Sabine M., 34 Jahre, Försterin in Niedersachsen Landesforstverwaltung. Frage 1: „Ich wusste gar nicht, dass es auch FörsterINNEN gibt!?“ „Nee? Noch nie eine von uns im Dienst gesehen? Na, dann wird’s aber Zeit! Aber mal im Ernst: Ich bin gar nicht so allein. Ich habe schon die eine oder andere Kollegin. Obwohl, Sie haben natürlich Recht: Irgendwie fallen wir immer noch auf…- Aber wer weiß wie lange noch…? Für mich war Försterin immer ein Traumberuf, hab´ ich schon als Mädel von geträumt. Viel im Wald. Hast trotzdem mit Menschen zu tun: Waldarbeiter, Spaziergänger, Holzkäufer, Jäger, Sportler und Kinder, die bei mir im Wald toben. Und: du kannst was für die Umwelt tun. Ja, echt! Ob Sie´s glauben oder nicht, das is´ ne echt spannende Aufgabegerade hier in Niedersachsen! Die meisten Wälder hier haben ja´n viel zu hohen Nadelbaumanteil. Das ist unser Erbe aus alten Aufforstungszeiten, da kamen nur die frostharten und anspruchslosen Baumarten zum Zug.Das Problem ist nur, das is´ nich so, wie´s die Natur selber machen würde… Und auf Dauer geht das meist in die Hose! Dann besser natur- nah! Natur- nah heißt, wenn alle Bäume die von Natur aus angepasst sind an einem Standort ´ne Chance haben, wissen Sie? Was dann dabei rauskommt ist meist ´n richtig schöner, stabiler Mischwald. Bei mir im Wald sprech´ ich immer von ´ner grünen Revolution: Fats doppelt so viele Laubbäume wie früher, das müssen Sie sich mal vorstellen! Schon spannend unser Job …“ Frage 2: „Kennen Sie noch diesen Slogan „Baum ab- nein Danke“? „Oje, das ist doch schon ewig her! Sie glauben gar nicht, wie ich mir darüber schon den Mund fusselig geredet habe… Kam damals auf dieser Spruch, um das Abholzen von all den schönen Baumalleen in den Städten zu stoppen. Hat auch super geholfen, man gut so! Ja und dann ging´s mitten rein ins Waldsterben und wir bekamen richtig Panik um unseren Wald. Das ging dann bloß voll in die falsche Richtung: Die Leute glaubten, unser Wald verträgt jetzt plötzlich auch die Holzernte nicht mehr- aber das st natürlich absoluter Quatsch! Wichtig ist ja nur, wie man Bäume erntet und nicht ob. Wenn man immer nur einzelne Bäume rausnimmt, stört das den gesamten Wald über-haupt-nicht! Nicht die Pflanzen und nicht die Tiere. „Nach-haltig“ nennt man das, man holt immer nur so viel raus aus dem Wald, wie von allein nachwachsen kann. Und daran halten wir uns hier in Niederschsen. Versteh´n Sie jetzt?“ Frage 3: „Es reden immer alle von „Artenvielfalt“. Das versteh´ ich einfach nicht. Wald ist doch Wald!?“ „Nee, Wald ist eben nicht gleich Wald. Warten Sie mal, ich mach da mal nen Vergleich: Das ist fast so wie bei uns Menschen: Die einen sind echte Landratten, die brauchen einfach frische Landluft, in der Stadt da würden die eingehen. Und die anderen sind eben Stadtkinder, die brauchen immer Action um sich rum, auf dem Land, da würden die ´n Kollaps kriegen. So ähnlich ist das mit den Waldbewohnern auch- nur mit dem Unterschied, dass die meistens nicht selber wählen können, die müssen schön mit dem leben, was sie geboten kriegen. Nehmen Sie mal den Hirschkäfer: der braucht olle Eichenstubben. Wenn der keinen Eichenstubben für seine Larven findet, ist der völlig aufgeschmissen- und stirbt aus. Klar, in ´nem Wald ohne Eichen finden Sie nicht einen Hirschkäfer! Oder fragen Sie mal den Rauhfusskauz! Gäbe es im Harz keine Fichten, der würde sich ganz schnell verabschieden aus´m Harz, den würden Sie nur noch von hinten sehen. Verstehen Sie was ich sagen will? Wenn Sie auf die Lebensräume achten, erhalten Sie auch deren Tiere und Pflanzen, natürlich auch die darauf angewiesenen Spezialisten. Die Vielfalt der Lebensräume und die Artenvielfalt gehen da Hand in Hand.“ Frage 4: „Finden Sie es denn naturnah Rehe zu schießen?“ „Hm. Ja, wir müssen da der Natur ein bisschen auf die Sprünge helfen. Oder wohl besser gesagt: die Natur ersetzen. Wissen Sie, Rehe sind nicht nur hübsche Tiere, Rehe sind auch ganz schön naschhafte Tiere. Und: ganz verrückt sind sie nach zarten, jungen Baumknospen und Kräutern. Und da können Sie jetzt ´ne völlig simple Rechnung aufmachen: je mehr Rehe im Wald leben, umso mehr junge Bäume werden abgefressen. Dem Wald fehlt dann irgendwann der natürliche Baum- Nachwuchs. Es wächst einfach nix mehr nach, versteh´n Sie? Die einzigen die hier helfen könnten, sind der Wolf, der Bär oder der Luchs. Die würden sich schon drum kümmern… Da sehen Sie das Dilemma: es fehlen die natürlichen Jäger. Also müssen wir ran. Wenn wir jungen Bäumen eine Chance geben wollen, müssen wir in regelmäßigen Abstände4n den Wolf spielen… Ob wir wollen oder nicht… Gut, wenn dabei auch noch ein gesunder Braten für uns anfällt.“ Frage 5:“ Stören Sie denn die Waldtiere gar nicht durch die Forstarbeit?“ „Wissen Sie, wenn man´s ganz genau nimmt, störe ich als Mensch die Waldtiere eigentlich immer. Ganz egal, ob als Waldarbeiterin, als Joggerin oder als Wandergruppe… Wenn Sie die Tiere fragen würden, hätten wir im Wald eigentlich über-haupt nichts zu suchen. Was man aber auch sehen muss: Wir sind ja nicht ständig mit der Motorsäge unterwegs- und vor allem: nicht immer überall. Im Gegenteil: In hun-dert Jahren kommen wir höchstens 10 mal an die gleiche Stelle im Wald… Also 9 Jahre lang Ruhe und dann ein paar Tage Lärm. Andererseits: bei so richtig empfindlichen Tierarten kann allein das schon zu viel sein! Der Schwarzstorch zum Beispiel, wenn der gerade sein Nest baut, ist er höllisch empfindlich. In solchen Zeiten lassen wir uns natürlich nicht blicken im Wald. Aber im Winter geht’s richtig rund mit dem Bäumefällen. Ich sach´ immer, der Winter, das ist für uns die Haupterntezeit. Aber im Wald ist dann Pause angesagt. Alles ruhig: Bäume, Kräuter, Blumen, der Dachs verpennt die ganze Aufregung in seinem Bau und der Schwarzstorch sonnt sich im Süden…“