Aufstehen gegen Narzissmus

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Paukenschlag am Donnerstag
No. 11 /2016 vom 17. März 2016
Kommentare zum Zeitgeschehen von Egon W. Kreutzer
Druckversion: Sigbert Döring
Aufstehen gegen Narzissmus
Kein Tippfehler, auch kein Denkfehler - aber ein hartes Stück Arbeit.
Narzissmus ist eine eher harmlose Persönlichkeitsstörung mit zwei besonders hervorhebenswerten
Merkmalen.
Der Narziss ist hochgradig selbstverliebt und neigt daher zu Egomanie und Egozentrik,
zugleich braucht er Bestätigung durch andere, die er durch ein vordergründig charmantes,
freundliches Verhalten sowie mit anerkannt lobenswerten Eigenschaften und Handlungen zu
erlangen versucht.
(ausführlicher hier http://www.hardtwaldklinik2.de/narzisstische-persoenlichkeitsstoerung.html)
Wer sich mit einem oder mehreren Narzissten eingelassen hat, kommt nur schwer wieder los, obwohl ihn
der Narzissmus bald fürchterlich nervt.
Interessant am oben verlinkten Text ist der Hinweis darauf, dass neben frühkindlichen Zuwendungs- und
Zuneigungsdefiziten auch unsere Kultur, in der Leistung und Status zu hoch bewertet werden, zur
Stärkung des Narzissmus beitragen.
Vermutlich, so meine bescheidene küchenpsychologische Annahme, tragen aber ebenso auch die EinKind-Familie, der frühe Übergang in fremde Betreuung, sowie die "Versingelung" der Gesellschaft dazu
bei, dass der Narzissmus bei immer mehr Menschen immer deutlicher hervortritt, während die modernen
Kommunikationsmittel und vor allem auch die Sozialen Netzwerke Plattformen zum Ausleben des
individuellen Narzissmus ebenso anbieten, wie jene neue Erscheinung, die inzwischen als
"Massennarzissmus" bezeichnet wird und sich insbesondere in der Obszönität der massenhaften
Selbstdarstellung z.B. bei facebook oder instagram zeigt, mit Massen von völlig unbekannten "Freunden"
und "Followern", die sich gegenseitig jeden Einkauf, jede Mahlzeit und jedes Bauchgrummeln mitteilen, mit
ihrem "Like- oder Share-Button" die gewünschten Bestätigungen massenhaft versenden und erhalten, was
einen Teil der Attraktivität dieser "Veranstaltung" ausmachen dürfte.
Die Überschrift dieses Paukenschlags ist in ihrem Gleichklang mit einem bekannteren Aufruf nicht
zufällig gewählt.
Der inflationäre und zumeist vollkommen unzutreffende Gebrauch des Begriffs "Rassismus" sollte
meines Erachtens wieder eingedämmt werden.
Weil sich nun überall im Lande Bündnisse formieren, deren Wahlspruch lautet "Aufstehen gegen den
Rassismus", halte ich es für geboten, dieses Phänomen daraufhin zu untersuchen, inwieweit es sich dabei
um Personen handelt, die sich zusammenfinden, um den Rassismus und seine fatalen Folgen zu
überwinden, oder ob es ein anderes, viel tiefer liegendes psychologisches Bedürfnis gibt, das im echten
und vermeintlichen Rassismus eine gerade im Trend liegende Projektionsfläche für narzisstische
Selbstdarstellung bietet.
Auszuschließen ist beides nicht, und sehr wahrscheinlicher sind in diesen Bündnissen beide "Charaktere"
nebeneinander anzutreffen.
Zur Klärung dieser Fragestellung erscheint es mir nützlich, zunächst den Begriff des Rassismus zu
definieren.
Wikipedia erklärt Rassismus so:
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17.03.2016
Rassismus ist eine Ideologie,
welche die „Rasse“ in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlichen bestimmenden Faktor
menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften deutet und Rassen nach Wertigkeit einteilt.
Der Begriff Rassismus entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der kritischen Auseinandersetzung mit
auf Rassentheorien basierenden politischen Konzepten.
(ausführlich hier)
Diese Definition macht stutzig. Denn es stellt sich unmittelbar die Frage, wie sich solcher Rassismus
äußert und wo er anzutreffen ist.
In der Geschichtsschreibung ist man sich einigermaßen einig. Rassismus gab (und gibt es in
Restbeständen immer noch) vor allem da, wo weiße Siedler und Kolonialisten Menschen anderer
Hautfarbe ihrer Rasse wegen als minderwertig betrachteten und behandelten.
Hier sind die USA und die dort aus der Zeit der Sklaverei bis ins zwanzigste Jahrhundert übrig gebliebene
Rassentrennung zwischen Schwarzen und Weißen ein gutes Beispiel, zumal sich dieser Rassismus in
abgewandelten Formen auch gegen die Ureinwohner, gegen zugewanderte Chinesen, Mexikaner und
andere Einwanderergruppen richtete.
Südafrika mit seiner Apartheid-Politik, die inzwischen aufgegeben wurde, deren Schatten aber heute noch
in der gewohnheitsmäßigen gesellschaftlichen Dreiteilung in Weiße, Mischlinge (Colourdes) und Schwarze
zu erkennen sind, ist ein weiteres Beispiel für eindeutigen Rassismus.
Rassismus gab es in ganz Europa über Jahrhunderte gegenüber den Juden in der Diaspora, die jedoch
weniger als minderwertig angesehen wurden - viele standen in hohem Ansehen - sondern vielmehr als
"Sündenböcke", vor allem für wirtschaftliche Fehlentwicklungen, angeprangert und zur "Gefahr" erklärt
wurden, die mit Pogromen gebannt werden sollte.
Den Höhepunkt dieser Entwicklung erlebte Europa unter der Herrschaft der Nationalsozialisten in
Deutschland.
Nicht vergessen werden sollte der Rassismus, der sich auch heute noch zum Beispiel zwischen den Hutu
und Tutsis in Ruanda beobachten lässt und der zu gewaltigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen
diesen zumeist als "Bevölkerungsgruppen" bezeichneten "Rassen" führte.
Auch die Geringschätzung des fahrenden Volkes der Zigeuner, heute differenzierter als Sinti und Roma
bezeichnet, ist sicherlich als Rassismus zu bezeichnen, der sich in einer übersteigerten Angst um das
angeblich von diesen bedrohte bewegliche Eigentum und einer entsprechenden Abwehrhaltung
ausdrückte.
Genug der Beispiele für den klassischen Rassismus und die beiden Hauptrichtungen seiner
Begründungen, nämlich einerseits, die leichtere Ausbeutbarkeit und Beherrschbarkeit einer allgemein als
minderwertig angesehenen Rasse und andererseits die aus Vorurteilen und manipulativen Informationen
gespeiste Angst vor einer von den Mitgliedern einer Rasse ausgehenden Gefahr.
Wo der Rassismusvorwurf gegen Gedankengut erhoben wird, das erbbiologisch-genetische
Unterscheidungen und Wertungen trifft, die zumeist aus reinen Äußerlichkeiten, wie Hautfarbe
oder Gesichtsform, bestimmt werden, ist er zutreffend.
Ist das aber die Stoßrichtung der Bündnisse, die ein "Aufstehen gegen den Rassismus" propagieren?
Ja und nein, finde ich.
Unbestreitbar gibt es auch in Deutschland Rassismus dieser Prägung, oft von wirklich "Unbelehrbaren"
hochgehalten, die bestimmte Lehren aufgenommen, oder - wie z.B. die Evolutionstheorie missinterpretiert haben. Diese Rassisten sind aber weitgehend isoliert und werden von der breiten
Öffentlichkeit nur wahrgenommen, wenn der "Zensor" wieder einmal mit Finger darauf zeigt.
Dieser Rassismus ist jedoch in jeder Quantität gesellschaftlich destruktiv und wer daran arbeitet, ihn durch
Aufklärung und eigenes Handeln zurückzudrängen und langsam aussterben zu lassen, hat meine volle
Zustimmung.
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Die Stoßrichtung dieser neu aus dem Boden schießenden Bündnisse stellt sich aber sehr viel breiter dar
und zielt, nach meiner Abschätzung auch auf Sachverhalte, bei denen Rassismus nur unterstellt wird, wie
zum Beispiel schon bei wertneutralen Differenzierungen, bei begründeten Einwänden gegen emotionale
Spontanreaktionen und ebenso bei einem Mangel an Verantwortungsgefühl und sozialer und/oder
humanitärer Hilfsbereitschaft.
So unterschiedlich sich die Dinge darstellen, hier ein eher besonnener Aufruf, erst zu denken und dann zu
handeln, an anderer Stelle ein moralisch verwerflicher Egoismus: Nur die Tatsache, dass durch sie ein von
bestimmten Gruppen erwünschter Zustand verzögert oder beeinträchtigt wird, kann noch keinen
Rassismusvorwurf rechtfertigen.
Den Hauptteil des Rassismusvorwurfes ziehen diejenigen auf sich, die religiöse und kulturelle Traditionen
und Lebensformen von Ausländern im eigenen Land nicht zur Regel werden lassen wollen, weil sie den
eigenen Traditionen widersprechen und die Sorge wecken, sie könnten, wie invasive Pflanzenarten, die
mit dem weltweiten Handel und Verkehr eingeschleppt werden, in der neuen Umgebung dominant werden,
also gewachsene religiös-kulturelle Traditionen gefährden und verdrängen.
Schon Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) wies in seinem Drama "Nathan der Weise" darauf hin, dass
die drei aus dem gleichen Ursprung stammenden, monotheistischen Religionen, Judentum, Christentum
und Islam, sich jeweils als einzig wahre und alleinseligmachende Lehre verstünden, und appellierte mit
Verweis auf den einheitlichen Ursprung aller drei an den Versöhnungswillen ihrer Anhänger - mit leider nur
sehr mäßigem Erfolg.
Ganz abgesehen davon, dass sich alle drei Religionen von politischen Zielsetzungen instrumentalisieren
lassen oder gar Religion und Staat/Politik in EINEM sehen wollen, ist ihnen - in nur geringen
Unterschieden in der Intensität - die der Vernunft nicht zugängliche Gewissheit, einzig rechtgläubig, einzig
auserwählt, einzig unter Gottes Schutz und Segen zu stehen, zu eigen, die zwangsläufig zu Konflikten
führen muss!
Selbst in unserem, weitgehend kirchenfernen und lauen Christentum, empört sich doch der lediglich
getaufte, konfirmierte und vielleicht noch kirchlich getraute Evangele, wenn ein Jehovas Zeuge nach der
ersten unfreundlichen Abfuhr nach Monaten zum zweiten Mal an seiner Türe klopft und ihm das "wahre
Heil" verkünden will.
In manchen ländlichen Gegenden Deutschlands können selbst Katholiken und Evangelische wegen
religiöser Inkompatibilität zu vielen gesamtgesellschaftlichen und privaten Themen nur gehemmt
miteinander sprechen, obwohl die Trennung von Staat und Religion längst vollzogen sein sollte.
Glücklicherweise ist das Missionierungsstreben der beiden großen Religionsgemeinschaften im Inland
längst verloren gegangen.
Der Islam, als jüngste der drei religiösen Richtungen, ist jedoch immer noch ernsthaft missionierend
eingestellt und vertritt seine Lehre nicht minder aggressiv als seinerzeit die Teilnehmer von Kreuzzügen
zur Befreiung des gelobten Landes.
(Auch damals - um ein naives Argument zu entkräften, bevor es ausgesprochen werden muss - sind übrigens
längst nicht alle europäischen Christen mit dem Schwert losgezogen, die meisten waren "anständige Leute"
und haben sich selbst vor den Ritterheeren gefürchtet, aber diejenigen, die sich aufgemacht haben, haben
genügend Schaden angerichtet, der in der gemeinsamen Erinnerung bis heute präsent und wirksam ist.)
Dass sich ernsthafte Stimmen erheben, die in einer Gesellschaft, die sich bereits weit von religiösen
Dogmen emanzipiert hat, die ihre religiöse Tradition zwar noch zelebriert, aber nicht mehr in Überzeugung
lebt, vor dem Rückfall in einen Zustand warnen, in dem Kirchenfürsten im Gottesstaat die Demokratie und
die Gewaltenteilung ad absurdum führen, ist ein Akt des intellektuellen Widerstandes gegen eine reale
Gefahr, die ihrer Überzeugung nach gebannt werden muss, bevor die befürchteten Wirkungen sichtbar
und damit für lange Zeit unumkehrbar geworden sind.
Eine Religion, die ihre eigenen Regeln über die staatlichen Gesetze erhebt und ihre Anhänger anhält, sich
entsprechend zu verhalten, ist selbst für den integrationswilligen Zuwanderer ein Integrationshindernis,
wenn sich deren Strukturen im Gastland schon soweit gefestigt haben, dass ihnen kaum mehr zu
entkommen ist.
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Kopftuch und Vollverschleierung muslimischer Frauen in Europa sind in vielen Fällen nicht ein Zeichen
tiefer Religiosität sondern der sichtbare Ausdruck des Einflusses der Religionsgemeinschaften, der sich
noch nicht einmal aus dem Koran herleiten lässt.
(Siehe hier; auch die Kommentare von Lethe sind aufschlussreich) (https://www.freitag.de/autoren/danieladahn/gotteslaesterung)
Die Auffassung, dass sich der Islam mit allen seinen Erscheinungsformen auch in Deutschland
durchsetzen könnte, und dass man dem so früh wie möglich entgegentreten müsse, weil es dann noch
relativ einfach und leicht zu bewerkstelligen sei, mag falsch sein.
Dennoch ist sie ebenso berechtigt, wie die Annahme, dass sich die Muslime ohne größere
gesellschaftliche Verwerfungen in die deutsche Gesellschaft integrieren werden und für diese eine
Bereicherung darstellen, denn auch diese Annahme kann falsch sein.
Die Sorge vor der Islamisierung des Abendlandes hat jedoch überhaupt nichts mit Rassismus zu tun!
Es handelt sich um eine Frage der persönlichen Entscheidung, entweder der Beibehaltung der eigenen
kulturellen Identität Priorität einzuräumen und Experimente, die diese kulturelle Identität gefährden
könnten, abzulehnen, oder eben dem Experiment den Vorzug zu geben, nach dem Motto: "Es kann
eigentlich nur besser werden".
Wenn sich in einer Demokratie dann Mehrheiten für die eine oder andere Entscheidung finden, dann, aber
nur dann, hat der Staat die Pflicht, die Umsetzung der Entscheidung, in welcher Richtung auch immer, zu
ermöglichen und zu gewährleisten.
Eine Parallele dazu ist zum Beispiel in der Diskussion um die friedliche Nutzung der Atomkraft zu sehen.
Die einen haben von Anfang an auf das Restrisiko hingewiesen, dessen Eintreten zwar unwahrscheinlich
sei, aber sollte es eintreten, dann verheerende, unkontrollierbare Folgen hätte, weshalb sie die Atomkraft
ablehnten. Die anderen sahen die Chance auf preiswerte Energie für alle Ewigkeiten und nahmen dafür
die geringe rechnerische Wahrscheinlichkeit eines Super GAUs in Kauf.
Auch hier ging es nicht um die Technologie, sondern um die unterschiedlichen "Glaubenssätze" von
Bevölkerungsgruppen, doch kam niemand auf die Idee, Befürworter oder Gegner der Kernenergie als
Rassisten zu bezeichnen, obwohl es letztlich der gleiche Meinungsstreit ist, der heute zwischen den
Kritikern und den Befürwortern der ungeregelten Zuwanderung von Muslimen ausgebrochen ist. Die einen
stellen das Risiko in den Vordergrund, die anderen die Chance. Wo ist der Rassismus?
Noch weiter entfernt vom leichtfertig gegen sie erhobenen Rassismusvorwurf sind die vielen Menschen im
Lande, welche die Auffassung vertreten, ein Staat bräuchte Grenzen und müsse die Kontrolle darüber
ausüben.
Die Welt zählt (die exakte Zahl ändert sich immer wieder) knapp 200 souveräne oder sich für souverän
haltende, von den Vereinten Nationen anerkannte Staaten, in welchen nun rund 7 Milliarden Menschen
leben.
Wollte man das Eintreten für die Kontrolle und Sicherung der Staatsgrenze als markantes Kennzeichen für
Rassismus ansehen, nun, es gäbe auf der ganzen Welt ausschließlich Rassisten, von jenen wenigen
Aktivisten abgesehen, die dafür eintreten, alle Grenzen zu öffnen und jedem Menschen das Recht
zuzugestehen, sich überall, wo es ihm gefällt, niederzulassen und die von der dortigen Gesellschaft
bereitgestellte Infrastruktur, samt Sozialleistungen für sich in Anspruch zu nehmen.
Staatsgrenzen sind normal und sie sind notwendig, so lange nicht weltweit die gleichen Standards
herrschen und weltweit die gleichen Werte hochgehalten werden.
Hier drängt sich der Vergleich mit der EU geradezu auf. Man hat auch im großen europäischen
Experiment den letzten Schritt vor dem ersten getan, mit dem Euro eine gemeinsame Währung eingeführt
und erwartet, von da an würde sich schon alles angleichen.
Dieses Experiment ist bereits gescheitert. Die entwickelten, reichen Staaten haben die weniger
industrialisierten, weniger reichen Staaten weiter abgehängt und eine größere Distanz geschaffen als sie
je zuvor zu beobachten war.
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Die Abgrenzung durch Staatsgrenzen ist doch nicht feindselig. Sie ist prophylaktisch und defensiv und hat
keine andere Funktion wie eine Haus- oder Wohnungstüre.
Niemand fordert ernsthaft eine vollständige Abkapselung, niemand will politisch Verfolgten das Recht auf
Asyl streitig machen, eine Einigung auf gesetzliche Zuwanderungsregeln ist auch mit einer kontrollierten
Grenze jederzeit möglich, was also spricht dagegen?
Wo ist hier der Anlass für den Rassismus-Alarm? Was ist die Ursache für diese panikartige
Abwehrreaktion?
Selbstverständlich trägt die einheitlich verbreitete Regierungsmeinung in den Massenmedien viel dazu bei.
Doch selten hat "Regierungsmeinung" dazu geführt, dass sich die Deutschen in ein "Mitmachspiel" haben
verwickeln lassen, das ihnen keinen materiellen Vorteil bringt - vom individuell investierten Aufwand ganz
zu schweigen.
Es ist offenbar die Verlockung, mit der öffentlich wahrnehmbaren Äußerung der Regierungsmeinung eine
Bühne für eine positive Selbstdarstellung und jenes zusätzliche Maß an Bestätigung zu erhalten, das den
latenten Narzissmus aufblühen lässt. Der Einzelne findet dabei in der anonymen Masse jenen Rückhalt,
der es ihm erlaubt, jedes Gegenargument mit Abscheu und Ekel zu quittieren, ohne inhaltlich darauf
eingehen zu müssen.
Es ist, so betrachtet, auch nicht verwunderlich, dass nach dem Erlöschen des Strohfeuers der
Willkommenskultur, das rings um die ernsthaft engagierten Helfer aufloderte, der Pulk nun ein neues,
weitaus weniger anstrengendes Betätigungsfeld gefunden hat. Man ist in der gleichen "Sache" weiter
unterwegs, hilft auch weiter den Flüchtlingen, wenn auch nicht mehr mit Thermosflasche und Teddybär am
Bahnsteig, so doch mit der ebenso lobenswerten Bekämpfung derer, die kurzerhand zum Rassisten erklärt
werden, weil sie irgendwie dagegen sind und mit ihren Argumenten das schöne Selbstbild des Gerechten
in der heilen Welt zum Einsturz bringen könnten.
Die eingangs aufgeworfene Frage, wieviel echtes, zielgerichtetes Engagement und wie viel narzisstische
Selbstdarstellung in den Bündnissen "Aufstehen gegen rechts" zu finden ist, ist damit nicht beantwortet.
Es gibt sicherlich beides nebeneinander. Erkannt habe ich, beim Nachdenken und recherchieren zu
diesem Paukenschlag, dass der Narzissmus in unserer Gesellschaft insgesamt auf dem Vormarsch ist
und dass er in jeder Gestalt und in jedem Engagement auftritt, solange er darin Anerkennung und
Bestätigung finden kann, dass der Narziss allerdings daran zu erkennen ist, dass er frühzeitig die
Selbstdarstellung in den Vordergrund schiebt und dabei dazu neigt, die eigentliche Arbeit geschickt zu
delegieren.
Erkannt zu haben, glaube ich, dass der Massen-Narzissmus inzwischen gezielt instrumentalisiert und
gelenkt wird.
Das, was uns seit einiger Zeit als "Nudging" (http://www.welt.de/wirtschaft/article138326984/Merkel-willdie-Deutschen-durch-Nudging-erziehen.html) bekannt ist, ist nichts anderes als die narzisstischen
Instinkte anzusprechen und damit die demokratischen Willensbildungsprozesse auszuhebeln, bzw. zu
lenken.
Narzissmus ist eine eher harmlose Persönlichkeitsstörung.
Massennarzissmus ist die Überhöhung dieser Persönlichkeitsstörung mit dem Anspruch auf
Allgemeinverbindlichkeit und büßt damit viel von ihrer Harmlosigkeit ein.
Nudging ist die gezielte Auslösung von Massen-Narzissmus, um das logische Denken des Einzelnen
durch den süchtig machenden Druck möglichst vieler auf die "Belohnungstaste" zu ersetzen.
Es ist ein Schema, dessen man sich bewusst sein muss, weil man sonst Gefahr läuft, sich selbst zu
entmündigen.
Du bist nicht gut, nur weil es dir 10.000 Follower bestätigen, von denen du höchstens 10 persönlich
kennst, während eine unbekannte Zahl darunter gar keine Menschen sind, sondern Softwareprogramme,
die sich als "Freunde" tarnen, um ganz bestimmte Botschaften zu transportieren.
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Du bist gut, wenn du dir eine eigene Meinung bildest. Das geht allerdings nicht, wenn du immer nur die
gleichen Argumente von den gleichen Leuten aufnimmst.
Du bist besser als gut, wenn du deine eigene Meinung auch standhaft vertrittst, sie klug begründen
kannst, und
du bist Spitze, und keinesfalls ein Narziss, wenn es dir leicht fällt, eine einmal gefasste Meinung beim
Auftauchen neuer Erkenntnisse zu korrigieren und weiter zu entwickeln.
URL: http://egon-w-kreutzer.de/003/pad112016.html
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