Diplomarbeit Die unmittelbar perioperative Phase bei endokrinen Halsoperationen eingereicht von Amrei Lässer zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Univ.-Klinik für Chirurgie unter der Anleitung von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wolf & Dr.in Andrea Simon Graz, am 17.7.2017 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, am 17.07.2017 Amrei Lässer eh i Danksagung Ich möchte mich ganz besonders bei Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wolf für die Idee zur vorliegenden Studie, die Begleitung und außergewöhnlich große Unterstützung während der Durchführung und Fertigstellung der Arbeit bedanken. Darüber hinaus danke ich meiner Familie und meinen Freundinnen und Freunden, allen voran Zsófi für die Hilfe bei Erstellung des Fragebogens, Stephanie für das gewissenhafte Durchlesen der Arbeit, Philipp für die Hilfe in sämtlich technischen Belangen und Frederike für die hilfreichen Ratschläge und Unterstützung während des ganzen Studiums. ii Zusammenfassung Hintergrund und Zielsetzung: Die Lebensqualität (engl.: Quality of Life (QoL)) ist ein wichtiger Endpunkt in der Chirurgie, auch bei Thyreoidektomien. Die Minimalinvasive Schilddrüsenchirurgie bringt viele Vorteile wie kurze OP-Zeiten, minimales Gewebstrauma und einwandfreies kosmetisches Ergebnis mit sich. Um den Erfolg der Minimalinvasiven Thyreoidektomie erstmals objektivieren zu können, wurden in der vorliegenden Studie erstmals subjektiv erhobene Parameter mit spezifischen Labordaten (Calcium, Parathormon, sowie Entzündungsparametern) verglichen. PatientInnen und Methoden: konsekutive Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden 53 Thyreoidektomie-Patientinnen und Patienten anhand eines neu entwickelten Fragebogens untersucht. Dabei wurden verschiedene Parameter bezüglich aktueller Befindlichkeit, registrierte Nebenwirkungen und die zu erwartende Genesung erhoben. Zusätzlich wurden Calcium und Parathormon (spezifische Thyreoidektomieparameter) sowie Interleukin 6 (IL-6) und C-reaktives Protein (CRP) als spezifisches Entzündungslabor bestimmt. Dies wurde präoperativ als auch 24 Stunden postoperativ ermittelt. Ergebnisse: Präoperatives Calcium und Parathormon zeigten postoperativ einen Abfall von 7 bzw. 44%. Dabei zeigten sich keine klinischen Symptome oder Komplikationen. Il-6 und CRP stiegen im Mittel um 54 bzw. 69% und zeigen somit eine geringe postoperative Entzündungsreaktion. Es wurden keine Stimmbandlähmungen detektiert. Die präoperativen Erwartungen deckten sich mit den postoperativen Einschätzungen in Bezug auf die Notwendigkeit und Ergebnisse der Operation in 79% der Fälle. Es zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge von Entzündungsparametern und Schluckstörungen bzw Erwartungshaltung. Zusammenfassung: Sowohl die subjektiven als auch die objektiven Daten in der perioperativen Phase zeigen bei der standardisierten Minimalinvasiven Thyreoidektomie genauso wie die Daten des Entzündungslabors ein sehr geringes perioperatives Trauma. Es besteht keine Korrelation zwischen den Veränderungen im Entzündungslabor und der postoperativ subjektiven Befindlichkeit. iii Abstract Quality of Life (QoL) in the immediate perioperative period of endocrine neck surgery Background: QoL is an important endpoint in endocrine neck surgery. A prospective study was conducted prior to operation and in the early postoperative phase to compare objective and subjective psychological parameters with specific laboratory data for thyroid operations as well as general inflammatory response data. Patients and Methods: A cohort of 53 consecutive thyroidectomy patients filled out a standardized, newly developed questionnaire. Patients were asked about their current emotional state, side-effects of the operation, and expected recovery. In addition, Calcium, PTH (specific for thyroid operations) and inflammatory response parameters IL6 and pCT were measured. This procedure was performed preoperative and postoperative, 24 hours after operation. Results: Pre- to postoperative Ca and PTH showed a mean drop of 7.46% and 44.04% respectively without any clinical signs of complications. IL6 and pCT showed a rise of mean of 53.63% and 69.10% respectively; this can be considered a minor inflammatory reaction . No vocal nerve paralysis was observed. Postoperative results overlapped with preoperative expectations on necessity and outcome of the operation in 79.20% of the cases. Conclusion: Subjective and objective data in the perioperative period as well as laboratory data show a very low perioperative trauma for standardized Minimal Invasive Thyroidectomy. Inflammatory response data confirm only minimal surgical trauma for the patient. Moreover,no correlation was observed between inflammatory response data and postoperative subjective emotional state. iv Inhaltsverzeichnis DANKSAGUNG II ZUSAMMENFASSUNG III ABSTRACT IV INHALTSVERZEICHNIS ABKÜRZUNGEN ABBILDUNGSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG 1.1 DIE SCHILDDRÜSE V VII VIII 1 1 1.1.1 ANATOMISCHE VORBEMERKUNGEN 1 1.1.2 PATHOLOGIEN 2 1.1.3 OPERATIONSPFLICHTIGE SITUATIONEN 4 1.2 DIE GESCHICHTE UND WEITERENTWICKLUNG DER SCHILDDRÜSENCHIRURGIE 5 1.3 OPERATIONSTRAUMA 7 1.3.1 LABORPARAMETER ZUR OBJEKTIVIERUNG DES OPERATIONSTRAUMAS 7 1.3.2 PSYCHISCHE BELASTUNG IM RAHMEN CHIRURGISCHER EINGRIFFE 8 2 MATERIAL UND METHODEN 10 2.1 STICHPROBE 10 2.2 ABLAUF 10 DIE REKRUTIERUNG DER PATIENTINNEN UND PATIENTEN ERFOLGTE AUF DER STATION FÜR ALLGEMEINCHIRURGIE AM LKH GRAZ. 10 2.3 11 MATERIALIEN 2.3.1 LABORPARAMETER 11 2.3.2 FRAGEBOGEN 11 2.3.3 FRAGESTELLUNGEN UND HYPOTHESEN 12 2.3.4 STATISTISCHE AUSWERTUNG 14 v 3 ERGEBNISSE 15 3.1 HYPOTHESEN 15 3.2 FRAGEBOGEN 24 3.3 LABOR 32 4 DISKUSSION 35 4.1 LIMITATIONEN 39 4.2 ZUSAMMENFASSUNG 40 5 LITERATURVERZEICHNIS 41 6 ANHANG 46 6.1 FRAGEBOGEN PRÄOPERATIV 46 DIE UNMITTELBARE PERIOPERATIVE PHASE BEI ENDOKRINEN HALSOPERATIONEN 46 6.2 48 FRAGEBOGEN POSTOPERATIV DIE UNMITTELBARE PERIOPERATIVE PHASE BEI ENDOKRINEN HALSOPERATIONEN 48 vi Abkürzungen CRP C-Reaktives Protein IL-6 Interleukin-6 MIT Minimalinvasive Thyreoidektomie MIVAT Minimal Invasive Video Assistierte Thyreoidektomie PTH Parathormon T3 Trijodthyronin T4 Thyroxin TRH Thyrotropin Releasing Hormon TSH Thyroid Stimulating Hormon VAT Video Assistierte Thyreoidektomie vii Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperatives CRP ___________________15 Abbildung 2: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperatives IL-6 ___________________16 Abbildung 3: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperative Leukozyten ____________17 Abbildung 4: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperatives CRP ________________18 Abbildung 5: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperatives IL-6 ________________18 Abbildung 6: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperative Leukozyten _________19 Abbildung 7: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperatives CRP ___________________________20 Abbildung 8: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperatives IL-6 ___________________________20 Abbildung 9: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperative Leukozyten ____________________21 Abbildung 10: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperatives CRP _________________________22 Abbildung 11: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperatives IL-6 _________________________23 Abbildung 12: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperative Leukozyten __________________23 Abbildung 13: Kräftigkeit der Stimme präoperativ ___________________________________________________________24 Abbildung 14: Kräftigkeit der Stimme postoperativ __________________________________________________________25 Abbildung 15: Präoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme ______________________________________26 Abbildung 16: Postoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme ______________________________________26 Abbildung 17: Einschätzung zur präoperativen Atemnot ____________________________________________________27 Abbildung 18: Einschätzung zur postoperativen Atemnot ___________________________________________________27 viii Abbildung 19: Präoperative Besserungserwartungen ________________________________________________________28 Abbildung 20: Postoperative Besserungserwartungen _______________________________________________________29 Abbildung 21: Präoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation _____________30 Abbildung 22: Postoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der stattgehabten Operation ______________30 Abbildung 23:Postoperative Schluckbeschwerden ____________________________________________________________31 Abbildung 24: Prä- und postoperativ erhobene Parathormon-Werte _______________________________________32 Abbildung 25:Prä- und postoperativ erhobene Calcium-Werte ______________________________________________33 Abbildung 26: Prä- und postoperativ erhobene CRP-Werte __________________________________________________33 ix 1 Einleitung Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der unmittelbar perioperativen Phase bei endokrinen, minimalinvasiven Halsoperationen. Im einleitenden Teil soll daher zunächst ein Überblick über Anatomie und Pathologie, sowie über die Geschichte der Schilddrüsenchirurgie gegeben werden. 1.1 Die Schilddrüse 1.1.1 Anatomische Vorbemerkungen Die Schilddrüse ist eine innersekretorische Drüse. Sie besteht aus zwei Lappen, die durch einen Isthmus verbunden sind. In ihrer Form bildet die Schilddrüse einen Halbring und umfasst als solchen die Luftröhre. Ein Relikt aus der Entwicklungsgeschichte und ebenfalls Teil der Schilddrüse ist der Lobus Pyramidalis. Im Gesunden weist die Schilddrüse ein Volumen von 15–20 ml auf. Die Drüse selbst ist von einer dünnen Organkapsel umgeben, von welcher Septen in die Tiefe laufen. Die äußerste Hülle, die Capsula Fibrosa, ist eine aus mehreren Lamellen bestehende Schicht. Sie heftet die Schilddrüse an Luftröhre und Kehlkopf an. Zwischen den beiden Kapseln liegen die Epithelkörperchen und die großen Schilddrüsengefäße. Mit der Umgebung ist die Schilddrüse durch lockeres Verschiebegewebe verbunden. Wie auch andere endokrine Organe ist die Schilddrüse sehr gut vaskularisiert und gehört mit einem Blutfluss von 4–6 ml pro Minute zu den am besten durchbluteten Organen. Insgesamt wird sie von vier Arterien versorgt (26). Der bedeutendste Nerv in dieser Region ist der Nervus Laryngeus Recurrens. Er liegt den Schilddrüsenlappen von hinten an. Als Ast des zehnten Hirnnerven, Nervus Vagus, trennt er sich von diesem auf Höhe der oberen Thoraxapertur. Vorbei am Aortenbogen und der Arteria Subclavia zieht er entlang der Luftröhre Richtung Kehlkopf. Da er mit Ausnahme des M. Cricothyroideus alle intrinsischen Muskeln innerviert, ist er für die intakte Phonation hauptverantwortlich (33). 1 1.1.2 Pathologien Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über jene Pathologien der Schilddrüse gegeben werden, die Operationsindikationen darstellen. Die hypothyreote Stoffwechsellage und die Hashimoto- Thyreoiditis werden daher, obgleich sie zu den häufigen Schilddrüsenerkrankungen zählen, nicht eigens erwähnt. Struma Eine Hypertrophie bzw. Hyperplasie einer Schilddrüse wird als „Struma“ bezeichnet. Dies sagt jedoch nichts über das Funktionsniveau der Schilddrüse aus und kann bei einer Struma sowohl hyper-, normo- als auch hypothyreot sein. Mit der Einführung von jodiertem Salz ist die Häufigkeit von Struma-Patientinnen und Patienten deutlich zurückgegangen, dennoch zeigen 40% der über 65-jährigen Bevölkerung in der jodarmen Alpenregion knotige Veränderungen der Schilddrüse. Hyperthyreote Stoffwechsellage: Kennzeichnend für eine hyperthyreote Stoffwechsellage ist eine Überproduktion von T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin), woraus ein hypermetaboler Zustand entsteht. Klinisch zeigt sich dies in einem erhöhten Grundumsatz. Eine Schilddrüsenentzündung kann eine transiente Hyperthyreose hervorrufen, für welche folgende Ursachen gelten: a) Immunhyperthyreose Typ „Basedow“ (bei ausreichender Versorgung durch Jod) b) Toxisches (autonomes) Adenom (bei Jodmangel) c) Multifokale Autonomie a) Immunhyperthyreose Typ „Basedow“ Der Morbus Basedow bezeichnet eine generalisierte Autoimmunerkrankung, die sich sowohl thyreoidal (Struma diffusa, Hyperthyreose) als auch extrathyreoidal (Myxödeme, Orbitopathie, Exophtalmus) manifestiert (5). 2 b) Toxisches (autonomes) Adenom In einer multinodösen Struma entstehen autonome Areale, die normo-, hypo- oder hyperfunktionelle Knoten bilden. Wenn die Aktivität jener aus dem Gleichgewicht gerät und die hyperfunktionellen deutlich überwiegen, liegt ein toxisches (autonomes) Adenom vor (5). Tumoren der Schilddrüse Follikuläres Adenom Das follikuläre Adenom ist ein gutartiger epithelialer Tumor mit FollikelzellDifferenzierung. Es kann solitär oder multipel auftreten. Charakteristisch ist die Kapsel, die das Adenom umgibt. Gefäßeinbrüche oder Kapseldurchbrüche gibt es nicht. Selten erreicht dieser Tumor einen größeren Durchmesser als 4cm. Das umgebende Parenchym ist durch das Größenwachstum meist komprimiert (5). Follikuläres Karzinom Das follikuläre Karzinom unterscheidet sich vom Adenom durch das Vorhandensein von Gefäß- und Kapseleinbrüchen. Sein Auftreten ist häufig mit Knotenstrumen und somit Jodmangelgebieten assoziiert. Dort macht das follikuläre Karzinom 40% aller Schilddrüsen-Malignome aus. Unter Jodprophylaxe konnte diese Zahl auf 10–20% reduziert werden (5). Papilläres Karzinom Das papilläre Karzinom ist ein epithelialer Tumor, der typische Kernveränderungen aufweist. Es tritt sowohl in Struma-Endemiegebieten als auch in NichtStrumaendemiegebieten auf. Das papilläre Karzinom zählt zu den häufigsten malignen Schilddrüsentumoren. Vermehrte Strahlenexposition, sei es durch Bestrahlung des Kopf-Hals-Bereichs als auch Reaktorunfälle begünstigen sein Entstehen. Der Tumor metastasiert meist lymphogen (5). Medulläres Karzinom Hier handelt es sich um einen malignen Tumor mit phänotypischer C-ZellDifferenzierung. Das medulläre Karzinom produziert Calcitonin und 3 karzinoembryonales Antigen. Es macht in etwa 2–10% aller malignen Schilddrüsentumoren aus und kann sowohl spontan als auch familiär gehäuft auftreten (5). 1.1.3 Operationspflichtige Situationen Da die operationspflichtigen Situationen Grundlage für die nachfolgend beschriebene Arbeit sind, sind diese, soweit sie die Arbeit betreffen, aufgeführt. Die Indikationsstellung zur Schilddrüsenoperation geschieht weder allein nach morphologischen noch nach pathophysiologischen Kriterien, sondern in erster Linie entsprechend dem individuellen Therapieziel (12). Procedere vor Indikationsstellung einer Operation Bis es zur endgültigen Operations-Indikationsstellung kommt, sind im Vorfeld wichtige Untersuchungen nötig. Allen voran steht in jedem Fall eine gründliche Anamnese, in der Wachstumsprogredienz und etwaige familiäre Häufungen als Schwerpunkte geahndet werden. Eine unerlässliche Untersuchung, die im Rahmen jeder Schilddrüsenabklärung getroffen wird, ist die Sonographie. Mittels dieser Untersuchung lassen sich Kriterien wie Form, Größe, und Struktur des Gewebes einer Schilddrüse leicht und kostengünstig beurteilen. Es lassen sich Knoten, Zysten und in der unmittelbaren Umgebung liegende Lymphknoten erkennen. Ob mehr- oder minderspeichernde Knoten vorliegen, lässt sich mit der Szintigraphie abklären. Die Szintigraphie ist ein Funktionstopogramm zur Beurteilung ob Knoten mehr oder minderspeichernd sind bzw. wo diese liegen. Auch die Feinnadel-Aspirationszytologie ist für die Diagnostik unerlässlich. Bei Malignitätsverdacht werden unter sonographischer Kontrolle Zellen zur mikroskopischen Untersuchung entnommen. Struma Bei diffuser oder knotiger Struma besteht eine Operationsindikation nur, wenn eine lokale Kompression vorliegt. Durch die schrittweise Etablierung von Vorsorgeuntersuchungen ist die Zahl der subklinisch mittels Sonographie 4 diagnostizierten malignitätsverdächtigen Knoten deutlich gestiegen. Es hat sich dadurch auch eine Altersverschiebung hin zu jüngeren Patientinnen- und Patientengruppen ergeben. Auch frustran verlaufende medikamentöse Therapieversuche geben Anlass die Schilddrüse zu operieren. Bei Thyreoiditiden kann man zwischen absoluten und relativen Operationsindikationen unterscheiden. Zu ersteren werden solide kalte Knoten, Halslymphknoten und eine Größenprogredienz gezählt. Relative Indikationen hingegen sind ein Nicht-Ansprechen auf Therapie mit T4, was einer ThyroxinUnverträglichkeit gleichkäme, eine „Hashi-Toxicosis“ oder auch „Painful Goitre“ (35) (36) (37). 1.2 Die Geschichte und Weiterentwicklung der Schilddrüsenchirurgie Die erste dokumentierte operative Schilddrüsenentfernung gelang dem französischen Chirurgen Pierre Joseph Desault im Jahre 1791. Bis etwa zum Jahre 1850 lag die durchschnittliche Mortalitätsrate bei Schilddrüsenoperationen bei 41%. Dies blieb hauptsächlich unstillbaren Blutungen sowie Infektionen geschuldet (34). Bannbrechend für die Entwicklung der Schilddrüsenchirurgie war und ist der Schweizer Theodor Kocher. Ihm gelang es bis zum Jahre 1898 die Mortalitätsrate auf 0,2% zu reduzieren. Seine Operationstechnik, die nach wie vor etabliert ist, beinhaltet einen Kragenschnitt, die Spaltung der medialen Halsmuskulatur, Hämostase und Identifikation der Gefäße so wie die Präparation der lateralen Venen. Durch die besonders kapselnahe Präparation gelang es ihm den N. Laryngeus Recurrens gut zu schonen. Bereits Theodor Kocher beschrieb eine „Cachexia Strumpipriva“ als Komplikation nach totalen Thyreoidektomien. Heute wird diese mit der postoperativen Hypothyreose erklärt (9). Die Schilddrüsenoperation gehört seit dem 19. Jahrhundert zu den häufigsten Operationsverfahren der Allgemeinchirurgie. In der Allgemeinchirurgie etablierte sich eine Gruppe von Spezialistinnen und Spezialisten, die neue Operationstechniken entwickelten. So wurde es in den 90er 5 Jahren des 20. Jahrhunderts möglich, über kleine Schnitte Kameraoptiken in Körperhöhlen einzubringen und mit neu entwickelten Instrumenten anhand der am Bildschirm gegebenen Übersicht im entsprechenden Gebiet zu operieren (sogenannte laparoskopische Operationen). Diese neuen Optionen der Operationstechnik wurden vorerst in größeren Körperhöhlen, wie etwa der Bauchhöhle praktiziert. Später übertrug man sie auch auf feste Strukturen, wie etwa die der Schilddrüse. Die endoskopische Schilddrüsenchirurgie lieferte für die Patientinnen und Patienten jedoch keine relevanten Vorteile. Die Dauer der Operation war deutlich verlängert und auch das kosmetische Ergebnis war gegenüber der herkömmlichen Methode nicht besser. Schließlich entwickelte sich die Schilddrüsenchirurgie insofern weiter, als dass es möglich wurde, durch einen lediglich 1,5 cm langen medianen Schnitt zu operieren. Um dies bewerkstelligen zu können, musste das Instrumentarium entsprechend adaptiert werden. Für die Patientinnen und Patienten entstand durch die so genannte „Minimalinvasive Thyreoidektomie“ ein klarer Vorteil. Die Dauer der Operation beträgt hierbei 30–45 Minuten, das Operationstrauma ist durch den kleinen Schnitt weitaus geringer und auch das kosmetische Ergebnis ist folglich sehr günstig. In Anbetracht der Tatsache, dass heutzutage immer mehr junge Patientinnen und Patienten mit subklinisch suspekten Knoten operiert werden, ist das kosmetisch einwandfreie Ergebnis umso wichtiger. Große Strumen und fortgeschrittene Karzinome werden seltener operiert als früher, doch selbst bei diesen Indikationen kann die Minimalinvasive Thyreoidektomie erfolgreich angewendet werden (35). 6 1.3 Operationstrauma Jeder chirurgische Eingriff bedeutet ein Trauma und dieses wiederum bedingt eine Entzündungsreaktion. Doch auch psychisch kann eine Operation eine herausfordernde Situation darstellen. 1.3.1 Laborparameter zur Objektivierung des Operationstraumas C-reaktives Protein: Das C-reaktive Protein (CRP) ist ein Akutphaseprotein und wird zur Objektivierung einer Entzündungsreaktion herangezogen. Etwa 6–12 Stunden nach Einsetzen der Entzündungsreaktion kann der CRP-Anstieg im Blut bereits gemessen werden (8). Die Normwerte liegen bei unter 10 mg/l. Die Höhe des postoperativen CRP-Spiegels kann in Relation zu dem Ausmaß der Gewebsschädigung betrachtet werden (18). Interleukin-6: Das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) ist der am häufigsten beschriebene Zytokinmediator posttraumatischer Komplikationen wie Sepsis und anderer Infektionen. Es wurde eine Assoziation mit Morbidität und Letalität nach Trauma berichtet. Außerdem korreliert IL-6 direkt mit dem Ausmaß der Gewebeschädigung und spielt eine wichtige Rolle bei der Modulation der lokalen und systemischen Entzündungsreaktion und Immunabwehr (4) (27). Aus Studien geht hervor, dass IL-6 als Entzündungsmarker postoperativ ansteigt und sein Maximum am ersten postoperativen Tag erreicht. Auch konnte gezeigt werden, dass Patientinnen und Patienten mit postoperativen Komplikationen ein wesentlich höheres IL-6 Level erreichen als jene ohne. Das Zytokin IL-6 kann daher als prognostisch wichtiger Marker für postoperative Komplikationen angesehen werden (21). Der Referenzbereich liegt bei Gesunden <10 pg/ml. 7 Parathormon Parathormon (PTH) wird in den Nebenschilddrüsen gebildet und ist daher indirekt ein Indikator für das Ausmaß des Operationstraumas bei Schilddrüsenoperationen. Der Referenzbereich liegt bei 12–72 ng/l. In großen Multicenter-Studien lag die Inzidenz des passageren postoperativen Hypoparathyreoidismus bei 7,3–8,3%, die des permanenten Hypoparathyreoidismus bei 1,5–1,7%. Um gefährdete Patientinnen und Patienten zu identifizieren, hat sich die intraoperative Messung des intakten Parathormons als zuverlässige Untersuchung erwiesen (11). Calcium Eine der häufigsten Komplikationen bei Schilddrüsen-Operationen ist die Hypocalciämie. Da sie in direkter Verbindung mit der Schädigung bzw. Devaskularisierung der Nebenschilddrüsen steht, wurde Calcium hier ebenfalls als Marker für das Ausmaß des Operationstraumas herangezogen. In den meisten Fällen ist die postoperative Hypocalciämie transient, sie kann sich auch erst nach wenigen Monaten wieder rückbilden oder gar permanent sein. Ist dies der Fall würden die betroffenen Patientinnen und Patienten lebenslänglich oral mit Calcium und Vitamin D substituiert werden (1). 1.3.2 Psychische Belastung im Rahmen chirurgischer Eingriffe Die Konfrontation mit einem chirurgischen Eingriff stellt für den überwiegenden Teil der betroffenen Personen eine Belastung dar. Hospitalisierung, die Krankheit, das Wissen, sich einer Operation unterziehen zu müssen und die Unsicherheit über die damit verbundenen Folgen sind nur einige Faktoren, die dazu beitragen, dass viele Patientinnen und Patienten diese Situation als Herausforderung empfinden. Die perioperative Situation umfasst weitaus mehr potentielle Stressoren als der chirurgische Eingriff selbst. So spielen zum Beispiel die Wartezeit auf einen Operationstermin, die Dauer der Hospitalisierung, sowie mögliche Folgen der Operation eine wesentliche Rolle (30) (31). Bei Operationen an der Schilddrüse sind es etwa die Sorge um den Erhalt der Stimme, das Globusgefühl im Hals und die Symptome einer Hypokalziämie, die den 8 Patientinnen und Patienten in der unmittelbar perioperativen Phase am ehesten Beschwerden bereiten (13) (24). Je besser Patientinnen und Patienten aufgeklärt sind, desto besser können sie erfahrungsgemäß mit der Situation rund um den chirurgischen Eingriff und den postoperativen Schmerzen umgehen. Die Patientinnen- und Patientenzufriedenheit korreliert mit den erhaltenen präoperativen Informationen und dem Ausmaß, indem Betroffene in die Therapieentscheidung einbezogen werden (13) (19) (24). Da sowohl inflammatorische Prozesse als auch psychologische Faktoren in der Entwicklung und Behandlung eines Operationstraumas eine Rolle zu spielen scheinen, war es Ziel der vorliegenden Arbeit diese Zusammenhänge näher zu untersuchen. 9 2 Material und Methoden 2.1 Stichprobe Die Daten für die vorliegende Arbeit wurden im Rahmen einer Studie an der Universitätsklinik für Chirurgie an der Medizinischen Universität Graz erhoben. Die Stichprobe umfasste 53 Patientinnen und Patienten (10 Männer und 43 Frauen). Das Altersspektrum reichte von 27 bis 83 Jahren. Der Altersdurchschnitt lag bei 53 Jahren (±18,03). Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war das vollendete 18. Lebensjahr. Die Studie wurde gemäß den Richtlinien der Ethikkommission unter der Nummer 27 – 466 ex 14/15 durchgeführt. Alle Probandinnen und Probanden unterzeichneten vor der Teilnahme eine Einverständniserklärung. 2.2 Ablauf Die Rekrutierung der Patientinnen und Patienten erfolgte auf der Station für Allgemeinchirurgie am LKH Graz. Am Vortag der geplanten Operation wurden diese stationär aufgenommen. Jene Patientinnen und Patienten, die an der Studienteilnahme Interesse zeigten, wurden über das Procedere der Studie genau aufgeklärt. Nach ausführlicher Aufklärung und Bestätigung der Studienteilnahme wurde der Fragebogen ausgehändigt. Dieser wurde von den Patientinnen und Patienten selbstständig ausgefüllt. Am ersten Tag nach der durchgeführten Operation (24 Stunden postoperativ) wurde von den Patientinnen und Patienten der postoperative Fragebogen beantwortet. 10 2.3 Materialien 2.3.1 Laborparameter Als Laborparameter wurden sowohl prä- als auch postoperativ Leukozyten, CRP, IL-6 und als schilddrüsenspezifische Parameter Parathormon und Calcium erhoben. Mit Ausnahme des IL-6 konnten also alle Werte dem ohnehin routinemäßig durchgeführten Standardlabor abgelesen werden. IL-6 wurde für den Untersuchungszeitraum zusätzlich zum Standardlabor abgenommen. 2.3.2 Fragebogen Ein neu entwickelter Fragebogen bestehend aus 8 Fragen wurde erstellt (siehe Anhang). Allen Probandinnen und Probanden wurde dieser Fragebpgen zum selbstständigen Ausfüllen sowohl prä- als auch postoperativ vorgelegt. Die Fragen beinhalteten die Themen: (1) Kräftigkeit der Sprechstimme, (2) Heiserkeit, (3) bestehende Atemnot, (4) Schmerzen beim Schlucken, (5) Globusgefühl (Fremdkörpergefül im Rachen), (6) die Erwartungen der Patientinnen und Patienten bezüglich der Besserung durch die bevorstehende bzw. stattgefundene Operation, (7) bestehender Leidensdruck vor bzw. nach der Operation und (8) die Einschätzung bezüglich der Sinnhaftigkeit der Operation.. Die Beantwortung erfolgte mittels eines 10-stufigen Antwortformates (1 = stimme gar nicht zu, 10 = stimme voll und ganz zu). Die Verwendung dieser Skala wurde gewählt, da sie an das mittlerweile lang verwendete und gut etablierte „Schmerzgesicht“ angelehnt ist, welches zur Erhebung von Schmerzen herangezogen wird. Es stellte daher ein „Messinstrument“ dar, das Patientinnen und Patienten bereits vertraut war. 11 2.3.3 Fragestellungen und Hypothesen Die Minimalinvasive Schilddrüsenchirurgie hat in Graz schon mehrere Jahre Tradition. Etwa 400 Operationen werden mit dieser Methode jährlich durchgeführt (37) und zeigen sowohl in der Dauer des postoperativen stationären Aufenthaltes als auch in der Kosmetik großen Erfolg. Dennoch wurden bislang keine Daten erhoben, die das subjektive Befinden der Patientinnen und Patienten in Bezug auf die Operation widerspiegelt. Ziel dieser Arbeit war es, die prä- und postoperativen Laborparameter zu erheben und diese mit den Ergebnissen aus den Fragebögen zu vergleichen um so den Erfolg der Minimalinvasiven Schilddrüsenchirurgie erstmals objektivieren zu können. Folgende Fragestellungen und Hypothesen wurden formuliert: Fragestellung 1: Korrelieren die postoperativen Schluckbeschwerden mit den postoperativen Entzündungsparametern IL-6, CRP und Leukozyten? Hypothese 1a: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit dem postoperativ erhobenen Entzündungsparameter CRP. Hypothese 1b: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit dem postoperativ erhobenen Entzündungsparameter IL-6. Hypothese 1c: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit den postoperativ erhobenen Leukozyten. Fragestellung 2: Korrelieren die präoperativen Besserungserwartungen mit den postoperativen Entzündungsparametern (IL-6, CRP und Leukozyten)? 12 Hypothese 2a: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind, umso geringer präsentiert sich das postoperative CRP. Hypothese 2b: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind, umso geringer präsentiert sich das postoperative IL-6. Hypothese 2c: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind, umso geringer präsentieren sich die postoperativen Leukozyten. Fragestellung 3: Korreliert der präoperative Leidensdruck mit dem postoperativen Entzündungslabor? Hypothese 3a: Je höher der präoperative Leidensdruck ist umso geringer ist das postoperative CRP. Hypothese 3b: Je höher der präoperative Leidensdruck ist, umso geringer ist das postoperative IL-6. Hypothese 3c: Je höher der präoperative Leidensdruck ist, umso geringer sind die postoperativen Leukozyten. Fragestellung 4: Korreliert der postoperative Leidensdruck mit dem postoperativen Entzündungslabor? Hypothese 4a: Je höher der postoperative Leidensdruck ist umso höher ist auch das postoperative CRP. Hypothese 4b: Je höher der postoperative Leidensdruck ist, umso höher ist auch das postoperative IL-6. 13 Hypothese 4c: Je höher der postoperative Leidensdruck ist, umso höher sind die postoperativ erhobenen Leukozyten. 2.3.4 Statistische Auswertung Die Berechnungen erfolgten mithilfe des Statistikprogramms IBM SPSS Version 22 für Windows. Da die erhobenen Werte keine Normalverteilung zeigten, wurde zur Überprüfung der Hypothesen der non-parametrische Spearman-Korrelationskoeffizient verwendet. Das Signifikanzniveau wurde auf p < .05 festgesetzt. 14 3 Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der zu untersuchenden Hypothesen dargestellt. Die Skalierung der dargestellten Grafiken endet bei „12“. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass es sich dennoch ausnahmslos um das standardisierte 10-stufige Antwortformat handelt und die weiter gewählte Skalierung aus optischen Gründen verwendet wurde. 3.1 Hypothesen Hypothese 1- postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives Entzündungslabor Hypothese 1 konnte in den statistischen Berechnungen nicht verifiziert werden. Es wurde kein Zusammenhang zwischen den postoperativen Schluckbeschwerden und dem postoperativen CRP gefunden (rs = .497, p < .05) 12 Schluckbeschwerden 10 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 CRP (mg/l) 100 120 140 Abbildung 1: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives CRP 15 Zwischen den postoperativen Schluckbeschwerden und dem postoperativen IL-6 konnte keine Korrelation gezeigt werden. (rs = .0831, p < .05) 12 Schluckbeschwerden 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 IL-6 (pg/ml) 25 30 35 Abbildung 2: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives IL-6 Auch die postoperativen Leukozyten und die postoperativen Schluckbeschwerden korrelierten nicht signifikant (rs = .1324, p < .05). 16 12 Schluckbeschwerden 10 8 6 4 2 0 0 2 4 6 8 Leukozyten 10 12 14 16 (x109/l) Abbildung 3: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperative Leukozyten Hypothese 2 – präoperative Erwartungshaltung und postoperatives Entzündungslabor Hypothese 2 konnte nicht bestätigt werden. Kein statistisch signifikanter Zusammenhang konnte zwischen den präoperativen Besserungserwartungen und dem postoperativen CRP gezeigt werden. (rs = .899, p < .05) 17 12 Besserugserwartungen 10 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 CRP (mg/l) 100 120 140 Abbildung 4: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperatives CRP Auch das postoperative IL-6 korrelierte nicht mit den präoperativen Erwartungshaltungen. (rs = .202, p < .05) 12 Besserungserwartungen 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 IL-6 (ng/l) 20 25 30 35 Abbildung 5: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperatives IL-6 18 Bei den statistischen Berechnungen konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen den präoperativen Erwartungshaltungen und den postoperativ erhobenen Leukozyten festgestellt werden. (rs = .331, p < .05) 12 Besserungserwartungen 10 8 6 4 2 0 0 2 4 6 8 10 Leukozyten (x109/l) 12 14 16 Abbildung 6: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperative Leukozyten Hypothese 3 – präoperativer Leidensdruck und postoperatives Labor Hypothese 3 konnte in den statistischen Berechnungen nicht bestätigt werden. Zwischen dem präoperativen Leidensdruck und dem postoperativen Entzündungslabor konnten keine signifikanten Korrelationen berechnet werden. Es zeigten sich keine statistisch signifikanten Korrelationen zwischen dem präoperativen Leidensdruck und dem postoperativ ermittelten CRP. (rs = .409, p < .05) 19 Leidensdruck präoperativ 12 10 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 CRP (mg/l) 100 120 140 Abbildung 7: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperatives CRP Ebenfalls keine signifikanten Zusammenhänge konnten zwischen dem präoperativen Leidensdruck und dem postoperativen IL-6 gezeigt werden. (rs = .945, p < .05) 12 Leidensdruck präoperativ 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 IL-6 (ng/l) 25 30 35 Abbildung 8: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperatives IL-6 20 Auch der präoperative Leidensdruck und die postoperativen Leukozyten zeigten keine Korrelation (rs = .064, p < .05). Leidensdruck präoperativ 12 10 8 6 4 2 0 0 2 4 6 8 10 9 Leukozyten(x10 /l) 12 14 16 Abbildung 9: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperative Leukozyten 21 Hypothese 4 – postoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor Zwischen postoperativem Leidensdruck und den postoperativ erhobenen Entzündungsparametern konnte in den statistischen Berechnungen kein signifikanter Zusammenhang gefunden werden. Es zeigten sich keine Korrelationen zwischen postoperativem Leidensdruck und postoperativ erhobenem CRP (rs = .191, p < .05). 12 Leidensdruck postoperativ 10 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 CRP (mg/l) 100 120 140 Abbildung 10: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperatives CRP Keine statistischen Zusammenhänge konnten zwischen dem postoperativen Leidensdruck und dem postoperativ gemessenen IL-6 festgestellt werden. (rs = .410, p < .05) 22 12 Leidensdruck postoperativ 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 IL-6 (pg/ml) 25 30 35 Abbildung 11: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperatives IL-6 Kein statistisch relevanter Zusammenhang konnte zwischen dem postoperativen Leidensdruck und den postoperativen Leukozyten ermittelt werden. (rs = .792, p < .05) 12 Leidensdruck postoperativ 10 8 6 4 2 0 0 2 4 6 8 10 9 Leukozyten (x10 /l) 12 14 16 Abbildung 12: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperative Leukozyten 23 3.2 Fragebogen Subjektive Beurteilung der Stimme Präoperativ beurteilten 40 Patientinnen und Patienten, das sind rund 75%, die Kräftigkeit ihrer Stimme mit fünf und mehr Punkten. Niemand vergab zwei oder weniger Punkte. 12 standardisierter Score (AL2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 60 "Ich schätze meine Stimme als kräftig ein" präoperativ Abbildung 13: Kräftigkeit der Stimme präoperativ Postoperativ waren es 62%, die der Kräftigkeit der Stimme mindestens fünf Punkte beimaßen, drei Patientinnen und Patienten vergaben zwei Punkte. 24 12 standardisierter Score (AL 2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 "Ich schätze meine Stimme als kräftig ein" postoperativ 60 Abbildung 14: Kräftigkeit der Stimme postoperativ Deutlicher zeigte sich der Unterschied zwischen prä- und postoperativen Einschätzungen bei der Heiserkeit der Stimme. Vor der Operation gaben 31 Patientinnen und Patienten an, dass sie ihre Stimme „gar nicht“ heiser fänden. Zwei Personen beurteilten ihre Stimme als „maximal heiser“. Postoperativ hingegen zeigte sich, dass 19 Personen der Heiserkeit ihrer Stimme einen Punkt beimaßen. Die Anzahl der Personen die zehn Punkte vergaben stieg auf fünf an. 25 12 standardisierter Score (AL 2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 "Meine Stimme ist heiser" präoperativ 50 60 50 60 Abbildung 15: Präoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme 12 standardisierter Score (AL 2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 "Meine Stimme ist heiser" postoperativ Abbildung 16: postoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme 37 der 53 Befragten gaben präoperativ an, dass sie „gar nicht“ unter Atemnot litten. Zwei Personen beurteilten diese Frage mit sieben Punkten und niemand mit acht oder mehr Punkten. 26 10 9 standardisierter Score (AL 2016) 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 "Ich leide an Atemnot" präoperativ 50 60 Abbildung 17: Einschätzung zur präoperativen Atemnot Die Frage, ob sie postoperativ an Atemnot litten, beantworteten 45 Personen mit einem Punkt, das sind 84%. Insgesamt sieben Patientinnen und Patienten vergaben zwei oder drei Punkte, eine Person vergab sieben Punkte. 10 9 standardisierter Score (AL 2016) 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 "Ich leide an Atemnot" postoperativ 50 60 Abbildung 18: Einschätzung zur postoperativen Atemnot 27 Der Vergleich von den prä- und postoperativen Ergebnissen zeigt hier, dass postoperativ subjektiv weniger Personen Atemprobleme wahrnahmen. Sowohl prä- als auch postoperativ vergaben 75% die maximale Punkteanzahl. Postoperativ waren es vier Personen, die einen Punkt vergaben. Die Restlichen neun Patientinnen und Patienten maßen den Besserungserwartungen acht und neun Punkte zu. 12 standardisierter Score (AL 2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 "Ich erwarte vor von der OP eine Besserung" präoperativ 50 60 Abbildung 19: präoperative Besserungserwartungen 28 12 standardisierter Score (AL 2016) 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 "Ich erwarte vor von der OP eine Besserung" postoperativ 50 60 Abbildung 20: postoperative Besserungserwartungen Die präoperative Einschätzung der Patientinnen und Patienten bezogen auf die Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation ist in Abbildung 21 grafisch verdeutlicht. 87% der Befragten beantworteten die Frage zur Sinnhaftigkeit der Operation präoperativ mit „stimme voll und ganz zu“, was dem Maximum an Zustimmung entspricht. 29 50 45 Patienten & Patientinnen 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 "Ich schätze die Operation als sinnvoll ein" präoperativ 9 10 Abbildung 21: präoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation Postoperativ waren es 89% der Patientinnen und Patienten, die der Operation die maximale Sinnhaftigkeit beimaßen. 50 Patienten und Patientinnen 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 "Ich schätze die Operation als sinnvoll ein" postoperativ 9 10 Abbildung 22: postoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der stattgehabten Operation 30 In der folgenden Grafik wird der Leidensdruck im Sinne der Schmerzsymptomatik dargestellt. standardisierte Schmerzskala 12 10 8 6 4 2 0 0 10 20 30 40 Patientinnen & Patienten 50 60 Abbildung 23: postoperative Schluckbeschwerden Wie aus Abbildung 23 hervorgeht, vergaben 15% der Befragten postoperativ fünf oder mehr Punkte auf der Schmerzskala. Somit beurteilten 85% der Patientinnen und Patienten die postoperativen Schmerzen zwischen einem und vier Punkten. 35 der 53 befragten Personen (66%) sprachen den Schmerzen maximal zwei Punkte zu. 31 3.3 Labor 70 Parathormon (ng/l) 60 50 40 30 20 10 0 präoperativ postoperativ Abbildung 24: prä- und postoperativ erhobene Parathormon-Werte Das Parathormon lag präoperativ im Durchschnitt bei 62,52 ng/l und sank postoperativ auf 37 ng/l. Das ist ein Abfall von 37%. Somit lagen die Werte sowohl prä- als auch postoperativ im Referenzbereich. 32 2,6 Calcium (mmol/l) 2,5 2,4 2,3 2,2 2,1 2 präoperativ postoperativ Abbildung 25: prä- und postoperativ erhobene Calcium-Werte Das präoperativ erhobene Calcium lag im Durchschnitt bei 2,45 mmol/l. Postoperativ fiel es auf durchschnittlich 2,25 mmol/l ab. 50 CRP (mg/l) 40 30 20 10 0 präoperativ postoperativ Abbildung 26: prä- und postoperativ erhobene CRP-Werte 33 Die Entzündungswerte waren postoperativ wie zu erwarten erhöht, sprachen aber in ihrer Dimension für ein geringes operatives Trauma. Das CRP lag präoperativ im Mittel bei 1,54 mg/l. Postoperativ wurden 10,56 (±18,59) mg/l im Mittelwert erhoben. 34 4 Diskussion Die vorliegende Studie untersuchte erstmalig prä- und postoperative Laborparameter in Zusammenhang mit subjektivem Befinden bei thyreoidektomierten Patientinnen und Patienten. Die Untersuchungen konnten zeigen, dass die Patientinnen und Patienten nach Minimalinvasiver Thyreoidektomie sowohl prä- als auch postoperativ einem geringen Leidensdruck ausgesetzt sind und ein sehr niedriges Schmerzniveau angaben. Untersuchte Korrelate Es wurden Korrelate zwischen dem subjektiven Befinden der Patientinnen und Patienten und deren Entzündungsparameter untersucht. Dabei zeigte sich, dass sich das Befinden der Befragten in Bezug auf Schluckbeschwerden, Besserungserwartungen und Leidensdruck völlig unabhängig vom postoperativen Entzündungslabor präsentierte. Es konnten keine Korrelationen mit statistischer Signifikanz (p < .05) ermittelt werden. Postoperative Schluckbeschwerden und postoperative Entzündungswerte Bei Hypothese 1 sollte überprüft werden ob das erhöhte postoperative Entzündungslabor mit gesteigerten Schluckbeschwerden einhergeht. Dies konnte in den statistischen Berechnungen nicht bestätigt werden. Insgesamt gaben lediglich 11% (6 von 53) der Befragten einen höheren Wert als 5 (standardisierte Schmerzskala) bei der Beurteilung ihrer Schluckbeschwerden an. Präoperative Besserungserwartungen und postoperatives Entzündungslabor Bei Hypothese 2 wurde untersucht, ob die präoperativen Erwartungshaltungen Einfluss auf das postoperative Entzündungslabor nehmen. Die Annahme war, dass eine hohe Erwartungshaltung an die Operation sich positiv auf das postoperative Entzündungslabor auswirkte. In den statistischen Berechnungen konnte diese Hypothese jedoch nicht bestätigt werden. In der Literatur konnte keine Arbeit gefunden werden, die präoperative Erwartungshaltungen mit postoperativen Entzündungsparamatern verglich. 35 C. Huber zeigte in einer Arbeit, dass sich unspezifische Erwartungshaltungen nicht auf das postoperative Ergebnis im Sinne von niedrigeren Schmerzen niederschlagen, sehr wohl jedoch spezifische Erwartungen (in dieser Arbeit mit „Besserungserwartungen“ vergleichbar) (10). Auch Mahomed et al. konnte in seiner Studie zeigen, dass sich präoperative Erwartungshaltungen auf das postoperative Ergebnis auswirkten. Die postoperativen Schmerzen waren geringer und auch das präoperative Funktionsniveau konnte postoperativ bei hohen Erwartungshaltungen schneller wieder erreicht werden (15). Präoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor In mehreren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass präoperativ hoher Leidensdruck (wie bspw. Depression, Ängstlichkeit, etc.) eine negative Auswirkung auf das postoperative Ergebnis haben. Oft leiden diese Patientinnen und Patienten an stärkeren Schmerzen und auch das medizinisch chirurgische Ergebnis entfällt im Durchschnitt schlechter. (25) Unter der Annahme, dass sich ein ungünstiges postoperatives Ergebnis in Form der postoperativ erhobenen Entzündungsparameter niederschlägt, wurde Hypothese 3 geprüft, konnte in unseren Untersuchungen jedoch nicht bestätigt werden. Postoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor Hypothese 4 ging davon aus, dass sich ein hoher postoperativer Leidensdruck in einem ebenfalls erhöhten postoperativen Entzündungslabor niederschlagen würde. Auch diese Annahme hat sich in den statistischen Berechnungen nicht bewahrheitet. Stimme Die Stimme wurde postoperativ als deutlich weniger kräftig empfunden als vor der Operation. Die Heiserkeit nahm postoperativ sichtbar zu. Während die Heiserkeit präoperativ von 26% der Patientinnen und Patienten mit fünf und mehr Punkten beurteilt wurde, waren es postoperativ 49%. Hierzu kann gesagt werden, dass die postoperativen Ergebnisse, die Heiserkeit und die Kräftigkeit der Stimme betreffend, nicht allein durch den chirurgischen Eingriff in der Halsregion 36 erklärt werden können. Viel mehr müssen in diesem Zusammenhang anästhesiologische Maßnahmen, wie beispielsweise die Intubation als Ursache in Betracht gezogen werden. Atemnot Der Vergleich von den prä- und postoperativen Ergebnissen in Bezug auf eine Atemnotsymptomatik zeigte, dass Patientinnen und Patienten postoperativ weniger davon betroffen waren als vor der Operation. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Halsregion am ersten postoperativen Tag im Rahmen des chirurgischen Eingriffes einer Schwellung ausgesetzt ist, als erfreuliches Ergebnis zu verzeichnen. Besserungserwartungen Durch die Entwicklungen, die im Bereich der Schilddrüsenchirurgie in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen sind, können postoperative Komplikationen wie etwa die Rekurrensparese mit weniger als 1% angegeben werden. Resultierend sind die Erwartungshaltungen der Patientinnen und Patienten an einen einwandfreien Ab- und postoperativen Verlauf gestiegen. (22) Auch in unserer Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Erwartungen der Patientinnen und Patienten an die Operation sowohl prä- als auch postoperativ sehr hoch sind (siehe Abb. 10 &11). Sinnhaftigkeit der Operation Sowohl prä- als auch postoperativ zeigte sich, dass die Einschätzungen der Patientinnen und Patienten bezogen auf die Sinnhaftigkeit der Operation sehr zustimmend gegenüberstanden. Dies kann als großer Erfolg gewertet werden, da zum Zeitpunkt der Indikation zur Thyreoidektomie kaum Symptome vorhanden sind. Dass der Sinnhaftigkeit postoperativ noch größerer Zuspruch zukam, kann auf eine gute und verständlich durchgeführte präoperative Aufklärung zurückgeführt werden. Postoperative Schluckbeschwerden In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Patientinnen und Patienten postoperativ sehr niedrige Schmerzniveaus angaben (siehe Abbildung 23). 37 Dies deckt sich mit der Studie von Noori et al. (20) in der gezeigt werden konnte, dass Patientinnen und Patienten, die mit Minimalinvasiver Thyreoidektomie operiert wurden, signifikant weniger Schmerzen litten, als jene aus der Vergleichsgruppe, die mit der konventionellen Thyreoidektomie operiert wurden. Miccoli et al. kam zu dem Ergebnis, dass auch die Minimalinvasive Video Assistierte Thyreoidektomie (MIVAT) statistisch signifikant geringere postoperative Schmerzen nach sich zieht als die konventionelle Thyreoidektomie (16). Da MIVAT und MIT bezogen auf das Operationsausmaß, die Häufigkeit der Komplikationen und das kosmetische Resultat sehr gut vergleichbar sind (23) wird MIVAT hier als Referenz angeführt. Hypoparathyreoidismus Indirektes Zeichen für das Ausmaß des Operationstraumas bietet im Bereich der Schilddrüsenchirurgie der postoperative Hypoparathyreoidismus. Sein Auftreten ist geradezu die Maßzahl für die Qualität der Operation (11). Im Jahr 2005 publizierten A. Zahn und M. Gruß, dass 36% der thyreoidektomierten Patientinnen und Patienten einen Hypoparathyreoidismus am ersten postoperativen Tag zeigten (37). In großen Multicenterstudien lag die Inzidenz des passageren Hypoparathyreoidismus bei 8% (28). In unseren Untersuchungen zeigten 18 von 53 Patientinnen und Patienten einen Kalziumwert von < 2,2 mmol/l. Der postoperative Parathormon-Abfall betrug im Mittel 36% und ist damit verglichen zu einer prospektiven Studie von Kern et al. (11), die einen postoperativen Parathormon-Abfall von 41% (asymptomatisch) und 71% (symptomatisch) publizierten, deutlich niedriger. Entzündungslabor CRP, IL-6 und Leukozyten wurden sowohl prä- als auch postoperativ (nach 24 Stunden) erhoben. Die postoperativ erhobenen Entzündungsparameter sprachen in ihrem Ausmaß für ein geringes postoperatives Trauma. Verglichen mit Lombardi et al. (14) deckten sich die präoperativ erhobenen Werte, diese lagen bei 1,5 (±1,6) mg/l und 2,6 (±4,0) mg/l. Postoperativ ermittelte die Studie 38 von Lombardi et al. (14) am ersten postoperativen Tag ein CRP von 6,4 (±4,8) mg/l bei VAT (Video Assistierter Thyreoidektomie) und 7,3 (±9,9) mg/l bei konventioneller Thyreoidektomie. Das in unserer Untersuchung ermittelte CRP lag bei 11,60 (±18,60) mg/l und ist somit höher als die von Lombardi ermittelten Entzündungswerte. Das postoperativ erhobene IL-6 belief sich auf 5,85 (±6,11) pg/ml. Verglichen mit Miccoli et al. (17), der 24 Stunden postoperativ bei MIVAT 25,7 pg/ml maß, sind die Werte aus dieser Untersuchung deutlich niedriger. IL-6 erreicht sein Maximum unmittelbar postoperativ und nimmt bereits in den ersten 24 Stunden signifikant ab (31). Das Ausmaß des IL-6 Anstiegs steht in Zusammenhang mit dem Grad des Operationstraumas (3) (6). Da Miccoli et al. seine Werte nach MIVAT erhoben hat und die Patientinnen und Patienten mit Minimalinvasiver Thyreoidektomie operiert wurden, kann interpretiert werden, dass bei der Minimalinvasiven Thyreoidektomie ein niedrigeres Operationstrauma resultiert. Cruickshank et al. konnten zeigen, dass die Dauer einer Operation ebenfalls mit dem postoperativen IL-6 Anstieg in Zusammenhang steht (6). Die Operationszeit bei MIVAT beträgt bei der Lobektomie im Mittel 32 Minuten (Umfang 20–120 Minuten) und für die Totale Thyreoidektomie 44 Minuten (Umfang 30–130 Minuten). Die Operationszeiten für MIT können mit 30 bis 45 Minuten angegeben werden. Da sich daraus kein signifikanter Unterschied in den Operationszeiten ergibt, können die unterschiedlich hohen postoperativen IL-6 Werte darauf nicht zurückgeführt werden. 4.1 Limitationen Die hier beschriebene Untersuchung wurde an 53 Patientinnen und Patienten einen Tag vor und einen Tag nach einer Thyreoidektomie durchgeführt. Die Anzahl der Datensätze ist somit verglichen mit anderen, in dieser Arbeit zitierten Studien, deutlich geringer. Weiters waren die Patientinnen und Patienten zum Zeitpunkt der ersten Befragung für die bevorstehende Operation bereits stationär aufgenommen und für den Eingriff aufgeklärt. In diesem Zusammenhang kann die große Zustimmung für die geplante Operation erklärt werden. 39 4.2 Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit untersuchte erstmals den Zusammenhang von prä- und postoperativen subjektiven Befinden und den prä- und postoperativen Entzündungsparametern. Es konnten keine positiven Korrelationen festgestellt werden und so kann gefolgert werden, dass sich in unserer Untersuchung die Entzündungswerte unabhängig von subjektivem Befinden präsentierten. Die Entzündungswerte waren entsprechend eines chirurgischen Eingriffs erhöht, sprachen aber für ein geringes Trauma. Auch das für schilddrüsenchirurgische Eingriffe als indirektes Maß des Operationstraumas erhobene PTH und Calcium sprachen für eine schonende Methode. Die Ergebnisse aus dem Fragebogen zeigten präoperativ einen geringen Leidensdruck, hohe Erwartungen und durchgehend die Überzeugung, dass der bevorstehende Eingriff als „sinnvoll“ eingestuft wird. Der präoperativ geringe Leidensdruck lässt sich damit erklären, dass die Operationsindikation gestellt wurde, bevor sich belastende Symptome präsentierten. Dass die Thyreoidektomie in diesem Zusammenhang dennoch als sinnvoll eingestuft wurde, kann auf eine gute präoperative Aufklärung zurückgeführt werden. Das steht im Gegensatz zu den Ergebnissen von Banach et al., die in einer großen internationalen Befragung ermittelten, dass sich 63% der Patientinnen und Patienten in Bezug auf Krankheit und weiterem Vorgehen nicht gut aufgeklärt und informiert fühlten (22). Postoperativ präsentierten sich die Ergebnisse aus dem Fragebogen noch „zustimmender“ als präoperativ. So konnte gezeigt werden, dass postoperativ die Erwartungshaltung, die Besserung betreffend, von noch mehr Patientinnen und Patienten mit der höchsten Punkteanzahl beurteilt wurde als präoperativ. Ebenso konnte die Einschätzung über die Sinnhaftigkeit der Thyreoidektomie an Zustimmung zulegen. 40 5 Literaturverzeichnis (1) Aggeli C., (2014): „Postoperative hypoparathyroidism after Thyroid Surgery“. In Hellenic Journal of Surgery. (2) Banach R. (2013): „Results of the Thyroid Cancer Alliance international patient/survivor survey: Psychosocial/informational support needs, treatment side effects and international differences in care“. In: Hormones (Athens) 12(3):42838. (3) Berger D. (1995): „New Aspects concerning the regulation of the post operative acute phase reaction during cardiac surgery“. In: Clinica Chimica Acta 239 121130. (4) Biffl WL. (1996): „Interleukin 6 in the injured patient. Marker of injury or mediator of inflammation?“. In Annals of Surgery; 224(5):647-64. (5) W. Böcker, H. Denk, ph. U. Heitz (2008): Pathologie, W. Böcker, H. Denk, Ph. U. Heitz, H. Moch (Hrsg.), 4. Auflage, München: Der Urban & Fischer Verlag (6) Cruickshank AM. 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(2008): „Moderne Algorithmen der Schilddrüsenchirurgie“. http://de.slideshare.net/endokrine/moderne-algorithmen-in-derschilddrsenchirurgie-presentation. Abgerufen am: 25.8.2016 44 (37) Wolf G. (2011): „Graz Procedure“ ermöglicht Operationen mit weniger Aufwand und Kosten“. Minimalinvasive Schilddrüsenchirurgie unter https://www.medunigraz.at/fileadmin/news-archiv/2011/2011-05-10-16530%22GrazProcedure%22%20erm%C3%B6glicht%20Operationen%20mit%20weniger%20 Aufwand%20und%20Kosten.pdf Abgerufen am: 02.07.2017 (38) Zahn A. (2005): „Störung der Nebenschilddrüsenfunktion nach totaler Thyreoidektomie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen“. In: Viszeralchirurgie. Georg Thieme Verlag Stuttgard, New York 45 6 Anhang 6.1 Fragebogen präoperativ PatientIn: _____________________________________ Die unmittelbare perioperative Phase bei endokrinen Halsoperationen Sie finden in diesem Fragebogen eine Reihe von Fragen, die sich auf Ihre Person beziehen. Bitte tragen Sie auf den leeren Zeilen die für Sie zutreffenden Antworten ein und kreuzen Sie die jeweils entsprechenden Aussagen an. Alle Ihre Angaben werden selbstverständlich anonym behandelt und nur für die Studie verwendet. 01 Ich schätze meine Sprechstimme als kräftig ein. 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 02 Ich empfinde meine Sprechstimme als heiser. 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 03 Ich leide an Atemnot. 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 46 04 Beim Schlucken treten Schmerzen auf. 1 stimme gar nicht zu 05 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Ich bin (vor der Operation) einem hohen Leidensdruck ausgesetzt 1 stimme gar nicht zu 08 4 Ich erwarte mir von der Operation eine Besserung. 1 stimme gar nicht zu 07 3 Mein Hals fühlt sich geschwollen an (Globusgefühl). 1 stimme gar nicht zu 06 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Ich schätze die bevorstehende Operation als sinnvoll ein. 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 47 6.2 Fragebogen postoperativ PatientIn: _____________________________________ Die unmittelbare perioperative Phase bei endokrinen Halsoperationen Sie finden in diesem Fragebogen eine Reihe von Fragen, die sich auf Ihre Person beziehen. Bitte tragen Sie auf den leeren Zeilen die für Sie zutreffenden Antworten ein und kreuzen Sie die jeweils entsprechenden Aussagen an. Alle Ihre Angaben werden selbstverständlich anonym behandelt und nur für die Studie verwendet. 01 Ich schätze meine Sprechstimme als kräftig ein. 1 stimme gar nicht zu 02 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Meine Stimme ist seit der Operation heiser. 1 stimme gar nicht zu 03 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Ich leide an Atemnot 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 48 04 Beim Schlucken treten Schmerzen auf. 1 stimme gar nicht zu 05 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Ich bin (nach der Operation) einem höheren Leidensdruck ausgesetzt als davor. 1 stimme gar nicht zu 08 4 Ich erwarte mir von der Operation eine Besserung. 1 stimme gar nicht zu 07 3 Mein Hals fühlt sich geschwollen an (Globusgefühl). 1 stimme gar nicht zu 06 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu Ich schätze die Operation als sinnvoll ein. 1 stimme gar nicht zu 2 3 4 5 6 7 8 9 10 stimme voll und ganz zu 49