Predige mein Thema! (Teil 7) Einheit in der Gemeinde

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Predige mein Thema! (Teil 7)
Einheit in der Gemeinde
Lesung: Epheser 4,1-7 und 1. Korinther 12,4-27
„Als ein Gefangener für den Herrn fordere ich euch deshalb auf, ein Leben zu führen, das eurer
Berufung würdig ist, denn ihr seid ja von Gott berufen worden. Seid freundlich und demütig,
geduldig im Umgang miteinander. Ertragt einander voller Liebe. Bemüht euch, im Geist eins zu
sein, indem ihr untereinander Frieden haltet. Ihr sollt alle gemeinsam ein Leib sein und einen Geist
haben, weil ihr alle zu einer Hoffnung berufen seid.
Es gibt nur einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe, und es gibt auch nur einen Gott und Vater, der
über allen steht und durch alle lebt und in uns allen ist. Doch hat jeder von uns seinen Anteil an der
Gnade geschenkt bekommen, so wie Christus sie uns geschenkt hat.“
„Nun gibt es verschiedene geistliche Gaben, aber es ist ein und derselbe Heilige Geist, der sie
zuteilt. In der Gemeinde gibt es verschiedene Aufgaben, aber es ist ein und derselbe Herr, dem wir
dienen. Gott wirkt auf verschiedene Weise in unserem Leben, aber es ist immer derselbe Gott, der
in uns allen wirkt. Jedem von uns wird eine geistliche Gabe zum Nutzen der ganzen Gemeinde
gegeben. Dem einen gibt der Geist also die Fähigkeit, guten Rat zu erteilen, einem anderen verleiht
er die Gabe besonderer Erkenntnis. Dem einen schenkt er einen besonders großen Glauben, dem
anderen die Gabe, Kranke zu heilen - das alles bewirkt der eine Geist. Dem einen Menschen verleiht
er Kräfte, dass er Wunder tun kann, einem anderen die Fähigkeit zur Prophetie. Wieder ein anderer
wird durch den Geist befähigt zu unterscheiden, ob wirklich der Geist Gottes oder aber ein anderer
Geist spricht. Und dem einen gibt der Geist die Gabe, in anderen Sprachen zu sprechen, während er
einen anderen befähigt, das Gesagte auszulegen. Dies alles bewirkt aber ein und derselbe Heilige
Geist, indem er diese Gaben zuteilt und allein entscheidet, welche Gabe jeder Einzelne erhält.
Der menschliche Körper hat viele Glieder und Organe, doch nur gemeinsam machen die vielen Teile
den einen Körper aus. So ist es auch bei Christus und seinem Leib. Einige von uns sind Juden, andere
Nichtjuden; einige sind Sklaven, andere frei. Aber wir haben alle denselben Geist empfangen und
gehören durch die Taufe zum Leib Christi. Auch der Körper besteht aus vielen verschiedenen Teilen,
nicht nur aus einem. Wenn der Fuß sagen würde: »Ich bin kein Teil des Körpers, weil ich keine Hand
bin«, sollte er deshalb nicht zum Körper gehören? Und wenn das Ohr erklären würde: »Ich bin kein
Teil des Körpers, weil ich nur ein Ohr und kein Auge bin«, sollte es deswegen etwa nicht mehr zum
Körper gehören? Stellt euch vor, euer ganzer Körper wäre nur Auge - wie könntet ihr da hören?
Oder wenn euer ganzer Körper nur Ohr wäre, wie könntet ihr da etwas riechen? Gott hat unseren
Körper mit vielen Gliedern und Organen geschaffen und jedem Körperteil seinen Platz gegeben, wie
er es wollte. Was wäre das für ein seltsamer Körper, wenn er nur aus einem einzigen Körperteil
bestehen würde! Ja, es sind viele Teile, aber nur ein Körper. Das Auge kann nicht zur Hand sagen:
»Ich brauche dich nicht.« Und der Kopf kann nicht zum Fuß sagen: »Ich brauche dich nicht.« In
Wirklichkeit sind oft gerade die scheinbar schwächeren oder unwichtigeren Körperteile besonders
notwendig. Und die Körperteile, die wir verstecken möchten, kleiden wir mit umso größerer
Sorgfalt. So verbergen wir manche Körperteile besonders sorgfältig vor den Blicken anderer,
während andere Körperteile dies nicht nötig haben. Gott hat den Körper so gefügt, dass den
benachteiligten Gliedern besondere Ehre zukommt. Auf diese Weise kommt keine Spaltung im Leib
zustande, sondern alle Glieder sorgen in gleicher Weise füreinander. Wenn eines leidet, leiden alle
anderen mit, und wenn eines geehrt wird, freuen sich alle anderen mit. So bildet ihr gemeinsam
den Leib von Christus, und jeder Einzelne gehört als ein Teil dazu.“
Es geht weiter mit dem nächsten Thema der Predigtreihe „Predige mein Thema!“. Für uns als
Gemeinde passenderweise geht es um die Frage nach der Einheit der Gemeinde. Wie wichtig ist
Einheit? Wie entsteht sie? Wie weit geht sie? Wenn ihr das Thema – vor Allem anhand des ersten
Textes – vertiefen möchtet: da habe ich hier vor anderthalb Jahren drüber gepredigt, bei der Serie
durch den Epheserbrief.
Wenn wir über Einheit sprechen, müssen wir bei Gott selbst anfangen, und in der Heilsgeschichte
(der großen Geschichte Gottes mit der Schöpfung) nach Spuren suchen:
Gott ist eine Dreieinigkeit – er ist Einheit in Vielfalt in Person. Diese Einheit ist unteilbar!
Gott ist einer und mit sich eins. Gleichzeitig gibt es keine Vermischung der Personen, kein
fluides ineinander übergehen. Der Vater ist nicht der Sohn ist nicht der Geist. Was die
uralten Glaubensbekenntnisse uns da lehren, ist unglaublich relevant. Es berührt die
aktuellsten weltpolitischen und gesellschaftlichen Fragen! Wie können wir Einheit erleben
und Vielfalt erhalten? ...ohne dabei die Spannung nach einer Seite aufzulösen, also Einheit
durch erzwungene Gleichförmigkeit, oder Vielfalt ohne Einheit? Die Welt wird vielfältiger
und komplexer – wie können wir das Auseinanderdriften und Mauer bauen stoppen? Wie
kann die Welt den dreieinigen Gott mehr widerspiegeln, mehr so sein, wie er ist?
Einheit in der Schöpfung: Gott trennt voneinander und führt dann die unterschiedlichen
Teile wieder zusammen. Prominentestes Beispiel, das auch im NT von Jesus und Paulus
aufgegriffen wird: der Mensch als Mann und Frau. Er schafft „Mensch“, teilt ihn sozusagen
auf in Mann und Frau, und führt und fügt die beiden dann wieder zu einer Einheit
zusammen.
Doch dann gibt es die Dynamik der Sünde: diese Einheit in Verschiedenheit zu zerstören;
Ausgrenzung, Ablehnung, Vernichtung des Anderen. Der Mensch ist nicht mehr eins mit
Gott, deswegen sucht er andere Grundlage für Identität – durch Ausgrenzung. In uns und
um uns sind Kräft am Werk, die Einheit in Verschiedenheit kaputt machen wollen. Indem
wir vereinnahmen, assimilieren, bevormunden. Indem wir, wie gesagt, ausgrenzen.
Auf diesem Hintergrund verstehen Christen auch den Begriff „Erlösung“: Rekapitulation –
alles wieder zurück unter die Herrschaft Gottes zu bringen; die ganze Schöpfung wird
zurück geführt, zusammengebracht, zusammengefügt, mit Jesus als Haupt – alles als ein
„Körper“
Der Reformator Johannes Calvin schrieb dazu folgendes: „Wieder zeigt er [Jesus] auf, dass
unser Glück letztendlich in unserer Einheit besteht. Und zu Recht, denn der Untergang der
menschlichen Rasse ist, dass sie, nachdem sie von Gott entfremdet waren, auch in sich
zerbrochen und zerstreut sind. Deswegen geschieht die Wiederherstellung dieser Einheit
durch das zusammengefügt Werden in einen Leib...“
Und das ist es, was Gott in der Gemeinde tut. Dort hat Erlösung begonnen: im
theologischen, geistlichen Sinne bereits die Realität: Gott hat eins gemacht! Was Gott
zusammengeführt hat, das soll der Mensch nicht scheiden – bzw. das kann der Mensch
nicht trennen!
Die Umsetzung:
To live above
with saints we love
will certainly be glory
To live below
with saints we know
...well, that's a different story
Was Paulus in den beiden Texten für heute schreibt, schreibt er an konkrete
Ortsgemeinden. Aber Christen haben von Anfang an seine Worte als über sich selbst hinaus
deutend verstanden. Er lehrt: Ihr seid eins! Eins gemacht durch Christus und das Kreuz. Wir
versammeln uns nicht in erster Linie um ein Anliegen, sondern um eine Person! Ein Leib,
mit einem gemeinsamen Herrn, einem Geist, der in euch wohnt, einem gemeinsamen
Glauben, einer Taufe, durch die ihr Teil der Gemeinschaft aller Christen der Geschichte
aber auch einer Ortsgemeinde geworden seid.
Genauso wie ein Körper unterschiedliche Körperteile hat – mit unterschiedlichsten
Aufgaben und Fähigkeiten – ihr seid am Ende eins! Gott hat etwas Neues geschaffen, er hat
Erneuerung bewirkt. Er hat in Christus die Trennung, die Ausgrenzung, den Fluch, den Hass
auf sich genommen und überwunden. Er vereint alle Menschen in sich. Das ist die
herrliche, neue Ausgangssituation. Glaubst du das? Möge Gott uns helfen, das zu glauben.
Denn nur dann funktioniert der Imperativ: Jetzt lebt auch so. Wenn ich nicht darauf
vertraue, dass wir bereits eins sind; dass ich nichts bewirken oder erhalten kann und muss;
dass Gott im Anderen am Werk ist und wir gleichwertige Mitglieder, Körperteile sind –
wenn dieses Vertrauen nicht da ist, wird es keine echte Einheit geben. Das Vertrauen auf
Gott und sein Wirken im Anderen ist die Grundlage.
Ihr seid ein Körper, der Leib Christi/Körper von Jesus. Keiner kann zum anderen sagen: Ich
brauche dich nicht! Oder zu sich selbst sagen: Ich bin nicht wichtig!
Manche halten sich für zu wichtig, und vergessen, dass am Ende Jesus der Kopf ist,
ohne den wir nicht leben können – er ist brain und Mastermind und Steuerzentrale.
Er hält uns zusammen, lässt uns als Einheit funktionieren. Andere halten sich für zu
unwichtig – für den Blinddarm am Leib Christi. Aber selbst wenn nach
menschlichem Maßstab nicht jeder gleich „wichtig“ ist (weil unser Maßstab schwach
ist) – jeder gehört dazu und ist deswegen wichtig. Paulus macht deutlich, wie wir
einander auf dieser Grundlage sehen und behandeln sollten. Er fordert:
Demut. Demut bedeutet, sich selbst (die eigenen Ansichten und
Vorlieben) nicht zu wichtig, und die Ansichten und Vorlieben der
Anderen wichtiger zu nehmen. Ohne diese Demut ist Einheit
unmöglich. Demut sieht nicht nur sich selbst, sondern auch das der Anderen.
Sie ist bereit, sich ihnen unterzuordnen.
Sanftmut/Geduld. Sanftmut bedeutet, Sachen akzeptieren zu können, nicht
über zu reagieren, bzw. überhaupt nicht immer reagieren/antworten zu
müssen. Das Wort sagt eigentlich schon alles: sanft zu sein anstatt
hart und ätzend. Wo keine Sanftmut da ist, verhärten sich die Fronten.
Sanftmut ist keine Schwäche, sondern eine Stärke (Beispiel schweren Balken
heben, kleines Kind, starker Mann).
Langmut. ...einander in Liebe ertragend. Langmut ist aktive Geduld.
Langmut bedeutet, etwas aushalten bzw. ertragen zu können, und
dabei weiterhin das richtige zu tun. Auch als Geschwister sind wir oft
mal genervt vom Anderen. Wenn wir dann trotzdem weiter liebevoll
und freundlich sein können, dann sind wir langmütig. Ihr könnt leicht
erkennen, wie wichtig diese Eigenschaft ist, wenn man Einheit haben
will.
Fleiß/Mühe. Um gelebte Einheit erreichen und erhalten zu können, braucht
es Fleiß, Mühe, Anstrengung, Aufmerksamkeit. Einheit 'passiert' im
Normalfall nicht einfach so. Und wo sie natürlich wächst, bleibt sie nicht für
immer, wenn wir nicht daran arbeiten. Einheit ist ein Dauerprojekt, eine
ewige Baustelle...je größer die Gruppe, desto größer die Herausforderung
und auch der Kraftakt.
Denn all diese Dinge kosten Kraft – sie erfordern Selbstreflexion, Kompromiss- und
Opferbereitschaft! Es ist ein mühsamer Aushandlungsprozess! Zwar gab der
Kirchenvater Augustinus den tollen Ratschlag: „Im Wesentlichen Einheit, im
Unwesentlichen Freiheit und über allem die Liebe.“ Aber dann muss man gemeinsam
und für sich schauen: was ist Wesentlich? Was ist unwesentlich? Und, weil ich nicht
alle Menschen gleichermaßen lieben kann und soll: Welche Prioritäten habe ich?
Weil wir begrenzte Menschen sind, gibt es Situationen, wo wir mit dieser Kraft am
Ende sind. Auch Gottes Hilfe und Kraft macht uns nicht zu unkaputtbaren
Superwesen. Wir bleiben endlich und zerbrechlich. Auch darauf gilt es Rücksicht zu
nehmen.
Unsere Stärken sind auch oft unsere Schwächen. Das muss man berücksichtigen. Es ist notwendig,
dass wir so reflektiert sind, damit wir uns nicht selbst zum Maßstab machen. Das verzerrt nämlich
unsere Bewertungsgrundlage, und wir beginnen zum Beispiel, dem anderen seine Vorsicht per se
als Unglauben, oder ihren Glauben per se als Verantwortungslosigkeit auszulegen. Wir müssen den
Anderen stehen lassen aber auch herausfordern, während wir uns selbst einbringen, hinterfragen
aber auch zu Gunsten der/des Anderen sich zurücknehmen, um nicht die eigene Persönlichkeit
zum Maßstab zu erheben.
Bedeutet all das, was jetzt gesagt wurde, dass Einheit immer funktioniert? Nicht unbedingt.
Denn weil wir unterschiedlich sind, weil wir schwache Wesen und gefallene Geschöpfe sind, gibt es
trotzdem Weggabelungen. An welchem Punkt die Verschiedenheit dazu führt, dass
Zusammenarbeit oder Gemeinschaft nicht mehr erhalten bleiben können – das bleibt
Aushandlungssache. Beispiel Paulus und Barnabas in Apostelgeschichte 15:
„Nach einiger Zeit sagte Paulus zu Barnabas: »Lass uns in die Städte zurückkehren, in denen wir vor
einiger Zeit das Wort des Herrn verkündet haben, und sehen, wie die neuen Gläubigen
zurechtkommen.« Barnabas willigte ein und wollte Johannes Markus mitnehmen. Paulus
widersprach jedoch, weil Johannes Markus sie in Pamphylien im Stich gelassen und nicht mit ihnen
weitergearbeitet hatte. Ihre Uneinigkeit in dieser Frage führte dazu, dass sie sich trennten.
Barnabas segelte mit Johannes Markus nach Zypern. Paulus wählte Silas als Begleiter. Die
Gläubigen sandten ihn aus und vertrauten ihn der Gnade des Herrn an. So zog er durch Syrien und
Zilizien, um die Gemeinden zu stärken.“
Strukturelle oder formelle Einheit, aber auch eine bestimmte Beziehungsform und -tiefe sind kein
absolutes Muss. Wir streben sie an, aber nicht um jeden Preis. Am Ende wird es Einzelsituationen
geben, wo wir unser geglaubtes Ideal, die geistliche Realität, nicht so in die sichtbare Realität
übertragen werden können, wie wir vielleicht möchten – oder wo es anders aussieht. Das ist auch
völlig okay. Für Paulus und Barnabas zum Beispiel war, so glaube ich, der Frieden und die Liebe auf
diesem Wege besser gewahrt. Später würden sie wieder zu einander finden.
AmWichtigste ist am Ende, dass wir die Quelle der Einheit klar vor Augen haben: das Evangelium!
Jesus ist der Ursprung der, der Weg zur und das Ziel der Einheit. Persönlich bedeutet das, dass wir
realisieren: Ich bin und ich werde durch seine Demut, seine Sanftmut, seine Langmut, seinen
Einsatz gerettet. Er wurde Mensch, aber blieb in seiner Einheit mit Gott. Gab sich ganz aber blieb
er selbst. Er ließ sich am Kreuz zerreißen, damit wir mit ihm und unseren Mitmenschen
zusammengefügt werden können. Wir sind alle in erster Linie Empfänger seiner Gnade. Nur mit
diesem Blick werden wir über Vergleicherei und Bewerten und Profilieren hinauskommen!!!
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