Die unmittelbar perioperative Phase bei endokrinen Halsoperationen

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Diplomarbeit
Die unmittelbar perioperative Phase bei endokrinen
Halsoperationen
eingereicht von
Amrei Lässer
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an der
Univ.-Klinik für Chirurgie
unter der Anleitung von
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wolf
&
Dr.in Andrea Simon
Graz, am 17.7.2017
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe
und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche
kenntlich gemacht habe.
Graz, am 17.07.2017
Amrei Lässer eh
i
Danksagung
Ich möchte mich ganz besonders bei Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wolf für die Idee zur
vorliegenden Studie, die Begleitung und außergewöhnlich große Unterstützung während
der Durchführung und Fertigstellung der Arbeit bedanken.
Darüber hinaus danke ich meiner Familie und meinen Freundinnen und Freunden, allen
voran Zsófi für die Hilfe bei Erstellung des Fragebogens, Stephanie für das
gewissenhafte Durchlesen der Arbeit, Philipp für die Hilfe in sämtlich technischen
Belangen und Frederike für die hilfreichen Ratschläge und Unterstützung während des
ganzen Studiums.
ii
Zusammenfassung
Hintergrund und Zielsetzung: Die Lebensqualität (engl.: Quality of Life (QoL)) ist ein
wichtiger Endpunkt in der Chirurgie, auch bei Thyreoidektomien. Die Minimalinvasive
Schilddrüsenchirurgie bringt viele Vorteile wie kurze OP-Zeiten, minimales
Gewebstrauma und einwandfreies kosmetisches Ergebnis mit sich. Um den Erfolg der
Minimalinvasiven Thyreoidektomie erstmals objektivieren zu können, wurden in der
vorliegenden Studie erstmals subjektiv erhobene Parameter mit spezifischen Labordaten
(Calcium, Parathormon, sowie Entzündungsparametern) verglichen.
PatientInnen und Methoden:
konsekutive
Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden 53
Thyreoidektomie-Patientinnen
und
Patienten
anhand
eines
neu
entwickelten Fragebogens untersucht. Dabei wurden verschiedene Parameter bezüglich
aktueller Befindlichkeit, registrierte Nebenwirkungen und die zu erwartende Genesung
erhoben.
Zusätzlich
wurden
Calcium
und
Parathormon
(spezifische
Thyreoidektomieparameter) sowie Interleukin 6 (IL-6) und C-reaktives Protein (CRP)
als spezifisches Entzündungslabor bestimmt. Dies wurde präoperativ als auch 24
Stunden postoperativ ermittelt.
Ergebnisse: Präoperatives Calcium und Parathormon zeigten postoperativ einen Abfall
von 7 bzw. 44%. Dabei zeigten sich keine klinischen Symptome oder Komplikationen.
Il-6 und CRP stiegen im Mittel um 54 bzw. 69% und zeigen somit eine geringe
postoperative Entzündungsreaktion. Es wurden keine Stimmbandlähmungen detektiert.
Die präoperativen Erwartungen deckten sich mit den postoperativen Einschätzungen in
Bezug auf die Notwendigkeit und Ergebnisse der Operation in 79% der Fälle. Es
zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge von Entzündungsparametern und
Schluckstörungen bzw Erwartungshaltung.
Zusammenfassung: Sowohl die subjektiven als auch die objektiven Daten in der
perioperativen
Phase
zeigen
bei
der
standardisierten
Minimalinvasiven
Thyreoidektomie genauso wie die Daten des Entzündungslabors ein sehr geringes
perioperatives Trauma. Es besteht keine Korrelation zwischen den Veränderungen im
Entzündungslabor und der postoperativ subjektiven Befindlichkeit.
iii
Abstract
Quality of Life (QoL) in the immediate perioperative period of endocrine neck surgery
Background: QoL is an important endpoint in endocrine neck surgery. A prospective study
was conducted prior to operation and in the early postoperative phase to compare objective
and subjective psychological parameters with specific laboratory data for thyroid
operations as well as general inflammatory response data.
Patients and Methods: A cohort of 53 consecutive thyroidectomy patients filled out a
standardized, newly developed questionnaire. Patients were asked about their current
emotional state, side-effects of the operation, and expected recovery. In addition, Calcium,
PTH (specific for thyroid operations) and inflammatory response parameters IL6 and pCT
were measured. This procedure was performed preoperative and postoperative, 24 hours
after operation.
Results: Pre- to postoperative Ca and PTH showed a mean drop of 7.46% and 44.04%
respectively without any clinical signs of complications. IL6 and pCT showed a rise of
mean of 53.63% and 69.10% respectively; this can be considered a minor inflammatory
reaction . No vocal nerve paralysis was observed. Postoperative results overlapped with
preoperative expectations on necessity and outcome of the operation in 79.20% of the
cases.
Conclusion: Subjective and objective data in the perioperative period as well as laboratory
data show a very low perioperative trauma for standardized Minimal Invasive
Thyroidectomy. Inflammatory response data confirm only minimal surgical trauma for the
patient. Moreover,no correlation was observed between inflammatory response data and
postoperative subjective emotional state.
iv
Inhaltsverzeichnis
DANKSAGUNG
II
ZUSAMMENFASSUNG
III
ABSTRACT
IV
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGEN
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1
EINLEITUNG
1.1
DIE SCHILDDRÜSE
V
VII
VIII
1
1
1.1.1
ANATOMISCHE VORBEMERKUNGEN
1
1.1.2
PATHOLOGIEN
2
1.1.3
OPERATIONSPFLICHTIGE SITUATIONEN
4
1.2
DIE GESCHICHTE UND WEITERENTWICKLUNG DER SCHILDDRÜSENCHIRURGIE
5
1.3
OPERATIONSTRAUMA
7
1.3.1
LABORPARAMETER ZUR OBJEKTIVIERUNG DES OPERATIONSTRAUMAS
7
1.3.2
PSYCHISCHE BELASTUNG IM RAHMEN CHIRURGISCHER EINGRIFFE
8
2
MATERIAL UND METHODEN
10
2.1
STICHPROBE
10
2.2
ABLAUF
10
DIE REKRUTIERUNG DER PATIENTINNEN UND PATIENTEN ERFOLGTE AUF DER STATION FÜR
ALLGEMEINCHIRURGIE AM LKH GRAZ.
10
2.3
11
MATERIALIEN
2.3.1
LABORPARAMETER
11
2.3.2
FRAGEBOGEN
11
2.3.3
FRAGESTELLUNGEN UND HYPOTHESEN
12
2.3.4
STATISTISCHE AUSWERTUNG
14
v
3
ERGEBNISSE
15
3.1
HYPOTHESEN
15
3.2
FRAGEBOGEN
24
3.3
LABOR
32
4
DISKUSSION
35
4.1
LIMITATIONEN
39
4.2
ZUSAMMENFASSUNG
40
5
LITERATURVERZEICHNIS
41
6
ANHANG
46
6.1
FRAGEBOGEN PRÄOPERATIV
46
DIE UNMITTELBARE PERIOPERATIVE PHASE BEI ENDOKRINEN HALSOPERATIONEN
46
6.2
48
FRAGEBOGEN POSTOPERATIV
DIE UNMITTELBARE PERIOPERATIVE PHASE BEI ENDOKRINEN HALSOPERATIONEN
48
vi
Abkürzungen
CRP
C-Reaktives Protein
IL-6
Interleukin-6
MIT
Minimalinvasive Thyreoidektomie
MIVAT
Minimal Invasive Video Assistierte Thyreoidektomie
PTH
Parathormon
T3
Trijodthyronin
T4
Thyroxin
TRH
Thyrotropin Releasing Hormon
TSH
Thyroid Stimulating Hormon
VAT
Video Assistierte Thyreoidektomie
vii
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperatives CRP ___________________15
Abbildung 2: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperatives IL-6 ___________________16
Abbildung 3: Korrelation: Postoperative Schluckbeschwerden und Postoperative Leukozyten ____________17
Abbildung 4: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperatives CRP ________________18
Abbildung 5: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperatives IL-6 ________________18
Abbildung 6: Korrelation: Präoperative Besserungserwartungen und Postoperative Leukozyten _________19
Abbildung 7: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperatives CRP ___________________________20
Abbildung 8: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperatives IL-6 ___________________________20
Abbildung 9: Korrelation: Präoperativer Leidensdruck und Postoperative Leukozyten ____________________21
Abbildung 10: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperatives CRP _________________________22
Abbildung 11: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperatives IL-6 _________________________23
Abbildung 12: Korrelation: Postoperativer Leidensdruck und Postoperative Leukozyten __________________23
Abbildung 13: Kräftigkeit der Stimme präoperativ ___________________________________________________________24
Abbildung 14: Kräftigkeit der Stimme postoperativ __________________________________________________________25
Abbildung 15: Präoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme ______________________________________26
Abbildung 16: Postoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme ______________________________________26
Abbildung 17: Einschätzung zur präoperativen Atemnot ____________________________________________________27
Abbildung 18: Einschätzung zur postoperativen Atemnot ___________________________________________________27
viii
Abbildung 19: Präoperative Besserungserwartungen ________________________________________________________28
Abbildung 20: Postoperative Besserungserwartungen _______________________________________________________29
Abbildung 21: Präoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation _____________30
Abbildung 22: Postoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der stattgehabten Operation ______________30
Abbildung 23:Postoperative Schluckbeschwerden ____________________________________________________________31
Abbildung 24: Prä- und postoperativ erhobene Parathormon-Werte _______________________________________32
Abbildung 25:Prä- und postoperativ erhobene Calcium-Werte ______________________________________________33
Abbildung 26: Prä- und postoperativ erhobene CRP-Werte __________________________________________________33
ix
1 Einleitung
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der unmittelbar perioperativen Phase bei
endokrinen, minimalinvasiven Halsoperationen. Im einleitenden Teil soll daher
zunächst ein Überblick über Anatomie und Pathologie, sowie über die Geschichte der
Schilddrüsenchirurgie gegeben werden.
1.1 Die Schilddrüse
1.1.1
Anatomische Vorbemerkungen
Die Schilddrüse ist eine innersekretorische Drüse. Sie besteht aus zwei Lappen, die
durch einen Isthmus verbunden sind. In ihrer Form bildet die Schilddrüse einen
Halbring und umfasst als solchen die Luftröhre.
Ein Relikt aus der Entwicklungsgeschichte und ebenfalls Teil der Schilddrüse ist der
Lobus Pyramidalis. Im Gesunden weist die Schilddrüse ein Volumen von 15–20 ml auf.
Die Drüse selbst ist von einer dünnen Organkapsel umgeben, von welcher Septen in die
Tiefe laufen.
Die äußerste Hülle, die Capsula Fibrosa, ist eine aus mehreren Lamellen bestehende
Schicht. Sie heftet die Schilddrüse an Luftröhre und Kehlkopf an. Zwischen den beiden
Kapseln liegen die Epithelkörperchen und die großen Schilddrüsengefäße. Mit der
Umgebung ist die Schilddrüse durch lockeres Verschiebegewebe verbunden.
Wie auch andere endokrine Organe ist die Schilddrüse sehr gut vaskularisiert und
gehört mit einem Blutfluss von 4–6 ml pro Minute zu den am besten durchbluteten
Organen. Insgesamt wird sie von vier Arterien versorgt (26).
Der bedeutendste Nerv in dieser Region ist der Nervus Laryngeus Recurrens. Er liegt
den Schilddrüsenlappen von hinten an.
Als Ast des zehnten Hirnnerven, Nervus Vagus, trennt er sich von diesem auf Höhe der
oberen Thoraxapertur. Vorbei am Aortenbogen und der Arteria Subclavia zieht er
entlang der Luftröhre Richtung Kehlkopf. Da er mit Ausnahme des M. Cricothyroideus
alle
intrinsischen
Muskeln
innerviert,
ist
er
für
die
intakte
Phonation
hauptverantwortlich (33).
1
1.1.2
Pathologien
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über jene Pathologien der Schilddrüse
gegeben werden, die Operationsindikationen darstellen.
Die hypothyreote Stoffwechsellage und die Hashimoto- Thyreoiditis werden daher,
obgleich sie zu den häufigen Schilddrüsenerkrankungen zählen, nicht eigens erwähnt.
Struma
Eine Hypertrophie bzw. Hyperplasie einer Schilddrüse wird als „Struma“ bezeichnet.
Dies sagt jedoch nichts über das Funktionsniveau der Schilddrüse aus und kann bei
einer Struma sowohl hyper-, normo- als auch hypothyreot sein.
Mit der Einführung von jodiertem Salz ist die Häufigkeit von Struma-Patientinnen und
Patienten deutlich zurückgegangen, dennoch zeigen 40% der über 65-jährigen
Bevölkerung in der jodarmen Alpenregion knotige Veränderungen der Schilddrüse.
Hyperthyreote Stoffwechsellage:
Kennzeichnend für eine hyperthyreote Stoffwechsellage ist eine Überproduktion von T3
(Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin), woraus ein hypermetaboler Zustand entsteht.
Klinisch zeigt sich dies in einem erhöhten Grundumsatz.
Eine Schilddrüsenentzündung kann eine transiente Hyperthyreose hervorrufen, für
welche folgende Ursachen gelten:
a) Immunhyperthyreose Typ „Basedow“ (bei ausreichender Versorgung durch
Jod)
b) Toxisches (autonomes) Adenom (bei Jodmangel)
c) Multifokale Autonomie
a) Immunhyperthyreose Typ „Basedow“
Der Morbus Basedow bezeichnet eine generalisierte Autoimmunerkrankung, die sich
sowohl thyreoidal (Struma diffusa, Hyperthyreose) als auch extrathyreoidal
(Myxödeme, Orbitopathie, Exophtalmus) manifestiert (5).
2
b) Toxisches (autonomes) Adenom
In einer multinodösen Struma entstehen autonome Areale, die normo-, hypo- oder
hyperfunktionelle Knoten bilden. Wenn die Aktivität jener aus dem Gleichgewicht
gerät und die hyperfunktionellen deutlich überwiegen, liegt ein toxisches (autonomes)
Adenom vor (5).
Tumoren der Schilddrüse
Follikuläres Adenom
Das follikuläre Adenom ist ein gutartiger epithelialer Tumor mit FollikelzellDifferenzierung. Es kann solitär oder multipel auftreten. Charakteristisch ist die
Kapsel, die das Adenom umgibt. Gefäßeinbrüche oder Kapseldurchbrüche gibt es
nicht. Selten erreicht dieser Tumor einen größeren Durchmesser als 4cm. Das
umgebende Parenchym ist durch das Größenwachstum meist komprimiert (5).
Follikuläres Karzinom
Das follikuläre Karzinom unterscheidet sich vom Adenom durch das Vorhandensein
von Gefäß- und Kapseleinbrüchen. Sein Auftreten ist häufig mit Knotenstrumen und
somit Jodmangelgebieten assoziiert. Dort macht das follikuläre Karzinom 40% aller
Schilddrüsen-Malignome aus. Unter Jodprophylaxe konnte diese Zahl auf 10–20%
reduziert werden (5).
Papilläres Karzinom
Das papilläre Karzinom ist ein epithelialer Tumor, der typische Kernveränderungen
aufweist. Es tritt sowohl in Struma-Endemiegebieten als auch in NichtStrumaendemiegebieten auf. Das papilläre Karzinom zählt zu den häufigsten malignen
Schilddrüsentumoren.
Vermehrte Strahlenexposition, sei es durch Bestrahlung des Kopf-Hals-Bereichs als
auch Reaktorunfälle begünstigen sein Entstehen. Der Tumor metastasiert meist
lymphogen (5).
Medulläres Karzinom
Hier handelt es sich um einen malignen Tumor mit phänotypischer C-ZellDifferenzierung.
Das
medulläre
Karzinom
produziert
Calcitonin
und
3
karzinoembryonales
Antigen.
Es
macht
in
etwa
2–10%
aller
malignen
Schilddrüsentumoren aus und kann sowohl spontan als auch familiär gehäuft auftreten
(5).
1.1.3
Operationspflichtige Situationen
Da die operationspflichtigen Situationen Grundlage für die nachfolgend
beschriebene Arbeit sind, sind diese, soweit sie die Arbeit betreffen, aufgeführt.
Die Indikationsstellung zur Schilddrüsenoperation geschieht weder allein nach
morphologischen noch nach pathophysiologischen Kriterien, sondern in erster Linie
entsprechend dem individuellen Therapieziel (12).
Procedere vor Indikationsstellung einer Operation
Bis es zur endgültigen Operations-Indikationsstellung kommt, sind im Vorfeld
wichtige Untersuchungen nötig. Allen voran steht in jedem Fall eine gründliche
Anamnese, in der Wachstumsprogredienz und etwaige familiäre Häufungen als
Schwerpunkte geahndet werden.
Eine unerlässliche Untersuchung, die im Rahmen jeder Schilddrüsenabklärung
getroffen wird, ist die Sonographie. Mittels dieser Untersuchung lassen sich Kriterien
wie Form, Größe, und Struktur des Gewebes einer Schilddrüse leicht und
kostengünstig beurteilen. Es lassen sich Knoten, Zysten und in der unmittelbaren
Umgebung liegende Lymphknoten erkennen. Ob mehr- oder minderspeichernde
Knoten vorliegen, lässt sich mit der Szintigraphie abklären.
Die Szintigraphie ist ein Funktionstopogramm zur Beurteilung ob Knoten mehr oder
minderspeichernd sind bzw. wo diese liegen.
Auch die Feinnadel-Aspirationszytologie ist für die Diagnostik unerlässlich. Bei
Malignitätsverdacht
werden
unter
sonographischer
Kontrolle
Zellen
zur
mikroskopischen Untersuchung entnommen.
Struma
Bei diffuser oder knotiger Struma besteht eine Operationsindikation nur, wenn
eine lokale Kompression vorliegt. Durch die schrittweise Etablierung von
Vorsorgeuntersuchungen
ist
die
Zahl
der
subklinisch
mittels
Sonographie
4
diagnostizierten malignitätsverdächtigen Knoten deutlich gestiegen. Es hat sich
dadurch auch eine Altersverschiebung hin zu jüngeren Patientinnen- und
Patientengruppen ergeben.
Auch frustran verlaufende medikamentöse Therapieversuche geben Anlass die
Schilddrüse zu operieren.
Bei
Thyreoiditiden
kann
man
zwischen
absoluten
und
relativen
Operationsindikationen unterscheiden. Zu ersteren werden solide kalte Knoten,
Halslymphknoten und eine Größenprogredienz gezählt. Relative Indikationen
hingegen sind ein Nicht-Ansprechen auf Therapie mit T4, was einer ThyroxinUnverträglichkeit gleichkäme, eine „Hashi-Toxicosis“ oder auch „Painful Goitre“ (35)
(36) (37).
1.2 Die
Geschichte
und
Weiterentwicklung
der
Schilddrüsenchirurgie
Die
erste
dokumentierte
operative
Schilddrüsenentfernung
gelang
dem
französischen Chirurgen Pierre Joseph Desault im Jahre 1791. Bis etwa zum Jahre
1850 lag die durchschnittliche Mortalitätsrate bei Schilddrüsenoperationen bei 41%.
Dies blieb hauptsächlich unstillbaren Blutungen sowie Infektionen geschuldet (34).
Bannbrechend für die Entwicklung der Schilddrüsenchirurgie war und ist der
Schweizer Theodor Kocher. Ihm gelang es bis zum Jahre 1898 die Mortalitätsrate auf
0,2% zu reduzieren. Seine Operationstechnik, die nach wie vor etabliert ist, beinhaltet
einen Kragenschnitt, die Spaltung der medialen Halsmuskulatur, Hämostase und
Identifikation der Gefäße so wie die Präparation der lateralen Venen. Durch die
besonders kapselnahe Präparation gelang es ihm den N. Laryngeus Recurrens gut zu
schonen.
Bereits Theodor Kocher beschrieb eine „Cachexia Strumpipriva“ als Komplikation
nach totalen Thyreoidektomien. Heute wird diese mit der postoperativen Hypothyreose
erklärt (9).
Die Schilddrüsenoperation gehört seit dem 19. Jahrhundert zu den häufigsten
Operationsverfahren der Allgemeinchirurgie.
In der Allgemeinchirurgie etablierte sich eine Gruppe von Spezialistinnen und
Spezialisten, die neue Operationstechniken entwickelten. So wurde es in den 90er
5
Jahren des 20. Jahrhunderts möglich, über kleine Schnitte Kameraoptiken in
Körperhöhlen einzubringen und mit neu entwickelten Instrumenten anhand der am
Bildschirm gegebenen Übersicht im entsprechenden Gebiet zu operieren (sogenannte
laparoskopische Operationen). Diese neuen Optionen der Operationstechnik wurden
vorerst in größeren Körperhöhlen, wie etwa der Bauchhöhle praktiziert. Später
übertrug man sie auch auf feste Strukturen, wie etwa die der Schilddrüse. Die
endoskopische Schilddrüsenchirurgie lieferte für die Patientinnen und Patienten jedoch
keine relevanten Vorteile. Die Dauer der Operation war deutlich verlängert und auch
das kosmetische Ergebnis war gegenüber der herkömmlichen Methode nicht besser.
Schließlich entwickelte sich die Schilddrüsenchirurgie insofern weiter, als dass es
möglich wurde, durch einen lediglich 1,5 cm langen medianen Schnitt zu operieren.
Um dies bewerkstelligen zu können, musste das Instrumentarium entsprechend
adaptiert werden. Für die Patientinnen und Patienten entstand durch die so genannte
„Minimalinvasive Thyreoidektomie“ ein klarer Vorteil.
Die Dauer der Operation beträgt hierbei 30–45 Minuten, das Operationstrauma ist
durch den kleinen Schnitt weitaus geringer und auch das kosmetische Ergebnis ist
folglich sehr günstig. In Anbetracht der Tatsache, dass heutzutage immer mehr junge
Patientinnen und Patienten mit subklinisch suspekten Knoten operiert werden, ist das
kosmetisch
einwandfreie
Ergebnis
umso
wichtiger.
Große
Strumen
und
fortgeschrittene Karzinome werden seltener operiert als früher, doch selbst bei diesen
Indikationen kann die Minimalinvasive Thyreoidektomie erfolgreich angewendet
werden (35).
6
1.3 Operationstrauma
Jeder chirurgische Eingriff bedeutet ein Trauma und dieses wiederum bedingt eine
Entzündungsreaktion. Doch auch psychisch kann eine Operation eine herausfordernde
Situation darstellen.
1.3.1
Laborparameter zur Objektivierung des Operationstraumas
C-reaktives Protein:
Das C-reaktive Protein (CRP) ist ein Akutphaseprotein und wird zur Objektivierung
einer Entzündungsreaktion herangezogen. Etwa 6–12 Stunden nach Einsetzen der
Entzündungsreaktion kann der CRP-Anstieg im Blut bereits gemessen werden (8). Die
Normwerte liegen bei unter 10 mg/l.
Die Höhe des postoperativen CRP-Spiegels kann in Relation zu dem Ausmaß der
Gewebsschädigung betrachtet werden (18).
Interleukin-6:
Das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) ist der am häufigsten beschriebene Zytokinmediator
posttraumatischer Komplikationen wie Sepsis und anderer Infektionen. Es wurde eine
Assoziation mit Morbidität und Letalität nach Trauma berichtet. Außerdem korreliert
IL-6 direkt mit dem Ausmaß der Gewebeschädigung und spielt eine wichtige Rolle bei
der Modulation der lokalen und systemischen Entzündungsreaktion und Immunabwehr
(4) (27).
Aus Studien geht hervor, dass IL-6 als Entzündungsmarker postoperativ ansteigt
und sein Maximum am ersten postoperativen Tag erreicht. Auch konnte gezeigt werden,
dass Patientinnen und Patienten mit postoperativen Komplikationen ein wesentlich
höheres IL-6 Level erreichen als jene ohne. Das Zytokin IL-6 kann daher als
prognostisch wichtiger Marker für postoperative Komplikationen angesehen werden
(21). Der Referenzbereich liegt bei Gesunden <10 pg/ml.
7
Parathormon
Parathormon (PTH) wird in den Nebenschilddrüsen gebildet und ist daher indirekt
ein Indikator für das Ausmaß des Operationstraumas bei Schilddrüsenoperationen.
Der Referenzbereich liegt bei 12–72 ng/l. In großen Multicenter-Studien lag die
Inzidenz des passageren postoperativen Hypoparathyreoidismus bei 7,3–8,3%, die des
permanenten Hypoparathyreoidismus bei 1,5–1,7%. Um gefährdete Patientinnen und
Patienten zu identifizieren, hat sich die intraoperative Messung des intakten
Parathormons als zuverlässige Untersuchung erwiesen (11).
Calcium
Eine der häufigsten Komplikationen bei Schilddrüsen-Operationen ist die
Hypocalciämie. Da sie in direkter Verbindung mit der Schädigung bzw.
Devaskularisierung der Nebenschilddrüsen steht, wurde Calcium hier ebenfalls als
Marker für das Ausmaß des Operationstraumas herangezogen.
In den meisten Fällen ist die postoperative Hypocalciämie transient, sie kann sich auch
erst nach wenigen Monaten wieder rückbilden oder gar permanent sein. Ist dies der Fall
würden die betroffenen Patientinnen und Patienten lebenslänglich oral mit Calcium und
Vitamin D substituiert werden (1).
1.3.2
Psychische Belastung im Rahmen chirurgischer Eingriffe
Die Konfrontation mit einem chirurgischen Eingriff stellt für den überwiegenden
Teil der betroffenen Personen eine Belastung dar. Hospitalisierung, die Krankheit, das
Wissen, sich einer Operation unterziehen zu müssen und die Unsicherheit über die
damit verbundenen Folgen sind nur einige Faktoren, die dazu beitragen, dass viele
Patientinnen und Patienten diese Situation als Herausforderung empfinden. Die
perioperative Situation umfasst weitaus mehr potentielle Stressoren als der
chirurgische Eingriff selbst. So spielen zum Beispiel die Wartezeit auf einen
Operationstermin, die Dauer der Hospitalisierung, sowie mögliche Folgen der
Operation eine wesentliche Rolle (30) (31).
Bei Operationen an der Schilddrüse sind es etwa die Sorge um den Erhalt der
Stimme, das Globusgefühl im Hals und die Symptome einer Hypokalziämie, die den
8
Patientinnen und Patienten in der unmittelbar perioperativen Phase am ehesten
Beschwerden bereiten (13) (24).
Je besser Patientinnen und Patienten aufgeklärt sind, desto besser können sie
erfahrungsgemäß mit der Situation rund um den chirurgischen Eingriff und den
postoperativen Schmerzen umgehen. Die Patientinnen- und Patientenzufriedenheit
korreliert mit den erhaltenen präoperativen Informationen und dem Ausmaß, indem
Betroffene in die Therapieentscheidung einbezogen werden (13) (19) (24).
Da sowohl inflammatorische Prozesse als auch psychologische Faktoren in der
Entwicklung und Behandlung eines Operationstraumas eine Rolle zu spielen scheinen,
war es Ziel der vorliegenden Arbeit diese Zusammenhänge näher zu untersuchen.
9
2 Material und Methoden
2.1 Stichprobe
Die Daten für die vorliegende Arbeit wurden im Rahmen einer Studie an der
Universitätsklinik für Chirurgie an der Medizinischen Universität Graz erhoben. Die
Stichprobe umfasste 53 Patientinnen und Patienten (10 Männer und 43 Frauen). Das
Altersspektrum reichte von 27 bis 83 Jahren. Der Altersdurchschnitt lag bei 53 Jahren
(±18,03). Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war das vollendete 18.
Lebensjahr. Die Studie wurde gemäß den Richtlinien der Ethikkommission unter der
Nummer
27 – 466 ex 14/15 durchgeführt. Alle Probandinnen und Probanden
unterzeichneten vor der Teilnahme eine Einverständniserklärung.
2.2 Ablauf
Die Rekrutierung der Patientinnen und Patienten erfolgte auf der Station für
Allgemeinchirurgie am LKH Graz.
Am Vortag der geplanten Operation wurden diese stationär aufgenommen. Jene
Patientinnen und Patienten, die an der Studienteilnahme Interesse zeigten, wurden
über das Procedere der Studie genau aufgeklärt.
Nach ausführlicher Aufklärung und Bestätigung der Studienteilnahme wurde der
Fragebogen ausgehändigt. Dieser wurde von den Patientinnen und Patienten
selbstständig ausgefüllt.
Am ersten Tag nach der durchgeführten Operation (24 Stunden postoperativ)
wurde von den Patientinnen und Patienten der postoperative Fragebogen beantwortet.
10
2.3 Materialien
2.3.1
Laborparameter
Als Laborparameter wurden sowohl prä- als auch postoperativ Leukozyten, CRP,
IL-6 und als schilddrüsenspezifische Parameter Parathormon und Calcium erhoben. Mit
Ausnahme des IL-6 konnten also alle Werte dem ohnehin routinemäßig durchgeführten
Standardlabor abgelesen werden. IL-6 wurde für den Untersuchungszeitraum zusätzlich
zum Standardlabor abgenommen.
2.3.2
Fragebogen
Ein neu entwickelter Fragebogen bestehend aus 8 Fragen wurde erstellt (siehe
Anhang). Allen Probandinnen und Probanden wurde dieser Fragebpgen zum
selbstständigen Ausfüllen sowohl prä- als auch postoperativ vorgelegt. Die Fragen
beinhalteten die Themen: (1) Kräftigkeit der Sprechstimme, (2) Heiserkeit, (3)
bestehende
Atemnot,
(4)
Schmerzen
beim
Schlucken,
(5)
Globusgefühl
(Fremdkörpergefül im Rachen), (6) die Erwartungen der Patientinnen und Patienten
bezüglich der Besserung durch die bevorstehende bzw. stattgefundene Operation, (7)
bestehender Leidensdruck vor bzw. nach der Operation und (8) die Einschätzung
bezüglich der Sinnhaftigkeit der Operation..
Die Beantwortung erfolgte mittels eines 10-stufigen Antwortformates (1 = stimme
gar nicht zu, 10 = stimme voll und ganz zu). Die Verwendung dieser Skala wurde
gewählt, da sie an das mittlerweile lang verwendete und gut etablierte
„Schmerzgesicht“ angelehnt ist, welches zur Erhebung von Schmerzen herangezogen
wird. Es stellte daher ein „Messinstrument“ dar, das Patientinnen und Patienten bereits
vertraut war.
11
2.3.3
Fragestellungen und Hypothesen
Die Minimalinvasive Schilddrüsenchirurgie hat in Graz schon mehrere Jahre
Tradition.
Etwa 400 Operationen werden mit dieser Methode jährlich durchgeführt (37) und
zeigen sowohl in der Dauer des postoperativen stationären Aufenthaltes als auch in der
Kosmetik großen Erfolg.
Dennoch wurden bislang keine Daten erhoben, die das subjektive Befinden der
Patientinnen und Patienten in Bezug auf die Operation widerspiegelt.
Ziel dieser Arbeit war es, die prä- und postoperativen Laborparameter zu erheben
und diese mit den Ergebnissen aus den Fragebögen zu vergleichen um so den Erfolg
der Minimalinvasiven Schilddrüsenchirurgie erstmals objektivieren zu können.
Folgende Fragestellungen und Hypothesen wurden formuliert:
Fragestellung 1: Korrelieren die postoperativen Schluckbeschwerden mit den
postoperativen Entzündungsparametern IL-6, CRP und Leukozyten?
Hypothese 1a: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit dem
postoperativ erhobenen Entzündungsparameter CRP.
Hypothese 1b: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit dem
postoperativ erhobenen Entzündungsparameter IL-6.
Hypothese 1c: Die postoperativen Schluckbeschwerden korrelieren positiv mit den
postoperativ erhobenen Leukozyten.
Fragestellung 2:
Korrelieren die präoperativen Besserungserwartungen mit den
postoperativen Entzündungsparametern (IL-6, CRP und Leukozyten)?
12
Hypothese 2a: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind,
umso geringer präsentiert sich das postoperative CRP.
Hypothese 2b: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind,
umso geringer präsentiert sich das postoperative IL-6.
Hypothese 2c: Je höher die präoperativen Erwartungshaltungen an die Operation sind,
umso geringer präsentieren sich die postoperativen Leukozyten.
Fragestellung 3: Korreliert der präoperative Leidensdruck mit dem postoperativen
Entzündungslabor?
Hypothese 3a: Je höher der präoperative Leidensdruck ist umso geringer ist das
postoperative CRP.
Hypothese 3b: Je höher der präoperative Leidensdruck ist, umso geringer ist das
postoperative IL-6.
Hypothese 3c: Je höher der präoperative Leidensdruck ist, umso geringer sind die
postoperativen Leukozyten.
Fragestellung 4: Korreliert der postoperative Leidensdruck mit dem postoperativen
Entzündungslabor?
Hypothese 4a: Je höher der postoperative Leidensdruck ist umso höher ist auch das
postoperative CRP.
Hypothese 4b: Je höher der postoperative Leidensdruck ist, umso höher ist auch das
postoperative IL-6.
13
Hypothese 4c: Je höher der postoperative Leidensdruck ist, umso höher sind die
postoperativ erhobenen Leukozyten.
2.3.4
Statistische Auswertung
Die Berechnungen erfolgten mithilfe des Statistikprogramms IBM SPSS Version
22 für Windows. Da die erhobenen Werte keine Normalverteilung zeigten, wurde zur
Überprüfung der Hypothesen der non-parametrische Spearman-Korrelationskoeffizient
verwendet. Das Signifikanzniveau wurde auf p < .05 festgesetzt.
14
3 Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der zu untersuchenden Hypothesen
dargestellt. Die Skalierung der dargestellten Grafiken endet bei „12“. Es sei an dieser
Stelle erwähnt, dass es sich dennoch ausnahmslos um das standardisierte 10-stufige
Antwortformat handelt und die weiter gewählte Skalierung aus optischen Gründen
verwendet wurde.
3.1 Hypothesen
Hypothese 1- postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives Entzündungslabor
Hypothese 1 konnte in den statistischen Berechnungen nicht verifiziert werden.
Es wurde kein Zusammenhang zwischen den postoperativen Schluckbeschwerden
und dem postoperativen CRP gefunden (rs = .497, p < .05)
12
Schluckbeschwerden
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
CRP (mg/l)
100
120
140
Abbildung 1: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives CRP
15
Zwischen den postoperativen Schluckbeschwerden und dem postoperativen IL-6 konnte
keine Korrelation gezeigt werden. (rs = .0831, p < .05)
12
Schluckbeschwerden
10
8
6
4
2
0
0
5
10
15
20
IL-6 (pg/ml)
25
30
35
Abbildung 2: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperatives IL-6
Auch die postoperativen Leukozyten und die postoperativen Schluckbeschwerden
korrelierten nicht signifikant (rs = .1324, p < .05).
16
12
Schluckbeschwerden
10
8
6
4
2
0
0
2
4
6
8
Leukozyten
10
12
14
16
(x109/l)
Abbildung 3: Korrelation: postoperative Schluckbeschwerden und postoperative Leukozyten
Hypothese 2 – präoperative Erwartungshaltung und postoperatives Entzündungslabor
Hypothese 2 konnte nicht bestätigt werden.
Kein statistisch signifikanter Zusammenhang konnte zwischen den präoperativen
Besserungserwartungen und dem postoperativen CRP gezeigt werden.
(rs = .899, p < .05)
17
12
Besserugserwartungen
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
CRP (mg/l)
100
120
140
Abbildung 4: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperatives CRP
Auch
das
postoperative
IL-6
korrelierte
nicht
mit
den
präoperativen
Erwartungshaltungen. (rs = .202, p < .05)
12
Besserungserwartungen
10
8
6
4
2
0
0
5
10
15
IL-6 (ng/l)
20
25
30
35
Abbildung 5: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperatives IL-6
18
Bei den statistischen Berechnungen konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen
den präoperativen Erwartungshaltungen und den postoperativ erhobenen Leukozyten
festgestellt werden. (rs = .331, p < .05)
12
Besserungserwartungen
10
8
6
4
2
0
0
2
4
6
8
10
Leukozyten (x109/l)
12
14
16
Abbildung 6: Korrelation: präoperative Besserungserwartungen und postoperative Leukozyten
Hypothese 3 – präoperativer Leidensdruck und postoperatives Labor
Hypothese 3 konnte in den statistischen Berechnungen nicht bestätigt werden. Zwischen
dem präoperativen Leidensdruck und dem postoperativen Entzündungslabor konnten
keine signifikanten Korrelationen berechnet werden.
Es zeigten sich keine statistisch signifikanten Korrelationen zwischen dem
präoperativen Leidensdruck und dem postoperativ ermittelten CRP. (rs = .409, p < .05)
19
Leidensdruck präoperativ
12
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
CRP (mg/l)
100
120
140
Abbildung 7: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperatives CRP
Ebenfalls keine signifikanten Zusammenhänge konnten zwischen dem präoperativen
Leidensdruck und dem postoperativen IL-6 gezeigt werden.
(rs = .945, p < .05)
12
Leidensdruck präoperativ
10
8
6
4
2
0
0
5
10
15
20
IL-6 (ng/l)
25
30
35
Abbildung 8: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperatives IL-6
20
Auch der präoperative Leidensdruck und die postoperativen Leukozyten zeigten keine
Korrelation (rs = .064, p < .05).
Leidensdruck präoperativ
12
10
8
6
4
2
0
0
2
4
6
8
10
9
Leukozyten(x10 /l)
12
14
16
Abbildung 9: Korrelation: präoperativer Leidensdruck und postoperative Leukozyten
21
Hypothese 4 – postoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor
Zwischen
postoperativem
Leidensdruck
und
den
postoperativ
erhobenen
Entzündungsparametern konnte in den statistischen Berechnungen kein signifikanter
Zusammenhang gefunden werden.
Es zeigten sich keine Korrelationen zwischen postoperativem Leidensdruck und
postoperativ erhobenem CRP (rs = .191, p < .05).
12
Leidensdruck postoperativ
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
CRP (mg/l)
100
120
140
Abbildung 10: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperatives CRP
Keine
statistischen
Zusammenhänge
konnten
zwischen
dem
postoperativen
Leidensdruck und dem postoperativ gemessenen IL-6 festgestellt werden.
(rs = .410, p < .05)
22
12
Leidensdruck postoperativ
10
8
6
4
2
0
0
5
10
15
20
IL-6 (pg/ml)
25
30
35
Abbildung 11: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperatives IL-6
Kein statistisch relevanter Zusammenhang konnte zwischen dem postoperativen
Leidensdruck und den postoperativen Leukozyten ermittelt werden. (rs = .792, p < .05)
12
Leidensdruck postoperativ
10
8
6
4
2
0
0
2
4
6
8
10
9
Leukozyten (x10 /l)
12
14
16
Abbildung 12: Korrelation: postoperativer Leidensdruck und postoperative Leukozyten
23
3.2 Fragebogen
Subjektive Beurteilung der Stimme
Präoperativ beurteilten 40 Patientinnen und Patienten, das sind rund 75%, die
Kräftigkeit ihrer Stimme mit fünf und mehr Punkten. Niemand vergab zwei oder
weniger Punkte.
12
standardisierter Score
(AL2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
50
60
"Ich schätze meine Stimme als kräftig ein"
präoperativ
Abbildung 13: Kräftigkeit der Stimme präoperativ
Postoperativ waren es 62%, die der Kräftigkeit der Stimme mindestens fünf Punkte
beimaßen, drei Patientinnen und Patienten vergaben zwei Punkte.
24
12
standardisierter Score
(AL 2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
50
"Ich schätze meine Stimme als kräftig ein"
postoperativ
60
Abbildung 14: Kräftigkeit der Stimme postoperativ
Deutlicher
zeigte
sich
der
Unterschied
zwischen
prä-
und
postoperativen
Einschätzungen bei der Heiserkeit der Stimme.
Vor der Operation gaben 31 Patientinnen und Patienten an, dass sie ihre Stimme „gar
nicht“ heiser fänden. Zwei Personen beurteilten ihre Stimme als „maximal heiser“.
Postoperativ hingegen zeigte sich, dass 19 Personen der Heiserkeit ihrer Stimme
einen Punkt beimaßen. Die Anzahl der Personen die zehn Punkte vergaben stieg auf
fünf an.
25
12
standardisierter Score
(AL 2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
"Meine Stimme ist heiser"
präoperativ
50
60
50
60
Abbildung 15: Präoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme
12
standardisierter Score
(AL 2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
"Meine Stimme ist heiser"
postoperativ
Abbildung 16: postoperative Einschätzung zur Heiserkeit der Stimme
37 der 53 Befragten gaben präoperativ an, dass sie „gar nicht“ unter Atemnot litten.
Zwei Personen beurteilten diese Frage mit sieben Punkten und niemand mit acht oder
mehr Punkten.
26
10
9
standardisierter Score
(AL 2016)
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
10
20
30
40
"Ich leide an Atemnot"
präoperativ
50
60
Abbildung 17: Einschätzung zur präoperativen Atemnot
Die Frage, ob sie postoperativ an Atemnot litten, beantworteten 45 Personen mit einem
Punkt, das sind 84%. Insgesamt sieben Patientinnen und Patienten vergaben zwei oder
drei Punkte, eine Person vergab sieben Punkte.
10
9
standardisierter Score
(AL 2016)
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
10
20
30
40
"Ich leide an Atemnot"
postoperativ
50
60
Abbildung 18: Einschätzung zur postoperativen Atemnot
27
Der Vergleich von den prä- und postoperativen Ergebnissen zeigt hier, dass
postoperativ subjektiv weniger Personen Atemprobleme wahrnahmen.
Sowohl prä- als auch postoperativ vergaben 75% die maximale Punkteanzahl.
Postoperativ waren es vier Personen, die einen Punkt vergaben. Die Restlichen neun
Patientinnen und Patienten maßen den Besserungserwartungen acht und neun Punkte
zu.
12
standardisierter Score
(AL 2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
"Ich erwarte vor von der OP eine Besserung"
präoperativ
50
60
Abbildung 19: präoperative Besserungserwartungen
28
12
standardisierter Score
(AL 2016)
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
"Ich erwarte vor von der OP eine Besserung"
postoperativ
50
60
Abbildung 20: postoperative Besserungserwartungen
Die präoperative Einschätzung der Patientinnen und Patienten bezogen auf die
Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation ist in Abbildung 21 grafisch verdeutlicht.
87% der Befragten beantworteten die Frage zur Sinnhaftigkeit der Operation
präoperativ mit „stimme voll und ganz zu“, was dem Maximum an Zustimmung
entspricht.
29
50
45
Patienten & Patientinnen
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
7
8
"Ich schätze die Operation als sinnvoll ein"
präoperativ
9
10
Abbildung 21: präoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der bevorstehenden Operation
Postoperativ waren es 89% der Patientinnen und Patienten, die der Operation die
maximale Sinnhaftigkeit beimaßen.
50
Patienten und Patientinnen
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
7
8
"Ich schätze die Operation als sinnvoll ein"
postoperativ
9
10
Abbildung 22: postoperative Einschätzung zur Sinnhaftigkeit der stattgehabten Operation
30
In der folgenden Grafik wird der Leidensdruck im Sinne der Schmerzsymptomatik
dargestellt.
standardisierte Schmerzskala
12
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
Patientinnen & Patienten
50
60
Abbildung 23: postoperative Schluckbeschwerden
Wie aus Abbildung 23 hervorgeht, vergaben 15% der Befragten postoperativ fünf oder
mehr Punkte auf der Schmerzskala. Somit beurteilten 85% der Patientinnen und
Patienten die postoperativen Schmerzen zwischen einem und vier Punkten. 35 der 53
befragten Personen (66%) sprachen den Schmerzen maximal zwei Punkte zu.
31
3.3 Labor
70
Parathormon (ng/l)
60
50
40
30
20
10
0
präoperativ
postoperativ
Abbildung 24: prä- und postoperativ erhobene Parathormon-Werte
Das Parathormon lag präoperativ im Durchschnitt bei 62,52 ng/l und sank postoperativ
auf 37 ng/l. Das ist ein Abfall von 37%. Somit lagen die Werte sowohl prä- als auch
postoperativ im Referenzbereich.
32
2,6
Calcium (mmol/l)
2,5
2,4
2,3
2,2
2,1
2
präoperativ
postoperativ
Abbildung 25: prä- und postoperativ erhobene Calcium-Werte
Das präoperativ erhobene Calcium lag im Durchschnitt bei 2,45 mmol/l. Postoperativ
fiel es auf durchschnittlich 2,25 mmol/l ab.
50
CRP (mg/l)
40
30
20
10
0
präoperativ
postoperativ
Abbildung 26: prä- und postoperativ erhobene CRP-Werte
33
Die Entzündungswerte waren postoperativ wie zu erwarten erhöht, sprachen aber in
ihrer Dimension für ein geringes operatives Trauma. Das CRP lag präoperativ im Mittel
bei 1,54 mg/l.
Postoperativ wurden 10,56 (±18,59) mg/l im Mittelwert erhoben.
34
4 Diskussion
Die
vorliegende
Studie
untersuchte
erstmalig
prä-
und
postoperative
Laborparameter in Zusammenhang mit subjektivem Befinden bei thyreoidektomierten
Patientinnen und Patienten.
Die Untersuchungen konnten zeigen, dass die Patientinnen und Patienten nach
Minimalinvasiver Thyreoidektomie sowohl prä- als auch postoperativ einem geringen
Leidensdruck ausgesetzt sind und ein sehr niedriges Schmerzniveau angaben.
Untersuchte Korrelate
Es wurden Korrelate zwischen dem subjektiven Befinden der Patientinnen und
Patienten und deren Entzündungsparameter untersucht.
Dabei zeigte sich, dass sich das Befinden der Befragten in Bezug auf
Schluckbeschwerden, Besserungserwartungen und Leidensdruck völlig unabhängig
vom postoperativen Entzündungslabor präsentierte.
Es konnten keine Korrelationen mit statistischer Signifikanz (p < .05) ermittelt werden.
Postoperative Schluckbeschwerden und postoperative Entzündungswerte
Bei
Hypothese
1
sollte
überprüft
werden
ob
das
erhöhte
postoperative
Entzündungslabor mit gesteigerten Schluckbeschwerden einhergeht. Dies konnte in den
statistischen Berechnungen nicht bestätigt werden.
Insgesamt gaben lediglich 11% (6 von 53) der Befragten einen höheren Wert als 5
(standardisierte Schmerzskala) bei der Beurteilung ihrer Schluckbeschwerden an.
Präoperative Besserungserwartungen und postoperatives Entzündungslabor
Bei Hypothese 2 wurde untersucht, ob die präoperativen Erwartungshaltungen Einfluss
auf das postoperative Entzündungslabor nehmen. Die Annahme war, dass eine hohe
Erwartungshaltung
an
die
Operation
sich
positiv
auf
das
postoperative
Entzündungslabor auswirkte.
In den statistischen Berechnungen konnte diese Hypothese jedoch nicht bestätigt
werden. In der Literatur konnte keine Arbeit gefunden werden, die präoperative
Erwartungshaltungen mit postoperativen Entzündungsparamatern verglich.
35
C. Huber zeigte in einer Arbeit, dass sich unspezifische Erwartungshaltungen nicht auf
das postoperative Ergebnis im Sinne von niedrigeren Schmerzen niederschlagen, sehr
wohl jedoch spezifische Erwartungen (in dieser Arbeit mit „Besserungserwartungen“
vergleichbar) (10).
Auch Mahomed et al. konnte in seiner Studie zeigen, dass sich präoperative
Erwartungshaltungen auf das postoperative Ergebnis auswirkten. Die postoperativen
Schmerzen waren geringer und auch das präoperative Funktionsniveau konnte
postoperativ bei hohen Erwartungshaltungen schneller wieder erreicht werden (15).
Präoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor
In mehreren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass präoperativ hoher
Leidensdruck (wie bspw. Depression, Ängstlichkeit, etc.) eine negative Auswirkung auf
das postoperative Ergebnis haben. Oft leiden diese Patientinnen und Patienten an
stärkeren Schmerzen und auch das medizinisch chirurgische Ergebnis entfällt im
Durchschnitt schlechter. (25)
Unter der Annahme, dass sich ein ungünstiges postoperatives Ergebnis in Form der
postoperativ erhobenen Entzündungsparameter niederschlägt, wurde Hypothese 3
geprüft, konnte in unseren Untersuchungen jedoch nicht bestätigt werden.
Postoperativer Leidensdruck und postoperatives Entzündungslabor
Hypothese 4 ging davon aus, dass sich ein hoher postoperativer Leidensdruck in einem
ebenfalls erhöhten postoperativen Entzündungslabor niederschlagen würde. Auch diese
Annahme hat sich in den statistischen Berechnungen nicht bewahrheitet.
Stimme
Die Stimme wurde postoperativ als deutlich weniger kräftig empfunden als vor der
Operation. Die Heiserkeit nahm postoperativ sichtbar zu.
Während die Heiserkeit präoperativ von 26% der Patientinnen und Patienten mit fünf
und mehr Punkten beurteilt wurde, waren es postoperativ 49%. Hierzu kann gesagt
werden, dass die postoperativen Ergebnisse, die Heiserkeit und die Kräftigkeit der
Stimme betreffend, nicht allein durch den chirurgischen Eingriff in der Halsregion
36
erklärt werden können. Viel mehr müssen in diesem Zusammenhang anästhesiologische
Maßnahmen, wie beispielsweise die Intubation als Ursache in Betracht gezogen werden.
Atemnot
Der Vergleich von den prä- und postoperativen Ergebnissen in Bezug auf eine
Atemnotsymptomatik zeigte, dass Patientinnen und Patienten postoperativ weniger
davon betroffen waren als vor der Operation. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass
die Halsregion am ersten postoperativen Tag im Rahmen des chirurgischen Eingriffes
einer Schwellung ausgesetzt ist, als erfreuliches Ergebnis zu verzeichnen.
Besserungserwartungen
Durch die Entwicklungen, die im Bereich der Schilddrüsenchirurgie in den letzten
20 Jahren zu verzeichnen sind, können postoperative Komplikationen wie etwa die
Rekurrensparese mit weniger als 1% angegeben werden.
Resultierend sind die Erwartungshaltungen der Patientinnen und Patienten an einen
einwandfreien Ab- und postoperativen Verlauf gestiegen. (22)
Auch in unserer Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Erwartungen der
Patientinnen und Patienten an die Operation sowohl prä- als auch postoperativ sehr
hoch sind (siehe Abb. 10 &11).
Sinnhaftigkeit der Operation
Sowohl prä- als auch postoperativ zeigte sich, dass die Einschätzungen der
Patientinnen und Patienten bezogen auf die Sinnhaftigkeit der Operation sehr
zustimmend gegenüberstanden. Dies kann als großer Erfolg gewertet werden, da zum
Zeitpunkt der Indikation zur Thyreoidektomie kaum Symptome vorhanden sind.
Dass der Sinnhaftigkeit postoperativ noch größerer Zuspruch zukam, kann auf eine gute
und verständlich durchgeführte präoperative Aufklärung zurückgeführt werden.
Postoperative Schluckbeschwerden
In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Patientinnen und Patienten
postoperativ sehr niedrige Schmerzniveaus angaben (siehe Abbildung 23).
37
Dies deckt sich mit der Studie von Noori et al. (20) in der gezeigt werden konnte, dass
Patientinnen und Patienten, die mit Minimalinvasiver Thyreoidektomie operiert wurden,
signifikant weniger Schmerzen litten, als jene aus der Vergleichsgruppe, die mit der
konventionellen Thyreoidektomie operiert wurden. Miccoli et al. kam zu dem Ergebnis,
dass auch die Minimalinvasive Video Assistierte Thyreoidektomie (MIVAT) statistisch
signifikant geringere postoperative Schmerzen nach sich zieht als die konventionelle
Thyreoidektomie (16).
Da MIVAT und MIT bezogen auf das Operationsausmaß, die Häufigkeit der
Komplikationen und das kosmetische Resultat sehr gut vergleichbar sind (23) wird
MIVAT hier als Referenz angeführt.
Hypoparathyreoidismus
Indirektes Zeichen für das Ausmaß des Operationstraumas bietet im Bereich der
Schilddrüsenchirurgie der postoperative Hypoparathyreoidismus. Sein Auftreten ist
geradezu die Maßzahl für die Qualität der Operation (11).
Im Jahr 2005 publizierten A. Zahn und M. Gruß, dass 36% der thyreoidektomierten
Patientinnen und Patienten einen Hypoparathyreoidismus am ersten postoperativen Tag
zeigten (37).
In großen Multicenterstudien lag die Inzidenz des passageren Hypoparathyreoidismus
bei 8% (28).
In unseren Untersuchungen zeigten 18 von 53 Patientinnen und Patienten einen
Kalziumwert von < 2,2 mmol/l.
Der postoperative Parathormon-Abfall betrug im Mittel 36% und ist damit
verglichen zu einer prospektiven Studie von Kern et al. (11), die einen postoperativen
Parathormon-Abfall von 41% (asymptomatisch) und 71% (symptomatisch) publizierten,
deutlich niedriger.
Entzündungslabor
CRP, IL-6 und Leukozyten wurden sowohl prä- als auch postoperativ (nach 24
Stunden) erhoben. Die postoperativ erhobenen Entzündungsparameter sprachen in
ihrem Ausmaß für ein geringes postoperatives Trauma.
Verglichen mit Lombardi et al. (14) deckten sich die präoperativ erhobenen Werte,
diese lagen bei 1,5 (±1,6) mg/l und 2,6 (±4,0) mg/l. Postoperativ ermittelte die Studie
38
von Lombardi et al. (14) am ersten postoperativen Tag ein CRP von 6,4 (±4,8) mg/l bei
VAT (Video Assistierter Thyreoidektomie) und 7,3 (±9,9) mg/l bei konventioneller
Thyreoidektomie. Das in unserer Untersuchung ermittelte CRP lag bei 11,60 (±18,60)
mg/l und ist somit höher als die von Lombardi ermittelten Entzündungswerte.
Das postoperativ erhobene IL-6 belief sich auf 5,85 (±6,11) pg/ml. Verglichen mit
Miccoli et al. (17), der 24 Stunden postoperativ bei MIVAT 25,7 pg/ml maß, sind die
Werte aus dieser Untersuchung deutlich niedriger.
IL-6 erreicht sein Maximum unmittelbar postoperativ und nimmt bereits in den ersten
24 Stunden signifikant ab (31).
Das Ausmaß des IL-6 Anstiegs steht in Zusammenhang mit dem Grad des
Operationstraumas (3) (6).
Da Miccoli et al. seine Werte nach MIVAT erhoben hat und die Patientinnen und
Patienten mit Minimalinvasiver Thyreoidektomie operiert wurden, kann interpretiert
werden,
dass
bei
der
Minimalinvasiven
Thyreoidektomie
ein
niedrigeres
Operationstrauma resultiert.
Cruickshank et al. konnten zeigen, dass die Dauer einer Operation ebenfalls mit
dem postoperativen IL-6 Anstieg in Zusammenhang steht (6). Die Operationszeit bei
MIVAT beträgt bei der Lobektomie im Mittel 32 Minuten (Umfang 20–120 Minuten)
und für die Totale Thyreoidektomie 44 Minuten (Umfang 30–130 Minuten). Die
Operationszeiten für MIT können mit 30 bis 45 Minuten angegeben werden. Da sich
daraus kein signifikanter Unterschied in den Operationszeiten ergibt, können die
unterschiedlich hohen postoperativen IL-6 Werte darauf nicht zurückgeführt werden.
4.1 Limitationen
Die hier beschriebene Untersuchung wurde an 53 Patientinnen und Patienten einen Tag
vor und einen Tag nach einer Thyreoidektomie durchgeführt. Die Anzahl der
Datensätze ist somit verglichen mit anderen, in dieser Arbeit zitierten Studien, deutlich
geringer.
Weiters waren die Patientinnen und Patienten zum Zeitpunkt der ersten Befragung für
die bevorstehende Operation bereits stationär aufgenommen und für den Eingriff
aufgeklärt. In diesem Zusammenhang kann die große Zustimmung für die geplante
Operation erklärt werden.
39
4.2 Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit untersuchte erstmals den Zusammenhang von prä- und
postoperativen
subjektiven
Befinden
und
den
prä-
und
postoperativen
Entzündungsparametern. Es konnten keine positiven Korrelationen festgestellt werden
und so kann gefolgert werden, dass sich in unserer Untersuchung die Entzündungswerte
unabhängig von subjektivem Befinden präsentierten.
Die Entzündungswerte waren entsprechend eines chirurgischen Eingriffs erhöht,
sprachen aber für ein geringes Trauma. Auch das für schilddrüsenchirurgische Eingriffe
als indirektes Maß des Operationstraumas erhobene PTH und Calcium sprachen für eine
schonende Methode.
Die Ergebnisse aus dem Fragebogen zeigten präoperativ einen geringen Leidensdruck,
hohe Erwartungen und durchgehend die Überzeugung, dass der bevorstehende Eingriff
als „sinnvoll“ eingestuft wird.
Der präoperativ geringe Leidensdruck lässt sich damit erklären, dass die
Operationsindikation gestellt wurde, bevor sich belastende Symptome präsentierten.
Dass die Thyreoidektomie in diesem Zusammenhang dennoch als sinnvoll eingestuft
wurde, kann auf eine gute präoperative Aufklärung zurückgeführt werden.
Das steht im Gegensatz zu den Ergebnissen von Banach et al., die in einer großen
internationalen Befragung ermittelten, dass sich 63% der Patientinnen und Patienten in
Bezug auf Krankheit und weiterem Vorgehen nicht gut aufgeklärt und informiert
fühlten (22).
Postoperativ
präsentierten
sich
die
Ergebnisse
aus
dem
Fragebogen
noch
„zustimmender“ als präoperativ. So konnte gezeigt werden, dass postoperativ die
Erwartungshaltung, die Besserung betreffend, von noch mehr Patientinnen und
Patienten mit der höchsten Punkteanzahl beurteilt wurde als präoperativ. Ebenso konnte
die Einschätzung über die Sinnhaftigkeit der Thyreoidektomie an Zustimmung zulegen.
40
5 Literaturverzeichnis
(1) Aggeli C., (2014): „Postoperative hypoparathyroidism after Thyroid Surgery“. In
Hellenic Journal of Surgery.
(2) Banach R. (2013): „Results of the Thyroid Cancer Alliance international
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Schilddrüsenchirurgie
in
„Die
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postoperativen
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1985
–
Komplikationen
1996“
Dissertation
der
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44
(37) Wolf G. (2011): „Graz Procedure“ ermöglicht Operationen mit weniger Aufwand
und
Kosten“.
Minimalinvasive
Schilddrüsenchirurgie
unter
https://www.medunigraz.at/fileadmin/news-archiv/2011/2011-05-10-16530%22GrazProcedure%22%20erm%C3%B6glicht%20Operationen%20mit%20weniger%20
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Thyreoidektomie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen“. In: Viszeralchirurgie.
Georg Thieme Verlag Stuttgard, New York
45
6 Anhang
6.1 Fragebogen präoperativ
PatientIn: _____________________________________
Die unmittelbare perioperative Phase bei endokrinen
Halsoperationen
Sie finden in diesem Fragebogen eine Reihe von Fragen, die sich auf Ihre Person beziehen.
Bitte tragen Sie auf den leeren Zeilen die für Sie zutreffenden Antworten ein und kreuzen
Sie die jeweils entsprechenden Aussagen an.
Alle Ihre Angaben werden selbstverständlich anonym behandelt und nur für die Studie
verwendet.
01
Ich schätze meine Sprechstimme als kräftig ein.
1
stimme gar
nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
02 Ich empfinde meine Sprechstimme als heiser.
1
stimme gar
nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
03 Ich leide an Atemnot.
1
stimme gar
nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
46
04
Beim Schlucken treten Schmerzen auf.
1
stimme gar
nicht zu
05
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Ich bin (vor der Operation) einem hohen Leidensdruck ausgesetzt
1
stimme gar
nicht zu
08
4
Ich erwarte mir von der Operation eine Besserung.
1
stimme gar
nicht zu
07
3
Mein Hals fühlt sich geschwollen an (Globusgefühl).
1
stimme gar
nicht zu
06
2
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Ich schätze die bevorstehende Operation als sinnvoll ein.
1
stimme gar
nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
47
6.2 Fragebogen postoperativ
PatientIn: _____________________________________
Die unmittelbare perioperative Phase bei endokrinen
Halsoperationen
Sie finden in diesem Fragebogen eine Reihe von Fragen, die sich auf Ihre Person beziehen.
Bitte tragen Sie auf den leeren Zeilen die für Sie zutreffenden Antworten ein und kreuzen
Sie die jeweils entsprechenden Aussagen an.
Alle Ihre Angaben werden selbstverständlich anonym behandelt und nur für die Studie
verwendet.
01
Ich schätze meine Sprechstimme als kräftig ein.
1
stimme gar
nicht zu
02
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Meine Stimme ist seit der Operation heiser.
1
stimme gar
nicht zu
03
2
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Ich leide an Atemnot
1
stimme
gar nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
48
04
Beim Schlucken treten Schmerzen auf.
1
stimme gar
nicht zu
05
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Ich bin (nach der Operation) einem höheren Leidensdruck ausgesetzt als davor.
1
stimme gar
nicht zu
08
4
Ich erwarte mir von der Operation eine Besserung.
1
stimme gar
nicht zu
07
3
Mein Hals fühlt sich geschwollen an (Globusgefühl).
1
stimme gar
nicht zu
06
2
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
Ich schätze die Operation als sinnvoll ein.
1
stimme gar
nicht zu
2
3
4
5
6
7
8
9
10
stimme voll
und ganz zu
49
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