Predigt über Markus 10,2-9 - Die Ehe als Gottes Schöpfungsgabe

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Predigt über Markus 10,2-9
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Im Bibelabschnitt für die heutige Predigt bekommt Jesus eine wichtige Frage gestellt, auf die er
eine klare Antwort gibt. Ich lese aus dem Markusevangelium im zehnten Kapitel ab Vers 2:
2 Pharisäer traten zu Jesus und fragten ihn, ob ein Mann sich scheiden dürfe von seiner Frau;
und sie versuchten ihn damit.
3 Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten?
4 Sie sprachen: Mose hat zugelassen, einen Scheidebrief zu schreiben und sich zu scheiden.
5 Jesus aber sprach zu ihnen: Um eures Herzens Härte willen hat er euch dieses Gebot geschrieben;
6 aber von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau.
7 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hängen,
8 und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.
9 Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Zeig uns dein königliches Walten,
bring Angst und Zweifel selbst zur Ruh.
Du wirst allein ganz recht behalten;
Herr, mach uns still und rede du. Amen.
I. Ehe heißt, nicht zu fragen: „Was ist gerade noch erlaubt?“, sondern: „Was ist eigentlich von
Gott gewollt?“
Liebe Gemeinde,
zu meinem 40. Geburtstag bekam ich von unserem Kirchengemeinderat ein besonderes Geschenk: Einer unserer Kirchenältesten ist Hobby-Pilot, und ich durfte mit ihm in einer zweisitzigen Maschine einen Rundflug über den Bodensee machen. Es war an einem heißen Tag im Juli
letzten Jahres. Bevor wir abhoben, wies mich mein Pilot noch in die Sicherheitsregeln ein: Er
zeigte mir, wo die Spucktüten liegen. Und im Cockpit gab es auch einen Knopf, um im Notfall
die Plexiglas-Abdeckung über dem Cockpit abzuwerfen, falls man sich aus dem Flugzeug retten
muss. Aber das war schnell abgehakt - während des Fluges habe ich mir keine Gedanken mehr
gemacht, wie ich im Zweifelsfall schnell aus dem Flugzeug herauskomme. Sondern ich habe
den Flug mit der wunderbaren Aussicht von da oben genossen - auf die Reichenau, Konstanz,
Friedrichshafen, Lindau, die Alpen und das Allgäu. Und das war ja auch der Sinn der Sache.
Genauso verhält es sich auch in dem heutigen Bibelabschnitt. Die Gesprächspartner von Jesus
stellen ihm eine Frage zur Ehescheidung. Und Jesus versucht ihnen klarzumachen, dass der
Grundfehler schon in ihrer Fragestellung liegt. Jesus will ihnen vermitteln: Denkt nicht die ganze
Zeit über eine Ausstiegsstrategie nach, wie ihr im Notfall aus der Ehe herauskommt - sondern
überlegt, wie sich Gott, der Schöpfer, die Ehe eigentlich ursprünglich gedacht hat! Seid dankbar
für die Ehe und genießt sie als Geschenk des Schöpfers, versucht sie in seinem Sinn mit Leben
zu füllen - aber überlegt nicht ständig, wie ihr aus der Ehe herauskommt. Jesus fragt seine Gesprächspartner, was Gott ihnen durch Mose geboten hat. Seine Gesprächspartner reden über
das, was nach der Bibel erlaubt ist. Aber: Ehe heißt, nicht zu fragen: „Was ist gerade noch erlaubt?“, sondern: „Was ist eigentlich von Gott gewollt?“
Ich möchte das noch mit einem anderen Beispiel verdeutlichen. Konfirmanden fragen mich hin
und wieder, was sie mindestens tun müssen oder welche Regelverstöße sie sich höchstens erlauben dürfen, um am Ende doch noch konfirmiert zu werden. Aber wenn ihr so fragt, liebe
Konfirmanden, dann geht ihr die Sache auch von der falschen Seite an. Fragt nicht, was gerade
noch erlaubt ist, damit ihr nicht rausfliegt, sondern überlegt euch doch, wie ihr eure Konfirmandenzeit sinnvoll nutzen und gestalten könnt, so dass ihr auch für euch einen Gewinn davon habt
- und am Ende bei der Konfirmation für Euch die Sache mit Gott festmachen könnt. Denn das
wünscht sich Gott, dass ihr mit ihm Freundschaft schließt. Auch hier geht es nicht um die Frage:
„Was ist gerade noch erlaubt?“, sondern: „Was ist eigentlich von Gott gewollt?“
So verhält es sich auch mit der Ehe: Solange man nur fragt, wie man innerhalb des Erlaubten
möglichst viel für sich herausschlagen kann, ist die Ehe schon zerstört, bevor sie eingegangen
wird. Wer hingegen fragt, wie er seine Ehe in Treue und Beständigkeit so gestalten kann, dass
beide Ehepartner Gewinn davon haben, der hat für die Dauer seiner Ehe eine deutlich bessere
Prognose. Deshalb werde ich in dieser Predigt eher wenig über die Ehescheidung, dafür aber
um so mehr über die Ehe sagen.
Bevor ich hierzu noch ein praktisches Beispiel nenne, möchte ich noch eine Bemerkung vorausschicken: In meiner heutigen Predigt werde ich auch verschiedene Aussagen machen, die
vielleicht dem einen oder anderen aufstoßen oder schwer verdaulich sind. Aber Jesus redet an
dieser Stelle Klartext, und so kann ich, wenn ich darüber predige, auch nur Klartext reden.
Die erste Kostprobe: Thema Ehevertrag. Manche Paare schließen zu Beginn ihrer Ehe einen
Ehevertrag, in dem geregelt ist, wie das Eigentum aufgeteilt wird und wer im Falle einer Trennung was bekommt. Bei einem solchen Ehevertrag ist meiner Meinung nach schon von Beginn
an der Tod im Topf. Denn hier wird schon zu Beginn der Ehe eine Ausstiegsstrategie entworfen,
um sich im Fall einer Scheidung diese oder jene Besitztümer zu sichern, auf die ich nicht verzichten möchte. Eine Ausnahme möchte ich hinzufügen: Wenn beispielsweise einer der beiden
Ehepartner eine Firma hat und in einem Ehevertrag aus dem Grund Gütertrennung vereinbart,
damit sein Ehepartner bei einer Firmenpleite nicht in den finanziellen Schlamassel mit hineingezogen wird, dann ist es etwas anderes. Aber wenn das nicht der Fall ist, halte ich es für einen
Fehler, schon zu Beginn der Ehe die Trennungsmodalitäten zu regeln. Da würde ich mir eher
am Leben der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem ein Beispiel nehmen: „Alle aber, die
gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam.“ 1
Ehe heißt, nicht zu fragen: „Was ist gerade noch erlaubt?“, sondern: „Was ist eigentlich von Gott
gewollt?“ Deshalb verweist Jesus seine Gesprächspartner auf die Schöpfung zurück: „Von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau.“ Und auch hier ergibt sich
für mich eine klare Folgerung: Wenn Jesus hier ganz klar die Ehe zwischen Mann und Frau als
von Gott geschaffen und gewollt bezeichnet, kann ich im Umkehrschluss nicht sehen, dass
gleichgeschlechtliche Partnerschaften dem Schöpferwillen Gottes entsprechen - auch wenn das
Teile der Kirche und auch der Politik anders sehen. Die Landessynode, also das Parlament unserer Evangelischen Landeskirche in Baden, hat es deshalb im Jahr 2003 abgelehnt, eine der
Trauung vergleichbare kirchliche Segenshandlung für gleichgeschlechtliche Paare einzuführen mit folgender Begründung: „Die Landessynode begrüßt alle Bemühungen Diskriminierungen
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu beseitigen ... Die Landessynode befürwortet die
geistliche Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare. Diese soll ausschließlich im Bereich der
Seelsorge stattfinden.“ Mit anderen Worten: Homosexuell empfindende Menschen sollen nicht
diskriminiert oder verurteilt werden - und das liegt auch mir fern. Sie sind genauso von Gott geliebt und haben als Gemeindeglieder den gleichen Anspruch auf seelsorgerliche Begleitung wie
alle anderen. In diesem Fall müsste eine seelsorgerliche Begleitung das Ziel haben, einem solchen Menschen zu helfen, im Gespräch mit Gott seine schöpfungsgemäße Bestimmung zu finden.
Bevor ich nun darüber rede, was von Gottes Schöpfung her der Sinn der Ehe ist, möchte ich
noch etwas zu den Unverheirateten sagen, die jetzt vielleicht denken: Die heutige Predigt ist
nichts für mich - es geht ja nur um die Ehe. Alle, die noch nicht verheiratet sind, möchte ich ermutigen: Nutzt den Freiraum, den das Single-Leben euch bietet! Genießt Eure Freiheit! Als lediger Student bin ich beispielsweise einfach mal ins Ausland gegangen und habe ein Jahr in Jerusalem studiert. Wenn man beruflich und familiär gebunden ist, kommt man nicht mehr so einfach weg. Und nutzt Eure Ungebundenheit, um Euer Leben mit Jesus zu leben - zum Wohl sei1
Apostelgeschichte 2,44.
ner Welt und seiner Gemeinde, in dem Ihr Euch zum Beispiel ehrenamtlich engagiert. Wenn Ihr
dabei für andere Verantwortung übernehmt, ist das eine gute Vorbereitung auf Ehe und Familie.
Und auch für denjenigen, der ledig bleibt, hat Gott eine Bestimmung und einen Platz, an dem er
ihn gebrauchen kann.
Verwitwete Menschen können in der Gemeinde Gemeinschaft und Trost finden. Darüber hinaus
eröffnen sich ihnen neue Aufgaben, indem sie zum Beispiel als Ratgeber für Jüngere zur Verfügung stehen. Und vielleicht findet man auf diesem Wege ja sogar einen neuen Partner, den
Gott für einen bereit hält.
Und getrennt lebende oder geschiedene Menschen sind besonders auf die Gemeinde angewiesen, um innere Heilung zu finden, Wege der Versöhnung zu gehen und neue Perspektiven für
ihr Leben zu entdecken.
II. Ehe heißt: Zwei Menschen bilden eine Einheit und ziehen an einem Strang
Nun will ich mich aber auch endlich der Frage zuwenden, wie die Ehe denn nun von Gottes
Schöpfung her gedacht ist und wie man eine Ehe gut führen und sinnvoll gestalten kann. Dies
sage ich als einer, der nächsten Sonntag den sechsten Hochzeitstag feiert und natürlich genauso fehlbar ist wie alle anderen Verheirateten auch.
Aber Jesus verwendet hier zwei Bilder, die schön deutlich machen, wie Gott sich die Ehe gedacht hat.
Das erste Bild: „... die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern
ein Fleisch.“ Jesus zitiert hier die Bibel, das Alte Testament, und bekräftigt es gleich noch einmal mit eigenen Worten: Aus zwei Menschen wird eine Einheit. Manchmal hat man diese Bibelstelle zu einseitig auf die Sexualität reduziert, auf die körperliche Vereinigung der Eheleute. Und
recht verstanden kann diese Bibelstelle auch dazu helfen, eine positive Sicht für die Sexualität
zu bekommen als wunderbares Geschenk, das ich als Gabe des Schöpfers dankbar genießen
darf. Aber darin erschöpft sich nicht das „ein Fleisch sein“. Sondern es geht darum, dass in der
Ehe zwei Menschen eins werden nach Leib, Seele und Geist. Wer heiratet, gibt sein selbstbestimmtes Leben auf, um von nun an in einer unauflöslichen Gemeinschaft mit seinem Ehepartner zu leben. Und das ist ja auch etwas Wunderbares, zu wissen: Ich bin nicht mehr allein, sondern habe einen Menschen an meiner Seite, mit dem ich zusammen durchs Leben gehen kann
- eine enge Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig trägt und bereichert.
„geschaffen als Mann und Frau“ - das heißt auch: Ich darf wissen, dass ich als Mann bzw. als
Frau geschaffen und gewollt bin, so wie ich bin. Ein Psalmbeter drückt das so aus: „Ich danke
dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“2 Nur so werde ich fähig, eine Ehe einzugehen.
Denn nur, wer sich selbst annehmen kann, der kann auch andere annehmen. Und vielleicht ist
das der erste Schritt für alle Verheirateten, ihre Ehe neu zu beleben: Wann habe ich Gott, dem
Schöpfer, das letzte Mal für das große Geschenk der Ehe gedankt? Und wann habe ich zuletzt
ganz bewusst Gott dafür gedankt, dass er auch meinen Ehepartner wunderbar gemacht und mir
zur Seite gestellt hat? Nicht ohne Grund werden bei einer kirchlichen Trauung beide Brautleute
gefragt: „Glaubst du, dass Gott dir deine Ehefrau bzw. deinen Ehemann anvertraut hat?“ Hier
werden beide noch einmal erinnert: Dein Ehepartner ist ein Geschenk des Schöpfers an dich.
Danke ihm doch dafür - und du wirst einen ganz neuen Blick für deinen Mann bzw. deine Frau
bekommen.
Und noch ein weiteres Bild verwendet Jesus für die Ehe: „Was nun Gott zusammengefügt hat,
soll der Mensch nicht scheiden.“ Mir geht es jetzt vor allem um den ersten Teil: „Was Gott zusammengefügt hat ...“ Wenn man es wörtlich aus dem griechischen Original übersetzt, heißt es
eigentlich: „Was Gott zusammengebunden“ oder „zusammengejocht“ hat. Darin ist im Griechischen das Wort für „Joch“ enthalten. Da die wenigsten von uns wohl ein Joch noch aus eigener
Anschauung aus der Landwirtschaft kennen, habe ich ein Bild mitgebracht. Dann wird nämlich
deutlich, dass ein Joch nicht nur negativ besetzt ist wie beispielsweise in dem Wort „unterjo2
Psalm 139,14.
chen“. Sondern ein Joch kann eine sehr nützliche Angelegenheit sein: Zwei Zugtiere, die in einem Joch zusammengespannt sind, haben mehr Zugkraft als eines allein. Und gemeinsam
können sie den Karren der Familie in die richtige Richtung ziehen.
Dazu ist dann natürlich erforderlich, dass die Ehepartner miteinander klären und abstimmen, in
welche Richtung sie den Karren ihrer Ehe und Familie ziehen wollen: Wer geht arbeiten und
Geld verdienen? Welchen Stellenwert haben Beruf und Karriere? Wie viel Zeit brauchen wir für
unser Familienleben? Wollen wir Kinder, und wenn ja, wie erziehen wir sie? Wollen wir uns in
Kirche und Gesellschaft engagieren? Wenn einer der beiden Ehepartner unbedingt ins Ausland
will, um in Afrika als Arzt oder Krankenschwester armen Kindern zu helfen, der Partner aber in
Deutschland Karriere machen möchte, dann wird das Eheleben schwierig. Deshalb müssen
sich in einer Ehe beide Partner über ihre gemeinsamen Lebensziele einig werden - und das
nicht nur am Anfang der Ehe. Und am besten fragen beide Ehepartner dabei Gott, den Schöpfer, um Rat, der sie im Joch der Ehe zusammengespannt hat. Liebe Eheleute, bittet gemeinsam
Gott darum, dass er euch zu einem guten Gespann macht, dass er euch Kraft gibt, den Karren
Eurer Ehe und Familie zu ziehen. Und sucht gemeinsam in seinem Wort nach Orientierung, in
welche Richtung Ihr diesen gemeinsamen Karren ziehen könnt und sollt. Ein Ehegespann, das
sich Gott als Kutscher wählt, ist auf gutem Weg.
Um als Ehepaar an einem Strang ziehen zu können, ist also Abstimmung nötig. Und deshalb
brauchen Ehepartner Zeit zum Gespräch. Ich habe gelesen, dass - statistisch gesehen - das
durchschnittliche Ehepaar drei bis fünf Stunden pro Tag vor dem Fernseher verbringt, aber gerade mal nur acht Minuten miteinander redet. Und dann darüber, wer das Kind abholt, warum
das Licht im Keller schon wieder die ganze Zeit brennt und wer die Rechnung verlegt hat. Wenn
das gemeinsame Gespräch nicht eingeübt wird, fällte es zunehmend schwerer. Dann fällt es
auch schwer, über sich selbst zu reden und über das, was man auf dem Herzen hat.
Deshalb sind meine Frau und ich dazu übergegangen, uns einmal im Monat einen Eheabend zu
reservieren. Noch besser wäre einmal in der Woche, aber immerhin ein Anfang. Und da ich als
Pfarrer auch viele Abendtermine habe, muss ich es mir wirklich im Kalender eintragen: Heute ist
Eheabend. Da ist dann Zeit, zu zweit über alles zu reden, was uns beschäftigt, Dinge zu klären,
die uns und unsere Ehe auch belasten - und vor allem ist Zeit zum Gebet. Das ist mein wichtigster Rat für alle Eheleute: Achtet darauf, dass Euer gemeinsames Gebet nicht zu kurz
kommt. Denn Ihr braucht das Gespräch mit dem Schöpfer, der Euch in der Ehe zusammengespannt hat. Bittet ihn als Kutscher um Kraft und und um Leitung, damit Ihr gemeinsam den Karren Eurer Ehe und Familie in die richtige Richtung ziehen könnt. Und dazu habt Ihr es auch nötig, regelmäßig gemeinsam unter Gottes Wort zu kommen - beim gemeinsamen Lesen in der
Bibel, im Hören auf sein Wort im Gottesdienst oder auch in einem Bibelkreis oder Hauskreis.
Ehe heißt: Zwei Menschen bilden eine Einheit und ziehen an einem Strang. Und:
III. Ehe heißt: Wer Spannungen überwindet, wird wieder ein gutes Gespann
Jesus nennt eine klare Ursache, warum Ehen scheitern, so dass manchmal - im Widerspruch
zu Gottes Schöpferwillen - die Ehescheidung der einziger Ausweg sein kann: „Um eures Herzens Härte willen hat er euch dieses Gebot geschrieben“, jenes Gebot im Gesetz des Mose,
das die Ehescheidung regelt. „Um eures Herzens Härte willen“ - harte Herzen machen eine Ehe
und jede Beziehung kaputt. Und so verhält sich ein Mensch mit hartem Herzen: stur, lieblos,
unbarmherzig, nachtragend, nicht vergebungsbereit, nicht entgegenkommend, nicht nachgeben, sich um jeden Preis durchsetzen wollen; sich nicht bemühen, die andere Person zu verstehen. Dann fällt die Einheit der Ehe auseinander, das Doppelgespann zieht nicht mehr in dieselbe Richtung, die Ehe kommt nicht mehr voran, sondern tritt auf der Stelle - der Karren steckt
im Dreck.
Und dann sollte ein Ehepaar unbedingt bereit sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Da kann man sich an den Pfarrer als Seelsorger wenden,
und es gibt auch Beratungsstellen, die Eheberatung anbieten, auch von kirchlicher Seite. Und
warum nicht einmal ein Eheseminar besuchen - und das vielleicht nicht erst, wenn eine hand-
feste Ehekrise da ist? Das kann gerne auch außerhalb der Gemeinde sein - das ist manchem
vielleicht sogar lieber, damit nicht gleich die halbe Gemeinde denkt, man hätte Eheprobleme.
Wobei das ja gar nicht der Fall sein muss. Wohl dem Ehepaar, das sich rechtzeitig neue Impulse und Rat für seine Ehe sucht, damit der Karren gar nicht erst im Dreck der Hartherzigkeit stecken bleibt. Sehr gute Eheseminare bietet zum Beispiel das „Team F“ an. Wer mehr darüber
wissen möchte, kann sich an Ehepaar Kamphorst wenden oder sich im Internet unter
www.team-f.de umschauen.
Und das wichtigste: Kommt zu Jesus, der Eure harten Herzen weich macht. Bittet ihn gemeinsam um Vergebung, wo Ihr Euch hartherzig gegeneinander verschlossen habt, und bittet ihn,
Eure Liebe neu zu entflammen - damit Ihr einander vergeben könnt, wie er Euch vergeben hat.
Natürlich wäre es realitätsfremd, zu verneinen, dass Ehen auch so zerrüttet sein können, dass
eine Fortsetzung der Ehe nur noch eine Qual für beide ist. Da sind die Herzen schon so verhärtet, da steckt der Karren schon so tief im Dreck, alle Vermittlungsversuche sind fehlgeschlagen
oder wurden nicht rechtzeitig unternommen, so dass alles zu spät ist. Und besonders, wenn ein
Ehepartner gegenüber dem anderen gewalttätig wird, kann manchmal eine Trennung der letzte
Ausweg sein. Als solchen allerletzten Ausweg, nicht mehr und nicht weniger, sieht Jesus hier
die Ehescheidung. Aber eigentlich möchte er uns dazu anleiten, die Ehe als Geschenk des
Schöpfers und im Glauben an ihn so zu leben, dass dieser Schritt gar nicht erst nötig wird.
Mit einer kirchlichen Regelung, die die Scheidung in jedem Fall verbietet, ist also nichts geholfen, aber noch weniger mit einer völligen Freigabe, in der ein Mensch sich um die Anerkennung
seiner Schuld drücken könnte. Scheidung kann ein Zeichen der Buße sein, indem zwei Menschen zu ihrer Schuld stehen, dass es ihnen nicht gelungen ist, nach Gottes Willen aus seinem
Geschenk heraus zu leben, und das kann freimachen zu neuer Barmherzigkeit Gottes. Umgekehrt kann ein äußeres Weiterführen einer zerbrochenen Ehe solche Schulderkenntnis gerade
verhindern. Aber das sind äußerste Möglichkeiten, die nur am Ende eines langen Weges stehen, auf dem ein Mensch immer wieder den Zugang zum andern gesucht hat - und schließlich
gerade um des andern willen zu seiner Schuld stehen und auch die äußere Konsequenz ziehen
muss. Eine Ehescheidung sollte also kirchlicherseits weder ausnahmslos verboten noch wahllos durchgeführt werden, ohne dass etwas von den genannten Bemühungen um Versöhnung
und Umkehr dabei sichtbar würde. Denn dieser Satz von Jesus - „was Gott zusammengefügt
hat, soll der Mensch nicht scheiden“ - steht eindeutig da, und es gibt Zeiten in der Ehe, in denen
er in dieser Eindeutigkeit eine große Hilfe ist.3
Aber auch nach einer Scheidung bleibt das oberste Ziel die Versöhnung - Versöhnung mit Gott
und unter Menschen, deren Beziehung zerbrochen ist. Hier ist besonders die Feier des Abendmahls wichtig, in der ich den Zuspruch der Vergebung durch Jesus hören und schmecken und
neue Gemeinschaft erleben kann. Und deshalb tue ich mich auch schwer damit, dass die römisch-katholische Kirche Geschiedenen den Zugang zum Abendmahl bzw. zur Eucharistie verwehrt. Damit soll zwar die Unauflöslichkeit der Ehe unterstrichen, was ich grundsätzlich gutheiße. Aber Geschiedene vom Sakrament des Altars auszuschließen, halte ich dabei für die falsche Sanktion und für das falsche Mittel. Denn das Abendmahl ist ja gerade eine Einladung von
Jesus für Menschen, die eingesehen haben, dass sie gescheitert sind vor Gott und voreinander
- für Menschen, die Vergebung und einen neuen Anfang brauchen.
Noch einmal zum Merken:
Ehe heißt, nicht zu fragen: „Was ist gerade noch erlaubt?“, sondern: „Was ist eigentlich von Gott
gewollt?“
Ehe heißt: Zwei Menschen bilden eine Einheit und ziehen an einem Strang.
Und Ehe heißt: Wer Spannungen überwindet, wird wieder ein gutes Gespann.
Amen.
3
So mit Eduard Schweizer, Das Evangelium nach Markus, Das Neue Testament Deutsch 1, Göttingen 181998,
110f.
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