Meinhard B., 75 Jahre. Aufgeklärter, politisch denkender Opa. Alte, rauhe Stimme, langsam, bedächtig, nachdenklich, spricht sehr akzentuiert, leicht dozierend. Dabei: Enkelin Pauline B., 5 Jahre. Frage 1:“ Als Sie jung waren- kurz nach dem Krieg- hat man da eigentlich gar nicht an die Umwelt gedacht?“ „Hmm. – Das kann man so nicht sagen. Wissen Sie, nach dem Kriege fühlten wir jungen Leute uns irgendwie… wie soll ich sagen… entwurzelt. – Wir waren auf der Suche. – Wo sollte es langgehen? Nehmen Sie mal unseren Wald. Der hatte damals genauso wie alles andere furchtbar zu leiden. Deutschland musste doch Reparationsleistungen an die Alliierten liefern – dazu gehörten auch große Mengen Holz.- Überall diese Riesenkahlschläge… können Sie sich das vorstellen? Ich erinnere mich noch gut: Wir kämpften richtig dafür, die Wälder wieder aufzubauen. Sogar tatkräftig! Ja, ja… Da wurden die Ärmel hochgekrämpelt und dann ging es raus in den Wald: Bäume pflanzen. Wir Niedersachsen haben uns besonders aktiv gegen den Raubbau engagiert! Wir haben sogar die erste deutsche Bürgerinitiative gegründet! Haben Sie bestimmt schon mal was von gehört: Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Die gibt’s ja immer noch…“ Frage 2: „In 70 Jahren ist Pauline so alt wie Sie heute. Haben Sie gar keine Angst vor der Zukunft Ihrer Enkelin?“ „Ach ja, darüber mache ich mir schon oft Gedanken. Aber wissen Sie, eigentlich gehöre ich zu diesen unverbesserlichen Optimisten. Wenn ich vor unsere eigene Haustür schaue, dann bin ich ziemlich hoffnungsvoll. Nehmen wir wieder den Wald: Da gibt es zwar auch jede Menge Umweltprobleme, aber eben auch echte Fortschritte. Schauen Sie doch mal: Monokulturen sind passé, die naturnahe Forstwirtschaft hat sich durchgesetzt. Wenn Sie heute im Wald sind, da sehen Sie wieder richtige alte, morsche Bäume – der Wald darf wieder wild sein, ist nicht mehr so aufgeräumt wie früher! Soll ich Ihnen mal sagen, was ich bemerkenswert finde, daran? Diese neuen Wälder gibt es ja nicht nur bei uns, sondern such in anderen europäischen Ländern. Naja, unser Wohlstand erlaubt uns das eben… Wenn ich da auf die andere Seite des Globus schaue… Da bin ich dann doch eher skeptisch: Immer noch Rodung riesiger Flächen, Wüsten bilden sich durch Übernutzung… Das Verschwinden von Wald hat eben immer auch viel zu tun mit der Armut von Menschen. Ja- da bleibt noch viel zu tun… Aber wir haben ja noch Pauline!“ Frage 3: „Und Sie? Was tun Sie selbst für eine lebenswerte Zukunft für Pauline?“ „Naja, ich sehe das ganz pragmatisch: Nehmen wir mal das Einkaufen. Sie kennen doch den alten Spruch: der Kunde ist König? Merkt man zwar hier in Deutschland nicht immer, aber letztlich stimmt es ja doch. Also, wenn ich als Kunde ein bestimmtes Produkt kaufe und das andere lasse ich im Regal stehen, dann bestimme ich eben ganz eindeutig mit, was und wie künftig produziert wird. Das müssen Sie sich mal klar machen, welche Macht wir da als Käufer haben! Bei mir im Haus finden Sie zum Beispiel nur Möbel aus heimischen Hölzern. Sie können sich bestimmt denken, wie schwierig das war, immer herauszufinden, woher die kamen. Deswegen finde ich es so wichtig, dass man uns gezielt über die Herkunft der Möbel informiert. Da kann ich dann ganz bewusst entscheiden, welche Wälder ich mit meinem Geld fördere. Holz aus naturnaher Forstwirtschaft: hm. Holz aus Raubbau: Nicht mit mir! Eine gute Sache sind da diese Zertifikate, die sind ja so was wie Gütezeichen, da sehe ich gleich auf den ersten Blick: kann ich beruhigt kaufen- oder: besser Hände weg.“ Frage 4: „Angeblich soll der Wald ja unsere „grüne Lunge“ sein, das habe ich noch nie verstanden. Können Sie mir das mal erklären?“ „Ja, vom Wald da habe ich Ahnung, der hat mich schon immer interessiert. „Grüne Lunge“ gefällt mir. Ja, das ist wahr, die Wälder sind unglaublich wichtig für das Klima unserer Erde. Das heißt aber nicht, dass jetzt keine Bäume mehr gefällt werden sollen und die Förster alle in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden. Im Gegenteil. Wenn Sie das verstehen wollen, müssen Sie eben mal gut aufpassen, eigentlich ist das gar nicht so schwer: Also, die Bäume nehmen aus der Luft das Treibhausgas CO² und verwandeln es mit Hilfe der Sonne in den Rohstoff Holz. Im Holz ist der Kohlenstoff dann so lange gespeichert, bis ich das Holz irgendwann mal verbrenne. Stellen Sie sich das mal vor, diese riesigen Mengen an Kohlenstoff, die in Wäldern, Holzhäusern, Stühlen, Schränken, Holzspielzeug und so weiter gespeichert sind! –Mich begeistert das immer wieder. Und das Dolle daran: In den Jahren, in denen Pauline und ihre Geschwister mit ihrer Holzeisenbahn spielen, wachsen schon wider neue Bäume an Stelle der alten. –Und: binden wieder neues CO²! Die Förster sollen also ruhig ihre Bäume ernten; sie müssen nur aufpassen, dass sie nie mehr Holz aus dem Wald holen, als von Natur aus nachwachsen kann. Sehen Sie, so einfach ist das.“ Frage 5: „Eigentlich haben wir hier in Niedersachsen doch ziemlich viel Wald, oder?“ „Naja, in Südniedersachsen gibt es große Waldgebiete, zum Beispiel im Harz und im Solling, da wo ich herkomme. Aber im Norden – besonders an der Küste – ist ja nun eher plattes Land mit recht wenig Wald. Nur für den Fall, dass Sie Statistiken mögen, hier hab ich eine für Sie: in Niedersachsen ist 23% der Landesfläche mit Wald bedeckt. Damit liegen wir unter dem Bundesdurchschnitt, bundesweit sind es immerhin 30%! Da gibt’s also noch viel zu pflanzen bei uns… Ich habe übrigens gehört, dass die Niedersächsische Landesregierung den Waldanteil erhöhen will. Das ist doch was. Da kann Pauline auf ihre alten Tage vielleicht mal in Wäldern spazieren gehen, die ich gar nicht mehr kennenlerne…!?“