseits und der durchgehenden Modularisierung dieser neuen Studiengänge andererseits hat sich die Situation in
der akademischen Lehre an den deutschen Hochschulen grundlegend verändert. Die neuen Studiengänge sind nicht mehr nach zu bearbeitenden Themenbereichen gegliedert, sondern sollen an vorab klar auszuweisenden, zu
vermittelnden und zu prüfenden Kompetenzen ausgerichtet sein. Durch die
Sequenzierung von Modulen und durch die Kumulation der jeweils erworbenen Leistungspunkte sollen am Ende bei den Absolventen die angestrebten
komplexen Fähigkeiten angebahnt und möglichst weit entwickelt werden.
Diese neue Form des Studierens wird kontinuierlich von Prüfungen begleitet;
Studium und Prüfung sind in zeitlicher und sachlicher Hinsicht von Beginn
an sehr eng miteinander verkoppelt. Im Alltag von Lehrenden und Lernenden
nimmt kontinuierliches Prüfen und Geprüftwerden einen quantitativ und
1
Auf Initiative von Ewald Terhart hat der Vorstand der DGfE im Herbst 2007 eine ad hocArbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit Fragen der Prüfungspraxis in modularisierten Studiengängen befassen sollte. Als Mitglied des (damaligen) Vorstandes hat Norbert Meder
mitgearbeitet. Die Arbeitsgruppe mit Franzjörg Baumgart und Gaja von Sychowski als weiteren Mitgliedern legt hiermit ihr Ergebnis vor; thematisch hat sich die Arbeitsgruppe primär mit standardisierten Prüfungsverfahren im Kontext großer Lehrveranstaltungen (Vorlesungen) befasst. Sie bedankt sich bei Klaus Breuer, Heiner Drerup, Klaus-Peter Horn, Rudolf Tippelt, Klaus-Jürgen Tillmann und Peter Vogel, die Vorfassungen des vorliegenden
Papiers kritisch und konstruktiv kommentiert haben. – Die Arbeitsgruppe ist sich der Vorläufigkeit, der thematischen Begrenztheit und des Versuchscharakters ihrer Überlegungen
und Argumente bewusst. In dieser Ausgabe von Erziehungswissenschaft erscheint eine
Kurzfassung des Textes. Die Langfassung, welche weitere Ausdifferenzierungen sowie vor
allem sehr viel mehr Beispiele für Aufgaben sowie für ein Kompetenzraster für Beurteilungen enthält, kann auf der homepage der DGfE unter http://dgfe.pleurone.de/news/
news_item.2009-01-09.6376095549 abgerufen werden. Ebenso wird zu dieser Langfassung
bzw. zum Thema generell ein Diskussionsforum auf der DGfE-homepage eingerichtet.
9
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
qualitativ sehr viel höheren Stellenwert ein, als dies in der traditionellen Studienorganisation der Fall gewesen ist. Umgekehrt nimmt die inhaltliche und
psychologische Bedeutung der großen Abschlussprüfung als dramatischem
Endpunkt eines langen, kaum formell vorstrukturierten Studienverlaufs sehr
stark ab. Denn heute wird für jeden Absolventen am Ende eines kontinuierlichen Prozesses der Kumulation von Einzelleistungen eine differenzierte
Übersicht über seine gesammelten Studienelemente (inklusive der Abschlussarbeit) erstellt, alle Bewertungen werden zur Gesamtnote zusammengeführt
etc. – das Studium klingt gewissermaßen aus.
Insbesondere für die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer bedeutet dies eine vergleichsweise radikale Abkehr von bisherigen akademischen
Lehr- und Lerngewohnheiten. Für Lehrende wie Lernende entsteht ein sehr
viel höheres Maß an Verbindlichkeit: Die Lehrangebote müssen in ausreichender Zahl sowie in einem genau auf die Studiengänge bzw. die studentische Nachfrage abgestimmten inhaltlichen und zeitlichen Muster angeboten
werden, Studienleistungen sind sehr schnell zu bewerten, damit die Möglichkeit der Wiederholung besteht und früh genug klar wird, ob und wie ein Studierender sein Studium im nächsten Semester weiterführen kann, Lehrende
wie Lernende müssen sich in den Anforderungen der neuen Studienstruktur
zurechtfinden etc. Vor allem aber führt dieses neue Regime zu einer Explosion der Lehr- und Prüfungsnachfrage in mehrfacher Hinsicht:
•
•
10
Traditionell wurde in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen der Anteil der notwendigen Lehrveranstaltungen durch die Angabe von Semesterwochenstunden (SWS) definiert. Ein beachtlicher Teil
dieser SWS wurde jedoch durch bloßes Belegen abgedeckt: Studierende
trugen diese Veranstaltungen in die Belegbögen ein. Eine Prüfung der
tatsächlichen Teilnahme erfolgte nicht. Obwohl sehr viel mehr belegt als
tatsächlich besucht wurde, kam es in manchen thematischen Bereichen
zu überfüllten Veranstaltungen. Wenn im neuen Studienregime nun aber
der Erwerb von Leistungspunkten auf breiter Front an die Präsenz in Seminaren gebunden wird, sind nun plötzlich alle Studierenden „auch wirklich und immer da“! Ein System, das bereits unter den alten Bedingungen
an vielen Stellen überfüllt war, muss unter den neuen Bedingungen in allergrößte, wenn nicht unüberwindbare Schwierigkeiten kommen.
Die Zahl der zu erwerbenden Leistungsnachweise – seien sie benotet
oder unbenotet – lag in den herkömmlichen Studiengängen sehr deutlich
unterhalb der formalen Gesamtzahl der zu besuchenden Veranstaltungen.
Heute dagegen absolvieren alle Studierenden tatsächlich alle vorgeschriebenen Veranstaltungen, werden dort geprüft und erzeugen damit
einen sprunghaften Anstieg der Zahl der Prüfungssituationen, die zudem
alle präzise verwaltet und dokumentiert werden müssen. Allerdings: Nur
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
•
scheinbar erzeugt Modularisierung diese Probleme; faktisch macht sie
bestimmte Defizite der traditionellen akademischen Studienorganisation
allererst sichtbar und geht sie zugleich in einer konstruktiven, an der Idee
der Erzeugbarkeit von Fähigkeiten orientierten Form an. Damit werden
eingeschliffene, nicht zuletzt für Lehrende wie Lernende sicherlich hier
und da auch bequeme Routinen aufgebrochen. Aber wie dem auch sei:
Durch Modularisierung ändert sich das tradierte Selbstverständnis akademischer Lehre jedenfalls in den Geistes- und Sozialwissenschaften
grundsätzlich.
Die Abbruchquote in vielen sozial- und geisteswissenschaftlichen Studiengängen (insbesondere in solchen, die zum Magister führten) war
traditionell sehr hoch. Dies führte dazu, dass zwar sehr viele Studierende
eingeschrieben waren, der weit überwiegende Teil der Anfänger das Studium jedoch aus unterschiedlichsten Gründen abbrach und insofern auch
nie zum Prüfungsfall bei der großen Abschlussprüfung wurde. Die Zahl
der potentiellen Kandidaten für die Abschlussprüfung sank im Studienverlauf kontinuierlich. Die neuen Studienstrukturen scheinen jedoch die
Abbrecherquote zu senken; auch aus diesem Grunde steigt die Zahl der
Prüfungsfälle. Allerdings liegen hierzu unterschiedliche Erfahrungen an
den verschiedenen Universitäten vor – eindeutig ist die Tendenz eines
Rückgangs der Abbrecherquote nicht. Ebenso muss auf einen Faktor
hingewiesen werden, der unabhängig vom Bologna-Prozess gegenwärtig
die Prüfungsdichte erhöht: Die breite Einführung von Studiengebühren
motiviert die gegenwärtige Studierendengeneration ganz generell zu einem rascheren Ansteuern des Abschlusses.
Wie zu erwarten, hat die Einführung der neuen Studienstrukturen Widerstände erzeugt und mittlerweile zu manchen Enttäuschungen auch bei zunächst
Gutwilligen bzw. Interessierten geführt. Die Probleme sind vielfältiger Art:
Bereits der Umstellungsprozess selbst verschlingt sehr viele Energien, und im
Ergebnis entsteht eine Situation, die zu einer ungewohnten Arbeitsform und
einer erhöhten Arbeitsbelastung im Bereich von Lehre, Prüfung und Prüfungsverwaltung führt. Zugleich müssen die Studierenden in den auslaufenden (herkömmlichen) Studiengängen zum Abschluss geführt werden. In manchen Bundesländern interferiert der Bologna-Prozess darüber hinaus mit der
staatlichen Verordnung neuer Lehramtsprüfungsordnungen, die nicht oder
nur teilweise oder in inkohärenter Weise auf Bologna eingestellt sind – ein
ständiger Konfliktherd, der zuverlässig zu kontinuierlicher Frustration bei
allen Beteiligten führt. Und schließlich: Weil die Umstellung auf konsekutive, modularisierte Studienstrukturen forciert betrieben, ja z. T. erzwungen
worden ist, zugleich aber eine tatsächliche inhaltliche Abstimmung unterblieb, wurden vielfach ortsspezifische, z. T. sogar innerhalb einer Universität
11
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
fakultätsspezifische Speziallösungen gefunden, die die Mobilität der Studierenden zwischen den Fächern und zwischen den Hochschulen einschränken.
Diese aus dem Zusammentreffen verschiedener Faktoren resultierende
Verdichtung und Verkomplizierung der akademischen Lehre verleitet manche Universitätsangehörige zu einer Verklärung der früheren Zeiten – eine
durchaus nachvollziehbare, verständliche Reaktion. Gleichwohl ist dagegen
zu halten: Die ‚alte Welt‘ war keineswegs ideal, genau so übrigens, wie es
die ‚neue Welt‘ nicht sein wird! Die früheren, sehr offenen Studienstrukturen
sind von einem sehr großen Teil der Studierenden nicht bewältigt worden;
bestimmte Studierendengruppen wurden dadurch de facto via Selbstselektion
gezielt in die Selbsteliminierung geführt. Der Lehrbetrieb war sehr stark an
die individuellen Interessen und Motive einzelner Lehrender geknüpft; die
Prüfungspraxis war ebenfalls sehr personengebunden, schwer überprüfbar
und bewegte sich – nicht zuletzt deshalb – vielfach in der Fiktion von Objektivität und Qualität. Die Studierbarkeit von Studiengängen bestand weithin
nur auf dem Papier; die Probleme des praktischen Studienbetriebs wurden auf
die Studierenden abgewälzt, durch extrem großzügige Anerkennungs- und
Nachbesserungspraxis seitens der Lehrenden verdeckt etc. Allgemeiner betrachtet: Die Kombination von einem an Humboldt orientierten akademischen Selbstverständnis einerseits mit der objektiv gegebenen Situation der
chronisch unterfinanzierten Massenuniversität andererseits führte die Lehrenden individuell wie die Universität institutionell in ausweglose Situationen. Diejenigen, die dieses System erfolgreich durchlaufen haben – und die
gegenwärtig Lehrenden gehören offensichtlich dazu – können aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus nicht ohne Weiteres für das traditionelle System
und seine Folgen insgesamt sprechen; die in ihm Gescheiterten kommen
nicht bzw. melden sich nicht mehr zu Wort. Jedenfalls sollte bei allem Befremden und Ärger über Modularisierung und ihre Folgen der Blick zurück
die frühere Situation nicht unkritisch verklären.
Im Folgenden soll kein Beitrag zur grundsätzlichen Debatte über den
Sinn und Unsinn der neuen Studienstrukturen geleistet werden; es geht nicht
um den akademischen Kulturkampf Humboldt gegen Bologna. Es geht vielmehr darum, angesichts der sowohl in den im engeren Sinne erziehungswissenschaftlichen Studiengängen als auch in der Lehrerbildung faktisch sehr
weit vorangetriebenen Umstellung auf Bachelor, Master und Modularisierung
einige Überlegungen zu den Konsequenzen für die Lehre sowie das Prüfen in
Erziehungswissenschaft, insbesondere: für die Durchführung von standardisierten Klausuren in Verbindung mit Vorlesungen anzustellen. Für die Erziehungswissenschaft wird die Frage der Organisation und Bewältigung der
quantitativ gewachsenen und qualitativ gewandelten Prüfungsaufgaben näm-
12
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
lich besonders virulent.2 Die Erziehungswissenschaft ist in den letzten Jahrzehnten eine der großen Universitätsdisziplinen geworden und ist es immer
noch. Der disziplineigene Diplom-Studiengang hatte sich gut etabliert und
ausdifferenziert. Durch ihre Beteiligung an der Lehrerbildung ist sie mit einer
extrem hohen Nachfrage nach Lehrveranstaltungen konfrontiert, da alle Lehramtsstudierenden einer Universität Erziehungswissenschaft studieren müssen. Die Erarbeitung und Verabschiedung von Kerncurricula für die erziehungswissenschaftlichen Studiengänge und Studiengangsanteile (seitens der
DGfE und vor Ort an zahlreichen Universitäten) soll zu einer klareren, disziplinweit besser abgestimmten Orientierung für die Studiengangsplanung
bzw. Angebotsstruktur in der Lehre führen – was wiederum Konsequenzen
für die Wissensstruktur der Disziplin selbst hat (s. Abschnitt 2). Die Personalausstattung ist allerdings angespannt bzw. unzureichend, wenn man daran
denkt, dass die neuen Studienstrukturen zu einer Explosion der Lehrnachfrage und der Prüfungsfälle führen (s. Abschnitt 6). Modularisierte Studiengänge benötigen aus diesem Grunde eine Neufestsetzung des Curricularnormwertes, auf dessen Basis die Relation zwischen Lehrkapazität und Studierendenzahl festgelegt wird.
Selbst dann, wenn angesichts dieser Bedingungen die Personalsituation
der Erziehungswissenschaft verbessert wird, umgekehrt die Studierendenzahl
abgesenkt wird oder schließlich eine Kombination von Beidem eintritt, sind
im Lehrbetrieb einer derart großen Disziplin wie der Erziehungswissenschaft
vermehrt große, mehr oder weniger standardisierte Vorlesungen notwendig.
Dies gilt insbesondere für Einführungs- und Überblicksvorlesungen zu wichtigen Modulbereichen. Solche Vorlesungen können, ja sollten groß sein; dementsprechend kann und muss die Größe der parallel geführten bzw. daran
anschließenden spezielleren Seminare klein sein. In solchen großen Vorlesungen wird die Zertifizierung von Leistungen durch Leistungspunkte und
Noten in der Regel nur in Gestalt von Klausuren möglich sein.3 Das bedeutet:
Die Erziehungswissenschaft muss Formen des Lehrens und Prüfens finden,
2
3
Zur Funktion und Problematik von Hochschulprüfungen, aber auch für praktische Anregungen vgl. Müller, F. H./Bayer, Chr.: Prüfungen: Vorbereitung – Durchführung – Bewertung. In: Hawelka, B. u. a. (Hrsg.) (2007): Förderung von Kompetenzen in der Hochschullehre. Kröning: Asanger, S. 223-237. Zur tiefen- und sozialpsychologischen Betrachtung
der Prüfung vgl. Strauss, B. (2006): Die Psychologie des Prüfens und Geprüft-Werdens. In:
Kodalle, K.-M. (Hrsg.): Der geprüfte Mensch. (Kritisches Jahrbuch der Philosophie 2005).
Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 45-55. Zur empirischen Untersuchung der Kommunikation in mündlichen Prüfungen vgl. Meer, D. (1998): Der Prüfer ist nicht der König.
Mündliche Abschlussprüfungen in der Hochschule. Tübingen: Niemeyer.
Leistungsfeststellungen im Kontext großer Vorlesungen sind im Prinzip auch anders möglich: begleitende Tutorien mit Zusatzaufgaben, Protokolle, Hausarbeiten, kurze mündliche
Prüfungen etc. Hiermit wird ebenfalls an verschiedenen Universitäten experimentiert. Allerdings ist der Aufwand sehr viel höher als bei standardisierten Klausuren.
13
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
die für andere große Universitätsdisziplinen seit Jahrzehnten selbstverständlich sind.
Wir konzentrieren uns im Folgenden im Wesentlichen auf das Problem
des Prüfens von erziehungswissenschaftlichem Wissen durch Klausuren.
Damit soll das breite Spektrum anderer Prüfungsformate keineswegs ignoriert oder in seiner Bedeutung geschmälert werden. Mündliche Prüfungen,
Fallanalysen, Praktikumsbericht, Referate, Studienprojekte, Lern- und Forschungswerkstätten, Lerntagebücher, forschendes Lernen etc. – alle diese
Elemente gehören zu einem Studium. Aus diesem Grunde legen die neuen
Studien- und Prüfungsordnungen in aller Regel auch fest, dass im Verlaufe
des gesamten Studiums die Breite der verschiedenen Prüfungsformate von
den Studierenden erfahren wird. In aller Regel sind Überblicksvorlesungen
am Beginn des Studiums sinnvoll bzw. immer dort, wo bestimmte Grundlagen vermittelt werden müssen. Im Verlauf des Studiums sollten dann zunehmend solche Lehr- und Prüfungsformen eingesetzt werden, die – auf diesem
Wissen aufbauend – geeignet sind, weiter bzw. tiefer gehende Fähigkeiten zu
vermitteln und zu bewerten. Für die Lehrenden bedeutet dies, diese breite
Palette an Prüfungsformen auch in hinreichender Zahl und angemessenem
Zeitrhythmus anzubieten.
Die Konzentration auf (standardisierte) Klausuren erfolgt aus zwei Gründen: Erstens ist dieses Prüfungsformat aus verschiedenen Gründen in der
Erziehungswissenschaft traditionell bislang eher unüblich, so dass hier eine
neue Praxis entstehen muss, über die man sich fachintern verständigen sollte.
Zweitens kommt den Einführungs- und Überblicksvorlesungen inklusive der
damit verbundenen Prüfungspraxis eine grundlegende Funktion nicht nur
innerhalb des Studienverlaufs der Studierenden zu, sondern ebenso auch für
die fachintern-systematische Frage nach dem Status des erziehungswissenschaftlichen Wissens. Um diesen auf die Disziplin selbst zurückweisenden
Aspekt geht es im folgenden Abschnitt.
2. Status des erziehungswissenschaftlichen Wissens
und die Frage seiner Prüfbarkeit
Wenn es im Folgenden um standardisierte, größtenteils aus Multiple-choiceAufgaben zusammengesetzten erziehungswissenschaftliche Klausuren geht,
so handelt es sich dabei nicht nur um das technische Problem der raschen
Bewältigung wachsender Prüfungszahlen. Es geht um mehr. Es geht letztendlich um den Status, den die Erziehungswissenschaft dem von ihr disziplinär
erzeugten und erörterten, entwickelten und tradierten, gelehrten und geprüften Wissen für die eigene Disziplin, aber auch mit Blick auf die Ausbildung
für pädagogischen Berufe zuspricht. Und mit dieser Frage tut sich die Erzie14
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
hungswissenschaft bekanntermaßen sehr schwer, da in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche wissenschaftliche Paradigmen oder Denkschulen in
dieser Hinsicht sehr unterschiedliche Problembeschreibungen und -lösungen
formuliert haben. Immerhin kann man mittlerweile nicht mehr von Alleinvertretungs- und Verdrängungsansprüchen einzelner, gegeneinander kämpfender Paradigmen sprechen. Pluralitätserfahrung, Generationenwechsel und
ein die gesamte Disziplin treffender hoher Außendruck haben deutliche Spuren hinterlassen, so dass Einigungen in Richtung auf Kerncurricula und Prüfungsstandards möglich sind.
Die neuen Studienstrukturen und insbesondere deren Konsequenzen für
Lehre und Prüfung wirken sich insofern auf inhaltlich-systematische Grundfragen sowie auf das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft aus. Die
Disziplin diszipliniert nicht nur die Studierenden, sondern auch sich selbst,
wenn sie festlegt, was wie mit welchem Standard geprüft wird.
Vorlesungen als legitime Form
Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass in der Erziehungswissenschaft in
den 1970er und 1980er Jahren keine breite, ausgearbeitete Kultur der akademischen Vorlesungen existiert hat. Die Abkehr von der Vorlesung hatte unterschiedliche Gründe: Im Kontext der Studentenbewegung erschien sie manchen als eine zu autoritäre, die Studierenden passiv haltende hochschuldidaktische Form. Auch schienen Vorlesungen allzu sehr von den Idiosynkrasien
und theoretischen Präferenzen der jeweiligen Lehrenden beeinflusst. Mit
lernpsychologischen Argumenten wurde die Lerneffektivität von Vorlesungen kritisch beurteilt. Und schließlich: Das erziehungswissenschaftliche Wissen insgesamt wurde als noch zu wenig systematisch gegliedert und abgesichert betrachtet, als dass ein halbwegs fester Wissenscorpus den Grundstock
für vertretbare Übersichtsvorlesungen hätte bilden können, die in gesichertes
Wissen des Faches einführen – und nicht nur in die Perspektive des jeweils
Vortragenden. Viele dieser Vorbehalte sprechen gegen die schlechte Vorlesung, nicht aber gegen eine gut vorbereitete und durchgeführte Vorlesung.
Als Einführung in die Gesamtstruktur, Methodik, Geschichte und Inhaltlichkeit einer Disziplin, als Übersicht über einen breiteren Gegenstandsbereich ist
sie legitim und sinnvoll – auch und gerade dann, wenn (wie etwa bei Lehramtsstudierenden) ein vergleichsweise bescheidenes Zeitbudget für die bildungswissenschaftlichen Studien zur Verfügung steht. Diesen geringen Umfang an Zeit bzw. Leistungspunkten aus diesem Grunde nun gar nicht zu
strukturieren bzw. dem Zufall zu überlassen, wäre fahrlässig.
15
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
Eindeutigkeit des Wissens
Natürlich stellt sich für den Lehrenden die Aufgabe, ein solches breiteres
Themenfeld, über das er eine Übersicht zu vermitteln hat, in gut strukturierter, aktuell in der Disziplin prinzipiell verallgemeinerbarer Form darzustellen,
verschiedene Positionen fair zum Zuge kommen zu lassen, eigene Bewertungen natürlich nicht auszusparen, aber kenntlich zu machen etc. Die Vermittlung von Übersichtswissen kann und muss zunächst eine gewisse Vereindeutigung, Begradigung und Entproblematisierung von Inhalten, Themen und
Diskussionsverläufen beinhalten; für Einführungszwecke ist das legitim – im
Alltag kann gar nicht anders verfahren werden. Aber auch in Einführungen
kann und muss auf dieser Basis und dort, wo es angemessen ist, der unsichere, kontrovers diskutierte, unterschiedlich zu bewertende Status des Wissens
verdeutlicht werden. Nicht zuletzt gehört es zur Lebendigkeit einer Vorlesung, dass kontroverse Positionen, differierende Sichtweisen, unübliche Denkwege und moralische Dilemmata zur Sprache kommen. Nicht zuletzt dadurch
wird der eigenständige Denk- und Beurteilungsprozess der Zuhörer angeregt.
Die Wiederkehr der Vorlesungen, der Einsatz guter Lehrbücher und die
Durchführung standardisierter Klausuren sowie vor allem: ein gewisses Maß
an disziplininterner Verständigung hierüber kann zur Folge haben, dass sich
die traditionell große Vielfalt und Buntheit der Erziehungswissenschaft auf
der Ebene ihres Grundlagenwissens reduziert – oder vorsichtiger: dass im
Grundlagenbereich der mainstream womöglich breiter wird, ohne aber die
Existenz von alternativen, innovativen und abweichenden Denkrichtungen zu
negieren oder zu gefährden. Die Verständigung über Grundlagen sowie die
darauf aufbauende Ausarbeitung von Prüfungsformen und Bewertungskriterien führt ja keineswegs etwas völlig Neues in den disziplinären Diskurs ein,
da schon immer Grundlagen vermittelt und Prüfungsleistungen bewertet
worden sind. Der durch die neuen Studienstrukturen ausgelöste Diskussionsprozess führt nun allerdings dazu, dass solche impliziten, personengebundenen Bewertungsprozeduren expliziert und zumindest im Ansatz (disziplin)öffentlich gemacht werden – eine doch durchaus positive Entwicklung.
Auf der Basis eines stärker vereinheitlichen Grundlagenwissens, das immerhin eine Verlässlichkeit für Anschlüsse bietet, können dann natürlich weitere,
ergänzende Vertiefungen, Problematisierungen, Alternativdeutungen etc. entfaltet werden – wie es sich für jede Wissenschaft gehört. Eine solche Entwicklung würde sich in die schon seit längerem diskutierte bzw. geforderte
Normalisierung der Erziehungswissenschaft innerhalb des Konzerts der wissenschaftlichen Disziplinen einordnen.
16
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
Berufsbezug des Wissens
Selbst wenn der Anteil des konsensfähigen, gesicherten Wissens in der Erziehungswissenschaft höher wäre als er ist, ergibt sich das Problem, welche
Wissenselemente für die Vermittlung einer bestimmten Teilkompetenz ausgewählt werden bzw. welche Wissenskomplexe dazu geeignet sind, eine
spätere erfolgreiche Berufsausübung anzubahnen. Nun ist Wissen nur ein
Basiselement für qualifizierte Berufsausübung, hinzukommen müssen u. a.
praktische Erfahrungen und deren Reflexion, eine gewisses habituelles Einschwingen in die Berufskultur etc. Um praktische Erfahrungsbildung und
Entwicklung von berufsbezogenen Haltungen kann es in Vorlesungen nur
äußerst bedingt und sehr vermittelt gehen. Erneut soll an dieser Stelle auf die
hohe Bedeutung anderer Lehr-, Lern- und Prüfungsformen hingewiesen werden; die Differenz der Wissensformen, Erfahrungsbereiche und Kompetenzdimensionen, die bei der Konstruktion von Studiengängen eine Rolle spielen,
muss unbedingt Beachtung finden – auch und gerade in Gestalt einer methodisch vielfältigen Lehr- und Prüfungspraxis. Wenn es aber um Wissen geht,
so stellt sich die Frage, welches Wissen für alle Studierenden als unabdingbar oder vorsichtiger als nützlich für den Studienprozess, für die Kompetenzanbahnung, für das spätere Handeln und Reflektieren in den verschiedensten
pädagogischen Berufsfeldern betrachtet wird, welches Wissen demgegenüber
als wünschenswert anzusehen ist, ab wann und in welcher Weise Spezialisierungen in Richtung auf wählbare Studienprofile zum Zuge kommen etc. In
den Sitzungen von Studienkommissionen gehen die Meinungen hierzu meistens deutlich auseinander. Modularisierung zwingt die Erziehungswissenschaft dazu, solche grundsätzlichen Fragen des Verhältnisses von Disziplin
und Profession nicht länger als Dauerdiskurs und mit offenem Ende zu erörtern, sondern hierfür konkrete, umsetzbare und überprüfbare Lösungen zu
erarbeiten. Auch hier entsteht also eine Rückwirkung des neuen Prüfens auf
systematische Fragen der Disziplin.
Anforderungsniveaus
Zum Abschluss von Vorlesungen standardisiert zu prüfen, muss keineswegs
eine Verflachung des Anforderungsniveaus oder eine Zurückschneidung des
Prüfungsniveaus auf einfaches Reproduzieren von auswendig gelernten Vorlesungsmitschriften, verteilten Skripten oder zur Verfügung gestellten powerpoint-Folien bedeuten. Es muss ein Spektrum von Aufgabenformaten gefunden werden, das in unterschiedlich anspruchsvoller Weise Wissen, Reflexionsfähigkeit, Transferleistungen, Urteilsvermögen etc. abfordert und das je
individuell erreichte Niveau auf einer Skala festzuhalten erlaubt – und
gleichwohl eine effiziente Form der Durchführung und Auswertung ermöglicht. Die entsprechenden Erfahrungen aus anderen Disziplinen (Medizin,
17
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
Jura, Ökonomie) müssen genutzt werden, um eine entsprechend anspruchsvolle Mischung verschiedener Aufgabenniveaus und Aufgabenformate zu
erreichen. Eine geschickte Konstruktion von Aufgabenformaten ermöglicht
es, inhaltliche Ansprüche und effiziente Auswertbarkeit zu erreichen. Der
Beweis hierfür kann nur durch entsprechende Aufgabenbeispiele erbracht
werden.
3. Standardisierte Prüfungsverfahren
3.1 Vorbehalte
Wenn der Eindruck, den man aus Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen
gewinnen kann, nicht täuscht, dann setzen sich unter dem Zwang der oben
beschriebenen organisatorischen Strukturen der neuen Ausbildung auch im
Fach Erziehungswissenschaft standardisierte Prüfungen als übliche Form der
Leistungsmessung in großen Vorlesungen, aber auch in Seminaren mit großer
Teilnehmerzahl zunehmend durch. Die Expansion der neuen Prüfungsform
steht dabei in einem seltsamen Kontrast zu einer verbreiteten Geringschätzung dieses Instrumentariums – selbst bei Lehrenden, die sich unter dem
Zwang der Umstände zu seiner Nutzung entschlossen haben.
Im Kern richten sich die Vorbehalte zumeist gegen die Reichweite standardisierter Leistungsmessungen. Die Kritiker stellen in Frage, ob mit solchen Formen, insbesondere mit Multiple-choice-Aufgaben, die relevanten
Ziele eines Hochschulstudiums bzw. ihrer eigenen Lehrveranstaltungen angemessen erfasst und ein entsprechender Lernerfolg der Studierenden überprüft werden können. Bestenfalls, so die übliche Kritik, könne man mit solchen Verfahren Faktenwissen bzw. Fleiß und Erinnerungsvermögen der Prüfungskandidaten erfassen und bewerten.
Ein Stück weit wird man solchen Einwänden Recht geben müssen: Bestimmte Lernziele und Kompetenzen, die durch ein Hochschulstudium erreicht bzw. gefördert werden sollen, etwa die Steigerung komplexer kognitiver Fähigkeiten oder die Verbesserung wünschenswerter Selbst- und Sozialkompetenzen, lassen sich mit dem Instrumentarium standardisierter Leistungsfeststellungen nicht oder bestenfalls ansatzweise abbilden und erfassen.
Ob die Studierenden mit den abgefragten und eventuell nachgewiesenen
Wissensbeständen zugleich Arbeits- und Lernstrategien erworben haben oder
ob sie erworbene Kenntnisse zur selbstständigen Bearbeitung praktischer
Probleme nutzen können – all das lässt sich durch geschlossene Frageformate
und vorgegebene Antwortmöglichkeiten nicht hinreichend erfassen. Und
deshalb sollte es unstrittig sein, dass die standardisierten Prüfungsverfahren
andere Formen der Lern- und Leistungskontrolle, insbesondere die für geis18
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
tes- und sozialwissenschaftliche Fächer traditionsreiche, anspruchsvolle Hausarbeit, nicht verdrängen dürfen.4 Hinsichtlich der traditionellen Prüfungsformen stellt sich allerdings ebenso die Frage, ob und inwieweit sie tatsächlich
geeignet sind, komplexe Kompetenzen valide zu erfassen und objektiv zu
bewerten.
Ungeachtet der unbestreitbaren Grenzen standardisierter Prüfungsverfahren für die Erfassung komplexer Lernziele bzw. Kompetenzen werden die
Möglichkeiten und der Nutzen dieses Instruments in der gegenwärtigen Situation häufig unterschätzt. In der verbreiteten Auffassung, dass in solchen
Prüfungen ‚nur‘ Faktenwissen und Begriffe abgefragt werden können, zeigt
sich ein doppeltes Missverständnis: Das eine bezieht sich auf den Stellenwert
von Faktenwissen für erfolgreiches Lernen und das andere auf die Komplexität des Wissens, das in solchen Tests abgefragt und bewertet werden kann,
also auf das Anspruchsniveau der Tests. Gegen eine voreilige Geringschätzung von fachwissenschaftlichen Grundkenntnissen und einer entsprechenden Fachsprache muss daran festgehalten werden, dass sie das Fundament
jeder Fachwissenschaft darstellen und die Voraussetzung aller anspruchsvolleren Lernprozesse bei Studierenden des jeweiligen Faches sind. Wenn es
gelingt, dieses Fundament erfolgreichen Studiums, das für grundlegend gehaltene Wissen eines Faches bzw. seiner Teildisziplinen, zu definieren, und
zugleich der Anspruch erhoben wird, es in entsprechenden Veranstaltungen
zu vermitteln, dann gibt es keinen einsichtigen Grund, auf eine Überprüfung
der Lernergebnisse der Studierenden in standardisierter Form zu verzichten.
Dies kann allerdings auf unterschiedlich anspruchsvolle Weise und auf unterschiedlichem Niveau geschehen. Möglicherweise resultieren viele Vorbehalte
gegen standardisierte Prüfungsverfahren, insbesondere in Form von Multiplechoice-Tests, aus mangelnden Erfahrungen mit diesem Prüfungsformat oder
vielleicht auch aus zufälligen Beispielen, die in Form und Inhalt unterkomplex sind, weil ihre Aufgaben entweder mit dem gesunden Menschenverstand
oder durch geschicktes Raten zu lösen sind. Aber diese nicht seltenen Beispiele sind keine Belege für die generelle Untauglichkeit des Instruments,
sondern lediglich für eine fehlerhafte Konstruktion im Einzelfall.
4
Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die Erörterung standardisierter Aufgabenformate,
die vornehmlich in Verbindung mit großen erziehungswissenschaftlichen Vorlesungen eingesetzt werden. Wir sind uns darüber im Klaren, dass dies innerhalb des breiten Spektrums
unterschiedlicher Formen der Leistungserfassung und -beurteilung eine spezifische, insgesamt eher konventionelle, für die neue Lehrsituation in der Erziehungswissenschaft allerdings unausweichliche, aber wenig erprobte Variante darstellt. Wir gehen nicht auf die
grundsätzlichen testdiagnostischen Probleme von kompetenzorientierter und zugleich entwicklungsförderlicher Leistungskommentierung und -beurteilung in Schulen und Hochschulen ein (edumetrics statt psychometrics). Dies würde den Rahmen sprengen.
19
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
3.2 Anforderungen
Die der Arbeitsgruppe vorliegenden – zufälligen und wenigen – Beispiele
von standardisierten Abschlussklausuren für Vorlesungen und Seminare vermitteln einen zumindest heterogenen Eindruck, der auf die Schwierigkeiten
bei der Entwicklung solcher Prüfungsformate verweist.5 Sie sind heterogen
hinsichtlich dessen, was sie prüfen und wie sie es prüfen wollen. Sie unterscheiden sich selbst bei themenähnlichen Bezugsveranstaltungen hinsichtlich
der Inhalte, des Anspruchsniveaus der Fragen und der Form der Aufgabenstellung. Wenn man beispielsweise die inhaltliche Auswahl von Prüfungsaufgaben zu allgemeinen Einführungen in das Fach Erziehungswissenschaft
miteinander vergleicht, lässt sich eine erhebliche Variationsbreite feststellen.
Es gibt thematische Überschneidungen, aber keinen einheitlichen Korpus
fachlichen Wissens, das in solchen Veranstaltungen vermittelt wird. Dies
liegt zum einen an der je universitätsspezifischen curricularen Struktur des
erziehungswissenschaftlichen Lehrangebots, zum anderen an der individuellen Handschrift, den thematischen Präferenzen und entsprechenden Akzentuierungen der jeweiligen Veranstalter.
Diese inhaltliche Varianz der Prüfungsaufgaben zu ähnlichen oder sogar
identischen Themen der Veranstaltungen lässt sich durch innerfachlichen Austausch und Diskurs verringern, aber keinesfalls völlig beseitigen, und das ist
auch gut so. Während man über die fachliche Qualität einer Veranstaltung,
die Relevanz ihrer thematischen Schwerpunkte und Lernziele vielleicht streiten kann, gilt dies nicht für die Güte einer standardisierten Abschlussklausur.
Sie muss die zentrale Anforderung der Validität, der Gültigkeit, erfüllen, also
genau das prüfen, was in der jeweiligen Veranstaltung unter bestimmten
Zielperspektiven inhaltlich vermittelt werden sollte.
Die Forderung nach Validität oder Gültigkeit der Prüfungen scheint auf
den ersten Blick trivial zu sein – für die Prüfungspraxis gilt dies keineswegs.
Wenn manche standardisierten Tests den Eindruck vermitteln, dass ihre Aufgaben auch ohne Kenntnis des jeweiligen Veranstaltungsprogramms und
seiner spezifischen Lernziele bearbeitet werden können, dann liegt offensichtlich ein Verstoß gegen die grundlegende Forderung nach Validität vor –
es sei denn, dass die jeweilige Bezugsveranstaltung keine spezifischen, über
das Alltagswissen hinausgehenden Kenntnisse vermittelt hätte.
Soll die Anforderung an die Validität einer Abschlussklausur erfüllt werden, so ist es erforderlich, dass sich die Lehrenden über das, was sie in ihren
5
20
Sicherlich wird man in diesem Kontext aus den Erfahrungen anderer Fächer lernen können.
Ebenso müsste es hilfreich sein, etwa die Erfahrungen der Fernuniversität Hagen bei der
Formulierung und Gestaltung von Frageformaten in Studien- und Lernmaterialien mit erziehungswissenschaftlicher Thematik zu nutzen.
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
jeweiligen Veranstaltungen vermitteln wollen, im Klaren sind und ihre generellen Lernziele in Teilziele ausdifferenzieren und operationalisieren können.
Dies ist zwar eine Grundanforderung professionellen pädagogischen (lehrenden) Handelns, aber in der Praxis universitärer Lehre eine allzu optimistische
Unterstellung. Im Blick auf eine valide Abschlussklausur ist es jedenfalls
erforderlich, parallel zur Veranstaltungsplanung und -durchführung die Frageformate für den Abschlusstest zu konzipieren. Dabei ist zu beachten, dass
sich die Prüfungsaufgaben auf das gesamte Spektrum der Themen, aber auch
auf die unterschiedlichen Ebenen der Lernziele der Veranstaltung beziehen.
Insbesondere die zuletzt genannte Forderung impliziert, dass der Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung variieren, über das bloße Wiedererkennen
von Fakten und Informationen hinausführen und anspruchsvollere Lernziele
abbilden muss.
Entgegen einem verbreiteten Vorurteil sind auch Auswahlaufgaben (im
Sinne von Multiple-choice) in der Lage, die angestrebte Unterscheidungsfähigkeit, das Differenzierungsvermögen und die Urteilsfähigkeit, die in der
jeweiligen Veranstaltung – themenbezogen – entwickelt werden sollten, zu
erfassen. Auch solche geschlossene Aufgabenformate können und müssen
sich auf komplexe Sachverhalte, konkurrierende Interpretationen, anspruchsvolle theoretische Beschreibungen und ihre jeweiligen praktischen Implikationen beziehen – sofern diese in der vorangegangenen Veranstaltung erarbeitet worden sind. Die Möglichkeiten dieser Prüfungsform enden erst dort, wo
die Kompetenz der Studierenden überprüft werden soll, auf der Basis des
erworbenen Wissens selbstständig und kreativ Antworten auf neuartige theoretische und praktische Probleme zu entwickeln. Aber das kann auch nicht
das Ziel einer einführenden Veranstaltung sein!
Die Differenzierung des Anspruchsniveaus der Aufgabenstellung ist auch
im Blick auf eine leistungsgerechte Beurteilung der Studierenden unverzichtbar. Nur so lassen sich gute von schlechten Leistungen, d. h. die jeweils erreichten Kompetenzen der Studierenden voneinander unterscheiden. Ob diese
Unterscheidung zuverlässig, ob das Instrument reliabel ist und nicht von
Messfehlern und Zufallsantworten verzerrt wird, hängt maßgeblich von der
Konstruktion der Frageformate, etwa von der Auswahl gestellter Aufgaben
oder der Genauigkeit der Fragestellungen, und der Durchführung und Auswertung ab. Im Idealfall müssten Studierende bei einer reliablen Testkonstruktion und -auswertung ähnliche Prüfungsergebnisse in einem Paralleltest
mit gleichem Anspruchsniveau und anderen Aufgaben zur gleichen Veranstaltung erreichen.
21
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
4. Aufgaben im Kontext technologisch unterstützten
Prüfens
Die zentrale Frage dieses Abschnitts ist, inwiefern und inwieweit Prüfungsfragen durch Einsatz neuer Technologien, d. h. durch Einsatz von Computern
und Internet, automatisiert ausgewertet werden können.6 Es geht hier nicht
darum, ob strukturierte Aufgabenformate wie Multiple-choice, Lückentext
oder Zuordnung besser oder schlechter sind als Freitextaufgaben. Es geht
vielmehr um die Frage, ob computergestützte Aufgaben die Arbeit der Klausurbewertung erleichtern können. Insofern steht Arbeitseffizienz im Fokus
der folgenden Betrachtungen.
Auch Objektivität, Validität und Reliabilität von Aufgaben stehen hier
nicht zur Debatte. Dennoch sei eine Bemerkung dazu hier erlaubt. Auf der
Basis eines fünfjährigen Experimentierens mit computergestützten, automatisch ausgewerteten Klausuren hat es sich als vorteilhaft erwiesen, Klausuren
so zu konstruieren, dass die Hälfte der erreichbaren Punkte in strukturierten
Aufgaben und die andere Hälfte in Freitextaufgaben vergeben werden. Da die
verwendete Klausursoftware die differenzierten Klausurergebnisse in einer
EXCEL-Tabelle ausgibt, ist es ein Leichtes, die Ergebnisse der strukturierten
Aufgaben mit denen der Freitextaufgaben zu korrelieren. In den meisten
Fällen traten hohe Korrelationen auf, ebenso statistische Signifikanzen (5%Niveau). In einer Klausur mit ca. 120 Teilnehmern konnte durch direkten
Vergleich der beiden Teilnoten festgestellt werden, dass bei keinem Studierenden in den beiden Klausurteilen eine größere Notendifferenz als eine halbe Note auftrat. Damit hat man zwar keine saubere Validitätsprüfung, aber
man erhält mindestens den Hinweis, dass man mit beiden Klausurteilen das
Gleiche misst. In Fällen, bei denen die Korrelationen nicht befriedigend ausfielen, konnte sehr schnell herausgefunden werden, woran dies mit hoher
Wahrscheinlichkeit lag. In der ausgegebenen Tabelle waren nämlich auch die
Ergebnisse der einzelnen Aufgaben deskriptiv statistisch beschreibbar, und
man konnte etwa sehen, dass manche Aufgaben zu leicht oder zu schwer
waren, d. h. dass sie keine adäquate Leistungsdifferenzierung bei den Klausurteilnehmern erzeugt haben. Kommt so etwas etwa bei den strukturierten Aufgaben an mehreren Stellen vor, nicht aber bei den Freitextaufgaben, dann
kann sich keine hohe Korrelation ergeben.
Das heißt in aller Kürze: Bei automatisch ausgewerteten Klausuren erhält
man je nach Software Daten, die eine rasche und nicht sehr arbeitsaufwändi6
22
Auf die Möglichkeit, bearbeitete standardisierte Klausur-Fragebögen durch einen geeigneten Scanner einzulesen, kann an dieser Stelle nur verwiesen werden. In diesem Fall können
die Fragebögen im Papier-und-Bleistift-Verfahren bearbeitet werden; die Eingabe der einzelnen Antworten per Hand ist jedoch überflüssig.
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
ge Analyse ermöglichen. Die Analyse kann beispielsweise Hinweise darauf
geben, dass die Aufgaben nicht gut genug konstruiert waren, dass die Themen der Freitextaufgaben zu schwer waren usw. Das kann bis hin zur Konsequenz führen, für gewisse Themen mehr Zeit in den Lehrveranstaltungen zu
veranschlagen. Natürlich kann man solche Auswertungen auch auf der Basis
von herkömmlichen Papierklausuren machen. Computerunterstütze Klausurengestaltung und -auswertung erleichtert die Arbeit jedoch deutlich.7
4.1 Lern- und Testaufgaben
Man kann auf der Basis der Literatur und dem professionellen Wissen der
Didaktiker die verschiedenen Aufgabentypen als eine Teilklasse des Wissens
verstehen, das sich in Wissensarten differenziert.8 Aufgaben sind interaktive
Wissensarten, die zwischen der reinen Vorgabe von rezeptiv aufzunehmenden Informationen und den noch komplexeren Szenarien kooperativer Wissensgenerierung im Lernen stehen. Aufgaben geben nämlich einerseits Informationen, lassen aber anderes aus, was der Lernende zu ergänzen hat.
Aufgaben produzieren gezielt Leerstellen, die der Lernende ausfüllen muss.
Die Produktion der Leerstelle in Aufgaben kann die Ausfüllung der Leerstelle eindeutig bestimmen oder eher offen gestalten. Diese Variation erreicht
man durch Art und Ausmaß der Informationsvorgabe. Flechsig hat vor diesem Hintergrund Aufgaben der Struktur nach als Formulare bestimmt.9
Wissen hat in didaktischen Kontexten immer mindestens drei Funktionen: Informationsfunktion, Instruktionsfunktion und Kommunikationsfunktion. Diese Dreiteilung deckt sich mit der Dreiteilung medialer Strukturierung
in (rezeptive) Darstellungsmedien, Interaktionsmedien und Kommunikationsmedien. Interaktionsmedien sind solche, bei denen die Testperson mit
einem Medium interagiert. Das mag ein Aufgabenblatt oder ein Computerbildschirm sein. Kommunikationsmedien sind solche, bei denen die Testperson mit anderen Testpersonen interagiert – sei es per Brief, Chat, Forum oder
in einer virtuellen Welt (z.B. Second Life).
7
8
9
Vgl. dazu auch Wollersheim, H.-W. (2007): eTesting in Lehramtsstudiengängen – mehr als
ein technisches Problem? Foliensatz eines Vortrags im Rahmen des workshops „Computerunterstütztes Prüfen (e-assessment)“ an der Universität Hamburg, 6.12.2007.
Vgl. Meder, N. u. a. (2006): Web-Didaktik. Eine neue Didaktik webbasierten, vernetzten
Lernens. (Wissen und Bildung im Internet Bd. 2). Bielefeld: Bertelsmann, S. 119-174, insbes. S. 127.
Haller, H.-D./Flechsig, K.-H./List, J. (2007): CEDID – Software und Kurse zum computergestützten didaktischen Design; Haller, H.-D. (1995): Wissensorganisation mit CEWID, einem wissensorientierten und tätigkeitsunterstützenden System. In: Meder, N./Jaenecke,
P./Schmitz-Esser, W. (Hrsg.): Konstruktion und Retrieval von Wissen. Frankfurt/M.: Ergon, S. 14-21.
23
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
Aufgaben haben im didaktischen Kontext des Lernens generell die Funktion,
das Können der Lernenden zu aktualisieren. Bei dieser Aktualisierung können drei Unterfunktionen unterschieden werden.
•
•
•
Lernaufgaben haben die Funktion, das Können zu initiieren, das Können
ein erstes Mal hervorzubringen.
Selbsttestaufgaben haben die Funktion, die Lernenden über den Stand in
ihrem Lern- und Bildungsprozess aufzuklären.
Testaufgaben haben die Funktion zu zertifizieren, welches Können im
Bildungsprozess erworben wurde.
Aufgaben sind also funktional dreifach zu differenzieren. Strukturell unterscheiden sie sich trotz ihrer funktionalen Differenzierung jedoch nicht. Diese
funktionale Differenzierung wird herausgestellt, weil alle drei Funktionen mit
geeigneter Aufgabensoftware eingelöst werden können. Wenn also z.B. eine
Aufgabe durch Selbsttestaufgaben im Internet begleitet wird, dann wird damit den Studierenden die Möglichkeit geboten, ihr Verständnis zu testen und
gegebenenfalls in der nächsten Vorlesungsstunde nachzufragen. Ein anderes
Szenario könnte sein, eine Vorlesung zum Thema Forschungsmethoden zu
halten und parallel dazu Übungen machen zu lassen. Dazu werden Lernaufgaben und das zu ihrer Lösung notwendige Wissen ins Internet gestellt. Die
Studierenden müssen diese Lernaufgaben von Woche zu Woche lösen. Die
Aufgabensoftware registriert die Studierenden und kumuliert ihre jeweils
erreichte Punktzahl bis zum Ende des Semesters. Wer eine vorab bestimmte
Punktzahl am Ende erreicht hat, hat die Lehrveranstaltung erfolgreich absolviert. Mit einem solchen technologisch gestützten Studienarrangement schafft
man workload und credits auf Seiten der Studierenden, ohne auf Präsenzveranstaltungen und entsprechendes Personal angewiesen zu sein. Auch hier also
liegt das Hauptaugenmerk auf der Arbeitseffizienz, ohne jedoch zu übersehen, dass man mit einem solchen Studienszenario einen hohen Grad an Standardisierung und Objektivität erreicht. Das mag nicht für jede Lehrveranstaltung bzw. jede Thematik möglich oder auch nur sinnvoll sein, ist aber
gleichwohl eine Option.
4.2 Aufgaben: Struktur, Funktion, Sequenzen und Transfer
Aufgaben sind interaktive Wissensarten. In der Interaktion können zwei Konstruktionsfaktoren der Aufgabenstellung unterschieden werden:
•
24
erstens wird Information gegeben, und zwar die Rahmeninformation für
die Aufgabenstellung,
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
•
zweitens werden offene Stellen produziert, so genannte Leerstellen, die
vom Lernenden durch seine Aktivität auszufüllen sind.
Auf letztere Weise – durch Lösen der Aufgaben – werden Informationen in
aktives Wissen transferiert, was nichts anderes heißt, als dass gelernt oder
Wissen aktualisiert wird. Aufgaben haben in erster Linie die Funktion, Wissen zu generieren: Sie sind Lernaufgaben. In zweiter Linie besteht ihre Funktion darin, Wissen und Können zu überprüfen. In dieser zweiten Funktion
sind Aufgaben Diagnosewerkzeuge. So können sie im Selbsttest dem Studierenden eine Rückmeldung über seinen Lernerfolg geben, in einem Abschlusstest feststellen, welche Lernziele erreicht wurden, oder sie können in einem
Einstufungstest den Lernenden so weit informieren, dass er das für ihn richtige Kursniveau, das es zu wählen gilt, einschätzen kann.
Aufgaben sind die einzige bekannte Form, Kompetenzen zu entwickeln,
zu aktualisieren und zu überprüfen. Welche Aufgaben welchen Kompetenzen
entsprechen, ist noch nicht ausreichend erforscht. Unser diesbezügliches
Wissen beruht auf ungesicherter professioneller Erfahrung. Die zentrale Forschungsaufgabe wird durch die Frage markiert, welche Lernoperationen
entlang welcher Regeln und vor welchem Wissenshorizont vollzogen werden
müssen, damit die Leerstelle in den Aufgabenformularen richtig gefüllt, die
Aufgabe mithin gelöst wird.
4.3 Typologie von Prüfungsaufgaben
Abgesehen von ihrer Struktur, ihrem funktionalen Einsatz und ihrer Sequenzierung können Aufgaben unterteilt werden in entdeckende Aufgaben, Ordnungsaufgaben, Antwortaufgaben, Ankreuzaufgaben und Unterscheidungsaufgaben. Diese Unterteilung (vgl. Tab. 1) orientiert sich weitgehend an den
kognitiven Operationen, die Lernende bei der Lösung von Aufgaben vollziehen müssen. Die damit vorgenommene Klassifikation der Aufgaben ist zum
großen Teil unabhängig von den anderen in 4.2 genannten Unterscheidungsmerkmalen. Im Folgenden werden verschiedenen Aufgabenarten definiert;
ebenso wird geprüft, inwieweit sie sich im Hinblick auf computergestützte
automatische Auswertung eignen.
25
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
Tab. 1: Typologie der Aufgaben (nach Meder u. a. 2006, 75)
Lern- oder Testaufgaben
Entdeckende
Aufgabe
• Fehler
entdecken
• Differenz
entdecken
• Problem
lösen
Ordnungsaufgabe
• Sequenzierungsaufgabe
• Konstruktionsaufgabe
ƒ Satzkonstruktion
ƒ Technische
Konstruktion
ƒ DokumentenKonstruktion
– formaler
Aspekt
– gestalterischer
Aspekt
– inhaltlicher
Aspekt
• Zuordnungsaufgabe
Antwortaufgabe
• KurzantwortAufgabe
• ExposéAufgabe
• AusspracheAufgabe
• BuchstabierAufgabe
• LückentextAufgabe
Ankreuzaufgabe
• MehrfachauswahlAufgabe
• EinfachauswahlAufgabe
• Ja-oder-NeinAufgabe
Distinktionsaufgabe
• unbestimmte
Limitation
• bestimmte
Negation
• Bandbreite
ƒ Begriffsinhalt
ƒ Begriffsumfang
26
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
4.3.1 Entdeckende Aufgaben
In Aufgaben der Art entdeckende Aufgabe sollen Regeln, Gesetzmäßigkeiten
oder Zusammenhänge in einem vorliegenden Material – auch über Fehler und
Differenzen – identifiziert werden. Es geht dabei eher um kreative kognitive
Prozesse. Die entdeckenden kognitiven Prozesse werden unterschieden in
Fehler entdecken, Differenz entdecken, Problem lösen.
•
•
•
Fehler entdecken: Der Lernende soll Fehler in einem Dokument, einem
Bild oder einem Text – gelegentlich auch durch Vergleich – entdecken.
Insoweit diese Fehler syntaktisch eindeutig zu bezeichnen sind – etwa
durch Markierung oder sprachlich eindeutige Charakterisierung, kann
mit automatisierter Auswertung gearbeitet werden. Wenn aber der Fehler
nur in einer semantisch frei gestalteten Ausführung identifiziert werden
kann, dann eignen sich keine derzeit bekannten Softwareprozeduren zur
Auswertung, denn die Lösung muss dann in einem Freitext formuliert
werden. Die wichtigste kognitive Operation, die mit diesem Aufgabentyp
abgeprüft werden kann, ist die der Überprüfung auf Stimmigkeit, auf
Passung bzw. auf Brüche und Differenzen. Dabei können Operationen
des Vergleichens und Unterscheidens eine große Rolle spielen. Eine
Aufgabe solchen Typs kann man z.B. sehr leicht konstruieren, indem
man eine charakteristische Textpassage aus einer Theorie nimmt und
durch Auswechseln eines terminus technicus einen Fehler produziert, der
dann vom Studierenden durch Mausklick auf das Wort identifiziert werden muss.
Differenz entdecken: Unterschiede im vorliegenden Material sollen gefunden werden. Ein typisches Beispiel wird mit Original und Fälschung
bezeichnet. Insoweit diese Differenzen syntaktisch eindeutig zu bezeichnen sind – etwa durch Markierung oder sprachlich eindeutige Charakterisierung – kann mit automatisierter Auswertung gearbeitet werden. Wenn
aber die Differenzen nur in einer semantisch frei gestalteten Ausführung
identifiziert werden können, dann eignen sich wiederum keine der derzeit
bekannten Softwareprozeduren zur Auswertung. In solchen Aufgaben
fordert man die Operationen des Vergleichens und Unterscheidens vor
dem Hintergrund von Wissen, das als Distinktionsbasis fungieren kann,
indem es die Aufmerksamkeit auf wesentliche Stellen, die den Fehler
ausmachen könnten, richtet.
Problem lösen: Mit Hilfe eines gegebenen Materials und gewisser Hilfsmittel soll ein beschriebenes Problem gelöst werden. Dabei können Probleme unterschieden werden, je nachdem ob sie well-defined (gut definiert
bzw. gut bestimmt) oder ill-defined (schlecht definiert bzw. unterbestimmt) sind. Well-defined Probleme sind in jedem Falle lösbar, und ihre
27
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
Lösung ist bei engen Variationen eindeutig. Von daher sind well-defined
Probleme prinzipiell computerauswertbar. Ill-defined Probleme sind offene Probleme, deren Lösung nicht eindeutig und nicht klar ist, weil keine Hilfsmittel angegeben werden können. Von daher sind sie derzeit
noch nicht computerunterstützt auswertbar. Ob die Forschung im Bereich
Künstliche Intelligenz hier eine Lösung findet, ist nicht absehbar.
4.3.2 Ordnungsaufgaben
Ordnungsaufgaben werden unterschieden in Sequenzierungsaufgabe, Konstruktionsaufgabe und Zuordnungsaufgabe. Sie zielen auf das Verständnis
ab, nach welchen Regeln und in welchen Strukturen etwas, das mit dem
Lerngegenstand zu tun hat, angeordnet ist.
•
Sequenzierungsaufgaben sind Aufgaben, in denen gegebene Gegenstände, Sachverhalte oder Begriffe in eine Reihe gebracht werden müssen,
z.B.: eine Liste von Worten soll nach dem Alphabet sortiert werden. Anspruchsvoller ist etwa die Aufgabe, aus einer Liste von Wörtern einen
hierarchisch geordneten Begriffsbaum zu erstellen oder aus einer Liste
von Sätzen eine argumentative Kette zu bilden. Computergestützt wird
das in der Regel so realisiert, dass die gegebenen Elemente mit der Maus
an bestimmte Stellen des Bildschirms verschoben werden müssen. Diese
Stellen können dann vom Programm ausgelesen und auf Richtigkeit geprüft werden. Es ist klar, dass die Lösung der Software vorgegeben werden muss.
Bei manchen Sequenzierungsaufgaben geht es um die Anwendung von
Faktenwissen. Bei anderen anspruchsvolleren Aufgaben dieses Typs
kann es auch noch um die Identifizierung bzw. Entdeckung der Regel der
Sequenzierung gehen, wie bei der Aufforderung zur Ordnung folgender
Elemente im Rahmen der Thematik anthropologischer Grundlegung der
Erziehungswissenschaft:
Immanuel Kant beschreibt vier Erziehungsziele, die mit Stufen der Vernunftentwicklung
verbunden sind. Bauen Sie diese Erziehungsziele sachlich folgerichtig im Sinne Kants
in eine Argumentation ein.
Kultivierung
Disziplinierung
Moralisierung
Zivilisierung
•
28
Konstruktionsaufgaben sind Aufgaben, in denen aus Teilen das Ganze
zusammengesetzt werden soll. Die Konstruktionsaufgabe wird üblicherweise weiter in Satzkonstruktion, Technische Konstruktion und Dokumenten-Konstruktion differenziert. Satzkonstruktionsaufgaben nennt man
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
•
solche, in denen ein Satz z.B. aus den Satzgliedern zusammengesetzt
werden soll oder aus einzelnen Worten unter Berücksichtigung der richtigen Beugung der Wortarten ein grammatikalisch richtiger Satz zu bilden ist. Lässt sich aus dem vorgegebenen Wortmaterial nur ein sinnvoller
Satz bzw. eine endliche Menge von Sätzen bilden, dann kann auch dieser
Aufgabentyp automatisch ausgewertet werden. Im Kontext des SchreibLese-Lernkomplexes werden solche Aufgaben in der Grundschule gern
eingesetzt. Im Studierendenkontext tauchen sie nur beim Fremdsprachenstudium auf – durchaus auch bei gehobenen Stilübungen.
Zuordnungsaufgabe: Elemente zweier Mengen werden einander nach
vorgegebenen Kriterien zugeordnet. Das können z.B. in der einen Liste
Bilder sein, in einer zweiten Liste Begriffe. Anspruchsvoller und dem
studentischen Niveau angemessen könnte es sein, einer Liste von Thesen
Elemente aus einer Liste von Argumenten zuzuordnen oder Elemente einer Liste von Thesen in historische Epochen einzuordnen. Sind die jeweiligen Listen vorgegeben, dann kann automatisiert ausgewertet werden.
Beispiel für solche Aufgaben folgt.
Ordnen Sie folgende Aussagen den drei Wissensformen – Alltagswissen, Professionswissen,
wissenschaftliches Wissen – nach Peter Vogel zu:
AW
†
†
PW
†
†
WW
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
Es wird erworben durch alltägliche Internalisierung/ Sozialisation
Es dient Angehörigen pädagogischer Berufe zum kompetenten
Handeln im Beruf
Es wird begrenzt durch seinen prinzipiell vorläufigen
(hypothetischen) Charakter
Es wird erworben durch wissenschaftliche Ausbildung und
Erlernen beruflicher Handlungsschemata und -routinen
Es dient dem Wissens- und Erkenntnisfortschritt auf dem Gebiet
der Erziehung
Es wird begrenzt durch negative Lösungseffekte und die
Zuständigkeit anderer Professionen
Es dient Laien zur Bewältigung alltäglicher pädagogischer
Probleme
Es wird erworben durch wissenschaftliches Studium
(Lehre und Forschung)
Es wird begrenzt durch negative Lösungseffekte
4.3.3 Antwortaufgaben
Antwortaufgaben werden differenziert in Kurzantwort-Aufgabe, Exposé-Aufgabe, Aussprache-Aufgabe, Buchstabier-Aufgabe und Lückentext-Aufgabe.
•
In Kurzantwort-Aufgaben werden freie Antworten verlangt, die im Allgemeinen nicht länger als ein bis zwei Sätze sind. Wird beispielsweise
29
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
eine eindeutige Definition verlangt, wie das etwa im Kontext der Wissenschaftstheorie und der Methodologie empirischer Forschung gegeben
sein kann, dann kann auch hier automatisiert ausgewertet werden. Probleme gibt es hier, wenn sprachliche Fehler gemacht werden. Das könnte
eine intelligente Auswertungssoftware mit Rechtschreib- und Grammatikkorrektur auffangen. Wenn dies nicht oder nur unvollständig geht,
dann müssen solche Aufgaben von Hand nachkorrigiert werden. Ein
Vorteil bleibt dabei dennoch insofern, als nur die von der Software als
falsch gewerteten Lösungen überprüft und gegebenenfalls in ihrer Wertung geändert werden müssen. Bei diesem Aufgabenformat ergeben sich
die zu prüfenden Lernoperationen aus der jeweiligen Fragestellung. Man
sieht leicht, dass solche Prüfungsfragen mit ein bis zwei Sätzen zu beantworten sind.
Mit der beginnenden Neuzeit und vor allem im 18. Jahrhundert wurden die Forderungen
nach einer systematischen Erziehung der nachwachsenden Generation in Familie und
Schule immer zahlreicher. Zählen Sie wichtige gesellschaftliche Veränderungen bzw.
Probleme auf, die zu solchen Forderungen führten.
(1)________________________________________________________
(2)________________________________________________________
(3) _______________________________________________________
(4)________________________________________________________
•
In Exposé-Aufgaben wird ein Kurzaufsatz von ein bis drei Seiten verlangt, der die Problem- oder Aufgabenlösung knapp skizziert. Persönliche praktische Erfahrung hat gezeigt, dass hier die automatisierte Auswertung scheitert. Es soll zwar schon in der Linguistik entwickelte Programme geben, die die Qualität solcher Texte ziemlich valide einschätzen können, es ist aber keine Prüfungssoftware bekannt, in der ein solches Programm implementiert ist. Norbert Meder hat in einer Eigenentwicklung10 den Versuch einer Teilauswertung gemacht. Bei der EssayAufgabe „Explizieren Sie das Konzept der Bildung bei Schiller!“ kann
man in der Software hinterlegen, dass folgende Wörter vorkommen müssen: Stofftrieb, Formtrieb, Spieltrieb, Schönheit, Freiheit, Erscheinung,
Ewigkeit, lebendige Zeit. Die Software prüft, ob diese Wörter im Text
vorkommen und vergibt dabei proportional maximal 50% der erreichbaren Punkte. Die Nachkorrektur von Hand vergibt die restlichen 50% der
10
Siehe www.exam2go.de. Vgl. auch Homeister, D./ Ziegler, S. (2008): Verständnisfrage.
Freitextantworten mit neuronalen Netzen auswerten. In: Linus-Magazin 4, S. 104-112.
30
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
möglichen Punkte nach Maßgabe der sprachlichen und logisch-argumentativen Form, der Gedankenführung usw. Neben dieser Teilerleichterung,
die zugleich auch eine gewisse Objektivierung ausmacht, erspart die Tatsache, dass der Text getippt vorliegt, etwa 50-75 Prozent Korrekturzeit
gegenüber handschriftlichen Texten. Das wurde im Selbsttest geprüft.
Zu diesem Aufgabentypus können auch solche dreiteiligen Aufgabenformate gerechnet werden, in denen zunächst (a) eine komplexes Problem oder ein Fall dargestellt wird, dann (b) Fragen und Aufgabenstellungen zu diesem Fall formuliert werden und dann (c) die als Freitext formulierte Aufgabenlösung teils per Computer, teils durch den Lehrenden
selbst beurteilt wird.
4.3.4 Ankreuzaufgaben
Ankreuzaufgaben, wie sie in klassischen Multiple-choice-Tests vorkommen,
werden in Mehrfachauswahl-, Einfachauswahl-, und ja/ nein-Aufgabe unterschieden. In allen Fällen hat der Lernende aus Antwortvorgaben auszuwählen.
•
•
•
Im ersten Fall der Mehrfachauswahl sind mehrere richtige Antworten aus
vorgegebenen Antworten auszuwählen.
Im zweiten Fall der Einfachauswahl ist nur eine unter den vorgegebenen
Antworten richtig.
Im dritten Fall muss entschieden werden, ob eine oder mehrere Aussagen
richtig oder falsch sind.
Alle drei Fälle prüfen letztlich Urteilskraft ab – also ein sehr anwendungsbezogenes Wissen. Der Studierende muss in allen drei Formaten Wahr-FalschEntscheidungen treffen. Jenseits von einfachem Raten ist dies nur möglich,
wenn der oder die Studierende Kontextwissen als Distinktionsbasis für die
Wahr-Falsch-Entscheidungen aktualisiert. Zur Vermeidung von Raten muss
insbesondere bei der Mehrfachauswahl darauf geachtet werden, dass alle
Antwortalternativen – auch die falschen – nahe an der Wahrheit liegen.
Beispiele:
Wodurch ist nach Giesecke pädagogisches Handeln gegenüber anderen sozialen Handlungsformen (medizinisches, politisches, administratives Handeln) bestimmt?
† Weil es gesellschaftliche Probleme löst.
† Weil es das Ziel verfolgt, Gesundheit langfristig zu erhalten.
†
Weil unter der Perspektive des Lebenslangen Lernens schnelle Veränderungen auf
dem Arbeitsmarkt möglich sind.
† Weil es das menschliche Zusammenleben vereinfacht.
† Weil es unter der Maßgabe betrieben wird, Lernen zu ermöglichen.
31
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
In der empirischen Lehrerforschung unterscheidet man mindestens drei Paradigmen: das
Persönlichkeitsparadigma, das Prozess-Produkt-Paradigma und das Expertenparadigma.
Welche der folgenden Aussagen zu diesen Paradigmen treffen zu?
† Das Persönlichkeits-Paradigma umfasst die Suche nach allgemein gültigen Merkmalen der
positiven Lehrerpersönlichkeit.
† Das Persönlichkeitsparadigma untersucht insbesondere die Interaktion zwischen Lehrer und
Schülern.
† Im Prozess-Produkt-Paradigma gelten Schülerleistungen als primärer Indikator für den Erfolg
der Arbeit des Lehrers, denn gleiche Unterrichtsbeding. führen zu immer gleichen Ergebnissen.
† Im Rahmen des Prozess-Produkt-Paradigmas versucht man, die Wirkungen einzelner Verhaltensmuster u. Fertigkeiten der Lehrenden auf wesentliche Aspekte d. Schülerverhaltens zu analysieren.
† Beim Expertenparadigma wird der Blick ausschließlich auf das handlungsleitende Wissen und Kön
nen des Lehrers gerichtet.
† Das Expertenparadigma folgt der Einsicht, dass dem Handeln erfolgreicher Lehrer professionseigenes Wissen zugrunde liegt.
† Nur das Expertenparadigma geht von der Trainierbarkeit positiven Lehrerverhaltens aus.
4.3.5 Distinktions-/Diskriminationsaufgaben
Eine Aufgabe der Art Distinktionsaufgabe – oft auch Diskriminationsaufgabe
genannt – bezieht sich im Wesentlichen auf Begriffslernen. Differenziert
wird danach,
•
•
•
32
ob die Unterscheidung über eine unbestimmte Limitation des Begriffes
erfolgt. Man grenzt den Gegenstand dann von seinem Kontext und von
anderen (materiellen oder symbolischen) Gegenständen durch unbestimmte Negation ab, d. h. ohne seine bestimmenden Merkmale zu nennen. Beispiel: Die Seele ist nichts Materielles;
ob die Unterscheidung über eine bestimmte Negation des Begriffes erfolgt. Hier untersucht man die Eigenschaften (Merkmale) der Gegenstände, anhand derer sie identifiziert und von ähnlichen, aber andersartigen
Gegenständen abgegrenzt werden. Die natürlichen Zahlen (die Null und
die positiven ganzen Zahlen) sind nicht die negativen ganzen Zahlen (die
nicht-negativen Zahlen);
ob die Unterscheidung über die explizite Bestimmung des Begriffs erfolgt. Die explizite Bestimmung kann erfolgen
o durch die Angabe des Begriffsumfangs, indem die Gegenstände benannt und aufgezählt werden, die unter den Begriff fallen, und
o durch die Angabe des Begriffsinhalts, indem die Merkmale des Begriffs, das sind die gemeinsamen Eigenschaften der Gegenstände, die
unter ihn fallen, aufgelistet werden.
Die Distinktionsaufgabe wird hier nur der angestrebten Vollständigkeit
halber aufgeführt. Dem Format nach kann sie in den bisher beschrieben
Formen gestellt werden. Gesonderte Erwähnung findet sie hier auch des-
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
halb, weil sie Begriffsverständnis abprüft, was für wissenschaftliches Wissen zentral ist.
Alle hier in einer Typenhierarchie angeordneten Aufgaben lassen sich ins
Internet stellen und auch weitgehend automatisch auswerten. Ausgenommen
von einer automatischen Auswertung sind die Kurzantwort- und die ExposéAufgabe. In diesen beiden Fällen muss die versuchte Aufgabenlösung von
einem Tutor oder Korrektor beurteilt werden.
4.4 Die automatisierte Auswertung von Klausuren
Die meisten Internet-Lernplattformen unterstützen die Konstruktion von
Aufgaben. Sie unterscheiden sich darin, welche und wie viele Aufgabenformate man nutzen und wie bedienerfreundlich man Aufgaben anlegen kann.
Das ist wichtig, weil es beim Aufbau einer Klausur auf die Variation und die
Vielfalt der Aufgaben ankommt. Denn die verschiedenen Aufgabenformate
verlangen auch verschiedene kognitive Operationen, wie weiter oben gezeigt
wurde. Aber noch wichtiger als dies ist die Auswertung der Aufgaben und
der Klausur. Hier gibt es gravierende Unterschiede bei den in Frage kommenden Softwarepaketen. Das fängt bei der Speicherung der Eingabe der
Studierenden an: Werden beispielsweise Aufgaben nur zum Selbsttest unterstützt, dann bleibt häufig eine dauerhafte Speicherung aus. Man kann dann
zwar eine Aufgabe wiederholen, aber nicht mehr auf frühere Ergebnisse
zurückgreifen. Bei Lernaufgaben verzichtet man manchmal darauf, die Lösungen auf dem Server zu speichern, sondern speichert nur auf dem lokalen
Rechner. Das scheint in diesem Fall zu genügen, hat aber Nachteile: Man
kommt nicht von jedem Rechner aus an seine Lösungen. Das schränkt gerade
studentisches Arbeiten erheblich ein.
Für den Klausurbetrieb ist die sofortige Speicherung auf einem Server
unerlässlich. Wenn beispielsweise der lokale Arbeitsrechner eines Klausurteilnehmers abstürzt, dann darf nichts verloren sein, und der Teilnehmer muss
an einem anderen Rechner sofort weitermachen können. Das zeigt zugleich
ein anderes praktisches Problem: Klausurräume müssen immer für einen
solchen Fall auch mit Reserve-Rechnern ausgestattet sein.
Am meisten muss man bei der Wahl einer Klausursoftware darauf achten, was sie mit Bezug auf die Auswertung leistet, denn in solchen Leistungen liegt die Unterstützung der Arbeit des Hochschullehrers begründet. Auf
der Basis langjähriger praktischer Erfahrungen ist es unerlässlich, dass ausnahmslos immer die Möglichkeit der Nachkorrektur einer Klausur durch den
Veranstalter, als von Hand, gegeben sein muss. Dies schließt eine Änderung
der automatisch vergebenen Punkte ein. Das scheint trivial, wird aber nicht
33
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
immer unterstützt. Eine weitere Forderung besteht darin, die Bepunktung
nachträglich ändern zu können. Zeigt sich beispielsweise, dass eine Aufgabe
zu schwer oder schlecht gestellt war, dann muss man sie aus der Bewertung
herausnehmen oder ihren Punktwert – und damit ihr Gewicht – verringern
können.
Die endgültig korrigierte und bewertete Klausur eines Teilnehmers muss
in einem vernünftigen, Papier sparenden Format auszudrucken sein – sei es
zur Archivierung oder zur Einsicht für den Studierenden. Das gilt auch für
die Punktlisten, die der Hochschullehrer als Übersichten braucht.
6. Konsequenzen für die Personalstruktur
Weiter oben ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich aus den neuen,
modularisierten Studienstrukturen Konsequenzen für die Personalausstattung
der Erziehungswissenschaft ergeben. Die gegenüber der traditionellen Praxis
sehr deutlich gestiegene Lehrnachfrage sowie der um ein Vielfaches gestiegene Prüfungs- und Zertifizierungsaufwand kann – will man nicht das gesamte Studium in Form von Vorlesungen und standardisierten Abschlussklausuren gestalten – letztlich nur zu folgenden Reaktionen führen: Verstärkung
und/oder Umstrukturierung des Personals oder aber Absenkung der Studierendenzahlen.
•
Die Absenkungsstrategie ist zum einen bei den der Disziplin genuin
zugeordneten Studiengängen möglich (Erziehungswissenschaft im Einoder Zwei-Fach-Bachelor, Masterstudiengang Erziehungswissenschaft,
spezielle Weiterbildungsstudiengänge, Promotionsstudien). Eine Absenkung der Studierendenzahl ist zum anderen im Bereich der von der Disziplin Erziehungswissenschaft zu erbringenden Anteile innerhalb der erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Studien in den zum Lehramt
führenden Bachelor- und Masterstudiengängen möglich. Hier muss es
das Ziel sein, die Kapazität der an den erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Studien beteiligten Disziplinen bzw. Disziplin-Anteilen11
zur Stellgröße für den Zufluss von Studierenden in die Lehrer-Master zu
machen; diese Kapazität liefert zugleich eine ungefähre Größe für die
Zahl der Zulassungen zum (voraus liegenden) Zwei-Fach-Bachelor. Die
Kapazitätsfrage in den Lehrer-Mastern wird man allerdings faktisch nicht
11
Nicht die gesamte Erziehungswissenschaft kann hier verrechnet werden, ebenso nur Teile
der Pädagogischen Psychologie, Bildungssoziologie, Politologie und Philosophie. Die
letztgenannten Fächer sind in vielen Bundesländern in unterschiedlicher Quantität und unterschiedlichem Verpflichtungsgrad am erziehungswissenschaftlichen Studium innerhalb
von Lehramtsstudiengängen beteiligt.
34
Standardisierte Prüfungsverfahren in der Erziehungswissenschaft
•
ohne Blick auf den aktuellen und zukünftigen Bedarf an ausgebildeten
Lehrkräften erörtern können; hier sind landesweite Absprachen zwischen
den beteiligten Ministerien und den Hochschulen zu treffen, wobei eine
verlässliche Aufgabenverteilung angestrebt werden sollte (vgl. Zielvereinbarungen). Bei der Festlegung der Kapazitäten (in der Lehre, für die
Zulassungszahlen) muss die je ortsspezifische Verteilung der Schwerpunkte der Lehrenden berücksichtigt werden. Es ist nicht möglich, pauschal und normativ-planerisch eine Aufteilung auf lehramtsbezogen vs.
hauptfachbezogen vorzunehmen: dies hängt von den real vertretenen
Forschungs- und Lehrschwerpunkten der Lehrenden ab.
Die Strategie einer Erweiterung und/oder Umstrukturierung des Personals mit Blick auf die Lehr- und Prüfungssituation kann bedeuten, dass
zusätzliches, besonders lehrintensives Personal eingestellt wird (abgeordnete Lehrkräfte, Lehrkräfte für besondere Aufgaben, spezielle LehrProfessuren etc.). Diese Strategie wird der Erziehungswissenschaft, auch
den Fachdidaktiken, von vielen Universitätsleitungen empfohlen. Begleitet wird diese Form der Ausweitung des Personals von dringenden Umstrukturierungsempfehlungen: Umwandlung von Stellen mit weniger
Lehrdeputat in solche mit höheren Lehrdeputaten – möglichst allerdings
in solche Stellen, die zeitlich befristet besetzt werden, damit kurzfristig
auf Bedarfsveränderungen reagiert werden kann. Die Besetzung lehrintensiver Stellen auf Zeit, wobei nicht selten noch Aufgaben der wissenschaftlichen Selbstqualifizierung zusätzlich definiert werden, ist jedoch faktisch nur sehr schwer möglich. Im Bereich der schul- und unterrichtsbezogenen Lehre sind qualifizierte Personen aus dem Schulbereich
unter diesen Bedingungen sowie insbesondere angesichts der aktuellen
Besoldung von Mitarbeitern nicht zu gewinnen. Außerdem wird durch
die Ausweitung des faktisch nur noch lehrenden Personals der Zusammenhang von Lehre und Forschung zunehmend gelöst. Für die Qualität
der Lehre und für die Disziplin insgesamt hätte dies fatale Folgen. Die
Trennung der Personals in Lehrpersonal einerseits und Forschungspersonal andererseits sowie die Spezialisierung von Universitäten in Richtung
auf berufsorientierte Ausbildungsgänge einerseits und forschungsintensive Spezialinstitutionen mit reinem Forschungsprofil und hohem Rekrutierungsfaktor für wissenschaftlichen Nachwuchs andererseits wäre die
langfristige Folge einer solchen Transformation der Erziehungswissenschaft.
Für eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung inklusive einer entsprechenden, die Studien kontinuierlich begleitenden Prüfungspraxis ist die Fundierung durch wissenschaftliche Forschung innerhalb des in der Lehre vertretenen Sachbereichs unabdingbar. Aus diesem Grunde sind der Umstrukturie35
Ewald Terhart, Franzjörg Baumgart, Norbert Meder, Gaja von Sychowski
rung und vollständigen funktionellen Teilung des Personals (hier ausschließlich Lehrende, dort ausschließlich Forschende) Grenzen gesetzt. Unabhängig
von dieser Frage können und sollten jedoch diejenigen Elemente der Prüfungspraxis, die zu standardisieren sind, angesichts der gegebenen Umstände
gleichwohl realisiert werden. Auf diese Weise können Zeit- und sonstige
Ressourcen geschont werden, und zwar bei Aufrechterhaltung des inhaltlichen Prüfungsniveaus. Aber trotz Einsatz solcher Formen wird zusätzlicher
Personalbedarf bestehen bleiben. Ob dieser zusätzliche Bedarf durch Zuwächse gedeckt wird, ob die Studierendenzahl gesenkt wird, ob der Weg in
die Umstrukturierung und Teilung des Personals im oben angesprochenen
Sinne verordnet wird, ob am Ende eine Mischung aus allen diesen Elementen
zustande kommt – dies alles hängt von dem faktischen Einfluss der Erziehungswissenschaft innerhalb des universitären Verteilungsgeschehens ab und
natürlich auch davon, welches Potenzial die Universität der Erziehungswissenschaft in ihrer sachlich nicht zu teilenden Verantwortung für die Weiterentwicklung der eigenen Disziplin und für die Ausbildung zu pädagogischen
Berufen zuzubilligen bereit ist.
36
Bericht über das vom DGfE-Vorstand
veranstaltete Roundtable-Gespräch
‚Digitales Publizieren und neues Urheberrecht‘
am 24. Oktober 2008 in Berlin
Hans-Christoph Koller
Von eigenen Aufsätzen, die auf der individuellen Homepage öffentlich zugänglich gemacht werden, über Online-Zeitschriften bis zum E-Book gewinnen digitale Publikationen auch in der Erziehungswissenschaft zunehmend an
Bedeutung. Viele ErziehungswissenschaftlerInnen nutzen solche neuen Veröffentlichungsformen als Leser und/ oder als Autoren, sind aber auch verunsichert durch eine Fülle an Fragen, die durch das digitale Publizieren u. a. in
rechtlicher, ökonomischer, inhaltlicher und technischer Hinsicht aufgeworfen
werden. Die jüngste Novellierung des Urheberrechtsgesetzes hat diese Verunsicherung keineswegs beseitigt, sondern eher noch verschärft. Vor diesem
Hintergrund hatte der Vorstand der DGfE beschlossen, ein Expertengespräch
zum Thema Digitales Publizieren und neues Urheberrecht zu veranstalten,
das am 24. Oktober 2008 an der Freien Universität Berlin stattfand. Die Veranstaltung verfolgte die Absicht, einen Prozess der Meinungsbildung innerhalb der DGfE sowie des Austauschs zwischen den unterschiedlichen am
Publikationsgeschehen beteiligten Akteuren zu eröffnen. Zu den ca. 30 TeilnehmerInnen des Gesprächs gehörten, neben dem Vorstand und den Sektionsvorsitzenden der DGfE, VertreterInnen von erziehungswissenschaftlichen
Fachverlagen, Zeitschriftenredaktionen, Universitätsbibliotheken, der DFG,
des DIPF, des Aktionsbündnisses Urheberrecht sowie des Forschungsprojekts EERQUI (European Educational Research Quality Indicators). Die als
Roundtable-Gespräch angekündigte Veranstaltung wurde durch Kurzvorträge bzw. Statements von Doris Bambey (DIPF), Barbara Budrich (BudrichVerlag) und Andreas Klinkhardt (Klinkhardt-Verlag), Christiane Engel-Haas
(Juventa-Verlag), Johannes Fournier (DFG), Reinald Klockenbusch (VSVerlag), Friedrich Rost (Redaktion ZfE) und Thomas Severiens (Aktionsbündnis Urheberrecht) eingeleitet; diese Beiträge sind mit einer Ausnahme in
diesem Heft abgedruckt, dazu kommt der von Axel Halle (Universitätsbibliothek Kassel).
Die anschließende Diskussion konzentrierte sich vor allem auf drei Fragenkomplexe: (1) die absehbaren bzw. zu erwartenden Veränderungen des
37
Hans-Christoph Koller
wissenschaftlichen Publizierens, (2) die Besonderheiten, die dabei im Blick
auf die Erziehungswissenschaft als spezifische scientific community zu berücksichtigen sind, und (3) die Aufgaben, die auf die verschiedenen Akteure
wie Verlage, Bibliotheken, WissenschaftlerInnen, Fachgesellschaft etc. zukommen.
(1) Im Blick auf die Veränderungen der Publikationspraktiken, auf die sich
WissenschaftlerInnen, Verlage und andere Akteure einstellen müssen,
wurde in der Diskussion eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen, auf
die zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine gesicherten Antworten
möglich sind. So wurde etwa gefragt, ob bei Zeitschriften, Handbüchern
und Lexika weiterhin mit Printversionen zu rechnen sei oder ob in absehbarer Zeit nur noch digitale Publikationen zur Verfügung stehen. In
diesem Zusammenhang wiesen VerlagsvertreterInnen darauf hin, dass
Zeitschriften für Verlage nicht nur von wirtschaftlichem, sondern auch
von programmatischem Interesse seien und dass es ausschließlich digitale Publikationen bei Verlagen kaum geben werde, wohl aber Mischformen wie z.B. eine vom Juventa-Verlag geplante Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online oder Onlinedienste von Zeitschriften. Auch
die Umsätze sprechen offenbar bislang nicht für eine Verdrängung der
klassischen Printversionen; so sei etwa im VS-Verlag trotz der eBookInitiative kein Rückgang der Verkaufszahlen im Bezug auf Lehrbücher
zu verzeichnen, und die Umsätze des Verlags im Bereich digitaler Publikationen beliefen sich in Deutschland bisher nur auf ca. 6%. Weitgehende Einigkeit bestand allerdings darüber, dass der gegenwärtige Stand der
Dinge erst den Anfang einer Entwicklung darstellt, die als unumkehrbar
gelten muss und noch eine Fülle von Veränderungen mit sich bringen
wird. Weitgehend offen blieb auch die finanzielle Seite der neuen Publikationsformen, d. h. vor allem die Frage, wer die ja auch beim digitalen
Publizieren entstehenden Kosten künftig bezahlen wird: die Autoren (wie
es bei naturwissenschaftlichen Online-Zeitschriften bereits üblich ist), öffentliche Institutionen (wie z.B. Universitätsbibliotheken, die OnlineZeitschriften und eBook-Programme von Verlagen abonnieren, bzw. Open Access-Repositorien, die Veröffentlichungen kostenlos online bereitstellen) oder die Leser – und was Letzteres etwa im Blick auf den begrenzten Etat von Studierenden bedeuten würde.
(2) Als Besonderheit der Erziehungswissenschaft, die im Zusammenhang
mit den neuen Publikationsformen zu berücksichtigen wäre, wurde in der
Diskussion hervorgehoben, dass es sich bei dieser Disziplin mit ca. 5.000
bis 6.000 WissenschaftlerInnen um eine große scientific community handelt, die zugleich ein bedeutendes Ausbildungsfach darstellt und deshalb
einen enormen Bedarf an Lehrbüchern hat (bzw. an Texten, die in der
38
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
Lehre eingesetzt werden können). Außerdem kann als Spezifikum der
Erziehungswissenschaft gelten, dass dieses Fach in hohem Maße Orientierungs- und Ausbildungsfunktion für pädagogische Professionen besitzt
und deshalb viele Publikationen aufweist, die sich sowohl an die Disziplin (also an WissenschaftlerInnen) als auch an die Profession (d. h. an
PraktikerInnen) richten. Schließlich wurde betont, dass sich die Erziehungswissenschaft durch eine ausdifferenzierte Verlagslandschaft mit relativ vielen kleineren und mittleren Verlagen auszeichne, deren Gewinnmargen anders als bei naturwissenschaftlichen Verlagen nicht bei
30%, sondern maximal bei 5% lägen.
(3) Als bedeutsames Ergebnis des Gesprächs ist eine erste Verständigung
über die Frage anzusehen, welche Aufgaben auf die unterschiedlichen
beteiligten Akteure im Kontext digitalen Publizierens zukommen. Als
wichtigste der gemeinsam von WissenschaftlerInnen und Verlagen zu lösenden Aufgaben schälte sich dabei vor allem die Gewährleistung der
Qualität erziehungswissenschaftlicher Publikationen heraus. So wurde
u. a. vorgeschlagen, konsensfähige Qualitätskriterien zu entwickeln (u. a.
in Bezug auf Zitationsstandards und die Aufarbeitung des Forschungsstands, aber z. B. auch im Blick auf didaktische Qualität von Lehrbüchern). Darüber hinaus verwiesen einige DiskussionsteilnehmerInnen
darauf, dass die wachsende Fülle digitaler Publikationen die Entwicklung
intelligenter Recherche-Möglichkeiten sowie die Sicherstellung der langfristigen Identifizierbarkeit und Zugänglichkeit digitaler Publikationen
nötig mache, was beides nur in Kooperation von Verlagen, Bibliotheken
und anderen Einrichtungen erfolgen könne. Schließlich wurde angeregt,
Verlage und DGfE sollten gemeinsame Spielregeln für das digitale Publizieren aushandeln, in denen nicht nur die jeweiligen ökonomischen Interessen, sondern auch die Gesichtspunkte der Qualitätskontrolle und der
langfristigen Zugriffssicherung Berücksichtigung finden.
Zu den Erwartungen, die ErziehungswissenschaftlerInnen an die Verlage
richteten, gehöre die Absicherung der Kommunikation mit den Lesern,
aber auch das Engagement für Qualitätsstandards und die langfristige
Verfügbarkeit digitaler Publikationen (was beides nicht allein an die Bibliotheken delegiert werden dürfe). Dabei wurden Zweifel laut, ob der Anteil der Verlage an der Sicherstellung der Qualität wissenschaftlicher
Publikationen wirklich so hoch einzuschätzen sei, wie dies von den
VerlagsvertreterInnen behauptet wurde, da Lektorat und Typoskripterstellung zunehmend von den Autoren selbst übernommen würden.
Die TeilnehmerInnen äußerten schließlich auch Erwartungen an die
DGfE als Fachgesellschaft im Blick auf die weitere Entwicklung des
Publikationswesens. Als Aufgabe der Fachgesellschaft wurde zunächst
39
Hans-Christoph Koller
vor allem die Information der Mitglieder und insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses über die rechtliche Situation angesehen, was
auch die Erläuterung der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in
einer für juristische Laien verständlichen Form einschließe. Angesichts
der wachsenden Bedeutung der Qualitätskontrolle und des Peer Review
wurden darüber hinaus Fortbildungsangebote für den wissenschaftlichen
Nachwuchs im Blick auf das Schreiben von Rezensionen und Gutachten
angeregt. Schließlich forderten mehrere TeilnehmerInnen die DGfE dazu
auf, die begonnene Diskussion durch weitere Veranstaltungen dieser Art
bzw. die Einrichtung eines Online-Forums fortzuführen.
Als ein erster Schritt in diese Richtung ist die nachstehende Dokumentation
der Kurzvorträge und Statements zu verstehen, um welche die TeilnehmerInnen des Roundtables gebeten worden waren. Eine Fortsetzung der damit
begonnenen Debatte ist ausdrücklich erwünscht!
40
Open-Access-Repositorien als Innovationsfaktoren
für einen effizienteren wissenschaftlichen Austausch
Doris Bambey
Warum Open-Access-Repositorien?
Open-Access-Repositorien als neue Publikationsplattformen für die Wissenschaft fördern den uneingeschränkten Zugang zu relevanten Ressourcen des
Faches. So entstehen direkt und kostenlos nutzbare Volltextsammlungen, die
das verlegerische Angebot unter dem Aspekt des Open-Access-Zugangs ergänzen und ausweiten. Repositorien bilden somit – neben den herkömmlichen Verlagsaktivitäten – einen neuen Baustein des wissenschaftlichen Austauschs von Forschungsergebnissen. Die Inhalte dieser Volltextsammlungen
basieren in ihrem qualitativen Kern auf der kostenfreien Zweitveröffentlichung von Zeitschriftenaufsätzen (idealerweise nach dem Peer-Review-Prozess), vergriffenen Werken und Retrodigitalisaten, aber auch auf so genannten grauen Materialien (etwa Gutachten, Projektergebnissen), Preprints (von
bei Verlagen eingereichten Texten) sowie Erstveröffentlichungen. Auch Forschungsdaten (Statistiken, audiovisuelle Materialien usw.) gehören in ein
solches Konzept der umfassenden, objektübergreifenden Informationsversorgung unter dem Vorzeichen von Open Access und Open Data. Adressen wie
das von der DFG geförderte erziehungswissenschaftliche Repositorium pedocs (www.pedocs.de) verstehen sich hierbei als Garanten für eine professionelle und qualitätsorientierte Verarbeitung und Vernetzung dieser Ressourcen
sowie deren Langzeitsicherung.
Umgang mit Heterogenitität von Inhalten
Repositorien bündeln ein breites Spektrum an unterschiedlichen Textsorten
und Medienarten auf verschiedenen Begutachtungs- und Aktualitätsniveaus.
Diese Breite des Inhaltsspektrums spiegelt sowohl die tatsächliche Produktivitätsbreite eines Faches wider als auch die sehr unterschiedlichen Informationsbedürfnisse der Fachwissenschaft. Eine unabdingbare Anforderung ist es,
angesichts dieser Vielschichtigkeit und Heterogenität der Inhalte, Unübersichtlichkeit und Beliebigkeit zu vermeiden. Vielmehr sollten eine kriteriengeleitete Auswahl des Materials bzw. verschiedene Sichten darauf ermöglicht
41
Doris Bambey
werden. Dazu gehört für den wissenschaftlichen Nutzer etwa auch, innerhalb
eines solchen Wissensspeichers wahlweise gezielt nur auf qualitativ (peer-)geprüfte Inhalte zugreifen zu können. Ein systematischer Umgang mit der vorhandenen Heterogenität des Publikationsaufkommens seines Faches kann dann
gelingen, wenn wissenschaftsrelevante Indikatoren – wie etwa Begutachtungsniveau, Aktualität, Medientyp – ausgewiesen sind und in Form eines Filters bei
der Suche und Weiterverwertung von Gefundenem zur Verfügung stehen. So
kann eine individuelle Auswahl von Inhalten nach dem je eigenen – durchaus
auch situations- und fallspezifischen – Bedarfs- und Interessenprofil erfolgen.
Rolle der Open-Access-Repositorien in einem sich neu justierenden
Publikationsgefüge
Fachliche Repositorien wie pedocs erzielen darüber, dass sie in hochfrequentierte Portale der erziehungswissenschaftlichen Forschung und Praxis eingebunden sind (hier in das Fachportal Pädagogik im Verbund mit dem Deutschen Bildungsserver), eine Reichweite und fachliche Gesamtschau, die Verlage auf Grund ihres wirtschaftlichen Einzelinteresses nicht erzielen können.
Hierfür sprechen etwa Zugriffszahlen von monatlich 250.000 Besuchen, die
das Fachportal Pädagogik verzeichnet. Erziehungswissenschaftler können
von dieser hohen Frequentierung und dem fachlichen Referenzrahmen profitieren und ihre Sichtbarkeit erhöhen, indem sie etwa eine Open-AccessZweitveröffentlichung von Zeitschriftenaufsätzen nach Ablauf des exklusiven verlegerischen Verwertungsrechtes in pedocs vornehmen. Aber auch für
Verlage sind Repositorien wie pedocs durchaus eine – auch aus betriebswirtschaftlicher und marketingstrategischer Sicht – interessante Option. Mit der
Freigabe von Verlagsinhalten für die Öffentlichkeit – nach einem zu verhandelnden time-shift – können solche offenen Angebotssegmente das Kerngeschäft der laufenden Verlagspublikationen durchaus beleben helfen.
Einen kooperativen Ansatz von Open Access
mit den Beteiligten umsetzen
Grundlage einer tragfähigen Open-Access-Strategie sollte sein, dass die Akteure eine für alle Beteiligten nutzbringende Koexistenz suchen. Das Ziel
eines koordinierten Vorgehens müsste darin bestehen, dass sich zum einen
der Open-Access-Ansatz für die öffentlich finanzierte Forschung in Form
einer definierten verlegerischen Strategie (Open Access-Policy) etabliert, andererseits jedoch auch Raum bleibt für die Refinanzierung der Verlage. Die
Etablierung einer open-access-freundlichen Verlagspolitik beginnt ggf. be42
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
reits bei der Modifikation von Verlagsverträgen, da Ausschließlichkeitsklauseln, die etwa über die Regelungen des Urheberrechtes hinausgehen, nicht
der Open-Access-Idee entsprechen. Namhafte Verlage im Feld der Erziehungswissenschaft öffnen sich mittlerweile den Herausforderungen des OpenAccess-Verbreitungsmodells und sind zu einem Austausch über kooperative
Umsetzungsmodelle bereit. Reaktionen der Verlage auf eine von pedocs initiierte erste gemeinsame Veranstaltung ‚Open Access für die Erziehungswissenschaft‘ auf der Frankfurter Buchmesse 2008 belegen eine solche Tendenz.
Die Frage, was unter Open Access zu verstehen ist und wo die Grenzlinie
zwischen Public Relations für die Verlage einerseits und substanziellen Inhalten für die Allgemeinheit andererseits zu ziehen ist, muss diskutiert werden. Ein Beispiel für einen solchen Grenzbereich stellt etwa das Modell
GoogleScholar dar. Verleger sehen einen starken Vorteil dieses Angebotes
darin, dass u. a. kostenfrei Teile von Aufsätzen aus Fachzeitschriften und
Monographien als Vorschau angezeigt werden. Dieses Modell entspricht jedoch nicht der Berliner Erklärung zu Open Access, die die vollständige Verfügbarkeit einzelner Publikationseinheiten fordert, da nur so wissenschaftliches Arbeiten unterstützt werden kann. Dennoch bietet es sich an, das Modell
GoogleScholar als zusätzlichen, das eigentliche Open-Access-Angebot ergänzenden Service zu nutzen. Ein Vorschau-Modell mit kostenlosen Textrudimenten à la GoogleScholar ersetzt zwar nicht eine Open-Access-Strategie, kann diese aber flankieren bzw. ergänzen.
Vision: Eine zentrale erziehungswissenschaftliche Open-AccessZeitschrift als ein wesentlicher Kulminationspunkt des Faches
Die Erziehungswissenschaft verfügt derzeit nicht über eine Open-AccessZeitschrift (so genannte Golden Road des Open Access), der die Ausstrahlungskraft eines Leitorgans für die Disziplin zukäme. Denkt man die dem OpenAccess-Ansatz inhärenten Entwicklungsoptionen konsequent weiter, so stellt
sich die Frage nach den Realisierungsmöglichkeiten auch für eine solche
Publikationsplattform. Die Initiierung einer allgemein zugänglichen Zeitschrift könnte etwa auch über die Open-Access-Konversion einer bereits vorhandenen Zeitschrift erfolgen. Sinnvoll wäre es, ein solches Vorhaben durch
eine Allianz verschiedener Akteure (einschließlich der Wissenschaftsverlage
und Fachinformationseinrichtungen) unter Federführung der Fachgesellschaft
und auf der Basis eines tragfähigen Rollen- und Geschäftsmodells zu realisieren.
Die Autorin ist am Informationszentrum Bildung des Deutschen Instituts für
Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main tätig.
43
Digitales Publizieren –
die Situation in der Erziehungswissenschaft
Barbara Budrich und Andreas Klinkhardt
Die vielfältigen Möglichkeiten des digitalen Publizierens eröffnen den Wissenschaften neue Wege der Publikation neben den etablierten Formen des
gedruckten Veröffentlichens.
Vor- und Nachteile für AutorInnen und NutzerInnen
Die neuen Möglichkeiten bieten dem Autor vor allem Kostenersparnis (im
Bereich Druck, Buchbinder, Lagerhaltung, Portokosten für Versand etc.),
erweiterte Dokumentations- und Kombinationsmöglichkeiten und weltweite,
fast verzögerungsfreie und medienübergreifende Verbreitung. Dem Nutzer
bieten sie Kostenersparnis beim Erwerb, erweiterte Suchmöglichkeiten, erleichterten Zugang zu Spezialinformationen und weltweiten, fast verzögerungsfreien und tageszeitunabhängigen Zugriff. Es gibt jedoch auch Nachteile bzw. ungelöste Problemfelder. Sie entstehen für den Autor auf folgenden Ebenen: Aufwand, Urheberrechtsfragen, Überangebot, Archivierungsprobleme. Auch digitales Publizieren verursacht dem Autor bzw. den von
ihm beauftragten Dritten Kosten z.B. durch Prüfung der Veröffentlichungsreife (peer reviewing, aber auch Lektorat) und Herstellen der Veröffentlichungsreife (inhaltliches und technisches Lektorat), ferner für technischästhetische Aufbereitung (Lesbarkeit, Übersichtlichkeit, Verlinkungen etc.),
Servertechnologie, Katalogisierung und Archivierung sowie für gezielte Information der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer. Eine Vollkostenrechnung ergibt, dass diese Kosten bei 70-90% der Kosten einer Buchpublikation
liegen.
Ein weiteres Problem liegt im Überangebot des Netzes. Publizieren im
Internet steht jedermann/frau grundsätzlich frei. Unterschiedlichste Daten in
Form, Herkunft und Typ stehen gleichwertig nebeneinander. Entsprechend
schwierig kann sich eine Suche gestalten. Beispielhaft hierfür sei eine Namensrecherche genannt, die durch die zahlreichen Ergebnislisten von Sportvereinen erschwert wird. Dazu kommen fehlende Anhaltsmöglichkeiten zur
Qualität und Art eingestellter Dokumente. Jeder einzelne Text läuft Gefahr,
im Rauschen des Netzes unterzugehen – obwohl er theoretisch verfügbar ist.
45
Barbara Budrich, Andreas Klinkhardt
Dazu kommt: Bisher konnten Fragen der langfristigen Archivierung noch
nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Die Haltbarkeit vieler Datenträger ist endlich, die Kompatibilität von Programmen der Gegenwart zu Programmen bzw. Lesetechniken der Zukunft ist fraglich.
Auch für den Nutzer gibt es Problemfelder wie die Abhängigkeit von gelegentlich unzuverlässigen technischen Geräten, Suchprobleme durch Überangebot, Rezeptionsprobleme beim Bildschirmlesen, Lesegebühren, die auflaufen bzw. nicht bei jedem Anbieter auf Anhieb zu erkennen sind.
Entwicklungen und besondere Abwege
Daneben stehen die etablierten Formen der Publikation in wissenschaftlichen
Fachverlagen. Bis vor einigen Jahren waren Verlage die alleinigen Akteure
auf dem Markt. Sie trugen alle Kosten der Produktion einschließlich der
Autorenhonorare und der Vermarktung. Sie trugen im Prinzip alle Risiken
und zielten auf Gewinn. In bestimmten Fällen – wenn die zu erwartenden
Umsätze zur Kostendeckung nicht ausreichten – ließen sie sich die Produktion subventionieren, sei es durch die Urheber, sei es durch private Förderer
oder den Staat. In vielen Fällen verzichten die Autoren auf Honorar für die
Erstauflage, in anderen Fällen handelt es sich nur um Anerkennungshonorare.
In den einzelnen Fachwissenschaften entwickelten sich völlig unterschiedliche Verlagsstrukturen. Während einzelne Disziplinen von wenigen Anbietern
beherrscht wurden, entwickelte sich in anderen Fächern – unter anderem
auch in der Erziehungswissenschaft – eine breite Palette mittlerer und kleiner, häufig inhabergeführter Verlage. Die erstgenannten Oligopolstrukturen
führten in einigen Fällen zu für Autoren und Nutzer nicht nachvollziehbaren
Preisfestsetzungen – insbesondere im Zeitschriftenbereich –, die die Bibliotheken und damit die Hochschulen in Etatschwierigkeiten brachten. Andererseits: neue Produktionstechniken erleichterten in den letzten Jahren die
Gründung von Klein- und Selbstverlagen. Die Kosten der Herstellung insbesondere von Klein- und Kleinstauflagen wurde gesenkt, zugleich entstanden
Angebote von Druckereien, die speziell für Selbstverleger zugeschnitten waren.
Der Ort der Publikation steht bisher dem Urheber völlig frei. Er kann im
Netz an verschiedenen Orten publizieren, er kann aber auch die Zusammenarbeit mit einem Fachverlag suchen – auch eine Veröffentlichung im Selbstverlag ist möglich. Angesichts der Breite der Verlagskonkurrenz wird jedes
Manuskript seinen Verlag finden, auch wenn es nicht immer der Wunschverlag und/oder die Wunschkonditionen sind. Bei der Zusammenarbeit mit
einem Fachverlag überträgt der Autor seine Urheberrechte in genau begrenztem Umfang (bei wissenschaftlichen Texten in der Regel Druck- und digitale
46
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
Reproduktionsrechte) an einen Verlag. Dazu kommen die Lizenzrechte für
Publikationen an dritten Orten (z.B. Ausland, Buchgesellschaften, Taschenbuch). An Einnahmen hieraus wird er vom Verlag nach vorher festgesetzten
Schlüsseln beteiligt. So können vor allem die Autoren und Herausgeber der
oben genannten Zeitschriften mit überhöhten Preisen auf die Verlage auch
bei der Konditionengestaltung einwirken. Die freie Wahl des Publikationsortes ist ein zentrales Recht der Urheber – geschützt durch internationale Urheberrechtskonventionen ebenso wie durch den grundgesetzlich verankerten
Anspruch auf Freiheit der Wissenschaft. Die Wahl des Publikationsortes z.B.
einer Dissertation kann für den Autor/die Autorin zentrales Element der Karriereplanung sein. Zu Recht sind daher die Bemühungen, eine Pflicht der
Autoren zur Publikation auf Open Access-Plattformen gesetzlich zu verankern, gescheitert. Ein gesetzlicher Regelungsbedarf ist in diesem Binnenverhältnis nicht erkennbar.
Der Nutzer, der einen bestimmten Text lesen bzw. erwerben möchte,
sieht sich nicht in dieser vergleichsweise komfortablen Situation. Er muss
den Preis des Anbieters – der für den jeweiligen Text Monopolist ist – akzeptieren. Dennoch sind die Marktgesetze nur scheinbar ausgehebelt. Überhöhte
Preise drücken letztlich immer die Nachfrage (Bücher werden z.B. dann ausgeliehen, nicht gekauft). Verlage, die in einem funktionierenden Konkurrenzumfeld agieren, verlieren dann zuerst Umsätze, später Autoren, zuletzt ihre
Geschäftsgrundlage. Die Preisgestaltungen für Verlagserzeugnisse in der Erziehungswissenschaft belegen diesen Mechanismus eindrücklich. Preisentwicklungen in anderen Bereichen können daher kaum Grundlage einer fairen Diskussion in der Erziehungswissenschaft sein.
Insgesamt ist kaum in Zweifel zu ziehen, dass Urheberrechte Güter sind.
Die Erstellung z.B. von Texten verbraucht Zeit, Recherchekosten und andere
Ressourcen. Die Verlage bekommen die Urheberrechte nicht gegenleistungsfrei übertragen. Sie müssen die Bücher im Lektorat, später redaktionell und
im Druck betreuen. Werbung und Vertrieb verursachen in der Regel deutlich
höhere Kosten als die eigentliche Drucklegung. Häufig sind die Verlage über
Redaktionen und Lektorate bis hin zur Buchidee auch inhaltlich an der Entstehung eines Bandes beteiligt. Da die Dienstleistung weit über die Buchherstellung hinausgeht, benötigen sie auch Schutzrechte, die über das Produkt
Buch hinausgehen. Es kann nicht fair sein, wenn Verlage aufwändige
Betreuungsarbeiten in Lektorat und Werbung leisten, die dann einer Open
Access-Quelle zu Gute kommen. Auch der Staat, der die Forschung bereits
gefördert hat, erhält durch die Buchproduktion einen echten Mehrwert.
Die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004 wendet sich dennoch gegen diesen behaupteten Monopolcharakter. Sie fordert plakativ, alles müsse allen verfügbar gemacht
47
Barbara Budrich, Andreas Klinkhardt
werden. Der Gesetzgeber dürfe die Rechte der (bisherigen) Verwerter (Verlage) nicht länger so schützen wie bisher. Eine Lesart derartiger Bestrebungen ist, dass Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung kostenfrei (open
access) verfügbar gemacht werden müssen. Da Verlage nicht kostenfrei liefern können, fallen sie also als Distributoren solcher Forschungsergebnisse
weg. Doch Produktion, auch digitale, verursacht Kosten. Wer also die Forderungen nach Open Access-Veröffentlichungen auf diese Weise verabsolutiert,
wirft die Verlage aus dem Spiel und überträgt alle entstehenden Kosten auf
die öffentliche Hand. Während also die Verlage die entstehenden Kosten
über den Markt refinanzieren (und dabei auch die benötigten Arbeitsplätze
unterhalten), bleiben diese Kosten in voller Höhe beim Staat – sie fallen nicht
weg, sondern werden durch bestehende Stellen oder neu zu besetzende mitgetragen. Das kann nicht sinnvoll sein.
Resumée:
Eine Verkehrsordnung zwischen Verlagen und Fachgesellschaften
Wenn man die Verlage allein produzieren und verbreiten lässt, drohen im
schlimmsten Falle die Benachteiligung der AutorInnen sowie Preiswillkür –
in den Naturwissenschaften hat sich dies zu Beginn der Digitalisierung der
Zeitschriftenlandschaft gezeigt und einen ruinösen Wettbewerb eingeläutet.
Die Veröffentlichung von Beiträgen in einschlägigen und teuren Fachzeitschriften müssen AutorInnen nun auch noch teuer bezahlen. Ob derartige
Auswüchse so in den Sozialwissenschaften und in der Erziehungswissenschaft denkbar sind, sei dahingestellt. Den Wunsch, derartige Entwicklungen
von vornherein zu vermeiden, teilen viele Verlage. Ein Zwang zum Open
Access z.B. durch das Zweitverwertungsrecht kann keine Lösung sein: Wenn
Produktion und Distribution an den Staat gehen (also an Institutionen, Bibliotheken und Fachinformationszentren), entstehen dort irreversible Strukturen
mit wachsenden, aber nicht refinanzierbaren Kosten, wobei keinerlei Konkurrenz eine Qualitätskontrolle ausübt. Beide Modelle – Verlage bzw. Open Access in Reinform – scheinen also weder attraktiv noch sinnvoll für Autoren,
Leser und die meisten Verlage.
Einschlägige wissenschaftliche Fachverlage möchten mit der Deutschen
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft eine Übereinkunft ausarbeiten, die
den Interessen von AutorInnen und NutzerInnen – wie auch von Verlagen –
gleichermaßen dient. Aus Sicht der Verlage sollten bei der Verkehrsordnung
folgende Punkte besonders berücksichtigt werden: sorgfältige Information
über die Möglichkeiten und Auswirkungen des aktuellen Urheberrechts (z.B.
die Möglichkeit, Rechte an Zeitschriften- und Sammelbandaufsätzen dann
nach zwölf Monaten vom Verlag einzufordern, wenn nichts anderes verein48
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
bart ist); intensive Beratung über die jeweils spezifischen Möglichkeiten der
digitalen Verwertung einzelner Publikationen (Open Access, kostengünstiger
Zugang, spezielle Möglichkeiten für DGfE-Mitglieder, welche Agenturen
eignen sich zur Veröffentlichung welcher Dokumententypen); Kooperation
mit Blick auf Qualitätssicherung; Etablierung einer Clearingstelle, die im
Streitfall Empfehlungen aussprechen kann; Vorlage von Preisgestaltungen,
die von DGfE und Verlagen als fair empfunden werden.
Die Autorin leitet den Verlag Barbara Budrich (Leverkusen Opladen), der
Autor leitet den Verlag Julius Klinkhardt (Bad Heilbrunn).
49
Digitales Publizieren in der Erziehungswissenschaft –
Konsequenzen und Perspektiven aus Verlagssicht
Christiane Engel-Haas
Einführung
Die rasante Entwicklung der Informationstechnologie hat die technischen
Voraussetzungen geschaffen, Informationen, Daten und Texte rasch, einfach
und weltweit zu verbreiten. Das Medium Internet bietet die Möglichkeit,
Texte und Informationen jeglicher Art niedrigschwellig und ohne Zeitverzögerung einem weltweiten Leserkreis zugänglich zu machen. Es befördert
nicht nur den Austausch über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg, sondern ist unverzichtbarer Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens geworden.
Hochschulen, Forschungseinrichtungen und die wissenschaftlichen Fachgesellschaften haben darauf reagiert: Neben Portalen für hochschulinterne
Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, E-Learning, Bibliotheks- und Datenbanksystemen gibt es zahlreiche Initiativen zur Präsentation von Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Volltexten im Internet. Die kurzfristigen
Vorzüge liegen auf der Hand und sollen an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Digitale Volltextpublikationen stellen zugleich bisherige
Grundsätze wissenschaftlichen Publizierens in Frage und werfen für Wissenschaft und Verlagswesen essentielle Fragen auf. Die darin implizierten mittel- und langfristigen Konsequenzen sind bislang noch nicht hinreichend berücksichtigt worden. Im Folgenden will ich versuchen, diese aus der Perspektive eines erziehungswissenschaftlichen Fachverlags mit programmatischem
Anspruch zu skizzieren.
Rechtlicher Rahmen für Publikationen
Der rechtliche Rahmen für die Publikation, d. h. die Veröffentlichung und
öffentliche Verbreitung von Texten ist im Urheberrecht sowie ergänzend im
Verlags- und Publikationsrecht geregelt. Urheber ist derjenige, der die geistige Leistung erbracht hat. Die unmissverständliche Kennzeichnung der Urheberschaft ist für Publikationen unabdingbar und bildet den Kern wissenschaftlichen Publizierens. Das Urheberrecht ist grundsätzlich nicht übertragbar. Übertragbar sind hingegen die Publikations- und Nutzungsrechte an Tex-
51
Christiane Engel-Haas
ten – das sog. Copyright. Nationales und internationales Urheberrecht sichern
dem Urheber grundsätzlich die Wahl, frei darüber zu entscheiden, ob und
wem er die Nutzungs- und Verwertungsrechte an seinen Texten überträgt.
Um die nicht unerheblichen Investitionsleistungen von Verlagen abzusichern
und zugleich die größtmögliche Verbreitung über digitale Werbe- und Vertriebsstrategien zu ermöglichen, lassen sich Verlage die ausschließlichen
Publikations- und Nutzungsrechte sowohl für Printprodukte als auch für die
digitale Nutzung einräumen. Letztere eröffnen neue Vertriebs- und Marketingstrategien, z.B. die digitale Volltextsuche innerhalb der Bücher selbst
(über die Google-Buchsuche oder andere Portale), die Einspeisung in OnlineArchive und Internetdatenbanken. Ziel dabei ist stets die größtmögliche
Verbreitung der Printprodukte. Eine Aufsplittung der Print- und der digitalen
Rechte auf unterschiedliche Akteure bedeutet mittelfristig den Verzicht auf
professionelle Verlagsdienstleistungen. Zugleich erbringen auch Verlage urheberrechtlich geschützte Leistungen. Dazu gehört die Konzeption von Projekten, Zeitschriften und Buchreihen, die Aufbereitung von Rohtexten, die
Erstellung von Zusatzinformationen (Metadaten, Register, Querverweise)
und Investitionen in eine mediengerechte, professionelle Typographie und
Grafik, sowie den Aufbau von Qualitätsmarken. Bei der Debatte um digitales
Publizieren ist es somit wichtig, zwischen wissenschaftlichen Rohtexten,
Verlagsprodukten sowie der Verbreitung von Informationen über Texte zu
differenzieren.
Während die Urheberrechte an den wissenschaftlichen Manuskripten
beim Autor allein liegen, beinhalten die fertigen Verlagsprodukte – dazu zählen Monografien, Anthologien, Zeitschriften-Beiträge ebenso wie OnlineProdukte – eine doppelte Urheberschaft. Über die weitergehende Verwertung
von Verlagsprodukten, wie beispielsweise die Einspeisung ins Internet, können Autoren somit nur mit Zustimmung des Verlags entscheiden. Ebenso
stimmen seriöse Verlage die Nutzung der Texte in den verschiedenen Zusammenhängen mit ihren Autoren ab.
Erziehungswissenschaft und ihre Verlage
In der bundesdeutschen Erziehungswissenschaft existiert die komfortable
Situation einer breit ausdifferenzierten Verlagslandschaft, die eine neutrale
Wettbewerbsstruktur gewährleistet und in enger Anbindung an die Disziplin
agiert. Die überwiegende Mehrheit bilden kleine und mittelständische Unternehmen, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Disziplin eingerichtet sind
und Publikationsprojekte in enger Zusammenarbeit mit ihren Autoren entwickeln. Dies ermöglicht den unabdingbar erforderlichen, hohen Beteiligungsgrad von Autoren, Herausgebern und Zeitschriftenredaktionen im Publika52
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
tionsprozess. Die wechselseitige Anerkennung der jeweiligen Kompetenzen
bildet dabei die Basis einer konstruktiven und meist langfristigen Zusammenarbeit.
Publizieren und Open Access
Aus Kreisen der Forschungsförderung sowie den naturwissenschaftlichen
Disziplinen dringt die Debatte um Open Access-Publikationen in die Geistesund Sozialwissenschaften vor. Diese resultiert in den Naturwissenschaften
aus der so genannten ‚Zeitschriftenkrise‘ Mitte der 1990er Jahre. Die fast
ausschließlich internationale Ausrichtung und eine extrem geringe Halbwertszeit der Aktualität von Texten (von z. T. nur wenigen Wochen) hat in
den Naturwissenschaften schon sehr früh zu einer Verlagerung auf digitale
Publikationsformen geführt. Dies hat bei naturwissenschaftlichen Verlagen
einen enormen Konzentrationsprozess in Gang gesetzt, bei dem am Ende wenige international agierende Verlagskonzerne quasi Monopolstrukturen aufwiesen. Die Abonnementpreise für wissenschaftliche Zeitschriften stiegen
dabei exzessiv in die Höhe, so dass diese für wissenschaftliche Einrichtungen
kaum noch finanzierbar sind.
Die Frage, ob wissenschaftliche Texte dem Nutzer kostenpflichtig oder
kostenlos zugänglich gemacht werden, ist zunächst weniger ideologischer als
vielmehr ökonomischer Natur. Die qualitativ hochwertige und professionelle
Aufbereitung wissenschaftlicher Rohtexte verursacht Aufwand und somit
zwangsläufig Kosten. Dies ist völlig unabhängig vom jeweiligen Ausgabemedium (sei es auf Papier oder Online), und es ist auch unabhängig davon,
ob eine Veröffentlichung in einem Verlag oder über staatlich finanzierte Einrichtungen erfolgt. Verlage können als privatwirtschaftliche Unternehmen
ihre Leistungen nicht ohne Entgelt zur Verfügung stellen. Im Printbereich ist
dies offensichtlich, bei digitalen Publikationen beginnt sich diese Erkenntnis
in der öffentlichen Wahrnehmung erst allmählich durchzusetzen. Eine Erweiterung der medialen Präsentationsformen im Sinne von print plus online führt
zwangsläufig zu erheblich höheren Preisen für Bücher und Zeitschriften,
während die Umstellung auf online only nicht in dem Maße zu Kostenreduktion führt, wie zunächst erhofft.
Die Publikation von Volltexten kann man zudem auch im Internet nicht
als Hobby nebenbei betreiben, sondern sie erfordert professionelles Know
How sowie eine kontinuierliche und langfristig angelegte inhaltliche und
technologische Pflege, um qualitativ hochwertigen und wissenschaftlichen
Erfordernissen zu genügen. Neben Investitionen in Personal und Infrastruktur
entstehen für digitale Publikationen Mehrkosten für die technische Datenauf53
Christiane Engel-Haas
bereitung, Metadatenerstellung und kontinuierliche Datenmigration über Jahrzehnte hinweg.
Das bisherige Publikationswesen in den Sozial- und Geisteswissenschaften basiert auf einer nutzer- bzw. nachfrageorientierten Finanzierung. (Im
Gegensatz dazu hat es sich in den Naturwissenschaften durchgesetzt, dass
Autoren die Publikation ihrer Texte über eine sog. publication fee finanzieren. Beträge von 3.000 € pro Beitrag sind hier durchaus üblich.) Wenn der
Staat bzw. staatlich finanzierte Einrichtungen nun fordern, dass Wissenschaftler ihre Texte künftig für alle Nutzer kostenfrei zur Verfügung stellen
sollen, ist dies eine politische Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Es bedeutet zwangsläufig, dass künftig die Publikationskosten entweder
dem Autor auferlegt werden oder der Staat eine Vollfinanzierung gewährleistet, die auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist. Inwiefern ein solcher Paradigmenwechsel für die Erziehungswissenschaft sinnvoll und wünschenswert ist,
muss daher eingehend geprüft werden.
Ungelöste Problemfelder digitalen Publizierens
Neben diesen grundsätzlichen volkswirtschaftlichen Konsequenzen gibt es
bei digitalen Publikationen auch ungelöste Probleme disziplinspezifischer
und wissenschaftsimmanenter Natur:
1. Archivierung
Die langfristige und nachhaltige Archivierung von Texten ist die Aufgabe
von Bibliotheken und Archiven. Bislang war die Notwendigkeit der Langzeitarchivierung auf Papier (oder Mikrofiche) beschränkt. Ein Umstieg auf
ausschließlich digitale Publikationstechniken kommt somit einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel gleich, der mit nicht unerheblichen Investitionen
verbunden ist. Die rasch voranschreitende technische Entwicklung führt zur
permanenten Weiterentwicklung und Anpassung von Anwendersoftware. Ein
längerfristiger Zugriff auf ältere Texte ist kaum zu gewährleisten. Die Nutzung und Archivierung von Dokumenten und der Erhalt von Wissensbeständen über mehrere Generationen hinweg ist jedoch insbesondere für die sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen und damit auch für die Erziehungswissenschaft von besonderer Bedeutung.
2. Schutz des geistigen Eigentums
Auch digitale Volltexte unterliegen den Bestimmungen des Urheberrechts.
Der Schutz des geistigen Eigentums, d. h. die eindeutige und unmissverständliche Zuordnenbarkeit von Texten zu ihrem jeweiligen Schöpfer ist die Basis
54
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
für wissenschaftliches Arbeiten und Publizieren. Die bisherige Praxis der
Publikation und Verbreitung von Texten auf Papier wahrt stets den Originalzusammenhang eines urheberechtlich geschützten Werkes. Dieser ist untrennbar mit dem Text verbunden. Auch die massenhafte Verbreitung von
analogen Vervielfältigungstechniken hat an der Präsentationsform geistiger
Inhalte nichts verändert. Die offene und ungeschützte Publikation von urheberrechtlich geschützten Texten im Internet – ‚ungeschützt‘ meint hier nicht
den kostenfreien Zugang, sondern die Möglichkeit des digitalen Zugriffs auf
fremde Texte durch copy & paste – wie sie insbesondere von der Open Access-Bewegung gefordert wird – schafft nun die Voraussetzungen zur digitalen Übernahme auch fremder Texte. Dabei steigt das Risiko, dass der Urheber vom Text getrennt wird, Textpassagen ihrem Sinnzusammenhang entrissen werden oder Quellenangaben verschwinden. Die Identifizierbarkeit eines
Textes ist damit stark gefährdet, und bereits eine unzulängliche Dateiorganisation kann zu widerrechtlicher Nutzung fremden geistigen Eigentums führen. Selbstverständlich war vorsätzlicher Missbrauch von fremden Texten
schon immer möglich. Die im digitalen Medium angelegte Leichtigkeit der –
auch unbeabsichtigten – Manipulation von Texten und Textteilen erreicht
nun jedoch eine völlig neue Dimension. In der schulischen Praxis sowie in
Ausbildung und Lehre ist dieses Thema hinlänglich bekannt und führt zu
technisch immer aufwändigeren Methoden, um sicherzustellen, dass eine
Arbeit auch auf der jeweiligen geistigen und wissenschaftlichen Leistung des
Prüflings beruht. Aus verlegerischer Sicht bestehen gegen die offene Publikation von Volltexten im Internet erhebliche Bedenken, da ein urheberrechtlicher Schutz nicht in ausreichendem Maß sichergestellt werden kann.
3. Evaluation des Publikationsaufkommens
Das Internet ist als Informations- und Kommunikationsmedium zweifelsohne
völlig konkurrenzlos. Eine chronologische Einordnung von Informationen
findet dabei ebenso wenig statt wie eine Klassifizierung oder Systematisierung von Inhalten. Resultat ist ein unübersichtliches Nebeneinander von
Datenmengen sowie die Gleichzeitigkeit von historischen und aktuellen Informationen sowie sehr heterogenen Textsorten. Wissenschaftler und wissenschaftliche Verleger stehen somit im Internet vor der unmittelbaren Frage
nach plausiblen und qualitativ fundierten Recherchemöglichkeiten (eine ausführliche Diskussion zur Evaluation des erziehungswissenschaftlichen Publikationsaufkommens allgemein findet sich bei Dees 2008). Die professionelle
Arbeit von Herausgebern, Zeitschriftenredaktionen und Verlagen bildet hier
eine wichtige Orientierungsgröße. Sie bietet eine kritische Instanz und gewährleistet eine professionelle Betreuung des Autors im Publikationsprozess,
55
Christiane Engel-Haas
die im Interesse der nachhaltigen Qualitätssicherung und der Förderung des
wissenschaftlichen Nachwuchses unabdingbar ist.
4. Nachhaltigkeit und Verifizierbarkeit
Die Zitationsfähigkeit von Texten und die Nachprüfbarkeit von Zusammenhängen ist für wissenschaftliches Arbeiten unabdingbar. Verweise auf Internetquellen sind bereits nach wenigen Tagen veraltet, das vor kurzem abgerufene Dokument ist modifiziert, entfernt oder durch ein anderes ersetzt worden. Verlässliche Recherche, Zitation und Nachprüfbarkeit von Informationen sind somit im Medium Internet kaum verlässlich und nachhaltig möglich.
Unmittelbar einher geht damit die Frage der Wiederauffindbarkeit von Volltextdokumenten. Quellenangaben im Internet basieren auf der Ressource, auf
der das Dokument abgelegt wurde. Diese Basis ist völlig dynamisch und variabel und wird vom Anbieter der entsprechenden Webseite beeinflusst. Ein
Dokument, welches den ursprünglichen digitalen Publikationszusammenhang
wechselt, ist in den Weiten des Internets kaum noch auffindbar. Hinzu
kommt, dass Zahlen- und Buchstabendreher in der Zitation von Internetadressen eine verlässliche Lokalisation von Texten erschweren. Abhilfe kann
hier nur ein (weltweit anerkanntes) System schaffen, das – ähnlich der ISBN
– die unmissverständliche und dauerhafte Identifikation von digitalen Texten
durch Metadaten ermöglicht.
5. Verbreitung von Inhalten
Der klassische Publikationsbegriff impliziert nur in einem ersten Schritt, Texte in inhaltlicher und optischer Hinsicht aufzubereiten und dem Leser als analoges oder auch als digitales Produkt zur Verfügung zu stellen. Die Einspeisung einer Datei in das Internet oder die Produktion eines Buches alleine bedeutet nicht, dass der Text auch zur Kenntnis genommen wird. Der Erfolg
einer Publikation misst sich nicht zuletzt an der öffentlichen Rezeption, die
ohne zusätzliche Vertriebs- und Marketingkonzepte für eine spezifische Zielgruppe kaum erreichbar ist. Dies gilt für digitale Publikationen ebenso wie
für klassische Printprodukte.
6. Wandel des Publikationsverständnisses
Die Einspeisung von Volltexten ins Internet ist eine Form der Publikation
und unterliegt somit rechtlichen Rahmenbedingungen und branchenspezifischen Eigenheiten. Als Experten für Publikationen fungieren Verlage in diesem System als Mittler zwischen Autor und Leser, zwischen Hochschule,
Buchhandel und Zeitschriftenabonnent. Sie haben hierfür ein komplexes System von Dienstleistungen entwickelt und unterstützen und entlasten Wissenschaftler in ihrer Arbeit. Zugleich bereiten sie ein Forum für den öffentlichen
56
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
Diskurs. Die rasante Entwicklung des Internets hat zu einer sehr starken Erosion des herkömmlichen Publikationsverständnisses geführt. Die Wahrnehmung von Publikations- und Verbreitungsrechten erreicht eine gewisse Beliebigkeit, und die Gleichzeitigkeit der Veröffentlichung von Texten in digitaler und analoger Form an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Zusammenhängen wird zum Normalitätsverständnis. Damit verschwimmt die
klare Differenzierung zwischen Originalveröffentlichung und Wiederabdruck, zwischen Kopie und Original. Zugleich schließt die Einspeisung eines
Textes in das Internet die Veröffentlichung in einem Fachverlag aus, da ein
ungeschützter Webzugriff einer Verlagspublikation die kalkulatorische Basis
raubt.
Konsequenzen für die erziehungswissenschaftliche Publikationskultur
In der Erziehungswissenschaft entfällt der überwiegende Anteil der Publikationen auf Zeitschriften und Sammelbände, nur etwa 14,8% der publizierten
Texte hat monografischen Charakter (vgl. Dees 2008, 29). Die nachträgliche
digitale ‚Ausschlachtung‘ von Anthologien und Zeitschriftenheften torpediert
letztlich deren sorgfältige Konzeption und Editierung und damit die klassische Herausgebertätigkeit für Zeitschriften, Buchreihen und Anthologien.
Mittelfristig hätte die Umstellung auf ausschließlich digitale Publikationen
nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Rolle und Funktion von wissenschaftlichen Fachpublikationen sowie die Arbeit von Zeitschriftenredaktionen und Herausgebergremien im Wissenschaftsbetrieb. Dies trifft im Besonderen auch den wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich noch in der Profilierungsphase befindet. Erschwerend kommt hinzu, dass die Komplexität erziehungswissenschaftlicher Inhalte umfangreiche Texte erfordert, die in digitaler
Form kaum sinnvoll darstellbar und rezipierbar sind. Die Frage der zukünftigen erziehungswissenschaftlichen Publikationskultur muss somit nachhaltig
und disziplinintern diskutiert und überprüft werden.
Fazit und Ausblick
Die Welt ist ohne Internet kaum mehr vorstellbar, und digitale Medien sind
zweifelsohne sinnvoll und erforderlich. Die ausschließliche und offene Publikation von wissenschaftlichen Texten im Internet wirft jedoch mittel- und
langfristig Problemfelder auf, die insbesondere für die Erziehungswissenschaft weit reichende Konsequenzen haben und unabdingbar fokussiert und
diskutiert werden müssen. Open Access-Plattformen allein haben dies bislang
nicht leisten können. Moderne Fachverlage – und als solcher versteht sich
57
Christiane Engel-Haas
auch der Juventa Verlag – können und wollen sich dem Fortschritt im digitalen Zeitalter nicht entgegenstellen. Schon seit vielen Jahren haben sie in neue
digitale Verfahren vor allem in der Druckvorstufe und der Manuskriptbearbeitung investiert. In den letzten Jahren kam der Ausbau und die Optimierung
digitaler Werbe- und Vertriebsstrategien hinzu. Dazu zählen digitale Werbemittel ebenso wie elektronische Newsletters und digitale Informationsforen
sowie beispielsweise der Online-Artikeldienst für Zeitschriften und die Möglichkeiten der Volltextsuche innerhalb der Bücher selbst. 2009 wird der
Juventa Verlag die Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online starten, die
die Vorzüge digitalen Publizierens mit den Qualitätsansprüchen einer hochwertigen und nachhaltig angelegten Wissenschaftspublikation verbindet. Die
Integration digitaler Publikationsformen, die den obigen Fragestellungen
Rechnung tragen, ist in Fachverlagen somit längst im Gange. Dabei steht im
Zentrum die behutsame und umsichtige Entwicklung innerhalb des bestehenden fachlichen Profils, die eine optimale Nutzung des Internets als Kommunikations-, Vertriebs- und Werbemedium bei gleichzeitiger Wahrung des Urheberrechtsschutzes, der Qualitätssicherung und auch der mittel- und langfristigen wissenschaftlichen Erfordernisse berücksichtigt. Eine enge Anbindung und Kooperation mit der jeweiligen wissenschaftlichen Fachrichtung ist
in diesem Zusammenhang unabdingbar und wünschenswert, um die jeweiligen Kompetenzen und Interessen angemessen zu berücksichtigen.
Literatur
Dees, W. (2008): Transparenz und Evaluierbarkeit des erziehungswissenschaftlichen
Publikationsaufkommens – Eine anwendungsorientierte Studie. In: Erziehungswissenschaft, Heft 37, S. 27-32.
Die Autorin ist Leiterin des Juventa Verlags in Weinheim, verantwortlich für
die konzeptionelle Programmplanung und das Lektorat des sozial- und erziehungswissenschaftlichen Buchprogramms sowie der 16 Fachzeitschriften.
58
Digitale Fachinformation zwischen Schranken und
freiem Zugriff
Johannes Fournier
Elektronische Veröffentlichungen und ihre Verbreitung im World Wide Web
haben neue Möglichkeiten eröffnet, Forschungsergebnisse auch international
besser sichtbar zu machen. Elektronische Lernsysteme, die Verknüpfung von
Publikationen mit wissenschaftlichen Primärdaten, die Kommentierung von
Veröffentlichungen in Form des Open Peer Review und die verstärkte Nutzung interaktiver Komponenten belegen die zunehmende Akzeptanz des Internet als des zentralen Mediums zur Dissemination und Rezeption von Forschungsergebnissen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand zunehmend kollaborativ
stattfindet. In Kooperationen mit Partnern des In- und Auslandes greifen
Wissenschaftler über Datennetze auf einen gemeinsamen Pool von Quellen
und Publikationen zu. In virtuellen Forschungsumgebungen stehen zugleich
die Werkzeuge bereit, mit denen diese Objekte von allen Mitgliedern der
Forschungsgruppe bearbeitet werden können. Damit derartige Forschung
wirklich effizient betrieben werden kann, müssen digital vorliegende Inhalte
möglichst ohne rechtliche Restriktionen zugreifbar sein und weitergegeben
werden können. Doch noch setzen rechtliche Gegebenheiten ebenso wie eingebürgerte Verhaltensweisen des wissenschaftlichen Publizierens dieser Vision
enge Grenzen.
Das Gesetz zur Regelung des Urheberrechtsgesetzes
in der Informationsgesellschaft als rechtliche Rahmenbedingung
Die jüngste Novellierung des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in
der Informationsgesellschaft (2003, vgl. www.bmj.bund.de/media/archive/
126.pdf), in Fachkreisen schlicht als 2. Korb bezeichnet, war von heftigen
Debatten insbesondere um diejenigen Bestimmungen begleitet, die auf eine
für Lehre und Forschung angemessene Informationsversorgung mit digitalen
Informationen zielten. Im Fokus standen sog. Schrankenbestimmungen, also
die Definition derjenigen Ausnahmen, nach denen zu Zwecken von Lehre
und Forschung auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zugegriffen werden
darf. Umstritten waren, um die nun eingebürgerten Begrifflichkeiten zu ver59
Johannes Fournier
wenden, insbesondere die „elektronischen Leseplätze“ (§ 52b UrhG), die die
Wiedergabe digitalisierter Werke aus eigenen Beständen von Bibliotheken,
Archiven und Museen gestatten, ferner der „Kopienversand auf Bestellung“
(§ 53a UrhG), die „unbekannten Nutzungsarten“ (§§ 31a und 137l UrhG)
sowie die nun erneut diskutierte „Wissenschafts- und Bildungsschranke“
(§ 52a UrhG), mit der bereits im 1. Korb die grundlegende Voraussetzung für
den Einbezug digitalisierter Materialien in Lehre und Forschung geschaffen
wurde.
Die vorgeschlagenen Regelungen zielten, so jedenfalls war es ursprünglich laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung geplant, auf ein wissenschaftsfreundliches Urheberrecht. Faktisch zeigt sich jedoch eine erhebliche
Beeinträchtigung des zeitgemäßen, effizienten Zugriffs auf elektronische Ressourcen, die, worauf manche Kenner der Materie verweisen, im Einzelnen
befremdliche Züge annimmt. Als forschungs- und bildungsrelevante Rahmenbedingung formuliert der Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 kaum
mehr als: „Wir wollen ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht“ (vgl. Bundesregierung 2005, S. 45; anschaulich dargestellt wird die
Befremdlichkeit mancher Neuregelung in der Glosse von Rainer Kuhlen
2008).
Wenige Hinweise mögen die faktische Beeinträchtigung der akademischen Informationsversorgung illustrieren:
•
•
•
60
Ein schönes Beispiel für das Gegenteil einer zeitgemäßen Informationsversorgung ist § 52b UrhG, der es einem Wissenschaftler ermöglicht, ein
Buch aus der Bibliothek seiner Universität in digitaler Form zu konsultieren – allerdings nur, wenn er sich dazu selbst in die Bibliothek begibt,
um die digitalisierte Version des Buchs an einem eigens zu deren Lektüre
eingerichteten Computerarbeitsplatz einzusehen. Der unmittelbare Zugriff
vom Arbeitsplatz des Wissenschaftlers, der heute als Normalfall wissenschaftlichen Arbeitens angesehen werden sollte, ist somit nicht möglich.
§ 53a UrhG lässt über die zukünftigen Kosten der Informationsversorgung für die öffentliche Hand nachdenken: Eine elektronische Dokumentlieferung ist der Bibliothek nämlich nur noch möglich, wenn der publizierende Verlag nicht selbst anbietet, den gewünschten Artikel in elektronischer Form – und kostenpflichtig – auszuliefern. Zwar greift diese
Einschränkung nur dann, wenn das Verlagsangebot „offensichtlich“ und
„angemessen“ ist. Nur – wer entscheidet im konkreten Fall darüber, ob
ein in manchen Fächern bzw. für manche Zeitschriften durchaus marktüblicher Preis von 30 Euro für einen vom Verlag zu beziehenden elektronischen Aufsatz noch angemessen ist?
Schließlich bestätigen die Neuregelungen zu den sog. „unbekannten Nutzungsarten“ die alte Weisheit, dass „gut gemeint“ längst nicht „gut“ ist.
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
Gut ist die Idee hinter dem Paragraphen, der sicherstellen soll, dass urheberrechtlich geschützte Werke der Jahre vor 1995 durch retrospektive
Digitalisierung in elektronischem Format zugänglich gemacht werden
können. Dazu wurde Verlagen ein Recht eingeräumt, entsprechende, im
Druck erschienene Beiträge online verfügbar zu machen, sofern die Autoren dieser Verwendung nicht ausdrücklich binnen Jahresfrist widersprechen. Da es scheint, dass die Rechte zur Online-Verwertung exklusiv
an die Verlage übergehen sollen, liefen Wissenschaftsorganisationen und
Verbände Sturm gegen die geplante Norm und forderten die Autoren
nachdrücklich auf, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen,
um so die Möglichkeit offen zu halten, eigene Beiträge selbst im Open
Access verfügbar zu machen. Manch unerfreuliche Diskussion und sehr
viel Aufwand bei den Verlagen durch die Bearbeitung von Widersprüchen hätte vermieden werden können, wenn die Norm so gefasst worden
wäre, dass Verlagen lediglich einfache Verwertungsrechte eingeräumt
worden wären.
Dass das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Gesetz nicht der Weisheit
letzter Schluss sein kann, zeigte sich in der parlamentarischen Debatte. Denn
die Zustimmung der Parlamentarier zum 2. Korb war verbunden mit der Ankündigung, einen 3. Korb in Angriff zu nehmen, um den berechtigten Interessen von Lehre und Forschung Rechnung zu tragen (vgl. Deutscher Bundestag
2007, Sp. 1155; zur kritischen Einschätzung der Reform aus Sicht der Wissenschaft Hilty/ Bajon 2008). Nur – war dies nicht das grundlegende Ziel des
2. Korbes?
Auch an anderer Stelle wird scharf gesehen, dass Handlungsbedarf besteht, um digitale Informationen in Lehre und Forschung so zu nutzen, dass
sie zur Produktivität des Wissens und des wirtschaftlichen Wettbewerbs beitragen. Die Europäische Kommission hat nämlich ein Grünbuch über Urheberrechte in der wissensbestimmten Wirtschaft veröffentlicht und bis Ende
November 2008 um Kommentierungen durch alle interessierten Parteien gebeten (vgl. Europäische Kommission 2008).
Da die im Copyright-Grünbuch angesprochenen Themen zu weiten Teilen identisch sind mit den im 2. Korb umstrittenen, ist es nicht verwunderlich, dass die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen sich deutlich positioniert hat, indem sie – ebenso wie andere Organisationen aus dem
Wissenschaftsbereich, etwa das Joint Information Systems Committee (JISC)
oder das European Bureau of Library, Information and Documentation Associations (EBLIDA) – bestimmte Prinzipien eines wissenschaftsfreundlichen
Urheberrechts verpflichtend einfordert: Dazu gehören vor allem die Forderung nach einer tatsächlichen, europaweiten Harmonisierung der Schrankenbestimmungen, die wirkliche Rechtssicherheit für ‚grenzüberschreitende‘ For61
Johannes Fournier
scher mit sich bringen soll, und der Rat an den Gesetzgeber, einen klaren
Rechtsrahmen für den privilegierten Gebrauch urheberrechtlich geschützter
Materialien zu schaffen. Diesen Gebrauch durch Vereinbarungen zwischen
den Interessenparteien regeln zu wollen, kann aufgrund der ungleichen Machtverhältnisse nämlich nicht gelingen. Darüber hinaus fordert die Allianz, dass
die zu formulierenden gesetzlichen Schranken niemals disponiblem Vertragsrecht unterliegen dürfen.
Open Access als Alternative für den barrierefreien Zugriff
auf Forschungsergebnisse
Da der Zugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zu Zwecken der Lehre
und Forschung auch unter Berufung auf Schranken offensichtlich weder
problemfrei noch unkompliziert ist, da es zudem – begünstigt durch den
Trend zu kollaborativer Forschung über die Datennetze – immer zwingender
erforderlich ist, Daten, Quellen, Texte ohne rechtliche Restriktionen aufrufen
und bearbeiten zu können, stellt sich die Frage, in welcher Art und Weise
Wissenschaftler selbst für den möglichst ungehinderten Zugang zu ihren eigenen Forschungsergebnissen sorgen könnten. Diese Handlungsoption ist
bekannt unter dem Namen Open Access. Open Access intendiert den für Nutzer entgeltfreien Zugang zu wissenschaftlichen Informationen über das Internet. Im Fokus stehen Forschungsergebnisse aus öffentlicher Förderung, die
für die Nutzer ohne rechtliche, technische und finanzielle Barrieren online
verfügbar sein sollen. Formen, Definitionen und Spielarten des Open Access
sind derartig vielfältig, dass diese hier nicht im Einzelnen beschrieben werden können (eine gute Einführung in das Thema bieten die Beiträge der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 2007; über die DFG-geförderte Informationsplattform Open Access können Fragen auch von einer bewusst fachlichen Perspektive beantwortet werden). Wichtig scheint jedoch
hervorzuheben, dass auch entgeltfrei zugängliche Publikationen dem Urheberrecht unterliegen und ein Autor die Möglichkeit hat, über die weitere
Verwendung seiner Werke – etwa durch die Auswahl einer bestimmten Creative Commons-Lizenz – zu bestimmen.
Als Unterzeichner der Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen vom Oktober 2003 erwartet die DFG – und das ist so
in den Verwendungsrichtlinien für Projektnehmer fixiert – die digitale Veröffentlichung der Forschungsergebnisse aus DFG-geförderten Projekten im
Open Access. Dazu können die Ergebnisse unmittelbar mit der Publikation in
einer renommierten Fachzeitschrift im Open Access verfügbar gemacht werden (sog. Goldener Weg des Open Access) oder zusätzlich zur Verlagspublikation in institutionelle oder disziplinspezifische Repositorien (sog. Grüner Weg)
62
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
eingepflegt werden. Mit Blick auf den Grünen Weg empfehlen die Verwendungsrichtlinien der DFG den geförderten Wissenschaftlern zudem, sich im
Verlagsvertrag einfache Nutzungsrechte vorzubehalten, um das Einpflegen
etwa des Manuskripts in ein Repositorium rechtlich abzusichern.
In der Erziehungswissenschaft fördert die DFG derzeit ein Projekt des
Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), das
den Aufbau eines fachspezifischen Repositoriums bezweckt. Unter dem Namen pedocs wird das Repositorium in enger Verzahnung mit der virtuellen
Fachbibliothek, dem Fachportal Pädagogik, entwickelt und ist bereits abrufbar (vgl. Fachportal Pädagogik). Auf diese Weise werden optimale Voraussetzungen geschaffen, die über das Fachportal zugänglichen Suchinstrumente
wie FIS Bildung zu nutzen, um bei Recherchen ggf. unmittelbar auf die im
Repositorium verfügbaren Inhalte zugreifen zu können. Pedocs bietet schon
jetzt neben einer Volltextrecherche eine erweiterte Suche an, die Einschränkungen auf bestimmte Qualitätsmerkmale (Graue Literatur, Dissertation, Verlagsveröffentlichung, Publikation mit Peer Review) sowie ein Stöbern (Browsing) nach Publikationen aus bestimmten pädagogischen Teildisziplinen erlaubt. Über ein Webformular können Autoren ihre Beiträge für die entgeltfreie Nutzung durch andere Wissenschaftler in pedocs einpflegen und sich so
aktiv am Ausbau des Angebots beteiligen.
Zur Rolle von Verlagen
Wissenschaftler sind darauf angewiesen, dass ihre Forschungsergebnisse qualitätsgesichert und unter Berücksichtigung fachlicher Standards zugänglich
gemacht werden. Dies nämlich ist die grundlegende Voraussetzung dafür, die
eigene Reputation über Publikationen zu verstärken. Ein Gutteil der in diesem Zusammenhang anfallenden Aufgaben wurde und wird von wissenschaftlichen Verlagen wahrgenommen. Die notwendige Ausrichtung auf ein
Open Access-Paradigma bedeutet daher auch keine zwangsläufige Abkehr
von den Leistungen der Wissenschaftsverlage. Insbesondere der Goldene
Weg eröffnet Möglichkeiten, die auch von der Verlagswirtschaft genutzt werden sollten. Denn die Organisation des Peer Review oder die Aufbereitung
der Manuskripte für die Online-Publikation verursachen ja weiterhin Kosten.
Nach dem Grundgedanken des Open Access sind diese Kosten freilich von
den Autoren bzw. ihren Institutionen und/oder Förderorganisationen, nicht
aber wie im bisherigen Subskriptionsmodell von den Lesern bzw. Bibliotheken zu tragen.
In einem Open Access-Szenario wird daher kein Vertriebsmodell, sondern eine echte Dienstleistung finanziert. Daher scheint es mir wichtig zu
sein, dass die Erziehungswissenschaft sich vergegenwärtigt, welche im Be63
Johannes Fournier
reich des wissenschaftlichen Publizierens anfallenden Services sie für unverzichtbar hält und welche dieser Dienstleistungen notwendig oder vorteilhaft
durch Externe wie etwa einen Wissenschaftsverlag zu erbringen wären. Bisher nennt die Community vor allem die Qualitätssicherung in inhaltlicher und
formaler Hinsicht – die Organisation des Peer Review ebenso wie das sorgfältige Redigieren von Manuskripten – an erster Stelle. Bedeutsam wären
darüber hinaus Mehrwertdienste wie die fachliche Strukturierung des überbordenden Informationsangebots, Techniken und Verfahren für die alternative Bewertung wissenschaftlicher Leistungen auf Basis von Zitationen, Annotationen und Verknüpfungen, Personalisierungsfunktionen oder die persistente Adressierung wissenschaftlicher Beiträge und, damit eng verbunden,
die Gewährleistung der langfristigen Verfügbarkeit digitaler Publikationen,
die Bibliotheken womöglich eher sichern können als kommerzielle, den Gesetzen des Marktes stärker unterworfene Anbieter. Die Entwicklung der Geschäftsmodelle, nach denen die von der Erziehungswissenschaft geforderten
Dienstleistungen im Kontext von Open Access nachhaltig finanziert werden
können, kann freilich kaum Aufgabe der Disziplin sein.
Ausblick
Texte, Daten und Statistiken sind längst nicht mehr die einzigen Gegenstände
der Forschung. Zunehmend werden audiovisuelle Objekte als neue Quellengattung in die wissenschaftliche Auseinandersetzung einbezogen. Bilder, Töne und Filme dürften mittel- bis langfristig allerdings nicht nur als Quelle,
sondern auch für die eigentliche Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse
an Relevanz gewinnen (vgl. dazu die von der DFG erprobte Vorstellung von
Forschungsergebnissen, DFG 2008). Gerade die Erziehungswissenschaft ist
gefordert, nicht nur über die Auswirkungen neuer Formen medialer Aneignung von Wissen zu reflektieren, sondern diese Formen aktiv als Bestandteil
ihrer Wissenschaftskommunikation aufzugreifen. Das Einbeziehen audiovisueller Materialien in Lehre und Forschung setzt freilich eine konsequent auf
das digitale Medium ausgerichtete Publikationsstrategie voraus. Die Zukunft
einer Publikationskultur im Internet ist somit auch und gerade für die Erziehungswissenschaft unausweichlich.
Literatur
Bundesregierung (2005): Koalitionsvertrag vom 11. Nov. 2005, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/koalitionsvertrag,property=publicationFile.pdf.
Deutscher Bundestag (2007): Plenarprotokoll 16/108 zur 108. Sitzung des Deutschen
Bundestags vom 5. Juli, Sp. 1155, http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/ 16/16108.pdf.
64
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
DFG, Deutsche Forschungsgemeinschaft (2008): DFG Science TV, http://dfg-sciencetv.de.
Europäische Kommission (2008): Grünbuch – Urheberrechte in der wissensbestimmten Wirtschaft, http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/copyright-infso/
greenpaper_de.pdf.
Fachportal Pädagogik: pedocs-Dokumentenserver, http://www.pedocs.de.
Hilty, R. M./Bajon, B. (2008): Das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in
der Informationsgesellschaft (Zweiter Korb) – ein Beitrag aus Wissenschaftssicht. In: Zeitschrift für Bibliographie und Bibliothekswesen, 55, H. 5, S. 257-263.
Informationsplattform Open Access (2008): Homepage, http://openaccess-germany.de.
Kuhlen, R. (2008): Erfolgreiches Scheitern – eine Götterdämmerung des Urheberrechts? In: Schriften zur Informationswissenschaft, 48, S. 11-18.
Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, 54 (2007), H. 4-5.
Der Autor ist Programmdirektor der Organisationseinheit Wissenschaftliche
Literaturversorgungs- und Informationssysteme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Bonn.
65
Urheberrecht und Open Access
Axel Halle
Selbstverständlich braucht Wissenschaft Mechanismen der Qualitätskontrolle,
auch für Publikationen. Diese Kontrolle erfolgt durch die Wissenschaft selbst
und bedarf nicht zwingend der Moderation durch Verlage. Die Publikationenkette beginnt beim Autor, der sein Werk beim Verlag einbringt. Der Verlag veranlasst die Qualitätsprüfung durch Herausgeber und Peer Reviewing.
Der Verlag erhält die geistige Leistung der Autoren und der Qualitätsprüfung
kostenfrei, evtl. muss sogar der Autor für die Veröffentlichungsgelegenheit
zahlen. Die beteiligten Wissenschaftler erhalten dafür das immaterielle Gut
der Reputation. Ist es da nicht recht und billig, dass die Wissenschaft grundsätzlich das Recht erhält, ihr geistiges Eigentum frei in die Netze einbringen
zu können (so genanntes Zweitverwertungsrecht)?
Forschung und Lehre brauchen uneingeschränkten Zugang zu wissenschaftlich abgesicherten Informationen. Ohne (elektronischen) Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen, zu Sekundär- und Primärdaten, zu Datenbanken und Normen kann Wissenschaft nicht erfolgreich sein. Diese Quellen
müssen in virtuellen Arbeits- und Kommunikationsumgebungen, in Forschernetzwerken, in E-Learning-Plattformen und digitalen Semesterapparaten zugänglich sein.
Für die Wissenschaft ist die Kommerzialisierung wissenschaftlicher Informationen durch einige große Anbieter eine Bedrohung, weil durch technische (Digital Rights Management), finanzielle (Abopreise) und rechtliche
(Urheberrecht) Barrieren die Zugänglichkeit zum Wissen der Welt behindert
wird. Wissenschaft hat heute alle technischen Möglichkeiten und die fachlichen Kompetenzen, diese Entwicklung zu stoppen. Die Repositorien verfügen über leistungsfähige Software, die den schrankenlosen Internetzugriff,
aber auch differenzierte Reviewingprozesse, Statistikauswertungen etc. enthalten. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die internationale
Wahrnehmung von Open Access-Publikationen deutlich schneller und größer
ist als bei Printveröffentlichungen.
Das seit 1. Januar 2008 gültige Urheberrechtsgesetz (UrhG, 2. Korb) privilegiert den wissenschaftlichen Gebrauch nur unzureichend. Der Bundesrat
hat daher am 21. September 2007 einen Dritten Korb „für die Belange von
Bildung, Wissenschaft und Forschung in der Wissens- und Informationsgesellschaft“ (Bundesratsbeschluss vom 21. 9. 2008) gefordert.
67
Axel Halle
In § 53a Abs. 1 UrhG ist der „Kopienversand auf Bestellung“ geregelt. Die
elektronische Lieferung darf nur als graphische Datei gesendet werden, kann
also nicht elektronisch weiter bearbeitet werden. Außerdem ist der Versand
nur dann erlaubt, wenn kein „offensichtliches“ und angemessenes Pay-perView-Verlagsangebot existiert. Hierdurch wird die Versorgung der Wissenschaft mit Zeitschriftenaufsätzen verzögert.
Wie vom Bundesrat gewünscht, soll im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses auch „ein Zweitveröffentlichungsrecht für Urheber von wissenschaftlichen Beiträgen, die überwiegend im Rahmen einer mit öffentlichen Mitteln
finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind“ (Beschluss vom
21. 9. 2008), durchgesetzt werden. Dies ist für die Wissenschaft geradezu
eine Existenzfrage, weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Wissenschaftler ihre Arbeiten elektronisch bereitstellen (können), zumal bei Verlagsverträgen bislang fast immer sämtliche Rechte vom Urheber an den Verlag abgetreten werden, auch das der elektronischen Veröffentlichung.
Axel Halle ist Leitender Bibliotheksdirektor der Universitätsbibliothek Kassel.
68
Wandel gestalten – Aufgaben und Randbedingungen
des (digitalen) Publizierens heute
Reinald Klockenbusch
Wer über digitales Publizieren und neues Urheberrecht diskutiert, muss sich
zunächst einmal Gedanken darüber machen, welche Aufgaben das Publizieren erfüllt, bevor die besonderen Herausforderungen des digitalen Publizierens deutlich werden. Erst vor diesem Hintergrund kann man dann auf die
Randbedingungen eingehen, die durch die derzeitige Rechtslage des Urheberrechts gegeben sind, um zu zeigen, wie sich in verändernden Märkten die
Aufgabe des Publizierens gestalten lässt. So werde ich zunächst darstellen,
was – allem Wandel zum Trotz – Aufgabe des verlegerischen Tuns war und
ist und welchen Herausforderungen wir uns hier und heute stellen müssen,
um für die Zukunft gerüstet zu sein. Dies aus der Sicht der Verlage respektive
des VS Verlags für Sozialwissenschaften.
Was ist Aufgabe der Verlage bisher und in Zukunft?
Verlage organisieren Inhalte, sichern Qualität durch Filtern und Veredeln und
haben die Aufgabe, diese veredelten Produkte in geeigneter Weise zu vervielfältigen und zu verbreiten. Beispiele für das Veredeln von Manuskripten:
Kaum ein wissenschaftlicher Beitrag der ZfE – Zeitschrift für Erziehungswissenschaft geht unverändert durch den Begutachtungs- und redaktionellen
Überarbeitungsprozess hindurch – diesen Prozess zu organisieren und aufrechtzuerhalten ist Aufgabe des Verlags; im Buchbereich sind es vor allem
die aktiven Gestaltungsvorgaben, die durch engagierte (Fach-)Lektoren in die
Konzeption und Ausarbeitung z.B. von Lehr- und Handbüchern einfließen,
sowie die Überprüfung derselben durch ein aktives Lektorat – im VS Verlag
sind etwa für den Bereich Erziehungswissenschaft und Soziale Arbeit Stefanie Laux und Monika Mülhausen die Ansprechpartnerinnen. Konkret im
sozialwissenschaftlichen Kontext des VS Verlags heißt das: Wir unterstützen
Publikationsprodukte aus Forschung und Lehre und stellen die Inhalte des
Fachs sowohl für die in der Disziplin tätigen Akteure wie auch für Interessierte und verantwortliche Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft
zur Verfügung. Insbesondere sind auch diejenigen angesprochen, die die
69
Reinald Klockenbusch
Erziehungswissenschaft in der Anwendung im Blick haben müssen, um ihrer
Profession entsprechend arbeiten zu können.
Aus diesem Grund gibt es nicht nur Forschungsliteratur und wissenschaftliche Zeitschriften, sondern z.B. auch Lehrbücher, Handbücher und
Lexika und der Profession dienende Magazine. Kennzeichen dieser Publikationen ist, dass ihre Einsatzmöglichkeiten mehrfältig sein können: Dieselben
Inhalte – obwohl in unterschiedlichen Kontexten generiert – dienen unterschiedlichen Kundenbedürfnissen. Daher sind die Zielgruppen heterogen:
Studierende und Lehrende, Forscher und Anwender sowie ein an Fachthemen
interessiertes Publikum aus verschiedenen Bereichen der Öffentlichkeit. Und
es geht darum, die verschiedenen Akteure, wie AutorInnen, HerausgeberInnen, den klassischen Buchhändler und die Bibliotheken ebenso wie neue
Handelspartner und Content-Anbieter wie Google, Amazon, Abstract- und
Indexingservices und zunehmend auch Archive und Repositorien, gleichermaßen im Blick zu haben. Deutlich ist hierbei, dass alle Akteure sich einem
Wandel gegenübersehen, der eine Neuorientierung von allen Beteiligten einfordert. Als Fachverlag begrüßen wir die Gelegenheit zur Diskussion, um mit
den FachvertreterInnen der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft und KollegInnen, die in diesem Publikationsprozess beteiligte und
engagierte Mitspieler sind, ins Gespräch zu kommen.
Was tut Springer und was der VS Verlag im Bereich des digitalen
Publizierens?
Die Verlagsgruppe Springer Science+Business Media, unter deren Konzerndach der VS Verlag für Sozialwissenschaften operiert, bietet alle Zeitschriften
und Bücher digital über www.springerlink.com an. Bibliotheken erhalten
Zugang zu diesen Datenbanken, oder sie erhalten diese Daten selbst – zum
Vorteil aller Nutzer der Bibliothek. So auch AbonnentInnen und Gesellschaften, die mit dem Verlag entsprechende Vereinbarungen getroffen haben.
Diese Daten erleichtern die Recherche, die Auffindbarkeit und Nutzung von
Publikationen in Forschung und Lehre und haben u. a. das Ziel, über Jahre
hinaus die Volltextsuche und weitergehende Features wie Referenzierung
etc. zu gewährleisten.
Herausforderungen werden in einem weiteren Schritt sein, die digitalen
Angebote so kundenfreundlich wie möglich für künftige Nutzungen zu gestalten und den Zugang langfristig sicherzustellen. Heute schon können Studierende als Teilnehmende von Seminaren beispielsweise der Universität
Bielefeld Texte aus allen sozialwissenschaftlichen Büchern und Zeitschriften
des VS Verlages kostenlos auf ihren Laptop übertragen, sofern sie sich über
70
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
ihre Bibliothek den Zugang zu SpringerLink-Daten verschafft haben – in Übereinstimmung mit den vertraglichen Abmachungen zwischen Universitätsbibliothek und Verlag.
In den USA bietet Springer mit dem Programm MyCopy Studierenden
seit Kurzem die Möglichkeit, in der Universitätsbibliothek das von ihnen gewünschte Medium nicht nur elektronisch einzusehen, sondern auch an Ort
und Stelle ausdrucken und binden zu lassen, und dies zu einem Preis, der
deutlich unter dem liegt, was ein Lehrbuch aus dem Buchhandel kosten würde – ein Vorgehen, das in Deutschland auf Grund der Preisbindung nicht
möglich ist. Die Buchhandlungen bleiben dabei nicht außen vor, da sie auch
an dem neuen Geschäft mit den Daten beteiligt sind, indem sie als Zwischenhändler die digitalen Publikationspakete an die Bibliotheken verkaufen.
Als Zukunftsszenario ist vorstellbar, dass der Studierende die Daten in
einer Form erhalten wird, die ihm individuell Versionen und Zuschnitte zusammenzustellen, eigene Bemerkungen einzufügen und Zitate an KommilitonInnen zu verschicken erlaubt. So kann er die eigene wissenschaftliche
Arbeit in direkter Nutzung der Daten vorantreiben, ohne das Medium wechseln zu müssen. Ob die Hardware hierbei den heutigen Laptops entspricht
oder Nachfolgeprodukte der neuen ebook-Lesegeräte von Sony oder des
Kindle von Amazon zum neuen Standard avancieren, ist dabei eher unerheblich. Das Prinzip ist jedenfalls heute schon technisch umsetzbar, und wir
versuchen als Verlag, derartige Entwicklungen im Blick zu behalten, wenn es
um unser Kerngeschäft geht: qualitativ überzeugende Inhalte unseren Zielgruppen geeignet anzubieten.
Leitlinie für die beteiligten Akteure
Woran können wir uns bei den künftigen Aufgaben – und Randbedingungen
– des Publizierens orientieren? Unzweifelhaft scheint mir, dass es auch in
Zukunft auf die Qualität des Inhalts ankommen wird. Und darauf, ob und wie
es den Verlagen gelingt, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Zielgruppen
flexible Optionen anzubieten. Dabei gilt es, in Übereinstimmung mit dem
neuen Urheberrecht und darüber hinaus, den beteiligten Akteuren faire Bedingungen für das neue Zusammenspiel zu gewährleisten. Hilfreich ist es
dabei, sich einzugestehen, dass wir nicht umhin kommen zu lernen, neue
Vorgehensweisen zu erproben und Bedingungen sukzessive an ein sich änderndes Anforderungsprofil anzupassen. Maßgabe hierfür – damit dieses
gelingt – scheint mir Immanuel Kants Anspruch zu sein, dass ‚die Freiheit
des Einen mit der Freiheit des Anderen zusammen bestehen können muss‘.
71
Reinald Klockenbusch
Fakten und Tatsachen des digital geprägten Publikationsmarktes heute
Die Darstellung der folgenden sieben Punkte soll verdeutlichen, inwiefern
wir derzeit den Wandel erleben und aktiv gestalten:
1. International wurde bei Springer bereits 2007 mehr als die Hälfte des
US-Zeitschriftenumsatzes mit online-Erlösen realisiert, Tendenz in 2008
deutlich steigend.
2. Bibliotheken in den USA registrieren zunehmend genau, wie die Zugriffe
auf ebook- und Online-Pakete der Journals aussehen. Aus diesem Grund
müssen Verlage – und Marken bei den Zeitschriften – ein Eigeninteresse
daran haben, dass auf die Originalbeiträge, nicht alternativ auf multiple
repositories zugegriffen wird.
3. Neben den Abomodellen bei den Zeitschriften spielen zunehmend auch
Open Access-Modelle eine Rolle. Dies ist der Grund, warum Springer
BioMedCentral gekauft hat und damit zum weltweit größten Open AccessAnbieter geworden ist.
4. Auch der VS Verlag zeigt sich für den Bereich Erziehungswissenschaft
experimentierfreudig. So gibt es Gespräche sowohl mit dem Konzern wie
mit Organisationen wie dem DIPF hinsichtlich Open Access-Projekten
wie pedocs, um möglicherweise in klar definierten Testphasen herauszubekommen, inwieweit eine regional motivierte, kostenlose Bereitstellung
von Zeitschrifteninhalten das Abo- und Bestellverhalten von Bibliotheken beeinflusst.
5. Gleichwohl gilt es zu konstatieren, dass die Position von Verlagen zum
Teil durch die Förderungspolitik im nationalen und europäischen Umfeld
in den letzten Jahren nicht leichter geworden ist. Der Effekt ist, dass der
Markt stellenweise verzerrt wird durch die Subventionspolitik der öffentlichen Hand. Hier werden Hoffnungen und Millionenbeträge in Projekte
wie Politikon gesteckt, bei denen die Tendenz unübersehbar ist, dass hier
online-Plattformen den Spielraum der klassischen Verlage im Lehrbuchbereich einschränken, ohne dass der Erfolg der geförderten Projekte
nachhaltig sichergestellt werden kann. Durchaus zum Nachteil nicht nur
für Studierende, sondern auch für all diejenigen, die sich über Jahre für
ein solches Projekt als AutorInnen (und OrganisatorInnen auf Zeit) eingesetzt haben.
6. Wie nun stellen sich die Rechte von AutorInnen und HerausgeberInnen
bei Verlagsprojekten dar, die online-Aktivitäten des Verlags selbst sicherstellen können und im Interesse auch des Autors bzw. Herausgebers liegen? Wichtig ist dabei der Punkt der Freiwilligkeit der Rechteübertragung. Der VS Verlag hat im Rahmen seiner ebook-Initiative bei allen
72
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
Publikationen, die auf älteren Verlagsverträgen beruhen und in denen
nicht explizit das Recht der Veröffentlichung im Internet vorgesehen
war, zu 98% eine nachträgliche Rechteeinräumung erhalten. Jene wenigen AutorInnen, die nicht berücksichtigt werden wollten, wurden nicht
zur Partizipation ihrer Werke am VS-ebook-Paket gezwungen – müssen
jedoch in Kauf nehmen, dass Bibliotheken das Recht haben, die Inhalte
selbst zu digitalisieren und kostenlos anzubieten.
7. Hinsichtlich der Frage der Rechteübertragung im Zeitschriftenbereich:
Hier gab es zwischenzeitlich von mehreren Seiten Unsicherheit darüber,
wie Verträge aussehen sollten, die sowohl der neuen Rechtslage als auch
den neuen Anforderungen im Markt gerecht werden. Hier ist der derzeit
aktuelle Stand wie folgt:
a) Der Verlag darf die Beiträge auch über ein Jahr hinaus nutzen.
b) Auch die Möglichkeit, Teile oder Übersetzungen zu veröffentlichen,
wird dem Verlag eingeräumt.
c) Der Autor erhält nach einem Jahr das Recht, seinen Beitrag auf websites oder in Archive zu stellen, auch in Buchform zweitzuverwerten
– allerdings muss er auf die Originalquelle als solche unter Nennung
der DOI (Digital Object Identifier) verweisen und darf nicht das
PDF-Manuskript des Verlags verwenden.
d) Die AutorInnnen, die von Anfang an für jeden Nutzer, auch für NichtabonnentInnen, kostenfreien Zugang wünschen, bekommen dies eingeräumt, allerdings muss eine entsprechende Zahlung von Seiten des
Autors, einer Organisation oder eines fördernden Gremiums erfolgen.
Wieweit dieser open access-verwandte Ansatz, der dem Autor bzw. der
Autorin die Wahl lässt, im deutschsprachigen Bereich der Sozialwissenschaften genutzt werden wird, ist eine der spannenden Fragen, die uns
künftig begleiten werden.
Fazit
Wandel des digitalen Publizierens und Anpassungen auch der notwendigen
Randbedingungen finden allenthalben statt. Wir sind dabei, diesen Wandel
als Verlag aktiv mitzugestalten und haben dabei die Anforderungen und
Wünsche der beteiligten Akteure – so unser Anspruch – aufmerksam im
Blick. Dabei müssen wir voneinander lernen und Spielregeln und Möglichkeiten so entwickeln, dass alle Akteure existieren und überleben können –
auch die Verlage, die wesentlich zur Organisation und zur Qualität des Publi73
Reinald Klockenbusch
kationsprozesses im Dienste von Wissenschaft, Lehre und öffentlicher Wirksamkeit beitragen.
Reinald Klockenbusch ist Programmleiter des VS Verlags für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, und des Deutschen Universitäts-Verlags.
74
Letztlich zählt nur die Qualität
Statement zur Problematik wissenschaftlicher
Online-Publikationen
Friedrich Rost
Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Rezipienten von Publikationen ist es auf den ersten Blick egal, wo und wie die für sie interessanten
Texte erschienen sind oder in Zukunft erscheinen werden. Allein deren Veröffentlichung, Verfügbarkeit und vor allem deren Qualität sind entscheidende
Kriterien. Erst durch die autorisierte Veröffentlichung wird aus einem wissenschaftlichen Manuskript ein zitierfähiges Dokument. Dieses kann – vor
seiner Veröffentlichung – diverse Phasen der Überarbeitung, Kritik und Qualitätskontrolle durchlaufen haben.
Aus der Sicht der Rezipientinnen und Rezipienten ist die Online-Publikation in Sachen Verfügbarkeit den anderen Publikationsformen überlegen,
weil das Online-Dokument von Wissenschaftler-Arbeitsplätzen in der Regel
direkter, schneller und bequemer zugänglich ist, sofern auf entsprechenden
Servern bereitgestellt und in Datenbanken fachgerecht dokumentiert ist. Damit verbunden sind bequemere Möglichkeiten der Überprüfbarkeit, sofern
Probleme der Langzeitverfügbarkeit, der Anpassung von Dokumenten an neue
Programme etc. gelöst werden.
Aus der Sicht der Autorinnen und Autoren sind bei Online-Dokumenten
neue Darstellungsformen möglich (z.B. Einbindung von Videosequenzen in
Dokumente). Eventuelle Fehler in den Dokumenten können schneller und
effektiver beseitigt und ebenso Aktualisierungen vorgenommen werden. Dies
sollte durch Angaben zur Version dokumentiert werden. Die Dissemination
von wissenschaftlichen Ergebnissen ist durch freien Zugang zu den Dokumenten (im besten Fall Open Access) sicher am besten zu erreichen. Angesichts des zunehmenden Plagiarismus mittels cut and paste und des durchaus
verständlichen Wunsches von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, ihr
proprietäres Wissen u. U. auch wirtschaftlich nutzen zu wollen, wird zu überlegen sein, welche Verbreitungswege in welchem Fall angemessen sind.
Sowohl aus der Sicht der VerfasserInnen als auch der RezipientInnen
gibt es jedoch ein vorrangiges Kriterium, nämlich die Qualität wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Wohl wissend, dass Qualität ein relativer und interessenabhängiger Begriff ist (vgl. Harvey/Green 2000, 17, 36), haben Quali75
Friedrich Rost
tätsevaluationen gezeigt, dass es selten Auffassungsunterschiede gibt hinsichtlich sehr guter und sehr schlechter Texte. Wenig Einigkeit gibt es dagegen hinsichtlich eines breiten Mittelfeldes von Texten, weil sich die individuellen Bewertungen hinsichtlich der Gewichtung von Kriterien und möglicher
Schwellenwerte unterscheiden, sodass hier nur sehr allgemein auf Qualitätskriterien für wissenschaftliche Publikationen hingewiesen werden kann (vgl.
zum Folgenden u. a. Balzert et al. 2008, Bohl 2005, D. H. Rost 2007, F. Rost
2008, Thiel/Rost 2001).
Als Kriterien gelten Allgemeingültigkeit und Signifikanz, das meint Objektivität (besser: Intersubjektivität), Korrektheit (u. a. mehrfaches Prüfen der
eigenen Ergebnisse), methodische Angemessenheit und Konsistenz, aber auch
eine nichttriviale Problem- bzw. Fragestellung. Als weitere Qualitätskriterien
gelten Anschlussfähigkeit (Darstellung des bisherigen Forschungsstandes in
entsprechender fachkultureller Eindringtiefe) und Transparenz (ausreichende
Ausführlichkeit, Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Darstellung,
wobei die Kernaussage deutlich auf den Punkt gebracht sein sollte). Des Weiteren werden Elemente des Formzwangs genannt, wie z.B. Begriffsklarheit,
innere Stringenz im Hinblick auf die Fragestellung, logische Argumentation,
Einhalten eines adäquaten Textbauplans oder Offenlegung aller Quellen. Inwieweit sonstige Kriterien wie Aktualität, Relevanz (resp. Innovationsgehalt)
oder Nutzen gewichtet werden, ist umstrittener als die sogenannten ethischen
Kriterien, womit Ehrlichkeit, Fairness, Redlichkeit sowie Unabhängigkeit
(insbesondere bei Auftragsforschung) angesprochen sind (keine Plagiate,
keine Unterdrückung von missliebigen Quellen und Ergebnissen, keine Vertuschung von Fehlern der eigenen Untersuchung, kein Schönen der eigenen
Ergebnisse). Letztlich geht es – in Bezug auf die Ergebnisse – um Seriosität,
also Vertrauenswürdigkeit des Dokuments, aber auch um Reputation für die
WissenschaftlerInnen und die Disziplin, denn leider werden Qualitätsurteile
oft recht undifferenziert auch der gesamten Fachkultur angelastet.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Urheber bleiben frei in ihrer Entscheidung und Verpflichtung, was und wo sie publizieren. Sie allein
tragen Verantwortung für ihre Forschung wie für ihre Veröffentlichungen.
Vor der Publikation sollten Texte nicht nur einer selbstreflexiven Qualitätssicherung unterzogen worden sein. Selbst wenn es keine „allein richtige Definition von Qualität“ gibt und eine „Definition von Qualität […] interessenabhängig“ ist (Harvey/Green 2000, 36), so kommen wir m. E. ohne eine Gütevorstellung nicht aus. Peer-review-Verfahren und die Möglichkeit der Vorveröffentlichung auf Preprint-Servern scheinen mir Chancen der Qualitätsverbesserung und -kontrolle zu bieten, die andere Disziplinen schon erfolgreicher nutzen. Ohne einer Zensur Vorschub leisten zu wollen, muss doch festgestellt werden, dass angesichts der wachsenden Publikationsflut die Möglich76
Roundtable: Digitales Publizieren und neues Urheberrecht
keiten der Rezeption, Würdigung oder Kritik vorliegender Texte durch die
scientific community stark abgenommen haben.
Deshalb würde ich mir ein Online-Forum wünschen, in dem die beim
Roundtable angesprochenen Punkte öffentlich diskutiert werden können. Zudem sollte die DGfE als unsere Fachgesellschaft Anstrengungen unterstützen,
die – schon in der BA-Ausbildung von Studierenden beginnend – eine zunehmende Urteilsfähigkeit, also das qualifizierte Auswählen, Lesen und Schreiben von wissenschaftlichen Texten, das Verfassen von Rezensionen und Gutachten fördern.
Literatur
Balzert, H./Schäfer, C./Schröder, M./Kern, U./Bendisch, R./Zeppenfeld, K. (2008):
Wissenschaftliches Arbeiten. Wissenschaft, Quellen, Artefakte, Organisation,
Präsentation. 1. Aufl., korr. Nachdr. Herdecke: W3L-Verlag.
Bohl, T. (2008): Wissenschaftliches Arbeiten im Studium der Pädagogik. Arbeitsprozesse, Referate, Hausarbeiten, mündliche Prüfungen und mehr… 3., überarb.
Aufl. Weinheim: Beltz.
Harvey, L./Green, D. (2000): Qualität definieren. In: Helmke, A./Hornstein, W./
Terhart, E. (Hrsg.): Qualität und Qualitätssicherung im Bildungsbereich. 41. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik. Weinheim: Juventa, S. 17-39.
Rost, D. H. (2007): Interpretation und Bewertung pädagogisch-psychologischer Studien. Eine Einführung. 2., überarb. und erw. Aufl. Weinheim: Beltz.
Rost, F. (2008): Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. 5., vollst. aktual. u. erw.
Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Thiel, F./Rost, F. (2001): Wissenschaftssprache und Wissenschaftsstil. In: Hug, T.
(Hrsg.): Einführung in die Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung.
Baltmannsweiler: Schneider-Verlag, S. 117-134.
Friedrich Rost ist Redakteur der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (ZfE)
mit Sitz an der Freien Universität Berlin.
77
MITTEILUNGEN DES VORSTANDS
Bericht über die Aktivitäten des Vorstands
in der laufenden Amtsperiode
Rudolf Tippelt
Der Vorstand orientiert sich an seinem in Dresden (März 2008) aktualisierten
Arbeitsprogramm:
Nachwuchsförderung
Die 4. Internationale Summer School der DGfE in Kooperation mit der EERA
wurde im August 2008 erneut in Ludwigsfelde bei Berlin durchgeführt und
stieß wie zuvor auf großes Interesse. 120 Nachwuchswissenschaftler/-innen
arbeiteten in workshops zu quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. Die Auswertung der Evaluationsbögen bestätigten das positive feed back
für die Referentinnen und Referenten. Die Kolleginnen und Kollegen haben
nach Ansicht der Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnete Arbeit geleistet.
Die DGfE hat auf Antrag vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erneut Zuschüsse für die Summer School 2008 bekommen,
was sich positiv auf die Kosten für die Teilnehmer/-innen auswirkte. Die sehr
gute Nachfrage nach diesen forschungsmethodischen Schulungen legt es nahe, das Projekt auch im Jahr 2009 fortzuführen und wieder eine Summer
School anzubieten.
Die erfolgreiche Praxis der Kolloquien zur DFG-Forschungsberatung in
Göttingen wurde im Juni 2008 ebenfalls fortgesetzt (beraten haben: H. Merkens, M. Kraul, K.-J. Tillmann, R. Tippelt). Wiederum wurde die Beratung
für Nachwuchswissenschaftler/-innen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr positiv aufgenommen und evaluiert, so dass auch diese Initiative weitergeführt wird. Der nächste Termin des Forschungskolloquiums im
Frühsommer 2009 wird auf der Website der DGfE angekündigt werden.
Um die noch nicht promovierten Nachwuchswissenschaftler/-innen besser in die DGfE integrieren zu können, haben die Mitglieder in Dresden eine
79
Mitteilungen des Vorstands
Satzungsänderung beschlossen, die eine rechtlich verbindliche Möglichkeit
der assoziierten Mitgliedschaft in der DGfE ohne Promotion zulässt. Seit
März 2008 bis heute konnten über 100 assoziierte Mitglieder in die DGfE
neu aufgenommen werden. Da auch bei den sonstigen Neuaufnahmen der
positive Trend anhält, ist die DGfE somit im letzten Jahr wiederum mitgliedsstärker geworden.
Erziehungswissenschaft in der BA/MA-Struktur
Auf Anregung von Mitgliedern hat der Vorstand das Thema Prüfungen in
den neuen Studiengängen aufgegriffen und zu diesem Zweck eine Ad-hocArbeitsgruppe (unter Leitung von Ewald Terhart) eingerichtet. Die Arbeitsgruppe hat ein Papier erarbeitet und mit dem Vorstand abgestimmt. Die überarbeitete Kurzfassung des Diskussionsbeitrags wird in der vorliegenden Ausgabe der Erziehungswissenschaft, die Langfassung auf der DGfE-Homepage
veröffentlicht.
Kerncurricula
Die Strukturkommission wurde gebeten, einen KC-Entwurf für nichtkonsekutive Master-Studiengänge im Hauptfach Erziehungswissenschaft mit
der Studienrichtung Allgemeine Pädagogik zu entwickeln, der dann zusammen mit dem bereits erstellten KC für die konsekutiven Master-Studiengänge
mit der Studienrichtung Allgemeine Pädagogik in der Erziehungswissenschaft veröffentlicht werden soll.
Kooperation von DGfE-Vorstand und Sektionen
In der in Dresden von der Mitgliederversammlung beschlossenen Satzungsänderung wird die bisher nur informell geregelte Kooperation zwischen
DGfE-Vorstand und den Sektionen nun verbindlich gefasst. Das erste Gespräch unter der neuen Regelung hat im Herbst 2008 in Berlin stattgefunden.
Internationale Kooperationen
Die Zusammenarbeit mit der EERA hat sich weiter konkretisiert. Die beiden
Geschäftsstellen arbeiten in einigen Bereichen, wie z.B. Kongresssoftware,
Summer School etc. zusammen. Der nächste Kongress der EERA wird 2009
im Sommer an der Universität Wien durchgeführt.
80
Mitteilungen des Vorstands
Die internationale Initiative zur Gründung einer World Education Research
Association (WERA) ist weiter vorangekommen. Nach Treffen von jeweils
ca. 20 nationalen und internationalen erziehungswissenschaftlichen Fachgesellschaften in Chicago, London, New York und zuletzt beim 4th International Meeting of Educational Research Associations in Singapur hat der DGfEVorstand beschlossen, sich weiter aktiv an den Planungen zu beteiligen und
im Falle der Gründung der WERA den (nach Größe der Organisationen gestaffelten) Mitgliedsbeitrag zu entrichten. Damit ergibt sich nach der formalen Gründung vermutlich im Jahr 2009 das Recht, im Council der WERA
aktiv mitzuwirken.
DGfE-Kongress 2010 in Mainz
Die Kongressvorbereitung ist aufgenommen; unter anderem
•
•
•
•
•
•
hat sich ein Programmkomitee unter Leitung von K.J. Tillmann gebildet,
wobei alle für das Programmkomitee nominierten KollegInnen ihre
Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt haben;
wird derzeit eine Jury für den Nachwuchsförderpreis gebildet. Den Vorsitz wird H.-R. Müller übernehmen. Die Ausschreibung des Nachwuchsförderpreises erfolgt in der vorliegenden Ausgabe der Erziehungswissenschaft und wird außerdem an die Sektionsvorsitzenden
geschickt werden;
ist der Call for Papers beschlossen und wird zusammen mit den organisatorischen Hinweisen zur Anmeldung von Programmbeiträgen in der vorliegenden Erziehungswissenschaft sowie auf der DGfE-Homepage veröffentlicht. Die Anmeldung von Programmbeiträgen soll online in der Zeit
von 30. März bis 8. Juni 2009 erfolgen (Ausschlussfrist);
werden die rechtlichen Verantwortlichkeiten geklärt und ein Versicherungsschutz wurde abgeschlossen;
sind die Vorbereitungen des LOK in Mainz weiter vorangeschritten; es
wurden u.a. Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und des Corporate Design
besprochen, eine Raumbegehung auf dem Campus durch den Vorstand
ist im Frühjahr vorgesehen;
wird derzeit über die Kongresssoftware entschieden.
Den Kollegen/-innen aus Mainz, stellvertretend Franz Hamburger als Vorsitzendem des LOK, sei schon an dieser Stelle herzlich gedankt!
81
Mitteilungen des Vorstands
Datenreport Erziehungswissenschaft 2012
In Anbindung an den Datenreport 2008, der in Zeitreihen Auskunft über die
Entwicklungen und den Wandel unserer Disziplin (Studierenden- und Absolventenzahlen, Personal und Forschung) Auskunft gibt, wird der nächste Datenreport im Vier-Jahres-Rhythmus für 2012 geplant.
Publikationen des Vorstands der DGfE
Der Verlag Barbara Budrich als Verlagspartner der DGfE bietet für Publikationen der Sektionen und Kommissionen spezifische Konditionen, die beim
Verlag oder bei der DGfE-Geschäftsstelle angefragt werden können. Folgende Publikationen des Vorstands sind vor kurzem erschienen oder derzeit im
Druck:
•
•
•
82
Kulturen der Bildung – Der Dresdener Kongressband wurde von Wolfgang Melzer und Rudolf Tippelt ediert und erscheint Anfang 2009;
Steuerung durch Indikatoren. Methodologische und theoretische Reflektionen zur deutschen und internationalen Bildungsberichterstattung (hg.
von R. Tippelt) – Die kontinuierliche, indikatorengestützte Information
der Öffentlichkeit über Rahmenbedingungen, Verlaufsmerkmale, Ergebnisse und Erträge von Bildungsprozessen soll Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Praxis und Öffentlichkeit regelmäßig steuerungsrelevante Informationen zu Entwicklungen des Bildungswesens zur Verfügung stellen. Basierend auf den Beiträgen der Herbsttagung 2007 des Vorstands in
Kooperation mit dem DIPF wird im jetzt vorliegenden Band kritisch diskutiert, inwieweit Bildungssysteme steuerbar sind, welche Rolle der nationalen und internationalen Bildungsberichterstattung dabei zukommt
und welche wissenschaftlich-theoretischen Anforderungen an eine indikatorengestützte Bildungsberichterstattung zu stellen sind. Will Bildungspolitik in Deutschland mit den Mitteln einer regelmäßigen Berichterstattung das Wissen über die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens
erhöhen, bedarf es, parallel zur Etablierung der dauerhaften Infrastruktur
für die spezifischen Bildungsberichte, auch gezielter Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten sowie der wissenschaftlichen Klärung von Grundsatzfragen. Von zentraler Bedeutung sind dabei vor allem Fragen der
theoretischen Fundierung der Indikatoren sowie der empirisch belastbaren Darlegung von Annahmen über Wirkungszusammenhänge.
Promovieren – aber wie? – Die Beiträge dieser Vorstandstagung werden
als Sonderheft der Erziehungswissenschaft oder als Themenblock in der
nächsten Ausgabe erscheinen.
Mitteilungen des Vorstands
•
•
In der vorliegenden Ausgabe der Erziehungswissenschaft sind die Kurzbeiträge des Roundtable-Gesprächs über Digitales Publizieren und neues
Urheberrecht veröffentlicht.
Bildung und Kindheit: Pädagogik der frühen Kindheit in Wissenschaft
und Lehre (hg. von W. Thole u.a.) – Der Band zur gemeinsam von der
DGfE und der Robert Bosch Stiftung durchgeführten Tagung ist erschienen; er dokumentiert den interdisziplinären Diskurs zwischen Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie und Neurowissenschaft sowie den Austausch zwischen Wissenschaft, Praxis, Politik und Administration über dieses Thema.
Weitere kurze Mitteilungen
•
•
•
•
•
•
Die KMK lädt zu einem Empfang aus Anlass der Übernahme der KMKPräsidentschaft durch Henry Tesch am 19.1.2009 in Berlin ein. Der Vorstand war dort vertreten.
Der Erziehungswissenschaftliche Fakultätentag (EWFT) hat ein Papier
zur Pädagogik der frühen Kindheit verabschiedet, in das Positionen der
DGfE eingeflossen sind.
Der EWFT hat eine Arbeitsgruppe zur Neubestimmung der disziplinären
Struktur der Erziehungswissenschaft eingesetzt. Der DGfE-Vorstand betont die Zuständigkeit der DGfE für dieses Thema und regt an, ein gemeinsames Papier dazu zu erstellen. Als Beauftragter der DGfE wird
Hans-Rüdiger Müller an dieser AG mitwirken. Das Thema wird als regelmäßiger Tagesordnungspunkt auf den Vorstandssitzungen aufgenommen.
Mitgliederverwaltung: Es besteht Konsens, dass so schnell wie möglich
eine Mitgliederverwaltungssoftware eingeführt werden soll, die den Einzug der Mitgliedsbeiträge sowie einen Abgleich zwischen Mitgliederdatei und Sektionsdaten erleichtert. Auf der Grundlage eines vorliegenden
Papiers, das die Anforderungen an die Software beschreibt, wird diese
kostensparend und zeitnah implementiert werden.
Der Generalsekretär der KMK hat in Beantwortung eines Schreibens des
DGfE-Vorsitzenden erläutert, dass in der letzten Anhörung zur Lehrerbildung die Fachdidaktiken im Mittelpunkt standen, dass bei künftigen
Anhörungen selbstverständlich die DGfE einbezogen ist.
Wegen der geplanten Verschiebung der Semesterzeiten wird ein Schreiben an die Hochschulrektorenkonferenz formuliert, das zur geplanten
Verschiebung der Semesterzeiten kritisch Stellung nimmt und dabei auch
83
Mitteilungen des Vorstands
•
auf die Frage der Schulpraktika sowie auf Auslandssemester und praktika eingeht.
AECSE – Frau Delarue-Momberger, die Ansprechpartnerin der französischen Schwesterorganisation AECSE, wird zu einer Vorstandssitzung im
Juli 2009 nach München eingeladen.
Vorstandskommissionen und Beauftragte:
•
•
•
•
•
•
Wissenschaftlicher Beirat des Bibliometrieprojekts (DIPF) – Ingrid
Lohmann und Rudolf Tippelt sind für den DGfE-Vorstand weiterhin
Mitglieder des Beirats. Eine Fragenbogenaktion des Bibliometrieprojekts
zu erziehungswissenschaftlich relevanten Zeitschriften und Reihen wird
vom Vorstand aktiv unterstützt.
DINI, Deutsche Initiative für Netzwerkinformation – Norbert Meder
bleibt bis zur Preisvergabe des derzeit ausgeschriebenen Wettbewerbs
(Sommer 2009) im Vorstand der DINI; danach wird Klaus Breuer die
DGfE in der DINI vertreten.
EERA, European Educational Research Association – Das Treffen des
EERA-Councils zur Vorbereitung der kommenden European Conference
for Educational Research (ECER) in Wien fand im Januar 2009 statt. Im
Council vertritt Rudolf Tippelt die DGfE.
EERQI, European Educational Research Quality Indicators – Ingrid
Lohmann ist Vorstandsbeauftragte für die Kooperation der DGfE mit
EERQUI; die nächste EERQUI-Tagung findet vom 18. bis 19.3.2009 in
Berlin statt.
Strukturkommission des Vorstands – Ingrid Lohmann vertritt weiterhin
den Vorstand in der Strukturkommission (Leitung: Carl-Ludwig Furck),
die derzeit, neben der Empfehlung für ein Kerncurriculum Erziehungswissenschaft in Masterstudiengängen mit der Studienrichtung Allgemeine Pädagogik, Qualitätsstandards für Praktika in grundständigen erziehungswissenschaftlichen Studiengängen erarbeitet.
UNESCO – Christoph Wulf vertritt die DGfE weiter in den entsprechenden UNESCO-Gremien.
Vorstandstagungen 2009
Neben der Lehrerbildungstagung in Jena im Februar 2009 ist eine Vorstandstagung zum Thema Fort- und Weiterbildung für pädagogische Berufe im
Kontext des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) vorgesehen. Dabei
soll insbesondere die Entwicklung kommerzieller Fort- und Weiterbildungs84
Mitteilungen des Vorstands
angebote außerhalb von Hochschulen in den Bereichen Erwachsenenbildung,
Soziale Arbeit, Pädagogik der frühen Kindheit sowie Schule thematisiert
werden. Die Veranstaltung wird am 9.-10.10. 2009 in Berlin stattfinden.
Nächste Termine
•
•
•
•
•
•
•
•
20.-21.2.2009 in Jena: Lehrerbildungstagung und Vorstandssitzung
24.-25.4.2009 in Mainz: Vorstandssitzung
17.-18.7.2009 in München: Vorstandssitzung
Im Juni 2009 in Göttingen: Beratung Forschungsanträge bei der DFG
Im August 2009 in Ludwigsfelde bei Berlin: Summer School
9.-10.10.2009 in Berlin: Fort- und Weiterbildung für pädagogische Berufe im Kontext des Europäischen Qualifikationsrahmens – Tagung und
Vorstandssitzung
18.-19.12.2009 in Berlin: Vorstandssitzung
13.-18.3.2010: DGfE-Kongress an der Universität Mainz
85
Mitteilungen des Vorstands
Bildung in der Demokratie
22. Kongress der Deutschen Gesellschaft
für Erziehungswissenschaft
14. bis 17. März 2010 in Mainz
Das Kongressthema
Die Bedeutung von Bildung für eine demokratische Gesellschaft und die damit zusammenhängenden Gestaltungsfragen stehen im Zentrum des Mainzer
Kongresses. Es sind verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen, die die
Thematisierung von Bildung in der Demokratie zum gegenwärtigen Zeitpunkt erneut dringlich werden lassen, unter anderen
•
•
•
•
die Herausbildung neuer und die Zementierung alter Ungleichheitsstrukturen,
die Anforderungen, die sich aus ökonomischen und politischen Verunsicherungen sowie aus dem Verlust alter und dem Entstehen neuer sozialer
Netzwerke und Strukturen ergeben,
die kulturelle Heterogenität und die damit verbundenen Potenziale und
Irritationen sowie
die Gefährdungen sozialer, kultureller und politischer Partizipation, aber
auch die Eroberung neuer Partizipationsfelder und -formen.
Die mit diesen Themen zusammenhängenden Fragen formulieren auch Herausforderungen an die Bildungspolitik, an das Bildungssystem und nicht zuletzt an die Erziehungswissenschaft und die hier verorteten Reflexionen zu
Fragen der Bildung in der Demokratie, auch weil seit Jahrzehnten das deutsche Bildungssystem durch seine besonders scharfen Selektionsformen im
Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Gleichzeitig werden pädagogische Institutionen für ein vermeintliches oder tatsächliches Nachlassen im Engagement
für die Demokratie verantwortlich gemacht.
Solchen kritischen Anfragen an das Bildungssystem stehen andererseits
Entwicklungen gegenüber, die als anhaltendes Streben nach Demokratisierung und als wachsende Sensibilität gegenüber freiheitseinschränkenden und
gleichheitsverletzenden Maßnahmen anzusehen sind. Auch diese Entwicklungen sind in Bildung und Erziehung eingebunden, zumal wenn sie sich auf
Menschen- und insbesondere Kinderrechte, auf partizipative Erziehungsstrukturen und auf Demokratie als Lebensform beziehen. Dabei sind es nicht
zuletzt pädagogische Argumente, die darauf hinweisen, dass Erziehung zur
86
Mitteilungen des Vorstands
Demokratie nicht in Unfreiheit geschehen kann. Das in Bildungsinstitutionen
kommunizierte demokratische Gleichheitsversprechen kann jedoch nicht
glaubwürdig werden, solange die pädagogischen Institutionen Ungleichheit
strukturell nicht zu minimieren vermögen, sondern sogar stabilisieren.
Mit dem Thema Bildung in der Demokratie sind somit auch die Praxen
und die Praktiken in den pädagogischen Einrichtungen – vom Kindergarten
über die Schule, die außerschulische Jugendbildung, die berufliche Bildung
bis hin zur Erwachsenenbildung – kritisch in den Blick zu nehmen. Zu fragen
ist, welche Formen der Entschärfung sozialer Ungleichheit hier Wirklichkeit
werden können; ferner, welche sozialen, kulturellen und politischen Formen
der Partizipation und des demokratischen Miteinanders realisiert werden und
welche verfehlt.
Indem die Formen der politischen Herrschaft, in welche Bildung und Erziehung, Hilfe und Beratung eingebettet sind, untersucht werden, bezieht sich
die Erziehungswissenschaft auch auf ihre eigene Geschichte. Denn als Disziplin ist sie im Spannungsfeld von Feudalismus und Aufklärung entstanden
und verfügt über eine entsprechend lange Tradition der Auseinandersetzungen mit verschiedensten pädagogischen Praktiken, die von der Untertanenerziehung bis zur antiautoritären Pädagogik reichen. In Gegenwartsdiagnosen
und systematischen Untersuchungen, in historischen Studien und pädagogischen Programmatiken sind diese Auseinandersetzungen in vielfältiger Weise
aufzugreifen.
Bildung in der Demokratie wirft zudem die Frage auf, welche Möglichkeiten zur Stärkung der Demokratie in Bildungsprozessen liegen, ebenso jedoch, wo hier die Grenzen von Erziehung und Bildung gesehen werden müssen. Die Felder und Strukturen pädagogischen Handelns zu beschreiben und
zu analysieren, bedeutet insofern auch, daran zu erinnern, dass der pädagogische Anspruch auf Realisierung von Demokratie nicht die einzige Bestimmungsgröße von Erziehung und Bildung ist. Das Kongressthema lädt somit
zu einem Diskurs über die Möglichkeiten demokratischer Partizipation ein,
welcher die Grenzen pädagogischer Szenarien im engeren Sinne überschreitet.
Erste organisatorische Hinweise
Der Mainzer Kongress wird sich in Struktur und Ablauf eng anlehnen an den
Kongress in Dresden 2008. Dies bedeutet, dass es sechs verschiedene Veranstaltungsformen geben wird:
1. Einleitungs- und Parallelvorträge beziehen sich auf das Kongressthema.
Themen und ReferentInnen werden vom Vorstand benannt.
87
Mitteilungen des Vorstands
Für die folgenden drei Veranstaltungsformen werden Vorschläge aus der
Mitgliedschaft erbeten (Konzept von ca. zwei Seiten). Weil die Zahl der Veranstaltungen begrenzt ist, wählt das Programmkomitee aus den eingegangenen Vorschlägen aus (siehe unten). Vorschläge können schon jetzt vorbereitet, aber noch nicht eingereicht werden. Ein Call for Papers erscheint auf der
DGfE-Homepage spätestens im April 2009. Dann müssen die Vorschläge ins
Netz eingegeben werden.
2. Symposien sind vierstündig, ihre Zahl ist begrenzt (Dresden: 17). Sie
müssen einen eindeutigen Bezug zum Kongressthema haben. An das
Konzept, seine Begründung, an die Auswahl der Referierenden werden
besonders hohe Anforderungen gestellt. In einem Symposion sind max.
vier Vorträge zulässig, es muss mindestens ein Diskutand auftreten. Ein
Vortrag ist von einer NachwuchswissenschaftlerIn, einer von einer ausländischen ReferentIn zu halten.
3. Arbeitsgruppen sind dreistündig, ihre Zahl richtet sich nach den verfügbaren Räumen (Dresden: 62). Sie sind thematisch frei – allerdings ist ein
Bezug zum Kongressthema förderlich. Es gibt hier keine Regelungen für
die Zahl der Vorträge, für NachwuchswissenschaftlerInnen, für internationale ReferentInnen. Es empfiehlt sich, darauf zu achten, dass das Programm nicht überfrachtet ist.
4. Forschungsforen sind dreistündig, sie sind in ihrer Gestaltung inhaltlich
völlig freigestellt. Ihre Zahl hängt von den verfügbaren Räumen ab
(Dresden: 27).
Das Programmkomitee, das aus den eingegangenen Vorschlägen eine Auswahl trifft, besteht aus
•
•
•
•
•
•
•
Eckhardt Fuchs, Braunschweig
Cornelia Gräsel, Wuppertal
Cathleen Grunert, Halle
Franz Hamburger, Mainz
Marianne Krüger-Potratz, Münster/W.
Burkhardt Schäffer, München
Klaus-Jürgen Tillmann, Bielefeld (Vorsitzender).
Im Juli 2009 soll die Entscheidung des Programmkomitees vorliegen, so dass
die AntragstellerInnen dann wissen, ob ihr Vorschlag angenommen wurde.
Weitere Veranstaltungsformen:
5. Worshops im Vorprogramm richten sich vor allem an NachwuchswissenschaftlerInnen. Das Vorprogramm wird vom Lokalen Organisationskomitee (LOK) in Absprache mit dem Vorstand erstellt.
88
Mitteilungen des Vorstands
6. Posterpräsentationen müssen bei der Geschäftstelle der DGfE angemeldet werden, über ihre Annahme entscheidet das LOK.
Bitte reichen Sie auch hierzu jetzt noch keine Vorschläge ein, sondern warten
Sie den Call for Papers (April 2009) ab.
Mehrauftritts-Beschränkung
Für den Mainzer Kongress gilt (wie bereits für Dresden und Frankfurt a.M.)
eine Beschränkung, was die Zahl der Auftritte einer Person bei verschiedenen
Veranstaltungen betrifft. Die Regelung lautet generell: Im Bereich der Parallelvorträge, Symposien und Arbeitsgruppen darf eine Person nur einmal auftreten. Dabei gilt ein Referat in einer vom Referenten organisierten Veranstaltung als ein Auftritt. Ansonsten betrifft diese Beschränkung aber auch die
Rolle der Organisatoren von Veranstaltungen und der Diskutanten. Einzige
Ausnahme: Ausländische KollegInnen, die zu Parallelvorträgen eingeladen
werden, dürfen ein zweites Mal in einem Symposion bzw. einer AG auftreten. Diese Mehraufritts-Beschränkung gilt nicht für die anderen Veranstaltungsformen (Forschungsforen, Workshops). Zum praktischen Vorgehen: Es
ist möglich und sinnvoll, dass eine Person bei den Anträgen in mehreren
Veranstaltungen genannt wird. Falls dann mehr als eine Veranstaltung genehmigt wird, muss die Entscheidung für einen der vorgesehenen Auftritte
fallen.
89
BERICHTE AUS DEN SEKTIONEN
Sektion 1: Historische Bildungsforschung
Tagungen
Terminänderung: Die nächste Jahrestagung der Sektion Historische Bildungsforschung zum Thema Die Materialität der Erziehung: Zur Kultur- und
Sozialgeschichte pädagogischer Objekte findet vom 19.9. bis zum 21.9.2009
im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar statt.
Karin Priem
7. Forum junger Bildungshistoriker. Nachwuchstagung 2008. Das Forum junger BildungshistorikerInnen hat sich als bildungshistorischer Treffpunkt etabliert. Davon zeugen sowohl die 14 Referentinnen und Referenten aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz als auch die ansehnliche Zahl an
Zuhörenden der diesjährigen Tagung. Das siebte Forum fand erstmals unter
einer neuen Leitung statt: Petra Götte ersetzt Uwe Sandfuchs. Die ersten 6
Foren wurden von Uwe Sandfuchs (Dresden) und Jörg-W. Link (Potsdam)
organisiert. Uwe Sandfuchs hat nach seiner Emeritierung das Staffelholz an
Petra Götte (Köln) weitergegeben. Das neue Team dankt Uwe Sandfuchs für
sein jahrelanges Engagement und die konstruktive sowie freundschaftliche
Zusammenarbeit! Auch unter der (teilweise) neuen Leitung – Jörg-W. Link
steht für die Kontinuität – kann das diesjährige Forum als gelungene Veranstaltung bezeichnet werden. Das große Interesse, auf welches die Tagung
schon seit längerem stößt, hatte zur Folge, dass bei der diesjährigen Veranstaltung die Vorträge erstmals in zwei parallelen Gruppen durchgeführt wurden. Dadurch musste man sich zwar jeweils für eine Gruppe entscheiden;
diese Organisationsform hatte aber den unbestreitbaren Vorteil, dass genügend Zeit für ausführliche Diskussionen zur Verfügung stand.
Jasmin Schäfer (Berlin) untersucht in ihrem kunsthistorischen Dissertationsvorhaben das Motiv des spielenden Kindes in der Edukationsgrafik Daniel Chodowieckis. Sie geht dabei davon aus, dass die Grafik nicht einfach
als Illustration des Textes verstanden werden soll, sondern dass – was am
Beispiel von Basedows Elementarwerk veranschaulicht wurde – die Grafik
über den Text hinausweist. Die Philanthropen sahen die Illustration als neues
Mittel der Didaktik und setzten dieses in ihren Publikationen auch entspre91
Berichte aus den Sektionen
chend ein. Damit kann diese Arbeit als bestes Beispiel dafür angesehen werden, wie fruchtbar und anregend es sein kann, wenn Nicht-Erziehungswissenschaftler sich mit bildungshistorischen Fragestellungen auseinandersetzen.
Susanne Spieker (Hamburg) stellte ein Projekt vor, das sich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen die ‚Erfindung‘ von Amerika auf das
entstehende Nachdenken über Erziehung hatte. Als Forschungsbeispiele
standen drei verschiedene Quellenbestände zur Diskussion. Beim ersten handelt es sich um Berichte von spanischen Missionaren des 16. und 17. Jahrhunderts über ihre Tätigkeit und Erfahrungen in Mittelamerika; der zweite
konzentriert sich auf zwei Schriften John Lockes; der dritte ist der LockeRezeption in der (deutschen) Aufklärung gewidmet. Ob alle drei Teilstudien
realisiert werden sollen, ist noch offen. Untersuchungsgegenstand und Fragestellung fanden dessen ungeachtet viel Zustimmung und zogen angeregte
Diskussionen nach sich.
Das Dissertationsprojekt von Franziska Timm (Berlin) ist in gewissem
Sinne eine Fortführung ihrer preisgekrönten Magisterarbeit. Nachdem in dieser Arbeit das Augenmerk eher auf der Antike lag, möchte sie in dem hier
vorgestellten Forschungsprojekt untersuchen, welche Rolle der ‚pädagogische Eros‘ in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion des 20. Jahrhunderts spielt. Die Arbeit, welche eingebettet ist in ein größeres Forschungsvorhaben (Geschichte der Gefühle, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung),
will das Thema auf vier Untersuchungsebenen erforschen: im erziehungswissenschaftlichen Diskus, in der pädagogischen Ratgeberliteratur, in der autobiographisch beeinflussten Literatur sowie in realhistorischen Fällen, wobei
in der Diskussion hauptsächlich auf die Schwierigkeiten bei der Realisierung
der vierten Ebene hingewiesen wurde.
Torben Kneisler (Lüneburg) widmet sich in seiner Arbeit der Rezeptionsentwicklung der Forschungsschule Piagets. Sein methodischer Zugang
weist ihn als ‚Lüneburger Schüler‘ (‚Lange Wellen‘) aus. Es wurde diskutiert, dass Tabellen, Grafiken und Kurven zwar sehr eindrückliche Bewegungen symbolisieren, bestimmte hermeneutische, kategoriale und interpretative
Probleme aber zuerst gelöst werden müssen, bevor gezählt werden kann.
Beim vorliegenden Projekt fokussierte sich die Diskussion darauf, was genau
unter Wirkung verstanden werden könne, wie sich eine Fundstelle definieren
lasse oder ob, und wenn ja wie, von einer Piaget-Schule gesprochen werden
könne. Mit diesen Fragen wurde aber auch deutlich, dass die Skepsis gegenüber einer empirisch-historischen Bildungsforschung Lüneburger Provenienz
verbreitet ist, dies vor allem dann, wenn sich diese nicht mit der aktuellen
bildungs- und erziehungsphilosophischen Fachdiskussion produktiv auseinandersetzt.
92
Berichte aus den Sektionen
Susanne Barth (Trier) bot einen breiten Einblick in ein weitgehendes unerforschtes Gebiet der Historischen Bildungsforschung: die Vortragstätigkeit
der Wanderlehrer im 19. Jahrhundert. Dabei konnte sie zeigen, wie vielfältig
einerseits das Tätigkeitsfeld der Wanderlehrer im 19. Jahrhundert war; andererseits wurde auch deutlich, dass sich in dieser Vielfältigkeit Probleme verbergen. Quellen zur Vortragstätigkeit der Wanderlehrer müssen mühsam zusammengesucht werden, die aufwändige Recherche zwingt zu einer starken
geographischen Einschränkung, so dass das Phänomen eher als mikrohistorische Studie zu bearbeiten ist denn als Überblick.
Nina Grabe (Göttingen) plant eine disziplingeschichtliche Dissertation,
die untersuchen möchte, wie sich die Geragogik innerhalb der Erziehungswissenschaft zur eigenständigen Teildisziplin entwickelte. Über eine enge
disziplingeschichtliche Fragestellung hinaus interessiert sie die Frage, weshalb Alter nach dem zweiten Weltkrieg eine verstärkte Aufmerksamkeit erhalten hat, wie sich der Diskurs über Alter verändert hat und welche disziplinären Felder Anregungen für die Altersforschung gaben und geben. Nur
über die Klärung dieser Fragestellung, so ihre These, kann der Emanzipationsprozess der Geragogik überhaupt in den Blick genommen werden.
Anne Bosche (Zürich) stellte ihr Dissertationsvorhaben über die schweizerische Schulsteuerung zur Zeit der Bildungsexpansion vor. Sie untersucht
in ihrer Arbeit Planung und Durchführung bildungspolitischer Reformprojekte im Kanton Zürich anhand der pädagogischen Arbeitsstelle am Pestalozzianum und der Pädagogischen Abteilung der Erziehungsdirektion. Gefragt wird nach den Bildungsreformen, die aus den Arbeiten beider Institutionen resultierten. In ihrem Vortrag referierte Bosche über die Tätigkeitsbereiche beider Institutionen. Ihre Untersuchung wird die Wirkung von Bildungsreformen anhand einer überschaubaren Region exemplarisch darstellen.
Ein interessantes Forschungsthema vor dem Hintergrund des aktuell bleibenden Problems des Bildungswachstums.
Karin Manz (Zürich) befasst sich in ihrem Dissertationsprojekt mit der
schweizerischen, interkantonalen Schulkoordination am Beispiel des Schulkonkordats (Staatsvertrag) von 1970. Sie fragt nach bildungspolitischen Strategien, Handlungen und Mechanismen zum Schulkonkordat im Zeitraum von
1965 bis 1985. Daran will sie herausarbeiten, wie sich politische Entscheidungen entwickelten, wie sie propagiert und implementiert wurden. In ihrem
Vortrag stellte Manz einzelne Akteure und Netzwerke der schweizerischen
Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren vor. Zu ihrer Frage nach den
Handlungsspielräumen der Akteure wurde vorgeschlagen, zwischen Individuen und Institutionspositionen zu trennen und zudem auf Netzwerkanalyse
hingewiesen.
93
Berichte aus den Sektionen
Der Kunstpädagogik in Forschung und Lehre an niedersächsischen Hochschulen widmet sich Christine Knoll (Hildesheim) in ihrer Dissertation. Dort
untersucht sie Berufsbiographien der Kunstpädagogiklehrenden zwischen
1945 und 2006. Sie interessiert sich für die professionelle Entwicklung der
Hochschullehrer und fragt, ob diese auf Bestehendes zurückgriffen oder Neues ausprobierten. Damit rekonstruiert sie die Entwicklung der Forschungsund Lehrinteressen. Auf der Nachwuchstagung stellte Knoll ihre ersten Untersuchungsergebnisse über Biographien von Hochschullehrenden der Universität Hildesheim vor. In der Diskussion wurde geraten, die Fragestellung
zu konkretisieren, um nicht zu viele verschiedene Felder und unterschiedliche
Kontexte bearbeiten zu müssen.
Jeanette Bair (Tübingen) will in ihrer Dissertation die Eingliederung
deutschstämmiger Flüchtlinge in der Nachkriegszeit untersuchen. Ihr Interesse richtet sich auf die aus ehemaligen deutschen Gebieten nach Westdeutschland geflohenen Kinder und Jugendlichen. Anhand von narrativen Interviews
will sie Informationen über deren Lebenssituationen im Herkunfts- sowie
Aufnahmegebiet, den Migrationsprozessen und Fremdheitserfahrung sammeln. Insbesondere interessiert Bair der Beitrag, den die Schule für den Integrationsprozess leistete. Da sie gerade damit beginnt, die Fragestellungen
ihres Dissertationsvorhabens zu konkretisieren und das methodische Vorgehen zu planen, konnten ihr die Diskussionsteilnehmer hilfreiche Hinweise
zum zielorientierten Arbeiten geben.
Steffi Koslowski (Greifswald) untersucht in ihrer Dissertation den Beitrag der Zeitschrift New Era zur Internationalität der Reformpädagogik im
20. Jahrhundert. New Era diente als Kommunikations- und Kooperationsmedium der weltweiten Vernetzung pädagogisch Interessierter. In ihrem Vortrag stellte Koslowski Zielstellung, Bedeutung und Relevanz der Zeitschrift
hinsichtlich der Förderung pädagogischer Internationalität vor. In der anschließenden Diskussion wurde der Referentin empfohlen, auch auf die Organisationsebene der Zeitschrift näher einzugehen. Zu fragen wäre hier nach
Geldgebern, Führungsanspruch und Autoren; interessant ist ferner, wer festlegte, was veröffentlicht wurde und was nicht, denn möglicherweise wurde
dadurch eine Kanonisierung befördert.
Sebastian Pumberger (Wien) war der einzige Teilnehmer der Nachwuchstagung, der die Planung einer Magisterarbeit vorstellte. Darin befasst er sich
mit den österreichischen Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NPEA).
Mittels Raumtheorie will er deren Schulgebäude anhand von Gebäudegrundrissen analysieren. Seine These lautet, dass die räumliche Ausgestaltung der
Schulen ein Gefühl von Überwachung und Kontrolle der Jungmannen erzeugte. Vor der geplanten Raumanalyse betreibt er Grundlagenforschung über
die NPEA in Österreich. Erste Ergebnisse stellte er in seinem Vortrag vor,
94
Berichte aus den Sektionen
u.a. Statistiken über Schülerzahlen und Konfessionen der NPEA-Schüler. Die
Diskussionsteilnehmer rieten Pumberger, in seinen Raumuntersuchungen
zwischen NPEA in ehemaligen Kadettenanstalten und in ehemaligen Klöstern zu differenzieren.
Der Topographie des Schulraums widmete sich der Beitrag Daniel Blömers (Braunschweig). Er fragt in seiner Dissertation nach dem Zusammenhang von Pädagogik und Raum am Beispiel ausgewählter Gesamtschulbautypen in Braunschweig. Von Interesse ist die Umsetzung pädagogischer Konzepte und deren Beeinflussung durch die Raumgestaltung. Dazu stellte er in
seinem Vortrag drei Typen räumlicher Unterbringung gegenüber: Gesamtschulen (GS) in einem Schulneubau, GS in einem nicht als Schule geplanten
Gebäude sowie GS in einem vorher schon vorhandenen Schulgebäude. Mittels des Vergleichs will Blömer Aussagen über Kontinuität und Wandel räumlicher Settings treffen. Spannend ist die pädagogische Nutzung und Funktion
von Raum, Material und Form auf der Bedeutungsebene von Objekten, vor
allem vor dem Hintergrund, dass Schulbauten wandelbar sein müssen, um
pädagogischem Wandel gerecht werden zu können.
Daniel Oelbauer (Starnberg) stellte seine abgeschlossene Dissertation
über Lehrmittelausstellungen und Schulmuseen vor. Lehrmittelausstellungen
bestanden hauptsächlich im 19. Jahrhundert und bis 1945, Schulmuseen dagegen gibt es seit den 1980er Jahren. Für seine Untersuchung nahm sich Oelbauer alle Schulmuseen und Lehrmittelausstellungen in Bayern vor und analysierte diese literarisch, empirisch und archivalisch. Seine Ergebnisse: Lehrmittelausstellungen dienten der Beratung und Information über aktuell gebräuchliche Lehrmittel, waren eine Art Messe und Verkaufsraum von Lehrmaterialien für Lehrer. Schulmuseen dagegen sammeln, bewahren, forschen
und vermitteln Wissen über historische Lehrmittel. Parallelen für beide Institutionen fanden sich vor allem bezüglich der Finanzierung und des Engagements von Lehrern.
Die Nachwuchstagung war eine gelungene Veranstaltung, die den Teilnehmenden Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch und Platz für anregende Diskussionen bot. Zwar befindet sich der Großteil der Arbeiten noch
im Anfangsstadium, bot aber allen Teilnehmenden bereits Stoff für konstruktive Kritik und Anregung. Erfreulicherweise präsentierten die vorgestellten
Qualifikationsprojekte ein breites Spektrum an Themen und Fragestellungen.
Dieses reichte von kunstgeschichtlichen Arbeiten aus dem 18. Jahrhundert
über international vergleichende bis zu aktuellen disziplinpolitischen Fragestellungen. Die unterschiedlichen disziplinären Herkünfte der unter dem
Dach der Historischen Bildungsforschung Referierenden erwiesen sich wieder einmal als überaus fruchtbar.
95
Berichte aus den Sektionen
Für die Planung und Organisation sei nochmals Jörg-W. Link (Potsdam) und
Petra Götte (Köln) gedankt, und nicht zu vergessen: Dank auch an die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF, Berlin) dafür, dass sie ihre
Räumlichkeiten für die Tagung zur Verfügung stellte.
Stefanie Jodda-Flintrop, Rebekka Horlacher
Freund- und Feindbilder in Schulbüchern. 13. Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuchforschung an der
Universität Belgrad, Serbien, 1.-3. Oktober 2009 (Call for Papers):
Die historischen und sozialen Kenntnisse von Generationen von Lernenden
haben sich aus der ständigen Verflechtung zahlreicher Einflüsse gebildet, und
jene, die von der Schule, dem Unterricht und den verwendeten Schulbüchern
in den Fächern Geschichte, Muttersprache, Geographie usw. ausgegangen
sind, sind besonders bedeutungsvoll. Sehr oft spiegeln Geschichtslehrpläne
und -schulbücher die Wünsche und Ziele wider, mit deren Weitergabe die
Gesellschaft die Schule betraut. Die Schule fungiert offensichtlich als Vermittlerin von erwünschten Kenntnissen und als Bewahrerin gesellschaftlicher
Tradition und Identität. Zugleich ist sie aber auch eine Institution, die das
Denken der Lernenden prägen soll. Es liegt immer im Interesse von staatlichen Behörden, dass der Inhalt von Lehrplänen, wie er in Schulbüchern seinen Ausdruck findet, mit der herrschenden Staatsideologie übereinstimmt;
zugleich soll damit – was die Bedeutung von Menschen, Ereignissen, Phänomenen und historischen Prozessen betrifft – ein klares Bildungsziel verfolgt sowie ein starkes Zugehörigkeitsgefühl vermittelt werden. Die Wertmaßstäbe, die in Schulbücher Eingang finden, sind häufig sehr stereotyp. Die
in ihnen verwendeten Stereotype stellen einen besonderen Vermittlungstyp
dar, der zur Ausgestaltung und Verbreitung erwünschter historischer Kenntnisse führen soll. Die Wirklichkeit mit ihren inhärenten Widersprüchen
kommt dabei nicht zu ihrem Recht; vielmehr steht die Darstellung von politischen Prozessen im Zentrum, von Befreiungskriegen, von den Opfern, die zu
bringen waren, und von den Nachbarn, die immer auch die Feinde sind.
Historiographische, pädagogische, soziologische und ethnographischanthropologische Beiträge sind gleichermaßen willkommen, um Erklärungen
dafür zu suchen, wie ‚Freunde‘ und ‚Feinde‘ zu verschiedenen Zeiten dargestellt wurden. Eine weitere Frage soll sein, weshalb in Schulbüchern häufig
die Darstellung der ‚Feinde‘ im Vordergrund steht, was allenfalls auf einer
ideologischen Quelleninterpretation beruhen, keineswegs aber kritischer wissenschaftlicher Analyse standhalten kann. Auf diese Weise entsteht eine andere Art von Stereotyp, das sich in Schulbüchern bis zum heutigen Tag finden lässt.
96
Berichte aus den Sektionen
Kontakt und weitere Informationen:
Assistenzprofessor Dr. Arsen Djurovic, Universität Belgrad, Philosophische
Fakultät, Ljubina Str. 18-20, Belgrad, Serbien, E-Mail: [email protected], Tel.
+381 113115075.
Prof. Dr. Eva Matthes und Dr. Carsten Heinze, Universität Augsburg, Lehrstuhl für Pädagogik, Universitätsstraße 10, 86159 Augsburg, Telefon 0821/
5985564-5573, Fax 0821/5985630, E-Mail: [email protected], <http://www.philso.uni-augsburg.de/de/lehrstuehle/paedagogik/paed1/
Schulbuchforschung1/>
Eva Matthes
Aktivitäten
Über die Aktivitäten der Sektion Historische Bildungsforschung berichtet
ausführlich der jährlich erscheinende Rundbrief der Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE, der seit 1998 ergänzt wird durch die bildungshistorische Website ‚Historische Bildungsforschung Online‘ (HBO):
<http://www.fachportal-paedagogik.de/hbo/>.
Redaktion des Rundbriefs: Dr. Jörg-W. Link, Universität Potsdam, Humanwissenschaftliche Fakultät, Profilbereich Bildungswissenschaften, KarlLiebknecht-Str. 24-25, 14476 Potsdam, Tel. (0331) 977-2146, Fax (0331)
977-2063, E-Mail: [email protected].
Jörg Link
97
Berichte aus den Sektionen
Sektion 2: Allgemeine Erziehungswissenschaft
Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie
Tagungen
Die Aufgabe der Erinnerung in der Pädagogik – Symposion für Klaus Mollenhauer. Zu Ehren Klaus Mollenhauers (1928-1998) kamen im Herbst 2008
ehemalige Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler wie auch
langjährige Wegbegleiter an der Universität Osnabrück zu einem Symposion
mit dem Thema Die Aufgabe der Erinnerung in der Pädagogik zusammen
(die Veranstaltung fand mit finanzieller Unterstützung der Fritz-ThyssenStiftung statt). Dieses Thema spiegelt zugleich den Titel eines der am weitesten verbreiteten Bücher Klaus Mollenhauers, Vergessene Zusammenhänge.
Über Kultur und Erziehung (Erstauflage 1983). Damit sollten über die Erinnerung an Klaus Mollenhauer hinaus auch und vor allem ‚Erinnern‘ und ‚Erinnerung‘ als ein Horizont von Problemstellungen aufgegriffen werden, die
den systematischen Kernfragen theoretischer und praktischer Pädagogik
selbst zugehören – von der Relevanz biographischen Erinnerns für den Bildungsprozess des Einzelnen bis hin zur Transmission von Kultur im Wechsel
der Generationen. Der mit der ‚Aufgabe‘ der Erinnerung angesprochene
Doppelsinn war dabei durchaus Programm. Denn die Beschäftigung mit Erinnerung und Geschichte als einer konstitutiven Dimension pädagogischen
Denkens und Handelns zielte auch darauf ab, der Geschichtsvergessenheit
entgegenzuwirken, die den unbestritten notwendigen Innovationsdiskursen
innerhalb unserer Disziplin wie auch in den öffentlichen Bildungsdebatten
gegenwärtig häufig anhaftet.
Die beiden Einleitungsvorträge hielten Theodor Schulze (Bielefeld), der
in seinem Versuch, „vergessene Zusammenhänge zu erinnern“, die Perspektive einer universalen Philosophie des Lernens skizzierte, und Michael Parmentier (Göttingen), der den Bildungssinn der Erinnerung im Hinblick auf
unterschiedliche historisch-kulturell funktionale Ordnungen rekonstruierte.
In einem ersten Themenblock ging es anschließend um die unvermeidliche Präsenz der Vergangenheit in pädagogischen Feldern. Anhand der Autobiographie von Erich Kästner behandelte Ilse Bürmann (Osnabrück) das Autobiographische Erinnern als Bearbeitung des Aufgegebenen, gefolgt von
Hiromoto Makabe (Tokio), der mit Bezug auf Paul Klees Interesse an Kinderzeichnungen und Kindersprache den ästhetisch-vorsprachlichen Erinnerungen im ‚Zwischenreich‘ nachging und hierin den Ursprung primärer, symbolisch strukturierter Bildungsprozesse aufsuchte. Eher auf historische Re98
Berichte aus den Sektionen
konstruktionen ausgerichtet stellte Andreas Gruschka (Frankfurt) Bilder aus
der Kunstgeschichte vor (Veronese, Steen, Chardin, Runge), um im Vergleich dieser Bilddokumente die verborgenen pädagogischen Topoi und deren historisch-kulturellen Kontext herauszuarbeiten.
Der zweite Themenkomplex hatte das Zukunftsfähige in unserer kulturellen Vergangenheit zum Gegenstand. Eröffnet wurde er von Christian Rittelmeyer (Kassel) mit einem Beitrag über Antike Lernlandschaften, die als Exempel für die bildende Wirkung des gegenständlichen Milieus vorgestellt
wurden. Hans-Georg Herrlitz (Göttingen) beleuchtete – in Anspielung auf
eine Formulierung Johann Gottfried Herders und mit Rekurs auf die Kanonfrage im Deutschunterricht im 20. Jahrhundert – die Schule als ‚Tenne‘ der
literarischen Überlieferung. Im anschließenden Beitrag unternahm Yasuo
Imai (Tokio) den Versuch, das von Klaus Mollenhauer geprägte Begriffspaar
der „Präsentation“ und „Repräsentation“ kultureller Lebensformen auf das
Feld der Medien zu übertragen, um so deren „pädagogischer Semantik“ auf
die Spur zu kommen. Abgeschlossen wurde dieser Block durch den Vortrag
von Meike Baader (Hildesheim) zur Historischen Bildungsforschung als Erinnerungsarbeit, in dessen Fokus die in unserer Disziplin gerade erst beginnende Aufarbeitung der 68er-Generation und ihrer Pädagogik stand.
Im dritten und letzten Themenblock stand die Darstellung der Erinnerung
in unterschiedlichen Medien und Formen zur Debatte. Micha Brumlik
(Frankfurt) eröffnete mit einem pointierten Versuch, das kollektive Gedächtnis einer Kultur als Ergebnis eines „Kampfes um Erinnerung“ zu markieren.
Am Beispiel der innerdisziplinären Kontroverse um die Verstrickungen führender Vertreter der Göttinger Pädagogik (Nohl, Weniger, Roth) in den Nationalsozialismus wurde dies exemplarisch erläutert und in der anschließenden
Diskussion gleichsam praktisch fortgeführt. Mit seinem Beitrag Erinnerungsarbeit in der bildenden Kunst. Anmerkungen zu Jeff Walls ‚storyteller‘ interpretierte abschließend Uwe Uhlendorff (Dortmund) ein Bild aus der Kunstszene der Gegenwart als eine ästhetische Form der Vergegenwärtigung genuin
sozialpädagogischer Dimensionen von Armut, Ausgrenzung und prekärer
Lebensführung.
Immer wieder tauchten in den Vorträgen und Debatten drei typische
Formen des Erinnerns auf, denen sich unterschiedliche Zwecke zuordnen
lassen: In der Form des Rituals wird die Erinnerung gegenwärtig gehalten,
indem die dazwischen liegende Zeit ‚vernichtet‘ und in affektiv-verkörperter
Weise über viele Generationen hinweg eine kulturelle Tradition lebendig
gehalten wird. Diese Form der Erinnerung dient der fraglosen Vergewisserung eigener Herkünfte in einer weit über das individuelle Erinnern hinausgehenden Tradition. Anderes geschieht, wenn die Generation oder das Individuum der Jetztzeit mit einbezogen wird und die Erinnerungstätigkeit die
99
Berichte aus den Sektionen
Form eines Dialogs annimmt, welcher Geschichte als Produkt einer (re-)konstruktiven Tätigkeit hervorbringt. Der reflektierte Dialog ist sich des Vergessens als Kehrseite des Erinnerns stets bewusst, er stellt der ausgesprochenen
Erinnerung auch die Möglichkeit einer unausgesprochenen Erinnerung zur
Seite und begreift das jeweils Erinnerte als eine Figur-Grund-Konstellation,
die stets auch revisionsfähig und revidierbar ist. All diese Momente des Erinnerns sind es aber auch, die den Dialog nicht selten die Form des Kampfes
annehmen lassen, in welchem um wahre und falsche Erinnerungsinhalte sowie um deren Bewertung regelrecht gerungen wird – sei es im individuellen
oder im kollektiven Prozess einer erinnernden Tätigkeit. Diese Form hat vielleicht den Zweck, die eigene Verstrickung in das Geschehen der Vergangenheit zu thematisieren, ohne es je aufheben zu können.
In unserer Kultur und ihren pädagogischen Feldern sind alle drei Typen
des Erinnerns anzutreffen, und es bleibt eine Aufgabe künftiger Forschung,
sie in ihren individuellen und kollektiven Funktionen zu analysieren, wie
auch eine Aufgabe der Praxis, sie im Hinblick auf ihr individuelles und kollektives Bildungspotenzial zu ermöglichen und zu gestalten. Die Vorträge des
Symposions werden in Kürze zusammen mit weiteren Beiträgen zum Thema
in einer Buchpublikation erscheinen.
Hans-Rüdiger Müller, Cornelie Dietrich
Wirklichkeit und Erkenntnispolitik. Zur Konstruktion der Erziehungswirklichkeit – so lautete der Tagungstitel des Jahrestreffens der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie (Bildungszentrum Wolfsburg in Mülheim/
Ruhr, 1. bis 3. 10. 2008). Die Beiträge und Diskussionen kreisten um zwei
thematische Schwerpunkte: Einerseits interessierte die sowohl erkenntnistheoretische als auch erkenntnispolitische Analyse von Wirklichkeitskonstruktionen im Allgemeinen, wobei sowohl wissenschafts- bzw. erkenntnistheoretische als auch wissenschaftssoziologische bzw. -historische Perspektiven und
Beispiele eingebracht wurden. Andererseits widmeten sich die Beiträge Fragen der Konstruktion von Erziehungswirklichkeit und pädagogischer Erkenntnis selbst, und zwar sowohl in theoriegeschichtlicher Perspektive als
auch hinsichtlich der Analyse von dominanten Theoriefiguren im gegenwärtigen erziehungswissenschaftlichen Diskurs und der gegenwärtigen Bildungsforschung und Bildungspolitik.
Es referierten Mathias Gutman (Karlsruhe): Zur Funktion von Metaphern
für den Aufbau von Wissenschaftssprachen; Peter Euler (Darmstadt): Zur
Entwicklung des Verhältnisses von Geist und Macht: Bildung und Wissenschaft unter der Bedingung der Postpolitik; Alfred Schäfer (Halle): Der brüchige Grund symbolischer Ordnungen. Eine erkenntnispolitische Annäherung
am Beispiel von Subjektivierungspraktiken; Kerstin Jergus und Christiane
100
Berichte aus den Sektionen
Thompson (Halle): Die Politik der ‚Bildung‘ – eine theoretische und empirische Analyse; Thomas Höhne (Freiburg): ‚Pädagogische Qualitologie‘ – Zur
wissenschaftlichen und bildungspolitischen Suche nach pädagogischer Qualität und Norbert Ricken (Bremen): Konstruktionen des Pädagogischen. Zusätzlich stellten in einem für die Kommission neuen Präsentations- und Diskussionsformat fünf Kolleginnen und Kollegen prägnante Kurzbeiträge zur
Thematik Wirklichkeit und Erkenntnispolitik vor: Malte Brinkmann (Freiburg), Andreas Dörpinghaus (Würzburg), Andrea Liesner (Hamburg), Käte
Meyer-Drawe (Bochum) und Gabriele Weiss (Potsdam/ Wien).
Die insgesamt als erfolgreich und diskussionsdicht zu bezeichnende Tagung war auch durch eine deutlich erhöhte Anzahl von jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmern geprägt, so dass – was als erfreulich gewertet wurde
– der sich in den letzten Jahren schon abzeichnende Generationswechsel innerhalb der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie deutlich
sichtbar geworden ist.
Die Herbsttagung 2009 steht im Zeichen einer internationalen, dreisprachigen Tagung (Deutsch, Englisch, Französisch), die vom 29. bis 31. Oktober
2009 unter dem Titel Philosophy of Education and the Transformation of
Educational Systems/ La Philosophie de l'Éducation et la Transformation des
Systèmes Éducatifs/ Die Bildungs- und Erziehungsphilosophie und der Wandel der Bildungssysteme in Basel stattfinden wird. Diese Tagung, die zum
Ziel hat, den europäischen erziehungs- und bildungsphilosophischen Diskurs
zu intensivieren, wird in Zusammenarbeit von fünf erziehungsphilosophischen Assoziationen durchgeführt: International Network of Philosophers of
Education (INPE), Network Philosophy of Education der European Educational Research Association (EERA), Philosophy of Education Society of
Great Britain (PESGB), Société francophone de philosophie de l`éducation
(Sofphied), Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE). Zugesagt haben 18
eingeladene Referentinnen und Referenten aus Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Kanada, Irland, Schottland, Schweden und der Schweiz.
Ein Call for Papers erfolgt im Frühjahr 2009. Der Sprecherkreis der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie wird die Auswahl der deutschsprachigen Beiträge vornehmen (Information: http://paedagogik.unibas.ch).
Vorstand
Die Zusammensetzung des Sprecherkreises der Kommission hat sich seit der
Kommissionstagung 2007 verändert. Prof. Dr. Michael Wimmer (Hamburg)
und Prof. Dr. Ludwig Pongratz (Darmstadt) haben ihre mehrjährigen und
erfolgreichen Kommissionstätigkeiten inzwischen beendet. Der Sprecherkreis
101
Berichte aus den Sektionen
setzt sich nun aus Prof. Dr. Roland Reichenbach (Basel), Sprecher, Prof. Dr.
Hans-Christoph Koller (Hamburg), Kassenwart, und Prof. Dr. Norbert Ricken (Bremen), Stellvertreter, zusammen.
Veröffentlichungen
Die Schriftenreihe der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie
erscheint seit zwei Jahren im Schöningh-Verlag, Paderborn:
–
–
–
–
Wimmer, M./Reichenbach, R./Pongratz, L. (Hrsg.) (2007): Gerechtigkeit
und Bildung.
Schäfer, A. (Hrsg.) (2007): Kindliche Fremdheit und pädagogische Gerechtigkeit.
Wimmer, M./Pongratz, L./Reichenbach, R. (Hrsg.) (2008): Bildung,
Technik, Medien.
Reichenbach, R./Koller, H.-Ch./Ricken, N. (Hrsg.): Wirklichkeit und
Erkenntnispolitik. Zur Konstruktion der Erziehungswirklichkeit. (in Vorbereitung).
Roland Reichenbach, Hans-Christoph Koller, Norbert Ricken
Kommission Qualitative Bildungs- und
Biographieforschung
Tagungen
Familie, Generation und Bildung. Jahrestagung der Kommission Qualitative
Bildungs- und Biographieforschung (bisher: Erziehungswissenschaftliche
Biographieforschung), 22.–24.09.2008, Universität Osnabrück.
Um den inhaltlichen und methodischen Erweiterungen in der bisherigen Kommission Erziehungswissenschaftliche Biographieforschung gerecht zu werden, nahm diese Kommission in der Sektion Allgemeine Pädagogik eine
Namensänderung vor. Sie heißt seit 2008: Qualitative Bildungs- und Biographieforschung. Die Kommission versteht sich damit als ein Forum qualitativer Forschung in der Erziehungswissenschaft, sofern diese Bezug nimmt auf
Grundsatzfragen von Erziehung, Bildung und Sozialisation. Die Biographieorientierung wird darin vernetzt mit anderen Methodologien und Ansätzen,
wie etwa dem ethnografischen Ansatz, Interaktions-, Inhalts- und Bildanalysen u.a.m. Die Osnabrücker Herbsttagung spiegelte dieses erweiterte Selbstverständnis der Kommission wider: In insgesamt 20 Beiträgen stellten die
102
Berichte aus den Sektionen
Referentinnen und Referenten sehr unterschiedliche empirische Arbeiten zum
Rahmenthema Familie, Generation und Bildung zur Diskussion.
Das Einführungsreferat von Andreas Lange behandelte den Wandel innerfamilialer Bildungsprozesse unter den Bedingungen mehrfacher gesellschaftlicher Entgrenzungen, die anhand eines Projektes, das vor allem die
Entgrenzung der Erwerbsarbeit und deren Folgen für die Familien in den
Blick nimmt, erläutert wurden. Ein erster Themenblock versammelte Beiträge zu den Bereichen Lernen, Bindung und Moral. Auch hier kamen Prozesse
der familialen Entgrenzung durch transkulturelle Familienarrangements einerseits (Margarete Menz), durch die Notwendigkeit arbeitsbezogener Mobilität in strukturschwachen Regionen andererseits (Tanja Rausch, Katja Lorenz) zur Sprache. Monika Witzke berichtete über ein Projekt, das Moral als
interaktive Herstellungsleistung in Familien untersucht. Qualitative Interviews waren die Ausgangsquelle der Studien, welche sich mit dem Thema
Familie und Gewalt beschäftigen. Die Untersuchungen von Rahel Heeg und
Wassilis Kassis fragten nach der Balance zwischen Verbundenheit und Autonomie innerhalb des familiären Systems und nach dem Zusammenhang zur
Gewaltentwicklung bei Mädchen. Ebenso stand bei Ulrike Loch die Perspektive der jungen Generation im Fokus, die transgenerationale Gewaltverhältnisse und Traumatisierungen als mögliche Ursache von autoaggressivem
Verhalten bei Jugendlichen untersuchte. Milena Noll berichtete über ihre Untersuchungsergebnisse aus der Eltern-Perspektive; im Zentrum der Studie
stand die Frage, welche Auswirkungen das Erleben von innerfamiliärer sexualisierter Gewalt in der eigenen Kindheit bei Frauen auf den Umgang mit
ihren eigenen Kindern und deren Erziehung hat. Maryam Taherifard stellte
eine Arbeit vor, im Rahmen derer sie Interviews mit iranischen Frauen und
Mädchen zu Sexualität und weiblicher Erziehung analysiert hat.
Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit dem Thema Fürsorge
und Alter. Während Heidrun Herzberg den Fokus auf die Verknüpfung von
Biographie und Altenpflege richtete, war für Barbara Dieris und Alexandra
Retkowski die Frage nach Aushandlungsprozessen innerhalb der Familie, die
die Pflege der Angehörigen betreffen, leitend. Nach den Zusammenhängen
zwischen schulischen und familialen Bildungs- und Lernprozessen fragten
zwei weitere Referate im Themenblock Schule und Familie. Während zunächst Anja Tervooren die Differenzen zwischen beiden Instanzen theoretisch und methodologisch konturierte, berichtete Gunther Grasshoff von einem empirischen Projekt, das unterschiedliche Interaktionsstile zwischen den
Generationen in (Reform-)Schule und Familie untersucht hat.
Der Themenblock Familie und Bildung wurde mit dem Beitrag von
Hans-Rüdiger Müller, Kathrin Borg und Dorothee Falkenreck eingeleitet.
Angelehnt an ein aktuelles DFG-Projekt bildete in ihrem Beitrag die Familie
103
Berichte aus den Sektionen
als Bildungsmilieu den theoretischen Ausgangspunkt, von dem aus Familienfotos als Datenmaterial interpretiert wurden. Der Beitrag von Boris Zizek
präsentierte erste Ergebnisse eines Projektes, welches auf der Grundlage von
lebensgeschichtlichen Interviews mit Studienanfängern und der Führung von
Studien-Tagebüchern aktuelle Gestaltungslogiken des Studiums und ihre Genese unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Wandlungsprozesse und sozialisatorischer Erfahrungen rekonstruiert. Janina Zölch ging der Frage nach,
welche Bedeutung die Familie für die Lebens- und Bildungswege männlicher
Spätaussiedler aus den Ländern der ehemaligen UdSSR hat. Die Beiträge von
Christine Thon, Jutta Ecarius, Elisabeth Schlemmer und Ingrid Miethe vervollständigten diesen Themenblock, indem sie vor allem das Generationenverhältnis in Familien betonten. Während Jutta Ecarius in einem theoretischen Zugriff das Verhältnis von Generation, Familie und sozialem Milieu
erläuterte, fragte Christine Thon nach Möglichkeiten weiblicher Bildungsaufstiege im empirischen Vergleich dreier Generationen. Ebenfalls mit Bildungsaufstiegen in drei Generationen, jedoch im Ost-West-Vergleich, beschäftigte sich Ingrid Miethe in ihrem Beitrag, in dem sie auch theoretische
und methodische Konzeptionen sowie erste Ergebnisse präsentierte. Elisabeth
Schlemmer erweiterte die Thematik um den internationalen Aspekt. Ziel ihres Projektes ist es, mit internationaler Perspektive einen Überblick über Projekte generationsübergreifender Bildungsprozesse in Schule und außerschulischen Einrichtungen zu bieten.
Vorstand
Auf der Mitgliederversammlung der Kommission wurde turnusmäßig ein
neuer Vorstand gewählt. Ihm gehören nunmehr an: Jutta Ecarius, Heidrun
Herzberg, Ingrid Miethe (stellvertr. Vorsitzende) und Hans-Rüdiger Müller
(Vorsitzender).
Cornelie Dietrich, Kathrin Borg, Dorothee Falkenreck
Kommission Pädagogische Anthropologie
Tagungen
Die Bildung des Körpers – Jahrestagung 2008. Ihre Jahrestagung 2008 hat
die Kommission Pädagogische Anthropologie vom 2. bis zum 4. Oktober an
der Universität Frankfurt am Main abgehalten. Bei dieser von Micha Brumlik
ausgerichteten Tagung wurden insgesamt 21 Vorträge gehalten, die aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven dem Thema ‚Körper‘ zugewandt
waren. Vorgetragen haben: Micha Brumlik (Frankfurt am Main), Adrian
104
Berichte aus den Sektionen
Schmidtke (Göttingen), Ursula Stenger (Ludwigsburg), Mie Buhl (Aarhus),
Kristin Westphal (Koblenz), Siegfried Däschler-Seiler (Ludwigsburg), Peter
Gansen (Giessen), Anke Lang (Erlangen), Anja Kraus (Ludwigsburg), Christoph Wulf (Berlin), Helga Kelle (Frankfurt), Antje Langer (Frankfurt am
Main), Marga Günther (Frankfurt am Main), Barbara Bräutigam (Neubrandenburg), Christian Rittelmeyer (Kassel), Burkhard Müller (Berlin), Martin
Mengel (Rosenthal), Matthias Winzen (Saarbrücken), Leopold Klepacki (Erlangen), Gabriele Sorgo (Wien), Benjamin Jörissen (Magdeburg).
Die gesamte Tagung wie auch die einzelnen Vorträge verfolgten dabei
eine doppelte Absicht. Einerseits sollte der historische Wandel in den Inszenierungs-, Organisations- und Erlebensformen von Leiblichkeit nachgezeichnet werden, andererseits ging es darum, die sich stetig wandelnden Diskurse
und Diskurs-Formen zum Gegenstand ‚Körper und Leib‘ genauer in den
Blick zu nehmen.
Auf der im Rahmen dieser Jahrestagung abgehaltenen Mitgliederversammlung der Kommission Pädagogische Anthropologie wurde beschlossen,
die nächste Jahrestagung im Oktober 2009 an der Universität Hildesheim
abzuhalten. Die Tagung wird von Meike Baader ausgerichtet werden, sich
dem Thema Geschlecht zuwenden und soll den Fokus insbesondere auf die
historischen und aktuellen Problemkonstellationen von Männlichkeit richten.
Veröffentlichungen
Die Publikations-Reihe der Kommission ist mit einem weiteren Band (Pädagogische Anthropologie Bd. 18) fortgesetzt worden; er ist im Sommer 2008
erschienen und geht auf die Jahrestagung 2004 der Kommission zurück, die
von Meike Baader in Potsdam ausgerichtet worden war:
–
Baader, M. S./Bilstein, J./Wulf, Ch. (Hrsg.) (2008): Die Kultur der
Freundschaft. Praxen und Semantiken in anthropologisch-pädagogischer
Perspektive. Weinheim und Basel: Beltz.
105
Berichte aus den Sektionen
Sektion 3: International und Interkulturell Vergleichende
Erziehungswissenschaft
Kommission Vergleichende und Internationale
Erziehungswissenschaft
Kommission Bildung für eine nachhaltige Entwicklung
Tagungen
Gemeinsame Tagung Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule. An der Universität Göttingen fand am 9.–10. Oktober
2008 die gemeinsame Tagung der Kommissionen Vergleichende und Internationale Erziehungswissenschaft (VIE) sowie Bildung für eine nachhaltige
Entwicklung (BNE) zum Thema Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule statt, durchgeführt in Kooperation mit dem
Zentrum für empirische Unterrichts- und Schulforschung (ZeUS) der GeorgAugust-Universität Göttingen. Angestrebt wurden drei Ziele: die Diskurse
um Globales Lernen und um Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
zusammenzubringen; die erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische
Auseinandersetzung mit der Frage nach Kompetenzen und Kompetenzentwicklung im Globalen Lernen und in der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu vertiefen; den Forschungsbedarf im Bereich Globalen Lernens/ BNE
im Hinblick auf empirische Schul- und Unterrichtsforschung wie auf didaktische Theoriebildung umfassend auszuloten. Zahlreiche Wissenschaftler/innen
folgten dem Call for Papers, unter ihnen erfreulich viele Nachwuchswissenschaftler/innen. Insbesondere gelang es, Personen sowohl aus der Erziehungswissenschaft als auch aus den Fachdidaktiken anzusprechen.
Eröffnet wurde die Tagung durch einen Vortrag von Annette Scheunpflug (Erlangen-Nürnberg) mit dem Titel Wie ist der Lernbereich Globale
Entwicklung in der Schule verankert? – Evaluation revisited. Annette Scheunpflug nahm eine umfassende Bestandsaufnahme des wissenschaftlichen
Kenntnisstands über Globales Lernen in der Schule vor und bezog sich dabei
auf ein Modell schulischen Lernens und dessen Bedingungs- wie Wirkungsfaktoren. Die Bestandsaufnahme kommt zu dem Ergebnis, dass es praktisch
keine belastbaren empirischen Forschungsergebnisse zum Globalen Lernen
in der Schule gibt. Letztlich bestünden kaum Kenntnisse darüber, wie das
Arbeitsfeld Globalen Lernens tatsächlich in der Breite der schulischen und
außerschulischen Bildungspraxis verankert ist – trotz der seit einigen Jahren
106
Berichte aus den Sektionen
bestehenden Evaluationspraxis in diesem Feld, die sich jedoch meist nicht an
Standards wissenschaftlicher Forschung orientiere. Auch die Erfassung des
Outputs schulischen Lernens, die Messung der Kompetenzen im Bereich
Globalen Lernens, sei bisher noch nicht möglich. Annette Scheunpflug regte
an, die systematische Auseinandersetzung mit dem Konzept der Nachhaltigkeit auszubauen, eine empirische Wende in der Forschung zum Globalen
Lernen einzuleiten und schließlich wissenschaftliche Gütekriterien bei Evaluationen anzulegen, um mehr Wissen zur Verankerung des Lernbereichs
Globale Entwicklung in den Schulen zu generieren.
Die weiteren Beiträge waren in sechs thematischen Panels organisiert.
Eines beschäftigte sich mit der Frage, wie der Kompetenzbegriff im Globalen
Lernen bestimmt und wie die angestrebten Kompetenzen beschrieben werden
können. Marco Riekmann (Lüneburg) berichtete aus einem Forschungsprojekt, das mittels einer international angelegten Delphi-Studie Schlüsselkompetenzen für globales Denken und Handeln in der Weltgesellschaft ermittelt.
Barbara Asbrand (Göttingen) beschäftigte sich aus theoretischer und empirischer Perspektive mit dem Kompetenzkonzept und analysierte auf dieser Basis die Kompetenzdebatte im Bereich Globalen Lernens. Im Anschluss an
einen theoretischen Beitrag zum Kompetenzerwerb von Lehrkräften von Astrid Dinter (Weingarten) bezog Gregor Lang-Wojtasik (Weingarten) seine theoretischen Forschungsergebnisse zu einer Schultheorie in der Weltgesellschaft
auf Konsequenzen für den Kompetenzdiskurs Globalen Lernens.
Unter der Panelüberschrift Fächerübergreifende Bildungsanliegen beschäftigte sich Franziska Bertschys (Bern) mit unterschiedlichen Konzepten
Globalen Lernens, um Schnittstellen ausfindig zu machen, die als fächerübergreifende Bildungsanliegen schulisch verankert werden könnten. Silvia
Schönfelder (Göttingen) stellte ein Evaluationsprojekt der Entwicklung und
Umsetzung eines innovativen Leitbildes zur Förderung außerschulischer
BNE vor. Norbert Frieters (Erlangen-Nürnberg) schlug in seinem Beitrag vor,
unterschiedliche Theorieperspektiven miteinander zu verbinden und so einen
Reflexionsrahmen friedenspädagogischer Aktivitäten gewinnen. Berit Ötsch
(Rostock) verfolgte mit ihrem Forschungsvorhaben das Ziel, die Voraussetzungen bei Lehrenden und Schüler/innen für die Menschenrechtsbildung zu
erheben.
Das Panel Kompetenzerwerb – empirisch eröffnete Susanne Krogull (Erlangen-Nürnberg) mit Befunden aus ihrer qualitativ-empirischen Studie zur
Wirkung von Begegnungsreisen, die die Annahme in Frage stellen, dass Begegnungsreisen automatisch zu den gewünschten Lernergebnissen führen,
und den Blick für die Konzeption und die Qualität der Betreuung öffnen. Im
Anschluss stellten Thomas Eppenstein und Dirk Oesselmann ihr Konzept von
Interkultureller Kompetenz vor.
107
Berichte aus den Sektionen
In der Arbeitsgruppe, die sich mit der Realisierung von BNE/ Globalem Lernen im Fachunterricht beschäftigte, fragte Christine Künzli (PH/FH Nordwestschweiz) nach dem Potential von BNE für den Sachunterricht in der
Grundschule, angesichts fehlender Theorie des Sachunterrichts Kriterien für
die Begründung relevanter Themen für den Unterricht bereitzustellen. Ingo
Eilks (Universität Bremen) stellte ein Kooperationsprojekt zwischen verschiedenen Fachdidaktiken und Schulen vor, in welchem Unterrichtseinheiten entwickelt, durchgeführt und im Rahmen einer partizipativen Aktionsforschung untersucht werden. In dem Beispiel Der Klimawandel vor Gericht
ging es um den Erwerb von Kompetenzen zur Bewertung von Medienberichten und Handlungsoptionen zum Thema Klimawandel.
Am zweiten Tag der Tagung erweiterte ein Panel die Blickrichtung international: Helmuth Hartmeyer (Wien) berichtete über Globales Lernen in
österreichischen Schulen, Masashi Urabe (Tokuyama) stellte ein outputorientiertes Unterrichtsmodell für BNE aus der Sicht japanischer Didaktik vor und
Sevilay Dervisoglu, Haluk Soran (Ankara), Susanne Menzel (Osnabrück)
sowie Susanne Bögeholz (Göttingen) präsentierten Ergebnisse aus einem
Forschungsprojekt zu Einflussfaktoren auf die Bereitschaft von SchülerInnen
in der Türkei, die Biodiversität zu schützen.
Das Panel zum Thema Kompetenzen von Lehrkräften eröffnete Werner
Rieß (Freiburg) mit Ergebnissen aus einer quantitativen Untersuchung zur
Bildung für Nachhaltige Entwicklung an weiterführenden Schulen in BadenWürttemberg. Annette Kemper (Münster) präsentierte ihre Ergebnisse zur
BNE in der Lehrerausbildung im Fach Biologie. Sie präsentierte Befunde aus
einer Studie zu Vorwissen und Einstellungen zu BNE bei Studierenden, zu
Umfang und Inhalten des Studiums und zur Entwicklung spezifischer professionsbezogener Kompetenzen im Studium.
Der letzte Teil der Tagung wurde parallel zu einer Tagung für die Zielgruppe der Praktiker Globalen Lernens mit dem Titel Kooperation zwischen
Schulen und Nichtregierungsorganisationen im Arbeitsfeld Globalen Lernens
durchgeführt, die eine gemeinsame Veranstaltung der Universitäten Göttingen und Kassel in Kooperation mit InWEnt (Internationale Weiterbildung
und Entwicklung gGmbH) und VENRO (Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.) war. Die Überschneidung der beiden Tagungen – eine Postersession, bei der über dreißig Praxisprojekte des
Globalen Lernens präsentiert wurden, der Plenumsvortrag von Martin Heinrich und eine Podiumsdiskussion – ermöglichte einen anregenden Austausch
zwischen Wissenschaftlern und Praktikern im Feld Globalen Lernens.
Martin Heinrich (Hannover) referierte zum Thema Implementation von
Nachhaltigkeit als nachhaltige Implementation? Governanceanalysen zur
BNE in der Schulentwicklung am Beispiel österreichischer Schulfallstudien.
108
Berichte aus den Sektionen
Er stellte vier Thesen zum Implementationsproblem der BNE vor: die Unsicherheitsthese, die Immanenzthese, die Mechanismenthese und die Governancethese, wobei er über den Zugriff zu letzterer einen Lösungsweg für das
Problem skizzierte. Martin Heinrich nimmt an, dass eine analytische Governanceforschung, die Kategorien anbietet, um die komplexen Phänomene einer BNE zu beschreiben und auf Begriffe zu bringen, den Stakeholdern helfen könne, ihre Interessen und Bedürfnisse zu artikulieren, um so einen Beitrag zu einer Good-Governance einer BNE zu leisten. Als ambivalente Quintessenz und Ausblick zugleich wurde angesprochen, dass zwar die Bedeutung
der BNE mit den Beteiligten ausgehandelt werden müsse, dies aber zugleich
selten innovativ sei, und sich die Frage stelle, wie solche Aushandlungsprozesse als Bildungsprozesse zu gestalten seien.
Der Zuspruch, den die gemeinsame Tagung der Kommissionen VIE und
BNE durch den Besuch von über 90 Teilnehmenden erfuhr, sowie die angeregten Debatten und Diskussionen sind eine Bestätigung der Zielstellung und
sprechen für weitere Tagungen in der Zukunft, die fächer- und disziplinübergreifend, in Kooperation der beiden Kommissionen sowie als Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis organisiert sind. Denn eines machte die Tagung trotz der vielfältigen Beiträge auch klar: Sowohl die Implementation
des Globalen Lernens bzw. der BNE in der schulischen Praxis wie die empirische und theoretische Erforschung dieses Arbeitsfeldes bedürfen in der Zukunft weiterer Anstrengungen.
Barbara Asbrand, Susanne Timm, Lydia Wettstädt
Veröffentlichungen
Im Herbst 2006 konnte die Vergleichende Erziehungswissenschaft auf ihr
vierzigjähriges Bestehen in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) zurückblicken und nahm dies zum Anlass für eine Tagung
im Rahmen der Sektion International und Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft unter dem Thema Beschreiben – Verstehen – Interpretieren. Vorgestellt und diskutiert wurden methodische und methodologische
Aspekte dieser Teildisziplin der Erziehungswissenschaft. Die in diesem Kontext gehaltenen Beiträge liegen im Frühjahr 2009 in ausgearbeiteter Form in
einem vom damaligen Vorstand der SIIVE herausgegebenen Band vor.
–
Hornberg, S./Dirim, I./Lang-Wojtasik, G./Mecheril, P. (Hrsg.) (2009):
Verstehen – Beschreiben – Interpretieren. Münster u.a.: Waxmann.
–
Hornberg, S./Mecheril, P. (Hrsg.) (2009): Migration und Bildung – Soziologische und erziehungswissenschaftliche Schlaglichter. Münster u.a.:
Waxmann.
109
Berichte aus den Sektionen
Die letzte Publikation geht auf die im Jahr 2006 durchgeführte gemeinsame
Tagung der Sektion Migration und ethnische Minderheiten in der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie und der Sektion International und Interkulturell
Vergleichende Erziehungswissenschaft in der Deutschen Gesellschaft für
Erziehungswissenschaft zurück. Die Tagung diente dazu, den Austausch zwischen den bereits miteinander eng verflochtenen disziplinären Perspektiven
der Soziologie und Erziehungswissenschaft auf der Ebene des institutionellen
Austauschs weiter zu vertiefen. Der Sammelband entspricht im Buchformat
dem Wunsch, sich aktueller wissenschaftlicher Haltungen, Themen, methodologischer Entscheidungen und Forschungsergebnisse zu vergewissern, um
Kooperationen auf einer gemeinsamen Basis fortsetzen zu können. Es werden
verschiedene Streitfragen des aktuellen theoretischen Diskurses thematisiert,
z.B. die Frage des Umgangs mit sprachlicher Differenz.
Inci Dirim
110
Berichte aus den Sektionen
Sektion 4: Empirische Bildungsforschung
Kommission Bildungsorganisation, Bildungsplanung,
Bildungsrecht
Tagungen
Die Kommission Bildungsorganisation, Bildungsplanung, Bildungsrecht
(KBBB) in der Sektion Empirische Bildungsforschung hat vom 1. bis 2. Oktober 2008 ihre Herbsttagung in Münster durchgeführt. Themen waren Wirkungsevaluation sowie evidenzbasierte Bildungspolitik und -praxis. Im Wesentlichen setzte sich die Tagung mit der Position auseinander, wonach Maßnahmen und Leistungen des öffentlich finanzierten Erziehungs- und Bildungssystems vor allem mit Blick auf ihre Wirkungen – im Sinne ihres individuellen oder gesellschaftlichen Nutzens – zu bewerten und zu steuern seien.
Gefordert wird eine zielgerichtete Verschmelzung von Wissensproduktion,
Wissenstransfer und einer praktischen Applikation von Wissen über wirksame Programme. Dies verspreche eine Bildungs- und Erziehungspraxis, die
sich rationaler, wirtschaftlicher und gleichzeitig passgenauer als bisher an
den Bedarfen der Adressat/innen der pädagogischen und sozialen Maßnahmen ausrichte. Gut 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung des KBBB-Sprechers Wolfgang Böttcher und des Sozialpädagogen
Holger Ziegler, um Fragen zu diskutieren wie: Auf welche Formen wissenschaftlicher Wissensproduktion ist eine evidenzbasierte Bildungspolitik und
-praxis angewiesen? Kann die Agenda wissenschaftlicher Wirkungsforschung
überhaupt sinnvoll in eine bildungspolitische Agenda übertragen werden?
Wird wissenschaftliche Forschung vor einem solchen Hintergrund gestärkt
oder technokratisch vereinseitigt und in ihrer Autonomie und Kritikfähigkeit
beschnitten?
Durch die Unterstützung des BMBF wurde es möglich, internationale
Experten zu beteiligen: Prof. David Gough (Direktor des EPPI-Centre des
Institute of Education in London) sprach über Verfahren, Ergebnisse empirischer Einzelprojekte mittels unterschiedlicher Methoden zusammenzufassen
(Mixed Method Systematic Reviews to Support Professional Decision Making
in Education). Prof. Mikko Mäntysaari (University of Jyväskylä, Finnland)
beschrieb das Konzept der realistischen Evaluation als Alternative zu experimentellen Verfahren der Evidenzgewinnung (Evidence based Practice in
Social Work – A Realist Perspective). Steve Fleischman (American Institutes
for Research, Washington D.C.) referierte über die Notwendigkeit, die Nutzer einzubinden, wenn es um die Produktion und Disseminierung von Evi111
Berichte aus den Sektionen
denz geht (User Driven Research in Education: A Key Element Promoting
Evidence-Based Education). Prof. Sue White (Lancaster University) zeigte in
einem kritischen Beitrag, welche negativen Effekte technokratisch verstandene Kontrollkonzepte für die praktische Kinder- und Jugendhilfe haben können (Evidence, Qualitative Research, and Critical Reflection in Child Welfare).
Für zwei weitere Hauptvorträge konnten Prof. Jörg Doll (Uni Bamberg)
und Prof. Wilfried Bos (TU Dortmund) gewonnen werden. Ersterer stellte das
Konzept des Nationalen Bildungspanels vor, das die empirische Bildungsforschung jenseits der pädagogisch-psychologischen Ausrichtung zu beflügeln
verspricht. Bos zeigte eindrucksvoll, wie nötig – und auch machbar – es ist,
Ergebnisse der Bildungsproduktion in ihren sozio-ökonomischen Kontexten
zu erfassen.
In den Arbeitsgruppen Lernen, Organisation, Profession und Bildungspolitik und Governance wurden 20 Vorträge renommierter Kolleginnen und Kollegen sowie einer Anzahl von Nachwuchswissenschaftern gehalten. Die Folien
sind unter http://egora.uni-muenster.de/ew/qe/kbbb_herbsttagung_2008.shtml
zugänglich.
Die KBBB-Herbsttagung 2009 wird vom 7. bis 8. Oktober wiederum in
Münster stattfinden. Sie wird in Kooperation mit der DeGEval, Gesellschaft
für Evaluation e.V. ausgetragen. Der Arbeitstitel lautet Evaluation – Gesellschaft – Bildung. Die Mitgliederversammlung wird einen neuen Vorstand
wählen.
Veröffentlichung
Die Beiträge der Herbsttagung 2007 sind erschienen:
–
Böttcher, W./Bos, W./Döbert, H./Holtappels, H. G. (2008) (Hrsg.): Bildungsmonitoring und Bildungscontrolling in nationaler und internationaler Perspektive. Münster et al.: Waxmann.
Nina Hogrebe
112
Berichte aus den Sektionen
Sektion 5: Schulpädagogik
Kommission Schulforschung und Didaktik
Tagungen
Die Kommission führt im Jahr 2009 zwei Tagungen mit internationaler Beteiligung durch. Gemeinsam mit der Kommission Professionsforschung/ Lehrerbildung wird eine Tagung zum Thema Bildungsstandards und Kompetenzmodelle – Eine Verbesserung der Qualität von Schule, Unterricht und
Lehrerbildung? ausgerichtet, die im März 2009 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg stattfinden wird. Ein Tagungsbericht erscheint in Erziehungswissenschaft, Heft 39.
Vom 4. bis 7. Oktober 2009 ist in Brixen, Italien, in Zusammenarbeit mit der
Freien Universität Bozen eine Tagung zum Rahmenthema Umgang mit Heterogenität geplant. Sie steht in der Tradition der Praxistagungen der Kommission und soll einen Einblick in den italienischen Fachdiskurs zum Umgang
mit Heterogenität in der Schule geben sowie in die Lehrerbildung und das
italienische Bildungswesen in Südtirol. Dabei interessieren uns u.a. der Umgang mit Mehrsprachigkeit und Leistungsdifferenz sowie die Integration von
Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen. Wir planen ein Zusammenspiel von einführenden wissenschaftlichen Vorträgen, Praxisbeobachtungen
und Gesprächen mit Praktikerinnen und Praktikern, dem Leiter des Deutschen Schulamtes sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Ingrid Kunze
Kommission Professionsforschung und Lehrerbildung
Tagungen
Vom 15. bis 17. September 2008 hat die Kommission Professionsforschung
und Lehrerbildung auf Initiative von Johannes Mayr (Klagenfurt) gemeinsam
mit der Österreichischen Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im
Bildungswesen (ÖFEB) und der Schweizerischen Gesellschaft für Lehrerinnen- und Lehrerbildung (SGL) an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
eine internationale Tagung zum Thema Lehrerinnen und Lehrer lernen
durchgeführt. Die Tagung ermöglichte einen Austausch über Stand und Perspektiven der Lehrerfortbildung in Deutschland, der Schweiz und Österreich
und vermittelte Anregungen für die Unterstützung berufsbegleitenden Ler113
Berichte aus den Sektionen
nens auch aus anderen europäischen Ländern. Sie wurde von 240 Personen
besucht, die praktisch, forschend oder administrativ mit der Beratung und
Fortbildung von Lehrkräften befasst sind.
Die Jahrestagung der Kommission stand unter dem Thema Professionelle
Handlungskompetenz von Lehrkräften – Professionsforschung versus Kompetenzforschung. Sie fand vom 19. bis 20. September 2008 im Schloss
Rauischholzhausen, dem Tagungshaus der Universität Gießen, statt. Vorgestellt und diskutiert wurden vor allem Forschungsarbeiten und empirische
Befunde zur Professions- und Kompetenzforschung. Dabei lag das Augenmerk auch auf möglichen Überschneidungen und gemeinsamen Perspektiven
der beiden Ansätze.
Die nächste Tagung der Kommission wird gemeinsam mit der Kommission Schulforschung und Didaktik vom 25. bis 27. März 2009 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg stattfinden. Das Thema der Tagung lautet:
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle – eine Verbesserung der Qualität
von Schule, Unterricht und Lehrerbildung?
Vorstand
Jochen Wissinger und Manfred Lüders werden, nachdem sie der Kommission
vier Jahre vorgestanden haben, ihre Ämter zur Verfügung stellen. Anlässlich
der nächsten Tagung in Heidelberg sollen auf der Kommissionssitzung deshalb neue Vorsitzende gewählt werden.
Manfred Lüders, Jochen Wissinger
Kommission Grundschulforschung und Pädagogik der
Primarstufe
Tagungen
Europäisierung der Bildung – Konsequenzen und Herausforderungen für die
Grundschulpädagogik. Die 17. Jahrestagung der Kommission Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe der DGfE fand unter der Leitung
von Prof. Dr. Charlotte Röhner vom 24. bis 26. September 2008 an der Bergischen Universität in Wuppertal statt (vgl. <http://www.grundschulforschung.eu>). Im Mittelpunkt der Tagung, zu der 240 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer begrüßt werden konnten, standen zentrale Fragen nach der Zukunft der Bildung im Primar- und Elementarbereich, die nach PISA und
IGLU die Bildungsdiskussion national wie international bestimmen. Da die
nationalen Bildungssysteme immer abhängiger von internationalen Bildungsstandards und Kontrollsystemen werden, muss sich die Disziplin damit aus114
Berichte aus den Sektionen
einandersetzen, wie sich die Bildungssysteme der europäischen Staaten auf
die neuen Anforderungen einstellen und die Bildung im Elementar- und Primarbereich ausrichten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz
Europa sprachen in acht Plenar- und 49 Panelvorträgen zur Entwicklung der
europäischen Bildungssysteme im Primar- und Elementarbereich, zur Bedeutung interkulturellen und mehrsprachigen Lernens sowie zu ausgewählten
Aspekten der Organisations- und Unterrichtsentwicklung. Eine stärkere internationale Ausrichtung der Grundschulpädagogik bleibt auch nach der Tagung eine Aufgabe unserer noch jungen Disziplin.
Die 18. Jahrestagung zum Thema Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik:
Perspektiven für die Grundschulpädagogik wird vom 21. bis 23. September
2009 an der Universität Hildesheim stattfinden.
Charlotte E. Röhner
Aloys-Fischer-Preis
Auf der Jahrestagung der Kommission Grundschulforschung und Pädagogik
der Primarstufe an der Universität Wuppertal im September 2008 wurde zum
ersten Mal der Aloys Fischer-Grundschulforschungspreis der Kommission
verliehen. Die Jury hatte sich für eine Teilung des Preises entschieden, und
zwar zum einen für eine Arbeit mit empirisch-qualitativer und zum anderen
für eine Arbeit mit empirisch-quantitativer Methodik. Den Preis erhielten Dr.
Marei Fetzer, Universität Frankfurt, für ihre Dissertation Interaktionen am
Werk. Eine Interaktionstheorie fachlichen Lernens, entwickelt am Beispiel
von Schreibanlässen im Mathematikunterricht der Grundschule, und Dr. Thilo
Kleickmann, Universität Münster, für seine Dissertation Zusammenhänge
fachspezifischer Vorstellungen von Grundschullehrkräften zum Lehren und
Lernen mit Fortschritten von Schülerinnen und Schülern im konzeptuellen
naturwissenschaftlichen Verständnis.
Kontakt: Prof. Dr. Wolfgang Einsiedler, Universität Erlangen-Nürnberg, Regensburger Str. 160, 90478 Nürnberg, E-Mail: [email protected].
Vorstand
Auf der gut besuchten Mitgliederversammlung der Kommission am 25. September 2008 fanden turnusgemäß Vorstandswahlen statt. Als 1. Vorsitzende
der Kommission wurde Prof. Dr. Margarete Götz (Universität Würzburg,
E-Mail: [email protected]) gewählt. Als 2. Vorsitzender
wurde Prof. Dr. Andreas Hartinger (Universität Augsburg, E-Mail: andreas.
[email protected]) wiedergewählt. Die versammelten Mitglieder dankten der bisherigen 1. Vorsitzenden Prof. Dr. Friederike Heinzel
115
Berichte aus den Sektionen
(Universität Kassel), die das Amt vier Jahre wahrgenommen hat, für ihre engagierte und erfolgreiche Arbeit.
Neu gewählt wurden auch die fünf Mitglieder der Jury für die Vergabe
des Aloys Fischer-Grundschulforschungspreises, den die Kommission 2008
erstmalig verliehen hat. Der Preis soll erneut 2009 für herausragende Forschungsarbeiten, insbesondere von Nachwuchswissenschaftlern und –
wissenschaftlerinnen, verliehen werden.
Veröffentlichungen
Die Ergebnisse der Jahrestagung 2007 an der FU Berlin sind inzwischen publiziert:
Ramseger, J./Wagener, M. (Hrsg.) (2008): Chancenungleichheit in der Grundschule. Ursachen und Wege aus der Krise. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Auf Initiative der Kommissionsmitglieder Margarete Götz, Maria FöllingAlbers, Friederike Heinzel, Gisela Kammermeyer, Karin Müller und Hanns
Petillon wurde 2008 mit der Zeitschrift für Grundschulforschung. Bildung im
Elementar- und Primarbereich ein neues Publikationsorgan geschaffen. Die
Zeitschrift erscheint halbjährlich im Verlag Julius Klinkhardt jeweils im Frühjahr (März/April) und im Herbst (September/Oktober). Für das Jahr 2008
sind die ersten beiden Heftnummern bereits erschienen, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen Zeit und Lernen sowie Mathematisches Lernen
(Heft 1/2008) und Genderforschung: Jungen und Mädchen in Kindertagesstätten und Grundschulen (Heft 2/2008) befassen. Das im Frühjahr 2009 erscheinende Heft widmet sich den Schwerpunktthemen Jahrgangsmischung
und Didaktik des Sachunterrichts. Neben themengebundenen Beiträgen enthält jede Ausgabe auch offene Beiträge. Alle eingereichten Beiträge werden
vor der Publikation einem Reviewverfahren unterzogen.
Kontakt:
Prof. Dr. Margarete Götz (Universität Würzburg), [email protected], Karin Müller, [email protected]
Margarete Götz
116
Berichte aus den Sektionen
Sektion 6: Sonderpädagogik
Tagungen
Leben mit dem Anderssein – Vom 4. bis 6. September 2008 fand an der Universität Oldenburg das Symposium Leben mit dem Anderssein im internationalen Kontext statt. Veranstaltet wurde es vom Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg (Prof. Dr. Andrea Erdélyi) in
Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen. Nach vorausgegangenen Tagungen in Görlitz
(2004), Wien (2006) und Zürich (2007) war dies bereits die vierte Veranstaltung dieser neuen Reihe zur Internationalen Heil- und Sonderpädagogik. Anlass für Ort und Zeitpunkt war das 20-jährige Jubiläum der Arbeitsstelle Behinderung und Dritte Welt, die Studierende der Sonderpädagogik nicht nur
seit rund zwei Jahrzehnten bei Praktika in Entwicklungsländern begleitet,
sondern auch entwicklungspädagogische Themenstellungen im Studium der
Sonderpädagogik verankert und Studierende für kulturelle Aspekte pädagogischen Handelns sensibilisiert hat, wie Dr. Peter Sehrbrock in einem Rückblick auf die bisherigen Aktivitäten herausstellte. Die Hauptvorträge des 4.
Symposiums zur Internationalen Heil- und Sonderpädagogik thematisierten
unterschiedliche Aspekte des Lebens mit dem Anderssein. Neben dem Eröffnungsvortrag Afrikanische Gemeinschaftsethik und Behinderung (Benézét
Bujo) waren methodische Zugänge (Andrea Erdélyi), der Beitrag der interkulturellen Pädagogik zur Vergleichenden Heil- und Sonderpädagogik (HansPeter Schmidtke) und die Bedeutung interkultureller Kompetenz (Kristina
Reiss) sowie eine Standortbestimmung von Heilpädagogik zwischen Eigenem und Fremden (Alois Bürli) Inhalte der Plenumsvorträge. Workshops umfassten neben den verschiedensten Fragestellungen zu Internationalen Heilund Sonderpädagogik insbesondere auch Themen zu Behinderung und Dritte
Welt sowie Problemlagen im Kontext von Behinderung und Migration. Die
Veranstalter planen mit dem Klinkhardt-Verlag die Publikation der Beiträge
in Buchform.
Die bereits bei der Tagung im Vorjahr in Zürich begonnene Diskussion
über die weitere Gestaltung der Tagungsreihe und eine eventuelle organisatorische Anbindung der involvierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
fand in Oldenburg ihre Fortsetzung. So wurde die Form des Symposiums in
einem etwa zweijährigen Abstand als wünschenswert betrachtet. Die Form
einer langfristigen Institutionalisierung der inhaltlichen Arbeit wurde ausführlich und teilweise kontrovers diskutiert. Eine Mehrheit der Anwesenden
sprach sich für eine Anbindung an bestehende Strukturen der DGfE, z.B. als
Kommission innerhalb der Sektion Sonderpädagogik, aus. Die Veranstal117
Berichte aus den Sektionen
ter/innen des Symposiums erklärten sich abschließend bereit, diesbezüglich
nähere Informationen einzuholen und entsprechende Schritte zu initiieren.
Gottfried Biewer
Vorstand
Vom 1. bis 3. Oktober 2009 findet an der Technischen Universität Dortmund,
Fakultät für Rehabilitationswissenschaften, die 45. Arbeitstagung der Dozentinnen und Dozenten der Sonderpädagogik statt. Die Tagung setzt sich mit
dem Thema Umgang mit Verschiedenheit in der Lebensspanne. Behinderung
– Geschlecht – kultureller Hintergrund – Alter(sphasen) auseinander.
Birgit Herz
118
Berichte aus den Sektionen
Sektion 8: Sozialpädagogik
Kommission Sozialpädagogik
Tagung
Jahrestagung der Kommission im Juni 2009. Die nächste Kommissionstagung wird vom 11. bis 13. Juni 2009 in den Franckeschen Stiftungen an der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg stattfinden. Thema werden die
aktuellen sozialpädagogischen wie sozialpolitischen Herausforderungen sein,
die sich im regionalen, nationalen wie internationalen Kontext der Diskussion
um den effective citizen für die Soziale Arbeit ergeben.
Vorstand
In der Mitgliederversammlung 2008 haben die Kommissionsmitglieder dem
bisherigen Kommissionsvorstand – Jun.Prof. Dr. Peter Cloos, Prof. Dr. Gaby
Flösser (Sprecherin), Prof. Dr. Franz Hamburger, Prof. Dr. Andreas Schaarschuch (Sprecher) und Prof. Dr. Wolfgang Schröer – für seine Arbeit herzlich
gedankt. Als neuer Vorstand wurden gewählt: Prof. Dr. Karin Bock (Münster), Dr. Fabian Kessl (Bielefeld), Prof. Dr. Thomas Olk (Halle-Wittenberg),
Prof. Dr. Wolfgang Schröer (Hildesheim), Prof. Dr. Uwe Uhlendorff (Dortmund). Als Sprecher/innen des Vorstands hat der neue Vorstand Prof. Dr.
Karin Bock und Prof. Dr. Wolfgang Schröer bestimmt.
Um einen kontinuierlichen und effektiven Informationsfluss unter den
Kommissionsmitgliedern aufrechterhalten bzw. ausbauen zu können, wird
der Vorstand eine Informationsplattform aufbauen. Diese Informationsplattform wird aus einer Homepage und einem Newsletter bestehen, über die
wichtige Mitteilungen regelmäßig schnell weitergegeben werden können.
Mitteilung: Neuer Masterstudiengang ‚Kindheit, Jugend, Soziale Dienste‘ an
der Bergischen Universität Wuppertal. Mit Beginn des Wintersemesters
2008/2009 nimmt der neu eingerichtete Master-Studiengang Kindheit, Jugend, Soziale Dienste (Childhood, Youth and Social Services) seinen Studienbetrieb auf. Dieser neuartige, forschungsorientierte Studiengang mit einer Regelstudienzeit von vier Semestern bietet ein interdisziplinäres Studienangebot in den Bereichen der Kindheits- und Jugendsoziologie, der Sozialpädagogik (Sozialpolitik und Soziale Dienstleistungen) sowie der institutionalisierten Kinder- und Jugendhilfe, das der gewandelten Situation im Handlungsfeld der institutionellen und professionellen Auseinandersetzung mit
den Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen in gegenwärtigen Ge119
Berichte aus den Sektionen
sellschaften Rechnung trägt. Dabei verfolgt der neue Masterstudiengang als
eines seiner Profilmerkmale eine internationale Ausrichtung. Mit diesem
Studienangebot wird das Spektrum der vom Fachbereich G: Bildungs- und
Sozialwissenschaft angebotenen Studienmöglichkeiten im Bereich der Masterabschlüsse systematisch ausgeweitet. Insbesondere für Absolventen von
Bachelorstudiengängen aus pädagogischen und sozialwissenschaftlichen Fächern, aber auch für Absolventen von Fachhochschulen mit Studienabschlüssen in den verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit wird hier die
Möglichkeit eines Masterabschlusses in außerschulischen Handlungsfeldern
eröffnet. Aufgrund seiner Ausrichtung auf eine theoriegeleitete Empirie kann
zudem die Grundlage für eine anschließende Promotion erworben werden. –
Internetseiten des Studiengangs: <http://www.fbg.uni-wuppertal.de/studium/
master/makjsd/>
Kontakt: Prof. Dr. Andreas Schaarschuch, E-Mail: [email protected], Tel.: +49 (0)202 439 2164, Sekretariat: Liselotte Beyer-Podewils,
E-Mail: [email protected], Tel. : +49 (0)202 439 2360.
Kommission Pädagogik der frühen Kindheit
Tagungen
Frühkindliche Bildung – Entwicklung und Förderung von Kompetenzen. Diese 6. Tagung der NachwuchswissenschaftlerInnen der Kommission PdfK
wurde von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg ausgerichtet und fand
vom 23. bis 24. Oktober 2008 mit freundlicher Unterstützung durch die
Klaus-Tschira-Stiftung im Studio der Villa Bosch statt. Es nahmen NachwuchswissenschaftlerInnen der Universitäten Bamberg, Heidelberg, Fribourg, Bremen, Bielefeld, Hamburg, Landau, der Pädagogischen Hochschulen Ludwigsburg und Heidelberg, der Fachhochschulen Koblenz, Frankfurt am Main sowie der Stiftung Universität Heidelberg teil. Dr. Doris Edelmann richtete als
Vorstandsmitglied der Kommission ein Grußwort aus und informierte über
Möglichkeiten der Mitgliedschaft in der DGfE.
Im Anschluss an die Eröffnung durch Kathleen Panitz (Heidelberg) und
Grußworten von Prof. Dr. Manuela Welzel (PH Heidelberg) sowie Dr. Nicole
Flindt (PH Heidelberg), die die Tagung wesentlich unterstützten, bildete die
Vorstellung und Diskussion von insgesamt 20 Dissertations- und Habilitationsvorhaben den Kern der Tagung. Die Präsentation der Vorhaben wurde in
acht Themenblöcken organisiert: 1) Blickpunkt Kinder: Kompetenzförderung
(Andrea Eining, Anja Dhein, Andrea Scheele, alle PH Heidelberg); 2) Blickpunkt Erzieherin: Kompetenzentwicklung (Monika Zimmermann, PH Heidel120
Berichte aus den Sektionen
berg; Melanie Bredereck, Universität Heidelberg; Dr. Simone Hess, PH
Ludwigsburg); 3) Dialogische und sprachliche Entwicklung (Martin Viehauser, Universität Fribourg; Dörte Utecht, Universität Hamburg; Margarete
Lamparter-Posselt, PH Ludwigsburg); 4) Im Dreieck Eltern-Kind-Erzieherin
(Diana Wenzel, Universität Bremen; Dr. Dörte Weltzien, FH Koblenz; Julia
Roth, PH Heidelberg); 5) Stichwort Chancengleichheit (Kaspar Burger, Universität Fribourg; Natascha Koff, Universität Bremen); 6) Interdisziplinäre
Frühförderung (Dr. Sascha Bischoff, PH Heidelberg; Christiane Bischoff,
PH Heidelberg); 7) Frühe Kindheit und Migration (Dr. Doris Edelmann, Fribourg; Jens Kratzmann, Universität Bamberg); 8) Pädagogische Qualität (Dr.
Vanessa Reinwand, Universität Fribourg; Wilfried Smidt, Universität Bamberg).
Die dargebotene Projektvielfalt zeugte von pädagogischen, sonderpädagogischen, soziologischen und bildungsphilosophischen Zugängen zu Fragen
der frühen Kindheit. Angesichts dieser Heterogenität wurde die Suche nach
einer gemeinsamen Sprache und Begriffsdefinition in der Disziplin Pädagogik der frühen Kindheit als Herausforderung und Notwendigkeit diskutiert.
Eine kritische Diskussion entzündete sich weiter um den Begriff der Kompetenzförderung als inhärent defizitorientiert im Vergleich zum Begriff der
Kompetenzentwicklung. Dabei wurde als wesentliches Moment von Kompetenzentwicklung das Aushalten von Ambivalenzen und Unsicherheiten herausgestellt.
Inhalte und Ergebnisse der Nachwuchstagung werden in einem Dokument zusammengefasst und auf der Kommissions-Homepage zur Verfügung
gestellt (http://www.pdfk.de). Eine Buchveröffentlichung ist geplant.
Vorstand
Die Mitglieder des Vorstands wurden im Rahmen der Mitgliederversammlung während des DGfE-Kongresses in Dresden im März 2008 gewählt.
Wiedergewählt wurden Prof. Dr. Susanne Viernickel, Berlin (neue Vorstandssprecherin) und Prof. Dr. Hilmar Hoffmann, Düsseldorf (Finanzen).
Als Nachfolgerinnen der beiden zurücktretenden Mitglieder Prof. Dr. HansGünther Roßbach (Sprecher) und Dr. Susanna Roux (Finanzen) wurden Prof.
Dr. Anke König, Vechta, und Dr. Doris Edelmann, Fribourg, gewählt (Kontaktinformationen auf der neuen Homepage).
Mit der Konzeption einer eigenständigen Homepage für die Kommission
Pädagogik der frühen Kindheit sollen die bisherigen Kommunikationsmöglichkeiten ergänzt und die Arbeit der Kommission einem breiteren Fachpublikum geöffnet werden. Die Kommission ist jetzt unter den Adressen
<http://www.pdfk.de> oder <http://www.paedagogikderfruehenkindheit.de>
im Internet vertreten.
121
Berichte aus den Sektionen
Aktivitäten
Die Kommission ist im Austausch mit der Robert-Bosch-Stiftung, die neben
ihrem Programm PiK – Profis in Kitas zur Professionalisierung frühpädagogischer Fachkräfte auch ein Programm für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Frühpädagogik auflegen wird. Eine gemeinsame Tagung Kinder unter drei Jahren in Tagesbetreuung, die nationale
und internationale Forschungsaktivitäten und -ergebnisse zu dieser Thematik
versammeln soll, ist in Planung.
Susanne Viernickel
122
Berichte aus den Sektionen
Sektion 9: Erwachsenenbildung
Tagungen
Professionalität zwischen Praxis, Politik und Disziplin. Jahrestagung der
Sektion Erwachsenenbildung an der Freien Universität Berlin, 25. bis 27. 09.
2008. Professionelles Handeln in der Erwachsenenbildung steht seit dem Ende der 1960er Jahre im Mittelpunkt bildungspraktischer, bildungspolitischer
und bildungswissenschaftlicher Problemstellungen. In den 1970er Jahren war
mit dem Thema Professionalität vor allem die Frage nach Verberuflichung
und Hauptberuflichkeit in den Einrichtungen der Erwachsenenbildung verbunden. Ziel war die Qualitätssicherung des Programmangebots und die Verbesserung des Systematisierungsgrades der Erwachsenenbildung durch Verberuflichung. Heute wird erwachsenenbildnerisches Handeln in Praxis und
Politik unter dem Aspekt der Professionalität diskutiert. Angestoßen u.a.
durch Initiativen wie den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) stehen
Kompetenzstandards von Erwachsenenbildnern und die Bilanzierung sowie
Zertifizierung ihrer oft informell erworbenen Kompetenzen im Mittelpunkt
der bildungspolitischen Diskussion. Qualität soll nicht mehr (allein) über Beruflichkeit und einen zunehmenden Grad an Systematisierung gesichert werden, sondern über neue Formen der Standardisierung professionellen Handelns: Zertifizierte individuelle Kompetenzen der pädagogischen Akteure
sollen die Qualität der Bildungsangebote sichern helfen. Zugleich stellen
neue Lehr- und Lernkulturen Anforderungen an professionelles Handeln, die
den Aspekt pädagogischer Beratung in den Vordergrund stellen.
Das Thema der Tagung wurde mit einem Vortrag von Prof. Dr. Rudolf
Stichweh, Soziologe und Rektor der Universität Luzern, zum Thema Professionalität und epistemische Communities. Gegenwart und Zukunft der Professionen in der Wissensgesellschaft eingeleitet. Darin begründete er seine
These, dass im 20. und 21. Jahrhundert die Globalisierung, der Aufstieg von
Organisations- und Qualitätsmanagement, die Entgrenzung der Produktion
wissenschaftlichen Wissens sowie die Entstehung neuer beruflicher Systeme,
wie z.B. der Sozialarbeit, eine Heterogenisierung der Professionen nach sich
zieht. In den fünf Arbeitsgruppen der Tagung wurde der aktuelle Forschungsstand zu den Professionellen (AG 1), zur pädagogischen Professionalität im
Kontext von Organisationen (AG 2), zur Professionalisierung (AG 3), zu
Kompetenzstandards und Zertifizierung (AG 4) sowie zur Professionstheorie
(AG 5) vorgestellt und diskutiert. Das Tagungsprogramm findet sich auf der
Homepage der Sektion, <http://steam.human.uni-potsdam.de/sektion-eb/tagungen.html>.
123
Berichte aus den Sektionen
Vorstand
Auf der Mitgliederversammlung der Sektion Erwachsenenbildung am 27. 09.
2008 im Anschluss an die Jahrestagung an der FU Berlin wurde der Vorstand
turnusgemäß neu gewählt. Der Vorsitzende Prof. Dr. Joachim Ludwig (Universität Potsdam) und die stellvertretende Vorsitzende Prof. Dr. Christiane
Hof (Universität Flensburg) wurden wiedergewählt. Prof. Dr. Christine Zeuner (Universität Hamburg) legte nach vier Jahren Vorsitz und zwei Jahren
Stellvertreterin ihr Amt nieder. Ihr folgt als stellvertretender Vorsitzender
Prof. Dr. Burkhard Schäffer (Universität der Bundeswehr München). Erfreulich ist der Mitgliederzuwachs in der Sektion, die inzwischen mehr als 300
Mitglieder zählt. Insbesondere die Nachwuchsgeneration ist – auch bei der
Tagung – stark vertreten.
Aktivitäten
Vernetzung der Forschungsaktivitäten in der Sektion Erwachsenenbildung –
Im Vorfeld der Jahrestagung 2008 veranstaltete die Sektion Erwachsenenbildung zwei Workshops zur Forschungsvernetzung in den Forschungsbereichen
Alphabetisierung sowie Wandel in den Weiterbildungseinrichtungen. Ziel der
Workshops war es, aktuelle Forschungsprojekte in diesen Forschungsfeldern
miteinander zu vernetzen und gemeinsame Berührungspunkte zu identifizieren. Das Netzwerk Alphabetisierung vernetzt die Forschungsprojekte aus
dem laufenden BMBF-Programm und trifft sich erneut im April 2009. Das
Netzwerk Weiterbildungseinrichtungen arbeitet ebenfalls weiter zusammen
und bereitet den Antrag für eine DFG-Forschergruppe vor.
Zum Ende der Tagung wurde die fertiggestellte Forschungslandkarte
Erwachsenenbildung/ Weiterbildung vorgestellt, ein Kooperationsprojekt der
Sektion mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE; vgl. in
diesem Heft unter Notizen aus der Forschung). Die Datenbank umfasst ca.
70% der aktuellen Forschungsprojekte im Bereich Erwachsenenbildung/
Weiterbildung und gliedert sich entsprechend dem Forschungsmemorandum
<http://www.die-bonn.de/oear/forschungsmemorandum/forschungsmemorandum.htm> in fünf Forschungsbereiche. Forschungsprojekte können dort ab
sofort online eingegeben und aktualisiert werden, <http://www.forschungslandkarte.info>. Die Auswertung der Forschungsprojekte ermöglicht unter
dem Gesichtspunkt der Wissenschaftsforschung erstmalig ein genaueres Bild
der Forschungsstrukturen im Bereich Erwachsenenbildung/ Weiterbildung. In
forschungspraktischer Perspektive unterstützt die Forschungslandkarte die
Vernetzung von Forschungsprojekten und das wechselseitige Anknüpfen an
Theorien und Forschungsergebnisse.
124
Berichte aus den Sektionen
Sektion 13: Differentielle Erziehungs- und
Bildungsforschung
Vorstand
Im Rahmen des Kongresses der DGfE in Dresden wurde der bisherige Vorstand der Sektion Differenzielle Erziehungs- und Bildungsforschung einstimmig bestätigt. Das Sprechergremium besteht daher weiterhin aus: 1.
Sprecherin Prof. Dr. Margret Dörr (Saarbrücken), 2. Sprecher Prof. Dr. Günther Holzapfel (Bremen), Kassenführung Dr. Volker Fröhlich (Würzburg).
Kommission Psychoanalytische Pädagogik
Tagungen
Aufwachsen im Widerspruch – das Unbehagen an der Kultur, neu betrachtet.
Ende September 2007 fand eine Kommissionstagung zu diesem Thema statt.
Organisiert wurde sie, gemeinsam mit dem Vorstand, von unserem Kollegen
Prof. Dr. Josef Christian Aigner (Institut für Erziehungswissenschaften der
Universität Innsbruck). Fachpolitisch war sie darauf ausgerichtet, einen konstruktiven Austausch zwischen Psychoanalytischer Pädagogik und Vertreter/innen der psychoanalytischen Kultur- und Gesellschaftsanalyse anzuregen, den Blick über eine individuumszentrierte Ebene einer Anwendung der
Psychoanalyse in der Psychoanalytischen Pädagogik hinaus zu weiten. Gemeinsamer Ausgangspunkt waren die in der Freud’schen Schrift Das Unbehagen in der Kultur enthaltenen Thesen zur Kultur- und Gesellschaftsentwicklung, die in ihrer Kritik an Technikentwicklung, Rastlosigkeit, Verleugnung von Sterben und Tod, rücksichtsloser Ausbeutung der Natur (und deren
Rückschlägen in Form von Katastrophen) auch derzeit von hoher Aktualität
sind. Standen aber zu Freuds Zeiten angstmachende Triebunterdrückung und
die daraus folgenden Aggressionen und Schuldgefühle im Mittelpunkt, so
muss die Analyse der heutigen Kultur neue Zumutungen und Belastungen der
Subjekte – von Kindheit an über den Prozess des Heranwachsens bis zum
Alter – feststellen: Grenzenlose Mobilität, Individualismus, Erfolgsdruck und
Pluralisierung der Lebensentwürfe sind nur einige Faktoren der Verunsicherung, die heutige Subjektwerdungsprozesse kennzeichnen. Entsprechend war
die zentrale Leitidee der Tagung, sich der Notwendigkeit differenzierter gesellschaftstheoretischer Analysen und ihrer Schlussfolgerungen auf das Verhältnis von Triebentwicklung und Kulturentwicklung zu stellen und den Bei125
Berichte aus den Sektionen
trag der Psychoanalytischen Pädagogik u.a. zur Frage der bewussten und vor
allem der unbewussten Verarbeitung dieser Belastungen auszuleuchten.
Zum sehr guten Gelingen dieser Tagung in einer ausgesprochen konstruktiven Arbeitsatmosphäre sicherlich beigetragen hat der wunderbare Tagungsort der Innsbrucker Universität in Obergurgl (Osttirol). So konnten die
engagierten Diskussionen über das Unbehagen in der Kultur ergänzt werden
um eine Wanderung in der imposanten, frisch verschneiten hochalpinen
Landschaft, die wir unter fachgerechter Bergführung unternahmen, sowie
durch das Behagen des abendlichen Plausches im Kaminzimmer des Tagungshauses.
Wie wird Erinnerung rekonstruiert? Gemeinsame Tagung des Forums Psychoanalytische Pädagogik und Erziehungswissenschaftliche Biographieforschung (organisiert von Prof. Dr. Heide von Felden und Prof. Dr. Regina
Klein), 26. bis 27. 10. 2007 in Mainz, zum Thema ist erneut sehr erfolgreich
verlaufen. Im Zentrum standen methodische und methodologische Zugänge
zu (Re-)Konstruktionen von Erinnerungen. Thematisiert und diskutiert wurden die methodischen Regeln und erkenntnistheoretisch verankerten Verfahren, die in den unterschiedlichen fachspezifischen Traditionen jeweils genutzt
werden, um Erkenntnisse zu gewinnen. Aus jüngeren Forschungsprojekten
wurden die jeweils eingenommenen methodischen und methodologischen
Standpunkte dargelegt, die Kontroversen diskutiert sowie spezifische Zugänge geklärt zu der Frage: Wie werden warum welche Erkenntnisse (re-)konstruiert? Dabei wurde u.a. der Umstand hervorgehoben, dass die (Re-)Konstruktion von Lebens- und Bildungsgeschichten mit einer je spezifischen Forschungsgeschichte verwoben ist: Von der Entwicklung einer Forschungsfrage, über die Wahl der Methode, die Form der Gesprächsführung oder die
teilnehmende bzw. teilhabende Beobachtung bis hin zur Auswertung und
Interpretation des Datenmaterials beginnt ein produktives Wechselspiel zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt, das mit der Darstellung des
Erkenntnisgewinns seinen vorläufigen Abschluss findet. Besonders hervorzuheben ist, dass vor allem junge NachwuchswissenschaftlerInnen aus beiden
Kommissionen sich durch die Darstellung ihrer Forschungsprojekte engagiert
an dieser Tagung beteiligt haben. Aufgrund dieser wiederholt positiven Erfahrungen mit einem fruchtbaren Wissens- und Erfahrungsaustausch sind
weitere gemeinsame Aktivitäten geplant. Angedacht ist eine nächste Tagung
des Forums Psychoanalytische Pädagogik und Erziehungswissenschaftliche
Biographieforschung für 2009 in Kärnten (Feldkirchen; Organisation: Regina
Klein).
126
Berichte aus den Sektionen
Die im Rahmen des DGfE-Kongresses in Dresden durchgeführten drei Arbeitsgruppen unserer Kommission stießen auf eine beachtliche Resonanz.
Sowohl das jeweils große Teilnehmerinteresse als auch die anregenden Diskussionen im Anschluss an die jeweiligen Vorträge sprechen dafür, dass mit
den unterschiedlichen Themen aus dem Wissenschafts- und Forschungsbereich der Psychoanalytischen Pädagogik wichtige Beiträge zum KongressThema Kulturen der Bildung geleistet wurden: In der ersten Arbeitsgruppe
Kleinkinderziehung in Kinderkrippen: Annäherungen an frühe Beziehungsund Bildungsprozesse, die von Prof. Dr. Wilfried Datler (Wien) organisiert
und durchgeführt wurde, stand die bisher noch zu unsystematisch stattfindende Auseinandersetzung mit dem pädagogischen Auftrag von Kinderkrippen
und der Einhaltung entsprechender Qualitätskriterien im Vordergrund. Unter
der Fokussierung, welche Alltagserfahrungen Kleinkinder in Krippen machen, in welcher Weise diese Alltagserfahrungen die kindliche Entwicklung
beeinflussen und welche Bildungsspielräume dadurch eröffnet (oder aber
auch eingeengt) werden, wurden einige Ergebnisse jüngerer Studien vorgestellt, in denen aus bildungswissenschaftlicher Perspektive Alltagserfahrungen von Kindern in Kinderkrippen untersucht wurden. Dabei galt die Aufmerksamkeit dem Belastungserleben von Kindern in Trennungssituationen
sowie der Bedeutung des Verhaltens der Krippenpädagoginnen und -pädagogen (Prof. Dr. Lieselotte Ahnert, Köln/Berlin), ferner dem Stellenwert allgemeiner Qualitätskriterien von Krippen und der Entwicklung der Teilnahme
von Kleinkindern an Beziehungs- und Bildungsangeboten (Mag. Michael
Wininger, Wien/ Dr. Margit Datler, Wien/ Mag. Kathrin Fleischmann Wien)
sowie den vorliegenden Erfahrungen mit der Integration/ Inklusion behinderter Kleinkinder in Kinderkrippen (Prof. Dr. Manfred Gerspach, Frankfurt a.
Main). Quer dazu wurden die forschungsmethodische Relevanz unterschiedlicher Ansätze der empirisch-quantitativen Forschung (inkl. der Erhebung
physiologischer Parameter), der psychoanalytisch-pädagogischen Kasuistik
und des Ratens von videographierten Interaktionen (Dr. Katharina ErekyStevens, Oxford/ Mag. Nina Hover-Reisner, Wien) diskutiert. Die anregende
Debatte im Plenum erhielt durch die interessanten Beiträge der DiskutantInnen Prof. Dr. Ursula Stenger (Düsseldorf) sowie Prof. Dr. Josef Aigner
(Innsbruck) zusätzliche Unterstützung.
In der zweiten Arbeitsgruppe, die gemeinsam mit der Sektion Sonderpädagogik von Birgit Herz (Hamburg) und Margret Dörr (Saarbrücken) zum
Thema ‚Unkulturen‘ in Bildung und Erziehung organisiert war, stand die demokratische Bildungs- und Erziehungskultur auf dem Prüfstand. Ausgangspunkt war die These, dass Anerkennung, Partizipation, Dialog und die Achtung der Kinder- und Menschenrechtskonventionen derzeit in der pädagogischen Praxis zurückgedrängt werden und sozialtechnologische Straf-‚Päda127
Berichte aus den Sektionen
gogiken‘ sowie das ‚Lob der Disziplin‘ den ordnungspolitischen Mainstream
bedienen. Durch die in dieser Arbeitsgruppe initiierte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den sich in schulischen und außerschulischen Einrichtungen eher verdeckt etablierenden Disziplinartechniken wurde ein konstruktives Forum bereitgestellt, das das Spannungsverhältnis zwischen differenten
Kulturen in der Pädagogik kritisch zu reflektieren erlaubte. Diskutiert wurden
sowohl Problemstellungen zu Kulturen und Unkulturen des ‚Grenzensetzens‘
in der Pädagogik (Prof. Dr. Rolf Göppel, Heidelberg), zu Funktionalisierenden Tendenzen im Umgang mit herausfordernden Lehr- und Lernsituationen
(PD Dr. Joachim Bröcher, Köln) als auch die Frage Rückkehr zur schwarzen
Pädagogik? – Von Super-Nannys und anderen Erziehungsnotständen (Dr.
Elisabeth von Stechow, Gießen). Die engagierte Diskussionsbeteiligung der
AG-TeilnehmerInnen kann als Ausweis dafür gelesen werden, dass es den
Organisatorinnen gelungen war, ein brisantes und kontrovers zu diskutierendes Thema in der Bildungs- und Erziehungswissenschaft zur Debatte zu stellen. In der Zwischenzeit wurden die Organisatorinnen vom VS-Verlag für
Sozialwissenschaften eingeladen, zu diesem Thema einen eigenen Band herauszugeben.
Die dritte Arbeitsgruppe zum Thema Bildungsstandards = Kulturstandards? – Zur Wechselwirkung zwischen Subjekt- und Kulturbildung, wurde
von Prof. Dr. Regina Klein und Prof. Dr. Susanne Dungs (Feldkirchen) vorbereitet und durchgeführt. Auf der Reflexionsfolie, dass Standardisierung die
neue semantische Zauberformel bildet, mit der über zielscharfe Bedarfssteuerung die entgrenzte, risikobehaftete postmoderne Lage des Subjekts und seines kulturellen Raums eingrenzend und risikosteuernd nachhaltig zu meistern
versucht wird, richtete sich der Fokus der Arbeitsgruppe auf eine mehrperspektivische Bedeutungs- und Wirkungsanalyse der aktuellen Standardisierungsformen für Lebenswelten und alltägliche Lebensführung. Dabei stand
das dialektische, relationale, prozessuale Wechselspiel zwischen Bildungsund Kulturstandards, zwischen Subjekt- und Kulturbildung im Vordergrund,
womit zugleich eine zentrale (sozial)pädagogische Herausforderung umschrieben wurde: Wie lässt sich das für Initiierung und Begleitung von
(Selbst- und Welt-)Bildungsprozessen zentrale Verhältnis von Subjekt und
Kultur, Individuum und Gesellschaft in reflexiver Weise bestimmen? Produktiv eingeleitet wurden die Auseinanderzusetzungen durch die Themen
folgender Referate: Standard und Risiko – Subjekte im Zwang zur Selbstabrichtung (Prof. Dr. Michael Winkler, Jena); Zur prekären Reflexivität von
Bildungs- und Kulturpraxen (Prof. Dr. Regina Klein, Feldkirchen) sowie Zur
habituellen Körperbildung und -formung (Dr. Ute Karl, Hildesheim). Die
lebhafte Diskussion im Plenum wurde inhaltlich angereichert durch die Diskutanten Prof. Dr. Susanne Dungs (Feldkirchen), Prof. Dr. Hans Thiersch
128
Berichte aus den Sektionen
(Tübingen), Prof. Dr. Barbara Friebertshäuser (Frankfurt a. M.) sowie Dr. Dr.
Achim Würker (Darmstadt).
Schuld und Schuldgefühle – Unter diesem Titel fand vom 11. bis zum 13. 09.
2008 die Herbsttagung unserer Kommission Psychoanalytische Pädagogik in
Berlin statt. Diese wurde von Prof. Dr. Jürgen Körner und Prof. Dr. Burkhard
Müller (Berlin) in Kooperation mit der DENKZEIT-Gesellschaft e.V. (Berlin)
erfolgreich organisiert und durch eine konsequente Interdisziplinarität bei der
Beitragsauswahl äußerst gewinnbringend für die TeilnehmerInnen durchgeführt. Die Wahl der Thematik war durch den Sachverhalt (mit) angetrieben,
dass die Psychoanalyse sich herkömmlich zwar mit Fragen nach Schuldgefühlen befasst, aber weniger mit realer Schuld. Demgegenüber neigt die Pädagogik allzu oft dazu, die Problematik von Schuld und Schuldgefühlen
möglichst von sich fern zu halten, obgleich sie in vielen ihrer Ernstfälle unvermeidlich damit konfrontiert wird. Dagegen wissen die Theologie, die Juristik, die politische und historische Reflexion zwar von Schuld zu reden,
aber beantworten nicht die pädagogisch zentralen Fragen: Was verstehen wir
darunter, wenn wir fordern, unser Gegenüber müsse seine Schuld ‚durcharbeiten‘, oder wenn wir von ‚Wiedergutmachung‘ sprechen? Welche Rolle
spielen wir selbst dabei, inwieweit sind wir in das Schicksal unseres Gegenübers verstrickt? Insofern fokussierte die Veranstaltung vor allem unterschiedliche professionelle Kontexte, ohne den allgemeinen ethischen und politischen Horizont zu vernachlässigen. So ist es den Mitwirkenden auf dieser
Tagung gelungen, einen inhaltlich gehaltvollen interdisziplinären DialogRaum zu eröffnen, der in Form von anregenden Plenarvorträgen sowie diskussionsfreudigen Arbeitsgruppen produktiv genutzt wurde.
Die Mitgliederversammlungen im Herbst 2007 in Obergurgl und 2008 in
Berlin haben sich neben organisatorischen Fragen jeweils mit der Planung
weiterer Tagungen befasst (siehe Tagungskalender). Zudem gibt es bereits
erste Überlegungen zu einer Herbsttagung 2010. Angedacht ist eine Tagung
(organisiert von Prof. Dr. Barbara Rendtorff) gemeinsam mit der Sektion
Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft, um das
Thema der Geschlechteraspekte in der Theorie der Psychoanalytischen Pädagogik (selbst)kritisch zu vertiefen. Eine Fokussierung der Thematik ist in
Vorbereitung.
Vorstand
Aus zeitlichen und organisatorischen Gründen hat sich – im Einvernehmen
mit der Mitgliederversammlung am 12.09.2008 in Berlin – die Neuwahl der
SprecherInnen der Kommission auf die kommende Frühjahrstagung in
Würzburg vertagt.
129
Berichte aus den Sektionen
Veröffentlichungen
–
–
–
Dörr, M./Felden, v. H./Marotzki, W. (Hrsg.) (2008.): Zugänge zu Erinnerungen. Psychoanalytische und biographietheoretische Perspektiven und
ihre theoretischen Rückbindungen. In: ZBBS 2008, Schwerpunktheft 1
und 2.
Dörr, M./Aigner, J. Ch. (Hrsg.) (2009): Das neue Unbehagen in der Kultur und seine Folgen für die Psychoanalytische Pädagogik. Göttingen (im
Druck).
Dörr, M./Herz, B. (Hrsg.) (2009): (Un)Kulturen in Bildung und Erziehung. Wiesbaden (in Vorbereitung).
Margret Dörr
Kommission Pädagogik und Humanistische Psychologie
Tagungen
Die Jahrestagung der Kommission fand vom 6. bis 8. 6. 2008 in Germerode
zum Thema Biographische Entwicklung und transformatives Lernen statt.
Das Thema wurde multiperspektivisch reflektiert. Die einzelnen Perspektiven
nahmen ihre Ausgangspunkte jeweils durch Impulsbeiträge von: Volker
Buddrus zur Integralen Bildung; Heinrich Dauber zu ersten Ergebnissen einer salutogenetisch orientierten Untersuchung des LehrerInnenhandelns;
Andrea Felbinger zur Kohärenzorientierten Lernkultur als Unterstützung
biografischer Transformationsprozesse; Hartmut-W. Frech über den Fortgang einer Studie zum Thema Management und Spiritualität; Regina Mikula
zur Biografie als Ort des Lernens und Horst F. Stuckenberg zu Erkenntnissen
der Hirn- und Meditationsforschung nach Ulrich Ott. In ihren Gastvorträgen
referierten: Florian von Rosenberg zur Verbindung von Bildungsphilosophie
und Bildungsforschung und der damit verbundenen Intention, biographische
Bildungsprozesse als mehrdimensionale Praxis- oder Sinnkomplexe zu verstehen, und Ivette Voelschow zu (beruflich) biographischen Entwicklungen
und transformativem Lernen durch Selbstreflexion mittels Kollegialer Beratung, Supervision und Coaching in nicht-pädagogischen Berufsfeldern, am
Beispiel der Polizei.
Künftige Tagung der Kommission und Tagung mit Beteiligung von Kommissionsmitgliedern:
15.–17. Mai 2009: Jahrestagung der Kommission mit dem Titel Zugänge zur
Stärkung der Person bei Lehrenden und Lernenden.
130
Berichte aus den Sektionen
24.–26. Juli 2009, Universität Freiburg: Gesellschaftliche Verantwortung und
Spiritualität.
Vorstand
Auf der Jahrestagung wurden Vorstandswahlen durchgeführt, die den bisherigen Vorstand der Kommission für weitere zwei Jahre bestätigten: Sprecherin der Kommission ist PD Dr. Telse A. Iwers-Stelljes ([email protected]). Weitere Vorstandsmitglieder sind Prof. Dr. Günther Holzapfel
([email protected]), Prof. Dr. Ilse Bürmann ([email protected])
und Dr. Nils Altner ([email protected]).
Veröffentlichungen
–
–
–
–
Bohnsack, F. (2008): Martin Bubers personale Pädagogik. Schriftenreihe
zur Humanistischen Pädagogik und Psychologie. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Bohnsack, F. (2008): Schule – Verlust oder Stärkung der Person? Bad
Heilbrunn: Klinkhardt.
Dauber, H. (2009) (2. Aufl.): Grundlagen der Humanistischen Pädagogik. Schriftenreihe zur Humanistischen Pädagogik und Psychologie. Bad
Heilbrunn: Klinkhardt.
Iwers-Stelljes, T. A. (2008): Gelassen und handlungsfähig. Das Qualifizierungsmodul Integrative Introvisionsberatung (QUIB) zum Erwerb von
Selbst- und Sozialkompetenz im Pädagogikstudium. Schriftenreihe zur
Humanistischen Pädagogik und Psychologie. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Von Telse A. Iwers-Stelljes wurde ebenfalls Heft 4/2008 der Zeitschrift für
Gruppendynamik und Organisationsberatung unter dem Titel Beratung und
Begleitung: Kreative Zugänge der Humanistischen Pädagogik und Psychologie mit Beiträgen von Mitgliedern der Kommission ediert.
–
Sobecki, M. (2008): Janusz Korczak neu entdeckt. Pädologe und Erziehungsreformer. Schriftenreihe zur Humanistischen Pädagogik und Psychologie. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Beiträge von Kommissionsmitgliedern zu dem in im Juli 2007 an der Universität Freiburg durchgeführten Kongress Wissenschaft und Spiritualität – Neue
Perspektiven für die Erziehung finden sich in dem Kongressband:
–
Hüther, G./Roth, W./von Brück, M. (Hrsg.) (2008): Damit das Denken
Sinn bekommt. Freiburg: Herder.
131
Berichte aus den Sektionen
Preisverleihung. Heinrich Dauber hat gemeinsam mit Dorit Bosse und Elke
Döring-Seipel für die Entwicklung und Erprobung eines 1,5-tägigen Seminarmodells Psychosoziale Basiskompetenzen im Lehrberuf den 1. Preis des
Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Exzellenz in der Lehre
erhalten. Dieser wurde in einem Staatsakt am 19. Dezember 2008 überreicht.
Das Seminarmodell dient zur subjektiven Überprüfung der Berufsmotivation
und sozialen Handlungskompetenz der Lehramtsstudierenden im ersten Studienjahr. Ziel des Seminars ist es, verhaltensorientierte Lern- und Erfahrungsräume zu eröffnen, in denen Aspekte psychosozialer Kernkompetenzen
geübt werden können und nicht schon im Sinne eines Assessment-Verfahrens
überprüfend festgestellt werden. Dabei erhalten die Studierenden, ergänzend
zur Selbsteinschätzung, von Kommilitonen wie professionellen Beratern ein
differenziertes Feedback. Ab dem Wintersemester 2008/09 durchlaufen alle
Lehramtsstudierenden der Universität Kassel dieses Seminar im Rahmen der
Einführungsmodule.
Telse Iwers-Stelljes
132
NOTIZEN AUS DER FORSCHUNG
Berlin
SFB Repräsentation sozialer Ordnungen im Wandel – Interkulturelle und intertemporale Vergleiche geht in die zweite Förderperiode
Der im Jahre 2004 an der Humboldt-Universität zu Berlin eingerichtete Sonderforschungsbereich (SFB 640) wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft nach eingehender Evaluation für eine zweite vierjährige Förderperiode verlängert. Dieser SFB ist dezidiert interdisziplinär und komparativ
angelegt. An ihm sind neben bekannten Vertretern der Geschichts-, Afrika-,
Zentralasien- und Orientwissenschaft auch die Europäische Ethnologie und
die Vergleichende Erziehungswissenschaft beteiligt.
Leitendes Thema des SFB sind die Interrelationen zwischen Repräsentationen (d.h. Symbolen, Deutungsmustern, gesellschaftsweit akzeptierten Vorstellungen, Mythen oder Bildern, die soziale Wirklichkeit nicht nur darstellen, sondern auch herstellen) und sozialen Ordnungen (Systemen, gesellschaftlichen Entwürfen oder historisch-kulturellen Gesamtkonfigurationen).
Beide Bezugspole sollen vorzugsweise in Prozessen des Wandels, der Umgestaltung bzw. des revolutionären Umsturzes und entsprechender Umdefinitionen erforscht werden. Die Besonderheit des SFB ist es zudem, dieses theoretische Thema in unterschiedlich geschnittenen Vergleichen – intertemporalen, innereuropäischen sowie europäisch-außereuropäischen Vergleichen – zu
bearbeiten. Besonderes Gewicht kommt dabei den Vergleichseinheiten Asien
(hier insbesondere Indien, Japan, Zentralasien, Mongolei, Malaysia und Mittlerer Osten), Afrika (südlich der Sahara) und Lateinamerika (insbesondere
Argentinien und Mexiko) zu. Die beiden erziehungswissenschaftlichen Teilprojekte beziehen sich auf:
(1) Konstruktion sozialer Deutungsmuster aus dem Geist nationaler Selbstbestimmung: Beruf und Bildung im peronistischen Argentinien und in der indischen Unabhängigkeitsbewegung, geleitet von Prof. Dr. Jürgen Schriewer
Ziel des Projekts ist die vergleichend-historische Untersuchung jener semantischen Formeln, Deutungsmuster oder gesellschaftsweit geltenden Repräsentationen von ‚Arbeit‘, ‚Beruf‘ und ‚Beruflichkeit‘, welche den Aufbau unterschiedlicher Strukturen beruflicher Ausbildung maßgeblich befördert, erschwert oder gar behindert haben. Dabei macht sich das Projekt Annahmen
133
Notizen aus der Forschung
über theoretisch rekonstruierbare Ordnungsprobleme und daran anknüpfende
Analyseperspektiven zunutze, die aufgrund von Untersuchungen im europäischen Raum gut plausibilisiert sind. Denn diese Untersuchungen haben gezeigt, dass gesellschaftsweit sanktionierte Repräsentationen beruflichen Arbeitsvermögens keineswegs selbstverständlich sind. Solche Repräsentationen
sind vielmehr in hohem Maße kulturspezifisch, in weit zurückreichenden
semantischen Traditionen angelegt und durch kollektive Verarbeitungen von
sozialen und ökonomischen Wandlungsprozessen geprägt. Und sie können in
einschneidender Weise durch verfassungsrechtliche Prinzipien und/oder tiefgreifende Umwälzungen gesellschaftlicher Ordnungen legitimiert bzw. delegitimiert werden. Diese für Westeuropa gut bewährten Annahmen und Analyseperspektiven (Schriewer/Harney 1999) laden dazu ein, als Anregung und
konzeptioneller Bezugspunkt für regional weiter ausgreifende Vergleiche zu
dienen. Im Zentrum der beabsichtigten Projektarbeiten steht mithin der Stellenwert beruflicher Deutungsmuster für den Aufbau, die Ausgestaltung, die
Adaptationsfähigkeit oder auch die weitgehende Informalität beruflicher
Ausbildungsstrukturen in anderen, vom westlichen Europa verschiedenen
zivilisatorischen Räumen. Wie schon in der ersten Förderperiode konzentriert
sich das Projekt dabei auf den Vergleich zwischen einer hispanoamerikanischen (Argentinien) und einer asiatischen Gesellschaft (Indien). Ein solches
Vergleichsarrangement erlaubt zum einen die Rekonstruktion der Herausbildung berufsbezogener Repräsentationen aus ganz unterschiedlichen sozialhistorischen und semantischen Voraussetzungen. Zum anderen erlaubt es die
Analyse der je unterschiedlichen Überformungen, Hybridisierungen oder Verdrängungen autochthoner Deutungstraditionen durch sukzessive Transferprozesse, welche durch koloniale Abhängigkeitsstrukturen ebenso bedingt waren
wie sie dann durch die technologisch-industrielle Expansionsdynamik Europas seit dem 19. Jahrhundert bzw. durch variierende politische Konstellationen des 20. Jahrhunderts inspiriert wurden.
Ungeachtet der Fortführung dieses generellen Untersuchungsdesigns ist
für die zweite Förderperiode die Engführung des Projekts auf andere Zeithorizonte beabsichtigt. Dominierte in der ersten Förderperiode die Langzeitperspektive, welche die Aufnahme und die Transformationen des jeweiligen
Erbes aus vormoderner Zeit ins Zentrum rückte, so sollen in der zweiten Förderperiode für beide Vergleichseinheiten jeweils zeitlich begrenzte, aber einschneidende Umbruchsphasen im Zentrum stehen. Das Vergleichspaar Argentinien und Indien stellt für eine solche Perspektive ein Untersuchungsfeld
von besonderer theoretischer Güte dar. Denn ungeachtet divergierender Entwicklungsprozesse und des daraus resultierenden historischen Erbes durchliefen beide Länder gegen Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend analoge Umbrüche. Diese waren auf nationale Selbstbestimmung und eine umfassende
134
Notizen aus der Forschung
gesellschaftliche Transformation ausgerichtet und gingen mit entsprechenden
wirtschafts- und ausbildungspolitischen Neudefinitionen Hand in Hand. Das
Projekt wird sich daher auf die Umbruchsphasen konzentrieren, die mit dem
argentinischen Peronismus (und hier gleich zweifach: mit seinem Aufstieg
wie seinem Niedergang) bzw. mit dem Kampf um die indische Unabhängigkeit verbunden waren. Untersuchungszeiträume werden also jeweils die Jahrzehnte zwischen den 1930er und den 1960er Jahren sein.
(2) Zeremonielle Pädagogik in radikalen Modernisierungsschüben agrarischer Gesellschaften: Japan, Russland und Mexiko in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts, geleitet von Prof. Dr. Jürgen Schriewer in Kooperation mit
Prof. Dr. Jörg Baberowski, Lehrstuhl für Osteuropageschichte
Der Titel der ‚Zeremoniellen Pädagogik‘ entstammt Arbeiten zur Französischen Revolution (Mona Ozouf, Christian Harten). Der Sache nach verweist
dieser metaphorische Ausdruck auf die mediale Repräsentation von Programmen für die umfassende Neu-Ordnung ganzer Staaten und Gesellschaften, wie sie typischerweise im Zusammenhang mit revolutionären Umbrüchen entworfen und politisch umgesetzt wurden. In seiner zweiten Förderperiode geht das Projekt den Erscheinungsformen zeremonieller Pädagogik im
Rahmen so genannter Revolutionen von oben (Skocpol) bzw. voluntaristisch
ins Werk gesetzter Modernisierungsschübe nach: im Japan der Meiji-Zeit
(1868 bis etwa 1912); in den autokratischen Staatsreformen des zarischen
Russland (1860-1890) und in Mexiko zur Zeit des so genannten Zweiten Liberalismus (1855-1876). In allen drei Vergleichseinheiten verbinden sich mit
dem Einsatz der als zeremonielle Pädagogik bezeichneten Repräsentationsformen spezifische Intentionen. Denn sie sind in Gestalt von öffentlichen
Festen, Architektur und Raumarrangements, kollektiven Ritualen, visuellen
Medien oder choreographischen Inszenierungen darauf angelegt, umfassende
Neuordnungsentwürfe, die kontrafaktisch gegen die hergebrachten gesellschaftlichen Strukturen gerichtet sind, einschließlich der solche Entwürfe
legitimierenden Ideologien oder (Geschichts-) Mythen, breitenwirksam zu
vermitteln und sozialisatorisch zu verankern. Aufgrund solcher Intentionalität
werden im Rahmen dieses Projektes nicht nur die auf soziale Ordnungen
verweisenden (darstellenden) und die soziale Ordnung ihrerseits konstituierenden (herstellenden) Aspekte von Repräsentation angesprochen. Was gleichermaßen im Zentrum der Analysen stehen wird, sind vielmehr auch die solchen Repräsentationen zugeschriebenen Potentiale visueller Beeindruckung,
emotionaler Überwältigung und/oder bewusstseinsformender Ausstrahlung.
In diesem Sinne wird das Projekt vorzugsweise auf den instrumentellen Stellenwert der untersuchten Formen zeremonieller Pädagogik eingehen und ihre
Wirkungsmächtigkeit in Bezug auf Fragen kultureller Homogenisierung, ge135
Notizen aus der Forschung
sellschaftlicher Integration, sozialer Mobilisierung und/oder politischer Systemkonsolidierung analysieren.
Jürgen Schriewer (Humboldt-Universität)
Bonn/Potsdam
Forschungslandkarte Erwachsenen- und Weiterbildung online
Initiiert von der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE und dem Deutschen
Institut für Erwachsenenbildung (DIE) wurden 2007 in einer Umfrage erstmalig an deutschen Hochschulen im Bereich der Sektion Informationen über
Projekte erhoben, in deren Fokus Forschungsfragen zur Erwachsenen- und
Weiterbildung und zum lebensbegleitenden Lernen stehen.
Rund 200 Forschungsarbeiten fanden so Eingang in die Forschungslandkarte Erwachsenen- und Weiterbildung, die die Projekte auf der Website des
DIE online präsentiert (www.forschungslandkarte.info). Die Forschungslandkarte wurde außerdem um rund 120 am DIE angesiedelte Vorhaben ergänzt, sodass erstmals ein umfassender Überblick über den wesentlichen Teil
der Forschungsaktivitäten zum lebensbegleitenden Lernen Erwachsener möglich ist. Die Forschungslandkarte stellt mit ihren Informationen eine wichtige
Grundlage für zukünftige Forschungsprojekte, aber auch für Bildungspraktiker und bildungspolitische Entscheider dar. Ein am Forschungsmemorandum
für die Erwachsenen- und Weiterbildung orientierter Katalog garantiert den
NutzerInnen einen schnellen inhaltlichen Einstieg in aktuelle und abgeschlossene Projekte zu einem Themenbereich. Darüber hinaus ist eine bequeme
Recherche etwa nach Personen, Institutionen oder Stichworten möglich. Bei
differenzierteren Fragestellungen bspw. zu Forschungsverfahren können darüber hinausgehende Datenbankabfragen vom DIE realisiert werden.
Prof. Dr. Joachim Ludwig (Universität Potsdam, Vorsitzender der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE) hat die bisher erhobenen Informationen
ausgewertet. Die ersten Einblicke in die Forschungslandschaft der Erwachsenen- und Weiterbildung zeigen, dass ein deutlicher Schwerpunkt auf dem
Gebiet des Lernens Erwachsener liegt und ein Trend in der Verbindung quantitativer und qualitativer Ansätze bei den Forschungsmethoden erkennbar ist.
Die Forschungslandkarte dient somit nicht nur der Darstellung, sondern auch
der Profilbildung der Erwachsenen- und Weiterbildungswissenschaft.
Aber bei der geschilderten Momentaufnahme soll es nicht bleiben. Die
Sektion Erwachsenenbildung/Weiterbildung der DGfE lädt alle Akteure an
den deutschen, aber auch an den österreichischen und schweizerischen Hochschulen dazu ein, sich aktiv an der Forschungslandkarte zu beteiligen. Ab
136
Notizen aus der Forschung
sofort können Informationen zu Forschungsprojekten von den beteiligten
Personen selbst online ergänzt bzw. neue Vorhaben eingegeben werden. Dazu ist eine einmalige Registrierung beim DIE erforderlich. Entsprechende
Anfragen sollten per E-Mail an [email protected] gerichtet
werden.
Kontakt. Prof. Dr. Joachim Ludwig, E-Mail: [email protected]; Ansprechpartnerin im DIE: Karin Frößinger, E-Mail: [email protected]
Erfurt
Der Unterrichtsbegriff in pädagogischen Nachschlagewerken
Projektleitung/Team: Prof. Dr. M. Lüders, J. Eisenhut
Gefördert durch:
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Laufzeit:
01.01.09-30.06.09
Kurzbeschreibung:
Das Projekt ist im Schnittfeld von systematisch pädagogischer Forschung
und empirischer Wissenschaftsforschung angesiedelt. Es geht der Frage nach,
wie die Schulpädagogik einen ihrer zentralen Begriffe, den Begriff des Unterrichts, seit 1949 bestimmt und nach der Verlagerung nahezu der gesamten
Lehrerbildung an die Universitäten sowie unter dem Einfluss der ‚realistischen Wende’ weiterentwickelt hat. Für die Beantwortung dieser Frage werden Beiträge zum Stichwort Unterricht in pädagogischen Nachschlagewerken
analysiert. Im Zentrum der Analyse stehen Definitionen des Unterrichtsbegriffs und dazugehörige Erklärungseinheiten, die im Hinblick auf Eindeutigkeit, Klarheit und Theoriehaltigkeit untersucht werden sollen. Ziel des Projekts ist es nachzuzeichnen, ob und in welchem Ausmaß es der Schulpädagogik bisher gelungen ist, einen ihrer zentralen Begriffe aus traditionellen, der
Praxis der Lehrerbildung verpflichteten Verwendungsweisen herauszulösen,
im Kontext wissenschaftlicher Forschungen und Theorien zu verankern und
sich dadurch als wissenschaftliche Teildisziplin der Erziehungswissenschaft
zu konstituieren.
Kontakt: Prof. Dr. M. Lüders, Lehrstuhl für Schul- und Grundschulpädagogik, FB Erziehungswissenschaften, Universität Erfurt, Nordhäuser Str. 63,
99089 Erfurt.
137
Notizen aus der Forschung
Hamburg
Männer und Grundschule (MäGs) – Gleichstellung und Diversity
an der Fakultät forschend entwickeln
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland (Leitung), Miriam Redlich (Dipl. Soz.wiss.), Barbara Scholand (M.
A.) (wissenschaftliche Mitarbeiterinnen)
Gefördert durch:
Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und
Bewegungswissenschaft (EPB) der Universität Hamburg
Laufzeit:
Juli 2008 – Juni 2011
Kurzbeschreibung:
Insgesamt ist der Stand der (Geschlechter-) Gleichstellung an der Fakultät
EPB der Universität Hamburg bereits weit entwickelt, auch wenn noch lange
kein paritätischer Anteil bei den Professuren erreicht ist und bei den Promotionen Männer im Verhältnis zu ihrem Anteil an den Studierenden überproportional vertreten sind. Schaut man auf die Gruppe der Studierenden, ist hier
jedoch das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis nur in der Bewegungswissenschaft ausgeglichen. Sowohl in der Erziehungswissenschaft als auch in
der Psychologie ist es jedoch weit von einer 50:50-Verteilung entfernt. Besonders unausgewogen ist das Geschlechterverhältnis im Studiengang Bachelor Primarstufe und Sekundarstufe I mit 88% weiblichen zu lediglich 12%
männlichen Studierenden. Diese Zahlen stehen gesellschaftlichen Entwicklungen und Gleichstellungszielen entgegen: Eine kleine Bewegung ‚neuer’
Väter bzw. männlicher Bezugspersonen engagiert sich zwar seit einigen Jahren vermehrt in Erziehungs- und Betreuungsarbeit – wenn sich dieser Trend
jedoch verstärken soll, dann muss die Arbeit mit Kindern als Bereich erkennbar sein, in dem selbstverständlich Männer tätig sind. Das betrifft vor allem
die Bereiche Kindergarten – für den die universitäre Ausbildung (bisher)
nicht zuständig ist – und Grundschule. Eine Gleichverteilung von Lehrerinnen und Lehrern auf den verschiedenen Ebenen des Bildungssystems würde
den Schülerinnen und Schülern ein Bild von Geschlechtergerechtigkeit vermitteln, das zukünftigen Entwicklungen angemessen ist.
Aus den o.g. Zahlenverhältnissen ergeben sich für das bei der Gleichstellungsstelle der Fakultät angesiedelte Forschungsprojekt Männer und Grundschule – MäGs folgende Fragen und Untersuchungsaufgaben: Weshalb sind
so wenige Studenten in der Grundschulpädagogik und auch in der Psychologie zu finden? Wie ließe sich der Anteil männlicher Studierender erhöhen?
Wie und woran orientieren sich Schüler in ihrer Berufswahl? Welche Erfahrungen machen männliche Studierende im Studium? Wie erleben Lehrer und
138
Notizen aus der Forschung
Psychologen den jeweiligen Einstieg in ihr Berufsleben? Wie lassen sich berufsorientierende Informationen zum Grundschullehramt und zur Psychologie
so verändern, dass sie mehr und unterschiedliche Männer ansprechen? Müsste dabei nicht auch das Bild von dem, was Grundschularbeit bzw. psychologische Tätigkeit ausmacht, korrigiert werden? Was genau kennzeichnet diese
Bilder und entsprechen sie den tatsächlichen beruflichen Tätigkeiten?
Die Beantwortung dieser Fragen soll durch eine dreischrittige empirische
Studie erfolgen, welche die Ausbildungsfelder Schule (Gymnasium und Gesamtschule), Hochschule, die Berufsfelder Grundschule und Psychologie umfasst sowie die vorhandenen Berufsorientierungsangebote untersucht. Methodisch kommen Verfahren der Ethnografie, Gruppendiskussionen und Interviews zum Einsatz. Die theoretische Rahmung liefert das Modell vom sozialen Raum, wie Pierre Bourdieu es entworfen hat; mit den Begriffen ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital, Habitus, Feld, Illusio und Doxa stehen
Werkzeuge bereit, die es ermöglichen, Berufswahl- und -findungsprozesse
unter einer komplexen gesellschaftstheoretischen Perspektive zu analysieren,
welche die Dimensionen von Ungleichheit/ Gleichheit, Heterogenität/ Homogenität zu berücksichtigen und zu erhellen vermag.
Kontakt: Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland, Miriam Redlich, Barbara
Scholand, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft, Universität Hamburg, Von Melle Park 8, 20146 Hamburg, Tel. 040 42838 2157, Fax 040 42838 2112, E-Mail:
[email protected], [email protected], [email protected]
Bildung: Transformation und Tradierung im Zusammenhang von
Individualität und Kollektivität
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Arnd-Michael Nohl (Leitung), Dipl. Päd.
Florian von Rosenberg (Mitarbeiter), Dipl. Päd. Sarah
Thomsen (Mitarbeiterin)
Gefördert durch:
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Laufzeit:
01.10.2008 – 30.09.2010
Kurzbeschreibung:
Bildung kann als Subjektivierung durch die Transformation von Lebensorientierungen verstanden werden. Mit solchen Bildungsprozessen werden tradierte Erfahrungs- und Wissensbestände innerhalb transformierter Lebensorientierungen neu gerahmt. Dabei kommen die impliziten, bislang ungenutzten
Ressourcen vorgängiger Lebenserfahrung zur Entfaltung. Wenngleich sich
139
Notizen aus der Forschung
mit der Transformation von Lebensorientierungen Menschen individuieren,
sind diese Bildungsprozesse doch in kollektive Erfahrungszusammenhänge
eingebettet. Ziel des in der qualitativen Bildungsforschung situierten Forschungsprojektes ist es, außerschulische, informelle Bildungsprozesse empirisch zu rekonstruieren. Dabei ist die Transformation von Lebensorientierungen und die Tradierung von Erfahrungs- bzw. Wissensbeständen in ihrem
Zusammenspiel zu erfassen sowie dem Zusammenhang von Individualität
und Kollektivität Rechnung zu tragen. Dazu werden Bildungsprozesse in narrativen Interviews mit etwa 48 Personen erhoben. Die Auswertung mit der
dokumentarischen Methode zielt primär auf die empirische Identifizierung
und Typisierung der Phasen des Bildungsprozesses, mit denen das Zusammenspiel von Tradierung und Transformation erfasst werden kann. Die Entwicklung von Typiken zu den lebensalter-, geschlechts- und schichtspezifischen Kontexten von Bildungsprozessen wird Aufschluss über die Einbettung
individueller Bildungsprozesse in kollektive Erfahrungszusammenhänge geben. Diese empirischen Analysen werden von theoretischen Reflexionen begleitet, die sich auf die bildungstheoretisch relevanten Arbeiten der praxeologischen Wissenssoziologie, des Pragmatismus, der Kulturtheorie und Kultursoziologie stützen.
Kontakt: Prof. Dr. Arnd-Michael Nohl, Professur für Erziehungswissenschaft, insbesondere systematische Pädagogik, Helmut Schmidt-Universität
Hamburg, PF 700822, 22008 Hamburg, E-Mail: [email protected]
Hildesheim
Forschungsverbund Frühkindliche Bildung und Entwicklung
Niedersachsen
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Peter Cloos, Prof. Dr. Claudia Mähler (Leitung Geschäftstelle), Yvonne Chlechowitz, M.A.,
Jeanette Piekny, M.A.
Gefördert durch:
Wissenschaftsministerium des Landes Niedersachsen
Kurzbeschreibung:
Im Oktober 2008 hat der Forschungsverbund unter Beteiligung von acht Forschungsprojekten aus den Disziplinen Erziehungswissenschaft, Soziale Arbeit und Psychologie mehrerer niedersächsischer Hochschulen (Göttingen,
Hannover, Hildesheim und Lüneburg) seine Arbeit aufgenommen beteiligt.
Das Forschungsfeld der frühkindlichen Bildung und Entwicklung wird im
Verbund durch drei thematische Schwerpunkte abgebildet: Erwerb schuli140
Notizen aus der Forschung
scher Kompetenzen; Profession und Professionalisierung; Heterogenität. Die
Geschäftsstelle des Forschungsverbundes befindet sich an der Stiftungsuniversität Hildesheim.
Kontakt: Geschäftsstelle Forschungsverbund Frühkindliche Bildung und Entwicklung Niedersachsen, Yvonne Chlechowitz, M.A., Jeanette Piekny, M.A.,
Marienburger Platz 22, 31141 Hildesheim. Telefon: 05121-883 427 oder -493,
E-Mail: [email protected]
Heidelberg
Frühkindliche Dialoge und Bildungsprozesse bei Hörgeschädigten
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Ursula Horsch (Leitung), Timo Schulze,
Katrin Fürst, Andrea Scheele, Sarah Werding, Imke
Pichler, Mag. Katarzyna Bagan-Wajda (Polen), Mag.
Marta Sadowska (Polen), Mona Goeser (USA)
Gefördert durch:
Georg & Maria-Dietrich-Stiftung
Laufzeit:
01.10. 2008 – 30.09.2011
Kurzbeschreibung:
Das Forschungsprojekt an der PH Heidelberg evaluiert erstmalig den Zusammenhang zwischen frühen dialogischen Interaktionen und frühen Bildungsprozessen bei hörenden und hörgeschädigten Säuglingen und ihren Eltern. Dabei soll der Wirkfaktor des Neugeborenen-Hörscreenings und damit
die frühe Erfassung durch den Vergleich frühkindlicher Dialoge und Bildungsprozesse der beiden Gruppen (hörend/ hörgeschädigt) identifiziert werden. Die Ergebnisse bilden die Grundlage einer individuellen Elternbegleitung mit dem Ziel, hörgeschädigten Säuglingen und Kleinstkindern entsprechende dialogische Interaktionen und Bildungsprozesse anbieten zu können.
Erstmalig wird dieser Bereich in einer strukturierten wissenschaftlichen Untersuchung evaluiert. Hierzu werden ergänzend zu den bereits vorliegenden
Daten hörender Säuglinge bundesweit Daten in Form von Videoaufzeichnungen früher dialogischer Interaktionen zwischen Eltern und ihrem hörgeschädigten Säugling erhoben und auf der Grundlage computergestützter Analyseverfahren (Mangold–INTERACT) ausgewertet und verglichen. Sie werden im
Hinblick auf definierte Bildungsanlässe und unter einer inhaltlichen Bezugnahme auf Turn-Wechsel und ausgewählte dialogische Elemente diskutiert.
Weitere Testverfahren (Elternfragebogen: EAS, ELFRA; Interviews: FSCI)
schließen sich zur Validierung der Daten an. Ziel ist es, empirische Bildungsfor-
141
Notizen aus der Forschung
schung als Grundlagenforschung für diese frühe Phase zu leisten. Dies gilt
für die Gruppe hörender und hörgeschädigter Kinder.
Kontakt: Prof. Dr. Ursula Horsch, Fak. I – Sonderpädagogik – Hörgeschädigtenpädagogik, Pädagogische Hochschule Heidelberg, Zeppelinstraße 3,
69121 Heidelberg, Telefon: 06221 477-450, E-Mail: [email protected]
Jena/St. Gallen (CH)
Interdisziplinäres Forschungsprojekt: „Zonen des Übergangs.
Dimensionen und Deutungsmuster des Alterns bei jungen, älteren
und alten Menschen“
Projektleitung/Team: Sozialpädagogik: Prof. Dr. Ulrich Otto (FHS St. Gallen); Soziologie: Prof. Dr. Stephan Lessenich, Dr.
Silke van Dyk; Psychologie: Prof. Dr. Klaus Rothermund; psychosoziale Medizin: Prof. Dr. Bernhard
Strauß, Dr. Karena Leppert; Politikwissenschaft: Dr.
Rainer Benthin (alle Friedrich-Schiller-Universität
Jena)
Gefördert durch:
Volkswagenstiftung, Schwerpunktprogramm Individuelle und gesellschaftliche Perspektiven des Alters
Laufzeit:
2008 – 2010
Kurzbeschreibung:
Im Zeichen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft und des Umbaus des
Sozialstaats vollzieht sich eine gesellschaftliche Neuverhandlung des Alters
und der Rolle der Alten. Das gemeinsame interdisziplinäre Projekt – Sozialpädagogik, Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie, psychosoziale Medizin
– kontrastiert die gängigen Vorstellungen eines zweigeteilten, ‚jungen‘ und
‚alten‘ Alters mit den empirisch vorfindbaren Wahrnehmungen und Deutungen von Altersübergängen. In den subjektiven Konstruktionen der Betroffenen sind statt klarer Altersgrenzen Zonen des Übergangs zwischen den
Lebensaltern zu identifizieren. Die Untersuchung von drei Alterskohorten
(unter Einschluss der Babyboomer), die Berücksichtigung des Zusammenspiels verschiedener Dimensionen subjektiven Alterns (u. a. Erwerbsarbeit,
Gesundheit, Soziale Netzwerke, nicht-erwerbsförmige Tätigkeiten, Körper,
Konsum, Resilienz) und die Anwendung eines Mehrmethodendesigns erlauben
es, Erwartungen des Alt-Seins und Erfahrungen des Alt-Werdens systematisch aufeinander zu beziehen.
142
Notizen aus der Forschung
Kontakt: Univ.-Prof. Dr. Ulrich Otto, FHS St. Gallen, FB Soziale Arbeit,
Industriestraße 35, CH-9401 Rorschach, Fon +41 71 8444 822, Fax +41 71
8444 850, E-Mail: [email protected]
Koblenz/Landau
Entwicklung und Evaluation eines Fortbildungskonzepts für Erzieherinnen zur Intensivierung der Erzieherin-Kind-Interaktion
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Dr. Susanna Roux,
Dipl.-Päd. Sarah King, Dipl.-Päd. Astrid Nagel
Gefördert durch:
Landesstiftung Baden-Württemberg
Laufzeit:
01.11 2008 – 31.10.2010
Kurzbeschreibung:
In diesem Projekt geht es um die Entwicklung differenzierter, zielgerichteter
und kindgemäßer Sprachförderkompetenzen von Erzieherinnen im pädagogischen Alltag mit Kleinkindern. Im Rahmen der Fortbildung steht u. a. die
Frage im Mittelpunkt, wie die Qualität der Erzieherin-Kind-Interaktion verbessert werden kann. Verschiedene Sprachförderstrategien, die sich in empirischen Studien hinsichtlich ihrer sprachfördernden Wirkung bewährt haben,
werden hierzu kombiniert. Sie eignen sich sowohl für ein- als auch für mehrsprachige Kinder. Die Basis des Fortbildungskonzeptes bildet der konstruktivistische Ansatz sowohl im Hinblick auf die Fortbildung der Erzieherinnen
als auch auf die Sprachförderung der Kinder. Als didaktische Grundlage
dient ein Stufenmodell, welches von stark strukturierten Sprachfördersituationen ausgeht und die Sprachförderkompetenzen der Erzieherinnen hin zu
völlig freien Sprachsituationen weiter entwickelt. Die Entwicklung des Fortbildungskonzeptes wird zudem formativ evaluiert, u.a. durch Befragungen
und Beobachtungen. Die Wirkungen dieses Ansatzes auf u.a. kindliche
Sprachentwicklungskompetenzen werden darüber hinaus durch eine unabhängige Forschergruppe extern evaluiert.
Kontakt: Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter, Pädagogik der
frühen Kindheit, August-Croissant-Str. 5, 76829 Landau, Tel.: 06341/990135, [email protected]
143
Notizen aus der Forschung
Was wirkt wie? - Evaluation von Sprachfördermaßnahmen
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Dr. Susanna Roux,
Dipl.-Päd. Lisa Schneider, Dipl.-Päd. Andrea Stuck
Gefördert durch:
Ministerium für Bildung; Wissenschaft, Jugend und
Kultur des Landes Rheinland-Pfalz
Laufzeit:
01.11.2008 – 31.10.2011
Kurzbeschreibung:
In Rheinland-Pfalz werden Kinder, die in der deutschen Sprache Förderbedarf haben, in Kindertagesstätten gezielt gefördert durch so genannte Basisbzw. Intensivförderkurse. Ziel der Studie ist es herauszufinden, unter welchen Bedingungen diese Sprachförderung am besten gelingt. Hierzu werden
anhand einer repräsentativ ausgewählten Stichprobe aller vorschulischen
Sprachfördergruppen in Rheinland-Pfalz und unter Kontrolle der Sprachkompetenzen der teilnehmenden Kinder alle diejenigen Fördergruppen identifiziert, in denen die Kinder die größten Sprachentwicklungsfortschritte machen. Daran anschließend wird analysiert, welche Bedingungen der Sprachförderung zu diesem Erfolg beitragen.
Kontakt: Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter, Pädagogik der
frühen Kindheit, August-Croissant-Str. 5, 76829 Landau, Tel.: 06341/990135, E-Mail: [email protected]
Münster
Das Sabbatjahr für Lehrerinnen und Lehrer. Motive, Gestaltung
und Wirkung
Projektleitung:
Gefördert durch:
Laufzeit:
Dr. Martin Rothland
DFG
01.01.2009 – 30.11.2011
Kurzbeschreibung:
In dem Forschungsprojekt werden (1) die personenbezogenen Wirkungen des
Sabbatjahres bei Lehrkräften auf (a) die berufliche Belastungswahrnehmung
und (b) das arbeitsbezogene Verhalten und Erleben (Arbeitsengagement, personales Widerstandspotential/Resilienz und Bewältigungsverhalten) sowie
(c) allgemeine und arbeitsbezogene Emotionen (Berufs- und Lebenszufriedenheit) im Rahmen einer Längsschnittstudie mit drei Erhebungszeitpunkten
unter Anwendung eines standardisierten, kombinierten Fragebogeninventars
144
Notizen aus der Forschung
empirisch überprüft. Neben der empirischen Erfassung der Wirkung des Sabbatjahres für Lehrerinnen und Lehrer ist es Ziel des Forschungsvorhabens,
(2) die Motive der Lehrkräfte, die die Sabbatical-Teilzeitregelungen nutzen,
zu erfassen, (3) Informationen zur Gestaltung der Freistellungsphase zu erheben und (4) den in der bisherigen Diskussion und vereinzelten Forschung
durchweg als kritisch charakterisierten Verlauf des Wiedereinstiegs in den
Beruf aus der Perspektive der Sabbatical-Teilnehmer, und in diesem Zusammenhang die Auswirkungen des Verlusts der Berufsroutine in der Freistellungsphase, zu erfassen. Darüber hinaus sind Zusammenhänge zwischen den
Motiven der Lehrkräfte, der Gestaltung der Freistellungsphase auf der einen
und den berufsbezogenen Wahrnehmungen sowie arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensweisen auf der anderen Seite zu überprüfen.
Kontakt: Dr. Martin Rothland, Westfälische Wilhelms-Universität Münster,
Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung I: Schulpädagogik/Schul- und
Unterrichtsforschung, Bispinghof 5/6, 48143 Münster, Tel.: 0251-8329453,
Fax: 0251-83-29268, E-Mail: [email protected]
Potsdam/Halle
Professionelle Kooperation von unterschiedlichen Berufskulturen
an Ganztagsschulen
Projektleitung/Team: Dr. Karsten Speck (Potsdam), Prof. Dr. Thomas Olk
(Halle), M.A. Michaela Frohberg (Potsdam) (Mitarbeiterin), M.A. Thomas Stimpel (Halle) (Mitarbeiter)
Gefördert durch:
BMBF
Laufzeit:
Jan. 2008 – Dez. 2009
Kurzbeschreibung:
Das Forschungsprojekt will auf der Basis von professions- und kooperationstheoretischen Annahmen in zwei Bundesländern (Brandenburg, SachsenAnhalt) und anhand von zehn qualitativen, schulbezogenen Fallstudien die
Kooperation an Ganztagsschulen untersuchen. Dabei stehen die (professions) spezifischen Kooperationsvorstellungen der Kooperationspartner an Ganztagsschulen, die Merkmale der Kooperationspraxis an Ganztagsschulen, die
Auswirkungen der ganztagsspezifischen Anforderungen auf das berufliche
Selbstverständnis und Handeln der Kooperationspartner sowie der Kooperationserfolg an Ganztagsschulen aus Sicht der Beteiligten im Mittelpunkt des
Interesses. Folgenden Fragen wird dabei nachgegangen: 1) Über welche (professions-) spezifischen Kooperationsvorstellungen verfügen die schulischen
145
Notizen aus der Forschung
sowie die inner- und außerschulischen Kooperationspartner an Ganztagsschulen? 2) Welche Merkmale weist die Kooperationspraxis an Ganztagsschulen
auf? 3) Welche Auswirkungen der ganztagsspezifischen Anforderungen auf
das berufliche Selbstverständnis und Handeln lassen sich bei den verschiedenen Kooperationspartnern rekonstruieren, und wie wird der Kooperationserfolg an Ganztagsschulen aus der subjektiven Sicht verschiedener Kooperationsbeteiligter beurteilt? Aus den Ergebnissen sollen Rückschlüsse für Gelingens- und Misslingensbedingungen von Kooperation an Ganztagsschulen
sowie für die Implementierung, Umsetzung und Weiterentwicklung ganztägiger Angebote gewonnen werden.
Kontakt: Dr. Karsten Speck, Universität Potsdam, Institut für Erziehungswissenschaft, Karl-Liebknecht- Str. 24-25, 14476 Potsdam-Golm, Prof. Dr.
Thomas Olk, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Erziehungswissenschaft, Franckeplatz 1, 06110 Halle/Saale, E-Mail: [email protected]; [email protected]
Potsdam
Kooperation formaler und non-formaler Bildungsinstitutionen im
Ganztag
Projektleitung/Team: Dr. Karsten Speck, Prof. Dr. Wilfried Schubarth, Dr.
Andreas Seidel, M.A. Nico Michalsky (Mitarbeiter)
Gefördert durch:
BMBF
Laufzeit:
April 2008 – Dez. 2009
Kurzbeschreibung:
Das Forschungsprojekt gehört als Teilprojekt zum Verbund Professionelle
Kooperation von unterschiedlichen Berufskulturen an Ganztagsschulen. Mittels
qualitativer Erhebungen werden – exemplarisch im Land Niedersachsen –
folgende Aspekte untersucht: a) die Bildungsvorstellungen und das Bildungsverständnis der am Ganztag Beteiligten, b) die konkrete Entwicklung
und Abstimmung des ganztägigen Bildungsangebots und c) der Bildungserfolg der Kooperation aus Sicht der am Ganztag Beteiligten. Von Bedeutung
ist zum ersten, inwiefern es Schulen und Trägern der Jugendhilfe sowie weiteren Institutionen und Personen im Sozialraum gelingt, auf kommunaler
Ebene ein gemeinsames Ganztagsangebot mit formalen, non-formalen und
informellen Bildungsbestandteilen und -arrangements für und mit Kindern
und Jugendlichen zu planen und umzusetzen. Zum zweiten ist von Interesse,
welche Wechselwirkungen zwischen der Schulqualität einerseits und der Ko146
Notizen aus der Forschung
operation mit anderen Bildungsinstitutionen andererseits existieren. Zum dritten soll untersucht werden, inwiefern eine Kooperation der Ganztagsschulen
mit anderen Bildungsinstitutionen zu einer Schulentwicklung führt. Das Projekt orientiert sich – neben professions- und kooperationstheoretischen Konzepten – an Befunden der Schulforschung zur Autonomie, Qualität und Weiterentwicklung von Schulen sowie Konzepten der Ganztagsbildung und
Kommunaler Bildungslandschaften.
Kontakt: Dr. Karsten Speck, Universität Potsdam, Institut für Erziehungswissenschaft, Karl-Liebknecht-Straße 24-25, 14476 Potsdam-Golm, E-Mail:
[email protected]
Teilhabe und Wertebildung von benachteiligten Jugendlichen in
ländlichen Regionen Brandenburgs
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Wilfried Schubarth, Dr. Karsten Speck, Dr.
Heinz Lynen von Berg (Mitarbeiter)
Gefördert durch:
Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam
Laufzeit:
April 2008 – Dez. 2009
Kurzbeschreibung:
Im Mittelpunkt steht die Untersuchung von Prozessen der Teilhabe und Wertebildung bei benachteiligten Jugendlichen. Mit der Fokussierung auf ländliche Regionen sollen die Besonderheiten des Flächenlandes Brandenburg berücksichtigt werden. Das Forschungsprojekt verfolgt im Einzelnen drei Ziele:
1) Landesweite Bestandsaufnahme: Systematische Erfassung, Aufbereitung
und Veröffentlichung von Teilhabe- und Wertebildungsansätzen im ländlichen Raum des Landes Brandenburg mit einem Schwerpunkt auf benachteiligten Jugendlichen. 2) Lokale Bestandsaufnahme: Erfassung der Wahrnehmungen und Strategien zur Teilhabe sowie zur Wertebildung von (benachteiligten) Jugendlichen einerseits und Jugend- und Bildungsexperten andererseits in zwei bis drei ausgewählten ländlichen Regionen des Landes Brandenburg (z.B. Jugendämter, Ämter, Bürgermeister, Beteiligungsverantwortliche, freie Träger der Jugendhilfe, Vereine, Vertreter von lokalen Bündnissen). 3) Landesweite und lokale Handlungsempfehlungen: Formulierung und
Transfer von Handlungsempfehlungen für Jugendhilfe, Schulen und Landesund Kommunalpolitik zur Förderung der Teilhabe und der Wertebildung von
(benachteiligten) Jugendlichen in ländlichen Regionen Brandenburgs. Aus
dem Forschungsprojekt sollen Transfererkenntnisse für Jugendhilfe, Schule
sowie für die Landes- und Kommunalpolitik gewonnen werden.
147
Notizen aus der Forschung
Kontakt: Prof. Dr. Wilfried Schubarth, Universität Potsdam, Institut für Erziehungswissenschaft, Karl-Liebknecht-Str. 24-25, 14476 Potsdam-Golm
E-Mail: [email protected]
Evidenzbasierte Professionalisierung der Praxisphasen in außeruniversitären Lernorten – Forschung zu Praxiskonzepten unterschiedlicher Fachdisziplinen und deren berufsorientierender
Wirksamkeit
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Wilfried Schubarth, Dr. Karsten Speck, Dr.
Andreas Seidel, Dipl.-Psych. Mirko Wendland, M.A.
Michael Bromba (beide Mitarbeiter)
Gefördert durch:
BMBF
Laufzeit:
Jan. 2009 – Okt. 2011
Kurzbeschreibung:
Ziel des Projektes ist es, einen Beitrag zur Professionalisierung der Praxisphasen in außeruniversitären Lernorten zu leisten, indem die Qualität und die
Wirksamkeit von Praxiskonzepten in unterschiedlichen Fachdisziplinen systematisch und vergleichend untersucht und Folgerungen für eine Optimierung
der berufsorientierenden Ausbildung gezogen werden. Dazu werden an vier
ausgewählten Hochschulen der Region Potsdam/ Berlin vergleichende Untersuchungen durchgeführt. Vorgesehen sind im Einzelnen: 1) eine Analyse der
Praxiskonzepte in unterschiedlichen Fachdisziplinen mittels einer Dokumentenanalyse, 2) eine multiperspektivische, empirisch-vergleichende Erfassung
deren organisatorischer Umsetzung und 3) die Gewinnung von Erkenntnissen
über den Erwerb berufsorientierender Kompetenzen durch Studierende sowie
über förderliche bzw. hinderliche Bedingungen mittels Längsschnittstudien.
Die Erkenntnisse werden für eine Verbesserung der curricularen und formalorganisatorischen Ausgestaltung der Praxisphasen genutzt. Die Effekte der
veränderten Praxisphasen werden wiederum empirisch überprüft. Das Projekt
erforscht somit den Zusammenhang von formal-organisatorischen bzw. curricularen Gestaltungsaspekten der Praxisphasen (einschließlich der Begleitung,
Betreuung und Kooperation) und dem Kompetenzerwerb seitens der Studierenden. Aufbauend auf dem gewonnenen Steuerungswissen sollen Folgerungen für die Professionalisierung der Hochschullehre mit Blick auf die Praxisphasen gezogen werden. Eine enge Kooperation mit dem Brandenburgischen
Hochschuldidaktischen Netzwerk ist vorgesehen.
Kontakt: Prof. Dr. Wilfried Schubarth, Universität Potsdam, Institut für Erziehungswissenschaft, Karl-Liebknecht-Str. 24-25, 14476 Potsdam-Golm
E-Mail: [email protected]
148
Notizen aus der Forschung
Salzburg
Jugendliche im Web 2.0. Eine quantitative und qualitative Untersuchung seiner Nutzung durch Heranwachsende
Kooperationsprojekt der Universität Salzburg (Univ.-Prof. Dr. Ingrid PausHasebrink) und des Hans-Bredow-Instituts Hamburg (Prof. Dr. Uwe Hasebrink)
Projektleitung/Team: Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink (Leitung), Mag.
Dr. Christine Wijnen (Mitarbeiterin), Mag. Thomas
Brüssel (Mitarbeiter)
Auftraggeber:
Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM)
Laufzeit:
01.01.2008 bis 31.03.2009
Kurzbeschreibung:
Der Begriff Web 2.0 hat sich eingebürgert, um diejenigen jüngeren Entwicklungen des Internets zu beschreiben, die dem einzelnen Nutzer gestiegene
Möglichkeiten des online-gestützten Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagements bieten. Wie die bisher vorliegenden Daten zeigen, gehören
Heranwachsende bzw. Personen bis etwa Mitte 20 zu den stärksten Nutzern
von Weblogs, Videoplattformen oder Social Network Sites wie studiVZ. Allerdings gibt es bislang wenig darüber hinausgehende Erkenntnisse zu den
Nutzungspraktiken in dieser Altersgruppe sowie ihren Konsequenzen z.B. in
Hinblick auf die Verschiebung von Grenzen zwischen Öffentlichkeit und
Privatsphäre, auf die Einstellungen zu Datenschutz oder zum Umgang mit
politisch oder anderweitig extremen Inhalten. Das Projekt stellt sich die Aufgabe, den internationalen Forschungsstand zur Rolle des Web 2.0 im Alltag
von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufzuarbeiten. Dazu werden sowohl eine Analyse ausgewählter Web 2.0-Angebote inkl. online-gestützter
Befragungen der Nutzerinnen und Nutzer durchgeführt als auch qualitative
Gruppen- und Einzelbefragungen von Web 2.0-Nutzerinnen und Nutzern im
Alter von zwölf bis 24 Jahren zum Umgang mit diesen Angeboten und zu
ihrer subjektiven Bedeutung im (Medien-) Alltag sowie eine Repräsentativbefragung unter Online-Nutzerinnen und -Nutzern im Alter von zwölf bis 24
Jahren im Hinblick auf ihren Umgang mit dem Internet unter besonderer Berücksichtigung von Web 2.0-Angeboten sowie im Hinblick auf die Nutzung
von und die Einstellungen gegenüber anderen Medien. Die Befunde aus den
verschiedenen empirischen Schritten und Schlussfolgerungen aus der Perspektive von Kommunikationssoziologie, Jugendforschung, Erziehungs- und
Rechtswissenschaft werden im Abschlußbericht zusammengeführt. Dieser
wird auch im Hinblick auf Handlungsbedarf und Handlungsoptionen in den
149
Notizen aus der Forschung
Bereichen öffentliche Kommunikation, Identitätsbildung, Medienkompetenz
und Medienregulierung verfasst. Design und Vorgehen werden eng mit anderweitig spezialisierten Studien der Medien- und Jugendforschung im Inund Ausland abgestimmt, um so möglichst viele Anknüpfungspunkte zu anderen Forschungsfeldern zu gewährleisten und eine Grundlage für eine künftig regelmäßig zu wiederholende Studie zu schaffen, die im Konzert der
Langzeitstudien ihren systematischen Platz hat. In einem begleitenden
Weblog werden vorläufige Thesen und Ergebnisse dokumentiert und diskutiert.
Kontakt: Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Fachbereich Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg, Rudolfskai 42, 5020 Salzburg
(Österreich)
Tübingen
Orchestrierung computerunterstützter Lehr-Lern-Prozesse im
Rahmen der DFG-Förderinitiative Forschergruppen in der
Empirischen Bildungsforschung
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Frank Fischer, Prof. Dr. Peter Gerjets, Prof.
Dr. Stefanie Hartz, Prof. Dr. Friedrich W. Hesse
(Sprecher), Prof. Dr. Oliver Lüdtke, Dr. Katharina
Scheiter, Prof. Dr. Josef Schrader, Prof. Dr. Stephan
Schwan, Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Dr. Carmen
Zahn
Gefördert durch:
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Laufzeit:
01.04.2007 – 31.03.2010
Kurzbeschreibung:
Die in Tübingen im Frühjahr 2007 eingerichtete DFG-Forschergruppe Orchestrierung computerunterstützter Lehr-Lern-Prozesse greift zentrale Problemlagen im Hinblick auf die Einbindung digitaler Medien in realitätsnahe
schulische und außerschulische Lehr-Lern-Prozesse und die Umsetzung relevanter Forschungsergebnisse in die Praxis auf. Digitale Medien können LehrLern-Prozesse in vielerlei Hinsicht unterstützen. Traditionelle unterrichtliche
Settings können durch eine Vielzahl multimedialer Präsentationsformate und
telemedialer Kommunikationsszenarien erweitert werden. Darüber hinaus
lassen sich neue didaktische Szenarien realisieren. In beiden Fällen wird jedoch das Potential medienunterstützten Lernens bisher bei weitem nicht ausgenutzt. Die Erkenntnisse einschlägiger Forschung finden bisher noch kaum
150
Notizen aus der Forschung
ihren Weg in die Entwicklung und Umsetzung einsatzfähiger Lehr-LernSzenarien. Die Tübinger Forschergruppe zielt deswegen in fünf Projekten auf
einen umfassenderen Ansatz der Orchestrierung des Lehrens und Lernens mit
digitalen Medien in alltagsnahen institutionellen Lernarrangements in Schule
und Erwachsenenbildung. Die Teilprojekte können zwei thematischen Schwerpunkten zugeordnet werden: Einige Projekte untersuchen das Verhältnis von
individuellen Lernvoraussetzungen, Lernprozessen und Instruktion, andere
Projekte beschäftigen sich mit der Analyse und Förderung von Lehrexpertise
unter verschiedenen instruktionalen und institutionellen Bedingungen. Methodologisch orientiert sich die Forschergruppe an einer nutzeninspirierten
Grundlagenforschung. Sie verfolgt gleichzeitig die Interessen der Erkenntnisgenerierung und des Anwendungsbezugs, indem praxisrelevante Forschungsfragen in pädagogischen Anwendungskontexten mit grundlagenwissenschaftlichen Methoden bearbeitet werden. Methodisch werden Feldstudien mit Studien unter stärker kontrollierten Bedingungen verschränkt, um eine gleichermaßen hohe interne und ökologische Validität zu gewährleisten.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Forschergruppe zum einen interdisziplinär besetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für
Erziehungswissenschaft und des Psychologischen Instituts der Universität
Tübingen, des Instituts für Wissensmedien sowie des Lehrstuhls für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Ludwig-MaximiliansUniversität München kooperieren, um erziehungswissenschaftliche, fachdidaktische, psychologische und lerntechnologische Expertise in ihren jeweiligen Stärken zu kombinieren. Zum zweiten wird durch das Forschungsparadigma der nutzeninspirierten Grundlagenforschung die Einhaltung methodischer Standards empirischer Forschung auch bei Studien in Anwendungskontexten sichergestellt. Zum dritten wird durch direkte Bezüge zu bestehenden
konzeptionellen Rahmenmodellen des Lehrens und Lernens (wie z.B. dem
PISA-Modell) und, wo immer möglich, zu Standards und Modellen der Bildungspraxis für die Ergebnisse sowohl in der Forschung als auch in der Praxis Anschlussfähigkeit hergestellt.
Projektübergreifend beschäftigt sich die Forschergruppe zudem mit Fragen der Erfassung von Kompetenzen und Kompetenzerwerb. Unterschieden
wird dabei zwischen fachspezifischen und fachübergreifenden Kompetenzen,
die als unabhängige, abhängige bzw. moderierende Variablen in die jeweiligen Untersuchungsdesigns einbezogen werden. Dadurch wird es möglich, die
verschiedenen Facetten des Wechselspiels zwischen digitalen Medien und
Kompetenzen, angefangen von spezifischen Kompetenzen als Voraussetzung
für eine angemessene Nutzung digitaler Lernmedien über die kompensatorische Rolle digitaler Medien bei niedrig kompetenten Lernern bis hin zu digitalen Medien als Instrumenten der Kompetenzentwicklung empirisch zu ad151
Notizen aus der Forschung
ressieren.
Zur strukturellen Stärkung des Standorts Tübingen in der empirischen
Bildungsforschung und als wesentlicher Bestandteil der Forschergruppe wurde von der DFG eine Stiftungsprofessur Empirische Bildungsforschung am
Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen bewilligt, die
inzwischen mit Prof. Dr. Ulrich Trautwein besetzt werden konnte. Darüber
hinaus hat die Universität Tübingen im Rahmen der Ausbauplanung des Landes Baden-Württemberg eine Professur Pädagogische Psychologie am Institut für Erziehungswissenschaft (Prof. Dr. Oliver Lüdtke) eingerichtet, die eng
mit der Forschergruppe kooperiert. Schließlich befinden sich eine weitere
W3-Professur sowie zwei Junior-Professuren für Empirische Bildungsforschung im Berufungsverfahren.
Kontakt: Prof. Dr. Friedrich W. Hesse, Universität Tübingen, Fakultät für
Informations- und Kognitionswissenschaften, Psychologisches Institut, Abt.
Angewandte Kognitions- und Medienpsychologie, Konrad-Adenauer-Str. 40,
72072 Tübingen, E-Mail: [email protected], http://www.unituebingen.de/fg738
Wuppertal
Sprachförderung von Migrantenkindern im Kontext frühen naturwissenschaftlich-technischen Lernens
Projektleitung/Team: Prof. Dr. Charlotte Röhner (Leitung), Dr. Heike Blümer, Dipl. Päd. Michaela Hopf, Dipl. Ling. Meng Li
Gefördert durch:
Cornelsen Stiftung für Lehren und Lernen im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Laufzeit:
Okt. 2006 – Mai 2009
Kurzbeschreibung:
Die Implementierung von naturwissenschaftlich-technischen Lernsequenzen,
die handlungsorientiert ausgerichtet und durch konstruktivistisches Lernen
geprägt sind, bietet Kindern einen deutlichen Zuwachs an Sprachanteilen.
Durch die Versprachlichung ihrer Beobachtungen und Vermutungen sowie
der regelmäßigen Übung von Vergleichs- und Ordnungsmethoden werden,
neben Selbstkompetenzerfahrungen und Konzentration, wichtige Grundpfeiler des Schulerfolges gestärkt, die im späteren Schulalltag unerlässlich sind.
Naturwissenschaftlich-technischer Unterricht lässt die Kinder formale Sprache nicht nur rezeptiv erfahren, sondern ermöglicht ihnen auch eine produktive Erschließung verbaler Fertigkeiten. Im Rahmen des Projektes wurden
152
Notizen aus der Forschung
ausgewählte naturwissenschaftlich-technische Themengebiete mit dem expliziten Anspruch der Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen über ein Schuljahr umgesetzt. Auf diese Weise entsteht eine Fusion
von Sprachförderung und Naturwissenschaft, in der Sprache als notwendiges
Instrument zur Bewältigung der Praxisaufgabe und Handeln als ergänzende
Begleitung des Noch-nicht-Sagbaren fungiert. Die Einheiten wurden videographiert. Untersucht wird, ob auf Grund impliziter Lernprozesse, kurzfristig ein höheres Ausmaß der Sprachaktivität und mittelfristig eine stärkere
Differenzierung der Sprachaktivität festgestellt werden kann.
Kontakt: Prof. Dr. Charlotte Röhner, Pädagogik der frühen Kindheit und der
Primarstufe, Fachbereich G – Bildungs- und Sozialwissenschaften, Bergische
Universität Wuppertal; Ansprechpartnerin: Frau Michaela Hopf, E-Mail
[email protected].
153
NOTIZEN AUS DER WISSENSCHAFTS- UND
BILDUNGSPOLITIK
UrhG-Initiative, Aktionsbündnis Urheberrecht:
§ 52a wohl um vier Jahre verlängert
In den letzten Wochen hat es bei vielen in Bildung und Wissenschaft Tätigen
erhebliche Unruhe gegeben, weil der § 52 des Urheberrechtsgesetzes, der zur
Zeit noch bis Ende des Jahres 2008 befristet ist, wegzufallen droht. Wie Sie
sicherlich wissen, dürfen nach § 52a Lehrer und Wissenschaftler „kleine Teile“ von urheberrechtlich geschützten Werken ausschließlich einem „bestimmten abgegrenzten Bereich von Unterrichtsteilnehmern“ in einem Intranet „öffentlich zugänglich“ machen. Dies ist auch die gegenwärtige Praxis in
digitalen Semesterapparaten und ist auch üblich in Forschungsgruppen, um
über ihre lokalen Server Dokumente, auch urheberrechtsgeschütztes Material,
gemeinsam zu nutzen.
Gegen diesen sogenannten Wissenschaftsparagraphen hat es immer schon
und jüngst verstärkt starke Widerstände von Seiten des Verlagshandels (Börsenverein des Deutschen Buchhandels) gegeben. Dieses Lobbying haben vor
allem die rechtspolitischen Experten aus der Regierungskoalition, allen voran
Dr. Günter Krings, CDU/CSU-Fraktion, aufgegriffen, mit dem Ziel, dass der
Bundestag dem vom Bundesministerium für Justiz vorgesehenen Entfristungsantrag nicht zustimmt. Vielmehr sollte § 52a entweder gänzlich entfallen oder aber zugunsten von Lehr- und Schulbuchverlagen verschärft werden.
Das Aktionsbündnis hat in zahlreichen Briefen und Gesprächen mit Politikern aus der Regierung und dem Bundestag klar zu machen versucht, dass
der Wegfall von § 52a für Bildung und Wissenschaft ein Desaster darstellen
und für die Bildungs- und Wissenschaftspolitik ganz falsche Zeichen setzen
würde. Auch von Seiten des Bibliotheksverbandes, einiger Hochschulen,
Wissenschaftsorganisationen und Einzelpersönlichkeiten, hat es Appelle gegeben, § 52a weiter im Gesetz zu behalten.
Was auch immer das bewirkt hat bzw. welche Argumente überzeugt haben, es sieht gegenwärtig so aus, als ob der Bundestag einer nochmaligen
vierjährigen Befristung von § 52a zustimmen wird. Das ist dem Aktionsbündnis zuverlässig signalisiert worden. Die endgültige Entscheidung im
Bundestag steht aber noch aus, so dass weiter Aufmerksamkeit geboten ist.
155
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
Das Aktionsbündnis, das zwar immer § 52a als unzulänglich kritisiert hatte,
aber natürlich lieber den jetzigen Zustand akzeptiert als den vollständigen
Wegfall dieser Norm, wird den Vorgang weiter kritisch verfolgen und alle
Unterzeichner der Göttinger Erklärung ggf. kurzfristig zu einer massiven Protestaktion aufrufen, falls sich die „wissenschaftsverlagsfreundliche“ Politik
doch noch durchzusetzen droht.
Weitere Informationen: Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft, Homepage, http://www.urheberrechtsbuendnis.de/.
Rainer Kuhlen, Sprecher des Aktionsbündnisses Urheberrecht für Bildung
und Wissenschaft, lehrt am Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft der Universität Konstanz (Stand: Oktober 2008).
Appell für Open Access zu digitalen Bildern
Das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (MPIWG) hat mit internationalen Partnerinstitutionen Empfehlungen zur wissenschaftlichen Nutzung visueller Medien erarbeitet. Als Mitinitiator der Open Access-Bewegung hat das MPIWG in Abstimmung mit Vertretern führender Museen, Bibliotheken, Bildarchive und Verlage Empfehlungen zur Verbesserung der wissenschaftlichen Nutzung und Publikation von historischem Bildmaterial erarbeitet. Dieser Appell zielt darauf ab, ein Netzwerk gegenseitigen Vertrauens
und gemeinsamer Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Kuratoren kulturhistorischer Bestände zu schaffen – um den Zugang zu und die wissenschaftliche Nutzung von visuellen Medien zu erleichtern. Aktuell informiert eine feature story auf der Website des MPIWG über diese Bemühungen
<www.mpiwg-berlin.mpg.de>. Dort kann der Appell im Wortlaut heruntergeladen werden.
Der Hintergrund für diesen Appell sind die Hindernisse für diejenigen,
die heutzutage Abbildungen historischer Kulturgegenstände wissenschaftlich
nutzen und publizieren möchten: Hohe Kosten für Lizenzen und schwer
durchschaubare Zugangsregelungen machen das wissenschaftliche Arbeiten
mit Bildern in den Geisteswissenschaften immer schwieriger. Zwar hat die
Digitalisierung von Bildbeständen neue wissenschaftliche Forschungen angestoßen, aber wie, wo und auf welcher Basis Bilder für wissenschaftliche
Zwecke genutzt werden dürfen, wird von Archiven, Sammlungen und Bibliotheken sehr unterschiedlich und zunehmend restriktiv geregelt, zumal wenn
es um neue Formen des e-publishing geht.
156
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
Das MPIWG hat in Abstimmung mit den Teilnehmern eines internationalen
Expertentreffens vom Januar 2008 Empfehlungen für die bessere wissenschaftliche Nutzung digitalen Bildmaterials entwickelt. Diese Empfehlungen
fordern Kuratoren und Wissenschaftler auf, ein gegenseitig verpflichtendes
Netzwerk des Vertrauens aufzubauen. Ziel dieser Initiative ist es, die heutigen und zukünftigen Herausforderungen des digitalen Zeitalters gemeinsam
anzugehen. Die Empfehlungen appellieren an die Kuratoren und Bildarchive,
die public domain nicht willkürlich einzuschränken und dem Bedarf der Wissenschaftler an möglichst günstig oder frei zugänglichem, hoch auflösbarem
digitalen Bildmaterial entgegenzukommen – sowohl für gedruckte Veröffentlichungen als auch für neue wissenschaftliche Publikationsformen im Internet. Sie rufen Wissenschaftler auf, Museen, Bibliotheken und Sammlungen
als Eigentümer und Bewahrer der physischen Objekte des kulturellen Erbes
zu respektieren und deren Einsatz für die Bereitstellung digitalen Bildmaterials anzuerkennen. Sie nehmen Wissenschaftler in die Pflicht, ihre Rolle als
Garanten für Authentizität und Attribution äußerst ernst zu nehmen.
Mehr Informationen zu diesem Appell: Dr. Christine von Oertzen, MaxPlanck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Boltzmannstr. 22, 14195 Berlin,
Tel.: 030-22667-148, Email: [email protected]
Pressekontakt: Dr. Hansjakob Ziemer, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Boltzmannstr. 22, 14195 Berlin, Tel.: 030-22667-242 (fax: -238),
Email: [email protected].
Web: www.mpiwg-berlin.mpg.de
Stellungnahme von GEW-Landesverbänden
zur Bertelsmann-Stiftung
Die GEW-Landesverbände Bayern, Bremen und Hessen haben 2008 den
nachfolgend dokumentierten Beschluss gefasst bzw. gleichlautende Stellungnahmen verabschiedet (hier nach GEW Hessen, http://www.gew-hessen.de,
Landesdelegiertenversammung, 28. November 2008):
Entsprechend dem Antrag der GEW Bremen beantragt die GEW Hessen:
1. Die GEW schließt sich den Forderungen der Bertelsmannkritischen Tagung vom 27. Oktober 2007 an (Frankfurter Appell gegen Bertelsmann
2007; siehe Anhang)
157
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
2. Die GEW beauftragt den Landesvorstand, weitere Nachforschungen über
die Zusammenarbeit der Bildungsbehörde mit der Bertelsmann-Stiftung
anzustellen.
3. Die GEW wird aufgefordert, ihre Kontakte und ggf. gemeinsame Projekte mit der Bertelsmann-Stiftung den Landesvorständen mitzuteilen.
4. Sollte sich dabei herausstellen, dass es sich nur um kritische Teilnahmen
und nicht um wirklich inhaltliche bzw. praktische Zusammenarbeit handelt bzw. handelte, soll dem Hause Bertelsmann und anderen untersagt
werden, von einer Zusammenarbeit zwischen GEW und BertelsmannStiftung zu sprechen.
5. Sollte es tatsächlich eine nennenswerte Zusammenarbeit zwischen der
GEW und der Bertelsmann-Stiftung, dem Bertelsmann-Konzern und/ oder Töchtern des Bertelsmann-Konzerns gegeben haben bzw. geben, ist
diese selbstkritisch zu bewerten, einzustellen und keine neue zu vereinbaren.
6. Für die Zeit der Überprüfung sind die Kontakte der GEW zur Bertelsmann-Stiftung, zum Bertelsmann- Konzern und/ oder zu Töchtern des
Bertelsmann-Konzerns einzufrieren.
Begründung:
Ob es
•
•
•
•
•
•
•
•
158
die Blaupausen zu den gewaltigsten sozialen Demontagen nach 1945
(Agenda 2010, Hartz-Gesetzgebung) gegen den Lebensstandard der abhängig Beschäftigten sind
die Umgestaltung des öffentlichen Bildungssektors in einen von Profitmaximierung bestimmten ‚freien‘ Markt
die Umlenkung der Zahlungsströme weg von staatlicher, steuerbasierter
Bildungsfinanzierung hin zur (noch größeren) Belastung der einzelnen
BildungsnehmerInnen (Bildungsgutscheine, Bildungskonten, KiTa-card,
Studiengebühren, ...)
die Aushebelung von Mitbestimmung in Betrieben und Institutionen, die
völlige Aushebelung des gesetzlichen Kündigungsschutzes
die Abschaffung der Gewerbesteuer
die Halbierung des Sozialhilfe-Sockelbetrags unter Inkaufnahme noch
größerer Kinderarmut
der Einstieg in die Privatisierung von Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung (‚Kapitaldeckung‘)
die Privatisierung der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland und
Zentraleuropa
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
•
•
•
•
die Ermunterung zu weltweiten Präventivkriegen (‚präventive weltweite
Militärmissionen‘)
die Ermunterung zu einem deutschen Zugriff auf französisches und britisches Atomwaffenpotential mittels Europäischer Armee unter deutschfranzösisch-britischer Führung
das Ersetzen des Asylrechts durch ‚humankapitalorientiertes Strömungsmanagement‘
und last not least die weitere Entdemokratisierung dieser Gesellschaft ist,
in all unseren gewerkschaftlichen Verteidigungskämpfen gegen diese und
noch weitere Angriffe sehen wir immer wieder die Bertelsmann-Stiftung an
entscheidender, Impuls und Geld gebender und vernetzender Stelle auf Seiten
derer, die diese Angriffe gegen uns vortragen – zynischerweise auch noch mit
unseren Steuermitteln: Die 1977 vom Konzern-Patriarchen Reinhard Mohn
persönlich gegründete Stiftung ist heute der mit Abstand einflussreichste Politikberater im Land. Und da sie offiziell als ‚gemeinnützig’ agiert, auch
gleich ganz oder teilweise von Steuerzahlungen befreit. Während es bspw. in
den USA untersagt ist, dass eine steuerbegünstigte Stiftung mehr als 20 Prozent der Anteile eines Unternehmens hält, hält die Bertelsmann-Stiftung bereits mehr als drei Viertel der Anteile der Bertelsmann AG, einem der bedeutendsten Medien-, Bildungs- und Dienstleistungsriesen weltweit – und spart
somit – ganz im Sinne ihres Stifters – einen Großteil der Steuern ein.
Die mit diesen Mitteln agierende Stiftung will mit ihren Projekten nicht
nur „Reformwerkstatt zum Umbau (!!) der BRD“ sein, sondern auch „Garant
der Unternehmenskontinuität“. Das uneingeschränkte Stimmrecht in Konzern
und Stiftung liegt bei den Mitgliedern der Familie Mohn. Die Stiftung unterliegt keinerlei externer Kontrolle. Inzwischen gehen StiftungsmitarbeiterInnen in Kommunalverwaltungen wie Landesregierungen ein und aus und werden nicht nur von Abgeordneten und Ministern regelrecht hofiert, auch von
der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten selbst.
Anhang: Aufruf gegen Bertelsmann 2007
Keine Zusammenarbeit mit Bertelsmann! Aberkennung der Gemeinnützigkeit
für die Bertelsmann-Stiftung!
Die Bertelsmann-Stiftung ist eine der mächtigsten Denkfabriken im Lande
und als solche Leitakteur für ähnlich operierende Berater und Stiftungen. Sie
greift aktiv in die Politik auf allen Ebenen von Regierungspolitik bis zur
Kommune und zu Netzwerken von Einzeleinrichtungen ein. Dabei versucht
sie, wesentliche Bereiche der Gesellschaft betriebswirtschaftlichen Modellen
und manageriellen Motivationstechniken zu unterwerfen.
159
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
Die soziale Umverteilung von unten nach oben wie Hartz IV, die Gesundheitsreform, die Einführung von Studiengebühren und Studienkonten, Abwälzung gesellschaftlicher Kosten auf die Einzelnen, Unterstützung von undemokratischen kostenträchtigen Privatisierungsvorgängen sind von der Bertelsmann- Stiftung mitentwickelt worden. Ebenso greift das BertelsmannInstitut Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) mit Vorschlägen
zur verstärkten Militarisierung und geostrategischen Ausrichtung der deutschen und europäischen Außenpolitik in die internationale Politik ein.
Bertelsmann setzt auf Elite-Netzwerke, intransparente Verflechtungen
und Meinungsmache und unterhöhlt dadurch demokratisch-partizipative
Strukturen. Die Mittel für ihre überaus umtriebigen Aktivitäten erhält die
Stiftung durch den Status der Gemeinnützigkeit, die es ihr erlaubt, die Millionengewinne des Bertelsmann-Konzerns der Steuer vorzuenthalten. Dabei
dient die Arbeit der Bertelsmann-Stiftung sehr wohl auch den Profitinteressen des Bertelsmann-Konzerns samt der Dienstleistungstochter Arvato und
der Erschließung neuer Märkte, z.B. bei der Privatisierung öffentlicher
Dienstleistungen.
Wir fordern:
•
•
•
der Bertelsmann-Stiftung die Gemeinnützigkeit abzuerkennen;
von parteinahen politischen Stiftungen, Gewerkschaften und Verbänden,
die Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung zu beenden;
von der Hochschulrektorenkonferenz, von Hochschulen und universitären Einrichtungen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Zusammenarbeit mit Bertelsmann-Stiftung sowie den assoziierten Einrichtungen und Forschungsprojekten (z.B. Centrum für Hochschulentwicklung, Centrum für angewandte Politikforschung, Centrum für Krankenhausmanagement) einzustellen.
Wir werden uns für eine Internationalisierung der bertelsmannkritischen Bewegung einsetzen. Die Anstifter anstiften stiften zu gehen: Der BertelsmannStiftung die Gemeinnützigkeit aberkennen – jetzt!
Verabschiedet von der Bertelsmann-kritischen Tagung am 27. 10. 2007 in
Frankfurt/ Main
160
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
Braucht die evangelische Kirche einen Bildungsbericht?
Comenius-Institut Münster legt Machbarkeitsstudie zu einer
evangelischen Bildungsberichterstattung vor
Im Auftrag der EKD hat das Comenius-Institut, Evangelische Arbeitsstätte
für Erziehungswissenschaft e.V. (Münster) im November 2008 eine Studie
zur Machbarkeit evangelischer Bildungsberichterstattung vorgelegt. Darin
werden zunächst Funktionen und Merkmale einer datengestützten, regelmäßigen Bildungsberichterstattung, wie sie im staatlichen Bildungswesen sowohl regional als auch national und international eingeführt wurde, beschrieben. Es wurde überprüft, inwiefern eine regelmäßige Bildungsberichterstattung auf das Bildungshandeln der evangelischen Kirche anzuwenden ist.
Chancen und Grenzen eines solchen Vorgehens werden gezeigt an ausgewählten Beispielen evangelischer Bildungsarbeit. Dazu gehören u.a. evangelische Tageseinrichtungen für Kinder, die evangelische Kinder- und Jugendarbeit in Kirchengemeinden, Landeskirchen und Jugendverbänden, die
Konfirmandenarbeit, der evangelische Religionsunterricht an öffentlichen
Schulen, Schulen in evangelischer Trägerschaft und evangelische Bildungsarbeit mit Erwachsenen in Kirchengemeinden, Initiativen und Vereinen, in
Erwachsenenbildungswerken und -einrichtungen sowie der Aus-, Fort- und
Weiterbildung.
Der Gewinn einer Auswertung von zuverlässigen Daten für die Darstellung und Entwicklung wird exemplarisch ablesbar bei den evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder. Erstmals wurde die Kindertagesbetreuungsstatistik gezielt trägerspezifisch ausgewertet. Die Auswertung zeigt unter anderem, dass konfessionelle Einrichtungen die höchsten Anteile von Kindern mit
Migrationshintergrund haben. Dagegen ist das Angebot für Kinder unter drei
Jahren, aber auch der Ausbau ganztägiger Angebote, im Vergleich zu öffentlichen und nicht-konfessionellen Trägern unterrepräsentiert. Erstmals sind
auch gesicherte Aussagen zur Altersstruktur und der Qualifizierung der Mitarbeitenden sowie zu der Entwicklung der Anzahl der Plätze und Einrichtungen möglich.
Die Verfasser der Studie empfehlen die Einführung einer evangelischen
Bildungsberichterstattung auf EKD-Ebene. Bildungsberichterstattung wird in
der Studie als geeignetes Instrumentarium beschrieben, um datengestützte
Aussagen zum Kontext, den Leistungen, zur Qualität und zu Wirkungen evangelischen Bildungshandelns zu machen. Eine evangelische Bildungsberichterstattung ermöglicht es, evangelisches Bildungshandeln besser als bisher in einem Gesamtzusammenhang darzustellen, Entwicklungen zu erkennen und Steuerungspotentiale herauszuarbeiten. Ein erster evangelischer Bil161
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
dungsbericht könnte bis 2011 erstellt werden, der ausgewählte Schwerpunkte
evangelischer Bildungsarbeit in den Mittelpunkt stellt. Dazu ist die Beteiligung der evangelischen Landeskirchen ebenso eine wesentliche Voraussetzung. Eine evangelische Berichterstattung ist angewiesen auf die Zusammenarbeit mit den kirchlichen und staatlichen Ämtern für Statistik und bedarf
fundierter wissenschaftlicher Beratung sowie kirchenpolitischer Steuerung.
Dazu enthält die Studie konkrete Vorschläge.
Die Machbarkeitsstudie ist als Broschüre beim Comenius-Institut Münster zu
beziehen und im Internet als Datei abrufbar unter http://www.ci-muenster.de/
biblioinfothek/open_access.php
Volker Elsenbast, Dietlind Fischer (Comenius Institut, Münster)
Internationale Hochschulkooperation mit Afghanistan
An der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Nangarhar in
Afghanistan begannen im Mai 2008 die Lehrveranstaltungen für einen Master of Arts (M.A.) in Educational Research and Development. Es handelt sich
dabei um eine durch das EU-Asia Link-Programm finanzierte internationale
Hochschulkooperation, die dazu dient, die akademische Ausbildung in Afghanistan zu unterstützen, da die Mehrzahl aller Hochschuldozenten an den
staatlichen Universitäten des Landes nur über einen Bachelorabschluss verfügt, so dass der mit dem Projekt anvisierte Masterabschluss nicht zuletzt
auch der Weiterbildung des Lehrpersonals in Erziehungswissenschaft dienen
soll.
Der Masterstudiengang umfasst die üblichen 120 Credit Points und folgt
in seinen Pflichtmodulen den Vorgaben der schwedischen Universität
Karlstad, die den genannten Mastertitel verleiht. Die Wahlmodule widmen
sich der Bildungssituation in Afghanistan und internationalen Themen. Das
Projektbüro ist in Karlstad angesiedelt und steht unter der Leitung von Dr.
Pia Karlsson und Dr. Amir Mansory. Weitere Kollegen, die für die inhaltliche Konzeption und die Durchführung des Lehrangebots einschließlich Prüfungen zuständig sind, sind Herr Prof. Dr. Holger Daun (Universität Stockholm, Schweden), Herr Prof. Dr. Mahesh Nath Parajuli (Universität
Kathmandu, Nepal) und Herr Prof. Dr. Tuomas Takala (Universität Tampere,
Finnland) sowie auf deutscher Seite Frau Prof. Dr. Christel Adick (RuhrUniversität Bochum). Die Lehrveranstaltungen finden in Jalalabad, dem Sitz
der Universität Nangarhar statt, wo ebenfalls ein lokales Projektbüro eingerichtet wurde. Die genannten HochschullehrerInnen übernehmen unterschied162
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
liche Module des Masterprogramms und wechseln sich während des Projekts
in der Lehre vor Ort ab. Es ist geplant, dass die afghanischen Studierenden
dieses Masterstudiengangs ihre Abschlussarbeiten im Sommer 2010 vorlegen
und zu den Prüfungen nach Karlstad reisen, wo das Projekt im Kreise aller
beteiligten Lehrenden und Projektpartner aus Europa und Asien beschlossen
werden soll.
Für den Studiengang konnten sich solche afghanischen Interessenten bewerben, die mindestens über einen Bachelorabschluss und zwei Jahre Berufserfahrung verfügen. Ferner mussten die erforderlichen Englischkenntnisse
durch einen Test nachgewiesen werden. Das ursprüngliche Ziel, zur Hälfte
weibliche Studierende zu rekrutieren, konnte trotz 65 eingegangener Bewerbungen angesichts der unbefriedigenden Bildungssituation von Mädchen und
Frauen in Afghanistan nicht realisiert werden, so dass derzeit von insgesamt
25 Studierenden nur vier weiblichen Geschlechts sind. Gleichwohl soll dem
Gender-Aspekt dadurch besonders Rechnung getragen werden, dass in den
Lehrveranstaltungen und in den von den Studierenden durchzuführenden
Feldstudien in den Schulen vor Ort immer auch Fragen des Bildungszugangs
von Mädchen und Frauen bearbeitet werden. Die auf diese Weise gewonnenen empirischen Studien sollen angesichts der unzureichenden Situation der
Bildungsforschung in Afghanistan gesammelt, aufbereitet und veröffentlicht
werden, so dass die Hochschulkooperation neben der Qualifizierung von
Masterabsolventen auch zur Weiterentwicklung der Erziehungswissenschaft
in diesem Lande beitragen kann.
Christel Adick (Ruhr-Universität Bochum)
Aufruf gegen die Verschiebung der Semesterzeiten
in Deutschland
Auf Betreiben der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sollen die Semesterzeiten an deutschen Hochschulen von 2011 an vorverlegt werden (vgl. Pressemitteilung vom 4. Mai 2007). Das neue Herbstsemester soll Anfang September statt Mitte Oktober beginnen, das Sommersemester Anfang März statt
Mitte April. Die HRK verfolgt damit nach eigenen Worten das Ziel, durch
Anpassung der Semestertaktung an die Mehrzahl der Nachbarländer einen
Beitrag zur europäischen ‚Harmonisierung’ zu leisten. Nach ihren Angaben
werde dadurch die Mobilität auf internationaler Ebene erleichtert. Studierenden, die aus dem Ausland kommen oder ins Ausland gehen wollen, habe das
späte deutsche Semester bisher den Wechsel erschwert.
163
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
Allerdings nennt die HRK keine Zahlen, um die Dringlichkeit einer so weit
reichenden Initiative zu untermauern. Angesichts der vielen hochschulplanerischen Maßnahmen der letzten Jahre, die auf schwankender Grundlage beschlossen wurden und ihr Ziel nicht immer erreicht haben, hätte dies eigentlich selbstverständlich sein müssen. Es ist anzunehmen, dass bei flexibler
Handhabung der derzeit geltenden Regelungen die Anzahl von tatsächlichen
‚Härtefällen‘, die bei einem Hochschulwechsel innerhalb Europas entstehen,
gering ist.
Zudem wurde die Initiative der HRK (einmal mehr) ohne Konsultation
der betroffenen Hochschullehrer beschlossen, die diese Umstellung am Ende
werden organisieren müssen.
Die Unterzeichner dieses Aufrufs weisen auf zwei gravierende Folgen
hin, die eine Vorverlegung der Semesterzeiten haben würde:
1. In einigen Bundesländern würde dadurch die Bewerbungsfrist von
Schulabgängern so verknappt, dass sie sich mitten in den Vorbereitungen
zum Abitur auf der Grundlage ihres letzten Halbjahreszeugnisses um einen Studienplatz kümmern müssten. Dies käme einer schleichenden
Entwertung des Abiturs gleich und wäre angesichts der Bedeutung der
Studienplatzwahl kaum zumutbar. Auch die hochschuleigenen Zulassungsverfahren würden dadurch unter zusätzlichen Zeitdruck geraten.
2. Die Angleichung der deutschen Semestertaktung würde den Länder übergreifenden Austausch zwischen Forschern nicht fördern, sondern erschweren. Für die Internationalisierung der deutschen Hochschulen ist es
bisher gerade von Vorteil, dass der akademische Kalender in Deutschland gegenüber anderen Ländern zeitversetzt ist. Dadurch entstehen im
Frühjahr und Herbst Korridore von mehreren Wochen, die sich ideal für
die Einladung von Gastwissenschaftlern eignen. So können deutsche
Wissenschaftler im März und September zu Gastaufenthalten etwa in die
USA, nach England oder Frankreich reisen, ohne ihre Lehrverpflichtungen zu Hause zu beeinträchtigen. Umgekehrt kommen Professoren und
Doktoranden aus diesen Ländern vorzugsweise im Juni oder Juli nach
Deutschland, d.h. in ihrer eigenen vorlesungsfreien Zeit, halten hier
Gastseminare ab oder partizipieren auf andere Weise am akademischen
Leben. Auf diesem einfachen Prinzip beruht eine Vielzahl von interuniversitären Austauschprogrammen, die mit großem Engagement in Gang
gebracht und durch Steuergelder mit beträchtlichen Summen gefördert
wurden.
Als Forschungsstandort würde Deutschland durch die von der HRK geforderte Änderung Schaden erleiden. Die Mobilität von Hochschullehrern und
Nachwuchswissenschaftlern würde empfindlich vermindert, erfolgreiche Aus164
Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik
tauschprogramme würden behindert oder unmöglich gemacht. Die Unterzeichner dieses Aufrufs appellieren an die Hochschulrektorenkonferenz und
an die Verantwortlichen in den Ländern und Universitäten, die Pläne zur Angleichung der deutschen Semesterzeiten nicht weiter zu verfolgen.
Verantwortlicher Initiator des Aufrufs: Prof. Dr. Albrecht Koschorke, Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz, 78457 Konstanz.
Kontakt: nina.kueck@uni-konstanz.
165
Ausschreibungen, Preise
Die Kommission Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe in der
Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) vergibt im Jahr
2009 erneut den
Aloys Fischer-Grundschulforschungspreis
Aloys Fischer war von 1919 bis 1937 Lehrstuhlinhaber für Pädagogik an der
Universität München und arbeitete mit den renommiertesten Erziehungswissenschaftlern dieser Zeit zusammen. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift
Die Erziehung (zusammen mit W. Flitner, Th. Litt, H. Nohl und E. Spranger)
sowie Mitbegründer der pädagogischen Soziologie. Als einer der ganz wenigen Universitätspädagogen seiner Zeit befasste sich Aloys Fischer mit der
Schul- und Unterrichtstheorie der Grundschule. Er ordnete die Konzeption
der Grundschule in die Demokratiebewegung der Weimarer Zeit ein, indem
er die Grundschule als ein Symbol der Demokratie wertete und ihre damals
umstrittene Einführung u. a. wegen der ‚geringen Kraft demokratischer Traditionen auf deutschem Boden‘ uneingeschränkt befürwortete. In Fragen der
Kindergartenpädagogik, der Schulfähigkeit und reformpädagogischer Innovationen vertrat Fischer Positionen, die auch heute noch Gültigkeit für aktuelle
grundschulpädagogische Fragestellungen beanspruchen können. Er setzte sich
sowohl für eine Ethik als Zielwissenschaft der Pädagogik als auch für eine
deskriptiv-empirische Pädagogik ein. Seine Frau Paula Fischer-Thalmann war
Jüdin. Aloys Fischer stand zu seiner Frau und wurde deshalb 1937 zwangsemeritiert (Veröffentlichungsverbot, Entfernung aus der Universität). Seine
Frau starb im KZ Theresienstadt. Der Aloys Fischer-Grundschulforschungspreis soll an das erziehungswissenschaftliche und grundschulpädagogische
Werk Aloys Fischers, an seine demokratische Einstellung und an das Schicksal seiner Familie im Nationalsozialismus erinnern. Mit dem Preis werden
Forschungsarbeiten, insbesondere von Nachwuchswissenschaftlern/-innen, ausgezeichnet (Dissertationen, Habilitationsschriften, Zeitschriftenartikel, Monographien), die sich Problemen der Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik oder der Nachbargebiete widmen. Es können Arbeiten eingereicht
werden, die quantitativ-empirisch, qualitativ-empirisch, historisch, vergleichend oder theoretisch-systematisch ausgerichtet sind. Die Arbeiten sollen
sowohl einen bedeutenden inhaltlichen Ertrag zur Pädagogik und Didaktik
167
Ausschreibungen, Preise
der Grundschule bzw. zu den Nachbargebieten aufweisen als auch in der jeweiligen Forschungsmethodik hohen Standards genügen.
Bewerbungen und Arbeiten können bis 30. April 2009 bei der Vorsitzenden
der Kommission Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe eingereicht werden:
Prof. Dr. Margarete. Götz, Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik,
Universität Würzburg, Wittelsbacher Platz 1, 97074 Würzburg, E-Mail Sekretariat: [email protected].
Die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vergibt anlässlich ihres 22. Kongresses, der vom 14. bis 17. März 2010 in Mainz stattfindet, erneut den
Förderpreis für ausgezeichnete Arbeiten junger Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftler
Der Preis ist dotiert mit insgesamt 3000 Euro, das Preisgeld kann auf drei
Plätze verteilt werden. Förderungswürdig sind Beiträge aus Fachzeitschriften
und Anthologien, die nach dem 1. September 2007 von Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern publiziert wurden, die das 40. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben.
Begründete Vorschläge mit sieben Exemplaren der Publikation sowie Angabe
des Geburtsdatums der Autorin bzw. des Autors und einer kurzen Laudatio
können bis zum 01.09.2009 beim Vorsitzenden der Jury des Förderpreises,
Prof. Dr. Hans-Rüdiger Müller, Universität Osnabrück, Institut für Erziehungswissenschaft, Heger-Tor-Wall 9, 49069 Osnabrück, eingereicht werden.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle der DGfE, Frau
Rosendahl, [email protected].
168
Tagungskalender
Zusammenstellung der angekündigten Tagungen
der Sektionen und Kommissionen der DGfE
Nähere Informationen, soweit sie der Redaktion vorlagen, sind den Berichten
aus den Sektionen und Kommissionen zu entnehmen.
Datum
11. – 15.3.
2009
12. – 13.3.
2009
25. – 27.3.
2009
Sektion/ Kommission
und Ansprechpartner
Arbeitskreis Vormoderne Erziehungsgeschichte/ Homepage
der Sektion Historische Bildungsforschung
http://www.bbf.dipf.de/hk//ave.htm
Arbeitsgemeinschaft Organisationspädagogik/ Prof. Dr. Wolfgang Seitter, Dr. Timm Feld
Kommission Schulforschung
und Didaktik/ Kommission Professionsforschung und Lehrerbildung/ Prof. Dr. Uwe Hericks
8. – 10.5.
2009
Tagung der Kommission Psychoanalytische Pädagogik
15. – 17.5.
2009
Jahrestagung der Kommission
Pädagogik und Humanistische
Psychologie/ Dr. Telse IwersStelljes
Jahrestagung der Sektion
Frauen- und Geschlechterforschung
22. – 24.5.
2009
29.5.
2009
(Inter-)nationale Tagung für
Praxis, Wissenschaft und Politik
11. – 13.6.
2009
Abschlusstagung des Modellprogramms FörMig/ Prof. Dr.
Ursula Neumann
Thema
Ort
Bildungsgänge:
Selbst- und Fremdbeschreibungen im
Mittelalter und der
Frühen Neuzeit
Organisation und
Beratung
Bielefeld,
ZIF
Bildungsstandards
und Kompetenzmodelle – eine Verbesserung der Qual. v.
Schule, Unterricht
und Lehrerbildung?
Allgemeine Pädagogik und Psychoanalytische Pädagogik im Dialog
Zugänge zur Stärkung der Person bei
Lehrenden und Lernenden
Jugend – politische
Kultur – Geschlecht
Heidelberg,
Pädagogische Hochschule
Frühkindliche Bildung, Betreuung
und Erziehung
Förderung von Kindern und Jugendl. mit
Migrationshintergrund: Bilanz u. Perspektiven eines Modellprogamms
Marburg
Würzburg
Germerode
Marburg,
Technologie- u. Tagungszentr.
Universität
Fribourg
(CH)
Hamburg
169
Tagungskalender
Datum
3. – 4.7.
2009
24. – 26.7.
2009
26. – 29.8.
2009
19. – 21.9.
2009
21. – 23.9.
2009
24. – 25.9.
2009
Sektion/ Kommission
und Ansprechpartner
Interdisziplinäre Tagung an der
FernUniversität Hagen
Kommission Pädagogik und
Humanistische Psychologie/
Dr. Telse Iwers-Stelljes
ISCHE 31 – International
Standing Conference for the
History of Education
Jahrestagung der Sektion Historische Bildungsforschung/
Prof. Dr. Karin Priem, Prof. Dr.
Gudrun M. König, Dr. Rita Casale
18. Jahrestagung Kommission
Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe/
Prof. Dr. Arnold, Prof. Dr.
Graumann, Prof. Dr. Hauenschild
Arbeitstagung
Phänomenologische
Forschungen
24. – 26.9.
2009
7. Bundeskongress
Soziale Arbeit
25. – 30.9.
2009
European Educational Research Association (EERA)/
http://www.eera-ecer.eu/
1. – 3.10.
2009
Jahrestagung der Sektion Sonderpädagogik/
Prof. Dr. Ulrike Schildmann
170
Thema
Ort
Strategien der Ausgrenzung – Exkludierende Effekte
staatlicher Politik
und alltäglicher
Praktiken in Bildung
und Gesellschaft.
Perspektiven der
Erziehungswissenschaft und der Sozialwissenschaften
auf Integration und
Segregation
Gesellschaftliche
Verantwortung und
Spiritualität
Educating the People. The History of
Popular Education
Die Materialität der
Erziehung: Zur Kultur- und Sozialgeschichte pädagogischer Objekte
Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik. Perspektiven für die Grundschulpädagogik
FernUniversität
Hagen
Phänomenologische
Forschungen in der
Erziehungswissenschaft
Gerechtigkeit,
Verantwortung und
Sicherheit. Soziale
Arbeit positioniert
sich!
Hauptkonferenz/
Pre-conference für
Nachwuchswissenschaftler/-innen
Umgang mit Verschiedenheit in d. Lebensspanne. Behinderung
– Geschlecht – kultureller Hintergrund –
Alter(sphasen)
Freiburg
Freiburg
Utrecht
(NL)
Deutsches
Literaturarchiv Marbach
am Neckar
Hildesheim
Dortmund
Wien (A)
Dortmund
Tagungskalender
Datum
1. – 3.10.
2009
4. – 7.10.
2009
7. – 8.10.
2009
29. – 31.10.
2009
Oktober
2009
14. – 17.3.
2010
22. – 28.8.
2010
Sektion/ Kommission
und Ansprechpartner
13. Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuchforschung
Kommission Schulforschung
und Didaktik
Herbsttagung der Kommission
für Bildungsorganisation, Bildungsplanung und Bildungsrecht
Herbsttagung 2009 der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosphie
Jahrestagung der Kommission
Pädagogische Anthropologie
22. Kongress der Deutschen
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE)
21st International Congress of
Historical Sciences (ICHS)
Thema
Ort
Freund- und Feindbilder
Belgrad
(SRB)
Umgang mit Heterogenität
Evaluation – Gesellschaft – Bildung
Brixen (I)
Bildungs- und Erziehungsphilosophie
und der Wandel der
Bildungssysteme
Geschlecht
Basel (CH)
Bildung in der
Demokratie
Mainz
Münster
Hildesheim
Amsterdam
(Niederlande)
März 2009
11. – 15. 03. 2009
12. Tagung des Arbeitskreises für Vormoderne Erziehungsgeschichte (AVE)
Bildungsgänge: Selbst- und Fremdbeschreibungen in der Frühen Neuzeit
Universität Bielefeld, Zentrum für interdisziplinäre Forschung. Tagungsprogramm und Online-Anmeldung:
http://episteme.uni-muenster.de/index.php?nav=tagung&subnav=anmeldung
13. – 15. 03. 2009
Tagung der Arbeitsgemeinschaft Organisationspädagogik
Universität Marburg, Institut für Erziehungswissenschaft
Kontakt: Dr. Timm C. Feld, E-Mail: [email protected]
25. – 27. 03. 2009
Jahrestagung der Kommission Schulforschung und Didaktik und der
Kommission Professionsforschung und Lehrerbildung
171
Tagungskalender
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle – eine Verbesserung der Qualität
von Schule, Unterricht und Lehrerbildung?
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Mai 2009
08. – 10. 05. 2009
Tagung der Kommission Psychoanalytische Pädagogik
Allgemeine Pädagogik und Psychoanalytische Pädagogik im Dialog, Würzburg
Organisation: Prof. Dr. G. Bittner, Prof. Dr. M. Dörr, Dr. V. Fröhlich und
Prof. Dr. R. Göppel.
15. – 17. 05. 2009
Jahrestagung der Kommission Pädagogik und Humanistische Psychologie
Zugänge zur Stärkung der Person bei Lehrenden und Lernenden, Germerode
Kontakt: Telse Iwers-Stelljes, Katrin Knoche. E-Mail: telse(at)iwers-stelljes.de;
Katrin.Knoche(at)uni-kassel.de
29. 05. 2009
(Inter-)nationale Tagung für Praxis, Wissenschaft und Politik
Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung, Universität Friboug (CH)
Information: www.unifr.ch/pedg
Juni 2009
11. – 13. 06. 2009
Abschlusstagung des Modellprogramms FörMig
Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund: Bilanz
und Perspektiven eines Modellprogramms, Hamburg.
Veranstalter: Programmträger FörMig: Institut für International und Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg (Profs.
Drs. Ingrid Gogolin, Inci Dirim, Ursula Neumann, Hans H. Reich, HansJoachim Roth, Knut Schwippert)
172
Tagungskalender
Juli 2009
03. – 04. 07. 2009
Interdisziplinäre Tagung Strategien der Ausgrenzung – Exkludierende Effekte staatlicher Politik und alltäglicher Praktiken in Bildung und Gesellschaft. Perspektiven der Erziehungswissenschaft und der Sozialwissenschaften auf Integration und Segregation, FernUniversität Hagen
Organisation: Dr. Martin Spetsmann-Kunkel, Prof. Dr. Norbert Wenning, Dr.
Susanne Winnerling (Universität Koblenz-Landau), FernUniversität Hagen:
Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter, Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung. E-Mail: [email protected]; [email protected]
24. – 26. 07. 2009
Kommission Pädagogik und Humanistische Psychologie
Gesellschaftliche Verantwortung und Spiritualität, Freiburg
E-Mail: telse(at)iwers-stelljes.de
August 2009
26. – 29. 08. 2009
International Conference for the History of Education (ISCHE), 31st Session
Educating the People. The History of Popular Education. Utrecht (NL)
Information: http://edugate.fss.uu.nl/ISCHE2009/
September 2009
19. – 21. 09. 2009
Jahrestagung der Sektion Historische Bildungsforschung
Die Materialität der Erziehung: Zur Kultur- und Sozialgeschichte pädagogischer Objekte, Deutsches Literaturarchiv in Marbach am Neckar
Organisation: Dr. Rita Casale, Pädagogisches Institut, Universität Zürich,
Freie Strasse 36, CH-8032 Zürich, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr.
Gudrun M. König, Institut für Kunst und Materielle Kultur, TU Dortmund,
Emil-Figge-Str. 50, D-44227 Dortmund, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Karin Priem, Institut für Erziehungswissenschaft, PH
173
Tagungskalender
Schwäbisch Gmünd, Oberbettringer Str. 200, D-73525 Schwäbisch Gmünd,
E-Mail: [email protected].
21. – 23. 09. 2009
18. Jahrestagung Kommission Grundschulforschung und Pädagogik der
Primarstufe
Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik. Perspektiven für die Grundschulpädagogik, Universität Hildesheim.
Kontakt: Prof. Dr. Arnold, Prof. Dr. Graumann und Prof. Dr. Hauenschild.
24. – 25. 09. 2009
Arbeitstagung Phänomenologische Forschungen
Phänomenologische Forschungen in der Erziehungswissenschaft – am Beispiel
Pädagogische Hochschule Freiburg
Kontakt: Dr. Malte Brinkmann, Pädagogische Hochschule Freiburg, Institut
für Erziehungswissenschaft, Kunzenweg 21, 79117 Freiburg; E-Mail: [email protected].
24. – 26. 09. 2009
7. Bundeskongress Soziale Arbeit
Gerechtigkeit, Verantwortung und Sicherheit. Soziale Arbeit positioniert sich!
Dortmund, www.bundeskongress-soziale-arbeit.de
Kontakt: Organisationsbüro Bundeskongress Soziale Arbeit, TU Dortmund, Fakultät Erziehungswissenschaft und Soziologie, ISEP, Emil-Figge-Str. 91, 44227
Dortmund; Tel.: 0231–755 6065; Fax: 0231–755 6225;
E-Mail: buko09(at)fb12.uni-dortmund.de
25. – 26. 09. 2009 ECER Pre-Conference
28. – 30. 09. 2009 ECER Main Conference
European Educational Research Association (EERA)
Theory and Evidence in European Educational Research, Wien (A)
Information: http://ecer2009.univie.ac.at
174
Tagungskalender
Oktober 2009
01. – 03. 10. 2009
Jahrestagung der Sektion Sonderpädagogik
Umgang mit Verschiedenheit in der Lebensspanne. Behinderung – Geschlecht
– kultureller Hintergrund – Alter(sphasen)
Technische Universität Dortmund
Kontakt: Prof. Dr. Ulrike Schildmann, E-Mail: [email protected].
01. – 03. 10. 2009
13. Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für historische und
systematische Schulbuchforschung
Freund- und Feindbilder, Universität Belgrad (SRB)
Kontakt: Assistant Professor Dr. Arsen Djurovic, Universität Belgrad, Philosophische Fakultät, Ljubina Str. 18-20, Belgrad, Serbien, E-Mail: [email protected],
Tel. +381 11 311 50 75. Prof. Dr. Eva Matthes und Dr. Carsten Heinze, Universität Augsburg, Lehrstuhl für Pädagogik, Universitätsstr. 10, 86159 Augsburg, Telefon 0821/5985564 -5573, Fax 0821 5985630, E-Mail: carsten.
[email protected]. Internet: http://www.philso.uni-augsburg.de/de/
lehrstuehle/paedagogik/paed1/Schulbuchforschung1
04. – 07. 10. 2009
Kommission Schulforschung und Didaktik
Umgang mit Heterogenität, Brixen (I)
Kontakt: Prof. Dr. Ingrid Kunze, Universität Osnabrück, FB 3, Heger-TorWall 9, 49069 Osnabrück, Tel.: 0541-969-4981, Fax: 0541-969-4861
07. – 08. 10. 2009
Herbsttagung der Kommission für Bildungsorganisation, Bildungsplanung, Bildungsrecht (KBBB)
Evaluation – Gesellschaft – Bildung (Arbeitstitel), Münster.
29. – 31. 10. 2009
Herbsttagung der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie
Philosophy of Education and the Transformation of Educational Systems / La
Philosophie de l'Éducation et la Transformation des Systèmes Éducatifs / Die
175
Tagungskalender
Bildungs- und Erziehungsphilosophie und der Wandel der Bildungssysteme,
Basel (CH)
Information: http://paedagogik.unibas.ch
Oktober 2009
Jahrestagung der Kommission Pädagogische Anthropologie
Geschlecht, Universität Hildesheim
Organisation: Prof. Dr. Meike Sophia Baader
März 2010
14. – 17. 03. 2010
22. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft
(DGfE)
Bildung in der Demokratie, Mainz
(vgl. Mitteilungen des Vorstands, in diesem Heft)
August 2010
22. – 28. 08. 2010
21st International Congress of Historical Sciences (ICHS)
in Verbindung mit Session 32, International Standing Conference for the History of Education (ISCHE 32), Amsterdam
Information: www.ichs2010.org, E-Mail: [email protected]
176
Personalia
Clausen, Marten, Dr. ist zum Wintersemester 2008/09 auf die Professur Unterrichtsforschung (W2) im Fachbereich Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen berufen worden.
Dauber, Heinrich, Prof. Dr., hat gemeinsam mit Dorit Bosse und Elke Döring-Seipel für die Entwicklung und Erprobung eines 1,5-tägigen Seminarmodells Psychosoziale Basiskompetenzen im Lehrberuf den 1. Preis des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Exzellenz in der Lehre erhalten.
Ehrenspeck, Yvonne, Prof. Dr., Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg,
Allgemeine Pädagogik, hat einen Ruf auf eine W3-Professur für Allgemeine
Erziehungswissenschaft an der Universität der Bundeswehr in München abgelehnt. Zum 01.04.2008 hat sie eine W3-Professur für Allgemeine Pädagogik an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg angenommen.
Herz, Birgit, Prof. Dr., Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft, hat einen Ruf auf die W3Professur für Pädagogik bei Verhaltensstörungen an der Leibniz Universität
Hannover erhalten.
Hornberg, Sabine, PD Dr., Technische Universität Dortmund, hat zum
01.10.2008 den Ruf auf die W2-Professur für Allgemeine Pädagogik an der
Universität Bayreuth angenommen.
Kessl, Fabian, Dr., ist zum Wintersemester 2008/09 auf die Professur Theorie und Methoden der Sozialen Arbeit (W3) im Fachbereich Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen berufen worden.
Koch-Priewe, Barbara, Prof. Dr., bisher Technische Universität Dortmund,
hat zum 01.10.2008 einen Ruf auf die Professur (W3) für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I an der Universität Bielefeld angenommen.
Sliwka, Anne, Dr., ist zum Wintersemester 2008/09 auf die Professur Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik (W3) im Fachbe177
Personalia
reich Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen berufen
worden.
Neuß, Norbert, Prof. Dr., FH Hildesheim/ Holzminden/ Göttingen, hat einen
Ruf auf die Professur für Didaktik und Pädagogik des Elementarbereichs und
der Frühen Kindheit an der Justus-Liebig-Universität Gießen angenommen.
178
Hinweise für Autorinnen und Autoren
der ‚Erziehungswissenschaft‘
Stand: Januar 2009
Für die Editierung Ihres Beitrags bitten wir Sie, die nachfolgenden Punkte zu
beachten:
1. Schreiben Sie Ihren Text als Fließtext, ohne Silbentrennung, ohne Blocksatz, ohne Kopf- und Fußzeilen, ohne Silbentrennung, ohne HyperlinkFormatierung (in Internet- und Emailadressen) und ohne Nummerierung
der Seiten, keine Absatzformatierung mittels Leerzeile.
Schriftart: Times New Roman (oder andere Serifen-Schrift), Punkt 12,
1,5-zeilig.
Textstellen, die im Druck hervorgehoben werden sollen, sind nur als
Kursivschrift möglich (nicht fett, nicht unterstrichen, keine VERSALIEN
oder KAPITÄLCHEN).
Zu den Hinweisen für die einzelnen Rubriken vgl. unten (Anhang 2).
2. Dokument: Ihr Manuskript ist als doc-Datei willkommen.
3. Die Gliederung des Textes sollte in Dezimalklassifikation höchstens zweistellig erfolgen (1., 1.1 etc.).
4. Rechtschreibung: es gilt eine moderate Fassung der sog. Neuen Rechtschreibung.
5. Anmerkungen/Fußnoten werden an das Ende der betreffenden Seite gestellt und sollen nach Möglichkeit vermieden werden. Fußnotenzeichen
sind im Text (fortlaufend nummeriert) hochgestellt (Beispiel: … gezeigt
hat.4).
6. Gestaltung von Tabellen und Abbildungen: siehe unten (Anhang 1).
7. Literatur: Bitte nur Literatur angeben, die einen direkten Textbezug hat,
auf Zusatzliteratur verzichten.
179
Hinweise für Autorinnen und Autoren
7.1 Literaturverweise im Text durch Name, Jahr und Seitenzahl kennzeichnen, dabei keine Großbuchstaben oder Kapitälchen verwenden.
(Müller 1990)
(Müller 1990a, b)
(Müller 1990, 1992, 1994)
(Müller 1990, 13 bzw. 13f. bzw. 13ff.)
(Kant 1799/1974)
mehrere Autoren:
(Müller/Maier 1990)
(Müller/Maier/Schmidt 1990)
(bis 3 Autoren bei Erstnennung, dann Müller et al. oder u. a.)
(Müller 1990; Maier et al. 1990)
7.2 Literaturverzeichnis
Eigenständige Veröffentlichung:
Familienname, Initialen des/der Vornamen(s). (Jahr): Titel. Verlagsort: Verlag.
Brücher, G. (2004): Postmoderner Terrorismus. Zur Neubegründung von Menschenrechten aus systemtheoretischer Perspektive. Opladen: Verlag Barbara
Budrich.
Baumert, J./Schümer, G. (2001): Schulformen als selektionsbedingte Lernmilieus.
Opladen: Leske + Budrich.
Beiträge in Sammelwerken:
Familienname, Initialen des/der Vornamen(s). (Jahr): Titel. In: Familienname, Initialen des/der Vornamen(s). (Hrsg.): Titel. Verlagsort: Verlag, S. xx-xxx.
Rauschenbach, T./Züchner, I. (2004): Studium und Arbeitsmarkt der Hauptfachstudierenden. In: Tippelt, R./Rauschenbach, T./Weishaupt, H. (Hrsg.): Datenreport Erziehungswissenschaft 2004. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 39-55.
Beiträge in Zeitschriften:
Familienname, Initialen des/der Vornamen(s). (Jahr): Titel. In: Titel der Zeitschrift, Jahrgang, S. xx-xx.
Leschinsky, A. (2005): Vom Bildungsrat (nach) zu PISA. Eine zeitgeschichtliche Studie zur deutschen Bildungspolitik. In: Zeitschrift für Pädagogik, 52.
Jahrgang, S. 818-828.
180
Hinweise für Autorinnen und Autoren
Anhang 1
Typographische Richtlinien für die Gestaltung
der Tabellen und Abbildungen
Bei der Gestaltung Ihrer Tabellen und Abbildungen wird gebeten, die nachfolgenden Hinweise zu beachten, damit zeitraubende Bearbeitungen der Vorlagen oder die Neuanfertigung der Darstellungen vermieden werden können.
Die Abbildungen müssen folgenden Kriterien genügen:
1. Abbildungen nicht in den Text einfügen, sondern in eigener Datei speichern; im Text die Stelle der Einfügung kennzeichnen; bei den Abb. bitte
beachten, dass unser Satzspiegel 11 x 17 cm beträgt.
2. „Power-point“-Darstellungen sind als Druckvorlage grundsätzlich nicht
geeignet.
3. Alle Abbildungen von vornherein einfarbig anlegen (keine Farbabbildungen).
4. Abbildungen in Größe, Linienstärke, Schriftgröße, Auflösung usw. dem
Satzspiegel (11 x 17 cm) anpassen.
5. Datei-Formate:
Vektor-Bilder (Diagramme, Schemata etc.) am besten als .eps-Datei
Pixel-Bilder (Fotos etc.) als .tif-Dateien mit einer Mindestauflösung von
600 dpi (bezogen auf die Endgröße der Abbildung).
6. Linien in Graphiken und Abbildungen in der Mindeststärke ½ p. anlegen
(keine Haarlinien).
7. Tabellen möglichst einfach gestalten (wenige Spalten etc.).
8. Bei Diagrammen keine feinen Rasterungen oder Graustufen verwenden,
sondern grobe Schraffuren oder graphische Muster.
9. Für Abbildungen/Tabellen werden serifenlose (sans serif) Schrifttypen
empfohlen (z.B. Arial, Univers, Trade Gothik); dabei ist die Mindestschriftgröße innerhalb der Abbildungen Schriftgrad 6, in den meisten
Fällen ist der Schriftgrad 8-9 optimal.
10. Einen guten Ausdruck der Graphik beifügen, der notfalls eingescannt
werden könnte.
181
Hinweise für Autorinnen und Autoren
Anhang 2
Hinweise zu den einzelnen Rubriken
Rubrik „Beiträge“
• An den Anfang: Thema des Beitrags sowie Vor- und Nachname der
Autorin/des Autors
• Abbildungen, Schaubilder s. o. (Anhang 1)
• Bitte verwenden Sie Klammern und Anführungszeichen nach folgendem
Muster:
o [...] für Ihre Auslassungen im Zitat
o [xxx, d. V.] für von Ihnen ins Zitat eingefügte Erklärungen und Ergänzungen
o doppelte Anführungszeichen („“) für Zitate (mit Literaturverweis belegt)
o einfache Anführungszeichen (‚‘) für distanzierte o. ‚uneigentliche‘ Rede
sowie für ein Zitat im Zitat.
• Hyperlinks stehen grundsätzlich nur als Äquivalent für den Verlagsort in
herkömmlichen Literaturangaben. Bitte verwenden Sie sie unter Angabe
von Autor und/oder Institution, Titel des Dokuments usw., URL, letztem
Zugriff.
Rubrik „Berichte aus den Sektionen“
Die Berichte aus den Sektionen und Kommissionen sollten nach folgenden
Unterüberschriften gegliedert sein:
•
•
•
•
Tagungen
Vorstandsarbeit
Aktivitäten der Sektion/Kommission
Veröffentlichungen der Sektion/Kommission
Außer diesen Überschriften werden wegen der Einheitlichkeit des Schriftbildes keine anderen Überschriften aufgenommen. Tagungsankündigungen bitte
für die Rubrik „Tagungskalender“ abfassen. Bitte ans Ende des Berichts/der
Notiz: Vor- und Nachname der Autorin/des Autors.
Rubrik „Notizen aus der Forschung“
In dieser Rubrik werden Forschungsprojekte, neue Publikationsorgane, neue
Forschungszentren und -einrichtungen u. ä. aufgeführt.
Bei Projektbeschreibungen sollte folgendes Format eingehalten werden:
182
Hinweise für Autorinnen und Autoren
•
•
•
•
•
•
Titel
Projektleitung und Team
Gefördert durch
Laufzeit
Kurzbeschreibung
Kontaktadresse
Rubrik „Notizen aus der Wissenschafts- und Bildungspolitik“
Die Notizen sollten den Textumfang von je einer halben Seite nicht überschreiten. Bitte ans Ende des Berichts/der Notiz: Vor- und Nachname der
Autorin/des Autors.
Rubrik „Ausschreibungen, Preise“
In dieser Rubrik können Aufrufe zur Suche nach Projektpartnern für Forschungsprojekte sowie Ausschreibungen wissenschaftlicher Preise veröffentlicht werden. Bitte ans Ende des Berichts/der Notiz: Vor- und Nachname der
Autorin/des Autors.
Rubrik „Tagungskalender“
Eintragungen in den Tagungskalender sollten in Form zusammengefasster
Ankündigungen in folgendem Format erscheinen:
Termin, Titel, Ort, kurze Themenbeschreibung (10-20 Zeilen), Organisatorisches, Kontaktadresse/Homepage.
Rubrik „Personalia“
In die Personalia werden Nachrufe und Gratulationen (zu runden Geburtstagen ab dem Alter von 80 Jahren) sowie Informationen über Preise, Rufe
und Vertretungen von Professuren aufgenommen. Qualifikationsarbeiten
(Promotionen, Habilitationen) können aus Platzgründen leider nicht berücksichtigt werden. Veränderungen in den DGfE-Sektions- oder Kommissionsleitungen sollten für die Rubrik „Berichte aus den Sektionen“ abgefasst werden.
183
Impressum
Erziehungswissenschaft. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für
Erziehungswissenschaft (DGfE)
Herausgegeben vom Vorstand der DGfE (http://www.dgfe.de/ )
ISSN: 0938-5363, Erscheinungsweise: zweimal jährlich.
Online-Ausgabe: http://dgfe.pleurone.de/zeitschrift/
Geschäftsführende Herausgeberin:
Prof. Dr. Ingrid Lohmann, Universität Hamburg, FB Erziehungswissenschaft,
Fakultät IV, Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg
E-Mail: Lohmann [at] erzwiss.uni-hamburg.de
Redaktion:
Susanne Spieker M.A., Universität Hamburg, FB Erziehungswissenschaft,
Fakultät IV, Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg
E-Mail: spieker [at] erzwiss.uni-hamburg.de
Redaktionsschluss für Heft 39 ist 15. Juni 2009.
Satz: Dr. Anne Wessel, Berlin
Verlag:
Verlag Barbara Budrich, Opladen & Farmington Hills
www.budrich-verlag.de
E-Mail: info [at] budrich-verlag.de
Tel. 02171 344 594, Fax 02171 344 693
Informationen über die Bedingungen für die Mitgliedschaft in der DGfE
erhalten Sie auf der DGfE-Homepage unter
http://dgfe.pleurone.de/ueber/Mitgliedschaft/ oder bei der
Geschäftsstelle der DGfE
c/o Freie Universität Berlin
Yvonne Rosendahl, Arnimallee 12, 14195 Berlin
Tel.: +49 (0)30 838 54445, Fax: +49 (0)30 838 54441
E-Mail: buero [at] dgfe.de
Herunterladen