BEVOG news letter 02-10 September 2010 Schorf-/Mehltau Die Beurteilung der Krankheitsanfälligkeit ist für die Sortencharakterisierung von grösster Wichtigkeit. Im letzten Newsletter konnten wir Sie über den Verlauf resp. den Abschluss der Triebanfälligkeitstestung alter Obstsorten gegenüber Feuerbrand informieren. Im vorliegenden Newsletter geht es nun um den zweiten Teil des Moduls 2, der Prüfung alter Obstsorten auf die Anfälligkeit gegenüber Schorf und Mehltau. In einer Parzelle auf dem Gelände der Agroscope Changins-Wädenswil (ACW) werden 600 ApfelAkzessionen mit je 2 Bäumen auf ihre natürliche Anfälligkeit gegenüber den Pilzkrankheiten Schorf und Mehltau geprüft. Die Ergebnisse bilden wertvolle Grundlagen für praktische Sortenempfehlungen und die züchterische Nutzung. Rolf Blapp, der erfahrene Baumschulist der ACW, hat Anfangs 2007 von jeder Akzession zwei Bäume auf virusfreie M9-Unterlagen veredelt und in die Baumschule gepflanzt. Eine kleine Auswahl der 600 Akzessionen welche für die Testung ausgewählt wurde. Sortenwahl und Baumproduktion Von den 1200 im Inventarisierungs-Projekt (NAP8/02-23) aufgefundenen Apfel-Akzessionen wurden 600 Akzessionen für den Versuch ausgewählt. Das Ziel war es, Akzessionen aus den Regionen, die in den Jahren 2000 bis 2002 inventarisiert wurden, möglichst vollständig in die Prüfung aufzunehmen. Aufgrund der Verfügbarkeit von Edelreisern in den NAP-Sammlungen konnten 93% aller ApfelAkzessionen aus den Deutschschweizer Kantonen BL, BS, SH, ZH, BE, AG und SO, sowie der westschweizer Kantone FR, JU und NE und dem Kanton Tessin berücksichtig werden. Zusätzlich wurden einige Referenzsorten wie Jonathan, Boskoop, Bohnapfel, Berlepsch und als Kontrollsorten Golden Del. (schorfanfällig) und Gravensteiner (mehltauanfällig) für die Prüfung gewählt. Die 1200 Versuchsbäume im Frühling 2007 in der Baumschule von ACW in Wädenswil. 1 Versuchsparzelle Im Frühjahr 2008 wurden die 1200 Bäume in einer eigens für das BEVOG von ACW zur Verfügung gestellten Parzelle gepflanzt. Die Anordnung der Bäume erfolgte dabei in einem zufälligen Raster. Die jeweils 36 Bäume der als Kontrolle dienenden Sorten Gravensteiner und Golden Del. wurden in regelmässigen Abständen zwischen die NAP-Sorten gepflanzt. Baumstreifen platziert. Damit erhofften wir uns eine regelmässige Verteilung der Schorfsporen innerhalb der Parzelle. Ein Jahr später wurde dann auf diese Aktion verzichtet, da sich in einer unbehandelten Parzelle schon nach relativ kurzer Zeit ein starker Schorfdruck aufbaut. Um die Bäume nicht noch zusätzlichem Stress auszusetzen werden in der Anlage Insektizide eingesetzt. Dank eines eher extensiven Spritzprogramms sind dennoch gewisse Aussagen zur Anfälligkeit der einzelnen Sorten gegenüber Schadinsekten, insbesondere Blattläusen möglich. All diese „Nebeneffekte“ werden bei den Bonituren erfasst, sind jedoch nicht im Hauptfokus des Versuchs und dessen Auswertung. Die Versuchsparzelle kurz nach deren Erstellung im Frühling 2008. Die Bäume entwickelten sich insgesamt erfreulich. Einzelne Ausfälle aufgrund von Mäusefrass, Krebs oder Rindenbrand mussten zwar hingenommen werden, teilweise konnten die Bäume jedoch durch Nachveredelungen wieder ersetzt werden. Um die Etablierung der Bäume nicht zu gefährden, wurde im ersten Jahr ein reduziertes Fungizid-Programm angewendet. Ab dem Jahr 2009 wurden in der Versuchsanlage dann keine Fungizide mehr eingesetzt, im Gegenteil: eine künstliche Erhöhung des Schorfdrucks war Teil der Strategie. Einerseits steht die Anlage neben einem SchorfrassenFangsortiment mit vielen Golden Del. Bäumen welche seit 1993 nicht mit Fungiziden behandelt werden. Sie ist daher standortbedingt einem hohen Schorfdruck ausgesetzt. Andererseits wurde im Spätherbst 2008 mit Schorf infiziertes Laub in verschiedenen Parzellen von ACW eingesammelt und in kleine Säckchen aus Hagelnetzresten verpackt. Diese „Sporenbomben“ wurden später auf den Die fertiggestellte Parzelle im ersten Jahr. Jeder Baum wurde mit einem Kunststoffschild beschriftet. Bonitur Die Bonitur wird jährlich durchgeführt, der Zeitpunkt richtet sich nach der Anzahl ausgestossener Schorfsporen. Ungefähr zwei Wochen nachdem die letzten Ascosporen mittels Sporenfalle gefangen werden kann die Bonitur durchgeführt werden. Dies ist je nach Witterung jeweils ca. Mitte Juni der Fall und erfolgt im Rahmen eines Screenings, abgeleitet von der 9stufigen Skala von Lateur und Populer (vgl. untenstehende Tabelle). 1. keine sichtbaren Symptome 2. Befall von bis zu 1% der Organe bei genauer Untersuchung 3. Befall von 1-5% der Organe, sofort ersichtlich. 4. Zwischenstufe 5. rund 25% aller Organe befallen 6. Zwischenstufe 7. schwere Infektion mit ca. 50% befallenen Organen 8. Zwischenstufe 9. sehr schwere Infektion, über 90% aller Organe befallen Boniturskala für Schorf/Mehltau, abgeleitet von Lateur und Populer, 1993. 2 Auswertung Es wurde je eine Bonitur in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführt. Nachdem Ende Mai 2009 ein schwerer Hagelschlag über die Parzelle zog, herrschten in jenem Jahr erschwerte Bedingungen. Ein ansehnlicher Teil des Blattwerkes war zerstört. 2009 Der Schorfbefall bei den einzelnen Genotypen bewegte sich auf tiefem Niveau, meist zwischen den Stufen 1 und 3. Die zur Kontrolle regelmässig eingestreuten Golden Del. zeigten erwartungsgemäss einen überdurchschnittlichen Schorfbefall. Die Verteilung der Goldenbäume in der Versuchsparzelle ermöglicht die Überwachung der Schorfverteilung. Trotz des direkt an unsere Versuchsanlage liegenden Schorfrassen-Fangsortiments war kein uneinheitlicher Befallsdruck festzustellen. Beim Mehltau war bereits eine grössere Differenzierung sichtbar als beim Schorf. Auch hier waren die Boniturstufen 1-3 am weitesten verbreitet, jedoch traten vermehrt auch mittelschwere bis schwere Infektionen auf. Gravensteiner zeigte meist deutliche Symptome. Es zeigte sich dabei, dass diese sich in der Regel nicht zu Schorf weiterentwickelten. Auch beim Mehltau waren teils massive Unterschiede zwischen den einzelnen Genotypen sichtbar. Im Gegensatz zum Schorf waren hier jedoch häufiger starke Unterschiede zwischen den beiden Bäumen desselben Genotyps sichtbar. Es ist bekannt, dass Mehltau innerhalb einer Parzelle lokal unterschiedlich stark auftreten kann. Bei der Bonitur wurde jedoch kein eindeutiges Muster der Mehltau-Verteilung in der Parzelle erkennbar. Gravensteiner und andere anfällige Sorten wie etwa Jonathan zeigten zudem sehr schöne Symptome. Bei der Auswertung wurde jeweils der Baum mit dem stärkeren Befall berücksichtigt. Bei den Bonituren 2010 traten deutliche Schorfsymptome auf. Die Kontrollsorte Gravensteiner zeigt ersten Jahr starke Mehltausymptome. bereits im 2010 Insgesamt konnte beim Schorf in diesem Jahr eine etwas stärkere Differenzierung unter den verschiedenen Genotypen festgestellt werden als noch ein Jahr zuvor. Dies ist nicht weiter überraschend, da sich das Sporenpotential innerhalb der Parzelle erst aufbauen muss. Nach wie vor sind jedoch die meisten Genotypen in den Befallsklassen 1 und 3 zu finden. Berücksichtigt wurde jeweils der Baum mit den stärkeren Symptomen. Daneben konnten auch Abwehrsymptome wie Ölflecken oder sogenannte Pin Point Pits beobachtet werden. Eine zweite Bonitur wurde Mitte August durchgeführt, namentlich um schwach ausgeprägte Symptome der 1. Bonitur zu überprüfen. vermehrt auch Folgerungen Eine abschliessende Auswertung dieses Versuches nach nur zwei Bonituren ist nicht möglich resp. sinnvoll. Sowohl Bäume als auch Krankheitserreger sind noch zu wenig etabliert. Es wäre deshalb sehr wünschenswert diesen Versuch in einer allfälligen nächsten Projektphase weiterzuführen. Trotzdem können bereits einige interessante Aussagen gemacht werden. Es zeigt sich, dass viele Sorten aus dem NAP-Programm toleranter gegenüber Schorf und Mehltau sind, als die Referenzen Golden und Gravensteiner. Die Graphen auf Seite 4 zeigen dies deutlich. Der Vergleich mit Golden ist jedoch etwas zu relativieren: Der Schorfdruck auf diese Sorte ist durch die unbehandelten Bäume im Schorfrassen-Fangsortiment neben der Versuchsparzelle artifiziell erhöht. In den nächsten Jahren werden sich auch andere Schorfrassen etablieren, wodurch mit verbreitet stärkeren Symptomen zu rechnen ist. In die Auswertungen flossen nur die Daten von 2010. Ein Vergleich mit dem ersten Boniturjahr wurde nicht gemacht, da die Differenzierung damals noch sehr schwach ausfiel. 3 Dank Wir bedanken uns herzlich bei allen Partnern und Mitarbeitern, welche das BEVOG im Allgemeinen und die Schorf-/Mehltauprüfung im Speziellen in irgend einer Form unterstützen. Namentlich erwähnen möchten wir Rolf Blapp, Baumschulist der ACW, welcher sämtliche Bäume für den Versuch produzierte. Ein spezieller Dank geht auch an die weiteren Mitglieder des Teams vom Versuchsbetrieb Obstbau ACW um Reto Leumann. Ohne deren Unterstützung bei Erstellung und Pflege der Versuchsparzelle wäre dieses Teilprojekt so nicht durchführbar gewesen. Herzlich bedanken möchten wir uns auch bei Andrea Patocchi, welcher uns bei den Bonituren und deren Auswertung beratend zur Seite stand. Kontaktadressen: Agroscope Changins-Wädenswil ACW Genressourcen Obst Schloss, Postfach 8820 Wädenswil David Szalatnay Tel: 044 783 62 87 [email protected] Kaspar Hunziker Tel: 044 783 61 80 [email protected] Das Projekt NAP 03-21 Beschreibung von Obstgenressourcen wird durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) finanziell unterstützt. 4